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92 - 099
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Ocflcrrcidjifdje
löndjfnfdirift
dt
SBiflcnfdjflft, ffmift unb öffcntlidjc^ Jcficn.
Beilage jnr f. fßintn
JlUtarGeUer:
VT. Beer, 3 . Bergmann, IR. Blöd, ff. Boncr, 9 . XK Bratrancr, $. Brnnner, B. Buflcr, ID. XettefTen,
91. 9. CHtelberoer, 3 . ffalfc, ff. ßiifcr, <E. 0 . ffransenttynlb, 3 . <9(afer, 3* ®* (Bechert, <Eb. $an#Ud,
B. $aram, 2. 0 . $o«ner, Xr. (9. Reiber, 9 . 0 . $od>ftctter, <T. 9« a. $od, (9. ^öffen, ff. ^oratoift,
$ornf)ein, ff. $uber, 9 Kanty, 9* Kenner, ff. Kerner, 8 . Kinn, (E. Knft, CP. 0 . 8 adcnba$er, Xr. fombl,
3* W. Sorenj, 0. fort«), $. form, IB. filbre, $. ffflctjnert, 9}. SHoIin, ff. SKüOer, 3 . SD7iiITcr,
ff. flKitffofio# 9* fficuntnnn, 8 . ffcnrconn, 8 . ffloftl, (E. 9 . Beter«, Sr. Bfeiffcr, SB. BreRer, B- a. 92obic«,
ff. 9ioUett, (9. ff. eftitnmer, grellere £>. e<$Iei$to.2Bnc&rb, 0. eflmibt, emulier, X*. €idel,
Brof. €iQtnunb , 9t. Bonnborfcr, €tur, <Eb. 6 »cf, 2R. a. €!u&utran$, <E. a. Xefgenberg, Xr. 92.
Xoufdltn«ri, 39. Xftaufing, Korr, ff. nnb 3* ff* Xontofflcf, (9. Xftyermat. 3* ®o$len, SB. SBaftfterg,
<L SBcij}, ff. SSinHer, 3 .8. SBoccr, (L SBocet, ffb. STolf, gerb. SBotf, Xr. $.8el«berg, 92. 3immcrmonn,
3. SlDßcrlc jc.
StoJjrgttng 1864;
(driftet SBanb. £cft 1 bi 3 26 .)
IDicn.
Sn Gommtffion bei Karl ©erolbd Gotyn.
^ruderet ber fatferUtffn Sic»er Seituug.
Jl 7f. UZ-UZ M-
\ -(UG}■
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$te töeftourotion beö <Stej)ljan$=$oine$,
Gin 3 ©raum pcn jetm Sauren ift feit bem ^Beginne beS 33aucS ber Giebel,
ein 3eitraum pon fecfiS Sauren feit bet Sttangriffnabme ber Sieftauration beä
©t. ©tephanS=SomcS perfloffen. Glementarcreigniffe haben feit Sabvbunbcttcn Dor=
jugSweife an bem äkftanbe bcö bebeutenbftcn ÄunftbenfmalcS im Grjherjcgtfjum
Defterreid) gerüttelt; äljnUdte ©eigniffe unb $war fo heftige wnb terbeerenbe ©türme,
wie wir fie in ben lebten Si'odjen erlebt, gaben auch ben Anftofs jum AuSbaue
ber Biergiebel unb jum SBieberaufbaue bcö SburmbelmeS. 9cid)t etme Sangen
falten bie Äunftfrcunbe SßicnS bem beginne beö fd)Wierigen Unternehmens entgegen.
SÜBtr wiffen ja, wie ptel ned) oor je^n Sauren bie Arcbitcften an ben grofartigflen
beutfeijen Semen gefünbigt unb welche fcltfame SBanblungcn in ben Äunftnnfchauungen
ocr fid) gegangen, bis bie fPrincipien einer gefunben unb oernünftigen Oieftauration
jur Geltung gelangt waren. SnSbefcnberS hatte man ju ber B^t, als ber Ausbau
ber Giebel befdjloffe« würbe, in Süßten alle Urfa^e, Sebcnfen gegen baS (Gelingen
beS SBerFcS ju tragen, ba bie fd)üd)ternen Serfuchc bei ber Auguftinerfirche, bem
ühurmbaue einen gotbifeben $elm aufjunötfngen, nicht een bem glücflichften ©folge
begleitet Waren, ben wenigen mit ber Gothif pertrauten Äünftlent unb Jpanbwerfem
bie Erfahrung für bie Ausführung bebeutenberer Dbjecte mangelte unb bie mittel*
alterliche Äunftforfcbung bamalS in Defterreid» noch nidjt jenen mächtigen Ginfluh
auf Äünftler unb Äunftfrcunbe gewonnen hatte, ben fie fpäter, burd) bie ungetrübte
^hätigfeit einer Steihe ausgezeichneter funftwiffenfd) aftlic^er Äräfte beS 3n= unb
AuSlanbeS, ju erringen gewußt hat.
(äS unterliegt feinem Bwcifel, bah bet bem Saue ber Giebel mit ber Heber*
tragung ber Leitung beSfelben an ben Arcbitcften Scop. Gm ft unter ben bamaligen
SBerhältniffen bie befte SSBahl getroffen würbe. Gr hat baS in ihn gefegte Set»
trauen burch eine oetlenbete Steconftruction unb eine forgfältige Ucberwadmng ber
technifchen Ausführung ber Giebel gerechtfertigt unb wenn wir auch heute, to0 fine
betaillirte Äennhtifj aller tedmifd)en ^ülfSmittel ber Gotf)if unter Sad)leuten ziemlich
Derbreitet ift, burch «ne SESieberherftellung een oerhanbenen SJiafwerfmotipen nicht
mehr zur Sewunberung hingeriffen werben, fo bürfen wir bod) baS wahre Serbienji
GrnftS anetfennen unb nicht oergeffen, baff bebeutenbere Ard)iteften als eS Gmft war,
mit ber Sofung weit untergeorbneterer Aufgaben Derunglücften.
Safj nach ber Sotlenbung ber Giebel nicht leicft einem anberen Äünftler als
Grnft bie Steftauration beS ©t ©tephanS=SomeS übertragen werben fonnte — wenn
3Bo($enf<$rtft. 1864. HL ©onb. 1
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ntdjt bie Serufratg eines außlänbifd>en Äünftlerß erfolgen fotlte — and) bieß muff
ofme Siberfprud) jugeftanben werben. Graft hatte fich, wie fein ^weiter 9lrd)iteft,
mit aDen Stäben beß ©onteß eertraut gemacht; es gelang if>nt burcf) ben Slußbau
ber ©iebel baß Vertrauen in ben weiteften Äreifen ju erwerben unb wenn auch
feine Pietät für ben ©om oon einem .ftreiie non Äunftfreunben ftarf angqweifelt
■würbe, weil beifpielöweife alte ©laßfenfter außgebrod)en unb Ornamente wie aud)
ftguralifdje ©fulpturen oon bem ©ome entfernt würben, ohne baß für beren Gr=
halütng ©orge getragen worben wäre, fo fielen biefe Sebenfen nidjt inß ©ewicbt,
ober gelangten wohl aud) tbeilweifc nicht $ur Äerattnif? einflußreicher Perfonen.
Sllß Graft ©otnbaunteifter oon ©t. Stephan ^worben, fud)te er fid) in
boppelter Dichtung ber tbm geftellten Aufgabe flar ju werben, Gr nahm juerft eine
genaue umftänbliche Grljebung beß Saujuftanbeß oor unb entwarf einen plan über
bie Reihenfolge ber Reftaurationßobjecte, ein Sorgattg, beffen 3wecfmäf;tgfeit gewiß
alle Slnerfemtung oerbient, ©ie Unterfuchung beö Saujuftanbcö führte $u beflagcnß*
Werthen Grgebniffen. Gß geigte firf), baf; baß Sauwerf in all’ feinen ©heilen 3 e=
litten unb ba§, wenn auch nicht alle ©djäben bebeutenb feien, bcd> mehrere bet*
fclben conftructioe Grneuermtgen nothwenbig machen, ©aß Sebenflichfte war jeben*
fallß bie SBahmehmung, bah an bem oberen ©heile beß h<>h en ^hurmeß mehrere
©teinfchichten fich fo fdjabhaft barfteUten, baß ber erft in jüngfter Beit erneuerte
eiferue ©hurmhelnt wieber abgetragen, $ur alten ©teütppramibe jurüefgegriffen unb
auch bie 9lußwed)ßlmtg eiiteß ©trebcpfeilerß oorgenommen werben mußte, ©ie Stage
ber Abtragung beß oberen ©heileß beß fwh en ©h ur meß führte befanntlich ju langen
Serhanblungen beß ©ombaucomite'. ©achoerftänbige würben einoemommen, welche
fich »orerft über bie Rotfwenbigfeit ber Abtragung außjufprechen hatten, unb als
barüber im juftimmenben ©inne entfliehen war, fnüpfte fich h* eran bie grage,
Welche ©teingattung jum Sieberaufbaue oerwenbet werben fotlte Gnblid) führten
auch bie oon bem ©ombaumeifter angefertigten 'Pläne für ben ©hurmbau 5“
SJteinungßoerfdjiebenheiten jwifchen ihm nnb ber fachmännifchen Gommiffion über
bie anjuwenbenbe Gonftruction, 3wif<henfälle, beren Slußtragung mehrere Bahre in
SÄnfprud) nahm unb bie aud) noch nicht oollftänbig gelöst waren, alß ben ©om*
baumeifter ber ©ob ereilte. Gß ift natürlich, bah wäfjrenb biefer 3«it bie Reftau*
ration einzelner ©heile, wie ber Sluffenfeite beö Ghoreß, einzelner ©trebepfeiler,
©eitenportale unb Gapellenanbauten, bie theilweifc Grneuerung ber Gewölbe ber
©eitenchöre u. f. w. in Singriff genommen unb uollenbet würben; aber fein glücf-
licher ©ebanfe beß ©ombaumeifterß Gmft war eß, an bie innere Reftauration beß
©omeß äpanb anjulegen, becor bie Slußbefferungen ober Gmeuerungen aller Sau*
theile unb namentlich jene beß Sleufjern in allen Seftanbtheilen oollenbet waren.
Güte jWÜtgettbe Rothwenbigfeit lag nirf)t in ben Serhältniffen, unb baß ber Stage
ber Reftauration beß Bratern eorgegriffen ift, beoor hierüber ein burcfjbachter, oiel*
fettig in Ueberlegung gejogener plan oorliegt, beweist baß Bnnere ber beiben
©eitenöhöre. Sie fd)wer oermiffen bie Äunftfreunbe eine Reftauration ber romamfehen
Seftfajabe unb bie £er]Mung eineß entfprechenben 3lbf<hluffeß beß nßrblichen
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$al 6 tf)umie$ ? 2 Bäre bteö nidjt weit nothwenbiger gewefen als bie SBänbe ber
©eitenChöre abfrafsen ju taffen wnb bie bort aufgeftellten ^iftorifdjen ©enfmate
hinwegjufChaffen?
Gin ricbtigeg Gefügt leitete ben neuen ©ombaumeifter gr. © d) m i b t, alt’
feine Äräfte auf bie SBieber^crfteüung beg tjcben £t)urme§ big jur Sefrönung ju
fe^en unb fid) bei ber SReftauration ber übrigen 33 autf)eite nur barauf 31 t befd)ränfen,
bag begonnene ju rollenben unb ba 8 9iotf)bürftigfte berjuftelten. 2 Bir erinnern un 8
noch lebhaft beg eigentümlich bangen Gefüblcg, bag riete im Sabre 1860 bei 2 tb=
tragimg beg Shurmhelmcg befChtid). 9Jtan fürdjtete — ob aug fDiif; trauen gegen bie
teibnifd;e Sauleitung ober auö übertriebenen Sorftellungen ron ben Äoften be 8
Unternehmet iriffen mir nid;t — bafj riete Sabre rerftreicben »erben, big bie
©pifce beg Shurmcs wieber weithin im ©onauthale erglänzen werbe; manche tbeilten
gar bie peffimiftifche Stnfchauung ber bamatigen politifd)en 3 uftänbe, bafj bieg
nimmer ber galt- fein werbe. Söir freuen uttg, ba& SSien halb wieber im Sefi{ 3 e
feiner jabrbunbertatten Sterbe fein wirb. Ungewöhnlich raftf) erhoben fi<b in biefem
3 abre ©cfid;te auf ©djichte in pprantibaler Verjüngung unb, wenn bag jweite
Sabr feit bem Segimte beg Saueg — Suti 1864 — abgetaufen fein wirb, wirb
hoffentlich bie Äreujrofe ba 8 2 Berf befrönen. SWag bieg immerhin einem fo ge=
wanbten unb erfahrenen Gotfjifer, wie eg ©djmibt ift, feine bebeutenben Schwierig;
feiten bereitet haben, fo ntüffen wir bo<h gefteben, baff wir in SBien an ein fo
rafdbeg Sorwärtgjcf)reiten bei monumentalen Sauten nicht gewöhnt finb.
Sft ber neue Shumthelm roltenbet, fo wirb wahrscheinlich bie Shatigfeit be 8
neuen ©ombaumeifterg jratächft ron bem 3 «haue ber neuen ©acriftei am nörblicben
(Seitenchore in Qlnfprud) genommen werben, um bie bähltdjett — auch Me fPaffage
gegen bie Gburgaffe ftarf hemmenben Anbauten an ber ©übfeite beg Gh ore ö. bann
bie alte, nicht weniger ftilwibrige ©acriftei an bem iübtichen ©eitenid)iffe ju befei*
tigen. ©er ©aerifteibau bietet nicht geringe ©d;mierigfeiten. Gg heubett ficb nicht
nur barum, benfelben in eine mögtichft organische Serbinbuitg mit bem Sauwerfe
ju bringen, fonbern benfelben auch in fotzen formen augjuführen, bah er bie
Gefammtwirfung beg Ghoreg nicht beeinträchtigt unb feiner Scftimmung entfpriCht.
Gin bringenbeg Sebürfnifs wirb eg fobantt fein, an bie Sieftauration ber romanifChen
ga^abe jn fchreiten. ©er Gebanfe, bicfelbe gänjtich umjubauen unb in Ginftang mit
bem Stile beg Sanghaufeg ju bringen, ift allerbtngg ein im h c h en Grabe hefteten*
ber, er ift geiftrott unb fchwungreich erfaßt unb hat auCh ron bem ©tanbpunfte
ber anjufirebenben ©titreinheit eineg Sauwerfeg unb ber groben. Gegenfähe jroifd;en
bem Siomanigmug unb ber Gothif feine rotte SereChtigung. Slbgefefen aber ron
bem Umftanbe, bah bie .perbeifchaffung ber Getbmittet jur Slugführung fotch eineg
SBerfeg immerhin fchwer herbeijufthaffen fein werben, ift fchon wieberfwlt auf bie
hohe funftgefChiChttiche Sebeutung ber SBeftfa^abe ron ©t. Stephan hingewiefen wor*
ben. Unb fteht fie berat wirftid) fo frernb unb wirfunggtog bem Sanghaufe unb Ghore
gegenüber? Sft bie grage fchon eingehenb erörtert worben, ob nicht bereitg bei 9 (ug=
arbeitung ber $)läne unter datier Siubolf IV. für ben gothifCfen Steubau beö
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©omeg Stücfficf>t auf bie Beibehaltung ber romanifchen SSeftfajabe genommen
würbe? SBürbe bie gegenwärtige, an frangofifdje Äatljebralen erinnenibe Stellung
ber beiben hohen Sh«*™ nothwenbig gewefen fein, wenn bie Baumeifter beg gang»
haufeg unb beg hoho« Shurmeö in bem Beiaffen ber alten SBeftfajabe eine Störung
ber ardhitettonifchen SBirfung befürchtet hätten? SBa 8 aber bie Stäben beg ntaffioen
Baueg anbelangt, fo haben wir noch «* e gehört, bah biefetben tief eingreifenb finb
ober bebeutenbe Sötittel in Anfprudf nehmen werben.
fölit großer Spannung fehen enblich bie Äunftfreunbe Sieng ber Steftauration
beg Snnem beg ©omeg entgegen, wo^u — wie fchon erwähnt — üerfrütjt ber
Anfang gemacht würbe. £ier t>anbett eg fich allerbingg gwifchen jwei fcfjroffen ©e=
genfä^en ben richtigen oermittelnben Stanbpunft $u gewinnen, nach einem im
©anjen fcftgeftellten ^lane $u SBerie p gehen unb bie innere Augfcfnnücfung beg
©omeg nicht oon bem Schmucfe ber ©lagfenfter, oon ben Altären unb bem Ptobilar
ber Äirche ju trennen. 2 >ccf) baran nähere (Erörterungen ju fnüpfen, fd^eint ung
gegenwärtig nicht ber geeignete Beitpunft 31 c fein unb wir bemerfen nur, bah
Borgenommenen Unterfuchungen am Snnern beg ©omeg ju bem ©rgebniffe geführt
haben, bah baöfelbe bemalt war unb bah bag oielgerühmte ehrwürbige Patina»
grau ber SSänbe unb Pfeiler weniger auf Rechnung beg Alterg alg eineg im
Bongen Sahrljunberte Borgenommenen Anftricheg ju fc^en ift.
£. SBeijj.
$ie Konformität ber Itnioerfitäten
mit Stücfficht auf gegenwärtige öfterreic^ifc^c 3 uftänbe.
Bon ©r. j&arl Kokitunsluj. x
(Söten 1863, Bei 0aHmaper unb (Somp.)
o 3« teiner Seit war bag Bebürfnih, in Defterreicf) über Unioerfitätgein«
richtungen öffentlich 3« frechen, fo bringlich, alg heutjutage, ba fo Biele 2Sünfd)e
nach Errichtung unb ©rgänjung oaterlänbif^er ttnioerfitäten laut unb an ben Pforten
ber beftehenben bie Stufe nach einem $eitgemähen ©efinititum immer lauter werben.
2Bit beeilen ung bähet auch a «f bag Botum eineg fo achtbaren Ptanneg in biefer
Angelegenheit htnjuweifen unb Berfuchen eg, im golgenben furg bie Stiftung anju*
beuten, in welcher Stofitangfy bie Söfung ber öfterreidjifdtjen Unioerfitätenfrage fucht
Bietleicht gelingt eg ber geiftoollen BroChure in biefer gewiff auch bringenben grage
eine fruchtbringenbe ©igeuffion ju eröffnen.
3«nädhft betont ber Berfaffer bie Gonformität in Bejug auf Botlftänbigfeit,
inbem et ben ©runbfap aufftellt: Gg ift burChaug nothwenbig, bah, * 0 ° unb wann
immer Unterri^tganftalten mit bem Stange unb ben Stedten einer Unioerfität creirt
werben, felbe aug ben fänuntlichen gacultäten beftehen unb bah bie aug einzelnen
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Facultäten beftehenben SJnfialteit aufgehoben ober gu ooflftänbigen Unioerfitäten er*
gängt werben.
SiiemalS haben bie 2Biffenfcbaften einanber wedjfelweife fo geweift unb angeregt,
niemals finb fte fo folibarifd) mit etnanber eorwärtS gegangen, unb niemals Wat
Fachwibmung unb baneben gugtcifb eine grünbliihe Crientirung auf aitberen ®e*
bieten fo unerläßlich gunt erfolgreichen Setriebe einer SBiffenfdiaft, als h eu *3 u * a 9 e -
SBetut man bebenft, wie wefentlid) bie Sefri ebigung ber hierin liegenben Sebürfniffe
but<h periönlicben Serfehr geförbert wirb, wie man ficb gu fclcfem Schüfe Wo
möglich gunächft nicht an baS Such, fonbern an bcn lebenbigen belehrenben Siath
beS competenten Fachmannes wenbet, wo eS fid) um Stid)tigftellung ber in frembeS
©ebiet greifenben Fragen u. bgl., um ein ©eleite auf biefem, um gemeinfc^aftlidje
Searbeitung hanbelt, fo fann man bie unerqui cf liehe Stolle ermeffett, Welche betfei
befecte Unioerfitäten fielen. Unb nun betrifft gubem jene Sücfe, wie bemerft würbe,
in ber Siegel bie mebicinij<hc Facultät, b. i. einen ©entpler oon naturwiffenf^aft*
liehen Fächern, welche ben SJtenfchen gum Dbjecte naturwiffenfdiaftlicber Forfchmtg
haben, einen Gompler, welchem fi<h heutzutage gang ungeahnte Duellen ber ©r*
femthtifj erfdjloffen haben, welcher ungeahnte ©inwirfung auf anbere SöiffenSgebiete
errungen hat.
Unter ben wirtlichen, b. h- rollftänbigen Unioerfitaten, fällt befonberS ber grofje
äbftanb jwifchen ber Sßiener .'öocbfdmle unb ben Unioerfitäten ber $>roöingiafhauf>tftäbte
inS äuge. ©S ijt leicht erflärlich unb hat fi<h beim ungeftörten Fortgänge ber
Gioilifation bisher immer bewährt, baß bie änftatten gut pflege ber 2Biffenfd;aft
immer guerft in ben SRetropolen erftanben, unb bat; fie h' l ’ r oor aßen anberen
blühten, ba§ fie eä m 23egug auf Süchtigfeit unb 3ahl ber Sehrer, auf bie Steid)*
haltigfeit ber Sehetfe jeber ärt, auf bie 3ald ber Schüler allen anberen guoorthaten
unb baburd) eine fPtäponberang erlangten, welcher gleichjufommen eS ben gleich*
namigen änftatten außer ber 5)ietropole nie ober feiten, in ber Siegel oorübergefienb
unb nur in einzelnen 3weigen unb Stiftungen gelang.
SaS Seftreben, eine ©onformität ber Unioerfitäten bee Steifes burdfguführen,
geht baher unter ©inem bahin, bie fPräponberang ber Unioerfität ber SJtetropole,
fo weit eS thunlif ift, gu minbern. Ser SSeg, welcher gu biefem 3wecfe eingufjalten
fein wirb, ift aber, als oom ©eifte beS FortfchritteS geboten, nicht ber, bah man
bie Unioerfität ber Slietropole ber aus ihren Serhältniffen notfiwenbig heroorgehen«
ben Sorgüge entfleibet, um fie ben anberen Unioerfitäten gleich 3 U machen — waS
ja ohnehin ein oergeblicheS Seginnen, ber 23eg ber Sarbarei wäre, fonbern bah
man jene Sorgüge tbunlichft auch für bie anberen Unioerfitäten gu erringen unb
biefelben auf baS Siioeau ber Unioerfität ber SDtetropole gu hohen ftrebt.
Fafjt man bie Momente, benen bie 23iener tpochicfule ihr unoerhältnihmähigeS
Uebergewicht oerbanft, gehörig inS äuge, fo ergiebt fich, bah bie £>öhe, auf weife
bie Unioerfität ber SJietropole fif ftellen muh, nicht fo beträchtlich ift, bah für
anbere Unioerfitäten unmöglich fein füllte, ihrer ©pifje wenigftenS nahe gu fommen.
Unb gwar liegt ber 28eg hieju einerfeitS in bem guten Sßtllen ber Siegierung, oon
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allen ben tfjr gum 3wecfe ber SSecfmtg be 8 ©ewußtfeinS unb ber Aufmunterung
3 ur S^ätigfeit ju ©ebote fteßenben SRitteln ©ebraucß gu machen, unb anbererfeitS
in ber unter biefer ©orauSfefcung gewiß nid)t auSbleibenbcn, befto eifrigeren unb
grimmigeren Senüßung unb Ausbeutung be9 im ©ergleicbe gut Unicerfität ber
93tetropo(e geringeren SebrmaterialeS.
SBenn bie Ueberfüliung ber einen Unicerfität nicf)t fowoßl in bem Ueberwiegen
i^rer Setjrfräfte, als vielmehr in pofiticer Snferiorität biefer an anberen Unicerfi*
täten gu juchen ift, bann märe jebe bie erftere betreffenbe 9Raßregel — wie bop»
beite ©efeßung ber gebrftühle, 3 wang 8 collegia x. — wiberfinnig, weil eS bann
nid)t an ber übercolferten, fonbern an ber anberen, cerlaffenen, gu beffem, für ihre
©onformirung gu forgen gäbe. ©knn im ©efonberen an ber Unicerfität ber 9Jle=»
tropole ftetig unb in großer Angabi ©tubirenbe au 8 beftimmten feilen be 8
9teicbe8 überwiegen, io barf man mit giemlicber ©etoißheü fließen, baß e 8 berlei
Bnftänbe unb nidd etwa bie Amtebmlidjfeiten ber SJtetropole finb, welche bie
©tubirenben baljin beftimmen.
Schließlich ftellt ber Serfaffer in einem JRefume folgenbe Anforberungen unb
SRefultate bin:
a. ©3 gebe im öfterreiebifeben Staate nur collftänbige Unicerfitäten.
b. Sort, wo e 8 an hinlänglichem fjebrmateriale für bie @rrid)tuttg einer me=
bietnifeben gacultät gebricht, fotl feine Unicerfität gejtiftet unb eine ber mebicinif<ben
gacultät ermangelnbe itncollftänbige Unicerfität aufgehoben werben.
c. 2Bie in ^Betreff ber ©ollftänbigfeit füllen bie Unicerfitäten unb ihre gacul»
täten auch in ©etreff ber ©tubien — ©tubienorbnung, ©ertretung ber fogeitann»
ten obligaten gäcber, Südjtigfcit ber Sebret, gebrbebclfe, — in ©etreff ber Stellung
ber $)rofefforen, ber Bufammenfefjung ber leitenbeit afabemifeben ©eborben, ber
Stigorofen, be3 Siedjtes gu promociren unb 3 U botilitiren tbunlitbft conform unb
banatb einanber in feiner ©egiebung fuborbinirt fein.
d. 3nbem fidb bie procingialen Unicerfitäten fraft einer bie Anfprücbe ber
SSiffenfcbaft unb be3 Unterrichtes principietl überall gleichmäßig 3 U bea(btenben con=
formen AuSftattung unb baneben auf bem SSege ber ÜRacßbilbung unb 9tad)eiferung
im SBefcntlicben ber Unicerfität ber SRetropoIe möglicfjft gleicbftcllcn, wirb einer
uncerbältnißmäßigen Ueberfüllung ber leiteten unb allen biera «8 bercorgebenben
Unguf 6 mmlid)feiten corgebeugt.
e. hieraus muß ficb con felbft eine völlige ©leichberecbtigung ber an ben
cerfchiebenen Unicerfitäten Au 8 gebilbetcn ergeben, welche um fo williget con jebcr=
mann anerfannt werben muß, je mehr man beachtet, baß alle bie unausweichlichen
Ungleichheiten in Ansehung ber Sehrfräfte unb be 8 SehrmaterialeS burch bie grei*
3 Ügigfeit ber ©tubirenben eliminirt werben.
f. Snbem ficb baS an ben cerfchiebenen Unicerfitäten certbeilte an Quantität
unb Qualität »erfcf>iebene SJiaterialc, inbem ficb bie an cerfchiebenen Unicerfitäten
nach Siefe unb 9iid)tung verriebene ©earbeitung bcSfelben, bie an ben verfcbiebe=
nen Unicerfitäten certbcilten Äräfte unb ©eftrebungen gu einem großartigen ©angen
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innerhalb be8 ÄaiferjtaateS gehalten, wirb e8 eine Unioerfität Defterrei<h8, einen
großen, nach aßen 9lid)tungen f)in gleichmäßig treibenben unb blüfienben unb pro»
bucirenben DrganiSmuS geben, weiter oetmöge ber in ihm »erforderten SESiffen«
fcf)aft bie feinblid)ften Klemente gleich berechtigt, gleich ftimmt unb baburd) be*
freunbet.
3ft man gu biefer Sluffaffmtg ber Unioerfitäten £>efterreid)8 auf ©rmtblage
if>rer mßglitbften Konformität in Stniage nnb Seiftung gelangt, fo fühlt man fich
»eranlaßt, auf eine über Defterreid) f)inau8reid)enbe Konformität ber Unioerfitäten
gu benfen, unb bet Serfaffer finbet fid> im ^»inblicf auf bie heutigen potitifdhen
Sefltebungen gu bießfäUigen Anträgen berechtigt. ©ureß bie Kinführung einer Kon=
formität ber ßfterreidjifchen unb alter beutfehen Unioerfitäten in feinem (Sinne wäre
uielen leifen unb tauten Sünfcßen unb Klagen im 3n= unb SfaSlanbc ©enüge ge*
than unb nebft anbeten ein Sanb um einen Staatencompler gefcßlungen, welcher
bie gemeinfchaftliCße Aufgabe hat, bie Sntereffen ber Siffenfcßaft unb Kioilifation
im bergen bc8 SelttßeileS gu oertreten. Sin ber 3luefüßrbarfett einer Kinigung gu
folChem Bwede feilte man bei ber befteßenben wefentlicßen ©teithßeit ber Uuffaffung
ber Aufgaben ber Siffenfcßaft unb be§ Unterrichtes unb beS SBebürfniffeÖ in Segug
auf würbige Sertretung beS praftifeßen SerufeS faum gweifeln.
3ur Anbahnung oon Serßanblungen beßuf8 ber ^erftettung einer folchen Kon»
formität wäre ber Antrag auf ei wen Kongreß oon ©elegirten ber Unioerfitäten
CefterreiCßS unb ber heutigen Staaten an feinem fPlaße. Kheoot aber hätten wir
gu §aufe in Defterreid) bie Aufgabe, bie Konformität unferer Unioerfitäten burCh»
guführen in einer Seife, baff unfere Slbgeorbneten meßt ßeteroplaftifChe, mit ber
mobemen Unioerfität uneereinbare Ktemente gum Serie beS SlufbaueS eines lebenS»
fähigen beutfCßen UnioerfitätSorganiSmuS mitbringen.
$ie ^ferbeeifenfiaijn unb bie Oranibnsfrage in Sßien.
Sir lefen in ben Siener Slättent, baß oon oier oerfeßiebenen Seiten ©efuChe
etngereießt worben finb gut Krtßeitung ber Konceffion gum Saue unb Setriebe ber
fogenannten americanifChen fPfetbebaßnen für Sien unb beffen Umgebung, oon ben
Herren K. SChaef, Saquet unb Komp, in ©enf, bem ßiefigen fftotar .£crm ©r.
grang Stopp in ©emeinfeßaft mit ben Herren Samuel, KlemenS unb SJtofeS ^jirfcßl,
bem 3«genieur 31. g. SJiotler in Hamburg unb ftbließlitb bem £>crnt S. ©üterman
in 9lew=2)orf.
©er SJtoment fCheint unS baher ein geeigneter, mit £inweifung auf bie ÜJtängel
unfereS heutigen OmnibuSwefenS bie Sortheile gu befpreeßen, welche ein uaCh
americanifChem SKufter organifirter DmnibuSbienft für bie gahlreicße Seoölferüng
SienS im ©efolge haben würbe.
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Seeot wir jebodh oon SBtett fpredfjen, werfen wir einen Slidf ht bie großen
©täbte ber Union, welche fid) beö billigen Jranbportmittelb ber ^fcrbeetfenba^nen
erfreuen.
©eit faum 10 Jahren finb folclje in 2ftew=$orf, in ^|itebelp^ia, in Sofien,,
in Saltimore, in Gincinnati, in $)ittbburg entftanben unb bienen aubfchliefjlidh bem
^)erfonenoerfef)r innerhalb ber ©täbte unb iljrer Sorftäbte. SRew= 2 )orf allein befifct
gegen 10 öftere. SJieilen ©tabtba^nen, auf welken im 3af)te 1858 36 Millionen
$)erfonen beförbert worben finb. ^)l)ilabel^ia, welches! gegenwärtig 600.000 Gin»"
wohner jüfylt, hat bab auägcbe^ntefte 9iej} folcljer ©tabtbafmen; 17 öfterr. SMlen
mit einfachem ©eleife finb im Setrieb unb ber Sau oon weiteren 17 Steilen iji
beabfi(|tigt. 3n Softon finb für 200.000 Ginwohner 6 öfterr. SSJteifen Straffen»
bahnen mit boppeltem ©eleife im Setrieb, unb würben auf berfelben im 3al>re 1858
gegen 12 SDüKionen IReifenbe beförbert.
©ie rafd^e Serbreitung in bem furjen Beitraum oon 10 Sauren unb bie
ftete 3 unaf)me ber ^'ferbebafmen in ben ©täbten 9iorb»2lmerka’b bieten wof»l bie
fidjerfte @ewäf)r für bab Jiüplidje ber Unternehmung unb fegen 3eugni| ab oon ber
Sorliebe, mit weither fidh bab publicum biefeb billigen Sranbportmittelb bebient.
©ie niebrigen Bafupteife, bie 3 tnnehm(id)feit bee $af)ren 8 in ben geräumigen,
eleganten unb fanft laufenben Sßagen unb befonberb bie ©efchwinbigfeit ber Se-
förberung, h a t' ert bf« Sahnen bie ©unft beb $>ublicumb fctjneE oerfdhafft, fo ba§
bie ©efeßf^aften butdjjaub fehr gute ©efdhäfte machen, obgleich bie Gonceffion ihnen
bie Serpflidhtung auferlegt, bie fPflafterung ber ©tragen, in weither bie Sahn liegt,
in gutem 3 «ftanbe ju erhalten unb für ieben SBagen eine nicht unbebeutenbe Abgabe
an bie ©tabt ju jahlen.
Sßirb ber Serfehr bet gewöhnlichen gahrftrafen burdh bie ©dhienen ber
Sahn nicht beeinträchtigt? Grwädhbt burch bab rafepe Bahren ber Dmnibuffe feine
©efahr für bie über bie Strafe eilenben Bufjgänger? SBeber bab eine nodh bab
anbere. ©ie ©dhienen liegen in ber £öf)e ber ©trafrenfläcfjen unb bieten baher fein
^rinbemiff ben barüber fahrenben Söagen. Sa mehr, Äutf^en unb Saftwagen be=
nüjjen mit Sorliebe eine ober beibe Schienen beb ©elcifeb, je nach ber Spurweite
ihrer SRäber, ba bie ebene B'läd)e ber ©dhienen eine bebeutenb geringere Bugfraft
in 2lnfpru<h nimmt, alb bie Unebenheiten ber gepufferten ober gefdhotterten Straffe,
©ab 9lnjiehen einer wirffamen Sremfe ferner geftattet bem Äutfdher bab äugen»
blidfliche galten beb Dmnibuffeb, fo baff Weber Uebelftänbe für ben Serfehr ber
SBagen aub ben ©eitenftraffen, noch irgenb welche ©efahr für ben Bujsgünget er»
wadhfen. ©tatiftifdhe Slufjchreibungen weifen in 9lew=$orf 3 Söbtungen unb 11 Set»
lejjungen für bab Saht 185 7 nadt), Wab gegenüber einem Serfehr oon 32,500.000
Steifenben gewiff fehr gering erfefjeint unb bie groffe Sicherheit biefeb Seförberungb»
mittete beweibt
9lodh ift beb wichtigen ©ienfteb 3 U gebenfen, welchen bie fPferbebalmen im
Sntereffe ber Grweiterung ber amcricanif<hen ©täbte leiften. ©er SSerth ber ©runb»
ftüdfe ift in ben burdh bie Sahnen befahrenen ©tabtthcilen geftiegen in Böige ber
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gasreichen Sof>ramgen aller 3rt, treidle liier entflartben ftitb unb nid)t mir bem
befdjeibenen Arbeiter für mäßigen SWtetbjinS eine gefunbe Verberge bieten, fonbem
auch bem wo^lliabenben Sl^eil ber Seeölferung geftatten, ferne non bem geräufch*
»öden Treiben ber inneren Stabt in beren Weiterer Umgebung bie ©tunben ber
Grbolung unb ber Ptufe zuzubringen.
©a® ©edjnifche in bet Anlage ber Satin bei ©eite laffenb wollen wir blofj
bie Ginrichtung bet Sagen, bie Drganiiation bc§ ©ienfte® unb bie Ülbminiftration
ber Gefeflfcpaft näfjer berühren.
©ie gewöhnlichen Sagen ber Pferbebahnen traben nur innere ©ipe, feine
©adifipe. ©er fiel! lacfirte, mit jablreidien genftem burchbrochene Äaften füfirt auf
ber Slufcenfeite in großer Snfctirift bie 3wtf<hrns unb Gnbftationen ber SRoute unb
birgt in feinem Stutern 20 bie 24 Verfetten, welche auf Sänfcn Plap nehmen,
bie fid) an ben ?angwänben be® Sagen® befinben; ein breiter Gang in ber DJlitte
gejlattet ein leichte® Girculiren im Ämtern unb Plattformen an ben beiben Gnben
beö Sagen® mit ©eitenftufen unb ^anbgelänbent ein bequeme® Ginfteigen in ben
Sagen, welcher übrigen® biöweilen bie hoppelte Jlnjahl ber oben angegebenen Per»
fonen führt, welche in Dem gaUe auf ben Plattformen unb in ber DJtitte be®
Gange® ftefjenb plap nehmen. gür genügenbe Sentilatiou unb Ijinreichenbe Seleuch»
tung be® Sagen® im Smtern unb nad; 9lupen ift geforgt, fo wie bie Serbinbung
3 »ifd)en bem Steifenben unb bem Gonbucteur burch einen Glocfenjug hergefteßt.
©er Äaften ruht mittelft Äautfdjuffebcrn auf ben 2l<h®büchien unb bie Sremfe wirb
oon bem auf ber Plattform ftebenben &uticf)er mittelft einer Äurbel gehanbhabt.
©iefe Sagen l;«ben ein @ewid;t oon 50 bi® 60 Gentnern unb werben oon
Zwei nebeneinanbet gefpannten Pferben gezogen mit fleinen Glocfen an bem ^lalfe,
beten Geläute Perfonen fowohl al® auch bie auf bem Geleife fahrenben Sagen an
ba® rechtzeitige 9lu®weichen mahnen foH.
&uf;er ben zweifpäratigen großen Sagen giebt e® auch ffeinere mit 12 imte»
ren ©ipen, welche ungefähr 30 Gentner wiegen unb oon einem pferb in ber Gabel
gezogen werben, ©iefe Sagen heben feine Plattform, fonbem eine ©f>ür an bem
Gnbe be® Sagen® zum Ginfteigen be® Dieifenben unb einen Socf für ben Äutfcher,
welcher auch ö ' e ©teile be® Gonbucteur® oertritt, mithin aufjer bem Senfen be®
Pfetbe® noch bie Sremfe unb Gontrolupr z« hanbhaben, bie an ber inneren ©eite
befmbliche ©Imre Z u öffnen, gu fchliepen unb enblicp noch ba® gaprgelb entgegen»
Zunehmen hat. Septere® barf er nicht übernehmen, et barf nur wecpfeln. ©er 9tei»
fenbe fteeft ba® Gelb in bie neben bem ©ipe be® Äutfcper® befinblidie Süchte burep
eine nach bem Snnent be® Sagen® geführte fdimate Deffnung berfelben. ©iefe
Südpfe beftept au® zwei Hälften, ©er obere Sheil ift au® Glasplatten gebilbet unb
geftattet bem Äutfcper fich oon ber fRicptigfeit be® Setrage® zu überzeugen; ber
untere, zur Aufnahme be® Gelbe® beftimmte, ift ein hölzerne®, fcurep ein Sorpäng»
fcplofc gefperrte® Ääftdjen. Swifcpen beiben Jfi^n ift ein horizontaler Schieber,
welcher oon bem Äutfcper mittelft einer gebet angezogen werben famt, um ba®
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aufgenommene Selb tn baS untere Käfigen fallen ju taffen, ba0 auf ber nächften
Station geleert wirb.
60 ift nicht 3 U leugnen, baß ein umficbtiger unb gefehlter Äutfdjer jur 93oH-
jieljung aller biefer SJtanipulationen gehört, welche alle oon ißm »errichtet »erben,
ohne feinen ^laß ju oerlaffen. Oft genug finb baßer feine oier Gjrtremitäten ju
gleitet 3 <?it tßätig. 9 Jiit bem einen rtufu’ bremst er, mit bem anberen öffnet er
bte 2^üt, in ber einen £anb hält er Bügel unb 'Peitfcße unb mit ber anberen
rietet er bie Seiger ber Gentrolufjr unb ben Schieber ber Gelbbüd>fe.
©er Sagenfaften rußt auf einem SRabgefteHe unb fann ficf) auf biefem um
einen 9laget breßen. ©ie ©reßung muß bei ber 'Jlnfunft am Gnbe bet Saßn oor*
genommen »erben.
©er ©ienft ber Dmnibuffe, refpectioe ißte Slbfaßtl oon ber Üluggangsftation,
beginnt mit ©ageSanbrucß unb bauert bis SNitteruacßt, in welcher Seit alle fünf
Minuten ein Sagen abgelaffen »irb. ©ie bem CmnibuS oorgefcßriebene Sinie barf
nicht oerlaffen »erben unb bat ber Genbucteur im Sntereffe ber GefeHfcßaft alle
mögliche Slufmerffamfeit bem fabrenbcn publicum jn fchenfen, baS gaßrgelb ju
fammeln, bie SRamen ber Apaupt* unb Cuerftraßen beim ^affiren auSjurufen, bei
ber fSnfunft an ber Gnbftation tag Gelb abjuliefern unb bem leitenben ^Beamten
Sericßt ju erteilen über etwaige UnglüdSfälle, Gollifimten unb über ben Snftanb
beS SagenS. Sogenannte Starters fcrgen an ber Gnbftation für baS Untfpamten
ber <pferbe unb baS re^tjeitige Ülbfabren ber Sagen, ©ie Gefcßwinbigfeit ber gaßr!
beträgt eine öfterreicßifcße föieile per Stitnbe einfcßließlicß ber Slufentßalte; wäßrenb
ber ^Bewegung 1 1 ' 2 fDieile. Sn ben furjen Krümmungen barf nur im Stritt ge*
fahren »erben, ©ie gaßrpreife finb äußerft niebrig. gür bie Strede oon einer
öfterreicfjtfcfjen 9D?eile jablt ber Grwachfene burcßfchnittlicß 13 fr., ein Kinb 9 fr.;
man fann jebocß auf ber Station fäbonnementsfarten löfen, woburcß fid) ber gaßt*
prei 0 auf l /a ber früher erwähnten ’fteHt. gfir Gepäd wirb nur bann gejault, wenn
eS fo ooluminöS ift, baß eS ben fpiaß einer 'Perfon einnimmt.
©ie fpferbebaßnen »erben gewöhnlich oon Gefedfcßaften gebaut, welcße mit
einem Stammcapital oon mehreren SOIiOicnen auf Ölctien ju einem beftimmten
greife (150 bis 200 fl.) unb auf bie ©auer oon breiig 3ahren gegrünbet finb.
2ht ber Spijje ber GefeHfcßaft fteht ein mit ber auSgebehnteftcn SeHmacht auSge*
rüfteter SerwaltungSratß. ©iefer wählt aus feiner fJJlitte einen $>räfeS unb 33ice=
präieS, fo »ie ein Gönnte, welchem bie auSübenbe Gewalt ber 00 m SerwaltungS*
rath gefaßten 33 efcf)lüffe jufteht, nacßbem biefe oon ber Generaloerfammlung ber
Slctionäre genehmigt worben finb. ©er SerwattungSratß ßat ferner bie für bie ein*
jeliten ©ienftjweige paffenben ^Beamten unb Snbioibuen anjuftellen, welche je nach
ber Sichtigfeit ihrer Stellung eine Gaution ju erlegen haben.
So weit bie Drganifation ber GefeHfcßaft. SaS ben Setrieb unb bie Grhal*
tung ber gaßrbetriebSmittel betrifft, fo fann fie bem Seften an bie Seite gefteHt
werben, waS in biefer SBejießung oon irgenb einet 33aßngeieHfd>aft geleiftet wirb.
Große StaDungen, geräumige Sagenfcßcppen unb mächtige SorratßSfpeicßer erheben
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ft$ an ben Gnbftationen ber Simen, wo ficft ebenfalls bie Sureauj: ber (Beamten
unb bte SlbminipratienSgebäube Befinben. ©ie Sagen werben in eigenen Setf»
ftdtten angefertigt unb repariert, unb bie Beamten ber ©efellicftap genießen aufter
ihrer Sefolbung nocft bie 33ortbeile einer $)cnfionSanftalt unb einer .ftranfencaffe.
©ie grofte 3aftl ber Sagen unb (Pferbe läftt (eicht einen <3df)htpt gieften auf
bie SluSbeftnung unb ben Umfang biefer ©eBäube. (Rew=f!)otf allein Befaft im Saftre
1858 gegen 2500 $>ferbe unb SRaultftierc, fo wie 370 Sagen. 3m ©urcftfcftnitt
fonunen in norbamericanifcften (Stabten auf eine öfterreicftifcfte föieile (PfcrbeBaftn
15 Big 20 Sagen unb 150 3ugtf)iere gu fteften.
(So eiel non America. Unb nun fei uns erlaubt auf bie CmniBuffe in
Sien üBergugeften.
©ie DmniBuffe in Sien Bebürfen einer hoppelten (Reform, einet (Reform im
3ntereffe beS ^)uB(icum§ unb einer (Reform im Sntereffe ber Unternehmer.
©ie (Reform im Sntereffe beS $)uBlicuntS Begieftt ficf> auf ein rationelles St)»
Pem in ber ÜBepimntung ber DmniBuSlinien unb bie ÜlusBreitung beS DmnibuS»
ne£eS über baS gange SeicftBilb ber (Stabt, ferner auf bie Ginführung oon 23er»
Befferungen in bet Drganifation beS DmniBusbienftcS, um ber 33equemlid)feit unb
Sicherheit beS fahrenben unb nicfttfaftrenben $)uBlicumS mehr (Rechnung gu tragen,
als eS beute ber ffall ift.
©a baS Billige Transportmittel ber OmniBuffe allen (Schichten ber 23eoölfe»
nmg gugutefommeii foll, fo Baben bie 23orftäbte unb bie oon Arbeitern Bewohn»
ten Stabttheile eben fo oon ben QmnibuSlinien berührt gu werben, wie bie innere
Stabt unb bie Quartiere ber SohlhaBeüben. ©a ferner ein Slnbdufen non Omni*
buffen in ben engen Straften unb ^Haften SienS feweftl bie Sicherheit beS $)u»
BlicumS gefdhrben als auch ben (Berfeftr ftemmen würbe, fo finb ben CmniBuffen
fo oiel als möglich oerfeftiebene ©affen gum (Befahren ihrer Linien anguweifen unb
biefeS mit ber gangen Strenge beS ©efefteS aufreeftt gu erhalten.
SaS bie Simen beS (Re^eS Betrifft, fo werben biefe bureft bie (Richtung beS
gröftten 23erfehre8 Bepimmt, in welcher bie 23orftdbte fowoftl unter eütanber, als
auch ber Stabt Peljen. GS wären baher bie QmniBuSlinien in birecte unb
93orftabtlinien gu feilen.
©ie birecten Sinien finb folcfte, welche gwei fo Diel als möglich biametral
gcgenüBerliegenbe 23orpäbte mit einanber gu oerBinben haben, ©er DmnibuS geht
hier oon ber Sinie einer 23orftabt auS, erreicht bie (Ringftrafte, folgt ihr, burch 5
fchneibet bie innere Stabt unb fuebt bie 8inie ber gweiten 23orftabt gu erreichen, in»
bem er bie Beoölfertpen Straften unb ^Mafte bureftfeftneibet. ©ie 2Sorftabtlinie hat
bie 33eftimmung, ben ©ienft in gwei ober mehreren 23orpäbten gu oerfehen, oh ne
bie innere Stabt gu Berühren. £ier geht ber DmnibuS oon ber Sinie als Anfangs»
ftation auS, winbet fidh in Sinfel unb Quergügen burch b* e Straften unb ©affen
ber neBeneinanbet liegenben 23orpäbte unb langt entlieft Bei ber Gnbftation, wieber
einer Einie, an.
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SBa? bic in bem Dmnibusbienft einjufübrcnbcn SSerbefferungen betrifft, fo ift
bamit eine 3 Werfmäßigere Goitftruction bcr SBagen, bie Ginrichtung non 3wifcben*
ftationen mit SBartjimment unb bie Ginführung oon Gorrefponbensen gemeint.
Sie jicei Seitenthüren, welche heute beinahe alte unfere Dmitibuffe befijjeu,
muffen au? Sicherheitsrüdfichten wegfallen unb ift jum Ginfteigen nur bie t)intere
Slmte ju bclaffen, bereit tiefgehenber breiter Sritt bem halbweg? gewanbten Steifen*
ben ben SBagen in einem Sprunge 31 t erreichen geftattet, ohne ba§ biefer ju halten
braucht. Sachfi^e ferner feilten auch feinem Dmnibu? fehlen, ba ein großer Sfieil
beS i'ubltcum? fie ben inneren oorjiebt.
Sie 3wiid;enftationen mit ©artjimment würben an mehreren fünften einet
i'inie unb ooi^üglicb in Äreujungöpunften ber oerichiebencn Sinien gewählt werben
unb Würben ben Sieifcitbeit geftatten, oor Sonne unb Siegen geiebü^t, beit nächften
Dmnibu? abjuwarteit, um mit bemfelben ihre Steife anjutreten ober fortjufe^en.
SBa? bie Gorrefponbenj ber SBagen betrifft, fo bofteljt fie in ber SSerbinbung ber
Dmnibuslinien unter einaitber, unb bietet ben wefeiitlichen Saortbeil, für ba?felbe
gafwgelb fich ber SBagen jweier oerfchiebenen Sinieit bebienen 31 t fönnen. Gin
SJeifpiel wirb bas Getagte erläutern: Gin Stcifenber, welcher beute 001 t ber Sltaria*
hilfer Sinie itacf> Simmering fahren will, tann mit einem Dtnntbu? nur auf ben
StephanSplafj gelangen unb erft ba, ben Unbilbcn ber SBitterung auSgefent, einen
3 Weiten abwarten, ber nad; Simmering fährt. 3?ei ber heutigen mangelhaften Gin*
richtung leibet balier ber Steifenbe nicht nur 0011 Siegen, SBinb unb Sonne, fonbem
mu| auch ba? hoppelte Salwgelb erlegen, währenb er bei bem 33eftehen oon SBart*
fälen unb Gorrefponben 3 für bie 33efabrung bcr erwähnten Strecfe nur einmal ba?
gahrgelb $u erlegen hätte unb wie bei ben Äreu$ungsftationen 3 Weier 33ahnlinien
ben nächften 3ug, fo hier ben nächften Omnibus abwarten fonnte, um ba? 3iel feiner
Steife gu erreichen ,
SJtit ber Ginrichtung oon SBartfälen haben wir eine 33erbefferung beiprochen,
welche burd) bie bem publicum gebotene größere 33 illigfeit unb 33 equemlicbfeit bie
?irequen 3 ber Dntnibuffe, rcfpectioe bie Ginnahmen ber Unternehmer erhöhen würbe.
Soch mehr noch als biefeö würbe e? eine geregelte Gontrole ber oon bem Gon*
bucteur gemachten Ginnabmeit thun. Siefe befteht bei uitferen Dmnibuffen fo gut
wie gar nicht. Unb wie ftrenge wirb fie 3 . 33. bei ben Variier Dmnibuffen ge*
hanbljabt? Sie einfteigenben Sieifenben werben auf ber Gontroluhr notirt, welche
rechts neben ber hinteren Gingangstfiüre beö SBagen? 3 U £>änben be? Gonbucteur?
angebradit ift. Siefer ift bei fofortiger Gntlaffung au? bem Sienfte gehalten, bei
bem Ginfteigen einer Werfen in ben SBagen ben 3eiger ber Gontroluhr um eine
Stummer oorwärt? 3 U rüden. Unterläßt er biefeö einmal au? 33ergeffenheit, fo hat
er es nachträglich 3 U thun, inbem er bie in feinem Sieglement oorgefchriebenen SBorte
laut an ba? publicum richtet: „Messieurs, j’ai oubli4 de sonner un voyageur
mont4 ä . . . et je le sonne“, unb e? 3 ugleicb in ber nächften Station bem
33eamten ansuseigen — eine Ginrichtung, weide mit ber Gontrole be? Gonbucteur? ba?
publicum felbft betraut, unter welchem fid) fo mancher Sncognitoreifenbe befrnbet,
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ber bie gaprt blofj gur Ueberwacpung beb Gonbudeurb mitgumadpen gegwun-
gen ift.
©er Gonbudeut ift überhaupt bie (Seele beb JDmnibubbienftes unb pat ebenfo
bte Sntereffen ber ©cfellfcpaft als aucp bie bcs reifettben Publicumb gu vertreten,
»eitlem er mit ber größten 3uoorfommenpeit beim (Sin» unb Stusfteigen, beim
<5rt£>eilen non gewünfcpten Jlubfünfteit, beim 'Jlbforbem beb gaprgelbeb u. f. w. gu be=
gegnett bat. Seim ©erüpren bou Apauptftrapen unb p laßen nennt er laut ihre Flamen,
um bie Öidfenben aufmerffam ju machen, edbeilt bie Gorrefponbenggettel an bie
Perfonen, welche dne gwrite Sinie befahren mellen unb fdtreitet überall .eilt, wo eb
bie 3(ufrecptpa[tung ber Drbmtng unb Sitte, ober bie Schichtung etwaiger Streitig»
fdten unter ben SRdienben ert)cifd)t. Ueber bem Söagen barf ber Gonbudeut nicpt
oergeffen, feine Slufmerffamfeit aud) nach Stufen ju richten, um feine ber Perfonen
ju überleben, welche einfteigen wollen.
3ft ber Sßagen gefüllt fo fc^lägt er bie Safel mit „Gomplet" auf, welche fiep
über bem Eingänge beb SBagenb befinbet unb beb 3Rad>tö beleuchtet ift — dne
Ginridptung, welche gur Sequemlicbfeit beb publicumo bient, inbem fie jeben
umtotpigen 3dtaufwanb Bermeibet. Sie 3a£;l ber eingeftiegcneit perlenen wirb, wie
erwähnt, burch ben ©locfenapparat ccntrolirt unb in ber näcpften Station non
bem bafelbft befinblicbeit Statiouöcfjef in ben Stunbenpaf? beb Gonbudeurb einge»
tragen. Einige Slugenblicfe Bor bem Grrdcpen ber Station edönt bie pfeife beb
Gonbudeurb, um bie Stnfunft feineb Söagenb angugdgen unb mit lauter Stimme
wirb oon ihm ber SRame ber Station, wie bie ber Betriebenen fünfte genannt,
nach welchen man fiep oon berfelhen mittelft Gorrefpenbeng begehen fann. ©er £)m=
nihub hält, ©ie Jleifenben fteigen aub, anbere mit unb ohne Gorrefpenbeng dn,
ber Stationbdpef f^reibt bie 3apl ber Dieifenben in ben Stunbenpafj beb Gonbuc«
teurb, welcher ben 3dger beb ©locfenapparateb auf bie buibp ben Suwacpb Ber»
gröpede 3apl ber 0Jeifenben ftetlt unb nun bem Äutfcper bab 3dcpen gur 9lbfapd
giebt. ©iefeb ift in Äürge ber ©ienft beb Gonbudeurb, welcpet fiep Bon Station
gu Station ber gangen 8inie bib gu ber Gnbftation wieberpolt, wo oon beren Gpef
bie 3<*pl her Sieifenben ber gangen gaprt in ben Stunbenpaf) eingetragen unb ber
Bdger ber Gontrolupr auf 9lull geftellt wirb, um für bie näcpfte gaprt gu bienen,
©ie Jpanbpabung ber teueren muff aufb ftrengfte eingepalten werben, ba fie bie
eingtge Gontrole für bie fReblicbfdt beb Gonbudeurb bilbet, welcher überbieb, fo
wie ber Äutfcher, bd feiner Slufnapme in ben ©ienft ber ©efellfcpaft eine Gaution
gu erlegen pat, unb gwar erfterer bie Summe Bon 200 bib 250 gr. unb ber
Äutfcper bie non 100 bib 200 gr. Strenge Sorfchriften geigen ferner ben er«
wäpnten Slngeftellten, ebenfo bem Stationbcpef genau ben SBirfungbfreib ipreb
©ienfteb an, gleichwie allen anberen Sebienfteten, welche in ben Stallungen, SBagen»
fepoppen u. i. w. ber ©efellfcpaft befepäftigt werben.
UBarum wir fo ausführlich non bem parifer Gonbudeur gefptoepen paben?
SSeil ber SBiener fepr niel gu wüitfcpen übrig läßt unb dne tReform biefer „Seele
beb Dmnibubbienfteb" nur im woploerftanbenen Sntereffe ber Unternehmer liegen
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famt. Bwet äBorte nocf) oon bera Stotor. (Da ber beengte (Raum bet Strafen unb
Pläße SStenS ung wcf)l auf Safyrjcfmte binaug bie Stöglicßfeit benehmen wirb,
einen anberen alg ben tf)ierifcf)en Stotor für unfere Dmnibuffe ju beitüßen, fo
lenfen wir bie Slufmerffamfeit ber Unternehmer auf eine 33erbefferung ber f)ferbe=
race, ba bie heute ju ben Qmnibuffen benützte bem angeftrengten (Dienfte berfclben
ni^t ju genügen fcheint.
3um (Sdjtuffe bie Earbinalfrage: SBoju braunen wir grienen für unfere
Dmnibuffe? SBarum begnügen wir ung nicht mit einer ftrengen unb confequenten
(Durchführung bet oben angebeuteten Serbeffcrungen ? SBcl;! E)ätte bie an bie Er»
theilung ber Eonceffion gefnüpfte Sebingung ber Unterhaltung ber Strafen oon
©eite beg Untemehmerg eine große Serminberung ber ftäbtifchen Sluggaben jur golge,
wohl würbe bie für jeben Dmnibug an bie Stabt ju jaßlenbe Slbgabe für beten
©äcfel eine reiche Quelle ber (Sinnahme bilben. Sebocf) fcheint ung eine allgemeine
(Durchführung ber ameticanifchen Pferbebabnen an ben engen ©tragen unb pläßen
unfeter ©tabt ju fcheitern, unb nur auf einseine ©treefen angewenbet, würben fie
nicht bie gemünzten Sortheite für bag gefammtc große publicum im ©efolgc haben
SBir glauben baher heute noch nicht ben Stoment gefommen für bie Einführung ber
ameticanifchen pferbebahnen in bem Söeichbilbc unferer ©tabt.
ipiemit bleibt jeboch bie Slugmerjung ber .jahlrei^cn Uebelftänbe nicht aug»
gefchloffen, welche unferen heutigen Qmnibuffen anhangen. (Dorf) bei ber großen
Stenge ber Dmnibuebefißer ift an eine gemeinfame Einigung berfelben jum 3*»ecfe
ber Steorganifirung beg Dmnibugbienfteg nicht ju benfeit unb bag 'Publicum wirb
fo lange noch an beffen Stängeln ju leiben haben, alg fo oiele Äöpfe an ber
©piße beg Unternehmeng ftehen. 2Sir würben baher eine gufion fämmtlicher heute
beftehenber Dmnibugbefißer ju einer Slctiengejellfchaft oorfchlagcn. (Diefe würben in
bie Steihe ber Slctionäre treten unb gegen eine ju beftimmenbe Entfchäbigung ihre
gefammten ^Betriebsmittel (pferbe unb SBageit) ber neuen Eefellßhaft überlaffen,
welche nach ihrer Eouftituirung nun alle Serbefferungen einjuführen hätte, bie einer»
feitg im Sntereffe beg publicumg gelegen, anbererieitg bie Ertraggfäfngfeit ber Unter»
nehmung ju erhöhen geeignet finb.
Sei ber mangelhaften Einrichtung beg Qmnibugbienfteg in Sßien, bei ben
hohen Slnfchaffungg», Setriebg» unb Erhaltunggfoften ber SSagen unb 'Pferbe, bei
ber Slbwefenheit jeber geregelten Eontrole für bie Einnahmen beg Äutjcfcrg, bebient
fich bag 'Publicum beg billigen Srangportmittelg fo gerne, baß fort unb fort Eon»
ceffionen um neue Linien nadjgefucßt werben. Um wie oiel günftiger würbe fich
bag Erträgniß für eine ©efellfchaft geftalten, welche, über bebeutenbe Eapitalien per»
fügenb, einerfeitg bie Slnfchaffungg», Setriebg» unb Erhaltunggfoften ihrer gaßr»
betriebgmittel, b. h- bie Sluggaben aufg Stinimum herabfeßen, unb anbererfeitg burcf)
bie bem publicum gebotene größere Sequemlichfeit, burch iperabfeßung beg gaßr»
preifeg unb bur<h eine ftrenge Eontrole ißrer Sebienfteten bie Einnahmen auf bag
Stapimum fteigem würbe! 8. 33 ömch eg.
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©eogröMtfdjc Romane
(©erftatfer ,®if ©olome*. — d. 33ibta „(Sin Sinrel". — SRrK^anfrn „®tr ÜKajor»
bomo“. (©ätnmtficb Scipjtg 1863, Goftenoble.)
GS war in einet früheren Betrachtung neuer Bomane bie SRebe baten, wie
fehr bie grauen fid) biefeS littcrarifdjeii (Gebietes bemächtigt ^aben unb ob baS
nicht für bah ftärfere ©efcblecbt ober boeb für bie ftärferm ©eifter barunter ein
Reichen wäre, bafj eä rathfam, fich mit um fo größerem Grüfte anberen Äun|‘t=
gattun gen guguwenben. ©en grauen unterliegen ift für bie Herren ber Schöpfung
ja fonft feine Utiefre. Ginftweilen jebeef) haben fie einen Ausweg gefunben, um
ficb wenigftenö eine befonbere 31 rt ton Siontanen als ausicbliefdicbeö Serrain gu
wahren, $aben bie Stauen fogar ben Gruft jener Stubien nicht gejebent, welche
ber hiftorifebe Vornan nothwenbig macht, fo werben bie garten ©efchöpfe boch
Bebenfetr tragen, ihre eigene 'Perfon ben Strapazen auSgufegen, welche bie nur
pbnfifchen aber unerläßlichen Borftubicn gur Behauptung beS neuen ©enreö finb,
bcS geographiftb en tRomaneS.
©er Pfabfinber in biefer Siichtung, ber SSalter Scott beö geograpbifdien 3Ro=
maneS ift Sriebrich ©erftäder. Gr bat feine mebrfadjen, mit Slnftrengungen unb
©efabren aller 31 rt terfnüpften Seitreifen bereits in einer tüchtigen fReibe ton
Bänben auSgebeutet, welche theilS bie ungefebminfte ©arftelhmg feiner in fremben
Sonen gefammelten Ginbrücfc unb Grlebniffe enthalten, theilS bie teueren gu intern
effanten 3lnbaltspunften für allerlei rcmantifd;e Grfinbungen bcnü|en. Seine le|te
große Steife galt tomebmlicb ben terfebiebeneu Staaten Süb=3lmerica’S unb nad)=
bem et bereits in brei Bänben eine ftreng realifiifcbe Berichterftattung barüber ge=
liefert ^at, folgte je|t ein fRoman aus Brafilien: „Sie Golonie".
©erftäder machte feine geographischen fRomanc ton jeher gu einem befonberen
Gigentf)unt ©eutfcblaitbS, inbem er ben berrorragenbften Siguren feiner Grgählungen
beutfehen Utfprung gab. SSic ficb uitfere Sanbsleute in ben märchenhaft fremben
©egenben nnb Berbältniffen gurccf)t finben, bas l>at, unabhängig ton ber 9iomantif
ber leiteten, für fid) allein fd)on ein romanhaftes Sntereffe. Sn einem 3ioman, ber
in Brafilien fpielt, fonnte er bieS Sntereffe mit um fo natürlicheren Mitteln gu=
jianbebringen, als Brafilien in ber 2fat ton beutfehen Goloniften wimmelt, ja gange
Golonien b«t, in benen bie beutfebe Sprache bie herrfdienbe ift. 2Ran bat erft tor
wenigen Saßren in ben angefebenften öffentlichen Blättern trübfelige Beriete ge=
lefen, fowohl ton ben trügerifchen Berledungen welche gasreiche beutf^e 3lnS=
wanbeter nach Süb=3lmerica gogert, als ton ben Scbicffalen berfelben. 3lucb £)efter=
reicher, namentlich 2iroler, befinben fid) unter ben bortigen Goloniften. Snbeffen
tonnte ©erftäcfer felbft in feiner erwähnten Sieifebefcfjreibung ichon SröftlicbereS
melben, als anfangs terlautet fsatte. ©ie beiben Garbinaltugenben beS ©entf^en,
©ebulb unb gleiß, h fl be« UnterhoffteS ergielt, unb gegenwärtig giebt eS bort
glüdliche, wenn auch burch fdjwere Opfer nur mögliche Griftengen, ja eS blüht fdjon
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eine Generation auf, an bereu Siege bereits oerhältnihmähiger Sohlftanb fifct,
wäfjtenb bie beutfd»en Später nur fdjroere Arbeiten unb ben ununterbrochenen Äampf
mit ben ?eben 8 fotgen gefannt haben.
3 n eine beutfche Golonie 33 rafilieit@ führt ben Sefer ber oorliegenbe SRoman.
Sie Sntriguen, welche ben wacferen beutfchen ©ouoenteur bcS fleinen Goloniften*
ftaateS oon feinem fPofteit oerbräitgcn, bie ©reigniffe, welche ihn wieber jurücfführen,
nachbem ein unfähiger Schübling an feiner ©teile gcwirthfchaftet mtb Unheil an*
gerichtet hat, taffen einerfeitS tiefe ©liefe in baS SJiegierungSgetriebe, anbererfeitS in
bie ^)erfönlicftfeiten, in bie Swecfe unb Seibenfd)aften ber Anfiebler thun. Sie meiften
haben entweber eine S<hulb ober ein Unglücf aus (Europa in bie neue Seit ge*
bradht unb wie folche SDiitgift, bie fie oft auf ber Ucberfahrt in baS Seitmeer
gefenft ju haben glauben, plcglicf) wieber bei ihnen fich einfinbet, brohenb ober
ftrafenb: baS bietet Sieij unb Spannung genug, namentlich ben ©lafirten, in
Wellen bie ©orgänge in unferen ciüilifirten ©efellfchaftefreifen fein Sntereffe mehr
aufftacheln fönnen. Sie man fich aber auch immer ju bem oerhalte, wag 9Jtenfcf)en
begegnen fann — bie SRaturbilber, welche ©erftäcfer entrollt, nicht in emphatifdher
Schilberung, fonbern als bie oon felbft fich ergebenbe Secoration beS ©efchehenbeit,
baS wirb jeben entlüden, bem biefe Grbe überhaupt noch einen SSunfcf), einen
Sraum abgewinnen fann. 9Rancf)mal führt unS ber ©r^hler in eine einfame An*
fieblung, bie, mitten in allem Sauber tropifdfjen SübenS liegenb unb ber Sijj eines
ftiUfeligen SamilienglücfeS, einen SSKilton ju bem ©tauben oerleiten fönnte, baff baS
oerlorcne $)arabie 8 gurüefjugewinnen wäre.
©erftäcfer ift fein Äunftfcf;riftftelfer, er ift nur ber treuherzige Solmetfdh bef=
fen, waS feine Sinne aufgenommen haben. Uebung unb ©efd>macf haben ihn ge*
lehrt, bie Sülle feines realiftifchen SWaterialS fo gefepieft 3 U behanbetn, bah ber Sefer
einen reinen, harmonifchen ©inbrudf empfängt unb nicljt auf ben SJlangel befjen
aufmerffam wirb, waS ber ©erfaffer ju befijjen ohnehin nicht beanfprucht. Ser
gleichen ©orjüge fann fidh nicht ©rnft Sreiherr 0 . ©ibra rühmen, ber feinen
Aufenthalt in Süb*America ebenfalls in (Stählungen unb fRomanen auSbeutet.
3m le^terfdjienenen biefer Art „©in 3uwet" wirb bie gänjlidf)e Unfähigfeit
fünftlerifchen ©eftaltenS nicht wie bei ©erftäcfer burd; Anorbnung unb ©efehmaef
fünjllich oerbeeft. SaS gefjtenbe oermifjt man bieSmat um fo beuttidjer, weil ein
$heil ber Sabel in ©uropa unter oft behanbelten ©erhältniffen fpiclt. So aber
nicht bie 9iomantif unS frembet ©egenben unb Suftänbe wirft, ba muff ber Sidjter
burch bie ihm angebomen fölittel beftechen fonnen Siefe erfe^t ber ©erfaffer burdh
allju fubjectioe SReflejrionen, gröfftentheilS in humoriftifcher Abficht, oerbirbt aber burch
falfd)e Stöne nur noch fi<h erer bie Stimmung.
SaS trojjbem für baS Serf einnimmt, ift — ber Sitelbelb. ©8 hanbelt fidh
wirflich unt ein 3 uwel, um einen Siamant, fabelhaft an ©rohe unb Serif»,
auS bem Sanbe ftammcnb, welches unfere ^hantafie noch immer gerne für baS
Utopien halt, baS ©oltaire’S „Ganbibe" fah, als er ben Scbulmeifter aufmerffam
machte, bah bie Äinber mit Äiefeln fpielen, bie ©rillanten finb unb fidh fo «fo*®
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Äoth wälgen, ber ©olbftaub ift. SBie bie diamanten 'Peru s noch gu Gnbe be§
»origen 3abrbunbertö uon Gingelnen gewonnen, gefunben, ober lute fie ihnen guge*
fd)muggelt würben, ift uon änjjerftem Jntereffe $u leien. Piit ber ©eidndde beö
3uwcls oerbinbet fid> bie ber Kriege in Snb=America ju Anfang biefes 3af)r=
bunberte, mit ©aten, bie ohne 3'ueifel au Crt unb Stelle gefchöpft finb. (Sine
feldje gülle uon Material in brei 33änbe gebracht gicbt natürlich nur eine apliori.
ftifche ©arfteflung, bod) glangt, wie bemerft, bas „3uwel" gewittttenb baraus berror.
Gin anberer Sdiüler ©crftäcferS ift ©albuiu PI ö 11 b a u f e n, ber feilte erfte
grojje Steife nod) unter SBegimftigitng AleranberS u. Apuinbolbt antrat. Stäubern er
baritber in einer wiffemchaftlicben Arbeit Siecbeit'cbaft gegeben batte, unternahm er
ebenfalls bie Ausbeutung feiner Grfahrungen mittelft bes SiomanS. 33ereitS liegt
eine ftattlidje Angabi berartiger Schriften uon ibtn vor. Sic haben burd) bie 3bcu*
tität bes Schauplatzes, welcher grefdentheils baS tübliche Galifontien unb 9teu>
fOiejrico ift, mehr noch als burd; bie Grfinbnng einen ineinaubergreifenben 3ufatn*
menbaug. ©as jüngfte prcbuct biefer Art ift ber oierbänbige Siontan: „©er
fDiaporbemo“.
©er Scrfaffer erreicht ebenfalls in Gompofition unb uerftänbiger Anorbnung
nicht bas Sßotbilb, allein er feifeit, abgeieben uon bem ©egenftanbe, bureb ben Un»
geftüm einer jugenbtichen pbantafie. 3m ©angen fann biete Art uon Slomaneit
ber 8efewelt weit mehr als ber gewöhnliche Schnitt ber hiftorifchen Siemane ent*
pfohlen werben. Jft es feineswegs gu loben, wenn baS Publicum gefcbichtlicbe
Äenntniffe ber feidtten unb fd>iefen Belehrung burd) fnftcrifche Siomane oerbanfen
will, io heit eS gar fein 33ebcnfen, bie jfuitöe uon ber 2?eichaffenheit ber Grbe auS
geographifchen Slomatten gu ichopfen, namentlich wemt tiefeiben an ber Autopfie
ber 33erfaffer eine fo fiebere Duelle haben, wie fte ben belletriftifdcen fbiftoriograpben
nicht gu ©ebote fteht. £ieronpmuS 8orm.
5£)ic ^arteüömpfc in 9iieber=Cefterreidj in ben Sauren 1519
unb 1520.
Unter biefem 2itel filtert bie neuefte Schrift Äarl DberleitnerS bie Se*
wegungen jener Safjre mit befonberer 2?egiehung auf SBien GS lagen ihr babei
bisher unbenujjte banbfd)riftlicbe Duellen uor, nämlich bie Aufzeichnungen beS SSie*
net ©ütgerjneifters fSclfgang Ä i r ch b o f e r, bie fich im nieberöfterreichifchen ftän=
büchen Armine beftnben, unb Schriftftücfe auS ber Sammlung $errn G. 8atourS.
Äaifet Ptar I. ift gefierben, bie Piitglieber bes faiferlichen ^Regimentes berufen ben
SSiener Stabtrath in bie Zpofburg, ber hier baS ©etöbnijj ber 2reue ablegt unb
febattn bie SSahl eines ©ürgerauSichuffeS anbefiehlt. Statt ber üblichen gwangig
SJtitglieber werben beren breiunbfünfgig gewählt, ja fogar uon jeber 3ec^e (Gitti»
gnng) will man gwei ober brei perfonen beigiehen. GS fommt gu tumultuarifchen
IBM. III. Bank. 2
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(geeiten gwiiSen biefet großen neuen Körperjcfaft unb bem alten ©tabtratl), ah
beffen ©pife bet 23ürgermeifter 2B. Äird)lwfet ftef>t; ja fogar mit IjuffitifSem
genfterfturj wirb gebroljt. ©er 33ürgerauSfd)ufi nötigt gulefjt bie alten »ersten
„Regenten" gur gludtt nad) 2Biener=9leuftabt. ©aS 8ofung8wort bet Steuerer, beten
£aupt bet ©r. SOiert ©ibenburger ift, lautet: Slbfefcung beS alten ^Regimentes
unb £anbe$orbnung! Eefstere wirb eingefü^rt unb in allen ©tücfen ba8 ^Regiment
an fid) genommen, hierauf gebt eine Gefanbtfdjaft gu Äaifet Karl V. na<$ ©pa»
nien ab, an bet aud; Gifing unb ©ibenburger tpeilnetymen. Sölit milben ©orten
entlaffeit, teuren fic wieber. 3(m 9. 3uli 1520 wirb gu Kloftemeuburg bet 8anb*
tag abgeltalten, ber eine gemeinfSaftlidie ^Regierung, (Meisterung unb 33erbefferung
bet SBerwaltung mtb Uebertraguitg ber öerid^tsberrfeit in ben ©täbten unb SJtärf*
ten an bie 33ürgermeifter unb Stätfe betfelben fccjctjtiefjt- 9tadj fongen 3]erlaub»
lungen über baS gange 33orgel)en, fo wie über einzelnes — g. 33. baS £>au8*
grafentfmm — mit bet Regierung, genehmigt lefctere tieleS unb fejjt einen $ofrat^
über bie Sanbe. 3118 Grgpergog getbinanb 1522 gut 33erwaltung bet öfterteiSifSen
Grblanbe bieteiben betritt, finbet er bett Seitcr ber Dppofition ©r. 3Jt. ©ibenburger
als 33ürgermeifter ton ©ien tor. ©iefer mit mehreren anberen gum Oerid^te ton
©iener=5Reuftabt berufen, erleibet bafelbft burdt bie £>anb beS .ftenferS ben ©ob.
©o weit ber troefene Snfalt ber ©berleitner’fdjen (Sd^rift, bie wir als gele*
gene Grgättgung anberer Quellen weltl anerfennen. ©enn wir terfuSeit, baran an*
gufnüpfen, fo fragt eS fiefy tor allem: ©el$e8 war baS ©efen jener eigent^üm«
lieben Bewegung? G§ ift nid)t fo leidet, bieS mit einem ©orte gu begeidmen, benn
meutere gactoren finb eS, bie jenes Siefultat ergaben. 33or allem beamte man wo^t,
baft bie Beit, in ber jene Kämpfe tor ficb gelten, bie Beit bet auffteigenben ©errt=
torialmadtt ift. GS ift bie Beit beS GntfteficnS ber ftraramen, feften Gentralgewalt
©er gall GonftantinopelS, baS 33orbringen ber DSmanen, wie bie babureft bewirfte
gurcfyt lief allüberall gef<ploffene monatSifS e Gewalten entfielen, Gewalten, bie
in fertgefeptem confequentem Kampfe mit bem Geworbenen — ben ©tänben —
ifre 9Racf)t fiegreid) ^inauSfütyrten. Sludp ftiet in DefterreiS ift eS ber Kampf
gweiet principe, ber neuen SRonatdjie unb beS alten, auf feinen ^ritilegien nnb
pergebrad)ten ©afcwtgen fufenben ©tänbe= unb ©täbtewefenS.
SOian weif, wie 9Diarimilian I. na$ bem 33eifpiele beS „grofen SRagierS",
gerbinanb beS Katf>olifd)en, feine Gewalt über alle anberen gu etfjöfen beftrebt
war, fein Regiment beabftclftigte bie gröfjte Kräftigung ber SföonarSie. ©einem
©obe folgte bie Dppofition gegen feine fpiäne. ©efen wir bo$ näper gu. ©ie
fJanbeSorbnung ift eine® ber getbgeiepen ber ftänbifepen Partei, in toller Autonomie
trifft biefe SSertljcibigungSanftalten unb anberc fRegiernngSmafregeln, auf 33efläti=
gung ifrer greifyeiten unb ^ritilegten formt eS ifr tor allem an. 3ÜS fte ben
faiferlicpen Gommiffäten ben ^mlbigungScib fSworen, fagt wo^l eines ton ben
3)arteil;äuptem: „§ält man unS, fo galten wir baS aud)", bamit baS 33erttältnif gum
SanbeSferm als baS eines 33ertrageS begeidjnenb, baS — wenn man fo fagen barf
— eine ©^Kapitulation etfotbere. ©ie enufifd)en Gefanbten terftSem, etyer $ehn«
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giepen 31 t wollen, atS bie lartbftänbtfcfjen Siecpte Befcpränfen taffen gu wollen. UeBeratf
Begann, wie im ©egenfape gu ber ^orberung ber Stegierung, ein Veparren auf bet
Autonomie ber Stabtrdtpe unb Sanbtage. - 2 eben wir unS in anbeven ©uetten jener
3eit naep biefer Bewegung um, 3 . S. in ber SelBftbiograppie SigmunbS greiperm
0 . KerBerftein (perauSgegeBen ton Speob» v. Äarajan, Fontes rer. austriac.
I.,S. 68 Bi 8 397), fo tefen wir über biejetBe, wie über beit ©r. 9Jt. SibenBur*
ger, ben ©efdprten KerberfteinS auf ber fpanifepen Steife, nur baS Scptimmfte oer=
geregnet. 2egt man bem, waS ber feine ©iplcmot mit vornepmer ©eringicpäjutng
über ben bürgerlichen fünften (Sibeitburgcr) üupert, waS er fpottifcp von beffen
gemeiner Haltung, tiufifcpen Komplimenten unb ccnfufen Sieben jagt, auep fern
großes ©ewidpt Bei, fo fiebt man boep auS altem, bap -Kerberftein ber Bewegung
niept betb war. ?fntf> bie atten Siegenten fagen jwar, bap „biefc gewattfamen .Ganb=
tungen nur burd) ben VürgerauSichup unb etliche (!) Ungeporfame veranlagt waren",
aber wir würben fept irren, wepn wir bieS für waBr Bielten. 3m ©egentfeife, bie
Bewegung Bat ba§ gange ?aub ergriffen; wir tefen bie achtbarften Siamen unter
ben Vefcplüffen beS 1'anbtageS. Gin allgemeiner SSunjcp ift eS, beS tief verhaften
alten SiegimeitteS toS 3 U Werben, deiner von biefen SiätBen bürfe mehr gemäht
»erben. SHoper ber arge /öap gegen biefc? Gr ift allgemein verbreitet. 9 (ucp in
Jirot ift baS Votf gegen fie empört; ein treuer ©iener beS öfterreidnfepen -Kaufes,
bet Befnnnte ©eorg Ä i r cB m a p r (©enfwürbigfeiton feiner Beit, perauSgegeBen ton
£feob. v. Äarajan, Fontes rer. austr. I., 419 Bis 534), flagt 1519 über baS
VerwaltungS* unb ginangfpftem ber Stätpe Äaiier SliarimilianS. Unb baS von
©Berleitner inbattticb mitgetpctlte fOiemoriale ber Stabt 53ien beicpulbigt bie faifer*
liefen Stätpe ber f)>arteilicBfeit unb VeftecplicBfeit, fo wie ber Verlegung ber j})riti*
fegten ber SBiener SürgerfcBaft. Unb fierin tag baS 3 weite Glement ber Sewe*
grntg: £>a§ gegen bie DBrigfeit!
SJian würbe irren, wenn man glaubte, bafj bie Verfügungen ber SBienet
VürgerfcBaft unb ber SanbesausfcBüife anarepiiepen ©etüften nacBgcgebcn patten.
3m ©egentpeite gielten fte auf JDrbnung unb Siegelung ber Verpättniffe ab. ©lei cp
bie erfte Kanblung ber Sanbrätpe ift bie SluSrüftung von gweipunbert Sieitcrit gut
StuStitgung bet StäuBereien. ©ie SBapfen ber Stabtrdtpe würben geprüft, jebet
Verbacpt ber Seftecpung verfolgt, bie Siecpmtngen unb Vücper ber früperen 3apre
Bemängelt unb unterfuept. ©ie SJtitglieber ber neuen Siegierung fotlen unBeftedplicpe,
eprbare, eingeborne SRämter, jebe Gumulirung ber Stemter unb bie Slnnapme
von ©eiepenfen verboten fein. GS fpridjt für bie ftäbtifepe Partei, baf bie öfter*
reiepifepen Prälaten, gewip greunbe ber Drbnung, immer mit ben Stabten gingen.
SRo<p mepr aber ber Umftanb, bap ber Äaifer fefbft in einem ScpreiBen vom
25. gebruar 1521 bie ©ebreepen ber SanbcSverwaltung unb Suftig anerfennt unb
bie StBftettung ber Strafjenräuberei unb ber SRifjbrducpe Bei ber Krpebung von
fDtauppen u. f. w. verfpriept. ©ajj eS Bei atlebem an peftigen Scencn niept feptte,
wirb btt Begreifen, ber aus ber ©efepiepte ber beutfepen Stabte baran gewöpnt ift,
bie 3ünfte gegen ben Statp rntb bie ©efepteepter in witber Gmpönmg aufwogen gu
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fetyeit. £>ie djceffe ater oeranlafjten in SBien baS ^eraufforamen eine« britten
— beS gefäljrlichften — (SiementeS, beS bemofratifchen. 3Me {(einen Seute fommen
burd) bie Bewegung gu Qtnfefien, meift ©ewerbSleute werben m ben Slath ber
Sreiuttbjünfgig gewählt, man lernt eS, burd) ben 3Rad)brucf ber Piaffen bie Be*
ratfmngen gu bem Slefultate gu führen, baS man erwünfcht. 33or alten ift 2)r. <&U
benburger ber £>elb beS BolfeS. dt ift bet eigentliche Leiter ber ftürmifctjen Be»
wegung. ipöchft böget dinenb für ihn ift baS Sort, mit bem ihn befj^ad) fein nobler
©egner (iperberftein) auflagt, „baff ft) (Sibenburger uttb bie Seinen) firf) amtbetS
bahaimb in einfdjcncf£>eit unnbet ben Jauern unb in Srindhftuben ^ieHten".
Sibenburger ift ber Semagog ber 'Partei, fein JKeffort ift bet Heine ©ewerbtreibenbe
unb ber Bauer. Sh 1 « ®°h^ Stieren jene unbebauten argen Sieben an, mit benett
er baS Bolf erfji^t: „bie 9tetd)tl>ümer Spaniens feien nur wahre Strmfeligfeiten;
Äaifer mtb drghergog gerbinanb feien nid)t fo mächtig unb furchtbar als man
glauben mache" u. f. w. Speiche Tragweite ihnen beigulegen fei, läfjt fid> wohl
nid)t beftimmen, genug, baß fie bie Piaffen aufregten unb ihre ©ebanfen inS
3iel(pfe trieben! — 9(lS Sibenburger mit ben Seinett gu SBiener SReuftabt gerietet
warb, bie Seichen bann gegen SSien gebracht uttb bafelbft am alten gleifchmarfte
bei St. Soreng über 9Rad)t auf bem 9licf>ttt>agen lagen, fo war baS 23otf „in ber
Stat gattnj) rergagt unnb ftiH geweft, mit großen Sorgen unb Stauern". (Berber*
ftein a. a. 0. 262.) dS fühlte, baß mit bem Raupte feines SieblingS, beS fchlauen
ehrgeijigen SlechtSgelehrten, fein £>aupt gefallen >.
DberleitnerS Sd)rift bringt Beiträge gut Beleuchtung eines PunfteS unfetet
©efchichte, in bem fi<h bie Begebungen ber Befangenheit unb 3«fmtft befämpfen,
in ber dlemente ber alten uttb neuen 3eit einanber begegnen. Uttb bieS fleht feft:
waS bamalS fd)on bie ftänbif^e Dppofition in Defterreid) wollte, waS ber
fleine Plantt bafelbft bunfel ahnte, eS bricht in ben nächften fahren allüberall heroor,
1523 in Sirol (Äirchmapr 464) 1524 bort unb in Defterreid) (Äirchmapr 466).
Unb ber ©eift ber Dppofition, ber 1519 unb 1520 bie fiänbifche unb bähet hoch
georbnete Bewegung heroorrief, bringt itt immer tiefere unb tiefere Schichten. 2>aS
aber, waS bie Sibenburger’f<he Unruhe nur »on gerne wie bunfle Sotten geigte,
bie ©efahr, bie roit ben Piaffen brohe, eS bricht in oerf^erenben Settern in nächfter
3eit ^ercor, in bem eittfeßli^en Slufbäumen ber gebrücften länblichen Beoötterung,
in ben Bauemfriegen.
Sroppau ben 1. 2)ecember 1863. 2)r. Slbalbert ^orawiß.
1 wo^gefinnte Scanner, nie jener Äiufcmapr, fonnen fu$ mit bem $erfa$ren
geibinanbÄ nid?t einoerftanten erflaren, fo tief fa§ ber ftänbifdje ©ebanfe audj in biefem Siroler,
bag er fagt: er (gerbiitanb) im eingang feiltet 9legiment$ mit benen oon Speit unb mit
bie gwei §errn o. (Spgingen unb $erm o. ^ue^apn graufamd gefyanbelt ift fünft ge*
brugt unb offenbar. 3ft wol gubeforgen, e$ werbe fo pa(b nlt »ergeffen. 5)er non Sien alt fcrtef
unb grepfcait $at er alte geriffen unb fp aller grepfyait entfept. Surbt H guet, fo wollen wtr'l
(oben. 9lber bifem (annb gab er ain feer grog ®ntfegen". (a. a. £). 459.)
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$r. (£ntil $rim$ ffiöfiler.
9lm 6 . ©ccember b. 3 - würbe bie 8 eicfe be 8 .ipofratfeS 2 )r. ©mit Wranj
Sichler in einem Sßätbdfen cor ber ©tabt ©igtnaringen aufgefunben. 2ßir Beilagen
biefeS tntglütflicfe Gnbe unfereS, fern con ber geliebten .£>eimat feit 1849 lebenben
8 anb 8 maitne 8 , welker fidf um ba 8 ©tubium nnb bie 8 itteratur ber öfter«
reiefifdfen Becftdgefcficfte fowofl al 8 Duellenferfcfer a (8 «uef a !8 Begrünber ber
erften afabemifdfen ©emeftralcorlefung en über öfterrei<I;{fd>e 9 f?edf>t 8 =
gefcf iefte an ber Sßtener Unicerfität bauernbe Berbienfte erworben bat.
S)er Beworbene fatte nicht ba 8 fünfgigfte 8 ebeit 8 jafr erreicht. — Sie Batet«
ftabt beSfelben Wat Brür in Böhmen, nnb biefe .^eimat im Grggcbirge fo wie feine
ganje Bilbung wie 8 bemfelben feine früfgeitig iefarf berrertretenbe Stellung gu ber
nationaien Bewegung in ©eutfcflanb an. B öfter war üDeutfcf«Böfme mit ?eib unb
Seele. 9(18 ©ofn eines fefr gearteten unb unterrichteten SuftitiarS fam er ftäuftg
mit bem Bolf 8 leben in Berüfntng,, ittbem er feinen Batcr bei ben Bereifungen ber
©orffdfaften in Becft 8 aitgetcgenf eiten begleitete, ©aburdf wuvbe ber fein au 8 ge«
bilbete ©inn be 8 Berftorbenen für Botfötfümticffeit in ben '«ernten be 6 BecftS
unb ber ©ebrättefe gewedft unb barauf läft fief wofl feine Borliebc für bie in
biefer ©pfare (iegenben ©tubien gttrücffü^ren. (Dafür fpredint feine ©atnmelarbeitcn
für S)orf= unb Bauemrccft. ©cfon feine Snauguralbiffertatien a (8 ©ortoranb bet
Becfte in $tag 1842, 8 eopolb .$a 8 iter con 9(rtfa gewibmet, betraf ba 8 2fit8gebinge
auf Bauemgütent naef ben beftefenben Borfcfriften in Defterrcicf, mit befonberer
JRüdfficbt auf Böhmen.
Sfm gebührt bie ©fre, ben erften Bevfucb, beutfeben S)orfwei 8 tfümem itt
Bönnien naefguforfdfen, unternommen 3 U fabelt. Gr bot aI 8 $)robe biefer intereffanten
BcdftSbenfmäler bie üfefentewifer Büge con 1553, weldfc a !8 erftev «unb ifn gur
erneuerten erfolgreichen föorfcfmtg angeregt fat. 93afrfd;einlicf befinbeit fid) mefrere
Becft 8 fanbfcf)riftcn über biefeS Snftihtt in feinem Bacblaffe, unb e 8 wate wofl
©aefe ber f. 91fabentie ber SBiffenfdfaften, welche fid; 3 U einer Ülucgabe öfter«
reiefifefer 2Bei8tfümer entfcfloffen fat, wenigftenS an bie Berwertfung beö Bach«
laffeS BöflerS gu benfen, welcfer eergcbenS bie ibm gebüfrenbe DluSgeicfnimg er«
wartete, gum Blitgliebe ber f. 91fabemie ba - SBiffenfdiaften in SSieit oorgefeffagen
gu werben, in welcfer er nocf> in ben leiden Saften einen 1 Bortrag über feinen
gunb 8 eibnif’fcfet ^anbfefriften gefalten fat — Unferm 8 anb 8 manne würbe nttr
con bet f. ©efelffdfaft bet SBiffenfcfaften gu fPrag bie cerbiente ßfre gn Stfcil,
gum SKitgliebe berfelben ernannt gu werben. Sn biefer oerläufigen 91ngeigc feiner
litterarifdfen Sfätigfeit fei feine 8 .<pauptmerfc 8 gebaeft, weld;c 8 in gwei Bättbett
unter bem «Titel: „Süeutfdfe Becft 8 benfma(er au 8 Böfmcn unb SBäfren, mit einer
Borrebe con Safob ©rimnt" in ben Safren 1845 unb 1852 bei ?rieb. Scmp 8 fy
erfefienen ift. Snt Safre 1846 überfiebelte Böfter con $rag ttaef SBien unb
eröffnete bafelbft bie erften recftSgefcficfttichen ©emeftralcorträge cor einem greife
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»on Scannern, melche, ouSgejei^net burch litterarifche Seiftungen, ober ^ocbgefteüt
im ©taatabienfte, bie Bebeutung be? ©egenftanbe? nnb beS SSerbicnfteS beS emfigen
Slutobibacten ju mürbigen mußten unb ba? mühfelige beginnen beöfetben förberten.
Somit mich aömälig bie erfte Befangenheit, obgleich bem oerbienten Rtaitne bet
freie afabentifrf)e SS ortrag häufig ©chmierigfeit peinlicher Slrt »erurfachte. — ©ein
eigentlicher Beruf mar bet beS gerieten? unb ©ammein? unb in biefet Begehung
tonnte er auf einjelne tüchtige ©rgebniffe hinweifen.
3Rö^ler mar gtüdlid) in intereffanten gunben. @r hat auf mannen neuen
SSeg aufmerffam gemacht unb biefe feine anregenbe Sh^ttgteit barf nicht unter*
fchä^t merben.
3m Sah« 1847 erfdjienen feine jmei Borträge über bie Bebeutung unb Be»
hanbluug ber ©efchichte beS Red)te? in Defterreidf) mit einem Anhänge recht?»
gerichtlicher Quellen unb einer 3ei<hnmtg au? ber Bilberhanbfd)rift be? Brunner
©cf)öppenbucbe§. Sie fai)erlicf)e Regierung hatte bie oon ber ©tubienhofcommiffion
»erfuch?meife geftatteten rect)tSgefd)id)tlichcn SSorlefungen nicht nur genehmigt, fon«
bern auch ^ cm erften öffentlichen Socenten ber Recht?gefd)ichte an ber SÖiener H<T £
f<hule eine Remuneration mit ber 3lu?ficht auf bie Greirung einer eigenen Sehr»
fanget für öfterreidjiidje Red)t?gefcbicbte 3 ugemenbet, eine 3lu?ficht, bie erft oor
menigen Rlonaten burch (Ernennung be? £>etm Socenten Xomafdjef gum aufjer*
orbentlicfien fProfeffot biefe? gad>e? in Erfüllung gegangen ift. SBährenb feine
©d)üler unb oiele jüngere gachgenoffen frühzeitig Sebrfangeln erhielten, ging Rö|»
let trojj oieler 3 uftd)erungen unb Bermenbungen immer leer au?. Sie Urfache be?
gehh^tagen? ber mohlbegrünbetften Hoffnungen unb 91 njprüche in Qefterreich mar
— in ber politifdjen Haltung unfere? Sanb?manne? bei ber Slbftimrnung in ber
^)aul?firche gu granffurt a. 9JI. über ba? (Srblaiferzürn 3 U fliehen. Ser Berblichene
mürbe ba? fchmerjen?reiche Dpfer biefer Slbftimrnung, unb beffjalb gehäjfig »et*
bächtigt; gu fpat !am er fetbft gut ©rfenntnifj, bah tx i bei bem ehrlichften SSillen,
jum Kolititer ganj unb gar nicht tauge. Slber auch in ©ottingen, mo Rüffler in
einem regen miffenfchaftlichen Berfehr mit Gelebritaten feine? gad>e? mehrere Sahte
al? Socent mirfte, »erfolgte ihn fchmere? Rtiffgefchicf. Bei aller Slnerfenttung feiner
ehrenmerthen ^)erfönlichfeit unb feiner ungemöhnlid)en Begabung für Slrbeiten in
Slrchioen unb Bibliothefen, bei zahlreichen cuifmunternben 3uficherungen »on ©eite
hodhgeftellter ©inner unb intimer greunbe — gelang e? bem nunmehr bet fPolitif
gang fernftehenben ehemaligen Slbgeorbneten ber granffurter Rationaloerfammlung
nicht, ba? erfehute, mit oielen Qpfent unb Äicmmemiffen angeftrebte Sehramt, nicht
einmal ben Hoffen Xitel eine? aufferorbentlichen s ))rofeffor? bafelbft ju erhalten.
Semungeachtet mar bem Bcrblidjenen bie (Erinnerung an ba? Uni»erfität?leben, mie
er e? in ©ottingen in fo reichem SRaffe genoffen hatte, ftet? lieb unb theuer.
Räubern alle ^effrumg auf eine befriebigenbe afabemifche ©tellung in Hanno»er
ftücfmeifc in bie Brüche gegangen unb ber Seiben?lel<h eine? unbefolbeteu hoff*
nung?lofen fpricatbccenten bi? auf bie lejjte H e f e au?geloftet mar, ja nadhbem felbft
bie Bermenbung hochfleftellter greunbe unb ©inner, melche für Roller eine Sin*
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ftedung in Defterreid befürwortet Kitten, an einem Rendite über baS politikbe
©erhalten in bem 3af)re 184!) geidicifert mar, — nahm Otfplor, gehäuft, aber
hoch nidit gebrodenen SMutbeö, Tauf ber ungewöhnlich fanguimiden Spann hart
feines ©cmütbos, bie fehr befdeibene Stelle eine? jmeiteit ©ibliotbefar? in Gr*
langen an.
Grlangen Kitte burd) oiele traurige Beigaben feiner äußeren Stellung nid)t
für i^n bie evfebnte ©omebigun., gemährt, obgleich er bafelbft fict> l)äuelid) mit
einer trefflichen jungen grau nieberlicf unb zahlreiche gute greunbe befaf;. Vier
bereitete er eine funftgefdid)tlidc Sammlung jum ©el;ufe ber Verausgabe oor. —
Um feine fetjr fnappe ötonomifdje Sage ju oerbeffern, folgte er 1862 bem Stufe
alä fürftlid) 4p c '^ en 3°U crtt f c h er 33orjtanb ber Vofbibliotijef ju Sigmaringen; frohen
Sltut^eä unb mit bent ihm eigent^ümliden rüftigeit Ülrbeite-geifte oertiefte et fid)
auf einem ihm neuen 23eobadt)tungSfe[fce; bie 23efd;äftignng mit ben füvftlidjen
Äunftfdäjjcn übte auf Otöfjler, ber mit aller ©eftimmtheit bie pccuniär mistige
^Bereinigung beS V au äardioariat8 mit feiner Stellung ermartete, einen eben fo an»
tegenben wie befriebigenben Ginfluf). SOiitten im Crbnen unb Äatalogifiren. in bem
if>m fpät geworbenen IjäuSlidjen ©lüefe, in freunbfdaftlicfen ©egiehungen gu einzelnen
oortreffliden gamilien, überfällt ben itacf) tanger gartet bebensfahrt gemütblid auf
fdwäbifder Grbe fief Slnfiebelnben eine tiefe Sdmennutf), fo baf; er faunt zufammen»
hängenb z u ffreefen im Stanbe war. S'oenige Sage barauf oerlief Otößler, am
5. ©ecembcr, fein Vauä ofme 2lbfd;ieb zu nehmen, unb würbe an einer einfamen
Stelle oor bet Stabt Sigmaringen mit mehreren Stidgmunben aufgefunben. ©er
Unglücfliche hmterläßt eine junge grau, einen unoerforgten Änaben, ben er fo fetm
geliebt, unb oiele trauerabe gremtbe in ©eutfd;tanb unb Defterreid;.
Sltogen bie befer biefer nur flüchtig im haften beib niebergefclniebenen
3eilen bem Unbenfen Otbflerö jene greunblid)feit bewahren, womit ihm manche
feinet greunbe in guten unb fd)led)ten Sagen förbernb ober tröftenb gut Seite
ftonben! (3111g. öfterr. 3 )
S „©eridt übet bie bonfconer fÄuSftellung oom 3al)re 1862. 3m
Stuftrage be« 1;. fdleftfden 8anbe«au8fduffe« erftattet oon g. Ätamminger, 3ehret an
ber f. t. Dberrealfcfcule in Srcppau". (Sroppau 1863.) 9(lS na<h ber frangöfifchen Seit«
auiftetlung ber officiette ©erief! Defterreid« burd; mehrfache Vinberniffe bis über« britte
3ahr auf ftd) warten lieg, ba erfd;ienen eine Dllaffe Ginjclnarbeiten, jum 2 heile oon fehr
berufenen Vänben unb würben als Grgebniij beS in $)ari« ©efebenen unb ©eiernten gerne
hingenommen. Dladj ber bonboner 9(u«ftcUung 1862 ift bie« aber anber« gewefen. ©et
anegejeignete officiefle ©eridt war in weniger al« 3al)reöfrift gebrueft, unb fo lauieii
ihm mir wenige ©earfceitungen fpeciellcr Bmeige guter, wie ber amtliche ©ericht über bie
UnterrichtSgegenftanbe unb jener Sumter« über metallurgifche unb ©ergwerfsprobucte. ©et
angeführte ©ericht oon Älamminger, eine ©rofd)üre oon anberthalbbunbert Seiten, ent*
ftanb unb erfdien erft gleidjeitig mit bem officielten SÖcrfe unb erfuhr hieburd (eiber
ba« Sd'df a h burd ba« große ©ud ooltfommen überflüfjig ju fein. ©ie 3lrbeit zerfällt
in bie allgemeinen Semerfungen über bie 9tu«ftcllung, wobei uns ber ©erfaffer feuille*
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tcnifüfd) im Ärpftallpalafte tcrumfnfcrt; hierauf folgt bie Shttbeilnahme Scbleftenß, mo
beffen Sjrponenten unb ihre haaren genauer bcfcbrieben traben, habet aber manche &b»
meichung oon ben numaifchcn Angaben beß amtlichen Verstoß auffällt. So giebt Älam*
minga bie 3ab( alla Slußftella Ccfterreicbß mit 1410 ftatt mit 1300, uttb jener
Schleftenß mit 39 ftatt 36 an. Sie Angaben über bie Slußftellung bcr Unterricbtßgegen*
ftänbe batten, nach bem Vaichte beß Unteruebmcrß unb ba Krjdminung beß officiellen
Vucbcß gar nicbtß Steueß bringenb, füglich megblciben fcnneit. Unb fc erübrigt nur noch
bie SJtittbeilung über bie SJiafdünenabtheilung, meld;e bie größere ^pälfte ber Vrcfchüre
einnimmt unb burcp ^cl^fcbnittc iüuftrirt ift. $ia fühlt ficfc bcr Bluter alß gad;mann
unb behanbelt feinen ©egcnftaitb mit ©ejchicf, cbmcbl mir aud; hierbei nid;t allermcgß
Uebereinftimmung beß Urtbcilß mit jenem in ba gleichartigen, a u ^ g 03 ei ebneten Partie beß
amtlichen Vaicbteo finben, unb Älatnminga 3 . ©. bie außgeftcllten Sefc* unb Settern*
ablegemafcbincn berrcrl^ebt, melcbe !aum einen ®lan 3 punft ber 9)?afd;inenabtbeilung bilbe*
ten, mic benn überhaupt biefee allabingß mistige Problem ber Jppcgrapbic ton ba
SDtecfcanif noch nicht annäl;emb 3 utn praftijeben (Srfolge gelebt ift. Snt ©anjen mag fo*
mit illammingerß Vericbt eine gang nette ?lrbeit genannt maben, fte jeigt oon bem
gleiße, mit molchem ba 3lutcr bie ihm rem Sanbcßaußfchufje gemorbene Vegünftignng eina
Seife 3 m Scnbona Slußftellung benüpte. Sufecn mirb fte aber burebauß feinen bringen.
§ürß große publicum femrnt fie 3 U jpät, für einen beftinunten 3 mcig ba Snbuftrie bringt
fte 31 t menig Kingebcnbeß. Sie Sibaalität, mit melier 35el;etben unb Korporationen bie
ffliittel gaben, um ftrebfamen SDiaunern bat Vcfuip ba Slusftelluitg 3 U ermöglichen, fann
nicht genug gepriefen maben unb e$ ift nicht mehr alß billig, een feichen eine Vetbäti*
gung il;ra alaitgten Krfabrungen burcp Krftattung eon Vaicbten 3 U ferbern. 9)tit ber
Vaöffentlicpung fclcpa Arbeiten aba feilte äußerft »orftebtig oafapren unb nur bann sum
Srudfe gefdbritten maben, mettn biefelben mirtlicp ©enialeß bieten. Senn an unb für fiep
gans gute Arbeiten ftnfen neben bem Vortrefflichen, maß inßbefonbae ba amtliche 9luß*
ftetlungßbericbt ttnb manches fonftige ^robuct üba bie Senbena Slußftellung enthält, 3 um
©emöbnlicben herab unb bringen bem Slutor, in bie CeffentUcbfeit gebrängt, meniger 3ln*
erfennung, alß a melleicht nach feinen Sfiühen rabient.
* „Von ©ottfeheb biß Schüler" betitelt fiep ba» neuefte ©er! beß ftrebfamen
unb geiftrotlen Slcftbetifaß, Sojepb Vaper, baß berfelbc, mie feben ermähnt, im Valage
ton SDJacp afebeinen ließ. Sem Sßcrfe liegen bie Verträge 3 U ©runbe, bie Vaper im
vorigen Sabre ror einem gemählten Bubbrafreife üba bie clafftfchc 3dt beß beutfeben
Sramaß gehalten bat. Von ©ottfeheb unb feina Schule, bie ber Verfaffer in febarfen
treffenben Untriffen charafterifirt — unb mobei mir eß il;m anftlich ®«nf miffen, baß a
an ©ottfeheb unbefangen mürbigt, maß berfelbc bei all’ feina gehantene unb Vejcpränft«
heit hoch Verbienftlicheß für bie Säuterung beß ©ejebmaefeß gemirft Imt — gel>t er üba
auf Sefftng unb giebt unß ein flareß feffelnbeß Vilb ron bem mastigen ßinfluß biefeß
feparfen ©eifteß auf bie beutf^e Sitteratur im Slllgemcinen imb baß Sranta itn Sefon*
baen. — Sa 3 meite Sbetl beß SSafeß ift ba fogenannten Sturm* unb Srang*
periobe unb bem Sid4erheroß ©oetbe gemibmet. Sm britten Sbeile mirb unß bann ber
Sieblingßbicbta ba Station, Sdnlla, in feinem herrlichen Schaffen nergeführt. S3tan mirb
eß begreiflich finben, baß ba Verfaffa namentlich biefc le^te Partie mit befonbaa Vor*
liebe behanbelt hat; fie ift ja auch bie erfreuliebfte, glan 3 t?ollfte in unfaa gan 3 en Sittaatur.
Samit mill übrigenß nicht gejagt fein, baß Vapa nicht auch in ben anbaen ^ortieen
feineß SBerfeß Srefflicheß bietet. So finben mir namentlich in bem Kapitel, baß bie
periobe ba Criginalgenicß unb il;rc bramatijehen Verfucpe behanbelt, gan 3 neue 3luffaffun*
gen unb treffenbe Kbarattaiftifen, unparteiifcha unb »ottftänbiga alß fte imß bißba
anbaßmo geboten mürben. Sa Verfaffer befebränfte fiep eben nicht barauf, an frembeß
Urtl;eil ftch a^ulehnen, fenbem Ijat feine jelbftftänbigen Stubien gemaept unb giebt unß
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namentlich $toei intereffante eingehenbe ©efprecbungen ber ©erfe rcn Sen 3 imb Älinger.
©aper befunbet, waS bie gcrnt unb ©ebanblititg tcS Stoffes betrifft, in feinem ucueften
©erfe einen großen gevtfehritt gegen feine früheren Sd;riften. Ser abftracte ©erfrag bat
überall einer flaren leicbtfaülid'en 2 arftellungreife plaß gemacht; bie Sprache ift burch*
Wegs lebenbig, fchwungrcll, bilberreich nnb ber ©erfaifer weiß felbft bei ben minber cm*
fptechenben Partieen burch geiftreicbe feinten ben Sefer 3 U feffeln. (©oh.)
S. „Statiftifehe Nachrichten über ben fRegierungcbcjtrl $>otSbam.
©earheitet ben Sr. £>. ©alb, NegierungS* unb Niebidnalrath. (pctSbani 1864)". Sa$
SKinifterium beS Snnem in $>rcuf;eu bat bereits im Sabre 1859 bie Sanbrätbe. mit
Erinnerung an eine ältere ©crcrbnnng aufgeferbert, in 3 dfräimten oen je brei Jahren
über bie ftatiftifeben ©erbaltniße unb bie allfeitige Entwictlung ber drehten Äreife ©e-
richte ju erftatten. Siefe Verfügung bat nunmehr fdwn mebrfad; feböne geigen getragen,
eS ftnb in Sabre 1860 unb 1863 $wci .'Ocfte ftatiftifeber Nacbrid'ten über ben Ncgie-
rungSbe 5 irf granffurt, ren E. 3itelmann, 1863 bie ftatifebe Saiftellung beS lanbrathlid;en
Ä reifes Naumburg a. S. fc wie in jüngfter 3dt bas eben angegeigte ©erfeben erfebieneu
imb biemit bie trefflid'ften Quellen 511 T ©e;irfsftatiftif gegeben, aus welcher erft eine
rollig erfchepfcnbe Sarfteüung beS ganzen SieicheS wirb herr erg eben fennen. Mevbingö
bat es an felchen amtlichen ©eriebten feit langer Seit nirgenbs gefehlt, eS ift mellcid't in
tcbteT 3iffrr beS ©uten bie unb ba 311 riel gefebeben unb, wie Sr. £>ilbebranb trefflid'
bemerft, mögen oicle im Sienfte ergraute ©eamtc jahrelang dergleichen ©cricbte erftattit
hoben, ohne baran 3 U benfen, baß fie ftatiftifc^cS Material lieferten, fc wenig als ron
ben ©eborben basfelbe* oft gebührend gewürbigt würbe. Surch bie angeführte ©erfügung
aber würbe für bie febon im Sabre 1838 anbefchlenen Specialftatiftifen in neuerer 3dt
ein fefteS Programm gefteüt, beffen gute geigen in ben genannten ^ublicatienen nunmehr
anS Sicht treten. So ift auch ©albS ©erid't eine burchweg treffliche Arbeit. Er be-
banbeit in 19 Jlbfchnitten Seoolferung unb ©iebftanb, Erwerbs* unb £anbclsrcrhältniffe,
*J>cffr?erfehr, Unterricht, Steuerwefen jc. unb giebt bamit ein glüeflid; abgerunbcteS, leben¬
diges ©ilb aEer für bie Statiftif erfaßbaren 5üJJoniente beS SRbgicnmgsbcjtrfcS. 9)iit ©cr-
liebe bebanbelt ber ©erfaffer bie Slbfchnitte über ©eeelferung, bereu ©ewegung unb bie
SonitätSftatiftif, wohl fein ihm burch ©eruf ober Neigung 3 unäcbft liegenbes gelb,
auf welchem er eine ungeniein reiche Einte intereffanter $hfltf«<b«i durchführt. Senn ber
9iußen folcher Spcdalarbeiten ift nicht in bem bleuen abgefcbleffcn, baS fie übet ben
fleineren Napcn bringen, fonbem fie Werben baburch auch für bie ©iffenfehaft ron hohem
©elange, weil fie bie burch jene im ©roßen unb ©ansen aufgeftellten ©runbgefeße, nach
welchen ftch bie fcfjcinbar sufällig auftretenben fodalen 6 rfd;einungen regeln, im engeren
Äreife erhärten, 3 ugleich aber bie N ernten finben laffcn, nach weichen biefc Erlernungen
ftch durch örtliche Sinflüffe ntobtfkircn.
©ie fehr berlei dngehenbe Statiftifen bis jeßt noch fehlen, erweist beS Profeffor
©appäuS treffliche ©ebolfenmgsftatiftif, welche hei allem Ncicbtbum ihrer Duellen bcch
nur mit ben großen 3 ah len ganzer Sauber eperirt Eine fünftige Auflage wirb ©albS
mtb ähnliche Arbeiten, beren hoffentlich ber bentfehe gleiß in furjer 3 dt manche bringen
wirb, als witlfommene Duelle benüßen, um baS itn ©roßen als ©efeß SlufgcftcHtc am
Etnjelnen 3 U erhärten. Ein wichtiger ©or 3 ug beS ©udu'S ift baS 3utücfgreifen hei allen
wichtigen Erfcheimtngen beS fcctalcn Sehens, ©ebcltening, Srauungcn, ©ehurten, Sterhc*
fallen, SanitätS 3 uftänben, his auf bie Säten eines halben Sabrhunbcrts, bis 3 um Sahre
1816, woburch dn lehrreicher Einhlicf in baS ©erben berfelhen unb bie burd; ben gort-
fchritt bebingten ©inflüffe geboten wirb. Saß neben biefer wiffenfchaftlichen ©ebcutung
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beß Sucpeß aucp ber Sermaltung burd> biefeß getreue Silb aller ©igentbümlicpfeiten beß
bepanbelten Vanbftriibe* baß wertbocllfte Material gebeten unb bureb berlei Specialftati*
ftifen bem ©emeinbcwcblc bei* wiebtigfte Sienft unb Seriduib gcleiftet werbe, brauet
faurn erwähnt 3 U werben.
B. tfouife 9)iüh Ibach, bie fruchtharfte aller RomanfcpriftftcUcrinnen, febeint neue*
ftenß ihr befonberco Augenmerf auf bie ©efehiebte Ccftevreicpö geteuft 3 U haben. Sen
einer romantijtrenben 33icgrapbie beß ^rii^en C5ugcn oon Saoeoen, • weld;e $welf ober
fed}ß$ebn Sänbe umfafien feil, liegt unß bie erfte, oier Sänbe ftarfe Abteilung oor, nur
oen ber glucht bei* Clpmpia DJeancini auß i N ariß, 1680, biß 3 U bem Aufentpalt ©ugenß
in Senebig, 1687, reichenb. 3S>aß fiep oem äftpetifepen ©cjtcptßpunfte auß über biefeß
gan 3 e ©eure, wclcpeß ber Sepfefchcn ©efcpicptfcprcibung bie eine unb ber Sumaß’fcpen
Roniantif bie anbere £)aub reicht, faßen läßt, baß ift oft genug oußgefproepen worben,
cpne bafj bie Serfajferin in ihrer Setriebfamfeit ober baß publicum in feiner Sefegier
fiep batte beirren laffen; ja, mehr alß bie Sritif, aucp bie Romane einer grau ober
gräulcin Amelp Seite bat Seuifc SRüplbad; überftanben, Romane, oon benen man
niept weiß, ob fie täppifepe Rachahmungen ober fccßpafte ^arobiecn ber ÜJiüplbacp’fcben
Schriften fein feilen. Allerbingß fühlt man ficb naep 5Durcf>fi<f?t biefeß „^rinj ©ugen unb
feine 3cit" (Serlin, £). Santo) 3 U ber gragc oerfucht, weßpalb benn baß publicum niept
lieber gleich 3 U Renee'ß „Les nieces de Mazarin“ (baß ja aucp in guter beutfeper
Ueberfepung oon S^arrah; cjriftirt) unb Arnetpß „ ^riuj ßugen" greife, Sßerfen, bie ab*
gefeben oen allem anberen, and; an Rei 3 ber Sarftellung biefen Roman fo weit Runter
fiep 3 urüctlafien*? Aber man beantwortet fiep tiefe grage unmittelbar felbft burep bie @r*
innerung an bie ungeheure 3apl ben Sofern, welche fein Such überwinben tonnen, in
bem nicht wenigftenß bann unb wann oen ben Seiben beß $er 3 enß außfüprlicp berichtet
wirb, welche aber mit ber uncntheprlid;en Siebeßgefdncpte au cp baß troefenfte Seiwerf
gutwillig pinuntcrfcplucfen, wie bie Äinber bie bittere Argenet in füßer $)aftiüe. 3öir bür*
fen nicht einmal auß ber großen Scliebtpcit ber SRüplbacp'fcbcn unb äpnlicper Romane
ben Schluß 3 iepcn, baß bie piftcrifchcn Vorgänge felbft einen befonberen SRcig außüben:
man pofft — unb fiept fiep auch in biefer Hoffnung meift niept getäufept — in ben
Romanen Singe 3 U erfapren, bie in bem umftanblicpften ©efcpicptßwcrfc oergehlicp gefuept
werben. Sgnoriren laffen fiep bie Sd;riftfteller niept, weld;e ben £eißpunger ber großen
SRenge befriebigen, unb ba biefe leptere ipren junger wopl nimmermepr mit Söerten
ftillen wirb, welcpe bei ber Äritif ©nabe fiitben, fo muß man eine ©rfcpeiramg, wie grau
SRüplbacp fepon willfommen beißen, muß froh fein, baß baß publicum niept mepr cuiß*
fcpließlicp bon ben £elbentpaten unb galanten Abenteuern ber gransofen unterpalten wirb,
©ß ift boep immer beffer, wenn in ben Seipbiblictpefen ein „ 9 )rin 3 Gugen", alß wenn
ein „$er 3 og oon Ricpelieu" baß begeprtefte Sucp ift. Saß Verlangen barf man inbeffen
an bie Autorin ftellen, bafj fie nid)t bie piftorifepen Serftellungen ihrer Sefer noep auß*
brüefliep oerwirrt. Ser fünftlerifd;e 3wecf, um beffentwillen wir bem Sramatifer freie
^)anb laffen, fällt pier ja gan 3 fort, unb ber Serfafferin maept eß boep niept mepr SWüpe,
Wenn fie bie gacta in iprer wirtlichen Reihenfolge e^äplt, anftatt 3 . S. bie ©enbung
©ugenß naep ä\Jien naep ber Scplacpt am Serge Marfan bor 3 ubatiren unb apnliepeß
mepr. 3öaß fie beftimmen fonnte, bie beiben s })rin 3 en Jpomaß ?ubwig unb ?ubwig Suliuß
ben Sabopen 3 U einer Werfen 311 betfd;mcl 3 en ift bollenbß niept al^ufepen; für einen
glücptigfeitßfepler mcd;ten wir baß boep nicht palten.
V. Atlaß gur Snbuftrie* unb ^>anbelßgeographie. gür commerdclle unb
teepnifepe Sepranftalten, für Saufleute unb Jubuftiielle. Sen Sr. S. g. Älun unb
Sr. ^penTp tlange. (Seidig, A. 4>offmann.) — Saß ©erf, beffen erfte Sieferung un*
längft erfduenen ift, fott fecpßjepn Sarten mit erläutembem Scyt entpalten unb gwar mit
folgmber Sertpeilung beß ©toffeß: 1 . ©rbfarte (Rohprobucte); 2 . iOfi-Aften; 3. 92ßeft*
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Slften; 4* Sifrica; 5. Üiorb * America; 6 . SOiittel * America unb SBcft - Snbien; 7. Süb-
America; 8 . Aufträgen unb Cceanien; 9 . beutjcpcr Sunb (ebne Defterreicp), Diiebcrlanbe
unb Selgien; 10 . Cefterreicb; 11 . granfreid) unb bic 2cbwci}; 12 . fcanbinamfcpe
Staaten; 13. brittifd;e Snjeln; 14. ruffifdu’S $u'icb; 15. 16. baS mitteüäntifcbe 9)ieer.
Sie Herausgeber [teilten ftch mithin bie jd'ioi orige Aufgabe, auf je einer Saite bie
mannigfaltigfte inbuftrieüe unb HanbelStpatigfeit eines ganzen ianbeS eher einer 2 änber*
gruppe 3 u oeranfd^aulicpen, unb 'ba bie Sailen nur ein mätjigeS gclioformat haben, fann
ber Atlas felbftoerftänblicp für bie Subuftrie* unb Hanbelsgeegrappie nur etwa bie Stellung
fceanfpruepen, weld;e bie „Scpulatlanten" für bie allgemeine unb pclitifcpe ©eograppie
paben. ©ernähren bie Sarten einen allgemeinen Ucberblicf, fo erfüllen fte ihren Bwecf,
uttb«eS wirb bie Sacpe einer Sortierung biefeS Unternehmens fein, bem eingehenben
©tubium burep Sarten ber Sertbeilung ber ^ au Pbinbuftrieen über beit Erbboben unb mit
Serücfficptigung ber größeren ober geringeren Sebeutung, ber Unterarten u. f. w. entge*
gen^ufommen. Saft eine folcpe notpwenbige Ergan$uug folgen wirb, ift uitS fepr wapr*
fcpeinlicp, ba ber jept erfepeinenbe Atlas ungewöhnlichen 23 ei fall finbet, ja fogar fd;on bic
^Bearbeitung für granfreich unb Einführung in ben bertigen Ve 1 ;rauftalten beabfteptigt
wirb, obgleich erft brei Sarten torliegen. Siefe brei Sailen fmb bie oben unter 9., 10 .,
11. aufgeführten, unb man wirb benfelben gern baS Beugniß auSftellen, ba§ fte bas
SKöglicbe leiften, htrep Scprafirungen, EbiffreS, garten u. f. w. jebe erhebliche Setrieb»
famfeit bem Auge uerguffipren unb in bem bunten ©ewirrc Slarpeü 3 U erhalten. Sei
allem SRefpect »or einer fo minutiofen unb fauberen Ausführung tonnen wir inbeffen 3 Wci
Ausheilungen nicht unterbieten: erftenS, ba£ nicht für fämnitlicpe Sarten biefelben 3cid;en
unb garten angenommen würben (fo erfcheinen beifpielSweife Weinbau, ©las, ^or^ellan
auf ben uerfepiebenen Sarten oerfchicben begeidMiet), jwcitenS, bajj in ber Schreibung ber
Atomen niept überall bie nöthige ©enauigfeit beobachtet würbe. 2 Bir citiren auep bafür
Seifpiele. Auf Sarte 9: Selgrab ftatt Selgarb, EcSfelb ftatt EoeSfelb (bas e ift ba
belanntlicp nur SehnungSjeichen wie in Sooft, Spepoe), SKüplpeim ftatt Slülpeim (an
ber JRupr). Es liegt auf ber £anb, baf; berartige Serfepen gerate auf einer Snbuftric*
forte unangenepme Serwecpslungen »erfcpulben tonnen. Abgesehen haben ift baS Unter»
nepmen auf baS M'paftefte willfommen 3 U peilen unb wirb fich auch außerhalb ber Schule
gaplreicpe greunbe maepen, ba ja peut 3 utage bie inbuftrietle Spätigfeit in alle Gebens*
' freife pinübergreift unb Sebermann baher Seranlaffung hat, fiep mit ber be 3 Üglicpen
Statiftif 3 U tefepdftigen. gür bie Searbeitung beS JejrteS war ba* Serfaffer ber allgemein
gefepäpten HanbelSgeograppie ebenfo ber reepte SRann, wie ber Olame Stenge eine ©arantie
für bie forgfame 3^cpuimg ber Sarten bot, unb es bebarf nicht ber Serficperung, ba§
ber Serfaffer, welcher auf biefem ©ebiete uoUftdnbig 3 U Haufe ift unbeaeptet lieg,
was bie gewerblichen unb H an helsintere|fen berührt unb pinficptlicp ber Statiftif, ber
©efepgehmg u. f. w. burcpgdngig bie neueften Säten lieferte.
h. Jpeobor 9Jlommfen uerpffentlieht im lebten Saprgange ber Serliner Afabemie
ppilofoppifcp^hiftcrifcper Eiaffe ein „Serjeid'niß ber römifepen $)reoin 3 en, aufgefept
um 297 n. Epr., mit einem Anhänge oen S. SJiüUenpoff". SaSfelbe war bereits in
bemfelben Sanbe Scipione SKaffei’S ahgebrueft, worin ein Slatt beS echten ©aiuS fieben*
31 g Sapre gebrueft 3 U lefen war, ohne bafj eS jemanb las. Aucp jenes Sa^cidmif) warb
non ben bisherigen gcrfd&em auf biefem ©ebiete noep niept benüpt. SDJommfen ebirt baS*
felbe mit Scnneibung ber, rrrtpümlicpcn 2cfungen beS alten AbbrucfeS, naep ber Hmtfs
feprift ber Seronefer Eapitularbibliothef, jugleicp mit einer Steipe fcpäpbarer Semer*
hingen, bie burep biefeS Socument ueranlafit worben fmb. Er erflart baSfelbe als baS
ältefte aller auf uns gefommenen Ser 3 eicpniffe ber biccletianifcpen Siöcefen unb ??robin 3 en,
waprfcpeinlicp geflcffcn aus bem urfprünglichen, um baS Sapr 297 aufgefepten Scpema.
SieS perleipt biefem Seronefer Serjeidinijfe, trop feiner ccrrupten tteberlteferung, fortan
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eine Ijcdjft midbtige 3eugenfdbaft. So femmen bie Siöcefen ÜRoeften unb f>cmnonien
unter biefen tarnen in feinem anberen Berscicbniffe bor. Ser Sache nach ift biefe (Sin*
tbeilung feine anbere, alß bie in ber „Notitia 'Ugnitum“ I;emrtretcnbe beß orienta*
lifcben unb beß occibentalifcben Sltyricunt; ein Bemeiß, baß, gegenüber ber t;errfcbenben
2 (nftd;t, bie abininiftratire Trennung beß crienta(i]d)en unb cccibentaltfd)en Sltyricumß nicht
erft mit ber Sheilung beß Seic^eß begonnen bat, fenbem bereitß ber conftantinifchen £>rb*
nuitg angel;ört. Sie mieberentbeefte Quelle bietet manche ähnliche 9luffldrung.
Glicht minber mistig ift ein fleiner 2 lnl;ang jener ^anbf^rift, meiner bie ben
Corner grenzen gefährlichen Belfer auf 3 ählt unb 9Jiüllenboff 3 ur Bearbeitung überlaffen
mürbe. Sieje geographijd;*hiftorijdhe 9 icti 3 reid't gerabe in bie bunfelften 3dten germani*
itifd'cr Urgefd;id)tc rer bem Beginne ber eigentlichen Bölfermanberung guritdE unb bürften
beibe Sheüe bon ber ofterreiebtfehen ©efchichtßforfd;ung nicht mehr 3 U üherfeben fein.
Safelhft ^uHicirt Biommfen sugleicb bie „3eifcer SDftertafe ( bom 3&h re
447" auß einer fehr fchmierigen Uncialhanbfchrift. ©rft bureb bie gebiegeneu ©rlauterun»
gen, bon benen biefer neue 'Jlbbrucf begleitet ift, mirb biefcß fofthare Fragment für bie
geftftcllung ber fpäteren ©onfulartafel mtb noch mehr für bie ältefte ©ej dichte ber chrift*
lieben ßfterrechnung nußbar gemadd. Sie $>aßchaltafel fddießt fid) im ©an$en genommen
ber lateinifcbcn Qbjerban 3 an unb giebt, mo Sibcrgen 3 cu namhaft gemacht merben, ber*
fclben bie erfte ©teile. Saß lateinifebe bieranbad^igjaforige, nicht baß alc^anbrinifd;e neunjehn*
ober fünfunb 3 mau 3 igjabrige Schema liegt ber Safel 31 t ©runbe.
* Saß r ,?)iaga 3 in für fitteratur beß 2 (ußlaitbeß" ift mit bem neuen 3aljre mieber
bon tfei^ig nad; Berlin überftebelt. 6 ß etjd;eint jeßt in einem banblicbmn Quartformat
unb I;at eine bem l'onboner „Slthenaum" ähnliche 9lußftattung erbalten. 3 nt übrigen finb
Slebaction unb Senbeii 3 beß bc cbft berbienftlichen Sournalß bicfelbcn geblieben, £err So*
fepl; 2ebntann, ber ©rünber unb SRebacteur beß SD^agajinö begleitet ben Qrtßmechicl mit
folgcnben Porten:
„3n Berlin 3 U Anfang beß Sahrcß 18B2 gegrünbet, unb 3 mar alß ein felbftftan*
bigeß litterarifcheß Beiblatt ber bamaligen r ,2lllgemcinen preußifd>en ©taatß 3 eitung", f;atte
baß „Waga 3 in für bie fitteratur beß 2 lußlanbeß" bie Aufgabe, baß (Kulturleben ber Bol*
fer in beren litterarifdnm ©^eugniffeit unb in feinen Bejieljungen 3 U Seutfcblanb
bar 3 uftellen unb ein treuer Spiegel ber 3dt uub ibreß ©eifteß 3 U fein.
Sie SRebaction, bie bon ber erften SRummcr biefeß Blatteß biß 3 um heutigen Sage
unberänbert geblieben, glaubt biefer Aufgabe ftetß gemiffenhaft nad;gefonuncn 3 U fein uni,
unberührt bon beut SBecbfcl ber pclitifd;en Strömungen, biefeß Blatt 3 U einem über ben
Parteien ftebenben, internationalen Bermittler aller ©ulturfortf dritte ber 3 dt gemad;t
3 U haben.
Um feine Unabbängigfeit bollftdnbig 3 U mähren, mürbe baß „9Jiaga3in" im Sahre
1843 bon ber politifcpen 3dtung, beren ßtterarifd;er Begleiter eß 3 mölf 3ah rc fong Ö c ‘
mefen mar, g ältlich getrennt. 6 ß fam bamalß in ben Berlag ber Herren Beit u. ßomp.
(Sr. 9R. Beit unb 3- ?ebfelbt), bie nad; bem 2Iblcbcn beß letztgenannten Sh^ty^ 01 *
burch Berfauf beß ©efebäfteß nad; Seidig überging.
©eit bem Snhre 1859 mürbe baß f ,9Raga3in" in Seidig gebrudt uub berlegt. Gß
ftnb jeboch, ba meber bie SRcbaction noch ihre SRitarbeiter ihren S&ohnfife in Seidig
hatten, hieburd; mand'crlei Störungen entftanben, bie auf fernere gleichmäßige ®irffam*
feit unb ©ntuucflung beß Blatteß nicht ohne ©influß bleiben fonnten.
©ß ift beßhalb baß „ 3 Raga 3 in" je(d mieber nach feinem alten ©rünbungß* unb
Berlagßortc 3 urücfverpflan^t morben. .^ier merben mir mit erneuerter Suft unb nvit un*
oerdnberter ©eftnnung unferer 9(ufgabe nad;fcmmcn, in ben Gulturerfdheinungen ber ©c*
geumart bie aufgegangeuen Saaten ber Befangenheit unb bie Äeime eineß frieblichcn
©ulturlebenß aller Bölfer nad; 3 umcifen, unter benen baß beutfebe Bolf ocqugßmeife ben
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SBeruf $at, ein internationales, geiftigeS 33anb in Sitteratur, Äunft unb 2 Biffenfd;aft $u
bilben."
Sie borlicgenbe erftc 9lummer legt gleich triebet baS bcllgiiltigfte 3eugtmj für ben
©mft ab, mit welchem bie SRebacticn tiefe Aufgabe erfaßt.
h. 2(m 17. gebruar 1863 ftarb gteberic be ©ingi nS*la * Sarra, ber bebeu*
tenbfte «fnftorifer bet rcmanifchen Schweif. 9tachbem et ftd) in (einer Sugenb befcnbcrS
mit Setanif befchäftigt unb unter anberent ©cetbeö ,,9)Mamcrpfwfe bet ^flan.jen" ins
gran^öftfe^e überfefct batte, wibmete et halb bie gan^e Äraft feines langen Gebens bet
ratctlanbifcfjen @ef Richte. (5t ift bet $>au^tgrünbet bet „®efc(lfd;aft für ©efebübte ber
remanifeben Schwof", bie im Sabre 1837 ins Seben trat mtb [ich bureb bie feitber er*
febienenen awanjig 33anbe ihrer ^ublieaticnen auch bei ben ©clebrtcn anberer Zauber ade
Sichtung erwerben fyat. Siefe ©eiellfchaft gablt wenige Sifcungen, in benen ©inginSda*
Sana nietet eine oerbienftliche 2lbbaublung mitgetbeilt batte unb in zahlreichen anberen
^Oublicationen, bie ren manchen mehr bemüht als citirt werben, bat er für bic bur*
gnnbifc^c @efd)ic^te im gan 3 en 53iittelalter rüftig rergearbeitet. Sie 2ld)tuug rer feinen
triffenfd)aftlicben Verbionften unb bie 2rauer übet feinen Verluft bat bereits in einem
Süchlein SluSbrucf gefunben, weld;e$ 3. 3. £ifel? unter bem 2itet: „Fr&teric de
Ginginfe-la-Sarra. Notice biographique (Vaufanne 1863) rercffentlicbt. Saefelbe ent*
halt zugleich eine gelehrte ©ürbigung feiner Arbeiten unb ein oollftänbiges Slegifter
berfelben.
* (©ine beutfehe fird}lid;e Beitfcbrift in fPariS.) Ser teutfcl;e erangelifdw s })rebiger
£err o. Sobelfchwingl; in 9)ari$, ber bafelbft in ber Vcrftabt ta 9>i(lette auf bem
•jmgel »on Sfcntfaucon mit £ülfe beS ©uftao»2(bolf* s }>ereineS eine crangelifcbe &ird;e unb
Schule für arme beutfehe Arbeiter gegrünbet bat unb felbft leitet, giebt beii: jefct aud;
eine religicfe 3eitfc^rift in beutfeber Sprache unter bem 2itel: „Sas Schifflein Gbrifti"
heraus. Sie erfd)eint am erften jebeS 9)icuats in einem Cetaobegen unb feftet jährlich
für granfreid) 2 gr. unb für bas Sluslanb 20 Sgt. Set ©rtrag ift 3 um 23eften bet
beutfd)en Ä(einfinberfd)ule in la Gillette beftimmt. ©ebrueft ift fie in beutfeber gracturfd;rtft.
* (Wägern über Seutf^lanb.) (5ine Scnbener ( 5 cnefpcnben 3 bet beutfd^en „ s Parifer
3eitung" bringt folgenbe 5RittI;ei(ung: „£envn Sftapbew, bet SPerfaffet ton „London
labour and London poor“, wirb jefct ein neues ©er! l;ctauSgeben: „German life
and manners as seen in Saxony at the present day u („Seutfcbes ?eben unb
beutle Sitten, wie fte gegenwärtig in Sad'fen anjutreffen"). Ser 2lnnenee sufclge, in
welcher baS balbige Grfdjeinen rertünbet wirb, fd^eint ber Vetfaffer eine fe^r irrige ÜJlei*
nung bom beutfd;en ?eben 3 U l;aben. Senfen Sie fid; bie 2 lrrcgan 3 , ber ©eit 3 ufagen:
bie 3lrmutl; unb baS (5lenb fei in Saufen großer als in ©nglanb. Sie 9)tittelclaffen in
Seutfchlonb führen ein fc^le^tereS £eben, als ber gewöhnliche Slrbeiter (Snglanbs. 3ene
hätten fchlechtere Äleibung, fdüechtere Steife als Hefeu. f. w.
* ©ine StuSWahl bon £anS ©h T *W an 21 nberfenS 30iährchen erfchien in ^h^ a ’
belphia iw englifcher Ueberfefcung ben Sci§ gannp guder. Sie ^Bearbeitung ift nicht nach
bem bänifchen Originale, fonbetn butcb Vermittlung bcS beutfeheu l;ergeftellt. ©S mag
allerbingS, bemertt baS „9)1. f. ?. b. 21.", für bie heutigen Säuen etwas ärgerlich fein,
ba§ fie baS Sewufjtfein h^ben, ohne bie befen Sentfcben nitgenbS in ber ©eit befannt
$u werben. Sn früherer 3eit fuchtelt freilich bie Saggeien, bie JO eh lenf ch läget unb auch
noch Slnberfen einen Stola barin, ihre bänifchen Sichtungen felbft ins Seutfche 3 U über¬
tragen, um baburch ben S3eifall eines größeren, tunftoerftänbigen ?)ublicumS $u erlangen.
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9fBet baß ^at fettbem febr gednbert. „Gilt echter bdnitcber Wann fann feinen Seut*
fc^en leiben unb beutfche Sucher ließt er nicht." Ser beutfcbc Suchbdnbler griebrtch ?ep*
polbt in 9 )f;t(abe(phia hat übrigenß feinen englischen Änberfen gang vortrefflich außgeftattet.
@t$nng«berid)te.
S i fc u n g ber mat^ematifcf)*naturtoiffenfchaft(i(^en Blafft
rem 17. Secember 1863.
Saß correfponbtrenbc Witglieb, £)err $>rcf. Sr. Gonftantin SRitter v. Gtttngß*
Raufen, ließt über bie foffilen Älgcn beß SM euer* unb Äarpathen*3anbfteüteß. gragmente
von atgenartigen ©ewdcbjcn hilben faft außfd;lieblich bie goffilreftc, welche man in biefern
ben 3 ug ber Älpen cinfduntcnben ©eftein finbet, beffeit relativeß Älter noch biß jefct nicht
mit genügenber Sidwrbeit feftgefteflt werben fennte. Seit Sternberg (1820) ftnb bie
foffilen Stlgen beß Sßiener Saubfteineß nid't 311 m ©egenftanbe einer genaueren Unterfuchung
gemacht werben, um bie gablreicben feither aufgefunbenen germen 3 U erbnen unb gu be»
ftimmen. Sie verbienftlid'e Ärbcit beß £)erm v. gifch er* £>c ft er in Sem „über bie
foffilen gucciben ber Sd;weiger 3llpen" lic§ eß nun alß wünfebeußwerth erjeh einen, auch
bie Älpeitfermcn beß Sßiener* unb beß Äarpatbcn*3anbfteineß mcnograplüfch 3 U bearbeiten
unb gur Äuffldrung beö Sßefenö ber weit verbreiteten gucciben fül;renben Schichten vom
phpto«paläontologifchen Stanbpunfte auß unb mit Seitüfcung beß in Sßien vorl;anbenen
Waterialß, einen weiteren Seitrag 3 U liefern.
Sie foffilen tilgen beß Sßieuer* unb ÄarpatI;en*Sanbftcinö cntfpred;en nur folgen
Ärten ber je^tweltlichen glora, welche in faltigen ©ewdffem vegetiren. Sie von £crm
9)rof. v. Gtttngßhäufen vorgenommene Unterfuchung bcrfelbcn geigt, baß bie 9tb*
änberungen in ber gönn unb Äußbilbung beß Jhalluß hei ben verweltlichen Älgcn nicht
minber gasreich waren, alß fic bei ben jeftt lehenben ftnb; bat} bemnach öiele von ben
bißl;er alß felbftftdnbigc 9lrten bcfchriebenen foffilen tilgen nur für Sarietdten einiger
wenigen Specieß gelten fettnen. 9luß ber Sefhaffenbeit unb Grhaltungßweife ber gofjilien,
fewte auß bern Scrfcminen ber tiefen guitdchft verwanbten jefct lehenben ©ewachfe giel)t
£err ^)rof. v. Gttingßhaufcn ben Sdsluß, bat; wenigftenß jene Sd;ichten beß SBienct-
unb Äarpathen*Saubfteinß, in welchen bie gucciben vorfommen, in feineßwegß großer Gut*
femung von ber Weereßfüfte an feierten unb voßfemmen gefcbüfcten Stellen-in Suchten
unb Sünenlagunen abgelagert werben ftnb, in beten ruhigen ©ewdffem bie Wecreßalgen
ftch angeljduft hatten.
^)crT Sr. iß. Somfa, Äfjtftent ber 5)hpftolcgic an ber mebicintfch*(hintrgtfchen
Sofcphß-Äfabcmie, überreicht eine 5(hhanblung über „bie ?pmphwege ber Wilg".
Sei btefer Strbcit l;at fich ber Serfaffer bie Slufgabe geftellt, bie Gontroverfe übet
bie Spmphwcge ber Wtlj ndf;er gu untcrfuchen.
Ueber tiefen ©egenftanb ftreiten fewebl unter ben alteren, alß auch un b $toar fo*
fonberß unter ben jüngeren gcrfchem gwei gang entgegengefefcte Weinungen:
Sie eine langnet bie Änwefenbcit ber ßpmphgefdjje in ber Wilg unb betrachtet baß
Organ alß eine Slutlomphbrüfe, wobei fte ftch begnügt, bie Spmphwege einfach burch Me
Slutwegc 3 U crfc^cn.
Sie anbere behauptet baß Sorljanbenfein von $?mnphwegcn in ber Wilg, unter
Ginem aber il;ren biß gur Staube noch unbefannten Urfpmtig unb weißt afle beengen
Unterfuchungen bantber mit bem Sonrurfe gurücf, baß man ^pmphgefd^e mit Ärterien*
fchetben gufammengeworfen h^ e -
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Die ®(^ulb an fctefen SDieinungSgegenfäfeen tragt ber ganglicftc OTangel entfcheibenber
?pmpBgefa§htjectioncn; nnb bic Urfadjc biefeS 2JiangelS liegt in ber einfeitigen 93c-
hanblintg ber Stufgabe, nämlich in ber alleinigen Senkung von tobten Objecten
gur 3njedion.
Sin« biefem ©runbe ftettte ber 3?erfaffer alle feine eintägigen SSerfuc^e an lebenben
2 ^ieren an unb benüfcte bie bei früheren 93erfuc£en über 9pmpl;bilbung gemalten
Erfahrungen, um mit ihrer $ülfe ben S^mpbftrom in ber SOiila gu werfen unb gu
vermehren.
SSar bie Swhbilbung cinmal eingcfcitet unb im gelangen gluffe, fo mürbe Sorge
getragen, bie Entleerung ber 9pmpbgefai}e butch Unterbinbung ihrer £auptftämme gu ver-
buten, unb fc^tieglic^ ein fo präparirteä Organ gur fünftlicfyen gütlung feiner S^mphraege
benüfct. Sefctere gcfchah mit Seim unb löslichem 33erlinerblau.
Die Sefultate, wie fte bie ^ferbemilg liefert, ftnb in Äürge folgenbe:
1 . Die Spmpljbilbung gefdnel;t in ber ffliilg
a. in ben SWalpightfchen 33läSchen, unb
b. in bem „5Mggewebe", welches bie ßapillaren unb favernöfen SSenen umhüllt,
nnb mit biefen äufgerft büimwanbigen, jeboch gefd?loffenen 33lutbahnen, wie ba$ Sebetgellen-
nefc mit feinem ßapittarwerfe, vielfach burcbfloc^ten ift.
2. Der Slbflufj ber ©iitgtymplw ift, wie aller Orten, auch in biefem Organe an bie
Sinbefubftang gewiefen, unb Wirb auf eine bereite Slrt ermöglicht:
a. burch bie Slrterienfcheiben, weld>e ihren ben 9Jialpighifd;en Körpern unb ihrer
9ta^barfchaft entlehnten 3nl;alt gunächft nach bem £>ilu$ leiten;
b. burch bie 95iilgbalfen, weldw bie Spmphe auS bem „SOiilggcwebe" im Sßege ber
Spalträume ihrer muSfulöfen Segrcngung einfitfent taffen, um fie in ihren 9afunen
meift nach ber Oberfläche gu leiten unb in bas oberflächliche Spmphgefaßnefc gu ergießen.
2)ie ^Pferbemilg beftfct alfo oberflächliche unb tiefe Spntphgefäfce. $ie elfteren ftnb
aber, ber gewöhnlichen Sinnahme entgegen, nicht als ber ferefen splitte auSfd;ließlich gel;örig
gu betrachten, fonbern fte fammeln bie 8^nipl;c ebenfo aus bem Snnern ber 39iilg, wie
bie am $)iluS herbertretenben fogenannten tiefen Spntphgefäße.
93eibe fymphhahnen ftnb auch in vielfacher 9>erbinbung mit einanber. Seweis beffen,
ba§ bei ben vom 3?erfaffer gemachten Snjecticnen bie tiefen Spmphftämme auSfchliefjlich
burch ßommunicationSgweige von ben oberflächlichen Stegen h er gefüllt würben.
£err gr. Unferbinger, Sel;rer ber 3Dlathematif an ber Oberrealfchule am Säuern*
marft, legt eine Slbhanblung vor, beten Snhalt bie Oarftellung einer SÖtethobe betrifft,
nm auS ben in verriebenen geographttn Breiten gemeffenen Sangen beS SecunbenpenbelS
gu bejümmen:
1. 2>aS ©efefc ber abfoluten Schwere,
2. bie Sänge beS SecunbenpenbelS am Slequatcr,
3. bie glugfraft am Slequator,
4. bie Slbplattmtg ber Erbe unb
5. bie Dtmenftonen ber Erbe,
lefctereS unter ber SorauSfefcung, baß fämmtliche Scftimmungen ber Sange beS Secunten*
penbelS fo genau finb, als jene SeffelS für Königsberg unb Berlin.
2>te Sange beS SecunbenpenbelS ift genau beftimmt nur für Königsberg unb Serlin
von 93cffcl unb für Scnbon Von Sabine. 3ßenn man bebenft, ba§ biefe ©röße, fo
wie Sange unb 93rcite, StabiuSvector unb SReereöhöhe eine willige geographifdvaftrono*
mifche Eonftante bilben, fo rnufj jeber greunb ber ejactcn SSiffenfchaften bebauem, bafg
biefelbe für fo wenige Orte, felbft abgcfcl;cn von ben bebeutenben golgerungen, wel^e ftch
auS bereu ©efammtheit ableiten (affen, mit einer bem heutigen 3uftanb ber SJlejjfunfi
abäqnaten ©enauigteit beftimmt ift 2>ie ^enbellange von |)aris ift aderbingS von S3iot
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unb Slrago beftimmt (bic Sorganger nicht $u neunen), boch mit einer Den unferem
großen ÜJteifter Seffel grünblicb angewweifelten ©enauigfeit.
Ser SSerfaffer fpriebt ben Sunfcp aus, baß bie augegebene ®ett;obe ber Senüfcung
ber $)enbelfcbwingungen wur '3(uSmittelung fo wichtiger Gonftanten, ber f erg fällt gen Seob*
aeptung berfelben neue greunbe erwerben unb bem vielfach bemacpläffigten ©egenftanbe
tpätige Äräfte jufu(;reit möge bert, wo bie netbwenbigen «£>ülf^mittel berpanben fmb.
$err Sr. 3(uguft So gl, Ütffiftent beim Mehrfache ber s 3taturgefcbicbte an ber f. !.
mebicinifcb»Chirurgifd;en 3 efepbs*'?lfabemie, übergtebt eine ^IbbanbUmg über bie 3 ntercettular*
fubftanw unb bie ÜJiilcbfaftgefäße in ber SSurget beS gemeinen SowenwabnS. — Sie
ffiurgel beS gemeinen Sbweu^abnd (Taraxacum officinale Wigg.) befipt einen centralen
.fjolgferper; welcher ton einer breiten fleißigen, ftorf mildnmben Siinbc umgeben ift.
Unterfucbt mau feine Schnitte aus ber iBur$el mit oerfebiebenen d'emifd;en Mitteln unter
bem s 3Jiifroffcpe, fo gelangt man $u bem Diefultate, baß bie in ber JSuvjel oorfemmenbe
3ntcrcellularfubftanw größtenteils aus s J>ectefe beliebe, jener Subftanw, welche auch im
unreifen £bfte unb in ben gelben unb weißen SRiibcn uorfemmt. ©S läßt lieb hiebei nad?»
weifen, baß biefer Stoff feineewegS ein Secret, fonbem ein UmwanblungSprobuct ber
^ Cellulcfe ber 3ellmembranen ift. Siefe Uniwanblnng ift eine chemifcbe unb febr eitet bon
außen nach innen fort. — s 3 )lit biefer s pectinmetamcrpbcfe im 3 ufanunenbang fiept bie
(Sntftelutng ber ÜMdbfaftgefäßc in ber Scwen^abnwurgel. Sie 9Mcbfaftgefäßc, wie fie hier
auftreten, geboren bielleid^t $u ben bcQweigteften, bie überhaupt in 9 >flan$en §u finben
finb. Sie bilben .pauptftämme, welche, wu 3?iutbeln bereinigt, bie SHinbe in $ur Slcbfe ber
Sur^el paralleler SRicbtung burd^ieben. Siefe pauptftämme treiben eine Slenge ben
Seitenjweigen, halb als fnrge quere i>erbinbungeäfte, balb als mel;r weniger lange, am
©nbe folbig aufgetriebene ober im ©egentbeil haarfein ausgewogene blinbe riefte; bie
einweinen Sünbel flehen in tangentialer Sidlung in ^erbinbung unb bilben fo großartige
nefcformige Sufteme um ben .p eifern. 3 bre erften Urfprüngc auffuebenb, gelangt man wu
ber Jbatfacbe, baß ihre pauptftämme burd) 3>erfd;melwung ber fogenannten Seitwellen
(Siebwellen), äußerft warten langgeftreeften Skiern, welche bie 5)iilcbfaftgefäßbünbel begleiten
unb wabrfcbcinlicb baS £rgan ber Otücfleitung beS in ben ^Blättern affimilirten Saftes
barftellen, entfteben. Sie Serfcpmelwung (gufion) wirb bebingt baburep, baß bie anfangs
mehr weniger reinen- 3rflftoffmembranen ber Seitwellen eine Umwanblung in ^Pectofe
erfahren.
$i|ung brr (ßrlrfyrtrn-tötfrUfcfyafl in JUakao.
3n ber am 12. Secember abgepaltencn Sifcung ber Section für 91atur* unb 5lrw»
neiwiffenfepaften tpeilte ber $)räfeS bie bem Perm ZebrawSfi münblicp erhaltenen Sluf*
fchlüffe über baS ber Section borgelegte ÜJianufcript unter bem Sitel: „JlbpentarS ®eo*
metrie", überfeßt bon ÜMatifowsfi, mit, welches SSerf auf Äcften ber ©elebrtengefellfcpaft
burch ben Srucf w u veröffentlichen fei. ')tacp ber Meinung biefeS ÄennerS feil SlbhetnarS
$£erf fich niept bureb große 3>crwüge a 110301 *ebnen; trofc biefeS UrtheileS über baS Sriginal
beS SlutorS enthalte er fiep nod; beS eubgültigen SluSfprucbeS bis wur genauen Suvcpficbt
ber Ueberfe^ung, bie er auf s 3lnregen ber Section gewijfcnhaft wu prüfen willens ift. ger»
ner (egte ber i'ciftgenbe baS umfangreiche beutle Sderf: „Saß Sielet ber Ärct'cbilinen",
ein ©efd;cnl beS Sr. Örübl bor. s Prof. Sfobel befc^ricb bie Heilquelle ©(eichenberg
in Steiermarf. ^)rcf. Sawicwewsfi weigte baS bon ihm eingefübrte SJiittel, ben ?(ug»
apfel wufammenwupreifen, baS unter bem Planten: „(5alabarifd;e SJohne" belannt ift. Sei
ber SJabl ber SectionSbeamten für baS näd^ftfolgenbe Saht würbe neuerbingS ^)rofeffcr
Sfobel als ^)räftbent, Sr. Settinger als Secretar beibehalten. 3um Seputirten beS
ßomite bagegen würbe ^)rof. Stecwfowsfi neu gewä(;lt.
ItrantwarUix^tr Httouttux Or« feffjrolfc Änttortt Der k. Wltutt Rettung.
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©enerdconful ü. $oljn$ ^pebition ttöd) bem alkneftfdjcn Stritt.
(£erbft 1863.)
(Sottrag, graften »on g. Äauiß in bet f. f. geegm^ifdien ©efellf^aft am 22. De»
' cembet ju SÜ'ieit.)
3(m füblidjft gelegenen fünfte (Serbiens, bort, wo ber auS Albanien fommenbe
3bar bie ferbijdje ©reitge betritt, geftaltet fid) baS (Jerraiit gu einem mastigen ©e<
birgSfitoten. Sein ^ec^fter ©erg, bet 5986' ^ot;e Äopaonif, bilbet gitgleid) ben
bö<bjien ©rbebungepunft gwifcben bem ©alfan bis weit weg über Serbiens ©rengeit.
grägt man bie am gufje biefeS ©etgeS angefiebelten Wirten, ob bie SluSficfyt
»on beffen ©ipfel lo^nenb fei, fo erhält man gewöhnlich bie Antwort: „£err! 3f)t
erblicft bie gange Söelt!" ©ine gang neue 33elt, wäre treffenber, ahnten bie naioen
©ergfo^ne, wie wenig richtige Äenntniffe wir oon bem (Derrain befifjen, welches man
oon ber Äopaoniffpijje überfielt.
3lm 30. 3uni 1860 ftanb icf) auf biefem hochgelegenen 3lußfid)töpunfte. Unter«
halb beSfelben Ratten fid) im korben graue SSolfenfdjleier gufammengegogen, welche
halb ein eingigeS bie 2luöfid)t gegen (Romanien, Serbien unb ©oSnien »erltüllettbeö
33olfenmeer bilbeten. $Rut noch bie näd)ften fielen Spieen beS Stol (3000')
$)loc (4800') Belin (4200') unb beS Saftrbac (3000') ragten auS bemfelben empor.
3m Sübweft geigte fid> jebod) burd) eine weite Sude beS riefigen äöolfen*
»orbangeS bie weftlicbe Partie ©bermöfienS mit ben Otinnfaten beS 3ab, ber
Sihtica unb beS albanefifd;en (Drin bis gu ben fernen .'polten beS Sar mit feinem
8100' fwb en Äobilicafpijjfegel (halb »on rafd) eilenben 33olfcnf(|atten »erbüftert,
halb minutenlange »on bem präd)tigften Sonnenlid;te übergoffen.)
SSeiter in fübweftlidjer 9iid;tung begrengten ber ©lieb (6197') ber Stark
lolaSin unb bie 5Rofra plancna bie 3luSfid)t; wältrenb über bem ©affin ber (Raefa
unb über ben SRinareten 5Ro»ipagarS ^inweg, wcftHrf) bie fd;neebebecften (Dolomit*
ppramiben beS fyofien (DormitorS (5 bis 9000') als l;»djfte Spinat ber ©oSnien
»on ber £ergogowina trennenben ©ergfette auftraten.
3m Sübeit »erwicfelten fid^ bie 3luSläufet beS ÄopaonifS mit anberen @e*
birgen gu einem weiten »erworrenen SReße, in baS bie Üoplica, einer ber £aupt*
guflüffe bet bulgarif^en 9Rota»a, fid) if)t ©ett gegraben bat. 3n Süboften
enbtid) waren bie Profile ber weitgeftredften ©alfanfette wobt gu unterfefjeiben.
©leid) großartig wie ergaben lag baS weitgeftreefte Panorama »or mir; eine lebenbe
JWelieffarte, an beren (Details fid) für ©uropa, befonberS aber für Cefterreicb eine
reiche gülle »on biftorifeben ©rinnerungen fnüpft.
©eifpielSweife lag bort auf ber äufierften Seblinie feneS fefte Scbfofs Äafanif,
wo im Sabre 1689 ber twrfifd>e gelbberr SRuftapba auS bem ftolgen albaneftfcben
»e^enfärift. 186 t. Saut LtL. 3
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©efcglecgte bet Äöprili, geftärft bürg ben Uebergang bet ton bem tapferen, aber
mtflugen faiferlicgen Dberft Straffer gereiften albanefifcgen $ülfbtölfer, biefen nt
blutiger Scglacgt befiegte. S)ie Seicgen Strafferb, beb gelbenmütgigen ^rinjen Äarl
ton £annoter, ber ©raten Styrum, ©ronbfelb, 2 luerbperg blieben auf bem reicgli<g
mit beutftyem ©lute getränften Scglacgtfclbe. ©ejeicgnet biefe terlome Schlagt ben
erften in ber {Rege bet Unglücfbfälle, an bie fiel) ber ©erluft jener rafg eroberten
neuen 9>rotinjen für ben Äaifcrftaat fnüpft; fo erregt fgon bet 5Rame ber Qci)--
ebene gart an ber Sitnica bie Erinnerung an tergängnifwoll geworbene Momente,
bie für Sagrgunberte ben Süboften Europa’b bem traurigen Sofe ber türfijgen
#errfgaft überantworteten.
2Belger ©efgigtöfunbige tonnte bei bet Erwähnung ber einft feebebedten
Ebene oon Äoffoto gleichgültig bleiben, beb „Slmfelfelbeb", auf bem bie ©griffen
DtyEuropa’b bie blutigen Sglagtwürfel über igre 3ufunft in ben Sagren 1389
unb 1448 jweimal ent)d)eiben liegen, auf bem Sultan ^muraty unb ber legte
Serbenfürft, ber geiliggefprogene Sajar, beffen ©ebeine in Defterreig ruhen, tyre
Seelen an einem Jage aubgaugten.
ÜRan motyte biefeb Unglüdbfelb bie SSiege ber unb heute bebrohenben
orientalifchen grage nennen.
Styon biefe beiben, bet neueren ©efgigte entnommenen SJiomente genügen,
um ju jeigen, bah »ft »om gegen Äopaonif auf ein Stüd SSelt hernieberblicfen,
bab für ben ^iftorifer wie für ben Kolititer gleich intereffant ift. 2 lbet auch f“ r
ben Specialforfger auf ben terfgiebenften ©ebieten ber SBiffenfgaft birgt biefer
wichtige Sgeil Europa’b 3 at)lrcid>e ungelöste Probleme. Er wirb bewohnt ton
©ßlferfgaften ber terfgiebenften Ülbfunft, beren Urfprung jum Jgeil » ber claffifcfjen
©orjeit ju fliegen, tgeilweife aber in bie torgiftorifdje Seit jurücfreicht unb in
tielent noch aufjugellen ift. 3)eit geiftroflen Schlüffen unferer Etymologen ift eb
wohl gelungen, einigeb Siebt in bab Spraggcwirre beb füböftligen Europa 3 U
bringen, bie {Rauten {Riebugr, 5)iej, gallmeraper, Safari!, SRiftofig u. 21. »erben
für alle 3«t nach biefer {Richtung gin ebtenb genannt werben unb bog bleibt noch
tieleb j. 23. über manche Elemente beb Sfipe (2llbanefifgen) aufjufläten.
getagt bie Sofung biefer unb ähnlicher 2 lufgaben enge mit ber Süftung beb
JDunfelb jufammen, welcheb jum Jgeil *»g auf ber ©orgefgigte biefer Sänber
ruht, h«trd aug beb 2 lr<häologen noch mangc banfenbwertge 2 lrbeit, fo bleibt wohl
minbeftenb eben fo tiel noch » 33cjug auf bie phpfifaliig=geograpgifge unb topo=
grapgifge Etforfgung ber europäiigen Jürfei ju tyun übrig.
{Rimmt man bie Äiepert’ftye Äarte, unfere befte ©efammtfarte ber Jürfei, jur
£attb, fo finbet man 3 . ©. ben gegen Äopaonif jur Hälfte über bie ©renje
Serbienb naeg ©ulgarien terlegt unb m ber SBirfligfeit entgegengefegter {Richtung
ftreicgenb aufgetragen. Um benfelben fiept man aber, wie auf einer Äarte beb noeg
unburegforfegten Snnem 2 lfrica’b, jwifgen ber Sitnica unb bulgarifcgen SRorata
ein Jerrain ton etwa 30 Duabraimeilen, fegeinbat flacg, unbewäffert unb uubetöltert,
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wäfjrenb e 8 in SBafirhett mit ©ebirgen, glüffen unb Drtfchaften üBerjogett ift unb
nod) ^eute feinet näheren geographifcf)en Seftimmung harrt.
9Jteine „Beiträge jut Kartografie be 8 gürftcntfmmeS Serbien", oeröff entlieht
oon ber !. Slfabemie bet 2Siffenfdjaften, unb mein „JJtoutier", aufgenommen im o. 3-
in 9torb=Sulgarien, werben nad) einer 9Jtitthe ilung Kieperts fcfon in ber im nächften
3 ai)te erfdjeinenben neuen SluSgabe feiner Karte Slufnahme finben, manche 3rrtf)ümer
ber älteren SluSgabe oom 3afe 1853 berichtigen, unb mehrere wefcntliche Surfen
ergäben. 3n gleitet SBeife werben bie Arbeiten anberer Steifenben »erwerbet
werben, namentlich jene oon SSiqueönet, Hahn, Sad) unb Stau, bie wfrenb bet
testen jef Safe wahrhaft ©rohartigcS in ©h rac i en ™b Sutgarien geteijtet haben.
Ungeachtet biefer Stnftrengungen einseiner ^orfdjet wirb aber auch bie neue 3lu8gabe
ber Kieperffcpen Karte — ber oerbienftootle Herausgeber ift fich beffen bewufjt — auch
wenn man in IJlürfficht, ba{j e 8 an jeber trigonometrischen Aufnahme fehlt, nur be=
fcheibene ütnforberungen an biefelbe ftctlt, bejüglid) 9tid)tigfeit unb Sollftänbigfeit
felbft beS rein Sopographtfcben noch immer fehr oicl 3 U wünfchen übrig taffen.
9Jtit um fo größerem ©anfe muh nian e 8 begrüben, baf bie f. Slfabemie bet
SBifjenfdjaften »ereint mit ber f. SJtarine, in Grwägung ber hf m SJiiffion, welche
Defterreich im europäifchenDften 3 U erfüllen hat, bem burch bie „albanefifd>en Stubien"
unb feine „Steife oon Selgrab nach Salonif" wohlbefaimten öfterreicpifchen ©eneral*
confut 0 . H a h n in ber liberalften SBeife bie SJtittel geboten hat, um feine gorfchun*
gen am albanefifdjen ©rin in biefem Safe wiebet aufnehmen 3 U fönnen.
Slngeregt burch ein Schreiben SJtahmub Sepö (<$reunb), DberftlieutenantS im
grohherrlichen ©eneralftabe, oom 17. SJtärs 1860, beabfidhtigte H a h n 3 unä<hft nur
ben Sauf beS ©rin unb beffen Schiffbarmachung 3 U unterfudjen; ein Unternehmen,
an baS fich nothwenbig manche widrige Sereicherung ber ©eographie rntb Gtf)no*
graphie fnüpfen muhte.
©ur<h bie ©üte beS H 6 * 1 ” ©eneraliecretärS ber t. Slfabemie ber SBiffenfchaften,
$rof. Schrötter, tagen mir mehrere Sriefe HahnS über feine Unternehmung oor,
au 8 welchen ba 8 Stachfolgenbe oon allgemeinem Sntereffe fein bürfte.
©ie eigentliche Gjrpebttion H a hn 8 in ©efellfchaft beö f. SinienfchijfälieutenantS
Stüter o. Spornt unb be 8 ©octorS Ssefelp nahm ihren SluSgangSpunft oon Scutari
(albanefifcp Scobra); berfelben ging jebocp ein ÜluSflug H a h n8 in bie ÜJtatia, bie
Heimat ScanberbegS, oorauS. H a hn unterfuchte ben Sauf beS Slrfett theilS burch
Stugenfdjein, theilä burd) Ghtsiehen oon Grfunbigungen in Spramta. ©en oon Stnna
Gomnena angeführten Ort, wo fich Äaifer SllejriuS auf feiner §lu<ht 00 t ben
9 tormanen burch einen ffnen Sprung oon einem ^eläufer 3 um anberen reüete, oer*
legt Hahn etwa oier Stunben füblid) oon Sprattna.
Stuf bem SBege nach Slufjgebiete be 8 SJtat fanb H a h n einen ©iftrict
9tamen8 Senba. Gr ift ba 8 Duellgebiet beS 3fth m fluhe8, hat eine Sänge oon 6 bis
7 Stunben 9t. S., 2 bis 3 Stunben Sreite SB. D. unb trennt bie Gbene oon
Sprarata oon bem Quellgebiete beS SJtat. Stad) bem oon Kiepert angegebenen 9Jtat=
flnhatm SBarbaffa (im Sanbe ber SEJtirebiten) erfunbigte fich H a h n oergebenS.
8 *
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tteberf)aupt glaubt er, bafj feine Unterfudnwgen feljr abweichenbe 9 tefultate non ben
bisherigen geben werben, obwohl er nicht für bie 9 lid)tigteit ber feinen ftetS wt*
bebingt einftehen möchte. diegenwetter, fct;eufjlid;e SBege, grofjeS Siif? trauen Bon
©eite ber rohen ©ewoljner crfchwerten bie Arbeiten .paffnS, ja machten fie 311 m
$hcile unmöglich. ©ie ©efeUfchaftSguftänbe biefeS £1;^ erhielten $ah»t auf ber
gleiten Stufe ftehenb mit jenen beS Sab ©olafftammeS im ©üben 2 llt=©erbien 8 .
£ahn meint hier bie non barbanifchen Sllbanefcn bewohnte Sanbfchaft Sab ©olaf,
wo bie ©lutrad)e wohl nicht mehr ©ache beS gangen Stammes, fonbem nur $a=
milienfache ift. ©ie Pflicht ber 9tad;e liegt nur ben nächften ©erwanbten beS
©emorbeten ob, unb bie ©lutfdjulb haftet nur an ben nächften ©rbcit beS SOlörberS.
SSon biefen Sllbanefen, beren ©tammorte bei s })riftina liegen, flammen wahrfdjcinlich
bie in ben beiben Dörfern Stirfinee unb $erfoBce angeficbelten ©lementiner, Welche id)
in ber 9tähe bes öfterreid>ifch>=ferbifd>en SJtitrooica an ber ©ane fanb. ©ie hatten fich in
bem unglücflid;en Sölbguge unter ©eefenborf 1737 SDefterreich aitgefchloffen, waren
3 uerfl cor ber Siadjc ber dürfen an ben $ufj beS Sloala bei ©eigrab geflüchtet imb
finb bis heute ihrer alten Fracht unb Sprache treu geblieben.
Sowohl bie dürfen, als bie Äatljolifen beS SbaleS, fcurd) welches ^afm 30 g,
finb ihrer Steigung 3 um 9taube wegen in ber gangen $Jtachbarfd;aft bis ©uraggo h<u
berüchtigt. Sluf einem 9titte fah er gwei Raufer brennen, ©ie waren »on ber Db=
rigfeit angegünbet worben, bie nach SanbeSbraud) baS $au 8 beS SDtörberö Ber*
brennen muff.
Slm 26. Sluguft erreichte $ahn Stobra, wo er im .£>aufe bcS ofterreichifcf>en
©onfulS ©ubraBid) feinen Oieifegefährten ©pamt traf unb bie freunblichfte Stuf*
nähme fanb.
33or Bier Sahren ift ber ©rin wiebet in fein alteS glufjbett eingebrechen. Söir
hören biefe wi^tige üthatfacbe hier gum erften SÖiale, § B. ©eaumontS Bon ©oue'
burchgefehene Äarte biefer Sauber, herausgegeben Bon ber ©enter geographifchen @e*
fellfdhaft im Borigeit Saljre, feimt biefelbe noch nicht, ©er ©rin fenbet gegenwärtig
Bot feinem ©intritt in bie Äüftenebene etwa gwei ©rittheile feines SßaffergehalteS
in norbweftlicher {Richtung bem auS bem ©ebiete Bon fPulati, Bom ©orfe Äiri
fommenben gleichnamigen gluffe gu, ber hart bei ber ©tabt Stobra in bie ©ojamta
fällt, ©pawt recognoScirte biefen neuen glufjarm beS ©rin am 29. Sluguft unb
fanb hinteichenbeS Sßaffer für ©arten Bor, bie Schiffer forberten aber anfänglich bei*
nahe unerf^winglidje greife.
3lm nächften Sage fuhr bereits bie fleine öfterreichifche ©rpebition in gwei
leisten ©arten mit acht ©cfjiffßleuten Bott ©tobra auS ben neuen glufjarm beS ©rin
aufwärts, ©ie gahrt ging fehr langfam, ba ber niebrige äöafferftanb nicht gu
rubern ertaubte unb bie ©arten bähet gegogen werben mußten, ©ei bem ©intritt
in bie ©ebirgSregion begannen bie ©tromfchnellcn. ©ei bem ©orfe Äarrna reichten
bie Kräfte ber Schiffer nicht mehr auS imb äpa£)n muffte bie $ülfe ber ©iitgebomen
in änfpruh nehmen. 3 e weiter man oorrüefte, befto fhwieriger würbe bie Heber*
winbung ber ©tromfhnetlen. ©hon in Äomani muhte man eine ber ©arten mit
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bem ganzen ©endete unter Sei hing beS Dt. <$ 3 /Te(p nad) (Stobra gurüeffebiefen, tu
ber ^weiten Sarfe brang ©ottful §abn mit Spautt unb jmei SRatrofen bis in baS
©ebiet ton ÜJlerturi cor. ©ort aber nötigte fie eine grefe jmifdjen [entrechte
Reifen geprefte Stromfcbnefle, welche feinen Staunt sunt 3ieben ber Sarfe gemährte,
and) biefe jurüefjufenben unb ben SBeg 311 gufje fortjufe^en, ba eS in jenen ®e=
genben feine Safttbiere giebt.
SiSber mar ben Hteifenben jeber Sficf auf bie allgemeine Sobengeftaftung beS
SanbeS entzogen geblieben; benn ber oereinte ©rin fließt faft ununterbrochen in
einer engen Stinne jwifdjcn jwei an wenigen fünften burchfebnittenen Sergwdnben
uen 200 big 500' £ßbe, mit mef)t ober weniger fteiler Sßfebung unb nur bet
Slterturi am gufje beS $auptgebirgeS.
©ie ©inbrüefe ber Sanbfchaft, oom SBafferfpiegel anS gefeiert, Waren in ber
Siegel webet großartig noch wilbromantifch ©ine 9lu§nafmte machte bie glufjenge
oberhalb Äomani, beren unbefdtreibltd) fd)5ne Silber leiber pf)otograpl)ifd) feftju^alten
unmöglich gewejen, weil 3 wifcben ben fenfred)ten ober überbäitgenben getSwdnben
unb bem SBafferfpiegel fein fpidfccben 31 « SluffteHung ber Snftrumente 3 U fxnben
war. Sei SJtittelwaffer füllt ber glüh in bet Stege! bie gan 3 e £f)a[iof)le aus.
Schmale gelber neben bem glufjrinnfale ober ©rweiterung ber 21;a(enge ju Äeffeln.
ftnb StuSnabmcn. ©ie SorauSfage 3lmi Soue’S, bah bie oon bem türfifeben ©berft»
lieutenant SOtafimub Sep oerbreitete 9 tad)rid)t oon einem 70 ©Uen ft oben SBafferfaH
beS ©rin bei SllSic ein SOtärd)en fei, fiat fid) ooHfommen beftdtigt. Sor ber Ser*
binbung beö febwarjen unb beS weiten ©rin bilbet ber glufj feinen einigen
SBafferfaH, bagegen ift et überreich an StromfdmeHen.
$abn [teilt hier bie grage an gacbmdnner, ob ber Spalt, burch weldjen [ich
ber ©rin feinen SBeg gebahnt bat, nicht etwa alb bie ©renje jweter eerfebiebenet
©rbebung@be 3 irfe an 3 ufeben fei, inbem er nicht fetten bie Seichten ber beiben ©bal*
wdnbe, foweit er als Saie urtbeilen fonnte, wobt oon gleichem SDtateriale, aber bo<h
in oerfchiebcnen Sagen oorfanb. SDiebrmalS ftanben 'bie Schichten an ber Storbfeite
fenfrecht unb hatten bie fcharfen kanten gegen ben glüh gerichtet, wdbrenb [ich jene
ber Sübfeite gegen ben glüh Hntteigten, aber mehr ober Weniger wagredjt lagen-
©ie Steifenben 3 ogen oon SDterturi auf febr befd^werlidjen Sergwegen nach
girja unb erreichten bei bem ©ban Safat, nabe bei Späh, bie oon Sfobra nach
9>riSrenb fübrenbe Äaraoanenftrafje.
©iefe Stoute führte burch tagereifenlange unberührte Urbeftdnbe beS fünften
©idbeit= unb gichtenwalbeS, beren . 90 I 3 auf oiele Sabre ben Sebarf aller europdifchen
SDtarinen beefen fßmtte. ©iefer ©ntbeefung wegen, glaubt $abn bie Unterbrechung
feiner Sefd)iffung beS ©rinS nicht bebauem 3 U bürfen.
©ie Steifenben hatten bie Hebe^eugung gewonnen, bah, wenn aud) oorerfi
wegen be§ rafchen SBafferlaufeS, erfebwert noch burch bie grofje Slngabl oon Strom»
fchnellen, unter ben gegenwärtigen wirtbfcbaftlicben Serbdltniffen beS ©ebieteS, burch
baS bet ©rin lauft, an eine rentable unb regelmdhige Sefchiffung beSfelben nicht
gebucht werben famt, bagegen fein Bweifel obwalte, bah ^ er ®rin fefjon beute ooH=
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fommett flöfjbar fei, unb ba§ bet Verein eineg noch unberührten, eben fo foftboren
alg unerfd) 6 pfli(t)en SJtaterialeg, be 8 wol>lfeilften Sugfufircanalg unb ber billigten
Srbeitgfräfte — ba beibe Ufer »on einet üerf)ältni§mäfjig bitten, fehr fräftigen,
armen Seoßlfermtg bewohnt finb — h' er ^ em Untemebmungggeifte ein gelb eröffnet
Wie fid) in (Europa fchwerlid) ein jweiteö finben bürfte.
$ahn »erfäumte nid)t »on $)rigrenb aug bur<h Vermittlung beg f. f (Sonfular*
agenten ©r. ^eteler, in beffen £aufe bie ©jcpebition gaftfreunbli^e Aufnahme fanb,
fein ©utadjten über biefen ©egenftanb an mehrere ©rieftet gitmen, bie fhon früher
ihr Sugenraerf auf biefeg Sanb gerichtet hatten, abjufenbem
$af)n gebaute am 17. September nach ©ibra aufjubredhen, unb längg beg
fdhwarjen ©rin nach Dd)riba ju gehen. @r tonnte nur mit 9Jtüf)e einen ÜJtarat
finben, ber aug eigenem Sugenfdjein Stechenfdjaft über bie Sanbfdjaft, burch welche
biefet 3 Seg führt, geben forntte. ©crfelbe ift fehr unficher unb bie Se»ßlferung alg
räuberifh berüchtigt.
Söenn biefet ©heil ber Steife nach bem erft oor wenigen Sagen eingelaufenen
Schreiben fbafmg feine gldn 3 enben Gntbecfungen ergeben hat, fo fammelte bo<h
$ahn, fo oiel fcpott gegenwärtig aug feinen fragmentarifd)en Stachrichten her»orgef)tr
hö# banfengwerthe Seiträge jur befferen Äemttnifj beg »on ber ©rpebition but<h*
3 ogeneu ©etraing.
3 wifd»en ©ibra unb Äricooo fanb §aljn beifpielgweife ein bighet gan 3 unbe*
fannteg Sachgebiet »on etwa 18 Stunben Sänge, reih 0,1 ©örfem, beffen Stirnt*
fal eine halbe Stunbe füblich »on ber Stabt ©ibra in ben fhwatgen ©rät rnünbet,
unb baher mit biefem glufje fo 3 iemlich in umgefehrter Stiftung läuft. Such bringt
er für alle biefe ©ebiete eine 3 um größten ©heile neue geograpfnfdK Stomen*
clatur mit
©ie gahrt auf bem untern SBatbar bot hingegen weniger 3ntereffanteg. Sie
ging butch unfdjöne, öbe unb traurige ©egenben.
Stifter ». Spaun, ber augbauembe Segleiter ^)ahng, bemühte fich burch eben
fo 3 ahlreihe alg forgfältige Sängen» unb Sreitenbeftinunungen bie big jefct noch
in ber Suft fd>webenben Sagen ber £auptpunfte in ben burd)reigten ©egenben auf
fixere Safen 3 U ftetlen unb bie bisherigen harten werben baburcp »oraugfichtlich
ein fehr »cränberteg Su^fehen erhalten, ©r. Sjefeltj entlieh, welcher alg fPh 0 * 05
gtaph bie ©jrpebition begleitete, brachte eine reiche Sugwahl »on grc^entfjeilg fehr
gelungenen Stäbteanfidften surücf.
©ag Sßetter war ben Steifenben big 3 ur SBarbarbrücfe unweit beg Sugfluffeg
beg Stromeg ing fDteer treu geblieben. £ier fteUte fich ber erfte SBinterregen ein,
ben man allgemein alg ben »erfpäteten SBinteranfang betrachtete, ©ieg unb bie in
golge ber großen Snftrengungen ber Steife eingetretene Sbfparatung $ahng beftimnt*
ten ihn, bie Stücffehr 3 U Sanb nach Srlona auf 3 ugeben unb fid) in Salonif ein*
3 uf<hiffen. Sei feiner Snfunft in ben ©arbanellen hatte fich jeboch bag SBetter fo
gestaltet, bafj $ahn nod> SJtitte Sto»ember bie ©roabe burd)ftreifen unb bie £>aupt=
punfte berfelben photographifh aufnehmen taffen fonnte.
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39
9fot 29. -NoDember trafen bie JReifenben in ©pra ein, non wo au8 wir ben
fiberfi<f>tlidjen O^eifeberid^ten JpahnS an bie 1 2ffabemie bet ©iffenfdhaften entgegen*
fefyen bürfen. Siefelben werben fiel) an 9Reid)f)a(tig!ett. unb Tiefe ben berühmten
»orauägegangenen Arbeiten #ahn8 anfd)tief)cn unb ber neuen Stera ber geographtfdl)en
gorfchung in Defterreid) guDerfichtlicb ein ehretwolleS 23latt entfügett.
9Älmtgtn=@tobten.
I. 9er JHrifter.
2118 gu Anfang tntfereS Sa^unbertß bie gasreichen Romane Dom 23erfaffer
be8 „©arerlep" ihren Ttiumphgug burdf alle Hänbet unb ©praßen (Sutopa’8
gelten unb nodj nid^t authentifct) feftftanb, ob ©alter ©cott, biefer „public cha-
racter“, ber Saronet unb Sidf)ter ein unb biefelbe Werfen mit jenem fruchtbaren
2tutor fei, fam man in SDeutfd^lanb allen (SritfteS auf bie 23ermuthung, bah mehrere
Äöpfe an biefen 9icmanen arbeiteten. 2t. ©. ©Riegel hatte bie Slermuthung auSge*
iprod)en, baff wohl terf^iebene alte gried^ifd^e Tragöbien auf biefe 21 rt gebietet Worben
leien, S3eaumont unb gleicher, bie Seitgenoffen ©hafefpeare'8, arbeiteten unter ge*
meinfamer girma unb e8 war notorifcf), bah bie fJXtrijer SSaubeoilleftücfe nicht Don
zweien, fonbern oon gangen Sichteraffociationen erfunben, auSgefüfjrt, mit liebem
oerfehen unb componirt werben. ©arutn alfo follten nicht auch bei ben fthottifcf)en
SRomanen mehrere treffliche, mit oerfchiebenen @aben auSgeftattete SRärater fidt> gut
(Srfinbung ober 2tuSführung einer gemeinfamen Sichtung gufammengethan haben!
2118 bann in ben gwangiget Salden ziemlich erwiefen war, bah beibe Sichter, ber
in 23erfen unb ber in ^rofa, in ber Tl)at e ™ e s Perfon feien, muhten bie flugen
Heute annehmen, „bah ein ©eniuS bie ^lane erfinbet, bie ©haraftere auffteüt unb
bie Situationen, in welchen fie fi<h geigen fönnen, angiebt". Sa8 übrige thun bamt
„bie SJiitarbeiter, 2lu8maler, ©chattirer, mit hiftori|d)er unb örtlicher Äerattnih be*
gabte unb Dom ©eifte ihres Anführers ergriffene Heute", unb fo badete man fid)
berat in aller ©emüthSruhe auf ba8 Titelblatt gefegt: „©alter ©cott unb ©ontp.“
@8 ift eine alte Sache, bah jebe 2lnfi<ht ihren gelehrten SSertheibiger finbet,
aber lehrreich bürfte e8 hoch fein, gu fehen, wie hurtig man fid) bei un8 anfchicft,
jebe gtohe Äraft, jebe $)erfönli<hfeit, beren Scheitel über unferen alltäglichen @e*
fichtdfreid emporragt, fo weit wie möglich gu gerftücfen, um fie bann ohne geiftige
Snbigeftion oerbauen gu fönnen. ©it wollen Don biefem traurigen, aber wah*
ren ©chidffale ©alter ©cottd in Seutfchlanb feine SRuhanwenbungen auf bie
9tibelungen=Theorie Hacf)ntann8 machen, berat biefe unterfd)eibet fidh Don jener in
mehr al8 einer 33egiehung. SSorerft ift fie ttid^t burdh bie gang äuherliche Tl)atfa<he
ber groben gruchtbarfeit eines SidhterS, fonbern burdh tiefergehenbe Kriterien Der*
aniaht; ferner ift fie weniger graufam unb gerreiht ben Sichter nicht bei feinen
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40
Sebgcften, fonbern nacßbent er Saßrßunberte tobt unb »ergeffen ift. ©nblicß aber
ift biefelbc barum weit glücflicßer im ©rfolge, weit allgemeiner angenommen unb
länger geglaubt, weit eben ber Siebter längft nicht mehr lebt, um felbft bagegen
gu preteftiren; gwar fprießt er beutticb gu un§ auS feinem SSerfe, wir lefen bie
Berfe, jagten bie Hebungen, boeß bie ©timme be§ SicßterS hören wir nicht mehr.
Seiten 2 ße orten gemeinfam aber ift bie Bequemlicßfeit, mit ber alle weiteren 2ra=
gen nach ber ©ntftebung eines ÄunftwcrfeS abgefchnitten werben, bie Keine ©elbft*
genügfamfeit, bie fi<h einer geifttgeit ©röße gegenüber nicht einmal gurn Slnftaunen
erheben mag.
Sn ©aeßen bet ßitteratur unb $)oefie wirb eS immer fchwer fein, mit 3iffem
unb bürren SSorten h aar fdharfe Beweife 511 führen, föiit ©(ßulgefeßrfamfeit allein
Wirb man ftetS umfonft ben ©eßeimniffen nacßfpüren, welche ben Urfprung einet
wahren Sichtung umhüllen. Um in folgen fragen gu einigermaßen befriebigenben
IKefultaten gu gelangen, muß ber gange SOiertfd) anfgeboten werben; man muß fieß
felbft auf jenes ©ebiet ber ©eifteStßätigfeit gu oerfeßen traeßten, auf bem baS Sßerf
entftanben ift; man muß bagu ni<ßt nur ben ©cßarffimt beS SenfenS, fonbern aueß
etwas ©mpfinbung unb ^^antafic mitbringen. SBenn ja irgenbwo in ber SBiffen*
feßaft, fo h«t baS ©efüßl hier eine gewiffe Berechtigung, unb gwar meine ich baS
natürliche ©efühl für 9leinmenfcßli<ße8, für ©roßeS unb ©cßöneS, nießt jenen buteß
©rfaßrung unb fReflejeion erzeugten ©imt für eine gewiffe äußerliche ^Regelmäßig*
feit unb Konformität, bie einer feßöpfertfeßen .Kraft am meiften fremb gewefen
fein wirb.
3e unwegfamer baS ©ebiet ift, auf wetcßeS fieß bie litterarifeße Kritif begiebt^
befto weniger barf fie auf eine Unterftüßung non biefer ©eite oerjicßten. 9(m
feßwierigften aber ift ißre Aufgabe bort, wo eS fieß um bie ©ntfteßung beS natio*
nalen ©poS ßanbelt. Siefe fällt naturgemäß in eine ©utturepoeße, wo baS Bol!
laum bie Äinberfcßuße auSgegogen ßat unb eben erft gu einem ©efammtbewußtfein
gelangt ift; beoor fieß noeß baS 3nbioibuum auS ber nationalen ©efammtßeü gu
perfßnlicßer ©eltung, gu einer eigenen 2 Belt in feinem Snnent aufgearbeitet ßat.
Bon biefem ©cficßtSpunfte auS ift baS nationale ©poS ein fßrobuct beS ganzen
BolfeS, b. ß. ber Sicßter fteßt mit feinem ©toffe mitten in feinem Bolfe, er re*
präfentirt baSfelbe in jeber Diicßtung, burdß feine Begabung aber ragt er ßoeß auS
bemfelben empor. 3ft ißm baS große Sßerf gelungen fo nimmt eS bie Nation
liebeooll als ißr eigenes Äinb auf unb oergißt über bem Sntereffe an bemfelben
unb gum feßönften Stußme beS SicßterS feiner s Perfon, oieHeicßt aueß feines 3ßamen8.
Sie Duellenarmutß ber fräßen 3«t, in welcße bie ©ntfteßung beS ©poS fällt,
unb bie fpätlicßen feßr ungureießenben fftaeßrießten, bie wir aueß auS fpäteren f))e=
rieben über litterarifeße Singe erßalten, werben eS unS erflärlicß maeßen, baß wir
über bie äußeren Umftänbc, unter benen baS ©poS entftanben ift, gar feine guoet=
läffigen pofitioen Seugniffe befißen. 51 iS baS Bol! gur ©peculation gelangte, als
bie Sicßtung nießt bloß ©egenftanb beS unbefangenen SöoßlgefaHenS, fonbern fcßoti
bureß bie geitlicße Berräcfung unb fpraeßließe ©ntfrembung meßr ein ©egenftanb
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ber SSMhbegierbe würbe, ba war eS gu fpät. SaS 2tnbenfen unb ber Name beS
größten beutfdjen SicbterS ift ber Cfrbe entrücft, aber bennod) lebt feine grof;e ^er»
fcnltcfjfeit für jeben fort, ber mit offener Seele an fein SBetf berantritt 33iefleid)t
gelingt e8 nctf) biefem fpäten ©efd)lecf)t baS 33erfäumnih feiner Verfahren wieber
gut gu machen, tro£ jener ©elebrfamfeit, bie auf ©runb »ielgeglaubter Snbicien
bem Siebter feinen Sfutortitel abfpredben, ja if>n fetbft bei Seite f (baffen weilte.
Nacbbem bie© bei ben eorrupteren bomeriicbeit ©ebid)ten mellcicht mit gutem
©runbe gelungen War, fonnte aud) bie einheitlichere ©eftaltmtg, bie beffere lieber»
lieferung be© 9?ibelungenliebeö bie (Spifteng feines ^Dichter© nid)t mehr fd)üben. 2Sem
fein guter Nuf lieb war, wer nid)t al© Sbiot angefeben werben wellte, ber fügte
fid) feitber biefem Verbiete, bis eS £>ol<?mann gelang, ben S3ann ber auf ber wei»
teren 5forfd)ung laftete, gu löten unb biefe felbft wieber auf fidjere gäbrte gu weifen.
35?ie in alten menfd)licben Singen, fo maefjt ficb auch in wiffenfdtaftlicben
unter bem ©influffe ber »ergebenen Beittäufte ein fertwäbrenbeS Spanien geh
tenb. Stuf ©runb neuer ©eficbtSpunfte fteigt eine 9lnficf)t unter ben 33emüf)ungen
ihrer Präger empor, wäfirenb bie anbere niebergebt, unb ift aud) baS ©nbe biefer
Schwingungen nicht gleich abgufeben, fo wirb hoch mit jebem neuen ^enbeljef)lage
bie wiffenfcfjaftlid)e SBatjrfjeit geförbert. 3ft mm aud) in ber Nibelungenfrage gegen*
wartig bie 8ad)mann’fcbe Sbeorte im publicum noch immer bie h err f ( ^ cn ^ >e , fo
glauben wir hoch, bah biefelbe ben .'pöbepunft ihrer ©eltung bereits hinter fich
habe, währenb bie Nltnen ihrer ©egner rüftig fortfehreiten. SaS febweigfame Selbft*
genügen ber norbbeutfehen Sd)it(e ift nicht angetban, bie ©rfolge eines .^ol^marat
unb Pfeiffer gu hemmen, unb Sübbeutidilanb, baS bie Sprache unb ben Sichter
beS Nibelungenliebes ergeugte, fe^eint and) berufen, einen richtigeren 9J?af)ftab für
beffen SBeurtfeilung aufguftellen.
Sie »olllotnmene ©leiebheit ber SRibelungenftropfe unb ber SBeife beS oon
Nürnberg brachte guerft ^ol^man 1 auf ben ©ebanfen, baf biefer ber Nibelungen»
bichter fein fönnte. 33on manchem anberen Umftanbe geftügt lieh biefe 33ermuthung
£olfcmann leine Nuhe; boeb oerhinberte ihn feine 33orliebe für ben Schreiber beS
33ifd)of8 Pilgrim auf biefe äBahrfcbeinlicbfeit näher eingugeben, ba eS bod> gewagt
war, auch ben erften Niiitnefänger inS 10. 3ahrf>uitbert hinauf gu »erfejjen. Sie
Satirung ^olhmamtS h«t aber wenig ©tauben gefunben, unb Schreibet biefeS hat
bereits früher einmal oetfud)t, bie Unwahrfcheinliddeit biefer Sinnahme burch ge*
fdbicbtliche ©rünbe gu beleuchten. @8 ergab fich babei baS Nefultat, baf bie utfprüng»
liehe Slbfaffung be© Siebes nicht weit cot baS 3ahr 1100, aber aud) nicht »iel
fpäter gefegt werben lernte *.
©in günftigeS £>men bafür ift eS, bah Pfeiffer oon einet gang anberen Seite,
auf bem Sßege philologifcfer Sorfchung, gu berfetben Uebergeugung gelangt ift. Sa«
mit fiel aud) bie tf)ronologifche Sdjrante für bie oben angebeutete 33ermuthung
i Unterfudjungen über ba$ Nibelungenlieb <5. 76 unb 134.
1 ©ermania YL 1861. S)ie Nibelungen in ber ©efcfyidjte unb 5)i<$tung u. f. tu.
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HoltymamtS, ba ber Äümberget nicfjt gu wett cor Dietmar oon Stift, feinen SanbS*
mann, gurütfjuoerfetyen ift. Senn biefer befanntlicty um 1150 bidjtete, fo lebte jener
gerabe gur felbcn Beit, wie unter Sllibelungenbictyter, nämlicty ju Anfang beö 12. Satyr*
tyunberte. Pfeiffer tyat ben flüctytigen ©ebaitfen ^pdßmannö aufgegriffen rntb burcty
originelle Vegrünbung ju feinem geiftigen ©igenttyume gemactyt. Säfjt biefelbe öfter*
reictyifctye Heimat!) unfereS größten ©piferS unb uttfereS älteften StyrilerS bie Sben*
tität beiber Siebter nur atynen, fo tyat et bafur ben wiffenfctyaftlictyen unb, wie mir
fctyeint, überjeugenben fJiactyweiS geliefert — auSgetyenb oon ber metrifetyen §orm
beS Siebeä einerfeitS, anbererfeitS »on einem ©ruttbfatye ber mitteltyoctybeutfctyen Sit*
teraturblüttye, nacty welkem bie „Seife", b. i. bie äufjere ^orm, eben fo wie ber
fctyöne ©ebanfe, baS „Sort", ©igenttyum beS GrfinberS war unb oon feinem an*
beren Sictyter unoeränbert benütyt werben burfte ».
Scty ftnbc nictytS, waS ber VeweiSfütyrung 'PfeifferS wiberf^>räd>e, bie bei nätye*
rer Vetractytung ber wenigen Sieberftücfe, welctye mtS oon Äümberg überliefert finb,
ftetS an Satyrfctyeinlid)feit gewinnt. Sie einfache ©ctyöntyeit, bie innige Jiefe ber*
felben laffen über bie ^Begabung ityreS Si<tyter8 feinen Bweifel, anbererfeitS tyaben
fie, wie alle Slnfänge einer Styrif, entfetyieben epifetten ©tyarafter. Ser Sntyalt ber
wenigen Stroptyen, bie uns ertyalten finb, ift einfache ©rgätylung ober 3»iegefpräcb
unb wirb meift nur im lebten 33erfe burcty einen Sluöruf ober einen allgemeinen
Saty abgefetyloffen. Siefe Sfolirung ber Strophen, bie offenbar größeren Siebent
angetyören, tyat wotyl baS Äunterbunt oeranlafjt, in bem fie unS überliefert finb.
Sagegen oerleityt bie unmittelbare ©mpftitbung, welctye ficty furg unb finnig im
Sctylufjgebanlen ber Strophe Suft macht, biefer tyauptfäctylicty ityren lnrifd;en ©tya*
rafter. ©ang auf biefelbe 21 rt ertyalten aber auch im Siebe fiele ©troptyen eine
fubjectioe gärbung, unb nur gu tyäufig unterbrechen 2luSrufe, fProptyetien, fKefume'S,
allgemeine Vetnerfungen unb lofe ©ätye am Sctyluffe ber fRibelungenftroptye ben
glufj ber ©rgätylung. Ser Vorliebe beS SictyterS für biefe ectyt Iprifctyen fRutye*
punfte oerbanfen wir watyrfctyeinlid) bie (Einführung feiner ®tropfe ins ©poS, unb,
waS man aucty bagegen einwenbe, bie oollsttyümlictyen epifchen Soppeloerfe ertyalten
burcty biefe Verlängerung eines jeben eierten metyr SÖlannigfaltigfeit, metyr ©mft
unb ftellenweife ungewöhnlichen ©ctywuttg. Satyer wotyl bie ÜtagietyungSfraft, weldtye
biefe ©troptye auf jüngere Sictyter auSübte, fo baft fie bie Venütyung ityrer Vorzüge
gern burcty bie nöttyige etyarafteriftifetye Gntfteüung erfauften.
Seiber finb uns fowotyl bie EOtmnelieber als baS ©poS nur mangeltyaft über*
liefert; jene befttyen wir blof? in einer febr fpäten Hanbfdjrift, biefeS nur in ber
Ueberarbeitung. Sennocty läßt ficty mit Veactytung biefer Umftänbe faft ber gange
Sortoorratty, faft jebe ©igenttyümlictyfeit ber Sieber in ©practye unb ©ebanfen im
©poS wieberfinben. So etwas gweifelbaft erfctyeint, ift batyer eine ©rflärung mit
Hülfe beS fRibelungentepteS am meiften gerechtfertigt. Sären bie Herausgeber oon
* Pfeiffer. Ser 2)id)tcr fcts 9libelnngenliebtÄ. Sltabemifd)« Vertrag am 30. *D?ai 1862.
2Bi(n.
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„ÜRhmefangSfrityling" oon biefet 0orauSfe|5ung angegangen, fte Ratten fit^ oieHeidjt
manches Sebenfen erfpart. ©afjen fte ftcfe bod) genötigt, gut Grrflärung einer eigen»
tf)ümlid)en launigen JRebemeife, ÜR. ©. §. 8, 31:
Jon mein ich golt noch Silber — ez ist den liaten gellch.“
auf biefelbe SEBenbung im SRibelungenliebe ^injuweifen, wo eS oon SBotterd ©cfywerte
$ei§t (SR. 1826):
„einen videlbogen starken | michel nnde lanc
gellch eime scarpfen swerte | vil lieht nnde breit.“
SBerat in „2Rimtefang8früf)[ing“ (©. 229) nod) bie obligate grage aufgeworfen
wirb, ob bie Bieber ade bem Nürnberger angeboren, ba ber Stame au<$ au8 ber
Slnfü^rung in 8, 5 gefolgert fein fottne, weldje ©tröffe aber nt jebem gälte einen
SMcfyter bejeuge, fo ^eiftt ba8 wof)l bie ©fepfiS gu weit treiben. (Srfdjeint e8 bod)
nottywenbig, einen Sljeil berfelben ©tropfe mit einet ber lebten in 0ejiefyung ju
bringen. SBerat in 8, 6 bie Biebfte, oon Nürnbergs ©ange bewältigt, fagt:
„er muoz mir dia laut rümen | ald ich geniete mich sin,“
fo läf)t fid) bod) bie ©trollte rtic^t au8fd)eiben, in ber ber Sinter fdjmoöenb ent»
gegnet (SDR. ©. §. 9, 31):
„wan ich muoz einer frouwen | rümen diu laut.“
(äben fo bejiel)t fid) bann rnieber in biefer ©tropfe (9, 33):
„diu wil mich des betwingen | daz ich ir holt sl,“
auf BiebcfyenS SBorte in ber erften (7, 6):
„bite in daz er mir holt sl“ u. f. xd .
2lbgefel)en oon ben 3ufammenftellungen anberer, fdjeinen ju correfponbiren 10, 5:
„so 14 du diuiu ougen gen | an einen andern man
son weiz doch lotzel ieman | wiez under uns zwein ist getAn.“
unb 7, 15:
„sA laz ich diu liute | ... wol entstAn
daz min fröide ist der minnist | umbe alle ander man.“
^ebenfalls wäre e8 felbft für ben bewährten SDReifter ein fritifd)e8 Nunftftücf
Ijier ed)te ©tropfen be8 ORitterö oon Nürenberg oon unedlen auSjufttyeiben, unb fo
blieb feine 'ifatorfcfyaft für alle gewahrt.
©ne 3Rei^e fonfi ungewölmlid)er iäuSbrüde au8 biefen DRittneliebern l)at
Pfeiffer (a. a. D. ©. 26) im üRibeltntgettliebe nadjgetoiefen. ^ol^mamt fdjon be-
jeidjnete ba8 SBort „megetin“ (SDR. ©. §■ 10, 10), ba8 im 6po8 fo häufig ol)ne
Umlaut oorfommt, als fonft oon SRinnefängem gemieben, wenigftenS gilt bie8 oon
ben fogenannten ^öfifdjctt. ©aju nod) überhaupt ba8 Söieberfefjren oon Siebend*
arten, bie bem Biebe geläufig finb, in ben wenigen 0rud)ftü<fen be8 NümbergetS
j. 0. bie beliebte 3tntitf>efe be8 Biebed: „liebe“ unb „leit“. (SDR. ©. %. 7, 19;
9, 23.)
2)ie beiben lebten 0erfe oon Nürnbergs Biebern in 9R. ©. %. femtjeidjnen
benfelben in ifyrem unbeftimmten allgemeinen StuSbrud wenn triebt gerabeju als
Grpifer, fo boc§ als Nenner unb greunb ber als befamtt oorauSgefefcten ©age
(10, 21 ff.):
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44
„als warb ein ritter schoene | umb eine frouwen gout
als ich daran gedenke | so stet wol höhe min mnot. tt
Siefelben unb ähnliche Augbrücfe aber, wie fie ber lefjte .ipalbüerg enthält,
liebt aud) ber 9tibelungenbid>ter fe£>r. unb eg ift immerhin bemerfengwerth, baff
biefelben fte^enb finb für feine gelben überall, wo fie grauen gegenübertreten, mit
grauen in derührung femmen ober ifjrer gebenfen. @ar tjo^gemut^ jietien bie
gelben jur SSerbung um dnmhilb (,&. 5t. 388, 389), nadjbem fie bet bofjem
SRuthe bie Abführung biefeg dorfafceg begonnen (357, 358). Sei ©iegfriebg
Werbung erhöht bie ßrfebeinung Äriembiltg bem gieren gelben ben 55tutf) (285)
unb fdion l)od)gemut£) tritt biefer Bot bie fc^ü^terne draut, oon beten ©rufie ihm
bet 9Jhitf> wieberum „vil wol erhöhet“ wirb (294, 1 unb 4). dergleichen wir
hier überbieg ^ol^m. fftibel. 737, 2:
„als ich daran gedenke | wie sanfte mir daz tuot tf
unb 1535, 4:
„daz er komt zen Hiunen, | des stät mir v höhe der muot,“
fo ift nid)t unintereffant, in biefen beiben ©teilen faft ganj wörlich bie Hälften beS
obigen derfeg wieberjuftnben:
„als ich daran gedenke | so stöt wol hohe min muot.“
Nürnberg fennt nach obigem gweifelgofjne bie .pelbenfage im Allgemeinen,
aber er fennt auch unferc 5tibelungenfage ingbefonbere. 2Sen erinnerte nidit bag
Sütinnelieb:
„Ich zöch mir einen valken“ u. f. tu.
an ben befannten Staunt Äriemhilbg (12, 2):
„wie si Züge einen valken“ u. f. ».
SBie Nürnberg bieg dilb oom oerloreneit liiebften ht jWei ganzen ©trogen
augführt, fo fommt auch ber fftibelungenbicbter mit befonberer dorliebe barauf
jurücf (13 unb 18). Pfeiffer mochte beratoeb gerabe hietauf ein befonbereg @ewid)t
nicht legen, unb allcrbingg fomtten jwei Siebter bagfelbe dilb für einen @egen=
ftanb erfiraten, b. h- bagfelbe „wort". Anberg aber fteUt fidE> bie Sache bod), wenn
biefer ©ebanfe, biefeg dilb nicht neu ift, fonbent ber alten Sage angehört; unb
bem ift wirflid) f°- Auch in ber dölfnngafage träumt ©ubrutt, bah bet fchönfte
gälte in ihre $änbe geflogen fei, ber barnt aud) auf einen Äöniggfohn unb enblid)
oon ber weifen drhnljilb auf ©igurb gebeutet wirb. @g liegt alfo nahe, bah au<h
bag reigenbe dilbchen im SJlütneliebe feinen Urfprung berfelben Quelle oerbanfe,
unb bie größere Aehnlidjfeit begfelben mit bem Sraumbilbe beg (äpog nerräth io=
gar, bah eg biefelbe $anb entlehnt unb umgebilbet habe.
Sieben fo oielen anberen wäre bieg Argument für bie Sbentität ber beiben
Sichter nicht gang ungewichtig, wenn auch Pfeiffers deweigführung an fich feiner
Unterftühung mehr bebarf. 9Dt. Shawfing.
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muftfaltfdje $lutorredjt
Sitte juriftifd)=mufifalifd)e Slbßanblung ton Sr. 3otj. Desque von 'Püttlingeu,
f. f. ti'irnid'cm ,ficf= unb 3Kiuifteriatrat^e sc. sc.
(Sßien 1864, SBcrlag öon 2B. Sraumüller. 605 ©eiten ©rojjixtao.)
Sie Slufforberung, baS uorliegenbe SBerf in biefet 3eitf<hrift gu befpred)en,
feßt mid) in mehrfacher Schiebung in 33crtegeuheit. Eß ift gewiß eine feltette Er*
Meinung, ein juriftifc^eö SBerf mit Stoten, b. h- mit mufitali[cf)en Stuten
burcßiptcft gu ftnben. Um nun einer füllen „ j u r i ft i f d) = nt u i i f a l i f d) e n" 3l0^attb=
lung geregt gu »erben, müßte man eben, gleich bem geehrten SSerfaffer berfelben,
Surift unb SJiufifer fein. Scf) aber bin Iciber nur Jurift unb uermag baber an
bie Schrift nur ben juriftifdtjen Süaßftab angulcgett, begüglich beS mufifalifiben
S^eileg berfelben aber nur gu fagen, baß er für mich fetjr intereffant war. Sßenn
id> nun fagen würbe, baß id) »um juriftifcßen Stanbpunlte in bcr Sd;rift nid)t
viel neues gefunben habe unb baf? icb *n berfelben btirt unb wieber bie Scharfe
unb Eonfequeng beb juriftifctjen ©ebantenb oermiffe, fo würbe bicfeö Urtl>eil offne
3weifel ein einfeitigeb fein unb ber Sperr SSerfaffer fid; um fo entfcßiebener bagegen
»erwahren fönnen, alb er in ber SSorrebe (©. Y) ja felbft ausbrücflich erflärt, baß
et ein ,,^)attbbud}" liefern Wollte, „auS bem fid) ber SRufifer wie ber Surift
IRathb erholen f ernte", unb baf) baßer auch bie juriftifcßen ^artieen barin mit
befonberer !Kücffid)t auf bab SSebürfniß ber SOtufifer gearbeitet unb in Sotgc bcffen
„ausführlicher gerätsen finb". Samit ift nun allen rein juriftitd;en 33ebenfen oon
»ornberein bie Spiße abgebrochen; bcnn ein Sßerf, beffen juriftifd;er 2heil für
SOtufifer unb beffen mufifalifcber 2beil für Juriften gefcbrieben ift, nimmt jebettfaUb
eine gang eigentümliche ©tellung in ber Sitteratur ein. spiegu fommt noch, baf?
ber iperr 33erfaffer in ben juriftifchen partieen feiner Sd;rift, fowobl wab bie
©runbanfchauung »om Slutcrred)tc, alb wab bie Slnorbnung beb ©toffeb unb bie
Slusfübrung ber eingelnen ^Rechtsfragen betrifft, eben mir bie Ehre erweibt, fich
größtenteils ben SluSfüh.rungen meiner Schrift über bab Slutorrecht („Sie gegen*
wärtige öfterreichifche Preßgefeßgebung", Sßien 1857, bei 9!)iang) angufcßließen, unb
baß ich baher oon oontherein hinfid)tlid) ber Äritif biefer partieen einigermaßen
befangen bin. Sie paar Sijferengpunfte, welche in bcnfelben gwifeben bem ipertn
SBerfaffer unb mir gu Sage treten, fönnten mir nun allerbingb gum ©egenftanb
einer fritifchen Erörterung bienen, allein hoch nicht für bie „2Bod>enfchrift", ba eb
juriftifd)e Setailfragen finb, unb bie „S'3cd;enfd;rift" Sefer »or Slugen haben muß,
bie nicht nur nicht immer SDtufifer unb Suriften gugleich, fonbent gewiß mitunter fogar
webet üJtufifer noch Suriften finb. Somit bürfte eb gerechtfertigt fein, wenn ich
mich hi® mif eine furge Inhaltsangabe ber »orliegenben Schrift bcfchränfe unb nur
ßie unb ba einige Slnbeutungen gut {Rechtfertigung beb bereits ©efagten entflechte.
Sie Einleitung (S. 1 bis 12) giebt einen furgen Slbriß ber gerichtlichen
Entwicflung unb ber juriftifchen Statur beb SlutorrechteS im Slllgemeinen unb führt
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bann bie Seriellen S3eftimmungen beg öfterreidjifcfien SRedjteg über bag ntufifalif<$e
9lutorted)t an.
55er erfte SCBfdjnttt (©. 13 big 45) ^anbelt com Objecte beS mufifalifdjen
2lutorred)teg unb erflärt als iold)e8 bie SOJetobie int engeren Sinne nad) bet 2)eft=
nition 33iict)erä (©. 14), wäljrenb bie SOtelobie im weiteren Sinne, wohin inäbe=
fonbere aud) bie „unenblicfye fötelobie" ober ber „f'anmetobiömuS" ber neueften
Cpemfdjule gehöre, nid)t ©egenftanb eineg ausid)lief;[id)cn Slutorrecbteg fein tönne.
(©• 16.) ©egen bie „Bufunftgmufif" polentifirt ber .'perr SSerfaffer überhaupt wie»
beredt mit Sdjärfe unb, wie it§ nt<f)t im geringften bejweiffe, aud) mit fRed)t.
Sltlein fie gerabeju für red)tlog ju erflären, fc^eint mir bemt bod) etwag tjart;
wenigfteng glaube id), bafj ber einfache ötadjbrudf ober ötadjftid) einer folgen pan=
ntelobifcf)en ©ompefition immerhin aud) unter bag ötadfibrucfgoerbot fallen würbe-
2)er .*perr 33erfaffet illuftrirt hierauf bag SBefen »on mufifa(ifd)en fReminigcenjen
unb Plagiaten burd) 33eiffnele, ofine übrigeng ju einem juriftifd) präciferen SReful=
täte über ifjre Buläffigfeit ju gelangen, alg feilte 33orgänger; unb er f>ebt fd)lie^=
lity fieroor, bafj bag 6fterreid)ifd)e ©efefc nid)t „bag unbefdjränfte ©igent^um ber 9Re=
lobie" ftatuire, wie man eg in granfrei cf) jur ©eltung bringe, offne fid) beftimmt
ju entfd)eiben, wag eben bag (Richtige unb juriftifd 3«läffige fei >. Seiterg fü^rt
ber 33erfaffer aug, bafj eg „bejüglicf) ber Harmonie, ber Uebergänge unb 2lccorben=
folgen, ber Sonfiguten, ber Snftrumentation, beg JR^tfimug, ber gorm, beg ©tilg"
fein 2lutorrec$t gebe (©. 27 big 36) unb illuftrirt aud) bieg mit mefrfaefen ntuft*
falifdjen 33eifpielen. ©ß ift bieg wofl eben fo unbejweifett, alg bafj j. S. ein
fötaler auf irgenb eine befonbere garbenmifefung, ober ein 2)id)ter auf ein be-
ftimmteg 33ergmaf) fein Ülutorredjt fyaben fßnne. 3Benn bamit bie etwaigen „jurifti*
fdfen Siebenten" ber ©ompofiteure jerftreut werben follen (@. 31), fo ift eg bie
grage, ob jene, bie fd)on einmal mit juriftifdjen 33ebenfen compottiten, fo oiel 33e=
rücffidjtigung oerbienen. 3n ber ©rörterung über bag Ülutorredjt „auf ben Slejrt ju
mufifalifdjen ©ompofitionen" (©. 36 big 42) werben einige neue gragen aufge«
worfen (j. 33. bejüglid) ber Programme ju Drcfefterftücfen, bejüglid) ber SMet*
librettog), mit beten Söfung man im 3lllgemeinett einoerftattben fein fann. hingegen
fc^etnt mir bie 33efdjränfung ber ©omjjofitiongfreifeit bejüglid) fcfyon in fötufif ge=
fester Sieberterte burd) einen augbrücflitfyen 33erbef)alt beg 3?erlegerg ober fDidjterg
(©. 41) nad) bem ©tanbe ber ©efejjgebung fowof)l, alg nad) ber Statur ber ©ad)e
niefit ju redjtfertigen; uub wenn ber £err SSerfaffer (©. 45, 102) gar oon einem
Slutorredjte beg ÜRufiferg „auf ben ju feinem mufifaltfdjen Sßerfe gehörigen Stejrt
* ©et Serfaffer fagt: „®ie elftere ©octrin ift aOetbing« für bot materiellen Sinken be«
JonfünftlerS oortl)ej[f>after, bie jweite ift »te[leid)t in mehreren gaden nortfeeilbafter für bie ©on*
funft jelbft*. Diadi meiner ÜReinung fann nun bae billige Sibroagen biefer gegenübnftebenben
Sntereffen bie ©efe^gebung allerbingS beftimmen, bie aueidiliejjlitben ©efugniffe bee Somponiften
in Änietiung feines äBerfeS weiter ober enger 311 begreifen; in feinem g»Be aber fann ei beretä¬
tigen, biefelben aU Sonfequenjen beS jurifüf^ unbenfbaren „(Sigent^umS ber SDielobie' ^in*
jufteQen.
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innerhalb gewiffer @<hranfen" fpri d)t, fo ift bieß nur entweber alß eilte juriftifch
gang ungenaue Mßbrucfßweife ober alß ein ©lifwerftänbnifi aitjujeben.
©et gweite Mjdmitt (©. 45 biß 77) i)anbelt com ©ubiecte beß mufifalifchen
Mtorrechteß, bera Gomponiften unb benen, bic ihm gefe|lid) gleic^ju^alten finb,
bann beffen ©echtßnachfolgem unter Scherben unb auf ben Sobeßfall. SBir wollen
hier nur einige fünfte f)enocrt)cben. ©ie Slnwenbung, bie ber $err ©etfaffer (©. 47)
Don ber ©eftintmmtg unfereß ©efetjeß, baf ber ©efteHer eineß äöerfeß bent Urheber
gleichgehalten »erbe, auf mufifalifcbe SBcrfe mad)t, bürfte faum richtig fein. Gr
meint, bafj f>ier bie bei jener ©leichftellung im ©eie^e Doraußgefejjte „Mßfühntng
nach einem gegebenen fpiane" wegfalle, ba fid) eine fold)e ©orgeicfntung beß 3n=
halteß einer ntufifalifcfjen Gompefition nicht wobt benfen laffe, ba§ alfo fcfon bie
©eftellung beß Sonftücfeß ber ©attung ober ber äußern Sorm nach genügen muffe,
g. ©. einer ©onate, eineß ©treicfjquartettß k. unb baf) eß bann nur nod? barauf
anfomme, ob bet ©efteller wirflid) baß Mtorredjt erwerben wollte — in welchem $ 5 a U
er alß Urheber gu betrauten fei — ober nicht. Allein eine fold)c ©eftellung, bie fid)
oon ber eineß SRocfeß ober 9)iöbelß nid)t wefentließ untcrfdieiben würbe, fann nad)
unferem ©efejje fo wie ber ÜRatur ber Sache nad), baß 2lutorred)t für ben 33e=
fteller nid)t originär begrünben, fonbem hbcfftenß bemfelben übertragen 1 ; unb wenn
eine anbere ärt ber ©eftellung bei mufifalifd)eu SSerfen nid)t benfbar ift, fo folgt
barauß nur, baf) eben bie Mtorfchaft burd) ©eftellung bei ihnen überhaupt feine
Mwenbung finbet. — 3n ber Grörterung beß ©ertrageß über bie ©eftattung ber
öffentlichen Mffüf>rung (©. 59 biß 68) finb manche ben Üonwerfen eigentümliche
©erhältniffe mit ©aebfenntnif) ^eroorge^oben unb berücffid)tigt; bei manchen ©e*
merfungen mufs man fid) jebod) wunbern, bafs ber ,£)err ©erfaffer ficb gu benfelben
oeranlafjt fanb, ba fie tljeilß aufet allem Bweifel fteben, tfjeilß mit bem Mtor«
rechte nid)tß gu fdjaffen haben. ©ang originell finb bie Mßführuitgen über baß
Autorrecht „begüglid) fierrenloß geworbener 'Jonwerfe 1 ' (©. 68 biß 70). Men
Gmfteß behauptet ber £etr ©erfaffer, baf) auf ein oom Gomponiften felbft berelin«
quirteß Sonftüd bie ©eftimmung unfereß bürgerlichen @efeftbud)eß, bafj tom Gigen«
thümer oerlaffene Sachen fid) jebermann aneignen bürfe, feine Mwenbung ftnbe, fo
fange er lebt, aHerbingß aber nach feinem Sobe; unb bafj auf ein Derlorneß ntufi=
falif^eß SJianufcript mit ©egug auf baß Autorrecht baran bie ©eftimmungen beß
bürgerlichen SRed)teß über baß ^ntben oerlorener Sachen anguwenben feien. Sollte
ber £etr ©erfaffer hiemit »irflich bem reblic^en Sinber einer oerlorenen SDielobie
auch ben gefe^Iicfjert gmberlof)n mit 10 pGt. beß gemeinen SSertheß berfelben, bann
nach Ablauf gewiffer Beitfnften baß ©enüfcungßrecht baran unb enblicf) baß Gigett=
thum, b. i. baß Mtorrecht, felbft guerfernten wollen? 3d) glaube faum, unb fef>e in
biefet Mßführung nur bie Gonfequengett einer ©erwechßlung beß SSJianufcriptß mit
1 3d) fann baper auch nid)t beiftimmen, wenn bev $ert '-Berfaffet (©. 74) in bem gatte,
aU ein Üonmerf auf Sßefebl bet ^Regierung erfdjien unb bet Sonfeßer ju biefet (Sompofition burdj
fein S>ienftoerbältni§ »erpfUcptet mar (}. SB. SDtärf^e oom älrmeecapettmetfier), baß Slutoriedjt bem
Staate att Seftettet jnfpriept.
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bem Sonwetfe felbft unb bet unzuläffigen Anwenbung beS ©ah= unb ©igentbumS*
begriffeg auf leftereS. @3 ttüft auh nichts, wenn ber Berfaffer in ber Bote fagt,
ba§ er bie Sorte „Sahen" unb „©tgentbümer" ^ier in ber weiteren Bebeutung
unfereS bürgerlichen ©efefbuheS neunte; benn ba bie Begriffe „.iperrenlofigfeit"
unb „Sueignung", „Verlieren" unb „ffinbcn", famrat ben gefegtic^en Beftimmun*
gen barübet, eben nur auf Sahen unb ©igenthum im engeren Sinne, b. i. auf
forderliche ©ad;en anwenbbar finb, fo bewegt er fid) eben bcfhalb in einem Siber*
fpruhe. ©a ber .fperr Berfaffer bie ©heorie beS geiftigcn ©igenthumeS felbft »er*
wirft, fo ift biefer SRüdfaH in biefelbe wofl nur ben SRufifem zulieb erfolgt, ob*
fdjon aud) für fie fein rechter Stufen baoon abjufe^en ift.
©er britte Abfhnitt (©. 77 bis 81) befanbelt bie ©auer, ber oierte (©. 81
bis 110) bie Berief ung beS mufifalifchen Autorrechtes. Senn ber Berfaffer fyvc
(@. 83) baS Abfhteiben zu ben unerlaubten BeroielfältigungSmitteln rechnet, fo
fteht bieS im Siberfpruhe mit feinen unmittelbar »orl>ergehenben Sorten, wonach
bie unerlaubte Beroielfältigung auf mechanifchem Sege erfolgen muh, wie fich auch
unfer ©efef auSiprid)t. — ©ie ©örterung über bie Berlefung beS mufifalifchen
Autorrechtes bur<h unbefugte Bearbeitung (©. 86 bis 98) enthält niete intereffante
nutfifalifche Bemerfungen unb Beispiele, neigt fid) aber iit ihren juriftifhen Beful*
taten fe^r ftarf jum „©genthume ber SRelobie".
©er fünfte Abfhnitt (©. 110 bis 123) erörtert bie ^Rechtsfolgen ber Ber*
lefmtg beS mufifalifchen Autorrechtes. Am ©chluffe beSfelben fpridjt fich ber £err
Berfaffer gegen bie ftrafre<ht(i<he Berfolgung ber Berufungen beS Autorrechtes
überhaupt auS unb wünfcht, bie ©efefgebung möge wenigftenS bie Beftimmungen
beS ©trafgefefeS nur gegen bie uorfäflihen, auS ©ewinnfuht herrorgehenben Ber*
lefmtgen beS Autorrechtes rid;ten. ©em lefteren Sunfche bürfte beijuftimmen fein,
faunt aber ber gänzlichen Berwcrfung beS ©traffdjufeS.
©er feiste unb lefte Abfchnitt (©. 123 bis 146) hat ben internationalen
©huf beS mufifalifchen Autorrechtes jum ©egenftanb. ©er £ert Berfaffer, oon
welchem bereits im Safte 1860 ein $anbbucf beS internationalen ^rinatrechteS
erfchien, hat biefen Abfchnitt mit befonberer Sorgfalt befanbelt, unb in bemfelben
inßbefonbere eine »ollftänbige tteberficft ber auSlänbifcfen ©efefgebung über biefen
©egenftanb nah Bömberg gegeben. ^Rancfe ©etailfragen, namentlih betreffs ber
internationalen ftrafrehtlihcn Behanblung beS BacfbrucfeS (©. 127 bis 129),
wären zwar auh h’ er «oh ©egenftanb ber ©iScuffion; aUein fie eignen fih, wie
bereits bemerft, niht zur ©örterung an biefem Drte.
©in Anfang enblih (©. 149 bis 189) enthält ben Sejrt ber öfterreihifhe«
©efefe, bann ber öfterreihifhe« ©taatSoerträge mit ben italienifhen Staaten unb
enblih ber beutfhen BunbeSbefhlüffe über ben ©huf beS Autorrechtes, ©in forg*
fältigeS alphabetii'heS ©aefregifter fhliefjt baS ©anze. ©er Umfhlag befagt, bafj
baS Serf mit Unterftüfung burh bie f. Afabemie bet Siffenfhaften erfhienen ift.
Senn ih nun auh bem ©efagten zufolge 00 m juriftifhen ©tanbpunfte an
bem oorliegenben Serfe mandjeS auSzufefen finbe, fo lünbert bieS nid;t, bafj eS
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bem 3toetfe bcS £>erm SSerfafferä, Juriften unb Wufifern über bie einfcplägigen j
33er^ältmffe 33eleprung gu bieten, immerhin entfprecpen unb non beiben feilen j
mit 9iu$en unb 3ntereffe getefen werben mag. 2)r. ip. ^parum. !
i
, i
SB* 9?o|d)er$ Ocficrrct^e üflotionalofonouril unter
fatfer öeopofo I.
8. ^ilbebranbö 3nptbüd>er für fltationalßfonomie unb ©tatiftif (2. Jahrgang
in 12 heften, 1. 8anb, 1. .ipeft, Jena 1864) bringen unter biefer Ueberfcprift beu
erften £pei( einer befonbetb für unb intereffanten Abbanblung SB. SR öftrer b. SBit
»erfuepen im 5Ra<pfe(genben bie leitenben ©runbgebanfen berfefben peraubgupeben.
Dem tiefen ©inten aller Kultur, welcpeb beu brei^igjäfjrigen Ärieg niept nur
begleitet, fonbern ftpott »orbereitet patte, war ein neuer friftper Auffcpwung gefolgt.
33eftanb in ber erften Hälfte beb 17. Japrpunbertb in Seutfcplanb ein ftproffer
Unterfdpieb gwifepen^ juriftifcp gelehrter unb geiftlicp populärer fltationalüfonomif, fo
fängt in bet gweiten Hälfte biefeb Saprpunbertb bie SBoLEbwirttjicfjaftöte^re an, felbft*
ftänbiger unb fpftematifeber gu werben, ©tatt 8ücpern unb Autoritäten wenben
ft<p bie fltationalcfonomen bem Heben gu, inbbefonbere bem beb pcllänbifcpen
8olfeb unb beb frangöfifepen ©taateb. 8crglei<pt man biefe beutfcf>e Hitteratur im
Sanken mit ber gleiipgeitigen ber fremben SSölfer, fo ftept fie ber englifepen opne
3weifcl naep. 3« Gnglanb, wo fief) bie SRattonalöfonomif in fcf>cnfter parallele
gut fftaturwiffenfepaft entwicfelte, patte fie bie unmittelbare 8orftufe ber golbenen
Beit brittifeper Sßationalefonomif erreicht. Aucp bie £ollänber ftepen an colfbwirtp«
fepaftlicper Ginfiept über ben /poepbeutfehen ihrer Beit. SSon ben Stalienern bagegen
läfft fiel) in biefer Beit eine folepe Ueberlegenbeit feinebwegb mepr behaupten. SBab
eigentlicp bie frangöfifcpe fftationalötonomif betrifft, fo patte biefe im 17. 3apr=
punbert »or bet beutfepen gwei grefje 8ortpeile noraub, bie politifepe ©eftalt beb
Hanbeb unb bie oorgerürfte Gntwicflung ber ©pradje.
Gb ftnb nun brei £>auptri<ptungen, wonadp fiep wäprettb bet gweiten Hälfte
beb 17. Saprpunbertb bie beften beutfepen SRationalöfonomen gruppiren laffen.
3uerft eine rein wiffenfepaftliepe, faft gang bem fRorben non IDeutfeplanb angepörig;
in biefer ©rappe ragen alb tppifepe ©egenfäpe f error, ©amuel ^ufenborff ber
©nftematifer unb Ipermann Gonring ber Wann piftorifeper ^orfepung. Gine gweite
©rappe, non IRofcper alb praftifep conferaatio begegnet, mit iprem ipauptfifc in
9JiitteU2)eutfep[anb, wirb am beften »ertreten burep 23eit Hubwig ». ©edenborff.
Gine britte ©rappe enbliep, bie praftifep=progreffit>e, fepliefjt fid) aufb engfie an
Defterreiep an.
Heopolb J. übernahm fein Grbteiep in tieffter Grfepopfung unb laum mit ber
^älfte bet ungatifepen Hänber; eb fepien alb würbe Defterreiep feinen alten Ginftup
in ©eutfeplanb »oQfommen oerlieren. Hubwigb XIV. SBeltperrfepaft war btopenb
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militärifch unb finangiell war ber frangcftfdjc Staat unter Eolbert bie erfte 9Racht
Europa’g. SBefChe Uebcrlegenheit bag Si&cle de Louis XIV. an Äunft, ^oefie,
SBiffenfchaft rot aßen bamaligen 23 elfem mit 3tecf)t in Slnfprud) nahm, wie fe^t
eg nid)t blofj burep ^öftfdjen ©fang, fonbern aud> butd) gweCfmähige Einrichtung
beg gangen Staatgbienfteg alter Sßett unb inSbefonbere ©eutfcplanb imponirte unb
a(g 5Jiufter galt, ift befannt genug. Unter folcpen Umftänben Wat ber tiefe perfön*
licfye $a|, ben geopelb I. gegen granfreid) im bergen trug, atlerbingg einet »on
ben IRettungganfem für beutfcfjeö SSefen, um nicht »on ber §Iut beg grangofen*
tfyutng fortgefthwemmt gu werben. — 3ur Sbarafteriftif »on Seopolbg 38irthf<haftg»
politif werben einige 3üge mitgetfjeilt; fo würbe im Japre 1689 eine alphabetifd)
georbnete Sajre für alle möglichen SSaaren unb Arbeiten erlaffen, bie im „Codex
Austriacus“ nicht weniger atS 68 goliofeiten füllt; bie Errichtung »on SRajoraten
würbe fehr begünftigt; bag 23ejthaupt würbe 1679 gwat aufgehoben, bie 3el)mt*
pflitptigfeit jebod) felbft auf 33rac^äcfer auggebehnt unb anbefohlen, bah 3weifel
bei allen behängten Unterthanen auf bem Sanbe für IRobotpflicht präfumirt werben
foKte; eine «Bienge ber gröbften 3unftmthbräuche würben 1689 abgeftellt, ohne
jebod> an eine fpftematifthe .'pebung ber Snbuftrie im Sinne beg «Dtercantiligmug
gu gehen. Obwohl fdjon 1665 ein Sßerbot ber SDiüttgaugfuhr erlaffen unb 1659 bic
Einfuhr ber gujrugwaaren unterlagt würbe, fo fam eg bo<h gu feinem confequenten
©renggollfpfiem, fchon wegen ber großen Selbftftänbigfeit ber öfterrei<hifd)en $)ro=
»ingen. ©agegen würbe eine «Dienge eingelner Privilegia privativa ber fdjdblidjften
5Ratur an Unternehmer erteilt. — 3n allen 9Jtonard)ieen beg 17. Jahrhunbertg ift
eg fRegel, bie SSolfgwirthf^aftgpolitif gunärfjft immer aug ftnangiellem ©eficptgpunfte
gu betrauten. 9Rit ben ©runbeigenthümlidjfeiten beg öfterreideichen Staateg,
namentlich feinet wunberbaren ethnographif<hm 3ufammenfehung hing eg gufammm,
bah bie ftinangen bie fcpwacbe Seite begfelben waren. Eg gab unter Seopolb
gwangig »erfchiebene ungufammenhängenbe Staatgcaffen; 25.000 Äammerbeamtc follen
jährlich minbefteng 5 SRiHioiten SRthtr. gefoftet hoben, ©ie Sanbftänbe mihbraud)ten
ihr Steuerrecht meifteng bagu, ihre Äatafter, mirfliCpen Einnahmen u. f. w. bet
Regierung aufg forgfältigftc gu »erheimlichen. ©ie Äoften für bag $eerwefen
führten fte ben Struppen gewöhnlich unmittelbar gu, bal;er bie ewig flagenbe Eorre*
fponbeng ber ^elbherren.
@o war bie 3eit, in welche bie Söirffamfeit Johann Joachim Sech erg fiel;
er war geboren um 1625 als ber Sohn eineg gelehrten proteftantifchen ©eiftliCpen
gu Speper. Seine Entwicflung war eine autobibaftifebe, er bilbete (ich but<h grohe
«Reifen in ©eutfchlanb, 3talien, Schweben unb £ollanb unb fam »om Stubium
ber SRathemati! auf bie 9Re«hanif, bann auf bie praftifepe Beobachtung unb 23er»
befferung »ieler $anbwerfe, ftpliehlicp gum Stubium ihreg Slbfafceg, wa§ ihn bann
überhaupt gu cameraliftifChen unb juriftifepen Arbeiten führte; er würbe ©octor ber
sjftebicin unb ^rofeffor berietben in ÜJIantg, trat bann gur römifchen ÄirCpe über,
feit 1666 erhielt et in SBien eine SlnfteUung als fRatp im neu errichteten Eommerg»
Collegium. Bon 5ßien aug fe^en wir ihn bemüht, halb Den 2lbfa$ öfterreichifcher
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^robucte, gurnal SBein, in £offanb 3 U forbem, Ba(b frentbe SnbufWejweige herüber
ju fiebcln, halb Slnleiben für bm Äaifet in .hoflanb 3 U oermitteln; auf furje 3 «t
erfreute er ftd> ber befonberen ©uitft boö .spoffammcrpräfibenten Grafen ©inbettborff,
ber t>on ben alrf)i>mtftifd>cn Äenntniffen Seeberg ^ripatportt;eile Reffen mochte. Sin«
gefeinbet oon ©eiten ber Äaufleute unb ©eiftlicben, unb wegen rücfftänbiger 33e*
felbung tief oerfchulbet, flüchtete er fich 1678 nach .(pollaitb unb non ba nach
Gngfattb, wo er, geiftig ermübet unb verbittert, 1685 ftarb.
35on Sehers! gablreicfen (Schriften fütb bic wid)ttgften bie naturwiffenfebaft*
lieben unb cameraliftifchett. Stuf bem ©ebiete ber (Stjemie bat er Gpo<be gemalt,
©ein cameraüftifches .hauptwerf ift ber „politifcbe Sigcurg oon ben eigentlichen
Uriacben beS Stuf= unb Slbnebmeng ber ©täbte, Sauber unb Sicpublifen, in specie,
wie ein Sanb 33olfreicb unb Siabrbatt 31 t machen unb in ehte rechte Societatem
civilem gu bringen". (1. Stuft 1668. 6. Stuft. 1759.) ©a 33e<ber oon $auie auS
9taturforf<ber War, fo tragen auch feine Schriften bas ©epräge einer eigentümlichen
grifche unb Sebbaftigfeit unb unterfdjeiben fid) oon beiten feiner gelehrten Vorgänger
burch ben SDiangel an Gitateu. ©ein volfyU>irtbfcf)afttid)o§ ©pftem ift eben fo burd;=
fichtig wie confequeitt; wie er beit begriff einer Stabt befinirt atg „eine oolefreiebe
nahrhafte ©enteilte", fo (äf;t fich ber gatijc Jnbalt feincö 23liehe» auf biefe brei
fünfte juritcf^uführeit. Jn ber ©etneinbe fclbft uuterfcheibet SBecfjer jtoei Glaffen
oon SKitgtiebern: fo!d;e, bie nur -Diener ber ©emeittbe finb unb oon ihr erhalten
werben muffen, wie 3 . 23. bie Dbrigfeit, bie ©eiftlicben, ©olbaten u. f. w., ferner
fofehe, „welche bie societatem civilem csscntialiter couftituiren". Siefe le^tereu
gerfatlen wieber itt 23auertt, .panbwerfer uitb Äaufleitte. Jebor ©taub hat gu feiner
Grhaltuttg ben Slbiah nöthig. Sie Ucbericbäjuutg ber Serfchröfeite jeber wirthfcf?aft*=
lieben Dhätigfcit macht 33ec^erS Sßcrf einem ©pftem ber heute fegenannten ^)an=
bel^wiffenfbaft ähnlich- Jener 23erwed)S(ung oon ©elb unb Sleichtbum, welche man
gewöhnlich bem 9)tcrcantilft)ftemc gttfehreibt, hat fteß 33ed;er nicht fchulbig gemacht.
Gr befämpft bie Slugartungen beö 35erfefjreö, beim „baS SJionopoltttm oerhinbert
bie fPopulofität, baS ‘'Polppolium oerhinbert bie Slabrung, bag $)ropolium 3 ertremtt
bie ©emeinfebaft"; er fudht biefen Slitörottcbfen bitrdi großartige ftaatlicbe Sieglemen*
tirung bcS gattgett 33 erfet>roö vorgubengett; bod> barf man ihn einen epofabfolutiften
burebauä nic^t neitttett, basu ift er oiel 31 t fehv 00 m bollänbifcben ©eifte angeweht.
Gr ftellt bic .'öanbeläfreiheit atö Siegel auf, h®ß eine SDlenge oon 3BirtI>fc^aftö=
einridhtungen, bic aug bem SJiittelalter ftammen, wie 3 . 35. bie Bünftc, für un=
brauchbar, oerwirft SKeffen, Sahrmärfte unb ©tapelredhte, wiH ben Unterf<bieb ber
wirthfchaftlichcn 23entfc fd;arf alö ©tanbegunterfd;iebe fefthalten, ben innem 33erfehr
burch obrigfeitüdje 2ajreit regeln. Gr ift für Segttnftigung ber Ginfuht oon Stob*
probucten unb bet Slugfubr oon gabricaten; bet ©roßbanbel ioU burch prioilegirte
Stctiengefenf^aften betrieben werben. Slm beflen nimmt übrigeng ber ©taat in
geige feineg „Gommercienregalg" alle oon SJecfjer empfohlenen Denbe^en unmittel*
bar in feine £anb, burch rine großartige Serbmbung folgenber oier Slnflalten:
eineä ^rooianthaufeg, eineg SBerfhaufeg, eineg Äaufhaufeg unb einer 33anf; oon
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ben einzelnen ©tücfen biefeS glattes t)at Setzet feines original erfunben, bocf) ^at
er baä gweifache Drigtnaloerbienft: einmal ift eS ifim gelungen, bie oereingelten
©ebanfen ber ^taftifer gum ©i)[teme gu oereinigen unb auS ben tiefften ©runb»
lagen feinet oolfSwirthfchaftlicben ©nficf)t Ijerguleiten, fobann aber, waS noch
mistiger, fie oon ihrer regaliftiid)en Färbung gu reinigen. (Sr hat überall bei
feinen 33orfd)lägen nicht fowohl ben SiäcuS cor Singen, foitbern baS SBolfSwohl.
3ut Leitung ber 33olfSwirthf<haft toünfdit Sedjer ein eigenes (Sommergcoßegium,
baS nidjt blofj ben £anbel gu f<hü$en, fonbern auch bie „Slorianfc" beS 33auem=
unb £anbwerfSftanbeS gu förbern f>at. ©er Schluff biefcr trefflichen Slb^anblung
fRofc^erS bürfte fid) hauftfächlich mit bem geben unb Söitfen fp. 2B. Sodann
#ornec!8 befdjäftigen. £ %. S.
$rof. föotitonstyä ^ßeitfragen :c."
Sefprochen oon $rof. 0 . ffluntreidfer.
(Söien 1864, bei Äarl ©erolfcit ©o^tt.)
0 $>rof. Sftofitangft) £>at in ben „3eitfragen, betreffenb bie Unioerfität mit
befonberer 9iücffid)t auf SRebicin" (Kollegen aufgeforbert, fid) über bie barin be=
ff rodelten unb anbere ihnen mistig fd>einenbe ^Angelegenheiten gu äußern, um ben
®ert)anblungen in gelieren Greifen ein oon mehreren ©eiten beleuchtetes fDiaterial
gu bieten. ©ieS oeranlafft >})ref. ©r. 0 . ©untrerer in einer Keinen 23rofd>üre fein
SBotum barüber abgngeben, unb gwar gegen Siofitansfp trag beffen Anfidjtctt über
gehr= unb Sernfrei^eit anbetangt, für SiofitanSff in SJegng auf bie äußere (Stellung
ber 9)tofefforen im Staate unb in ber ©efcHfdjaft.
(Sr miß unter 2ef)rfreif)eit nid)t blofj bie Freiheit beS gehrerS oerfte^en, bie
■Borträge über baS ihm anoertraute gad) nadj SSRethobe unb SluSbehttung feinet
Uebergeugung gemäfj einjurid^ten, er wiß gugleicf) freie (Soncurreng; bie wiffen*
fd)aftli^e 2.f)ätigfeit foß wie jebe anbere burd) ben SBirfungSfreiS mehrerer Äräfte
gu regerem geben angefacf)t werben unb bie gefjrfreifjeit biefen Äräften ben SBett»
ftreit ermöglichen. $>rof. 0 . ©umreicher ift baher ber Meinung, bafj eS nur ber glücf*
ticken SBahl tüchtiger gehrer mit gleiten Siechten unb Pflichten bebürfe, bie, auf
bet $öhe bet Sßiffenfchaft ftehenb, mit giebe ihrem Berufe leben, um ihre $örfäle
gu füllen; eineS inbirecten ßwangeS burch Befteflung eines eingigen (SraminatorS
bei ben Sügotofen bebürfe eS nicht.
3um Belege beffen erinnert er an bie 3eit, in welcher mancher £örfal eines
eingigen ^)rofefforS in einem ©egenftanbe ungeachtet beS gefenS ber Kataloge unb
ber SahreSfrüfungen leerer war, als fefct bie eingelnen ^jörfäle ber beiben f))tofef=
foten beSfetben gadjeS, unb weist fobann auf bie rechts* unb flaat8wiffenf<haftli<he
gacultät unferet Unioerfität hin, wo Borlefungen über baSfelbe Sach oon gwei bis
brei ^rofeffoten gehalten werben, bie bann fämmtlich auch fPtüfungScommiffäre
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finb. 5>a ferner ber SSerfaffer ber „Seitfragen" felbft gugiebt, baff „ein toefentli^er
S^etl ber Lehrfreiheit im Sccententhume liege", fo barf and) ba§ ©ebenen biefeö
3nftitute§ in feiner 3Beife »erfümmert, fein SBirfen triebt gehemmt werben, unb
jWar am wenigften in jenen Lehrfächern, in welken burcf) bie -Jtothwenbigfeit be§
Lehrmaterials bie Cencurreng immer nur eine febr befdjränfte bleiben fann.
(Sine feljr gtücflicbe SSahl bei ber einfachen Sefejjung ?ämmtlid)er Lehrfangeln
in allen 3»etgcn beß SSiffenS fönnte man als baS 3bcat, weites in ber SBirflieb«
feit nicht gu erzielen fein wirb, unb als bie Sebingung annehnten, bie mehrfache
33efefcung entbeljrlitf) gu machen.
Sie Erfahrung leiert aber, baf} in ber Dormärjlidjen Seit in ben Sachern ber
juribifchen unb pbilofopfufcf)en §acultät, in welken einzelne tüchtige Äräfte wirften,
bie ©tubirenben in ber 9?icf)hing beS eingelnen Prof eff orS gefcbult würben. 55er
Vorwurf ber Cinfeitigfeit in ber Vilbung ber Plefergahl ber ©tubirenben war
nicht ungerechtfertigt, unb man wirb faum leugnen foraten, bafj nur bie fleinere
Sa^l berfelben ber irrigen Slnfcfjauungen eines allein^errfdfjenben ProfefforS mit
blenbenbem Vortrage, unb nur mit SOtu^e fi<h wieber entlebigen, bafj burch baS
©nfd^ulen in einer beftimmten ^Richtung baS felbftftänbige Senfen, bie freie ©nt»
wicflung be§ ©eifteS nicft geforbert werbe.
Sn Lehrfächern jebod), in welken 3 um Lernen ein Lehrmaterial benötigt wirb,
welches ber ©tubirenbe fefjen feil, in Sachern, in welchen baS Lernen ohne 3ln*
fchauung unmöglich ift, fann bie Saht ber Profefforen für ein Sach nur nach ©inem
Principe fcftgeftellt werben — nach bem Vcbürfniffe, welches burd) bie 3ahl ber
©tubirenben, bie Dualität beS LehrobjectcS unb beS gegebenen Lehrmaterials be=
bingt wirb. 55ic Äoften, welche burd) mehrfache Vefefcung biefer Lehrftühle erwach*
fen, bürfen, wenn baS notljwenbige Vebürfnifj nachgewiejen ift, nicht in betracht
fonnnen. 55er ßfterreichifdhe ©taat wirb biefelben noch erfZwingen föraten. 55ie
Sumuthung, jebem 55ocenten, ber fi<h in einem Sache habilitirt, bie Snftitute
unb ©ammlungen gut Verfügung gu ftellen, Wäre alletbingS nicht nur eine
ungerechte, fonbent ber IRuin jeber Sammlung. 3»ecfwibrig aber „ift bie bis«
herige Venüfcung oieler ©ammlungen, bie Staatseigentum finb
unb bie, wie man unfere Vibliothefen »er furjer 3eit noch Vüdjergräber nannte,
Ptaufoteen naturwiffenfchaftlicher ©(^ä^e genannt gu werben »er«
bienen, ba einzelne nur bem Vorftanbc, Ptäcenaten unb Steniben
3 ugänglidh finb".
55en Unfidjtcn fRofitanSfp'e über afabentit’che Vebörben unb ©tubienorbnung
pflichtet Prof. 55untreicher bei. (jr »erficht eine» weiteren inSbeionbere beffen Ur«
theil über bie ©ehaltfrage ber prerefforen an öfterreichifchen Unioerfitäten, auS«
gehenb »eit bem üluöiprudu' SiofitauSfu’S: 55ie für bie Ü s 3iffenfd>aft, ihre Verooll»
femmnung unb Verbreitung »erwenbeten Staats«, LanbeS« unb ©ommunalmittel
werben auf wuchernbe Sinfen gelegt. Sie V>abrbeit beS ©af;eS wirb fein Ptenfch
non ©eifteebilbung »erleugnen, unb wie flein ift baS Capital, baS man in Defter«
reich auf biefe Sinfen legt? Sie ©ehalte ber ÜRämter, welche bie SBiffenf^aft för«
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bem unb oerbreiten foUen, teilen ait ben flehten Unioerfitäten eben f)in, um ben
eingelnen SDiann mit wenigen 33ebürfniffen gu ernähren. 28cbe ifmt, wenn er fttf>
ein Familienleben grmtbeit wollte! Unb wa8 bie Sebrftül)le an riner [tar! befugten
£o<hfd;ule wie bie f)iefige anlangt, fo finb biefe gwar ba8 erfefjute Siel aller tüd)=
tigen Scanner ber 3Siffenfd)aft in £>efterreid), aber bie bamit oerbunbenen ©eljalte
finb bei 33erücffichtigmtg ber foftfpieligen 8ebeit8ocrhältniffe eben fo farg gugemeffen,
mit 9lu8naf)me weniger ?ef)rj"tüf)lc, an welche man $)rofefforen aufjaöfterreichifcher
beutf^er Unioerfitäten berufen fiat; ja, man oerminberte bie ©efialte für bie neu gu
berufeitben 9)rofefforcn im .^inblicfe auf ba8 ©nfommen, weldjeS burd) (Sinfü^rung
ber (SoHegiettgelber oermehrt würbe, unb burcf) biefe in 33erbinbung mit ben @e=
galten unb ^rnfungStayen, lamt ber ^rofeffor ber SBiener Unioerfität, wenn er
über fein anbereS (Sinfommen oerfügt, faum fo anftänbig leben, wie ein ^rofeffor,
ber nicht gu ben ^eroorragenben gegärt wirb, an einer Keinen aufjeröfterreid)ifd)ett
beutfdjen Unioerfität.
SBir glauben auf bie SDieinungSäufjerung fo gearteter Fachmänner unb Se^rer
aufmerffant machen gu müffen, nac^bem bie f)od) genug fdjwebenbe Umoerfitäten=
frage einmal in Anregung gefommen ift. 2lugcfid)t§ be8 erhöhten SntereffeS, bem
biefe Frage beim ^eranna^cn bc8 fünfhunbertjährigen SubiläumS ber Söiener £)od)=
f<hule begegnen bürfte, liefce fid> nod; manche alte aber baufällige Partie, mancher
buntle Söinfel beS ehrwürbigen ©ebäubeS beleuchten. @8 wäre gang an ber Beit,
bie öffentliche SOieinuitg, oieUeidjt and) an mafjgebenbeit Stellen, über bcn Bwftanb
beSfelben unb über bie Stothwenbigteit einer balbigcn Dieftaurirung aufguflären.
©o g. 33. wirb jeber, ber bem UnioevfitätSleben nid)t allgu nahe fteht, glau*
ben, bie Unioerfität fei eine 33ereinigung oon ßehrenben unb Sentenben, in ber,
wenn auch *od)t bie lejjteren, bod; wenigftenS bie erfteren etwa8 gu fagen, gu cnt=
fcheiben unb biefelbe gu oertreten hätten. ©in britteö (Slement, welches weber etwas
lehrt noch lernt, wirb gwar jebermann als überflüffig erflehten unb bo<h macht fid)
ein folcheS intra muros et extra fc’hr fühlbar. Sticht ntinber willig wäre bie
Frage wegen Drganifirung eines UniocrfitätöfenatcS, bie Uuterfud;ung über ben
33egriff unb ba§ SBefen einer fatholifd;en Unioerfität u. f. w. 2)a wäre benn, wie
jebermann fie^t, bc3 Stoffes genug für ein CDujjenb oon 33rofchüren, bie ben 0tuf
nach Reform an ^>aupt unb ©fiebern erheben wollen.
<§efd)idjte Defterreidjs.
33on 0x. fDatujji.
(SSBieit 1863, bei 9U0. 91. SGBenebift, bicS jejjt 16 Riefte.)
E. T. 2Bit befinben un8 gegenüber einem 3Berfe, wie ba8 oorliegenbe, in
einiger 33erlegenheit. 3Bir wiffeit ebenfowohl bie 33ebeutung ber Aufgabe gu wür=
bigen, Welcher fief) ber ©efchichtSfdjreiber „für ba8 33oll" gu untergiehen h a t «18
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wir bie ©dpwierigfeiten einet glücflidpen Söfung biefcr Aufgabe flat erlernten. 3 n 8 *
befonbere gehört bie ‘Äufgab e, eine öfterreicpiföhe ©efcpicpte für baS Soll 3 U fd^reiben,
benot bie monograppifcpe Sorfdpung über bie einjelnen ^»artieen berfelben aucp nur
einigermaßen in 3ufamm enpang, gefcpweige beim jum Slbfcpluß gebraut ift, Biel*
leicht an fiep ju ben Un megücfjfeiten, ein fo aitögefprocpeneS Sebürfniß bafür nor*
liegen mag. ©icpet pätte eben bie Stücfficpt auf bieS Sebürfniß unb jene ©cpwie*
rigfeiten bei einer nur einigermaßen erträglichen Seiftung jebcr ^)ärte unfereS Ur=
tpeilS Bon Bornperein bie ©piße abbrechen müffen.
Sir befdpränften unS bähet in ber ©pat nut einfach au f ben ©tanbpunft beS
gegenwärtig Grreicpbaren als wir £>errn fPa^i’S Serf einet Prüfung unter 3 ogen.
Seiber gewann bie ©ache beS SlutorS nichts baburch- ©aß et, um bieS gleich ge*
tabe 3 U 3 U bemerfen, in jenen fParßeeu ber öfterreidhifdhen ©efdpicpte, weldhe nicht
eben in jüngfter Beit eine eingepenbe Unterfucpung gefunben paben, bie Srrtpümer
älterer ©arfteßungen mit beneibenSwerther Burerficht wieberholt, wollen wir ihm
fo pocp nicht anrccpnen, baß ißm aber bie gansc neuere Sitteratur Bottftänbig un*
befannt ift, baß er fie — einfach weil er oon ihrer Gjriftens nichts ahnt — nicht
einmal ba bettüßen fonnte, wo eS eben fo bequem gewefen wäre, ein gutes als
ein f<hlechte 8 Such auS 3 ufchreiben, baS geht übet baS 9Jiaß beS Erlaubten weit
hinaus. Sitterarifdpe Segelagerei famt man fich gefallen taffen, wenn fie wenigftenS
mit ©efdpidf betrieben wirb, — ein ungefcpicfter ^lüitbeter macht einen etbärrn*
lidpen Ginbrudf.
©a§ Ungefcpidf £erm fPatujji’S in biefer Sejiepung ift alletbingS ein ^tobuct
feiner tlnwiffenheit. GS ift nidht 3 U oiel gcfagt, wenn man behauptet, bet leßte
öfterreicpifcpe ©pmnafialfcßület gehe in ber ©efcpicpte fcmttnißreicher unb im SlHge*
meinen befähigter an fein Stbiturientenejramen, als £err ^aü^i an baS Unter*
nehmen, eine öfterrei<hif<he ©efcpicpte 3 U fettreiben, gegangen ift. 9iur eht 3 elne ©tiep*
proben, bie wir Borgenommen haben — wir gefielen, nicht burep alle £efte ge*
fommen 3 U fein — mögen bieS beweifen. GS fönnen Seichtfettigfeiten unb ©dpreib*
fehlet fein, wenn etwa ©rient mit ©riet Berroecpfelt (©. 26), wetm SRatfgraf Slbal*
bert beharrlich Sllbrecpt genannt wirb u. bgl.; wenn aber ei^elne fünfte bet öfter*
rei<hifchen ©efcpicpte, welche eine bänbereidpe Sitteratur herBotgerufen haben, Bon
£errn ?)atu 33 i in einer Seife behanbelt werben, als ob biefe Sitteratur gar nicht
ejriftirte, fo barf bagegen fieper energifcher ^roteft eingelegt werben, ©aß .Sperr $)a*
tu 33 < bie unechte Urfunbe Bon 1081 (5)teiüer SReg. ©. 207) für echt hält, baß er
baS ©rünbungSjapr ber Dftmarf (Bergt. ©.23 unb 26) ober baS 3apr ber S3e*
lepttung £einricpS II. mit Saient nicht weiß, mag als etwas Berhättuißmäßig gleich*
gültiges gelten, unb etwa auf eine Sittie mit bet Angabe geftellt Werben, baß man
Born Äaplenberg auS nadh Söpmen fieht (@. 46). ©ie Stage ber Gcptpeit ber
öfterreidpifepen Steipeitsbriefe aber, follte man meinen, fönnte bodh jemanb nicht
Böllig unbefamtt fein, bet aucp nur auf baS fblaß bet gewöhnlidhften I)iftorifd)en
Silbung SSnfprucp erhebt, £erm ^»atu^ji ift eS gelungen, auch hier baS Unglaub*
licpe 3 U Berwirflicpen. Gr palt niept nur ben SteipeitSbrief §einricpS IV. Born
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4. Dctober 1058, fonbern auch baS Fridericianum majus oon 1156 für e$t
(©. 30 unb 60), unb überboten wirb biefe alle begriffe überfteigenbe Unwiffeft»
$eit oietleicht nur babutd), bah £err ^atuggi, offenbar um ehteS geregten 3tuS=
gleiches willen, bafür baS ec^te 9JUnu8 oon 1156 nidjt lennt, ober wenigftettS nicht
erwähnt.
• Sßtr tonnten ^ter biefe groben, bie fiep letd)t inS Unenblidje oermehren liefen»
billig abfdfdiefjen, Ratten wir nid)t nod) £errn $)atuggi wenigftenS auf eines ber
©ebiete, bte er in ben ÄreiS feiner ©arfteüung gegogen, gu folgen. .£>ert $)atuggi
be^anbelt nätnlid) nicht nur bie politifche ©efd)id)te, fonbern er ift auch, natürlich
in feiner SSßeife, ©ultur* unb Sitteraturhiftoriter. 38aS er in lefjterer Segiepung
alles gefünbigt, ift gerabegu unbefdjreiblid). SBenn er $ertn SSaltper oon ber SBogeU
tteibe, „einen ber geiftreicpften Sieberbicpter beß SDtittelalterS", fd)led)tweg gu einem
«Steirer macf)t, fo mag baS l^inge^en, obwohl ber SeweiS ergöfclich genug ift (oergl.
«S. 116), in bem $affu8 über -fjetttrich oon Dfterbingen, „eine ^eroorragenb mach*
tige ©rfcpeinung", übertrifft er aber offenbar fid) felbft. @r weif) nicht mit haar»
fdjarf baS ©eburtSlanb biefeö SDicfjterß, beffen ©rifteng mehr als gweifelhaft ift, unb
baS ©ebnrtSjahr beSfeiben angugeben, er femtt ihn auch als ben 33erfaffer beS
SftibelungenliebeS, bet Älage, beS Siterolf unb Sautin (©. 117) §rang fPfeif«
fet mag nur feine Unterfudmngen ruhig fallen laffen.
©ollen wir nod) oon ber 2)arftellung fprecpen, auf Welche bei einem popu*
lären SBerfe fo entfc^eibcnbeß ©ewicpt gu legen ift? ©ie fteht auf ber $öhe her
hiflorifchen Äenntniffe beS £ettn $)atuggi.' §ür bie trioiale 3lbgefd)m«cttf)eit feiner
allgemeinen Semerfungen unb bie gänglid)e Unfätngfeit, einen ©toff gu behenden,
ber ihm, als et an feine Arbeit ging, minbeftenS eben fo fremb war, als bem
wenigft unterrichteten feiner lief er, liefen fich auf jeher ©eite SelegfteHen anführen.
$erm ^atuggi, !ann bei bem ©treben, „fich un h baS Sott auf ben ©tanbpunft
richtiger 9lnf<hauung gu erhellen" (ber ©afc mag als ©tilprobe gelten), eine ©nt»
bedung wie bie, bah eine 8 ute Gruppe, wenn fie fdjlec^t geführt wirb, unterliegen
tarnt (©. 34), erftamtlich wichtig oorfommen, — feine ©ntbecfungen finb eben
fämmtlid) oon biefer 3lrt — wir gweifeln aber, baff er bamit ben Stnforberungen
entfprodhen h«t, hie man an eine populäre Sarftollung ber bfterreichif^en ©ef^idhte
gu fteUen berechtigt ift.
SlUeS in allem genommen h fl hen wir eS mit einem oollenbeten hiftorifchen
©ubelwerfe gu thun, wenn jemals eines gefchrieben worben ift, einet Suchhänbler*
fpeculation fo ttieberet Äategorie, bah wir nicpt einmal bie SluSftattung beS SSerfeS
loben mögen. SSemt eS wahr ift, waS ber Serfaffer an einer ©teile in fo wmtber»
bar tieffinniger SSeife fagt, bah »*oo ber gute SBiHe henf^t", gewirft werbe, „fei
eS nun im ©Uten ober Söfen; im 33Öfen aber leichter unb mehr", benn leiber
„treibt bie Schfucpt ber 95tenf<hen unb ihr fpang SoSheit gu üben, nur gu oft
nach hiefer (Richtung", fo muh ber gute Sßillc beS £errn ^atuggi unb ber SBene«
bift’fchen SerlagShanblung in gang erftaunlicper Sßeife gum Söfen geneigt fein.
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JDa8 »orltegenbe SBerl toentgftenß £at für ben £attg 93c§^eit ju üben rollig auß*
rctd^cnbc Beweife gegeben.
S. JDte SBichtigfeit ber »on ben ^mnbelß» unb ©ewerbefamment erftattcten Berichte
tfi lartgft allgemein anerfannt worben unb biefelben bienen aud; in ßefterret, feit fie
girr Beroffentlichung gelangen, alß wertvolle Quellen für bie ?anbeßhmbe. Cbwehl nun
bie biß jefct ge^rudten «£>anbelßfammerbevid;te in ihrer Slbfaffung nach bem eben »erliegen*
ben SJtaterial, beffen ©ruppirung unb ben perfönlicben Slnfdamtngen ber Bearbeiter weit
außetnanber laufen — ein Uebclftanb, meid er ihre Braudbarfeit fc wefentlich beeinträchtiget,
baß btefer ©cgenftanb »on ber f. f. ftatiftifcben Ceittralcemmiffion in Singriff genommen
unb burcf) ©ntwerfung allgemein gültiger Formulare für bie 3 ufunft beseitigt würbe —
jo laffen fie ftch hoch in gtrei Äategerieen gufammenf affen; fei de, weide alß wivflide Be¬
arbeitungen gelten tonnen, bie gewerblid;en unb inbuftrielleit Berfcmmniffe biß 3 U il;ren
©runburfacfien »erfolgen unb barauf begrünbet bie Sßünfd'c beß Äammerbegivfeß fcrntuliren,
unb folde, welche ftrf> mit ber Eingabe unb ©ruppirung beß ftatiftifcben 9 Jiaterialeß be¬
gnügen. 3 ur legieren Äategorie gehört ber eben anß iity getretene „Slußjug auß bem
ftatiftifcben Berichte ber $ an beiß* unb ©ewerbefammerDber-Defterreicbß
für baß 3&b r 1862", 8 ing 1863. Senn auch beß SNaijennementß enttleibet, welcbeß
ber an baß ^anbelßminifterium geleitete ^auptberidt enthält unb nui eine Oieibenfolge,
tabellarifcher Olachweifungen, geigt fich baß Buch bod? alß eine vortrefflich rebigirte, reiche
gunbgrube für bie Äenntniß beß fanbeß ob ber ©nnß unb giebt »on bem erfreulichen
Sluffchwunge 3cugniß, Weiden $)robuction, Snbuftrie unb Berfebr bafelbft feit einer Oieibe
»on jabren genommen haben. So läßt fich ^ em »orangcftellten Surnmar über fämmtliche
gewerbliche Befchäftigungen (gabrifen, Landungen, ©ewerbe unb freie Befd;äftigungen)
entnehmen, baß il;re ©efammtgabl mit @nbe 1862 feit 1855 um ein »»ließ 3e^ntl?eil,
»on 37.571 auf 43.264 geftiegen ift. 2)en ftärtftcn Sluffd'Wung haben bie Gomtnercial*
gewerbe (©aftwirthe mit 796, Schufter mit 447, Sägemüller mit 394, Sifdler mit
369, Ärämer mit 342, ©entifdtwaarenbänbler mit 248, gragner mit 201, ^faibler
mit 134 u. f. f.) genommen, unb fo ift faft bei jebem ©ewerbe eine 3unal)nte 3 U be-
merfen unb 81 Befd;äftigungen, barunter 12 gabrifen, finb in größerer ober geringerer
3iffer feit 1855 neu in bie 8 ifte £>ber*£>efterreidß getreten,, barunter bie gefegnete Äunft
ber 5>^otograpr>en guerft im 3al;re 1860 mit 6 , bermal mit 9 Snbioibuen. Olur auf
bie Baumwolle »erarbeiteten ©ewerbe t;at bie fdwebenbe Ärife auch bort eingewirft, bte
3ahl ber Seber ift um 636, jene ber Baumwellwaarenhänbler auf bie Hälfte l;erab*
gegangen unb auch eine Spimtf abvif unb eine Sebewaatenfabrif finb in Slbfatt gefommen.
6 ntfyre<henb biefem Sluffdwunge, h&t ftch bie 3al;l ber Wahlberechtigten feit 1853 auß
bem £anbelßftanbe »on 707 auf 1397 unb bie ©efammtgahl »on 3562 auf 3923
gehoben.
Begügltch ber Slngabeu, welche ber Slbf^nitt „©runb unb Boben" enthält, erregt eß
Befreiten, baß bie bafelbft angegebenen glächenmaße »on jenen, weide in ben jüngft
»ereffentlichten officiellen Üafeln beß Streß 1859 enthalten ftnb, mehrfach bcdjt erheblich
bifferiren. So beträgt ber ©efammtaeferboben nach bem Berichte 722.104, nad) ben
Safeln 736.174 Soch, Siefen unb ©ärten nach öfterem 371.917, nach bem lefcteren
361.919 Sech, nur bte 3iffet beß Seibelanbeß (ohne Sll^n) unb ber Salbungen (ohne
Sluen) ftimmt, unb bte gefammte probuctive Bobenfläd;e würbe nad bem Berichte um
4075 3och weniger, mit (Sinrednung ber Sluen uitb Sllpen aber um 45.232 3och mehr
betragen alß bie in ben tafeln angegebene Slrea. 60 fel;lt unß im Slugenblicfe an Be¬
helfen, gu entfeheiben, welche biefer Slngaben bie richtige fei. 2 )och feilten folche 2 )ifferen$en
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in Quellenwerfen forgfältig nermieben werben, benn nichts btöcrcbitfrt biefelben tm äuge
beS barauS ©d;opfenbctt mehr, als beriet Slbwefungcn in ^artieen, über weiße ft<h bie
SBaljrfyeit burch bereitliegenbe Schelfe, ^ier bie Äataftralmappcn, unfehwer feftftellen lägt.
$cchft lobenswert!; mufc bagegen in bem Beriete bie betaillirte 9lufnal;me jener änftalten
ernannt werben, welche, ebne in ben engeren ÄreiS ber £anbel$fammertf;ätigfeit 3 U ge*
t)ßren, boih febr erwünfd;teS, fonft !aum uellftänbig aufjutreibenbeS Material jur SanbeS*
funbe bieten, wie ber Vereine, UnterricptSanftalten, ber Äranfenanftalten unb Spitäler,
UntcrftüfcungS* unb Seicbenbereine k. k. ©S ift bieS bie Partie, für welche Sr. Sßurjba^
in feiner Bibliographie bie Bcjeidmung „flehte ©tatiftif" erfunben, unb beren SBertl; in
fo noUftänbiger Beijanblung, wie bicfelbe im oberofterrcid)if en Berichte burthgeffrt ift,
erft Sener ju fäfcen weig, welcher fruchtlos nach ben efemeren, 3 umeift fpurloS ber*
fwinbenben ©in^elnberic^ten fofer änftalten gefugt T;at.
.S. Bon ©teinS ,,.£)anbbu<h ber ®eograpl;ie unb ©tatiftif für bie
gebilbeten ©tänbe", bermalen in ber ftebenten Auflage herausgegeben, ft foeben eine
neue Lieferung beS bierten BanbcS bie treffe berlaffen. Serfelbe enthält Seutflanb, be*
arbeitet bon Sr. £. Br a che 11 i, $)rof. ber ©tatiftif am Wiener ^olptecbnicum, unb
ba$ jüngfte £eft bringt ^iebon bie Sarfteüung ber weft* unb norbbeutfen SUtittel* unb
Äleinftaaten, Baben, beibe Reffen, £olftein unb Sauenburg, Sujremburg, bie fätffen,
£er 3 ogtbümer, 33raunf weig, Stagau, SJiecflcnburg unb Dlbenburg. ©ing biefem als
Stachflage* unb DrientirungSwerfe allgemein anerfannten Bud;e fon überbauet ein guter
Stuf borauS, fo wirb biefer burch bie borliegenbe Bearbeitung neuerbingS unb in erholtem
Sftafje betätiget, inbem ber als ©tatiftifer renommirte Berfaifer burch feine Berbinbungen
in ber Sage war, über ben BerwaltungSorganiSntuS, bie gewerblichen 3uftänbe unb focialen
Berl;ältniffe ber beutfen Staaten biele nicht beroffentlichte Qriginalmittheilungen ber Be*
borben unb änftalten 3 U benüfcen unb bal;er über biefelben wefentlid) SieueS 3 U bringen.
©S ift baher baS Such in einer Beit, wo biefe ©taaten eben ben Blicf beS ©tammeS*
genoffen wie beS ©ebilbeten überhaupt wieber mehr auf ff gieren, eine wiüfommene,
auf bem neueften ©tanbpunft ber SBiffenfcbaft ftel;enbe ®abe 3 U nennen, ©owohl bet
allgemeine Übeil jebeS barin bebanbelten SanbeS bringt nach ^ er reichhaltigen Bibliografie
eine fel;r eingehenbe ©chilberung ber ©runbmad;t, ber phpfifchcn unb geiftigen ©ultur,
ber Berfaffung unb Berwaltung, als bie Ücpograpbie eine febr oollftänbige ©chilberung
ber ßertlffeiten, wobei bis 3 ur namentlichen äufjählung ber fleinften, 200 unb weniger
Bewohner 3 äl;lenben Orte r^erabgegangen wirb unb alles BemerfenSwertbe berfelben in
gerichtlicher unb t?olfßwirtl;fcf)aftlid>er ^inftebt ©twähnuttg ftnbet.
* äfiteft ?(. ©ffenwein ift gegenwärtig mit einer größeren ärbeit über bie
ehemalige ÄonigSftabt Ärafau befäftigt, burch bie nft bieg ein Stoff bel;anbelt
wirb, ber feitljer in ber ard;äologifd;en Sitteratur 3 iemli<h oernadjläffigt würbe, fonbembie
auch baburch, bag SJJonumente jeber 9lrt bel;anbelt finb, ein oollfomtnen abgerunbeteS
©tabtbilb aus bem SJJittelalter unb fo intereffante Bergleiche einer alten mit einer tno*
bemen ©tabt giebt. SaS Buch wirb nicht bieg eine Sarftellung ber Äir^en unb profan*
gebäube geben, eS wirb bie öffentliche Baupolizei, bie oerfiebenen auf einanber folgenben
Bauorbnungen, bie ffiafferleitungen unb Brunnen, bie ©pitäler, ben Bau ber ©tragen
unb Brücfen unb bie Berpflichtung ber Bürger 3 U benfclben in Betracht 3 iel;en; bie
aJlauem mit ihren Sinnen, $h Dten ' ®^bem, baS ©(feg in feiner felbftftänbigen Be*
feftigung, bie Bertheibigung ber SSRauem burch bie ba 3 u organiftrten ©orporatiotten ber
Bürger werben abgehanbelt werben, 9ln ben SDtonumenten felbft wirb nicht blog bie
fünftlerifche, fonbem auch bie conftructioe ©eite, fo wie bie Baumaterialien inä Wuge
gefaßt. Sie gefammte Äunft* unb ^anbwerfstbätigfeit auf allen ©ebieten unb ber ©in*
fluft beS nationalen ©lementeS, ber inSbefonbere beS SDüfcboerbältniffeS wegen »on 3ntercffe
ift, inbem beutfehe unb polnifcpe ©lentente ftd> hier begegnen, wirb betrautet
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Sie Arbeit ift bie grucbt langer Stubien, bie ©ffenwein gelegentlich eine« Aufent*
halte« in Tralau im Sommer be« oerflcffcnen Safere« 311 m Abfcbluß gebracht bat. ßine
berartige Arbeit !ann nur au« ber geber eine« fo Di elf eiligen <Sct>viftfleUcTö l;errcrgeben f
ber $u gleicher 3eit Zünftler unb Stecbnifer ift, ber eben baburch im Staube ift, ©eficht«*
fünfte herein 3 U 3 ieben, bie anbeven nicht auffallen. Sur ein Siann, beffen praftifcbe Jbdtig«
feit il;n neben fünftlerifchen Arbeiten auch bie SSebeutung unb S5?id>tigfoit Derfcbiebener
technifcber, ber Äunft fcbeinbar gati 3 ferne liegeitber Arbeiten erlernten laßt, bie unfere
Slrcfcitefteu gerne in ba« Sngenieurfad; oerweifen, ift in ber ?age, eine fo nach jeber
Sichtung I;in abgerunbete Arbeit unb barum ein fo ocllftänbige« 33ilb 311 bieten.
D. (5}om beutfchen 23üchennarf t e.) Dbfcbon feit bem lefcten bibliographifchen
Berichte biefer Slätter mehrere Soeben oerfloffen finb, liegt un« hoch heute ein oerhält*
nißmäßig nur geringe« Material Dor. Sie Unmaffe Don &inberfd;riften unb geftgefepenfen,
mit benen alljährlich in ben 2£eil;nad;ten oerbergebenben 38od;en ber beutfebe iMtcper*
marft überfchwemmt wirb, oerbrüngten anbere, fernerer wiegenbe Bonitäten faft gan^lid?.
2Bir wünfeben, baff eine berufene geber ficb einmal bie 9Jiül;e nicht Derbrießen ließe,
bie in ber Siegel fich jeber firitif ent 3 iel;enben Sugenbfd;riften einer ftrengen SSufterung
3 U unterwerfen; benn wie auf feinem anberen oerfünbigt ftd; auf biefem ©ebiete buch*
bänblerifche Speculation unb ©ewiffenlcfigfeit an bem guten ©efebmaef ber beraitwachfen*
ben ©eneration. 3 ©ir fürchten, baß eine ftreuge Äritif 311 einem nid;t riel troftlicperen
Sefultate gelangen würbe, al« eine 3>erfannnlung beutfeber ?ebrer Der einigen Salden in
Weimar, bie auf il;r Programm auch eine SBefprecpung ber Sugenbf durften geftellt pat
unb fcpließlid; bie Sefclutien faßte: M e« feien alle Äinberfd;riften 3 U Derwerfen, mit
nähme be« Gampe’fcpen Sebinfen, unb aud; biefer fei nur 3 U billigen unter bei* SBebin*
gung, baß er gä^licp umgearbeitet werbe".
3 unäcpft paben wir eine Anjal;! biograp^ifd)4)tftcrifd;cr ®erfe 3 U regiftriren. i'en
ber feit längerer Seit angefünbigten „Siegrappie Äarl Sitter«", Den feinem Schwager
Sirector ©. granefe in Spalte, liegt jejjt bie erfte Hälfte in einem jierlidpcn, 400 Seiten
ftarfen 3)anbe Der. 3um großen Spcilc au« ber fepr umfangreid;en pinterlaffcnen ßorre*
fponbcn 3 Sitter« beffepenb, berichtet er über Sitter« Sugenb 3 eit, feine ßqiebung im be*
rühmten Sa^mann’fcpen Snftitut 3 U Sd;nepfentpal, fein afabemifebe« Men in £>alle,
feinen Aufenthalt in granffurt unb ©bttingen, burd/ Seifen nach ber Schwer unb Sta*
lien unterbrcd;en, unb gept bi« Sitter« Berufung nach Berlin. Sie jweitc £alftc, bereu
balbige« ©rfepeinen Derfprocpeit wirb, bürfte für bie geegrapbifepe SBiffenfcbaft Don größerem
Sntereffe werben. — Amelb Suge hat ben beiben elften 53änbcn feiner aitfprecpenb ge*
fchriebenen unb mit oielent 33eifalle aufgenommenen Selbftbiograppic jeßt einen britten
S3anb, bie Sapre 1824 bi« 1833 — ©efängniß, greipeit unb SeDoluticn, £)alle unb
Stalien — enthaltenb, nacbfolgen laffen. Sa« 6 rfd;einen 3 weier weiterer SJanbe wirb in
Au«ftcpt geftellt.
SSon Sntereffe für bie ©efepiepte ©rieipenlanb« unb ber europäifd;cn Siplomatie in
ben erften Sap^epnten unfere« Saprbunbert« ift bie „Siograppie be« ©rafen Schämt
ßapobiftria, Don Sr. Ä. Stenbetäfepmöarthelbp". Ser 3>erfaffer, ber fein SBcrf feinem
?eprer ©erDtnu« wibmet, pat ein reiche« panbfcpriftlicpe« Siaterial auf ben 2?ibliotl;efen
3 U Alpen, SJlüncpen unb 2Bien benüfct unb Deröffentlicpt in einem Anhang bie fran 3 Ö*
ftfepen unb ttalienifc^en ^Originale einer An 3 al)l 33riefe unb Sepefchen ßapobiftrivt«. —
6 in weiterer Beitrag 3 m biplomatifcpen ©efd;id)te ber Sahte 1806 bi« 1813 unb
fpeeielt 3 ur ©efcpichte be« fächfifcpen ^pofe« unb $)olitif eijchien in ben „Mömoires du
comte de Senfft“. ©raf Senfft war oon .1806 bi« 1809 fächfifeper ©efanbter in
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SBien, bann 1813 SJtinifter in 2)re«ben unb trat fpäter in bcn oftcrrci^if^en Staat«*
bienft. Stach feinem im Safyre 1853 erfolgten Jcbe bat jefct ein ungenannter greunb
be« Verdorbenen biefe Memoiren erfreuten laffen. — $ie erfte beutfd?e Viographie
$)rin 3 £einrid;« bon Portugal, be« Seefahrer«, ermatten mir bon ©. be Veer („$)rin 3
Heinrich ber Seefahrer unb feine Seit; SJtit harten unb planen.") 2)a« erfte drittel
be« Suche« enthalt al« ©inleitung eine ©efchichte be« portugieftfd;en £anbel« unb Seemefen«.
©« bleibt un« noch übrig 3 meier fpecietl efterreic^ifd?er Stebitciten 3 U gebenfen. Von
2)r. ©oracucpi in Irieft crfct>ien: „2)ie Slbria unb ihre Äüften, mit Verachtungen über
Srieft al« Vabeort, nebft einer ©rörterung über ba« Seemaffer unb beffen I;eilbringenbe SBir*
fung". 2 )ie „Defterreictjifc^e 9iebue" I;at febon für ba« eben begonnene Salm bcn erften Vanb
i^re« 3 meiten 3al;rgange« crfd;einen laffen. 3(u« ber biefem Vanbe beigegebenen Ueberficfyt be«
erften 3al;rgange« unb bem biel Sntereffante« berfprechcnben 3nl;alte ber erften Vanbe be«
neuen Sabrgange« gebt beutlid; beroor, ba§ bie Stebaetion mit ©rfolg bemüht mar, alten 9tn-
forberungeu an ein fo großartig angelegte« Unternehmen 3 U genügen. 38ir münfd)en, baß bie
„Defterreichifche 9iebue" immer mehr bon ber Üheilnahme be« publicum« unterftüfet
merbe, bie fie nad} il;rer Vebeutung für ba« geiftige Seben Öefterreich« berbient.
4 3n einem Sluffafc über „beutfehe Sitteratur im 3lu«lanbe" ftetlen bie „VI. f. I. U."
bie hauptfächlichften Ueberfefcungen unb ^Bearbeitungen beutfeper SSerfe in frembc Sprayen
au« bem Beitraume etma eine« 3al)rcö 3 ufammen. $a ftnb subörberft bie al« fel;r trefflich
gerühmte Ueberfefcung ber fammtli^cn SBerfc Schiller« bon 31. Signier unb bie Ueber*
fefcung ber fdmmtlichen SBerfe ©oethe’« bon ^orchat. 6 . Vionnarb bemerfte in einer
burch bie „£eibelberger Safrbücher" beröffentlid;ten Dtecenfion über bie ^orchat’fche 9 >rofa*
überfefeung ©oethe«, eine mörtliche ober gleid;mirfenbe Stacbahmung fei oft eine reine
Unmöglichfeit; für biete« fehle ber fran^öfrfchen Sprache ber 3lu«brucf unb ber Sthpthmuß;
oft liege bie SJiacht eine« Verfe« in einem einigen 28ort, in einem Älang, für melchen
in ber fran 3 Öfifchen Sprad;e fein 9tadd)all töne. 2)ennod) fei e« ^orchat 3 um $h e ii
gelungen, in feiner $)rcfa fogar bie ©oethe’fchen 9Bort« unb Älangfpiele anflingen 3 U
laffen. 2)ie Uebcrfefeung ift ba« SBerf bon fünf Sahnen, ein SÖerf ber ?icbe unb Ve*
geifterung; beigegeben ftnb ihr eine äufjerft an 3 iel;cnb getriebene SK 33 C ber lebten
Seben«}al;re ©oethe'« unb alpl)abetifd;e Stegifter, bie man überhaupt bei SSerfen biefer
3lrt in ©nglanb unb granfreiep nicht leicht fehlen laj;t.
3Q5ir erinnern ferner an bie „Ouvrages scientifiques de Goethe“ bon
®. gaibre, an ba« in ber Vorbereitung begriffene äBerf: „Goethe, ses m^moires et
sa vie“, bon &enri Stichelet, an bie in 3 mei Vdnben erfepienene fran 3 Öfifche Ueberfefcung
ber Sean $)auffd;en „Verfaule ber Slefthetif" bon 31. Vüchner unb Se'on 2)umont
(Po6tique ou mtroduction k Festhötique), an bie italienifche Ueberfefcung be« erften
Sfcheil« be« „gauft" bon Slnfelmo ©uerrieri, bie bon italienischen Äritifem febr gepriefen mirb,
an bie fran 3 öfifche Ueberfe^ung bon Otebmifc’ „3lmaranth", an bie englische be« „Üitan"
unb ber „Sobfiabe" bon ©l;arle« Vroof«. Se^tere erfepien im Verlage be« g. Seppolbt
3 u ^Phüabelphia, bem mir auch eine Slußgabe ber bon 2abp äßallace überfefcten Vriefe
geli^ SKenbelßfohn’« („Letters from Italy and Switzerland. With a biographical
notice by Julie de Marguerittes“), ferner: „The ice-maiden: and other tales
By Hans Christian Andersen. Translated from the German, by Fanny Füller“, unb
„Immen-See. From the German“, (Storm) berbanfen. Sn Vorbereitung ift „Heinrich
Heine’s books of songs“ bon Ctjarle« ©obefrop ^elanb , ber „americanifd^e .^eine"
genannt, ©ine bollftdnbige englifdje Uebcrfetjung ber ^einc'fchen @ebid;te erfd;ien befanntlich
fchon 1859 in ?onbon au« ber geber ©bgar 3(lfreb Vcmring'«, ber auch Scbtller’« unb
©oethe’« ©ebiebte überfe^t hat. 3n 3obn Shaplanb Stecf« „Poems, chiefly trans¬
lated from the German“ folten, bem jefet leiber eingegangenen „Parthenon“ sufclge,
nur bie Vearbeitungen einiger ©oethe’fcher ©ebichte, mie „2)ie Vraut bcn Äorinth",
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„©rlfonig", „©ott unb bic 33 ajabere" u. f. w. gut geratben fein, wdtyrenb bie <Scf)iner*fdBen
jurn Sfyeil an argen geilem unb 9ftifwerftdnbniffen leiben. So überfefct Stocf 3 . 33. bte
3?er§geile in ben „Sranicben bed Sbpfud": „0er fromme Siebter wirb gereuen", mit
„The veil of the dark deed is broken“, bic Stette: „$>erfchwinben fte im hinter*
gnntbe", mit „Forward they come from the background“, wad getabe ben uinge*
febrten Sinn giebt u. f. w. 3 n ber eigenen Dichtung „The Minnesingers“ bat ber
SSerfaffer einen fonberbaren ©nfatt gehabt. 6 r lagt l;ier hier OTinneftnger im ©ettfampf
anftreten:
There was Henry from Risbach,
There was Walter from Thurgau,
And Biterolf — to win or die,
All these did bravely vow etc.
#enrp oon JRiöbac^ tragt ®oetl;ed „.König oon £I;ule", SBiterolf Sdjitter'd 33attabe
„Ser ^atibfcfntf)", ein britter Schillert ©ebictyt „Ser Süngling am 33ad;e", ©alter
aber ©oetfje’ö Sattabe „Ser Sänger" („©ad ber’ ich braußen bor bem 2l;cr" u. f. w.)
bor, mit ber er ben $)reid gewinnt, ©amett’d „Poems from the German“ 311 m
Itjeil f)robucte ben Sietem enthaltend bie in ©nglanb weniger befannt find fotten bem
„Parthenon“ gufolge beffere Arbeit fein.
©ir fliegen hieran einen ©lief in bad Dctoberbeft ber „Westminster Review“,
bad gleidjfam mit beutfeber Sitteratur überfüllt ift. Sa begegnen wir ^unäcbft einem lan¬
gen 3luffafc „Gervinus on Shakspeare“ mit Sugrunbelegung ber g. 6 . 33unnett’fd?en
Ueberfefcung bed ®ertnnud’fd?en ©erfed. Ser 33erid?terftatter fpenbet bemfelben audge 3 eidy
neted 2 cb, wenn er aud; anbeutet, ba§ er nid>t in allem unb jebern mit if;m einber*
ftanben fei, unb gel)t nid;t nur bie ©erfe bed Sicbterd, fonbem aud> fein Sehen an ber
£anb bed beutfeben (Srflärerd bureb.
(Sin anberer Sluffafe befebäftigt fub mit SR. ©. Sttacfap’ä ©er!: „The Thubingen
school and its antecedents. A review of the history and present condition
of modern theology.“ „SDiacfap", fagt ber Seridjterftatter, „ift ein entfdjiebener
Anhänger ber Jübinger 5Retf;obe. (Sr eignet fie fid? nicht nur an, er 3 eigt fid; aud) ald
(Sntbuftaft in ber Slnwenbung ber SRefultate berfelben unb 3 war in einer 9Jlenge bon
gatten, in welchen fünftige Äritifer, wie wir glauben, ihm wibcrfprecfyen werben; aber er
tf?ut bied offen" u. f. w. So f)at alfo auch ber Seift ber beutfeben tfjeologifcfyen gor*
fdjung unb Äritif feinen ©eg nach bem orttycbojcen (Snglanb gefunben, unb überhaupt
fann man biettei^t fagen, baß auf feinem ©ebiete aud bem Seufzen mefyr ind ©nglifd'e
überfefot wirb, ald auf bem ber Üfyeologie. 3lud> in ber SRubrif: „Contemporary
literature“ werben in großer 3 # beutfe^e ©erfe fur 3 erwähnt, wiffenftfjaftlidje wie
tettetriftifcfye, barunter £od?ftetter’d „9ieu*Seelanb", bad ein „magnificent volume“,
„a complete encyclopaedia of all that is interesting in New-Zealand“ genannt
wirb; ber 33riefwed>fel 3 Wifd>en ©oetfje unb Äarl 3luguft; .Klein d Schrift über ©eorg
gorfter, welche in 33 e 3 ug auf ben Stil unb bad barin gefammelte Material über gorfter’d
lefcte Sehendjafjre gerühmt, aber in 33 e 3 ug auf if)re Senben 3 ein „miserabel volume“
genannt wirb; Äüfyne’d „SDRein Sagebud) aud bewegter Seit" n. f. w. 2 lud> eine britte
Auflage einer Ueberfefeung ber „33raut oon 9Jieffina" mit bem Jitel: „The bride of
Messina: a tragedy with chomsses. By Schiller. Translated by Adam Lodge.
With other poems“, wirb fur 3 angc^eigt unb babei erwähnt, ba§ bie einleitenben
fritifdjen Semerfungen intereffant feien unb bie Ueberfefcungen ber beigegebenen Reineren
©ebidjte toon »ergebenen SSerfaffem ^errü^rtem
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V. Sie „Society de littdrature- wallone“ in Süttich, rnelche atlmätig ihr
urfprünglicheS ©ebiet, bie görberung ber madonifchen 2itteratur, ermeitert, hatte für ba$
3al;r 1862 greife auSgeßhrieben für 3fbl;anblungcn über ®efd;icbte, Schaffung, ©ebräuche sc.
irgenb eines triftigen ©emerbeS ber Stabt füttich unb für roaHontfcf>=fran^cfifcf?e technolo«
gif che Wörterbücher. 33eibe greife mürben mit fel;r übermiegenber Stimmenmehrheit (76
unb 65 unter 100) ber Arbeit „Le bon meticr des tanneurs de la citd de
Liege“ (ba$ ehrbare ©erberhattbmerf bon ?ütticb) guerfannt, meiner eben auch ein techno*
Iogifd?eö ©loffar angel;ängt mar. Unb gmar befd;lef; bie ©efcUfd;aft ben 9>reiS gu ber*
hoppeln, ba, abgefehen bon ber ürefflichfeit ber 2(rbeit an ftch, bie als Ginleitung gegebene
furge ©efchichte ber ©emerbe ÜüttichS überhaupt ben Nachfolgern auf biefem ©ebiete bie
Niüt)e beträchtlich erleichtert. Ser Bcifaffer, Sr. StaniSlaS BorntattS, 2lbjunct am
2lrchib in Üütticb, erl;ielt bemgufolgc eine Niebaide im Werthe bon 200 (ftatt 100) grancS.
SaS Weif ifl nun als ein bebeutenber ©roßectabbanb im Srucfe erfchienen unb mirb
auch außerhalb Belgiens als ein fd;ä^barcr Beitrag gur StäbtegefRichte midfommen ge*
heilen merben. BormanS nimmt für bie ©cfcbichte ber ©emerbe in Lüttich hier §)erioben
an. 1. bis 1297 f bie 3eit ber freien Bereinigung bon ©cmerfSgcnoffen, ol;ne f)ribilegien
unb auch ohne ben Wunßh nach folgen, ba berfebiebene Bcrfuche, ben ipanbmerfem eine
Drganifation gu geben, an beren SheÜnahntöloftgfeit febeiterten. So nahm ber Bürger*
meifter &ettri be Sinant 1253 für bie mit ber ©eiftlichfeit berbünbete Bürgerfcbaft
Partei gegen baS ariftofratifche Schöffenregiment. ©S mar ber emige Äarnpf um baS
ftdbtifche Wahlrecht, unb auch ber 2luSgang mar ber gemöhnliche: bie Bürger gaben bie
ßintheilung in „Compagnien* mit „Capitainen", melcbe £enri be Sinant in ihrem
Sntereffe eingeführt I;atte, auf unb liefen es gefebeben, baß ihr gührcr in bie Berbannung
gefd;icft mürbe, ©in gmeiter Berfuch 1276 bie Bürgerfdjaft in SribuS gu bringen, bei
©elegenheit eines BünbniffeS beS £)ergegS bon Brabant mit ben ©rafen b. glanbem,
£ennegau unb l'ujemburg, hatte feinen belferen ©rfolg. ©lücflichcr mar ber Bürgernteifter
«fmnri be |)air f medber einem 3ufnntmenftoß gmifeben ^atriciem unb Bürgerfchaft baburch
borbeugte, baf; er ben beftehenben gmölf ©emerfSgeucffenfchaften gleichmäßige fefte £)r*
ganifation, SüT;rcr, Staffen unb Banner gab. Bon ba an fpielen bie Gorporaticnen eine
politifche Nolle, erlangten fogar 1313 baS entfebiebene Uebergemicbt, ba im Stieben bon
St. Nlartin, nachbem in einem bon ben ^)atriciern begonnenen Äantpfe ihrer feebshunbert
unter ben Srümmem ber brennenben 9NartinS*Äird;c begraben merben maren, bie Wähl¬
barfeit in ben Stabtratlj bon ber Nlitgliebfcbaft in einer 3nnft abhängig gemacht mürbe.
Siefc britte s Periobe reicht bis gum 3al)te 1684, in melcbcm Nkjcimilian bon Baiern
ben 3ünften micber alle politifchen Ned;te nal;m. Siefer ©inleitung folgt bie urnftänbliche
äußere unb innere ©efehiebte ber ©erbergunft mit bieten 2lctenftücfcn, NeglementS, $Pribi*
legien u. f. m., ferner ben fauberen 2(bbilbungeit ber ©mbleme ber ©erbergünfte in fechs
nieberlänbifchen Stäbten. (Sic ©erber bon 2üttid> führen einen fchmargen Soppelabler in
ftlbernem gelbe.) SaS matloni)ch"frangö|ifd;c ©loffar ift bem Buche ebenfalls beigegeben.
D. (Bont frangöfifd;en Büchcrmarftc.) Scr atnericanifchc Äricg unb bie
£änbel, melche il;n beranlaßten, riefen fchon eine giemlich beträchtliche tfitteratur in allen
Sprachen 1;erber, barunter in granfreich menigeS, baS ber Sache beS NcrbcnS günftig
ift. BefonberS finbet baS befannte Buch SJocqucbitte’S „De la dämocratie en Am(5-
rique“, melcheS lange 3eit als ein Nlufter feiner 2lrt galt, nachträglich ftarfe Sppo*
fttion, bie um fo leichter mirb, je mel;r ber americanifche Ärieg gegen bie Srefflichfeit
ber americanifchen 3uftänbe unb Snftitutionen gu geugen feheint. ©ine fold;e Schrift,
beren Spifce ftch 8 e 8 Ctt ^ocquebiUe’S 2lnfd;auungen rid;tet, ift auch »Histoire du peuple
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Amdric&in (Etats-unis) et de ses rapports avec les Indiens depuis la fon-
dation des colonies jusqu’ä la Evolution de 1776, par A. Carlier“. Ser 33er*
faffer entwicfelt in gwei 53änben bie ©efd;id;te bcr einzelnen ©clcnieen unb tretet and
berfelben ben 3ujammenhang bcr gegenwärtigen 3Scrwicflungen nach.
Sie im Aufträge beS frangcfifc^en 3D]arineminifteriumS ebirte off riefte ©efebichte ber
testen djineftfefjen ©ampagne hat feeben bie treffe verlaffen unb füf;rt ben SJitel: „Re¬
lation de l’expddition de Chine en 1860, r&ligee par le lieutenant de vaisseau
Pallu, d’apres les documents officiels“. ©S ift ein ßuartbanb mit einem 5ltlaS in
golio in ber Imprimerie impdrial gebrueft unb in bemfelben Stile gehalten, wie bie
anberen officieflen Schriften, bie man über bie neueren Kriege granfreicbS in Paris gu
veröffentlichen pflegt. 9(ud) bie ©efdncpte be$ lebten italienifcpen Kriege«, bie febon rer
mehr als einem Sahrc gebrueft, aber nur von ber frangcfifchen ^Regierung verfebenft
würbe, ift jefot auf ben 53ücpermarft gefemnten — „Histoire de la Campagne d’Italie
en 1859, d’aprfcs les documents oflficiels“ — ein 3?anb in Duart mit einem
Schlachtenatlas in gelic.
^nftorifebe 3Berfe leichterer ©attung ftnb in ber lebten Seit nicht häufig aufge*
taucht. Sc<h erwähnen wir: „Le Cardinal de Retz et son temps, £tude historique et
littfraire par L. Carnier“, in gwei 33änben, unb „L’imp^ratrice Marie Therese, roi
de Hongrie, par Mr. Capefigue“. ?cfctere$ bilbet einen 33anb ber „Reines de la main
droite“, beren ©efchichtScrgählung 9fir. ©apefigue mit ber if;m eigenthümlidwn ginger*
fertigfeit in bie £anb genommen Lat. 95>enn man bie 9!KüI;e unb ©rünblid;feit betrag*
tet, mit ber unfere ©efdnchtsforfcber jefet bie Bcitp'cricbe ber großen Kaiferin gu behan*
beln pflegen, fo fennte man ben frangbfifchen .f>ifterifer beneiben um bie ?cicf>tigfeit, mit
ber er in einem flcinen Sanbe in einigen allgemeinen 3ügen mit allen Gingen fer¬
tig wirb.
SaS in ber Srucferei ber Petersburger 3lfabemie gebruefte PracptwerF, welches bie
ruffifdje Regierung über bie Krönung 9(lejranber$ II. veröffentlichte, ift jefct gleid;fatlS in
ben £anbel gefommen. ©S führt ben Sitel: „Description du sacre et du couronne-
ment de leurs M. M. Alexandre II. et Marie Alexandrowna en 1856“, ein Sanb
im größten golio mit 52 ©hromolithographiecn nach ben auf 53efel;l beS ÄaiferS ge*
machten Criginalgeichnungen verfebiebener Künftlcr. (Sin ©jremplar biefeS PrachtwerfcS
foftet ben anftänbigen Preis von 240 Jbalem.
©in Greigniß in ber Kartographie ift bie S3cllenbung ber officietlen ©eneralftabs*
farte von granfreich. Ser frangbfifche ©eneralftab h at nicht weniger als fechSgig Sah re
bagu gebraucht, um biefe wichtige Arbeit auSguführen.
Unter ben öfter wieberfel;renben bibliographifchen Zotigen finben wir wieber einmal
eine fummarifche 9lufgählung ber Schäle ber Parifcr Bibliothöque imperiale. Siefelbe
feil jefct 2 SQUHionen gebruefte 33änbe, 200.000 £anbfchriften, 3 Millionen Kupferftiche
unb über 500.000 ?anbfarten gälten. 9(uch unterläßt man nicht, gu biefen brillanten
3iffem hingugufügen, baß bie Sirection unaufhörlich an ber 3Sollenbung ber Kataloge
arbeiten läßt. ©S bürfte Wohl feine Sirection einer öffentlichen 93ibliotl;cf geben, bie
nicht bemfelben fronen Streben einer möglicbft guten Katalogiftrung hulbigt.
©ineS ber lebten SSerfe beS erften lebenben ©enremalcrS, beS ?. KnauS,
„ein $o<hgeit$gug", ift im Seftfee beS I;ieflgen ®roßt;änbler$ £erm Heinrich SSftaper.
3Bie alle ©emälbe von KnauS, fo ift auch biefeS — gemalt 1863 — voll von jenen
3ügen einer feinen ©harafteriftif, einer fünftlerifchen SebenSanffaffung unb einer gefunben
lechnif, welche feine ©emfilbe in fo h^h^ ® ra be auSgeichnen. Sie Perfonen ftnb bem»
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fetten Äreife volfsthümlicben SebenS entnommen, aus Welkem bie „golbene £o<hzeit" beS-
fetten ÄünftlerS entftanben ift. 3n ber trefflichen Sammlung $erm SJtaperS ftnbet
ftch außerbem ein anbereS S3itb von AnauS, ein „Snbalibe" vom 3ahre 1861, baS wir
fowol)l, was Sec^ni! als Cfyarafteriftif betrifft, mit zu bem beften regnen, was in jjüng*
fter Seit in biefer 2lrt geraffen würbe.
Sir werben bemnächft etwas ausführlicher auf bie ©emalbefammlung beS genannten
ÄunftfreuttbeS z u fprechen fcmnten, benn fte ift ohne grage bie bebeutenbfte Sammlung
SienS non mobernen ©emälben, welche in ber jftngften 3cit angelegt würbe. 3n ber*
fetten befinbet ftch ?ouiS ©allaits „Selila", ein ©emalbe, baS vielen noch toon her
Sonbcner SeltauSftellmtg I;er, in ber es einen heruorragenben $)lafc einnahm, erinnerlich
fein wirb; ber „AanbauleS" unb „bie ^)l;rpne vor ©ericht" non ©erome, bie „SJtarie
Antoinette" non Skuller; bie „cbriftlicbe 9)iärtprin" non ^aul Selaroche, ©emalbe
non g. Amerling, $)ettenfofer, Ar t) Sch effer, be Aepfer, SKeiffonier,
SillemS, £ebert, Subuffe,- Germaf u. a. m. 3)ie ©emalbe £emt SJtaperS
ftnb wol;l Äunftfreunben in l;cd;ft liberaler Seife zugänglich; hoch wäre eS fe^r erwünfcht,
wenn einige berfetten auch einem größeren publicum, etwa in ber ndchften afabemifchen
AunftauSftellung, nor Augen geführt werben tonnten.
* £>ie mit Secrct nom 15. Dtovember 1863 eingeführte Steform ber Acadd-
mie des beaux-arts unb ber ficole de Rome fto&en in granfreith auf bie
lebl;aftefte Oppofition. Als Urheber biefer 9Tcaßregeln wirb ber 9Jt. be 9tieuwerfer!e be¬
zeichnet. gür bie Afabemie tritt SugreS, für bie ficole de Rome 33eule in bie Span¬
ien; erfterer in einer SSrofc^üre, festerer in ber „Revue des deux mondes“ (2)ecem*
cember). Sir lommen auf ben ©egcnftanb beS Streites ausführlich gurücf unb bemerlen
bloß, ba§ bie Dppofttion, fo weit jie bie ficole de Rome betrifft, norzugSweife ben
f)unft im Auge h^r ba& man ^ er Afabemie bie ?eihmg unb Seurtheilung ber Gon*
curfe nehmen unb an bie Stelle berfetten eine aus neun 9Jlitgliebern bcftel;enbe 3urp
treten foll, welche aus einer vom 93tinifter vorgelcgten Sifte zu wälzen wäre. 2)aS neue
^Project — eine gortfefcung beSfelben SpftemeS, baS nor z^h n 3al;ren zum 23erberben
beS Unterrichtes bie 9tormalfchule, bie £pceen unb bie Univerfttdt fo reformirt h a ^ baß
heutzutage bie SRücffehr zum Alten als bie einzige Rettung erfcf>eint — ift ein Act ber
imperialiftifchen Sureaufratie gegen bie Selbftftdnbigteit ber Afabemie. 33eule proteftirt
gegen ben fogenanntcn SiberaltSmuS ber neuen 93ta§regeln. An bie Stelle eines fünfjähri¬
gen Aufenthaltes in Otom foll ein zweijähriger treten; anbere gtoci 3ahre follen bie Aünft*
ler reifen, wohin fte wollen; an Stelle non 25 9)enftonairS follen 9 treten. 2)ie Strenge
ber Ueberwachuug unb Seitmtg foll geminbert werben. „Sir werben", fagt Seule, „mehr
Amateurs tmb ^Dilettanten unb weniger Aünftler T; a beu; fdjtec^ter erzogen werben fte
9)ariS berlaffen, unb noch weniger werben fte wiffen, wenn fte von 'ihren Steifen zurücf-
lehren". Die Siachtheile eines unorganiftrten StubiumS ber Stipenbiften erfahren wir fatt*
fam in Cefterreich unb begreifen es febr gut, baß man ftch gegen eine Neuerung empört,
bie an bie Stelle ber erprobten Drbnung unb ber gut geleiteten Arbeit eine ungeregelte
Aünftlererziehung fepen will. 23eule bezeichnet ben neuen SSorgang als „une triste
tentative“, unb 3ngteS erlldrt, baß bie neuen $)rojecte „bie gute Drganifation ber
Schule z cr f^ ren » wohlerworbene unb refpcctable Sterte unb eine auf große claffifcpe Sra*
bitionen bajtrte UnterrichtSmethobe angreifen, um an ihre Stelle zu fefcen „un enseigne-
ment de fantaisie et d’aventure, des juges incomp6tens et une direction
fausse dans les gtudes".
* 35er SSerfaffer beS in 9tr. 1 ber „Sochenfchrift" veröffentlichten SlelrologeS ift
^)err ?)rof. 2)r. S. Sahib erg, baS anzugeben überfeinen würbe.
Bz. £tap*l* Btipatttiftz. Bnukm I tot lu ütmr .
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IßolntfdK föeöolutionen.
(Erinnerungen auö ©altgien.
(Prag 1863, %. Sl. Grebner.)
—k. ©ab unter bem eorftehenfcen ©itel erfd)ienene Sud) i[t ein im Rotten
©rabe intereffanter Seitrag jur ©efchid)te ber SReeelutieneit, bereit Sd)uupla£ feit
ungefähr breiig Jahren (1831, 1846 uttb 1848) in größerer ober geringerer Slub*
bebnung ©alijien, pofen unb bas .Königreich 'Polen waren. Speciell befebäftigt fich
baS Sud) mit bem Slntfjeile, beit bie revolutionäre Partei in ©ali^iett genommen
unb aus biefem ©ruttbe nehmen aud; bie Sdirecfcnsiceuen beb Wahres 1846 baS
bebeutenbfte Bittereffe in Slnjprucb. SBic auS bem Jnhalte ber ©arftellung unjweifel*
haft beroergeht, ftamrnt biefe aus ber fteber eines Piamteb, bet 1 tbeiüoeite alb
Slugenjeuge Ginbrürfe oon ben brei polnijd)en Dieoolutieuen empfangen l>at, weld)er
ferner nicht nur einen tiefen Slicf in bie innerften SSerfftätten ber reoolutionären
propaganba, fonbern aud) in bie ilnichauungett ber bamaligen Stegierungsfreife ju
machen unb Sattb unb Seute aub jahrelangem Settel)« ju ftubiren in ber Sage
war. ©eftübt auf biefe reidjfyaltigen Duellen, ift aber ber Serfaffer ungead;tet feiner
warmen 2lnhänglid)feit an Defterreid) unb feines feften ©lattbenS an bie Prosperität
aller Steile ber Ptonard)ie bemüht, möglid)ft unbefangen bie (Srgebniffe ju ft^ilberit
unb — wiewohl er fich jur öfterreid)tfct)ett Partei jäl)lt — freimüt^ig genug, bie
auf ©eite einzelner fRegierungborgatte oorgefommetteit Piifigriffe in ber Ski hl oon
Ptajjregeln unb Perfonen blofjulegen unb Büge oon Humanität unb (Sbelmutl),
oon .Klugheit unb Talent in ben Dieihen ber Dteoolutionäre anjuerfenneit. Ptit
anberen Söorten: in ftaatSred)tlid)er Sejiehung jtebt er auf bem Stanbpuntte eineb
©rofesJDefterreicherb, in Sejug auf bie Schilderung ber Vorgänge auf bem Stanb=
punfte eineb unabhängigen Pianneb, bem eb nicht um eine teibeufchaftlid) erregte
ParteibarfteHung, fonbern barutn 3 U thun ift, auf ©nntb feiner Piaterialien, entftellte
ober irrig aufgefafjte Segebeufjeiten in bab richtige Sicht ju ftellen unb biefe burd)
neue intereffante 3 üge 3 U oermebreu unb auf 3 uflären. 28ir haben eb baher hi« mit
jener ©attung Piemoiren 3 U thun, bie bem tünftigen ipiftorifer für eine wahfl)eitb=
getreue ©arftellung ber brei Dleoolutionen unentbehrlich finb, wenn er nid)t auf
einfeitig gefärbte Serid)te fich ftüfcen will, wie wir bie© in jüngfter Beit erft bei
einem SPerte über Defterreid) erlebt haben, bab ben $(nfpntd) auf eine ©e|d)id)te
ber neueften Beit erhebt, in feiner feffelnben geiftreicben Sluffaffung aud) bie mobente
Pcetljobe nicht oerfennen läfst, aber bemungead)tet oollftänbig ben ©inbruef einer
fleinbeutfdjen Parteifchrift macht.
©er allgemeine ©ang ber brei l;ier gefchilberten SReoolutionen ift 3 U befannt,
alb bajj wir eine Schilderung berfelben hier wiederholen feilten unb wir werben unb
8o$e.>f4;r ft 1864. ©an&. 1H. 5
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befbafb barauf bejcfränfen, oorerft einige frappante unb, tote wir glauben, ned) wenig
befannte SOiomeitte berrerjuheben, bann aber ben Giubrucf breier in oerid)iebener
9iid)tung lehrreid)er Gharafterftnbien wieberjngcben, bie in bem Suche mit ben Sor*
gangen oerwebt finb.
•Sie Saucrnbewegung bes Sabres 1846 wirb ftetö als eine oon ber öfter«
reid)ifcl;en Slegicrung fünftlicb erzeugte bargeftcllt, um ben Gin flu fi beS 2lbelS ju
f cf; wachen. Sn ber &bat jeigte ficb aber id'ott im Jahre 1831 eine tiefwurjelnbe
Slbneigung beS Sauere gegen ben Slbel, welche jur lleber^engung führte, baf bie
Siebeilion nie im Sanboolfe Jönrjel raffen werbe. SamalS lebten ©reife, welchen
bie früberen Buftänbc im Königreiche 'Polen noch im ©ebäcbtniffe waren. Set
Slbel war ber unumichränfte perr beS Sanbeö unb bes SauerS. Gin 2lbeliger formte
einen Sauer tobtfchlagen, berauben ober feine grau fchänbeit, ohne bie Serantwortung
oor einer Sebörbe fürchten ju müffen. SBcitn ein Slbeliger einem anbem einen
Untertan töbtete war er ju bem nur geringen Scbabeiterfa^e oon ungefähr 6 ff.
oerpflicf)tet Son einem ©eridite für ben Sauer gegen ben Gbelmann war feine
Siebe. 2118 ein ’rtbcil Polens an Cefterreich fam, änberten fich biefc Serbältniffe,
bem Sauer - war wie bem Gbelmann bie Klage bei lanbeSfürftlicben Gerichten
möglich, bie Seibeigenfcbaft würbe aufgehoben, bie Saften beö Sauer 8 gegenüber bem
Gutsherrn geregelt unb ein neues Steucrioftem eingefübrt. Saburd) fam ber
Sauemftanb in eine fo glücfiidre Stellung, wie er fie früher nie gefannt unb idion
im Sabre 1831 werbiclt er ficb rollfommen paffio angefidjtS ber fieberhaften Sin»
ftrengungen beb SlbelS, ber Sieoolution in Sluffifcb^olen .pülfe ju leiften.
©leich nach Silbung ber pclnifcfjen Gmigration im Sabre 1831 feilten fid)
bie tpauptparteien in jwei Säger, in baS ariftofratifebe unb in ba 8 bemofratifd)e.
2ln ber Spifce ber erfteren Partei ftanb gürft GjartorpSfi in s J!>ariö unb an jener
ber leiteten fd)on im Jahre 1832 eine Siationalregierung, bie aub neun 9)iit«
gliebern jufammengefebt war unb au 8 einem Sereiite fid) bilbete, ber bamalb un»
gefäfr 3000 SWitglieber jäblte. SBäbrenb bie ariftofratifebe Partei alle hpütfe oon
einer Jnteroention ber SBeftmadde erwartete, wollte bie teuere bie Sefreiung Polens
im SBege einer focialen Sieoolution burd)führen, worüber eines ber wicfjtigften
unb ber ^olijei in bie pänbe gefallenen Slctenftücfe oom Sabre 1835: „Sie innere
Drganifation ber polnifdjcn bemofratifchen ©efeüfdiaft" 2 lufjd)luf) gab. Sic ©efantmt*
beit ber ©efellfcfjaft verfiel in Sectioneu, bie in jebem Orte, wo fid) wenigftenS
fünf SSlitglicber befanben, gebilbet werben fonnten. Sebe Scction wählte ihren
Secretär unb ihren Gaifier, hielt jebe 2 Jod)e eine Sifung ab, batte bie SJlitglieber
ju überwadten, bie Slationalfteuer eiitjubeben unb an bie Slationalregierung, bie
guerft in $)ari 8 , bann feit bem Jab« 1840 3 U Scrfailles refibirte, abjuführen.
Solche Scctienen waren in ben Jahren 1831 bis 1846 über ganj ©alijien oer*
breitet unb auS einem fleinen ibeile beS nieberen 2lbelS. aus hcrrid'aftlid)en Seam«
ten, Sitteraten, Stubenton, 'Jlbmaten unb ©eiftlichcn gebilbet. Ser Serfebr mit
ber Slationalregientng warb burch Gmiffärc, Schriften unb gilialoereine in ben
polntjdjen Säubern oermittelt. Unter ben Schriften ift jene bie bemerfenSwerthefte,
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welche unter bera Slitel: „Ser ^artiianenfrieg" erfcßien, H'ciin bie Sergifhtng ber
S nimmt, ber fDieucbelmorb von Solbaten unb Seamten alö ein erlaubtes 9Jiittel
geprebigt würbe. 3u Sttbe beß 3al;reß 1844 faßte bie fogenannte 9iationalregierung
ju ^ariß, beren 9Jiitglieb bantalS auch 9Ji icroSlawßft war. beit Eutfd;tuß, einen
großartigen Slitfftanb vorgnbereiteit. 9tad) einem biß titß fleiitfte Detail abgefaßten
jtriegßvlane würbe feftgeie&t, baß man fich mit allen revolutionären Kräften ber
oorgüglichften fünfte unb Stabte im ©roßhergogtßum 'Pofen unb ©aligien bentäd;«
tige, bann wäbreitb acht Sagen militariidi erganifire unb bie yolniicben Sefi jungen
i'reußeug unb Defterreicbß räume, inbem man in baß .Königreich 'Polen rüden unb
hier im 9iationalfriege mit beit Diuffen bie Sache gtt (Silbe führen wollte, ©ebrängt
oon bet Actionßpartei, beftimmte man als 3vitpuuft ben Segiitn beß SahreS 1846
nadjbem ficb bie 9iatiottalregierung mit ber europaifcben revolutionären ’propaganba
inß Einvernehmen gefegt unb amt bieie für ben genannten Beitpunft eine Erbe«
bung befd)foffen hatte- 3n ©aligien entwidelte nun bie Emigration eine uttglanb»
liebe Jbätigfeit. Eß bilbeten fid; Söohltbätigfeitßvereine, bie im gafebing 1845 Söälte
ocranftalteten, beren Erträgniß für ben Anlauf von Flinten in Selgien, graitfreicb
unb Englanb verwenbet würbe, 3agbgeivebre unb Säbel würben an beftimmten
fünften angefammelt unb ber bemofratifdje Äated;ieniuS in Umlauf gebracht.
Ein Sericßt ber Semberger 'Poligeibel;örbe conftatirte, baß leiderer bamalß in mehr
alß 100.000 Eremvlareti verbreitet war. Sie SSerfgcuge ber ^ropagaitba bilbeten
ein 2 heil ber Stäbter, beß .spanbwerferftattbeS, Stnbenten, Sitteraten, 9)ianbatare,
Defonomen, @utßi.'äd;ter, ©eiftlidje, Üeßrer, einzelne Dfficiere, Unterofficiere, gittaitg»
folbaten unb Scantte. Sie ßpauptagitatoren werben: für ben Sarnoiver .ft'reiß
©raf grätig SSiefioloßfi unb Snffoivßfi genannt, für Semberg Ebuarb Sem»
bowßfi, .'äugo äöießniorosfi, Siforofi, für ben Blvcgower unb Srgeganer Äreiß
Sco^bil SMßniowßfi. Unter tiefen geigte ficb ant fühuften unb venvegenften Ebuarb
Sembcivßfi. Soit ber ^oligei ftetß mit allem Eifer verfolgt, verflcibete er fid; balD
alß Sauer, halb alß ©eiftlid;er, ja felbft alß .V'anbolßjnbe unb Same. So faitt er
einmal fpät Abeitbß in bie Schnittig beß bfterreicbifd; gefilmten DJcagiftratSbeaniten
Siß, wo bie gautilie eben am Sifcße faß. Sa er von ber 'poligei verfolgt würbe
wählte er biefen Serfted, in welchem er fid; gang fid;er fühlte unb givattg auch
bie gamilie, ihn biefe 9iad;t aufguitebtnen. 9iiemanb wagte eß, ihn gu verratl;eit.
Ein aitbereS 9)ial war fein Aufenthalt in einem Üanbbauie bei Weinberg figitalifirt.
©egen 9)iitternacht festen fid; Seamte unb £>ufaren in Seivegung, um ihn gefan»
gengunehmen. Auf bem Sege begegnete man einer befannten Same ber Arifto«
fratie mit ihrer Sonne unb ließ fie anftanbelcß paffiren. .hierauf würbe baß ©e»
bäube umftellt, ber Eomittiffär ftürgte in baß innere unb erfuhr nun, baß Sem»
bowßfi alß Same verlleibet mit ber erwähnten Ebelfrau baß .£>uuö eben verlaffeit
hatte. Sie £>ufaren gallopirteit ttad;, aber 9iiemanb wußte, wohin er fid; geflüd;tet
hatte. Anfangs 1846 faitb bie Seit bei lung ber Di ollen ftatt. gitr ©aligieit ernannte
bie 9lationalregierung St;ffowofi gum 9)iitgliebe ber Oiatioualregieiung in ätrafau,
Sofepß Sißniowßft gum Ehef beß SievolutimtßtribunalS unb ©rafeit Siefioloßfi
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jum (Statthalter oon ganj ©alijien. Ptilitärcommanbanten iit ©alijien waren:
Sentbowöfi in Ärafau, ©jecbowöfi für Santo w, ©raf Siet) für Sijeöjojn, Siforöfi
für Sambor; bie Flamen ber übrigen finb nicht befamtt geworben. Sbercommanbant
für Dft=@alijien teilte 2öt)focfi werben. 3n ''Polen ftanb an ber (Stifte Piieroölawöfi.
Von all beit großartigen Vorbereitungen jum Slufftanbe beö 3al?reö 1846
Ratten einzelne Siegiernngeorgatte jwar beftimmte.Slnbeutungen, jeboth oermochten
ihre Berichte feine große JUirfung ju erzielen, ba ein Sheil ber ßolnifchen
Slriftofratie burch eine icblau berechnete PiitteltMung jwifcbeu ben Veamten nnb
ben Sßißen ber Vehörben jebe ettergifche Maßregel gegen anfgebecfte Umtriebe ju
hintertreiben bemüht war. Ser 3lbel lebte namlid; an!d)einenb im beften ©inner*
ftänbniffe mit. ben Veamten unb bem Militär, er lub biete auf feine (Schlöffet ju
Vällen, Soireen unb 3agben ein unb enthielt auch «mgefehrt wieber bei ben gefteu
ber Veamten nnb Piilitärö, to baß man bei bem größten Sbeile beet Ülbelö bie
lot;alfte ©efimtung annehmen ju föntten glaubte. Sttar ooit ben Verhälhtiffen bee
?anbeö bie Siebe, fo fudtte ber Slbel ftetö gegen bie Vauent unb Sinthenen einju*
nehmen, erftere als inbolent, böewillig, faul unb thierifch, leßtere als $albmenfchen
unb Aeßer barjuftellen. Sanbett Verhaftungen ober bie ©ntbeefung von Verßhwö*
rangen ftatt, fo würben fie als wahnfinnige Unternehmungen einzelner junger Sente
bargeftellt. (älud) ^iett fidt ein Sh c ^ bee Stbele wirtlich oon bett Vorbereitungen ber
bemofratifchen Partei ferne, aber hütete fidt hoch, einen tiefen Vlicf in bie ihm nicht
unbefannten gäben ber rerolntionären ©migration ju geftatten, um fid) nicht ju
compromittiren unb wohl and) auö bem ©runbe, um ben ©rfofg beö sMufftanbeö
abjuwarten. Senn bie 3ntereffen bieies S heil cs beö Slbele wie ber Semofraten fielen ja
in einem Punfte jufamtnen. Stuf biete Söeije gefebah eö, baß bie ^Regierung fidt
oon bem 'ilufftanbe faßt überraid)en ließ, ben Slnfattg ber Verschwörung unter*
fchäßte unb nur in ben legten 2öod;en burdi bie 'Jlnftreitgungen einzelner Veamten,
wie ber Äreiöhaußtleute m.nt Hemberg unb Jarnow, bann beö polijeibirectorö oon
Hemberg, bie ftetö warnten unb ju energiieben Schritten brättgten, einzelne, unwirf*
fame Ptittel ergriff. Siod) am 18. gebruar — bem für ben 'Jlufftanb feftgefeßten
Sage — erging ein 3iunbf<hreiben an Oie Areiöämter, in welken bie Veamten
aufgeforbert würben, bie Vauern oon einem Angriffe auf ben Slbel abjuhalten unb
fie ju beruhigen unb bie lügenhaften ©erachte oon einem nahe beoorftehenben 2luÖ=
brache einer Sieoolution, woburch baS üanboolf aufgefdtreeft fei, jn bementirett. 3n
Semberg felbft warb ber Dluebrucb ber Sieoolution burch einen 3ufaU oereitelt. ©in
junger Plann hatte bafelbft oon bem eblen woblthätigcn ©rjberjog=©ouoernenr eine
namhafte Unterftüßung erhalten, ©ittee Sageö fam er ju bem Polijeibirector Stitter
o. Sach er=Piafodt unb geftaitb bemfelben, baß er Ptitglieb einer Verfdtwörang
fei, weldte baö Sehen oon Perfonen bebrobe, oon benett er enorme SBohlthaten
empfangen habe. $lui bem Valle, welcher beim ©rjherjog ftattfinben foUte, aber
burch ben Sob bee •'öctjogö oon Piobetta oerhütbert würbe, fodten bie Samen bei
einem Sanje fämmtlithe Piilitärö wählen nnb fo jum Oblegen ber Segen nöthigen.
hierauf würbe ber Angriff auf bie Unbewaffneten erfolgen nnb baö Signal jum
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Ueberrumpeln ber Äafenten unb 5?ackert gegeben fein. Büfett tfieitte er ben 2ln*
grifföpfan auf Semberg mit, fonnte aber bie ülnfüljrer nicht nennen. 55er Poligei*
birector madjte bem Srgbergog bie 3lngeige unb als biefer an ber fRid)tigfeii ber
Angaben gweifelte, (eiflcte er ihm eilten Sib auf bas (Sructfir, baff in ber SRa^jt
Bom 18. auf ben 19. gebruar im gangen Sanbe angegriffen werben würbe. 3«
furgem tarn ber junge 9Rann wieber 3 U bem poligeibirector unb fagte auS, bafj
ber plan mit meudderifchem Ueberfafle aufgegeben unb man entfddoffen fei, im
offenen Äarnpfe Borgugeljen unb am 13. gebruar gab er ihm bie ÜlngriffSpunfte
befannt unb h^nbigte ihm einen Bettel mit ben fRamett ber hetBorragcnbften S3er=
fdwöret ein. 5Ro<h in ber barauf folgeitben fRacbt Würben bie netfugen Verhaftungen
Borgenommen unb baburd; ber Slufftanb oerbinbert. 9luä ben fpateren ©eftänbniffen
beS Seoph'l SBiöniowSfi ergab ficb auch bie fRicbtigfeit ber gemalten 3luSfagen. Sem*
berg blieb ruhig währenb ber ©chrecfenStage, welche bem 18. gebruar folgten.
SRachbem wir nun auS bem Vud;e einige 3üge henjorgeltoben, welche gut
Sharafteriftif ber bamaligen Verhaltniffe gehören, wollen wir bargufteüen Berfuchen,
waS ber Verfaffer über bie fRuthenen, ben Sauemführer 3- ©gela unb bie 33er»
waltung unter ben ©ouoerneuten ©rafen ©tabion unb ©oludjowsfi mittheilt.
1 . JDie Rutfjenen.
©eitbem ©raf ©tabion bie Sutereffen ber ruthenifchen Nation lebhaft förberte,
bradhten bie polnifchen Äalenber ben SBij}, nach bem befannten: „©eit ber Sr*
fdjaffung ber Sßelt" beigufügen: „©eit ber Srfinbung ber fRuthenen bnreh ben
©rafen ©tabion". 55iefeS Schlagwort fanb in fünfter Beit ungemeine Verbreitung
unb wiewohl es Bon ben 'Polen nicht mehr als ein gut angebrachter 3Bi|) war, fo
würbe e§ bod) in halb Suropa für gang ernft genommen unb man glaubte wirf*
lieh' lange Beit h«tburd>, bafj ber ©tamm ber fRuthenen auf einem Meinen gleichen*
raum in ©aligien oerbreitet unb, nicht mehr als bie Vebeutung eingewanberter
Soloniften an ficb tragenb, oon ber öfterreichifchen .'Regierung fünftlidj in ben
Vcrbergrunb gebrängt worben fei, um bie ^Berechtigung einer unumfehränften natio*
nalen Vefriebigung ber Polen gu fcljmäcfjen.
55ie fRuthenen waren aber einfit in ©aligiett bis Äiow im gaitgen füblichen fRufjlanb
non eigenen gürften regiert. ©0 gab eS g. V. in ©atigien felbftftänbige fReid)c gu
#alicg, PrgempSl unb $rentbowla. Unter biefett ruthenifchen dürften, halb in Weine
Sänber gerfallen, oft auch «He jufammen in ein großes fReicb Bereinigt, wie 3 . V.
unter Vlabimir bem ©rohen, Äaifet oon Äiow ober fRoman, ©rofsfürften Bon
,'nalicg — bem fpäteren ©aligien — ober unter Seo, ber Semberg grünbete unb
ftd> supremus dux Ruthenorum nannte, waren bie fRuthenen weit glücflichet unb
gebilbeter als bie übrigen Voller in Suropa im SRittelalter, befonberS als bie
polen, ©ie würben burch bie Vpgantiner gum 6 h r >f tent h um befehrt, befannten fich
baher gur griechtfchen Ätrche unb empfingen Bon Vpgang aus Biele Äenntniffe gu
einer Beit, wo in Suropa bie VilbungSelemente noch fehr büitn gefäet waren. ©0
fam eS, bah bei ben fRuthenen ber 31 cf erbau blühte, uiele ©täbte unb ein auSge*
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befwtcr Raubet entftanben unb, währcub bic feiert in ifjre Stabte Seutfdie unb
Suben jogen, fief) ein eigener intb fchr gefalteter Vürgerftanb bilbete. Clud) if)t
Slbel war fef;r unterrichtet unb bie Surften unb Regenten au 8 bem Apanie Siurif
traten fo riet für bie Gitltur beS SaitbeS, baff in ben Stabten wie auf bem Sanbe
Schulen beftanbeit unb bie rutf;enifdje Sitteratnr einen 2luffd)mung nahm, wie ihn
nur wenig tebenbe Sprachen aufguwcifeit im Staube finb. Oluch bie Äircbe ber
Ointhenen war im blüheitbeu Snftaitbe; fowohl bie Regenten als bie Vojaren hatten
fie Dielfad) mit Sdienfungett, Stiftungen, Sänbereien unb Behüten bebacht.
Siele 93lüthejeit ber 'Hutbenen würbe juerft burdi bie Streitigfeiten ber
eigenen Surften, bann bie GroberungSgelüfte ber 'Polen unb Ungarn unb enblich
um bie Glitte beS 13. Sah'fmnbertS burch baS Vorbringen bet Sartaren bis nach
Äiew jerftört. @ali,jien bübetc noch einige 3eit ein felbftftänbigeS rutheuifcheS
Dieich, bis ber Snrftenftamm mit Seo, bem ©rünber gembergS, anSftarb unb Äafimir,
„ber Sauernfoitig" 'Polens, baS gaitb eroberte. Von ba an begann baS Glcnb bet
Olutlieneit. Surch mannigfache Vortheile oerleitet, potonifirten fich ber rutljenifche
91 bet unb bie Stabte unb nnr bie Vauern unb ber GferuS, jum 3heil auch bie
Vewohner fleinerer Sieden unb Stabtd;en bewahrten tren bie rutf)enifche Nation
unb Äirche gegen bie ©emaltmafwegetn bei: pelnifd)en Regierung unb bie gingriffe
ber lateinifd)en &ird;e. So fam eS, bafj bie Diuthencn im gentfe ber Sahvlmnberte
burch potnifche glbelSberrfchaft immer mehr oon ihren 9ied;ten oerloren, faum
bem Sfiamen nach mehr gefannt waren unb im Satire 1772, als ©alijien an
Defterreid) fam, mfibfam ihre Griftenj gerettet hatten, wiewohl fie noch immer
einen bebeutenben 2?rucf)tt)eil ber Veoölferung beS alten 'Polen auSmachtcn.
Von bem Sage an, als Defterreid; in ben Vefip GalijienS fam, befferte fid)
bie Sage ber iKnthenen. Sn erfter Sieihe befdiäftigte fich bie ^Regierung mit bem
verwahrlosten Buftanbe beS ruthenifcheit GleruS, ber, verarmt unb umviffenb, häufig
ber eigenen Äirdn'nfpradie unfunbig war unb feine g.'cittel unb VilbungSanftalten
befaf?. fOiaria Sherefia verorbnete baber, baf? auch auS ©alijieit Böglinge in baS
fefjon früher für bie ungariieben Uutrten errichtete Seminar geid)icft werben follen,
arme ©eiftlidie Unterftülutngen auS ber StaatScaffe erhalten, ber Uebertritt ber
Siuthenen junt lateiniicben DiituS entwert unb bem rntbenifchen (ileruS biefelben
Siechte wie bem lateinifdjen gewährt werben follen. 3«r Grbauung einer neuen
ruthenifdien Äircbe an ber Stelle ber alten, ben Ginftur,$ brohenbeit in fPi^emnSl
fchenfte bie Äaiferiit bie Summe von 40.000 fl. 9iod; beffer erging eS beit ,')iu=
thenen unter Äaifcr Sofeph H- Gr fchenfte ihnen 31 t Semberg baS aufgehobene
Sominiranerflofter ju einem Seminar, in bem alle ©egenftänbe in ruthenifd)er
Spraye vorgetragen werben burften, er erridjtete an ber tljeclogifd;en Sacultät in
Semberg eine glbtbeilung für bie fRuthenen, legte ben ('frunb 311 einem befonberen
SReligionSfonb unb errichtete auf Äoften beS Staates 3 wei Gonfiftorien Äaitcr
Srans II. ftellte bie füietropolie ber Mutticnen in Semberg her, erweiterte bie Vil=
bungSanftalten ber S Prieftet unb wohnte — ber erfte DRonard) feit 500 Sahren —
bei feinem Vefudje in Semberg bem ©otteSbienft iu ihrer Somfirche bei. SSeniger
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gefchah für bie Nationalität bet Nutljenen, ba man in ben NegiernngSfreifen jener
3 eit oon ber irrigen Slnfchauung ausging, baff bie Sprache berfetben nur ein
©ialect ber polnifd;cn fei. Grft im Sabre 1844 befferten ficb bie Sßer^ältniffe auch
in biefer Nietung burcb bie fBeftrebungcn beS ©omberrn ÄufiemSfi, ber c8
bewirfte, baff bie rutt;cnifd)e Sprache wieber in ben 8anbfchulen eingeführt unb im
Sabre 1845 baS erfte ruthenifche Mebuch wieber gebrucft mürbe. $llö bann im
Sabre 1848 baS princip ber nationalen Gleichbered;tigung jur Geltung gelangte,
waren bie Nutf)enen in ber Sage, ihre Sprache grammatifalifcb unb ortograpbifcb
feftjuftetlen unb felbft ben Singriff beS GultuSminifteriutnS auf bie rutljcnifcfje Sd;rift
jurücf$uweifen.
©er Nutfjene ift »on mclandjolifdjem Semperamente, in feinem Sluftreten, Gr»
wägen, £anbetn beinahe laugfam burd; einen auSgeiprccbenen §ang jur Plebitation.
Sm ^Benehmen ift er juoorfomntenb, juweilen benot, aber in feiner ©emuth bod^
oon unoerfennbarem Srofje, wenn Semanb feine Nationalität ober feine Äirdfe
angreift. 91n Gelehrigfeit unb Gefdjicflidifeit ftebt er bem Polen im Slllgemeinen
nach, bagegen übertrifft er ibn an Sine bauet, Sreue, $(nhänglichfeit unb faltem
Niutbe. Gaftfreunbichaft ift eine Seibenfclmft ber Nutbenen unb Sebermann übt fic
mit einem Satte, wie er feiten angetroffen wirb. Gr felbft lebt uncnblicb einfad),
gegen bie 33ufowina fjäufig oon PlaiS, in ben Äarpatbeu nicht feiten oon £>ajer»
» brob unb begnügt ficb ^iner $ütte au8 Schur unb SSeibennttben jufammen*
gefegt, ©er Körperbau ber Nuthenen ift weit fräftiger alö ber ber 'Polen, jebccb
ooll 'Proportion unb in ben £arpathen=Gegcnben unter ben tpuguleit oon wahrhaft
circaffifcfjer Schönheit
Slbgefehen oon ber SSirfung, welche bie Neoolution beö SahreS 1846 auf ben
gatijifdjen 23auer ausübte, ift biefe auch bemerfenömerth baburch, baff fie bie
rutbenifcbe Nationalität oollenbö mad) rief, bisher hatten bie polen Galijien immer
als polnifcheä Sanb betrachtet unb bie Negierung baöfelbe wirtlich als foldjeö Be»
hanbelt. Se^t ftetlten bie Nutbenen, erbittert über bas namenlcfe Unglücf, welches
ber Slnfftanb über baS Sanb brachte unb burd' baS Geberben ber Polen, als wären
fie allein bie Sperren beS Sanbeö, ihre nationalen Slnfprüche in ben Sorbergrunb,
erflärten ficb als bie Ginhcimijcben unb bie polen alö bie Ginbriitglinge unb
proteftirten energifch bagegen, polen gu fein, ja nur alö fotd;e ju gelten. Sie oer=
theibigten fich gegen 1 bie pclnijd)en Poftulate unb ftellten fief) unter bie Salme
©efterreicbS, anerfeiutenb, bah biefeS juerft ihrer Nation bie oon ben polen geraubten
$Dienfd>ens unb ^Bürgerrechte wiebergegeben habe.
©ie SSebeutung biefer Bewegung geigte fich einige Sahre fpäter im ooUften
2id>tc. Sn ben Ptärjtagen beS SahreS 1848 war auch Semberg ber Sdjauplajj
heftiger Scenen. ©ie SBeoölfermtg — ohne Unterfdjicb ob Polen ober Nuthenen —
ftrebte nach ben politifchen Grrungenfchaften, gu benen oon SSien auS baS SofungS=
wort gegeben war, uitb bie Sülfrer bet ^Bewegung hatten noch bie NiaSfe einer
loyalen Haltung angethan, um nicht Plijitrauen in ben Piaffen jit erweefen. Slm
21. Ptärg würbe auf bem Natl;haufe eüte SSerfammlung abgehalten, um fich “ber
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ein beftimmtes politifcpeg 'Programm ju einigen. Sa trat ein ORuttjene auf unb
oerlangte im tarnen beg rutheniid) en Seife«, ba 8 in D[t«@ali 3 ien bie Ptajorität
bet Seoölferung bi(be, Ülnetfennun g feiner Oted>te, Gleidiberechtigung feiner Patio«
nalität. SBütbenb warfen fich einige ber Slttwefenben auf ben Putbenen unb wollten
ifttt burd) bag Sanfter werfen, fo baff er fich genötigt fab), eiligft au 8 ber Ser«
fammlung gu flüchten. Sie Söirfung biefer Scene war, baff bie Putl;enen fid) oon
ber gemeinfamen Bewegung trennten, als felbftftänbige Partei in Hemberg organifirten
unb bei ber immer entfebiebener beroortretenben, (Defterreid) feinblidjcn Spaltung ber
^olen befcbloffeit, geftüpt auf bie überwiegente Sauernbeoölferung, mit ber Oiegierung
$anb in Jpaitb ju geben.
9(18 fpäter bie Söableit für beit conftituirenben 5 ?eid)gtag auggefebriebett würben,
bilbeten bie Olutbeuen in Eemberg ein Gomite, beffen Aufgabe eg war, ber pol«
nifeben Partei überall entgegenjutreten, eine Seputation begab fid) an bie Stufen
beg Jhroneg, nm bem Äaifer unoerbrücblid'e Jreue gu geloben unb um Ginfüffrung
ber ruttjenifchen Sprache in Schule unb 3lmt gu bitten unb eine Senffdjrift würbe
oeröff entlieht, in welcher auf Urfunben geftüpt ber Sewcig geführt würbe, baf)
£>ft=©aligien ein rutheuifcbcg Saitb unb bie i'anbeefpraehe bie rutfenifdie fei. 3 n
Scmberg eerfanimelte fid? ein Oöelebrtencengref; in bem über bie Grri<htung unb
Ginrichtung ber rutheniieben SoItgfd?ulen unb höherer nationaler Hnterrid;t 8 anftalten,
über bie Plbfaffung ber Sebrbücber für biefelben, bie geftftellung ber ©rammatif
unb (Orthographie, bie 3ufammenftcl(ung eineö SSörterbucbeö uitb bie Silbmtg eineg
©elef)rtenüereineg für ©efdiicfte unb Sitteratur oerftanbelt werben feilte. Sie Polen,
fieoen unterrichtet, befcbloffen, bie Slbhaltung biefeg Gottgrcffeg nicht gu bulben. 3(18
bie Serfamntlung eröffnet werben feilte, erhielt Somherr Äugiemgfi ein Schrei«
ben beg bamaligeit peinlichen Gnbemiumgpräfibenten, worin ihm berfelbe ben
5Rath ertheilte, bie Sorfammlung nicht guiammentreten 311 laffen, ba er fietjere
2 Racf)rid;t erhielt, baff bie pelnifcbe Pationalgarbe oon Hemberg bie Serfamntlung
augeiuanberfprengen werbe. Ptan befd)lof 3 hierauf an ben comutanbirenben General
Saron .^ammerftein bie #rage gu richten, ob bie Oiegierung wirtlich nicht im
Stanbe fei, ben Sürgern ihreg Staateg ben gefep(id?en Sd'np gu gewähren. Saron
£ammerftein, ein entfd>loffener Solbat, antwortete gang furg unb bünbig: „Sie
ruthenifdje Serfamntlung wirb ftattfinben unb ohne jebe Störung tagen, ich bürge
bafür". SBirflid) war Semberg in grojfer 3(ufregitng unb eine £lutl) oon plafaten
unb Pamphleten über bie Olutljenen oerbreitet. 28äl)renb ber erften Sipnng erhielt
Ä'ujiemgfi burd) einem Cfficier bie Pachricht, bap bie polnifche Pationalgarbe be*
reitg auf ihre Samntelpläpe eile, bie Oiutbenen aber ruhig ihre Serathungen fort«
fepen fotlen. Sa ertönten frömmeln, ein öfterreid)ifd)e 8 Grenabicrbataillon mar«
fdjirte in ber Strafe auf unb fd)üptc auf biefe Sßeife, wie Äugiemgfi in feinem
Plemorial bemerfte, „bie erfte freie Serfamntlung ber ruthenifchen Gelehrten in
ihrem Saterlanbe unb in ihrer tpauptftabt" oor Gewalthätigfeiten.
32eld)e Haltung bie Putf)enen im conftituirenben Oteicfigtage beg Safweg 1848
unb feit biefer 3ett big gur Gröffnung beg öfterrcid;ifd)eu Peicf)gratheg confequent
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entnahmen, ifl ju lebhaft in bem Gebächtnijfe aller, welche bem politifd)en Seien
in Defterreicb einige fäufmerffamfeit geichenft haben, um weiter erörtert ju werben
9fibefongen=©tubicn.
2. Ute flfirnberger unb Ulriboncn.
3luf Grunb ber gewonnenen IRefultate eröffnet fid) ein locfenbeö Selb oon
Bermuthungen nnb ©ahrfcheinlichfciten. Gs hantelt fid) hier mehr noch um We
Ginleitung als um ben 3lbfd>lufi einer Srage. 3nt Bergleid) aber 51 t manchen Be»
hanptungen, bie in früheren 3 eiten anftanböloS in bic Suft gehängt würben, bürfte
oielleicht bocf) ein ü£f)eil ber folgenben Betrachtungen mehr Beachtung oerbienen,
als eine offenbare .£>hpettjefe in Slnfprudh nehmen fann.
Sti erfter Dieihe fteht hier bie Stage nach einer näheren Bezeichnung unteres
Nürnberg, beffen Borname mtö leiber nicht überliefert ift. £ie Unterfuchung über
Scbenöjeit unb Heimat beS SpriferS wie beS GpiferS führten felbftftänbig ju bem»
felben Grgebnih. SBit ftel;en am Anfänge bcö 12. Sahrfmnbertö S3a§ ben Gpifer
anlangt, f>atte ich früher einmal Gelegenheit eines weiteren barjutlmn, bah bie Ult*
garjüge .Geinridiö III., bereit fieg* unb ruhmreiche Gefolge namentlid) im füböft«
liehen ®eutfd)Ianb baS nationale Bcwnhtfein in ungemeiner SBeife honett unb fräf*
tigten, ber Boben feien auf bem fpätcr bic föftliche Srucbt beS 9iibelungenliebe8
reifte, baf? ber Getft unb bie Kämpfe jener 3eit fid) in bentfelben abfpiegeln. füiit
biefen ©orten hat Pfeiffer jene Sthatfadje anerfannt, unb nachbem er zugleich über
bie $)erfon bcö S5id)ters felbft einen üherrafdieitben Slnfjdjluh gegeben, bürfte eS an
ber 3eit fein baS tfiefultat feiner litterarifchen Sorfchungen mit jenen hiftorifchen
Srabitionen 3 « oerfnüpfen.
Stiefe Bermittlung liegt nahe nachbem unbeftritten feftfteht, bah wir ben
fDiinnefänger oon Nürnberg in bem ©efchlechte zu fudieit haben, welches im heuti»
gen JDcfterreich ob unb unter ber GnnS begütert war. S'lz rechnet biefe Äürnberge
3 U ben SDtinifterialen ber Grafen oon ©chala, Burghaufen unb fPeilftein. S)azu
muhte ihn bic Beobachtung führen, bah bie Nürnberger in ben £cl;en!ungcn unb
Berträgen ber genannten Herren oft 3 eugenichaft geben, wo bann ihr Sftarne neben
jene anberer SKinifteriafgeid^lechter zu ftehen fornmt. fKuch jener 99iageneS be Gfmrn»
berg, in welkem Pfeiffer ben 25id)ter bcö Siebes oermuthet, erfdicint mit feinem
Bruber Ctto oon fPolan unter ben ÜJiinifterialen *. ©ährenb nun gleichzeitig 9)ta«
genes in einer 'Paffauer Urfunbe unter ben Iird)lid)en DJiinifterialen genannt wirb *,
erfdieint Dtto be ^)olan 1142 ausbrütflich als „miles Sigihardi comitis de Scalah“.
Gntweber alfo mühten wir hier z roe i IPerjonen gleichen fftamenS unterf^eiben ober
1 f$i(j ©efrf». oon ÜRidjetbeurn. II 697 ff.
1 Mon. Boica. 28, 2, 91. Urhmbenbud) teö ganbeö ob bet ©miö L 477.
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aud) eine Sfeeitunoi ber b eiben 23rüber gwifchen ber Nirdfe unb ben ©rctfen »on
Sdjata amtefjmen. Jebettfallg aber ift, wie auä bent Sufammenhange heroorgeljt,
SRageneg nidit auf ben Nürnberg bei Siitj gu »crfejjett, fonbent in bag nieberöfter*
reic^ifcfje Nürnberg am SRanfbachc, in beffen SRähe bann fpolan, bag fieuti^c f|)olIe
unweit ber (Maf bei 3)ejienfird)en liegt; f;art baran finbet ficf) and) ein Heiner
Ort $Ranteng ')>olTaberg. 25ie leidet erfidjtlid;, hat eg mit ber genealogifdjen §cr»
fdjung in einer Seit, wo bie ©efchlecbtgnanten noch nitf)t fijeirt [inb nnb bie ritter»
liehen Stanbcguerhältniffe eben einem großen Umfchwunge entgegengehen, feine be=
fottberen Sd;wierigfeiten, unb mit bent gleichseitigen SSorfontinen eineg bianfen
fRameng ift uitg wenig geholfen. Offenbar erfcbeiiten in jener Seit minbefteng gtuei
gamitien biefes fRameitg, bie »ieHeidjt Steige beefelben ©ef(t)led;tes finb, in ben
öftlid;en Sottaugegenbett. £>abcn wir aber, wie icf) glaube, an ber .peimat beg
Sid;terg bei Sing feftgufalten,- fo blieben bie nieberöfterreidjijdjen Nürnberger aug
bem Spiele.
3e weniger wir aug jener Seit 5Radf>ri<$ten über bie Werfen eineg Saienbidjterg
erwarten hülfen, befto ntelir muff man bie duftere Stellung feitteg gangen ©efd;lecf*
teg in 23ctrad;t gieren. 33ielleid;t geftatten manche Umftdnbe einen !Rüd'|d)luf; auf
ben ©cbattfeitfreig nnb bie 2(n}cbauuitgen beg fRibelungcnbidjterä. Sarunt ift, wie
id) glaube, bag wie immer geartete 2lbbäitgigfcttg»erhältnifj ber Nürnberger von bem
dfiemgauer ©rafengeid)led;te itidjt gu überfein. Siete nachmaligen mäd;tigen @ra*
fen ooit Sdjala, 33urgl;aitfen unb ^eilftein finb bödjft tt>a^rfd>einlid) mit ben
fteirijeben Ottofaren unb bereit SBetteru, beit ©rafen oott Selo unb Sambadt, eincg
Stammes, fidter aber leiten fie ihren Urfprttitg oon jenem Slribo ab, weld;er mit
feinem 23tuber Suitpolb am (Sitte beö 9. Sahrhmtberto bie farolingifdje Oftmat!
oerwaltete unb mit feinem Sohne Jfaitrich hauptiädflicb an ber Serftörung beg
großen SRährcrreidjeg gearbeitet f>at >.
Sao Slttbettfeit feineg Sobeg, ben er auf ber 3agb burclt eilten 2luerod;)en
fanb, lebte lange in sBolfsliebern fort, fein ©efdrlecht aber, bag wir unter bem
fRamett Slribonett gitfammeitfaffett wollen, blühte mädjtig auf 2 . .(patte ihr Stamm»
»ater eiitft grof;e Diotb gehabt ficf) gegen bie Söhne feiner Vorgänger Silbdm unb
(Sitgelfchalf gu behaupten, welche Ülniprüdie auf bie 9Rarf ihrer 2>äter maditen, fo
mögen auch Slriboiten bie S3efej5ung ber neu begrünbetett ÜRarf burch bie
„^Babenberger" nicht gerne gefehen haben, lieber bett größten Shell beö füböftlichcn
23aient fchaltete bag ©eid) locht gwar nod) immer, aber bag alte Slitrecht auf bie
ÜRarf feineg 21 fug mochte eg nie gang »ergeffen, troü ber (Sntfdiäbiguug, welche
einem Sweigc ber gamilte 1056 in ber oberen Närittner 9Rarf Jütten gu SO^eil
würbe.
1 gilj a. a. C. nnb 33ud>inget: Ueber bie »Jlbftammung ber ©rafen ». Sdjala unb Surg-
häufen, tu ben Schriften ber f. baierifdtcu Sltabemie ber Sbifjeuübafteu.
1 Anna!Uta Saxo. Pertz M. G. VI. a a. 1104: „autiquissimam nobilitatem trahe-
baut illius famosi Erbonis posteri, quem in venatu a visonte peatia confossum vulgares
adhuc cantilense resonant etc.“
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©ur<$ beß Jtaiferß 9ftacht unb ©nabe fonnten bie friegcrifd;en Slribonen ifyte
ehrgeigigen 3wecfe am heften förbem, bcch ftefjt cß bamit gang im ©inflange, wenn
ihre gewohnte f»eifchenbe Gegebenheit wicber einmal in fcrbernben Srcg unb ©nt*
porung ttnifddug. 9ln .peinridjö III. Ungarfriegen beteiligten fie ficf) mit aller
Äraft unb Slttfopferung. So fiel einer oott ihnen, ©raf Sigo, in ber Ungarn*
fc^tadjt beß Sahreß 1044 am 5. Juli (Saigburger 9lcfro(og. Mon. lioica. XIV.
357). 3unt Sohne für biefe guten Sienfte erhielt Dielleicht im Sabre 1045 jener
Siegfrieb bie neu eroberte jüngere JDftmarf gmn Sehen, wenn gilg unb Vudmtger
beufelben mit 9iedjt gu bietet gantilie gählen. Sie rufjmreid) aber gwei anbere
50titglieber berfelben in ben Ungarfriegen gefampft baten, würbe bei einer anberen
Gelegenheit einet? weiteren erörtert, (©ermauia VI. 4. 1802.) Gß finb bie beiben
23rüber Voto unb 2lribo, bie 2 ebne bes baierijchen pralggrafett £artwig, in beiten
wir oor allen geid)id;tlid)e »Prototype ber Slibelungenbelbeit gefunben gu haben
glauben.
©aß ritterliche S)icnftoerl;ä(tnip ber Äüntberge gu ben »2lribenen wirb unß mit
Uiedtt fchliejjcn laffen, baf; aud; fie an ben Ungarfriegen regen 2(ntf)eil genommen
haben, baff alfo unfer ©id;ter unter bern ©ittfluffe ftolger unb begeiftember gami»
lientrabitiouen aufwncbß. daraus unb auß ber begreiflichen »Parteinahme beß ©ich*
terß für bie befreimbeten Slribonen bürfte fiel) erflären laffen, warum fein 9)larf*
graf nicht im babenberg'idk'ii Süielf, fonbern in $)ed;larn refibirt, warum er bie
Sbeilung ber SOIarf annimmt, ©r ging hiebei wohl oott einer Vergangenheit auö,
wie fie im Styoofje feiner gantilie unb feiner Partei als Wahr galt'unb wie fie
ba außgemalt würbe.
23übinger (Defterr. ©eichicbte 2. 4(!(’)) halt für wahrfdieinlich, baff bie elften
neueren ÜOiarfgrafen Vurchatb unb ber Vabenberger Suitpelb oor ber ©roberung
9Welfß il;reit gewöhnlichen Schuft gu »Pöchlarn gehabt hätten, wo oon alterßber
eine feftc Vurg ftanb '. Sir wiffen nicht, weld;cn Stammeß 23urd;arb war, oiel*
leicht war er ein 9iad;fomme beß legten faroliitgijchett 9Jiavfgrafeit 2lribo unb oer*
baufte biefem Umftanbe fein 2lmt. ©ben io wenig fenneii wir ben Sijj ber älteren
©rafen in ber Dftmarf. Sollten auch biefe itt »Pöchlarn gewohnt haben, fo rnüfcte
man annehmen, bafj ber Veftytitel Diegenßburgß auch bamatß nidd factifty ober
boch nicht auf bie 23urgfefte auögebehut gewefen fei. 9)iit ber ftolgen ©rinnerung
an bie einftige 5Jiarfl)evrfchaft tonnte fidt baß »Jlttbonfen einer folchen, oielleicht un*
oerbürgten ShatiadK leicht im 23ewuf;t|’ein ber 5Jlad;fentnien erhalten haben. 9iadj»
bem oott ber Etagen bereitß Oiübiger fpecioll ber oberbeutf^en Sage gugewiefen,
erflärt 'Pfeiffer bie herrliche ©cftalt beß DJIarfgrafen gerabegu für eine ©rfinbung
beß Slibelungenbichterß. ©iefet »2lußfpruch ift jebcnfatlß weit fafjlidjer, alß bie 9)1ei=
nung berjenigett, welche in 'Kübiger „Suotanß treuen Begleiter, einen gu einem
menfchlichen gelben herabgebrüeften glängenben ©ätnon" erblicfen. ©inige fruchtbare
1 Urf. Subtrigd n. 832: „Locu ■< nbi antiquitus castram fuit, qui dicitur HeriluEgo-
burg .. .<* M. B. XXV11I. a. 21.
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©enealogen fabelt freilich nodf bis auf bie ncuefte Beit bie gefcficftlidje ©irifteng
etneS efterreicfifdien SDiarfgrafeit Diübiger aufrecht ermatten wollen. Ginc berartige
Ausbeutung beö ©peS, ober vielmefr biefer Act ber Pietät gegen SagiuS unb
33rugfd> fann ein fiftorifd;eS ©ewiffen um fo weniger anfecften, als man nacf bem
guten alten Safe, bajj femanb, wenn er fcfon lügt, gurn Rommen aller Älugen
gleid) tücftig lügen foll, fogar gwei 95 iarfgrafen ßtübigcr I. unb n. mit genauer
Angabe ifrer SebenSgeit aufgufüfren im Stanbe ift.
©ie eingige, wenn aucf gang ungulängliche, bc<f) urfmtblicfe 2 e;rtfteße, worauf
fid jene ©ielefrten noch glaubten ftüfen gu fonnen, finbet fief in einer Urfunbe
33ifd)of $>ilgrimS von 'Paffau », wo im 2e;rte 9)iarfgraf Suitpolb unb fein Vorgänger
23urcfai - b, unter ben 3eugeit aber genannt werben: „Marchwart comes et frater
eius Rudker.“ Aber aucf biefen aßgu fcfmalen 23oben fat ifnen bie Äritif unter
ben Büfjen weggegogen 8 . ©iefeS von 33übinger fo genannte 'protofoß ^ilgrimS
ift jebenfaflS eine fpätere gälfdfung, unb wäfrenb bie meiften uitterfcfriebe»
nen Beugennamen anberen Urfunben auS ^ilgrimS Beit entnommen finb, ift bie
©ntlefnung ber beiben genannten nid;t naefguweifen. So ftefen wir benn wieber
auf bem alten <$lecfe unb haben eine unverbürgte Uebetlieferung vor unS. §äßt
aber bie §ülfdfung, wie 23übinger mit ©runb vermutet, in baS Saft 1137, unb
fomit in bie ©ntftefungSperiobe beS ßlibetungenliebeS, fo ginge barauS wenigftenS
fervor, baff in jener 3eit noef baS Aitbenfen eines ©rafen Siüfciger lebte, ben man
für einen Beitgenoffen 23ifdiof ^ilgrimS hielt. 33emerfenSwertf f (feint mir, bafj
aud) ber SRSncf SDteteHuS von 2egernfee um 11 GO, nacf bem er fcfon baS SRibe*
lungettlieb fennt, von ben Saaten „beS ©rafeit ffiogeriuS" an ber ©rlaf fprieft.
SSiefleicft fteft hinter biefen Andauungen eine geicficftlicfe s Perfünlicffeit biefeS
9lamenS, jebenfaflS aber hat man in ber erftcit Apälfte beS 12. SafvfunbertS in
ber Dftmarf bereits an eine folcfe geglaubt. AuS biefer localen Srabition fann
aud) ber ©id;ter bereits baS 9)iotiv 3 U feinem SWatfgrafen entlehnt fabelt, ob ga*
milienbegiefungeit babei im Spiele finb, ift freilief) nieft 3 U ergrünben. Auf einem
berartigen Bufamntenfang gwifefen ©efefiefte unb ©ieftung wirb fid) aber afleS
befcfränfeit, WaS für bie Anfänger beS gefd)i<ftli<fcn fRübiger gu retten ift.
©rwäfnung verbient fier viefleieft no<f baS Sd;icffal eines ©liebeS ber Ari*
bonen=$amilie, nämlicf jenes mastigen ©rafeg Siegfarb, ber im ©ecember beS
SafreS 1102 in IRegenSburg ermorbet würbe. Sn ©egenwart Äaifer ApeinricfS
fatte er gu laut über bie 23evorgugung ber ftremben vor ben Saiem gemurrt unb
alSbalb warb er ber ©egenftanb beS aßgemeinen ApaffeS. ©ie Herren vom Apoflager
liefen ifrem Unmutfe freien Sauf unb von aßen Seiten bebrängt, vertfeibigte fiep
Siegfarb fecfS Stunben lang in feinem Apaufe, mufjte fief aber bann ergeben unb
warb von feinen geinben entfauptet. ©er fdjwacfe Äaifer aber fonnte ober woßte
vielmefr biefer Spucfjuftig nieft ©infalt tfun. Sn ben Apauptgügeit unb bis auf
ben Flamen erinnert bieS gactum an Siegfriebs ©rmorbung im Siebe ©ine un«
1 Mon. Boic. XXVIII. II. 86 unb 208, 'Dieiller 9icg. 1, 4.
1 33 üb in g er, £. 491 ff.
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»otfid)tige Sleufjerung ftürgt einen mächtigen ©aft am Jpoflager inS Herberten,
gefwffige 33afallen verüben bie ©ewalttbat gu C5l;ren eines .Reuig?, bet - biefelbe
3 »eibeutige Stolle fpielt, wie ©untber. Serbiente biefe Sinologie an fiel) and; feine
93eacbtung, fo erhält fic hoch als ©lieb einer gangen Steifte, als ein weiteres 33rud)=
ftücf aus bem ©eficf)t 8 freife beb 9libelnngenbi«|terb eilten geti'iffen Säerth; um fo
mei)r alb bet SJtorb non jRegenSbnrg, ber im ganzen SSaterlanbe Sluffeben erregte,
in bie Sugeitbja^re be§ ©id)terS fällt.
©iefer ©raf Siegharb ift ein 5>ieffc jener beiben .gelben aus ben Ungar*
fdjlachten .fbeinrithb III. SBote unb Stribo ftarben um biefelbe 3eit in £)ol)em Filter.
SlllerbingS mögen fie gleich alten liefen in bie neue ©eiteration bineiitgeragt
haben. Sie Ratten jicb in ihrem ruhmreichen Sehen aber and) mit ben Säaffen beö
©eifteS vertraut gemacht »ab für jene Seit fidier nid)t vielen 8 aienperfonen nadi*
gerühmt »erben fonnte, unb eb mochte ben ©reifen ©enugthuung gewähren, bab
gu ergäblen, »ab fie alb fDiänner frenbig getban unb gelitten hatten. Säeldie Schule
fonnte bicb für einen jungen ©enius fein!
Solchen localen nnb gamilientrabitionen oerbanft ficberlidi ein anbereb ©lieb
beb Slribonenftammeb feine l'lufuatime ins Slibelungenlicb, nämlich ber Sifchof 'Pil¬
grim oon paffau *, ber burcf) bie Kombination eines viel jüngeren ©iditerb gu
bem ungerechtfertigten Siubme eines fÖiäcettab gefommen ift; ja man ift fo »eit
gegangen, ben füböftlichen Slubgang ber inittelbcd'teutid'en Sitteraturblüttie aub ber
fruchtbringenben Sßirffamfeit biefes fonft übel berüchtigten 'Piaitnes 31 t erflären.
©iefe Slnfiditen fußen bloß auf ber trüben Siacbridtt einer noch trüberen Quelle;
auf einigen 33erfen nämlich jenes Sieimfünftlere, ber mehr als 3 »ei Sabrbunterte
nach s Pilgrimb Sobe „bie Älage" »erfaßt hat. ©ine .ftauptftüße für bie bisherige
gläubige Sinnahme jener Slubfage liegt »ohl barin, baß man fich nicht 31 t erflären
wußte, wie „ber 58ifd)of ’pilgrim burch einen großartigen Slnacbronisnms alb mit*
betheiligte, hanbelnbe perfen in bab Siibelungenlieb eingeflochten würbe, wenn nicht
babiwch, baß er felbft bei ber Sammlung ber im 93olfe umgehenben Sieber unb
Sagen oon Siegfrieb unb ben SRibelungen unb beren Dtebaction in ein 2?ud; bie
£anb im Spiele gehabt habe“. Stuf biejen ganj negativen ©runb hin hat man
ihm berat gu feinen anberen urfunblichen gälfdjungen auch noch t'ie gälfdfuing bet
Sage gugemuthot. ©er 3»ecf, ben biefe gälfchung im ©egenfaß gu jenen haben
feilte, ift nicht gang flar, völlig unbegreiflich aber ift mir, mit welcher Stirne
ein gleichzeitiger Schriftfteller, ber boch in jenen Sagen offenbar mehr 23af)rheit
alb ©ießtung finben mußte, feinen 3 citgeuoffen gegenüber ben Sßamen einer leben*
ben periönlichfeit in ben fchlichten ©ang ber gabel, ja in bie gamilie ber gelben
fo unumwunben einfügen fonnte. ©h ne gwiugenben ©runb fncht man ba hinter
ber volfsthümlichen ©id>tung noch eine offenbare Süge. 33ei biefer Sinnahme fd)ei*
1 Ekkehard Chron. ad 1104. M G. VIII. p. 225 : „Quorum ulrumque literis et armis
atque rebus satis profecisse cognovimus.“
1 ®tebe: 2)ümntlcr, 5)r. (£rnft Subroig: »on paffau tmb ba$ $orcfy.
Seipjtg 1854, ®. 31 ff. unb 163 ff. über befjen 2lbftammung.
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nett mir benn bod; gu moberne 9lnichauungen mitgewirft gu haben. dagegen wer»
ben wir eS gang rntb gar nicht auffallenb finbett, baf) ber 9?ibehmgenbicbter beS
12 JahrfnntbertS einen tKnachronismuS beging, wenn non einem StadnoniSmuS
jWif^ett einem cjeid)i(f>ttid>en gactuni nttb bem, „waS fich nie unb nirgenbS h a *
begeben", bie Stebe fein fann. Sie bie ©egenftanbe bei einer gemficht, fo unb nod>
mehr rüden bie ©eftalten ber Vergangenheit in ber rolfetbümfichen Ueberlieferung
gufamnten. SaS Slnbenfen beß ehrgeizigen VifdfofS batte fid; Biß bahin in ber Sa*
milie beSfelbett fidjerlid) erhalten. Verfemte nun ber ihr nabeftehenbe ©id)ter bie
Sage einmal in bie ©onaugegenben, io brängte fich ihm mit |)affau audi ohne
weitere s Jiebenabfid)ten ber ältefte Vifchof baielbft auf, non bem er Äunbe hatte.
Sein patriar<haliid;er, frauenhafter Vifchof Pilgrim hat mit hoffen biftorifeber ^)er>
fönli<hfeit auch weiter nichts als ben blaitfen Dlamen gemein. 93?. ©haufing
2>ie (Siööcrforguno großer £täbte.
Saffcr unb ©iS finb zwei glcid; wichtige Vebürfniffe für baS gewerbliche
wie baS bürgerliche £ebeit. Siegt cS fdwn in ber 9?atur fo manchen Snbuftrie»
gweigeS nur weiches Saffer benütjen gu fömten, fo giebt eS wieber eine gange
!)ieihe oon ©ewerben, welche gum betriebe ihres ©eidnifteS baS ganze Jahr h*u*
burch ©iS bebürfeit. Unb ift in uuferen Haushaltungen gutes Saffer nothwen»
big, um Steift unb ©emüfe weid) lochen gu formen, fo teiftet auf ber anberen
Seite baS ©iS treffliche ©ienfle als ÄühlungS» unb ©onferoirungSmittel unferet
meiften 9?ahrungSftoffe unb ©etränfe, wi e Steifet), ©emüfe, Vier, Sein, 93iitd) u. f. w.
©3 erhellt hieraus bie grofje Sichtigfeit bes ©ifeS für bie Vetölfermtg einer
Stabt nid)t nur in öfonomifd;er, fonbern auch in fanitätlicher Vegiebung. Unb ift
eS eine ©rrungenfehaft ber neueren 3eit, in allen Stocfwerfen beS Kaufes gn jeber
Stunbe frifcheS unb gutes Saffer gur Verfügung gu haben, fo ift bie Sorberung
eine nid;t minber gerechte, auch in hinreidienbev 93?enge unb gu billigem greife
für gewerblid;e unb wir tbfd)aftlid;e 3wede benüfjen gu fömten.
©ie ©iöfrage gehört baher wie bie Safferfragc gu ben eommunaten unb foHte
beren Söfung ton Seite ber ftäbtifchen Vehörbe bie nötige Slufmerffamfeit ge»
fchenft werben, nicht nur im Sittereffe bet Vetülferung, fonbern auch in bem bet
Stabtcaffe. ©3 ift fein 3weifel, baff bei ber tielfadjen Ulnwcnbung beS ©ifeS ein gut
organifirter ©iöbanbel für jebermamt eine Quelle bes Dieidjthumes würbe, weldjer
fi<h bie Verforgung einer Stabt mit ©iS gur Aufgabe machen, b. h- beren Vetöl*
ferung bie 93iöglid;feit bieten würbe, gu allen Beiten billiges ©iS begiehen gu
fönnen.
So oiel unS befannt, haben bis jefjt bie Vel;ürben feiner Stabt bie ©iöfrage
felbftthätig in bie £anb genommen, fei eS, weil fie bie Sichtigfeit ber grage ira
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SlUgemcinen untcrfcbäßen, fei eö, weil fie bie fpiadereien eines fclchcn ©eidtäfteS
oernteiben Wollen. Sie 23erforguitg ber Stabte mit Gib bleibt babei' ben einzelnen
privaten übertaffen, ooit bene» jeber feinen eigenen 33ebarf beeft, ober ift ©egen*
ftanb größerer Unternehmungen geworben, welche einen gut organifirten Giöhanbel
mS Sebeit gcntfeit haben.
Sichrere Stabte Seutfcblanbö erfreuen fid) bereits ber SBcrtbeile einer ratio*
netten Giöocrforgung. Sßir neunen in erfter fjinic bas ftrebfame lleipgig, in wel*
d>em feit 1854 bie 2?enüßung beö (Sifeö gu bauöwirtbtcbuftlicöcn 3wecfen eine all»
gemeiuete geworben ift, Sauf bem nach amerkanifchem föiufter eingerichteten GiS»
häufe beö .sperrte Seif che, welches jeber .spanehalhtng Gelegenheit bietet, täglich
ein beliebiges Quantum GiS für oerbältnißtnäßig billigen "Preis gu erlangen. SSie
Einlage unb Sauart beö ApaufeS, ift foweljl bie Gonfcroirung beS Gifeö als auch
bie bequeme Senüßung tson Seite beS publicumö eine fo praftifebe unb ferner ber
GiShaubel ein fo gut organifirter, baß wir nicht umhin fönnen, in Äürge bie ©runb»
güge beS gangen Unternehmens gu ffiggiren.
SaS GishaitS (Giöfeller) ift groß genug, um bie gur Sedttng beö jährlichen
Sebatfcö nötigen GiSmaffen aufguuehnien unb faßt gegen 80.000 Genttier. SaS
•fpauS ift gweiftödig, guni Jheile unter, gum £bcile über ber Gtboberflädpe, an
einem Keinen Slbhange gelegen unb non brei Gingängen gu betreten, bie in »er*
fchicbener Apühe fich befinben. Ser höchftgetegene Gingang wirb benüßt, wenn bas
.pauö gefüllt, bet tiefftgelegene, wenn bas ApauS halb leer ift. Sie Giswagen feit»
nen babei in befoitbere Vorhallen einfahren. Sae Gib wirb beim Ginfahren burd;
Berfägen ber GiSbede mit einer großen Schrotfäge in möglichft gleidpmäßige, gerab«
flädpige 531 ecfe gerf dritten unb biefe gur majfioen GiSntauer aufgebaut, wobei bie
Keinen GiSbruchflücfe als 3>niid}enlagc ber Slodfdsichte benüßt werben.
Ser ©runb beS Kaufes ift mit hoher Äieelage unb über biefer mit einer
15göHigen Schifte non getroefneter ©erberlohe bebedt, um bie Sobeitwärme ab»
guhalten. Sie SBänbe beS GisraunteS finb wie gewöhnlich hoppelt unb ber 3ioifd)en=
raum ift theilS mit Hohe, theilS nur mit einer ruhenben ^uftfebidpte gefüllt. Um
ben GiSraum herum führen ©alerien, bie nach außen burch bide SOlauent unb
Apolgwänbe abgefdjloffen finb, nach innen burd) ätlappen mit bem Giöraume be=
liebig in Serbinbuttg gefeßt werben fönnen, fo baß fich bie Jemperatur biefer ©a*
lerieen beftänbig auf + 3 ©rab bis 4 ©rab GelfiuS erhalten läßt. Siefc ©alerieen
finb in eingelne 3fden geteilt unb werben an gleifdi», SBilbpret», Sifdj», Qbftftänb»
ler u. f. w. nermietliet, welche in bieten Räumen felbft währenb ber größten
Sommerhiße ihre SSaaren fühl aufbewahren unb tor bem Serberben fdtüßen
fönnen. Siefe Ginrichtung ift eine wahre 28ohlthat namentlich für bie fleineren
©ewerbtreibenben unb Jpänbler, welchen in ben Stäbten nieift nur fcblecbte, oft
bumpfige Äeüer gu ©ebote ftehen.
lieber bem GiSraum, welcher eine .spöhe uon über oier Älaftcrn befißt unb
burch heibe Stodwerfe geht, beftnbet fich ein .fpeubeten, um baS Ginbringen bet
SBarme oon oben gu »erhinbem. SaS Sach befteht ebenfalls auS hoppelten, mit
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fcßledten SBärmeleitern gefüllten SBänben, unb erhält »on außen einen Selcement«
anftricß mit Äreibe, um burcß bic bette Sarbe bie SBirfung ber ©omtenjtraßlen
auf bae SDiinimum ju rebueiren
©o »iel »on ber Gonftruction beß Gißbauieß unb nun $um Gißßanbel, weiter
folgenbermaßen orga nifivt ift.
' Saß Giß wirb ben Äuubjcbaften in befonberen Stagen inß .^auß geftellt, wo=
bei für eine tägliche Lieferung »on 10 ^funb Giß ein monatlicher Abonnements*
preiß ton 2 übalem entrichtet wirb. ScbettM man, wie bebeutenb bie Serlufte
finb, bie namentlich eine größere Öauebaltung babuvch erleibet, baß bie SJlabrungß*
mittet, Getränte unb ^bereiteten ©peifeit im ©omnier rafch »erberben, unb wie
groß bie Annebmlicßfeit ift, auch bei ber größten .'pifje 9Jiilch, 5ßein, Sutter, Slrifcß
fühl unb frifcß wie im Sßinter erhalten ju feinten, fe wirb man »er ber ^pcbe
eineß felcbeit Abounementeß nicht jurücficbrecfeu. Sie SSagen finb »on lacfirtem
Siech, mit gut fd;licßenber ütfnir, ebne Benfter, inwenbig mit gpelj »erfleibet unb
mit Saftmatten behängt, bie »en gehaltenen Santieitreifern, welche ber Reibung
beß Gifeß am beften wiberftehen, gehalten werben. Saß Giß liegt frei im SSagen
unb wirb in einem Gefäße in bie Jßebnmtg getragen, we eß »em Abonnenten fo=
fort in Gmpfang genemmen werben muß.
Bur Aufnahme beß Gifeß in ber Sßobmutg beß Abonnenten bient ein Giß*
fdjranf ober eine Giefifte, b. h rin auß ,£)olj gefertigter faftenähnlicher Sehälter,
weiter neben bem fleineren für baß Giß beftimmten Sache noch einen größeren
Slaum für bie füßl ju (wlknben ©Reifen unb Getränte enthält. Sie ©chränfe
finb burd)auß boppetwanbig unb inwenbig mit Binfblech außgefcßlagen. Saß burch
baß ©cßmeljen beß Gifeß erjeitgte SSaffer fließt nach außen in ein unter ben
©chranf geftellteß Seelen ab; bodi ift baß Abflußrohr an feinem Gnbe mit einem
befonberen Sentile »erleben, um ben Butritt ber 8uft abjußalten. Bur Aufteilung
ber Slufchen, ©d;üffe(n u. f. w. im ©djranfe finb paffenbe Geftelle angebracht. Gß
ift wichtig, baß ber Giefcßranf über 9lad;t »on 3rit ju Beit gelüftet unb üfterß
forgfältig außgewifdit unb getroefnet wirb; eben fo baß rieeßenbe ©Reifen, wie
Ääfe u. bgl. unter Glaßglocfen geftellt werben, bamit bie anberen ©peifen ben
Geruch nicht annehmen; bie Große unb Ginricßtung ber Gißfiften ßängt »on ber
Sebeutung ber ju »erforgeitben .paußwirtbfcßaft ab unb eß giebt beren »on allen
Sormen unb Größen.
Sie Sierfüßler finb noeß ju erwäßnen. ©ie befteßen gewöhnlich in großen
Gißfiften, beren dläume bie Meinen Sierfäffer aufneßmen, ober in einem in
©<blangenwinbuttgen gebogenen Dioßre. Saß 31oßr wirb in einer »iereefigen niebe*
ren Äiftc eingefcßloffen, welcßc mit Gißftücfen angefüllt wirb, unb fielt bureß einen
•£)aßn mit ber 'Pipe beß auf bie Äifte geftellten Sierfaffeß in Serbinbung. Sutcß
ben geöffneten §aßn fließt baß Sier in baß ©cßlangenroßr unb füßlt ficb auf bem
langen Söege in beffen Söinbungen ab.
Seß Gißbrecßerß bürfen wir fcßließlicb nidßt »ergeffen, welcßer, wie fein 9iame
anbeutet, jur Serfleinetung ber größeren Gißftücfe bient. Gr befteßt auß einem
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Stab mit fdjarfer Spifce unb einem auf bem Stabe figenbeit verfebiebbaren @e=
triefte. ©eint ©ebrauebe ietet man bie Spine auf baß 311 fpaltenbe Stütf ©io unb
fdjleubert baß ©ewid;t mit ©ewalt von bem oberen föube beß Stabeß nach ber
Spipe gu, um baß Giß außeinaitber gu bted;ett.
©ie eben ffiggirte Gioverforgiutg non geipgig t)at fid; feit halb einem 3 al;r=
gefeilt bewährt mtb führt' unß alß wefentlid;e ©ebittgungen gut gebaute Gißfeller,
einen vollfommett organifirtett Gioverfauf unb enblid; gmeifniäfjig eiitgerid;tete Gtß=
fdjränfe vor.
Waß hefigen bie meiften Stabte beß Goittiiteuteß non alle bem? Äaunt bie
Gißfeller unb aud) bie in gang primitivem 3uftanbe. ©ewöhididie Atelier bienen
gur Ulufnafeme beß hineingewerreitett Gifeß. Üluß falfd) verftanbener Defonontie wirb
jebe Slußgabe für bie gweefmäfsige (Einrichtung beß Gißfelterß, refpeetive für bie
Grl;altung beß Gifeß vernticben, weld;eß baffer iu ber Siegel fdu'tt im Apod;fomnter
veriebwinbet, wübrenb eine flehte t’lußgabe bingereidtt batte, eß biß in beit Winter
bittein gu erhalten. Gß ift von Wefenfeeit, baf; baß auf bie oben angegebene Slrt
angeführte Giß in einen Siautn gelegt werbe, tveldjer burd) fdjledjte Wärmeleiter
fotvobl gegen bie Wärme beß ©obenß, alß aud; bie ber Wänbe gefdjüpt wirb, unb
bafj ferner bem Gißwaffer ein bequemer Ülbflttf; geboten werbe. 3u erfterent 3wecfe
verfteibet man ©oben unb Wättbe beß giß Gißgrube verwenbeteu Äellerß mit einer
hoppelten ©rettermanb, bereit 3 wifd;eitraunt mit Stroh, üfiooß, tpeu, Säge* ober
^obelfpätten ober aud; blofj mit einer 8 uftfd;id;te angefüllt Wirb, uttb gu bem
gweiten 3 'vetfe bient ein böljenter Sioft, welcher fid; über bent boppelwaitbigcu
©oben ert;ebt unb geneigt ift. ©urd; beffett 3mifd;enräume tropft baß Gißwaffer
ungehhtbert butch, fammelt fid; auf bem eigentlichen ©oben uttb fließt ab.
Ueberall jebod;, wo man itid;t wie in Stabten beß befdjräitften Staumeß
wegen barauf atigewiefen ift, bie Gißgrubett unter bie Grbe gu legen, gic^t mau
bie über bem hobelt errichteten Gißfaftett Wegen il;rer geringen Slnlage= unb Gr*
haltungßfoften vor. ©iefe Ataftcn werben itt einer Weite unb qbebe von (i biß 10
Suff gebaut, hefteten anß hoppelten, mit fd;ted;ten Wärmeleitern gefüllten £olg*
wänben unb geftatten einen continuirlid;eit X'lbfluf; beß Gißwafferß, weld;eß burd;
ein in eine Schale mit Waffer taud;enbeß 9iöl;rd;en abfliefjt, ol;ne baff bie äufjere
2 uft itt baß Snnere beß Siattmeß treten fattn. 'M;ulid;c Äafteti, nur etwaß Heiner,
bienen auch gum Seetranßport von Giß, mit welchem ein bebeutetiber qpattbel
hauptfädhlich von ©ofton in bie vereinigten Staaten, nad; Gfeina uttb Sttbiett ge*
trieben wirb. 3 n 5fterb=2lmerica wirb baß Giß — fo mir berid;tet — in apütteu
auß 3 Sufi biefen Sorfwänbett, bie 16 biß 20 Sufi ©reite unb 12 Sufi .V)öt;e
Ijaben, aufbewahrt. ©arnit nun bie Wänbe gut halten, wirb ein ©alfengerüft auf»
gerichtet unb von aufjen mit ©rettern verfleibet, an bie fid; bie Sorf mauern ait=
legen, ©aß ©ange wirb mit einem Strohbach bebeeft. ©er ©oben ift 2 Sufi mit
©orf bebeeft. Wichtig ift, bafj bie ©orfftücfe gang troefen feien, unb bah bie Sugett
jntifchen benfelbett mit Sägeipänen außgeftopft werben. S- ©ötneheß.
Bkd/cnjdjnfl. 1868* Saut in.. 6
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©oetlje al$ ^olitifer,
Prof. ©r. &ofegarten in ©rag bat jüngft eine fleinc 33ro)f üre unter bem
Xitel: „©oetbe'S politiffc Slttffauung unb Stiftung" (23crlin 18G3,
Jpeini(e) berauSgegeben. Plan tf>ut nift unreft, wenn ntan heutzutage einer mb*
banblung über ©oetbe’S politiffe Slnfiftcn mit einigem Plißtrauen entgegentritt.
©S ift nur gu oft ff ott, unb gwar non bcu ocrifiebenften politiff eit Stiftungen
auS unternommen worben, bie Autorität unteres großen ©ifters unb ©eitferS ge*
legeittlif für parteigweefe ausgubeuten. ©octbe’o Slawe l>at eben, weil baS 33olf
fit fennt unb eft, große Bugfraft. ®aitn aber bietet bie Unioerfalität eineg folf en
©eifteS eine SOfenge Stoffes für oerff iebette, unter fidi fctbft wieber entgegengefeßte
Stiftungen befdnänftereit ©eitfenS. Dbne 'Parteifärbung ift auf bie oorltegenbe
33roff üre nift. ©of beftrebt fif ber SJerfaffer oorerft bof, unb gtoar mit i’ieicm
politiff en Skrftänbniffe, im Allgemeinen unb naf geteilten Äategorieen bag wieber*
gugeben, waS ©oefc überhaupt über 'Politif gebaft fiat, Steilif oerftanb er eg
wieber nift, bag ©ange fünftleriff gu oerbittben. ©effalb tritt benn auf bort,
wo ber SScrfaffer an eingeltte Sentengen feine eigenen Anfiften aitfnüpft, eine
Parteitenbeng marfirter hervor. ©er Sterfaffcr [teilt fif babei auf ben Stanbpunft
ber ftreng biftoriffeu, wir möften fogar fagen alfiftcritfeu Sf ule in ber 'Politif.
©S ge^t allerbingS aug bem ©ebattfeitgange ©oef e's riftig b^or — nnb
fein Streben gum Stealen beutet ff on barauf bi« — baß er in ber politif £>ifto*
rifer unb in gewiffem (in politiffent) Sinne Ariftofrat gewefen ift. Aber ©oefe’S
biftoriife politif ift bof himmelweit »erifiebeit von ber biftoritfen politif jener
Sfule, auf bie ber S3erfaffer ber Söroifüre gu reflectiren ff eint. ©ir wollen fiiefür
nur einen Punft bervorbebeit. ©oettje war ber Attfift, baff man in ber Staats*
regierung bie SUergangeifeit mit ber ©egenwart verbinben muffe, ©er SSerfaffer
beutet hier unter attberem auf auf folgenben Saß ©oetbe'S: „man fönne eine jebe
Snftitution oertbeibigen unb rühmen, wenn man an ihre Anfänge erinnere unb
bargufuit wiffe, baß alles, wag von ihr im Anfänge gegolten, auf jefgt nof
gelte", ©er SSetfaffer meint nun, bafi biefer biftoriffen Anfidf ©oetbe’S bie be*
rühmte Stelle im Sauft:
,,©S erben fif ©efeß unb Siefte,
iVlir eine ewige flranf eit fort," u. f. w.
um fo wemger entgegen ftelje, ba ©ofe biefe ©orte bem PlepbiftopbeleS in ben
Plunb lege, ©r finbet alfo in biefer Stelle bie lebiglife Ironie beS XeufelS. ©a*
gegen müffeit wir nun bof behaupten, bafi ©oetbe, ber eben PlepbiftopbeleS ffetS
als ben beften politifer erffeinen läßt, gcrabe burf jene ©orte bem biftoriffen,
bem er anbing, bie vernünftige naturgemäße ©renge feßen wollte, ©emt Vernunft,
wie eS bort weiter beißt, bie gum Unfimt, nnb ©oblfat, bie gur plage wirb,
fomten bof auS bem Xitel ber ©eff ifte feine 33eref tiguitg ableiten, ©emt ©oetbe
aber bei einer Snftitution an ihre Anfänge erinnert, fo verfielt er barunter
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bie ratio, baß einer Snftitution ju ©ntnbe liegettbe natürliche ©ebürmif? unb
nimmt bie ©efchichte jitm prüfftein jener natürlichen ©runblagett. Gr meint eben
man fönne baß ipiftorijehe infofente ee eine lebenbe Sbce reprüjentire, nicht über
©erb werfen. Slnbererieitß ift £ß hingegen allerbingß wahr, baf;, wenn bent ßpifto«
riidjen, bem maß gewejen ift, niditß anbereß ju ©runbe liegt, atö eben biefe
ihatfache, unb eß nid;t 3 ugleich ber Außbruef einer fertfebenben ober ewig bleiben«
ben fittlichen Sbee ift, eß auch auß jener Jbatiadn' allein feine ©eredjtigung ber
Grifteng jdwpfett fattn. illubt aber hingegen baß äpifterijebe auf ber SBafiß innerer
IRetbmenbigfeit, ift es ber Außbritcf einer wirfcitbeit fittlid;en 3 bee, je braucht eß
feine ^Berechtigung auch gar nicht mehr in bem biftorifchoit beß ©ewefettfeinß
gu fuchen, eß finbet fie in bem fittlichen beß Seinß. 'Anbererfeitß wo ©oetlje 00 m
'Killen ber „©olfheit" gegenüber bem beß „SBolfeß" ip riebt, fafjt ber ©erfaffer
bieie Untertreibung treffenb herauß, wenn er jagt: „55?an mnf; non ber rJtnfidrt
außgehen, bah ein ©elf ein Wattgeß bitbet, nicht int Siaume allein, fonbern viel«
mehr in ber Seit, mit anberen Korten, baf? ein ©elf weniger bie Summe ber
heute lebeuben Snbivibuett ift, alß vielmehr bie gange Äette ber Generationen vom
'Anfang feiner ©ilbnng an biß auf ben heutigen Sag*. Sie ©rofd;üre ift für ben
politifer nicht ohne Sntereffe.
©rag, Sännet 1804. Sr. ifarl Sn eg er.
2)ic Reform ber Acad&nie des Beaux-Arts in ^oriö.
Sie parifer Äunftwelt ift burcf) baß faiferliche Secret vom 13. üftovember 1863,
weldjeß eine totale fTiefcrm ber Parifer Academie des Beaux-Arts unb ber mit
biefer in ©erbiitbuttg ftehenben ficole de Rome anorbnet, in Aufregung verleid Sitte
gtofje Angabl von Äünftlern haben gegen biete JReforntett preteft eingelegt, Sugreß
ift für bie sjlfabemie in ihrer gegenwärtigen ftornt, ©eule für bie ficole de Rome
itt bie Ceffentlidtfeit getreten. 9 iur frf;üd;tent treten bie imperialiftitd;eu Äunftrcfor«
niatoren für ihr Kerf in bie Schraufen. 'dlucf) beutfehe Äüitftler unb Äunftfreunbe,
ittßbefonbere jette, welche Anfänger beß bisherigen frangefifdjett äfimftunterrid;tß«
ivfteniß fittb, nehmen lebhaften Antbeil att ben Siefermbeftrebutigen in Srattfreicb,
unb fo bürfte eß angemeffen erfdteinett, biefelbett in Äcnntnif? ber ©orgättge, meldje
bie leicht erregbaren Äünftler an ben Ufern ber Seine itt ©cweguitg brauten, 31 t
fefen. Sßir thun bieß nach ben officiellen Acteitftücfen, unb 311 'ar bem Rapporte,
welchen ber sur-intendant des Beaux-Arts, Graf be Sfieuweferfe, att bett Ptarfd;all
©aillant richtet, in beffen tapfere ,'pänbe ber Äaifer Napoleon baß Piinifterium beß
faiferlichett ßpaufeß unb ber idienen Äünfte gelegt bat.
Sie 'Jlfabemie ber jdiönen Äünfte ober, wie fie je nt l>eif?t, bie ficole impe¬
riale des Beaux-Arts, würbe bisher nach ber föttiglichen Crboitnang vom 9. Slnguft
1819 geleitet. Sie Leitung ber Schule ift ben profefforeit anvertraut, bie gemein«
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fd>iftlicf)e Si^iingen abhalten. Sie wählen fid; ihren 'Präfibeitten unb 9Stcepväfiben=
ten. ©iefc betten, mit bem 'Pväjibcnteu bcö lebten ^abreb, bem Secretär bet Afa»
bemie unb einem bet 'Profefforen bet Ard)iteftur betörten bie ©efdiäfte ber Abmi«
niftration, bie (Sorrefpoubeu 3 mit beit 23el>övben unb mit bem publicum, ©er
minifteriellcn Approbation unterta^ t'ehr wenigeb. 2ßar eine s Profeffur oacant, jo be*
festen bie ^)rofe|joven bie erlebigte Steile, bem 9Jiinifterium mürbe nur einfach
Anjcige erftattet. (Sö mar jmar immer noch bie Sanctioit beb SRottardjen nötfjig,
aber eb ift feit 1819 nicht ein «all oorgefommen, in meldjem eb rättjlidj freien,
bie Sanction 3 U oermeigern. ©ie Sulaffung ber 3öglinge, bie greife, bie SBeur«
theilung ber (Soncitrfe fiel ben s Profefforen allein 3 U; bie s Profefforen allein führten
Steuerungen im Unterrichte ein. ©ie Afabetnie mar tropbem, bajj fie eine Staatb«
anftalt mar, autonom, unter ben älteren Vourbonen, unter Souib 'Philipp wie unter
ber SHepublif. ©ab gerabe aber ift cb, mab bem Jperrn o. Stieume feile am menigften
besagt unb mab er am (Eingänge feineb Diapporteb an ben friegbfunbigen füJlatfcball
oorerft unb am lebhafteren befämpft. 6 r finbet — unb barin bat er mobil Siecht
— bah k c i biefer Snftitution bab SJlinifterium beb bäuerlichen $aufeb unb ber
fdjönen Äünfte nicht im Stanbe ift, feine Leitung unb feine Sbecn bei ber Aba«
bemie gettenb 31 t machen, .sperr 0 . Slieumebcrbe ift audi gan 3 empört, baff auf biefe
Sßeife abjolute ©octrincn fich in ber Anftalt perpetuiren, unb bab in einer 3eit, in
ber bab publicum teine abioluten ©octrincn, bein Spftem gut I^eif;t — felbftoer«
ftänblich nur auf bem Selbe ber frönen Äünfte. 5Rid)tb ift baher natürlidier, alb
bah man bab Vefefjungbredi t ber oaeanten Stellen bem $)rofefforencollegium nimmt
unb in bie .V)änbe beb ÜPlinifteriumb, aljo ber 3 eit in bie beb .^emt 0 . Slieume«
berbe unb beb SRarfdjallb Vaillant legt. An bie Stelle ber afabcmifd;en Affemble'e
tritt alb (5f> e f ber Vermattung ein mit ©ecret auf fünf Satire ernannter ©irector,
ihm 3 ur Seite ftef)t, alb (‘ilicf beb Unterrid;teb, ein gleicbfallb ernannter Conseil
sup 6 rieur d’enseigneinent. ©ie ©h re beb ©ireetorateb ift mit einem Sahreßgehalte
non 8000 St- bem .ipernt Stöbert Steurp anoertraut. Cjr ift ber abminiftratioe
Rhcf ber Anftalt. Sinn unterfteht fomoht bie gefammte (Sorrefponben 3 , alb auch bie
Abminiftration, bie aub einem Secretär, Sicdinungbbeamten, (Sonferoator unb Viblio«
tfjefar befteht. s JDtit bem Unterrichte haben ©irector unb Abminiftration nichtb 3 U
thun; bafür forgt ber Conseil superieur d’enseignement.
©iefer Gonfcil befteht aub blofi mit ©ecret ernannten SKitglcebern, 3 mei
SSJlalern, 3 toei 23ilbt>auern, 3 ioei Ardjiteftcu, einem ©raoeur, fünf anberen SOtitglic«
bern (Äunftfreunbeit ober Äunftgelehrten), bem ©irector alb Vicepräfibenten unb bem
sur-intendant des Beaux-Arts (Apcrrtt 0 . SRieumeterfe) alb 'Präfibenten. ©ie 9)tit*
glieber biejeb Gonfeilb, mit Aubitahtue ber 3 »ei lohtgeiianuteii 'Perfoiten, fcheiben 3 U
einem ©rittel jebeb Saht aub; föinten aber mieber ernannt loerben, natürlich menn
fich biefelben bcmäfirt haben. Sie erhalten feinen (M;att.
An bet faiferlicfieii Äunftjdiule mirb Unterricht in SOialerei. Sfulptur, Archi«
teftur, ber Äupfer|tid)funft, ÜJlebailleur» uitb Stempclfchneibefunft gegeben. Auher«
bem rnerben neue (Surfe ertheilt; 1 . in Äunftgefchicfite unb Aeft^ctif, 2 . Anatomie,
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3. ^erfpective, 4. Etementarmathematif, 5. befcriptive ©eometrie, 6 . ©eologie,
unb Elementarchemie, 7. Qlbminiftration, (Buchhaltung tinb EonftructionS«
lehre, 8 . ©efd)ichte unb (Archäologie. ©ejd)id;te, Sleft^etif unb 2 (rchäologie müffen
alle Söglinge hören, SBtlbbauer, 5Ra ler unb ©raveure and) Anatomie unb ^erfpec«
tive; bte (Architefturgöglingc muffen affe (Surfe mit (Ausnahme ber Anatomie burdj«
machen. (Die $)rofefforen, weiche biefe Eurje teuren, Reiften professcurs charges
de cours unb haben einen ©etjaft von 2400 gr.
(Den Äunftunterricfyt leiten bte professeurs chefs d’atelier mit einem ©eljalte
non 2400 gr. Solcher SltelierchefSprofefferen giebt e 8 3 für Rialerei, 3 für ©fulp»
tur, 3 für 9(rcf)iteftur, einen für &'upferfted)funft unb einen für ©tentpel= unb
©teinfdhneibefunft.
50?it biefen $)rincipien, wenn fie gur (Ausführung gelangen, wogu allerbingS
wenig SfuSfic^t vorfwnben ift, nach bent Söiberftanbe 31 t urtbeilen, ben fie ftnben,
bricht bie frangöfifche Slfabemie mit ilnen, man fann fagen buubertjälnigen Strabi*
tionen ohne fiel) aud) nur bem angunähent, wa 8 in beutfdjen (Äfabemieen in Die*
formen burdjgefüffrt ober oerfud;t würbe. 91 n bie ©teile eilte© mit Eonfequeng feft=
gehaltenen (PrincipeS tritt ber 33orfitd^, bie „originalitö personelle“, wie fid; ber
Rapport in naiuer Seife auSbrücft, gur bibaftifc^en ÜRarimc einer Sehranftalt gu er=
heben. (Die ©leichförmigfeit in ben Seiftungen ber ©d;üler ber (Afabemie mißfällt
.nerm n. Rieuweferfe; er fncftt nach Originalität unb will ben 3 öglingen von ben
niobemeu ejracten unb äft£)etifcf>en 3öiffenfd;aften fo fiel als möglich beibringen.
9lm eigcnthümlid;ften ift wohl bie Rechtfertigung ber Einführung äfthctifdjcr
SSorlefungen. £>err v. Rieuweferfe benft nicht im entfernteften an fpftematifd;e
33orlefungen, wie fie etwa in Deutfchlanb ftattfinben. Sa er meint, bah «8 gar
fein £)iubernih fei, bah äfthetifcfie ©pfteme oott gang entgegengefejjter Richtung
ihre SBertretung ftnben, unb bah neben einem (Aefthetifer, ber für bie fervilc Racf)=
ahntung ber Ratur plaibirt, ein anberer für ben SbealiemuS ba 8 Seit erhebt. (Die
(Abminiftration feile „tous les hommes de bonne volontd“ aufforbern, „unent=
geltlid)" äfthetifdje Rlittbeilungen gu machen. — Unb bas in einer ©djule oon
jungen Äünftlern, bie wiffenfcbaftlicft unvorbereitet in bie ©chule treten, in ber Regel
gar feine (Bcrbilbung befifen um bie philofophifd;e Üerminologie ber Slefthetif gu
vergeben, unb in einem Sanbe, ba§ mehr ale ein anbereö in astbcticis ben feid)=
tejten Üheorieen Imlbigt. (Den gegenwärtigen minifteriellen Seilern ber Slfabemte
fdfjeint e 8 aber vor allem um Entwitflung von Originalitäten gu tljun gu fein, al 8
ob Oiiginalität in einer ©dptle gelehrt werben fönnte unb $>ari 8 an fünftlerifchen
Originalen, DeöcampS, (Sourbet u. f. f., einen Rtangel hätte.
Da 8 ift wohl gewifs, bah burd; bas heutige gebilbete granfreid; aud) auf bem
gelbe ber Äunft ein 3 ug ber Ungufriebenheit geht unb bie Äunft in fic^tlirfjom
SBerfallc fid; befinbet. Sit bem festen (Decennium hat granfreicb auf biefem gelbe
nur Rücffdjritte gemacht. (Die groben Ramen: Delaroche, (Art) ©cheffer, Dclacroijr,
$orace (Bernet, DeöcampS finb von bem ©diauplaöe abgetreten, 3ngre8 ift an ber
©tenge beS menfchlichen Sebettö angelangt. 9lu8 ber guten Seit ragen nur wenige
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mehr, »ic Di. Aleun), Couture it. f. f. in bie Gegenwart. Ter Stadpiuidsö bege-
ncrirt. SW an begreift oollfommeit, baf$ man oiito iierünberung bor Sage »ünjdd,
unb idioint bio Sdpilb auf bio Sdndtern bor '.'Habende »eil gen gu »ollen.
Tie Uebel fig.cu tiefer, bio Ännftfranfl;oiton beö heutigen Araitfreids [toben mit
aitbcren 3uftänben im 3idammeithange.
SJiit bom bisherigen 3cdomo bor grofien greife unb Gounttic wirb pollftäm
big gebrechen. Gö fett nur elfte 'greife geben, bie gweiten greife »erben gänglid;
aufgehoben. 3» bett greifen »erben, »aß »ir gang billig fiitben, alle Zünftler im
■Sitter non 15 bis 25 Jahren, alfo nicht bl oft bie afatemiidien Bcglinge gugelaffen.
Tie Sourtbeilnng unb 3u»eifuitg bor 'Preiie ftobt nid't ben ’profefforen, foitbern
unter Seitung beö Conseil superieur de renscignement einer ron bom genannten
Gonfeif oorgeicblagenen, oom SWinifterium beftätigten Speeialjum gn, non 9 SDtitglie*
bern für bie SWalerei, 9 für Stülpt!» unb Slrd;iteftur, je 5 für bie Äupferftid)=,
Stempel* unb Steintdmeibefunft.
Tie Ginführung ber Slteliere »irb mit bom fegt beroortretenben SWangel an
Sltetierö für Jögltngc ber SWaterei in 'Paris gereditfertigt. SDian finbet, baff bie
SRalerei alö fcldic an ber 2tlabende gu wenig betrieben »erbe. Ter Äupforftid)
»irb als felbftftänbigeö Sehrrad; gerechtfertigt (bie calcographie imperiale ift
ein befoubereö Jnftitut) bie Kennhtif; bei Slbndniftration unb 33ud;haltung finbet
.sperr n. SRienweferfe für Slrddtotten tebr nui-lid'.
Ter Gintritt in bieie Sd;ule ift nur 3raugefen ron Geburt im Sllter ron
15 bis 25 Ja bien geftattet. Slitöleiuber bebürfeit einer fpeciellen Grlaubnif; beö SJii=
nifterö. Taf finb bie Grunbgüge ber Dioform ber '.'Habende, beren Storgüge nach
ben einleitenben SSorten beö SWiniftere SWarfchafl JBaillant barin befteljen, baff fie
bie Slbminiftration rom Unterrichte grünblid; trennt, bie Slnftalt auf neue unb
normale 23afeit ftellt, 'Privilegien unb Dieftrietioncn bridit, »eldse mit ben „liberalen
'Principien beö faiterliclson Goureruementö" im Jltibertprucbe fteben.
Stuf baöjenige, »aö ftcb auf bie Reform ber ficole de ßome 1 begiebt, io wie
baö, »aö bie fraugcfiid'eit Ä mittler gegen bie neue, oom SORinifterium cctrcuirte Die 5
form gu jagen l;aben, »erben »ir bemnäcbft gu [preßen fommen. R. v. E.
1 Sie tief bie neue Crgauijation ber Ecole de Rome in bae Jtüuftlerlcbcn ?u*anfreid'ß
ciugreift, gebt auo beut „Oliou item" vom 5. Jamicr beutlid) hervor. Xevfelle bringt ben einftim
migeu ^roteft ber 'ilfabtmie gegen bie Sterbnungen vom 13. November 1863 unb ben Bericht
beö XVavfd'allv Siillant anf biefett ^roteft. ^Beibe Slctcnftüifc taffen intereffante CSriublicfe in baö
heutige Äitnftleben von $)ariö unb feine Sejidnuig 3 ur achtelten Regierung tfmn, obgleich in ber*
felben weniger füuftlcrifdje unb bibaftiiebe fragen, alö formell jnriftticbe nnterfudjt werben. «£>err
33enle erörtert in erfter £inie bie jHed?te ber 5Uabetnie iefyr außfiil>rlicb uttb 3Warfd)aU iBaillant
bie Diente ber Regierung, baö 31 t tljun, waß i^r in biefem Sigeublitfe paffeub erfdjieneu ift.
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* 3m 3unihefte be# 3ahrgnnge# 1863 ber 3i^imcxöf'ericf'tc ber bhtlcfebbifcb-hiftc-
rifd?en Piaffe ber f. 3(fabcmie ber SSiffenfchaften fittbet ftd? ein fleiner 3luffaß: „Ueber
bie Quelle ber al tfp an ifcb en Yida de S. Maria Egipc.iaca“ non $)roff
3lbclf SMuffafia (feparat bei P. ©erelb# Sohn, VMen 1863). Sic „Vida a ift eine#
ber älteften Senfntälcr ber fpanifchen Sitteratur unb ©egenftanb einer Streitfrage, bie
burch vorliegenbe# Scbriftd'eit ihre Prlebiguttg fmbet. SSährenb nätnlicb iiefnor unb
g. Solf eine’ frangofijebe Quelle vermutbeten, trat 31 nt ab er be le# 9itc# in feiner
„Historia critica de la literatura CwSpanola“ febr eitticbieben für bie Qriginalität be#
©ebichte# in bie Schranfen. ffliuffafia wei#t bagegen in eittgehenber Vergleichung bie fran«
geftfe^e Quelle nach-
h. Sa# 3ulil;eft bee Sahrgange# 1863 ber Sitzungsberichte ber phdefephifeh*
biftorifchen Piaffe ber f. 3lfabemie ber 38iffenfcbaften bietet un# eine äußerft grünbliche
TOcncgrapbie über 3lrno beit elften (Srgbifcbof reit Salzburg (785 bi# 821)
Den Sr. .Heinrich 3*ißberg. 3lrno gehörte befanntlid) $u jener au#erlefenen Schaar, mit
ber ftch Äarl ber ©reße umgab, mit welcher ber gewaltige Äaifer, wenn bie 28affen
ruhten, gerne ftcb in gelehrte Nebelt vertiefte unb für bie geiftigen 'Aufgaben, bie an ba#
Siabem ftcb fnüpften, ftdrfen mochte. 3n biefem Äreife nimmt 3lmo eine ber erften
Stellen ein unb wenn bie örtlichen Vevbältniffe, unter betten ber prgbifcbof wirfte, il)n
viel me^r al# irgettb einen anberen au# beut frdnfifchett Plcru# für bie Verwirflicbung
all* ber in ,^arls Weifte unb in ber neuen gldngenben 3bee be# d>riftlid;*gerntanifd?en
Äaifertbumc# enthaltenen ^>oteitgen eittpfänglid' malten, fo verleihen biefelben feiner ^)er*
fcnlicbfeit auch noch ein fpeciellee vaterläubifd'e# Jnterefie. Veit gewiffenhaftem Prüfte hat
baber ber Verfaffer feinen ©egetiftanb auch itt biograpbifeber unb localgefdüdUlicber 33e*
jiehuttg auereicbenb gewürbigt. Von biefer eingehettben Sarftellung hat er bloß manche#
aue*gefd;loffen, wa# auf ba# innige pcrfönlicbe Verbältniß 2lmoe $u 2Ufuin 33egug h a ^
ba er bie# Verbältniß bereit# früher einmal in ber „3eitfchrift für efterreiebifc^e ©pm-
nafien" beleuchtet hat. 31u#gebehnte Quellenhenüßutig unb bcbächtigc ?Kiicfnchteitahme auf
bie frühere Sitteratur bürften bie 3lrbeit 3t’ißberg# auf längere 3?it $u einer abfchließen*
ben machen. Sech verhüttete er mit beaebtenewerther Strenge wegen bet llnguläiiglid;feit
ber gegenwärtigen Verarbeiten unb .£mlf#mittcl vorläufig auf bie Verwertbuttg be# „Con-
gestum Arnonis“ uttb ber „breves notitise“ fo wie einiger, bezüglich ihrer Pchtheit
zweifelhafter Urfunben für bie Seftimmung ber Sieccfangrenje Salzburg# unter 3lmo.
Sie Sd;wierigfeit biefer 2(ufgabe liegt namentlich in ber theilweifen llnficherheit, ob eine
©egenb gu bem Pigenthume ober gum Siöcefanfprengel ber Salzburger Äircbe gehöre.
h. Von ber öfter ernährten „Qefterreichifcben ©efchidtte für ba# Velf", beren £)er-
au#gabe mit 3Ulerhöchfter Viuntficettz vom Vereine zur Verbreitung von Sru eff Triften für
Vclf#Hlbuug unternommen würbe, ift vorerft eben ber 11 2 heil erfebietten. Serfelbe ent¬
hält: # 9J!aria Sherefila unb ber öfterreichifche Prbf olgefrieg 1740 bi# 1748"
von Sr. 3- ®eij$, f. Univerfität#prcfeffor gu ©rag. SSien 1863. 3n Pommiffion
bet ^ranbel unb Pwalb. Sie äußere 3lu#ftattung ift febr gefällig; über ben Snhaft
fvrechen wir nächften#. ,
* .ftarl Vecf# epifd;e# ©ebicht „3abwiga /J ift in f)eft in uttgarifdjet Ueberfe^iung
erfchicnen. — Sie Hefter Vnd'hänblcr Sentjen unb Sehe# geben einen litterarifeben 2ln*
Zeiger unter bettt Jitel: „Irodalmi Hirdetö“ h^au#, welcher bie 2itel unb greife aller
in Ungarn periobifd) erfcheinenben Söerfe unb glugfehriften bringen wirb.
* Ueber ben ^erfonalftanb -ber ungarifchen 3(fabemie ber VJiffenfchafteit giebt ber fo-
eben erfdnenene 3Umattad; berfelben für 1864 folgenbe Setail#: Sa# Snftitut jählt
gegenwärtig 279 Vcitglieber, unb gwar: 21 Plnenmitglieber, 41 orbentliche SDiitglieber,
153 inlänbifche unb 64 auelänbifcbe correfponbirenbe SKitglieber. 3u ^eft-Qfen bomiciliren
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116. Sn bic einzelnen Plaifen bertbeilen fid; bic ©iitglieber nuc feiert: pbilolegiiche unb
belletriftifd;e Piaffe 68 , pB i! cf cp h i f ehe Piaffe 21 , rccl^t^tv i ff enf d>a f 11 i d>c 36, hiftorifebe
Piaffe 60, matbematifebe Piaffe 20 , natunviffoufd;aftlithc Piaffe 64. Saß ^räfibiwm unb
ber Skrmaltungßrat'h beftebt attß 24 ^Perfenen, ben betten 10 Pbrenmitglieber ftub. S3on
ber ftatutenmäfgg feftgefe( 5 ten ber 3>erma(tungßrätf;e, Pi;ren* unb crbentlid;en ©iit*
glicber fehlt je eine ned; gu befe(tenbc Stelle. Seit 1830 hat bie stabende 190 ©lit*
glieber berloren; im Sabre 1863 namentluh bie ©litglieber: s Peter PMumeegfu, gibel
33elb, Safeb ©rintm, ?ab. Staltberr, 3g. Sauer unb Slbelph taug.
* Sn ber am 31. Secember abgebaltenen Sifeung ber Äißfa(ubp*©efellfd;aft
mürbe ber 33erid;t ber betreffenben s J)rüfungßccmmiffion über bie Marl SgdtVfche lieber*
fefeung reu Sbatee^eare’ß „9lid;arb ber II." bcrgelefen unb in geige beß erftatteten ©ut*
atptcnß biefeß Sterf in bie ungarifdte Sbafeßpeare* 8 luegabe aufgenommen. — Pin vier«
banbiger ßriginalrontan unb ein epifebeß 0 ebid;t, bereu .^eraußgabe angefud;t mürbe, mer*
ben einer $prufitng 8 ccmmiffien übergeben. ©aebbem ber Sennin ber ben ber Äißfalubp*
©efeflfdmft pro 1863 außgefdmiebenen 3 mei Poncurfe bereite cibgelattfen ift, fc mürben
gur Prüfung ber eingelangten Poncurrengmerfc 9>rcißrid;ter ernannt. Sie elfte ber Pen*
currengaufgaben betrifft bie S>erfaffmtg einer ©efd^iepte ber ungarifdmn aftl)ctifd)en Mritif
biß 1830, ^)reiß: öOSucaten; bie 3 meite befteljt in einer Sallabe, kreißt 10 Sucaten.
gür bie erftere s preieaufgabe l;at ©iemanb ccncurvirt, SJallaben aber jtnb 35 eingelaugt.
S. Script ber öanbelß* unb ©emerbefammer für Slabcnien 1860.
Seutfcbe Slußgabe, Pffegg. ©etreue Sarftellungen ber tanbeßgnftänbe, mic fie in
ber übermiegenfcen ©tebrgabl ber öfterreid;ifd;cn -P a n b c l ßf a m m erb ei i cb te gebraut merben, er*
meifen ficb neben bem inneren SBertbc beß ©ebotenen in betn ©rabe mehr millfommen,
alß fte über SRapcttß battbeln, begüglid; meiner fenft menige unb fpärliche Quellen gu
©ebote ftcfjcn. Sn biefer ^infiept ift aber Proaticn unb Slabcnien, unb namentlid; baß
leidere meid baß Sanb gu nennen, über beffen Suftänbe, feine Sieben* unb 3Birtf;fd?aftß*
rerbvältniffe unter allen 33 eftanbth eilen ber ©lenarcbie baß menigfte b erliegt. Stirb baß
mel/l feljr gute, aber ftf;on ber brei bellen Snb? 3 el)ntcn erfd;ienene 33ud) ben genpeß:
„Magyar orszägnok mostani ällapotja“ anßgeucmmcn, fe ift eß nid>t gu biel gefagt,
bap feitf;er feine Arbeit erfebienen ift, meld;er ein nach allen ©id)tungen erfebepfenbeß
23i(b ber 3 uftänbe Slabonienß entitemmen merben fönnte, unb bie geigen geigen ficb auch.
So fruchtbar nufere Seit an taitbeßfunbcn, £>anbbüd;em unb ähnlichen Sautmel* unb
Slacbfcblagebüchern and) über Qefterreicb ift, begüglicb Slabonienß lernt man niebtß barauß,
benn fte gleiten baritber mit ber Ülngabe ben nur menig ©efannterem bin. Pß ift fcl;in
ber Bericht ber S3et;crbe, me(d?er bic genauefte Menntitiü aller »elfßmirtf;fd?aftlid;en 3u*
ftäube gu ©ebote ficht, hier hoppelt millfommen, unb and; bie S3ereitmi(ligfeit gu leben,
mit melcber neben bem Driginalberichte eine beutfepe Ueberfeputig in Srucf gelegt unb fo
bie 33enü($ung über bie ©rettgen beß Sprachftamnteß (;inauß beimittelt mürbe.
Saß 33ilb, meldH'ß bie Mammer ben ben 3uftättben ibreß tanbeß entmirft, ift nun
mehl fein erfrcitlicbeß. Slabeitien, ein mit S3ebenergeugniffen reid; gefegneteß taub, ent*
bebrt biß je(d aller görbemngßmittef, feine außerlefenen ^robucte ber Slecfer, Steingärten
unb gerfte auf bat ©larft gu bringen. Saß Straf;enmefen ift fe elenb, baü graebten
felbft gmifeben ben miebtigfien 3>erfehrßpunften nur in ber günftigften Sabreßgcit berfü^rt
merben fernten, Pifeitbabnen, Sdnfffal;rt ttnb ein ber taubmirthfd;aft ^ülfrcid) entgegen*
fentmenbeß ©clbinftitnt aber gehören für baß taub, ebmehl ber langem angeregt, noch
immer gu ben Sräutnen. Unb eß brängt fid; nach ben Prgählungen beß S3erid)teß bie
Ucbergeitgung auf, bafg nad) fe bielem Pemmiffieitiren bed) feben etmaß mebr batte ge*
jebehen fennen. Ser ©ebanfe gu einer Pifcnba!;n, melcpe baß ^anat über S.Utfebar unb
Pffegg mit bem ©leere bevbinben feilte, tauchte fchen ber nahegu gmangig Sehren auf,
©elbmittel ftanben bereit, aber baß 3ah r 1848 bemid;tete ben ^lan. 1856 bifbete fleh
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ein neues flarcnifcheö ©emite zur ©erftellung einer 3?ahn ron ©ffegg über 'Jlgrarn nach
giume, feitnte aber feine ©enceüien erlangen. ©ben fo befuhr im September eine ge*
mifebte ©entmiffien bie ^Trau, um zu erbeben, ob eine Vefahrung burch SNunpffcbiffe
möglich fei, unb baö im gleidvn Senate abgegebene ©utad'ten ber gadnnünner fprncl)
fid' febr künftig auö, ba ber gluß allenthalben bie gleiche SBaffcrmenge unb in felcber
3teicblid;fcit enthalte, bau bie gahrt für größere gal;rzeuge felbft beim fleinften Söaffcr-
ftanbe ermoglid't werbe. TW geringen ©inberitiffe, burd; Untiefen, eingefimfeite Vauut*
ftamnte unb fd'lecht geftelltc Sd'iffmühlen fennten nad) beut Lluöfprud'e ber Jennifer in
weniger als JahreSfrift beseitigt fein, unb febann bie gahrt mit 2\rmpffd;iffen beginnen.
'Jlber noch 1862 ful;r fein feiges cttif bem gilt ff e.
Tex Plan zur ©rrid'tnng einer Spareaffe in ©ffegg aber, zu welcher in fürzefter
griff bie Aktien gezeichnet unb hinreichcnbe ©elbmittel zum betriebe gemhert waren,
id'eitcrte an ben bantalö maügebenben ©ruitbfäpen, nad' welchen Sparcafjeu alt' bloße
VM'lthatigfeitöanftalten betrad'tet, fein ITiribenbenbezug geftattet würbe, obwohl baö ganze
Lanb ron ber Vcthweubigfeit bes Jnftitnteö zur Vermehrung beö ©rebitö unb Wohlfeil*
heit beö Binsfußeö überzeugt war, unb bas ©ebeiben unb erfolgreiche äöirfeu ahnlid)er
3(n ft alten in peft, preßbnrg, Llgrani k. hätte ben gingerzeig geben Jollen, baß fich:
©ine« nid't für 'Me, baö Siegulatir ber Wiener Sparcaife nid't für ©ffegg fd'icfe.
Stuf tiefe Slrt ber wid'tigften gerberungSmittel beraubt, unb gegen bie meiften iibri*
gen prerinzen jurücfgeftellt, fann ber Buftanb ber flarcnifdvn Voltöwirtßfd'aft fein ge*
tcihlicher fein, unb wenn er bemungeaebtet ein, wenn amh nur lattgfameö Vorfchreiten
Zum Vefferen zeigt, fo ift theilö bie ungemeine gruebtbarfeit beö VebeitS, theilö ber reu
oielen ber größeren ©runbbefiper angewanbte ©ifer bie llrfad;e. Slllmälig hebt fid; bie
Lanbwirtl;fd;aft aus bem Urzuftanbe, in bem fte mit bem feicbteit ©olzpfluge bis ror
furzem betrieben würbe; auf ben größeren ©ütern ftnb lanbwirtl;fd;aftlid;e tlJiafchinen all*
gemein in Vermenbuttg. Tex berühmte 2 urinier Söein, mit einer ged'fung ron 600.000
©imera in mittleren Jahren, bricht fich mehr unb mehr and; nad; bem Sluslanbe Val;n,
bie Sd'üpe ber unerfd;öpflid;en halber werben, wenn auch nicht fadnnannifd; ausgenüpt,
hoch fd;on zu crheblid;er ©rzengung reit Vn'rf* unb Jeugholz renrenbet; bie 3al;l ber
©anbelöfirmen im Laube ift 1859 gegen 1S57 roit 559 auf 580, ber (bewerbe rott
5214 auf 5151 geftiegen, uitb ber .©anbei ren ©ffegg, Vuforar, Pc^eg, wie ber flei*
neren Verfehrb* unb Wiarftplape hebt fich ungeachtet aller ©inbemiffe. SOcoge bem Lanbe
halb burd; Venvirflichung feiner äHünfcbe eine freundliche Beit aufgel;en, unb fo and; bie
©anbclsfammer für ihr martere* ©inftehen gelohnt werben.
h. "Prof. Philipp Jaffe hat unter bem Jitel: „Diplomata quadraginta ex
archetvpis“ (Verlin 1863, ©alrarr) eine flieihe ron mittelalterlid'cn Urfunben, inöbe*
ionbere faiferlidjen unb päpftlid'en als Vorlage für biplomatifche Vorlefungen reroffent*
licht. ®as ©eft bietet zugleid) fd;cne proben mittellateinifd;er Vectüre; was bie äußere
gönn beo Slbbnicfee anbelangt, fo ließe fich über beren ©iuftergültigfeit in mancher ©in*
fiept nod; ftreiten.
®aö erfte ©eft ber „Wittpeilungen aus bem pppfiologifcben Laboratorium unb
bn- Verfuchsftation beS lanbwirt l;fcbaftlichen JnftitnteS ber Unirerfität
©alle", reit Prof. Sr. J. A\ ii h n, enthält Unter]uchungen über bie ©ntftehung, baö
fünftlid'e ©errorrufen unb bie Vergütung bes -Diutterfornes unb Vachrid'ten über baö
lanbwirthfchaftlid;e Jnftitut.
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D (Sem bcuHeften Südu'rmarft.) Eß ift burch ben ftucbhünblerifchen ©e»
fcftäftßgang bebittgt, bah bte litterarifchc 'Prcbuclicn, naebbem fic in ben lebten 9Ko»
naten beß 3a(nreß ihren .Ocftepunft erreid't hat, mit bem Enbe beß alten Saftreß feftr
rafd) abnimmt, um cvft feftr allntälig mit bem neuen 3a ft re gu wad'fen. So haben and)
bie »ergangenen äSecftcn unß neeft feine nennenswertften Üichitäten gebracht, unb mir
muffen und beute barauf befeftreinfen, einige Oteuigfeiten aus bem alten 3aftre ^ur ängeige
gu bringen.
3l((en heran ntcd'tcn mir eine nur wenige Segen ftarfe Srcfcbure ftellen, bereu
Eriche inen aflfeitig mit greube begrubt werben wirb, weil wir in ihr eine banfenßwertfte Er»
innentng an einen in ber Siffenfcbaft wie im Sehen gleid- bcmunberncfwcrtBen SWann
erftalten, beffen JKüftigfeit im ft eben älter mir uim ned; her einem 3aftre erfreuen burf-
ten: an 3afeb ©rintm. Seinem Steffen .^ermann ©rimm herbanfen mir bie -Heraußgabe
feiner „3iebe auf S3ilftelm ©rimm" unb „$ebe über bas älter". ?eptere liegt
im Scfentlicften fe her, mie fte 3ateb ©rintm in ber äfabemie ber ©iffenfebaften gu
Serlin geftalteu bat, bie erftere ift leiber unhellftänbig. 3’afeb ©rirnin beabftd'tigte einen
neuen Schlug gu fdbreihen, ber fid) jebed; im Okd;lag ittcftt hergefunben bat. Ser £>er*
außgeber ergänzt baß geftlenbe burd' furge biegrapftifche stetigen unb 'Diacftricftten über
bie leftten Öebeußtagc feinet Saterß unb feinet Cnfclß.
grennbe hifterifd;er iütteratur werben baß ErfdHÜneit eines neuen Sanftes hon
„Olaumerß l;ifterifcbem Jafcbeufcuch" ftetß willfemmcn fteiüen. Ser neu erfebienene
hierte Saitb ber hierten Sctge bringt äuffäfce hen Sdmilgler, 3afcb gelber, 2angetftal
unb Äc'loff, unb hon bem .Herausgeber einen S ertrag über Sicilien unb galante, Eineu
neuen Seitrag gu ber jefct befenbereß Sntereffe eiTegcttbcn ©efdüdüe Säncntarfß unb ber
.Hergegtftümer Scftleßmig^olftein erhalten mir in „Eftriftian IV. hon Säncmavf, nor*
bifefte Silber auß bem 16. unb 17. Snbrfumbett. äuß bem täiiifdmn Original beß ano¬
nymen Serfafferß P. P. überlegt hon 3 e n i fe lt * I u f d ) 11 (3 Scitibe). „Sfiggen gur ©e-
feftieftte beß americamfchen Äriegeß aus ber geber eines äugengeugen" bringt bie lieber»
fefcung beß Tagebitcbeß beß befauuten „Times" -Herreibotibenten 3ß. .£. Stuffel.
Es fei uitß neeft geftattet, auf gwei hx Sorberettung begriffene wichtige Eifd'cinun*
gen ftiugumeifen. Sahib Strang ift baniit behl'äftigt, eine neue Ausgabe feines feit
Saftren hergriffenen „Vebeu Sefu" horgubereiteu, mit befenberer Seriicfftdüigung ber neuen
Otefultate biblitcfter Mritif ber Tübinger Schule unb ber Eingriffe unb Äritifen, bie fein
S>erf erfahren hat. Eine beutfefte Uefterfegung beß Oxeifemerfes ber '3ülquellenentbecfcr
Spcfe unb ©rant foll bemnäcftft in gleich feftener äueftattung wie baß Original in
2eipgig erfcftciiten.
Sa* befannte Slüncftncr Eftrcitifenfcftreiber Trautmann liefert einen neuen nchetlf*
ftifeften Seitiag gur ©efdüdüe feiner Saterftabt: „Sie ält*5Jcünd'ncr Sl'aftr* unb Sent»
geieften, ein Seifsbuch bariu für .£ocft unb lieber hiel bunte Äimbe gu finben ift".
än friegsgefcbid'tlid'en Olohitäten brachten, uns bte lebten S3ecften: „Sie Saiern im
Kriege, ©in Slicf in bie ©eiebidüe', hon einem äneitnmuß; ferner: „©rinnerungen
beutfefter Cfficicie in brittifeften Sienften, auß ben Äriegßjal;ren 1805 biß 1816 gu»
efammengetragen unb mit gefcftiddlieben Erläuterungen begleitet hon -H. Schnei", äuß
iner iHngaftl »erfduebener Tagebücher unb bisher ungebruefter Sericftte beutfeber Sfficiere
gufammengeftellt, enthält ber 400 Seiten ftarfe Sanb eine groüe äitgaftl hon Schlacht*
berichten, firiegßerlebniffcn u. f. w. Sie außführlichfte ©efdndde beß fingen fpanifd;=
marcffanifchen Krieges erhalten wir in ben: „Steife- unb 2agerhriefen auß Spanien unb
bem fpanifeben .^cere in Siaroffo, hon ä. h. ©oeben", 2 Sänbe.
3m Tcachlatj beß ^>rof. §>aul 3H- Safavtf fanb fich ein hollftänbig außgearbeiteteß
Olianufeript, eine ©efdüd'te ber fiibflahiicben 2itteratur entftaltenb, her. Herr ^rof. Sive^
cef herbffentlicht jept ben erften Sanb: „Sie ©efdüd'te beß flohcnifd;en unb glagclitifd?en
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Sduiuthume" enthaltend unb verfprid't bae fpatcre Grfcheincn ber übrigen Ülhtheilrmgcn,
bie ©cjdud'te ber Jittoraturen bev Serben, Kroaten unb Sfluricr, bic gleid>faT($ im
'Fumuferivt vollftänbig verhauben ftnb. Weitere litterargefchidUliche Novitäten liegen vor
in ben: w 33citrä%ien gur Menu tun; bev peefie ber alten Araber, von 2h. Üiolbetfc", anß
banbfd'riftiid-cn Schapen ber SMhlicthofen *u Serben, ©etha unb bet hiefigcii -frefbihlicthef
gefanrmclt, unb in einer neuen Siuägabe bee „Simpliciffimuö, von .^einricb Jlur$".
(Oeutjd'e ihubliethef. Sammlung feltener Sduiften ber älteren beittfduur ')latierrallitteratur,
hcrauegegehen reit £>. Äitr$, 3. unb 4. 35anb; neu unter bem 2itel: „ftaii$ Safeh von
GJrimnielebanfene fimplicianiid'e Sd'riften", 1 . unb 2 . 33anb.)
S'ie fcHeöti'iivbcIfteinifd'e grage, bie im auücrcfterrcidüichen SVutfd'laub eine fo
greüc Siufvegung verurfad't, bat natiirlid; eine gicüc SHnzahl een SBref dunen ine ?ebcn
gerufen, bie fclbftvcrftärrblid' färnmtlich für bae gute 5Red;t ber ^er.^cgtbümcv unb baä
(5’rbred't ber SHuguftcnburger einftel;en. ?(le bie michtigftcrt nennen mir bie von Prefeffor
3achariä in ©ettiugen, Kemavd' in Prag, 5>cllgraff in Wartung, ÜTcpfen unb gerb.
9JIemmfett in ©ettirtgen.
P. (SP cm engtifd'en 3* üd; er mar ft.) Tk io febnlub ermattete SPefAreibung ber
Slitguetteureife bev Herren Spefe unb ©raut ift nun ctichierten. Ge ift ein (tatt lieber
5 ?anb mit nicht (ehr Inihfchcn .$cl$fd?itittcn, meldnu* ben 2itel fuhrt: „Journal of the
discovery of the source of the Nile, bv J. H. Speke. With map and por-
traits and numerous illustrations, chictly froin drawings by Captain Grant.“
SBcfanntlich bat ftd' geveibe jet;t ein Streit erbeben, ob bie beiben Gnglänber auch bie
mähren Ohlqueflen entbeeft haben, ober ob bae alte Slathfef nid)t ned; feiner, bie grage
für immer abfdUieüeuben i'efimg entgegenbarrt. Sebcufafle mirb bae vorfiegenbe 3hrch eine
Jieblingeiectürc nicht nur ir. Grtglanb, fonbern and) in 2)eutfcblanb merben. Gin auberee
neues 3(frica*28crf finben mir in 3$. -SReabe’e: „Savage Africa, being the narrative
of a tour in Equatorial, South Western and North Western Africa“. Wr. 3ieabe
tritt in bie gufjtapfen bee befannten Tu Khaiflu, ber biefelbeu 2 heile Slfrica’S burrfv
manberte unb feine mnnberbaren ©critlajagben fo büfcfch erzählte, bau ilun gemiffe ftrenge
Seute fein großem ?efepublicmn gar nicht gönnten unb ihre 3 meifel veröffentlichten. Slud;
in SKcabc’S 2 ?ud) finben mir bie milben, bramatifeben 3 üge ber ©oriüajagb auf ein hoebft
befebeibenee Waft gurficfgefiibrt. 3Seme Säger, bie ©crittae erlegt haben, formte ber 25er*
faffer nicht auöfinfctg machen, bagegen genug fehmarge Säger, bie tüchtig $u — lügen
oerftanben. Ge fd;eint alfo, bap bie brillanten SagbgefchidUen nicht auefdUicülicb bie To*
maine ber civilifirten Säger fmb. Uebrigens giebt [ich Wr. Oieabe von vornherein nicht
als gerfcher, fonbern ale englifduut glaneitr, ber in africanifd'cn Urmälbem mit milben
Sd'önheiten fofen, mit Kannibalen eine Kigarre 31 t rauchen itub fonftige berartige
Gmoticnen 3 U fuchen mftnfd)t.
Gin 5 )rachtmerf mit merthvoflen Sduftrationen ift: „The rockcut temples of
India illustrated by photographs taken on the spot by Major Gill, desenbed by
J. Fergusson“. Gin ftarfer Cctavhanb, enthält ba^ Sud^ 74 Photographien alter, in
gelfen gehauener Jempcl Snbicnef. Glicht halb tritt ber SSertb ber Photographie fo flar
311 läge alo bei berartigen Gingen, bie ein 3Zehner nur mit großen Opfern an 3 eit
unb ©elb, unb bann immer ned' nicht fo vollfommen treu miebergebeit formte, mie bie
Photographie. Ton einzigen SSunfch hätten mir ait^ufprechcn, baü bic Silber etmaö
größer unb bie Setailö babrtreh für bae Stubium leichter zugänglich mären ale eö l;ier
ber galt ift.
33en S- gofter v^irf erfdu'en eine ©efchichte Äarle bce kühnen in pvei Särtben, mit
Portraite: „History of Charles the Bold, duke of Burgundy“.
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-frerrn n. 9v a b i c bem cmfigen ©efcbicbtCforfcber ArainC, nerbaitfen wir folgenbe
Mittheilnng über 2llbred;t Sürer:
„ 2 llbrecht ®ürer, auf ber 9\ ei f c nad; Stalien in Stein (bei Saibad?)
erfranft, l;at bei einem bertigen Maler freunblicpe Aufnahme gefunben unb if;m bafür
alC baitfbare Erinnerung ein ©emälbe auf fein «£>auC gemalt“. 2>icfe ^icti^ finbet fiep in
bein gräflich 9(tteinö’fd?en 21vd)inc (früher SBaron Erbet g) auf einem lofen 331atte auC bem
10. 3>a(;rfyunberte. ®ic prceenien 3 bicfeC 23latteC glaubt £)err n. $abicC mit einiger
Sicherheit auf eine beftimmte Werfen gun'irffü(;ren 3 U fennen.
* SaC Eemite .ptr ©rünbung eineC fteiermärf ifchen .ftunftnereinC in
©ra^ bat fid' bie Aufgabe geftellt, „bie heberen unb eigentlichen Äunftintereffen 3 U @uu*
fteu beC SaubeC 31 t f intern “. Ec fetten unter anberent naterlänbifcbe Jalente unterftiipt,
Äunftwcrfc für bie lanbfd;aftlid;e ©alerie beftellt, bei Mcnnmcnta (werten mitgewirft unb
bie fivcbliebe Ämtft ber ©egenwart gebeben werben. Um bie Erreichung biefer 3wectc 3 U
ermöglichen, wirb bei* f1 ei er mär f i f et? e Äutiftnercin bureb ein nertragCmäßigeC Uebereiufemmen
mit bcm öfterreich ifchen Äunftnerein in Sßien mittelft ber feften 9lbnaf;me einer größeren
3al;l een 9lctien beC)eiben fid> fowebl bie pcriobifdwn SluCftetlungen, alC bie 23etl;eiligung
an ber een Seite beC äßiencr Gereimt eeranftalteten ©ewinnfteerlefung für bie 3^1 ber
abgencnimenen Sictien fiehern; ferner burd; Saufd)aetien eher 3 dl;lung mit allen größeren
auC* unb inlänbifd;en Vereinen in äkrbtnbung treten; burd; bie SluCgabe eigener 2lctien,
beren betrag nerläufig auf 3 fl. 0 . Sß. feftgefept ift, feineCfallC aber hebet geftettt
wirb, fid; bie netl;igen Mittel jd'affen, bie Abnahme feiner Sictien burd; Prämien ober
eine möglicbft greife 3 ^ Id twit ©ewinnftgegenftänben entfebäbigen; enblid) non bem jewei*
ligen SabreCertrage ft etc einen entfpreebenben 2l)d\ für bie eben angeführten höheren
Äunft* unb ßanbeCjwccfc nerwenben.
* ?ouiC ©allait hat jwei größere ©emälbe, Eigenthum englifcher Äunftfreunbe
nellenbet, beren ©egenftanbe ber -frerrfebaft Spanicnö über bie 91ieberlanbe entnemtnen
finb. Sic ftetten „Egrnont unb £>crn, ihr SobeCurtheil nernehmenb", bar, unb ein ©e*
mälbe, auC beffett üBefibreibung wir weiter nid'tc erfeben, alC baß $erjog 2llba bie
Hauptrolle fpielt.
* 3m Äunftbubget 23elgicitC für baC 3ah r 1H64 ift ein neuer Erebit non
100.000 gr. angeführt jur Unterftüfmng non 2ßanbmalereien, bie ber Staat im 23er*
eine mit Eomtttunen auofül;ren will. Ec h an ^ c, t fid) gegenwärtig um bie fünftlerifche
'JluCfcbmücfung felgcnber ©ebäube: 3 U Antwerpen bac StabtbauC unb bie @eorgC*3(lird;e;
3 U Trüffel: bac Malaie in ber 9iue Sucale unb bie Äird;e bu Salden; 3 U Lüttich: bie
f;. Ärcujfircfce unb bie St. s Ph°^ cn ^^ ri t e ) S u ®cnt: bie Unincrfität unb bie 9lnita*&irche;
$u SJpreC: bie fallen unb ber Magiftratefaal; 3 U 3)retteö: bie Ecmmunalfchulc unb bie
Kirche $u St. 2reub, S>ernierC unb St. DiicolaC. 2)iefe Arbeiten betragen im ®an 3 en
bie Summe non 1,044.440 gr., banon fallen auf baC Staatebubget 711.517 gr.,
auf bie ©enteiitben uttb Streben 340.893 gr.
* 2)ec Straßburger Malere unb gormfd;neiberC 3ch«nn 2ßechtlin, genannt
Pilgrim, -ö 0 1 3 fcf>n 111 e in Elairobfcure, in £013 gefchnitten non .£>. ßoebel,
bilbet baC fünfte Supplement 3 U 9i. Sßeigelc trefflid;ent $)ol 3 fchnittwer!. 93teifter ^pil*
grint, ber um 1510 31 t Straßburg lebte, gel;brt bem Äünftlerfreife 2llbrecbt ©ürerC an,
in bem er neben Surgfmair, Sd'äufelein unb anberen Meiftern biefeC ÄreifeC eine wür*
bige Stelle einnimmt. £>. ßoebel bat bie Sbentität bec altbeutfd;en 93ieifterC mit ben
$)ilgerftäben unb ben 23ucbftaben I. V., ben man gewöhnlich 3nl;* Ulrich Pilgrim ge*
uannt h«t, mit 3 oh- äßccbtlin, unter beffen Planten eine geige non paffiencbel,p'dmitten
mit lateinifchent Sejct ol;nc Crt unb 3 ah r S°^ D ^yiftirt, in itber 3 eugenber 3Beife
nad;gewiefen.
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Sob. 2Bed;tlin gehört in bie Sicibc beutfd>cr Äüitftler, Weldw ben ^elltuufefl^-
fchnitt, baß fegenannte 6 f;iarefcurc, cvfunben fabelt. Die italienischen Äunftforfcher haben
fiep febr bemüht, bie Priorität btcfei* Srfinbuitg bent £ugo ba Satpi 311 vinbiciren, fte
haben — nod; biß in baß Jabr 1837 hinein — auß bem SHedilin einen 9\>älfd;en
mit bem tarnen ^cllegrini gemacht. Jlber tl;atfäd;lid) ift, bap vor 1518 feine 33 lätta
4 >ugo ba Sarpi’ß ejeiftiren. 3 n ber beutseben Äunft fehlt eß aber aufter ben 35 dttem beß
Sei;. SBecptlin niept an £>ellbunfelblättan, bie ältere unb fidlere Daten alß 1518 an fiep
tragen. Den SRanten beß Pilgrim erfahren wir auß ber Unter) d;i ift bee fd;enen 35ilb*
nt ließ Seeland; tpcnß ben 1519, weldwß ficb unter ben ^anb^eidmungen beß 33raun*
)cpwciger SJlufeumß gefunben bat. 6 . Jeebel bat eine treffliche s Jcad'bilbung biefcß $>or*
traiteß ben gelungenen JKeprebncticnen ber SBed;tlin’fd;en £>ellbunfelblätter angefugt.
* Sin frattsö jifcpeß Urtpeil über bie Äunftinbuftrie granfreiepß. 5m
versoffenen 3al)re würbe in $)ariß befannterntajjen eine jlueftellung ber Arts industriels
en France verauftaltct. St. be SJeaumont berichtete barüber in ber „Revue des
deux mondes“. Sein Urtbeil ift für Ccfterreich, baß je($t bie erften Hcrfucpe macht, in
Sad;en ber Äunftinbuftrie auf eigenen güjjen 3 U fteben, im 1; cd; ft eit ©rabe lehrreich. Sr
jagt: M 9tod; vor wenigen Sauren war bie Supaiovität ber Äunftinbuftrie granfreidß
über allen 3weifel erhaben. Stuf biefern ©e biete, wo bie baubliebe ©efchicflicpfeit, opne
burep ben ©efepmaef geläutert unb ccrrigirt gu werben, nid;t burd;greifen fann, Ratten
bie gremjofen feine Oiivalin. 9tcd; auf ber Slußftellung von 1855 ift unß baß v J)riri*
legiurn ingeniöser 3?erfucbe unb eleganter Sd;öpfungen geblieben. Sm 3al;re 1862 ift
eine bemerfenßwertl;e Spatfacpe pervorgetreten: bie frangöftfepe Äunftinbuftrie bat auf ber
Söeltaußftcllung in Bonbon einen Gcncurrenten, einen unerwarteten Rivalen, beinahe einen
Sieger gefunben — in ber brittifepen Äunftinbuftric ." 35eaumcnt erörtert bie ©rünbe
biefer Srfcpeinung, tabelt bie atlju häufigen fleinercu Slußftellungen in granfreiep, unb
hebt befonberß pervor, baft Snglanb, baß in fautn 3 epn Sahren fc große SKefultate erhielt
hat, biefelben auöfd;ließlid> bem Äunftunterrid;te verbanft, ben Snglanb feit 1851 pflegt.
„Sin ebler ©eift, ^ring Stlbert, erfannte bie ©rünbe ber bißherigen Snfericrität Sng*
lanbß unb ergriff muthig bie Snitiative 3 U 3$erbefferungen, bie nach 33er auf von 3 epn
3 al;ren bie tfage ber Dinge gänzlich veränbert höben. Snglanb befipt gegenwärtig 800
biß 900 ©efeüfcbaften, bie fiep mit Hebung beß ©efepmaefeß beschäftigen. Diese ©efell*
Schäften fepen 100 Äunftfchulen unb 300 Schulen für 9}rivatinbuftrie in Stpätigfeit.
SDiufeen aller Slrt ftnb gef (paffen werben. 33üd;er, 3dcpnungen, Äupferfticpe werben überall
gefanft, welche Unterricht verbreiten ober alß 33crbilb bienen f ernten." 33eauutcnt bringt
barauf, ben gefamntten Unterricht für bie Äunftinbuftric granfreiepß von
@runb auß $u reformiren. Sr verlangt ein tiefereß Stubium ber 9tatur fowot;l
alß ber alten Äunft, ein gröfseree Singreifen ba* lebenbigen Äunft auf bie Snbuftrie, alß
eß biß jept in granfreiep gefd;epen. „ 3 £ir leben in einer 3 c’it, wc bie jHangcrbnung fiep
leicht verfchiebt, unb wo man, wenn man feinen 9 >lap behaupten will, alle Slnftrengun*
gen, fiep in einer guten 35ahn 3 U erhalten, verboppeln mnp". — 9$>ie belel;venb unb
wie befd;ämenb ftnb biefe SÖertc für unß, belehrenb für Jene, welche ben gortfdmtt
TooUen, befchämenb für bie, weUpe ben alten Stanb in ßefterreid; aufrechtl;alten wollenl
* Sluf ber Biblioth&que Mazurine würbe bie £anb)d;rift eineß ©ebiepteß entberft,
baß in eilf Strophen bie p. ©enovefa, bie Sd;uppatronin von $)ariß, feiert unb 3>cl*
taixe’ß erfter poetifeper 3 >erfud; fein fett, ber in feiner 3tuogabe feiner äßerfc erwähnt ift.
(Sß ift $ranjoiß Slrouet unter 3 eichnet unb batirt auß ber alß Voltaire baß College
Louis-le-grand befugte. Da ©efd;id;töforfd;er Sod;eriß ift gufällig auf biefeß Suriofum
geflogen unb tpeilt eß ber „Correspondance littöraire“ mit.
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@t$unggfceridjte.
Ä. Ä. gwgrapljffliic ©efcUfdjaft.
SJerfamntlung am 22 . ©ecentber 1863.
pcrr s J>rdfitent ©r. 51;. Ä o t fd ;\) im SJorfifc.
©en Statuten entfpred;enb würben 311 orbentlid;en Sliitgliebevn %jc\uaf;ft Me feiten:
0 t. £>. gveifierr 0 . ©ob et 'tiattitop, f. f. ©eneralconful, 3l. greifen* 0 . Sfribanef,
I. f. tiinieufduffßfäfntrid;, ©. greifen* 0 . Soma rüg a unb 0 . greifen* 0 . 5 ettau
in ^Berlin.
Öerr ©uftoö ©. Stifter 0 . graitettfelb macht eine S)iittbeilung über feine Steife
nad; Storwegen bie ^animerfaft, Me er im vergangenen Sommer mit Unterftüfcung bes
l;of;ett t f. ©berftfämmereramtß unternommen bat. ©r gab eine furje Sdnlberuitg beß
Uanbeß, feiner ©cmunicatioueu, beß SJolfeß unb feiner SJefd'äftigung, fo wie ber lanbeß*
üblichen ’xUrt beß steifem? unb fcbilberte nun auofiif>vlid;er bie jurücfgclegte Oteifevoute. ©r
Ijatte am 8 . SHai 1863 Stiien oerlaffen, unb am 22 . beßfelbeit SJtonatß non Stocfbolm
ben Stieg norbwärtß angetreten unb $wat bi^ Sutibßoall mittelft ©ampffebiff, unb non
l)iei* in weftlid'er Stiftung über Cefterfunb, baß Äjbleugebirgc unb toanger nad; Sronb*
i;eim. SJon tiefem Crte ging bie Steife mittelft ©antpffdüff bie pantmevfaft, nabe beiu
Stcrbcap, wo ficb perr 0 . grauenfelb einige 3 eit aufhielt um naturI;iftorifd;e ©egen*
ftänbe 311 fammeln, unb bann ben Stiicfwcg wieber biß 5ronbheim unb neu l;ier 311
tiattb burd; ©oorefielb unb ©ubbrattbßbalna nad' ©l;riftiania antrat, wo er am
16. Suti eintraf.
Perr g. Äanip eroffnete feinen Vortrag über Me öfterreidüfcfye ©jrpebition beß
Perm t. t ©oitfule ©. 0. pal;it nad; bem albanefifcben ©rin, ber nuferen liefern bereite
befamtt ift.
«frerr 0 )rof. ©r. & l u it fpraefe über bie r/ S3etf;eiligung Ccfterreicfyß am Stieltl;anbcl".
SHit pinweiß auf eine unter obigem 5itel erfd;ienene Sirofd'üre beß befannten Sd;iffß*
rl;eberß unb Stabtnererbneten in 5 rieft, Stifter 0 . Sieooltella, tbeilte er fern Sl;ema
in $wci lHbtl;eilintgen: a. ©arftellung beß gegenwärtigen Stanbee beß auswärtigen pan*
beiß Cefterreid;ß, b. ÜMittel unb Stiege, bie äußeren S>erf'el;rßbe 3 iebungen 31 t Ijeben unb 3 U
erweitern. Sieb it er beleuchtet bie erfte xHbtbeilung oorerft vom allgemeinen, rein tl;eoretifd;en
unb bann vorn praftifdjen Staubpunfte, b. I). in SJejug auf beffen ©urcbfüf;rbarfett unter
ben gegenwärtigen Skrhältiüffen. Stacbbem er auf bie SJebeutung ber SJerbinbungen äwifeben
ben SKitteLpunften ber ^robuctiou mit ben Slbfapgebieten, inßbefonbcre auf baß SJteer unb
bie ©ifenbaf;nen in il;rem wed;felfeitigen ©influffe l;ingewiefen, befptad; er bie Stiid;tigfeit
beß -AbriameereS, beS ÜDtittelmeereS unb beß Sltlantif mit S^ug auf Cefterreid; unb ging
auf ben Snport unb ©jrpert ©efterreicfyß. ©r conftatirte auf ftatiftifeber ©runblage, bat)
ber gan$e auswärtige S>erfef;r £>efterreid;ß ben ©barafter ber ©iirftigfeit trägt, benn ber
Smport fei in bem ©ecenniuin 1852 biß 1862 faft ftationär, bie 3 oBerträgniffe
oaritren jwifd;en 14 biß 16 SJcillionen, wäl;renb fie in ©nglanb, granh'eicb, im 3oÜ‘
oereine u. a. £). progreffio eine fel;r beac^tenewertl;e Steigerung aufweifen; — ber
©jrport ftel;t nid;t günftiger, benn Defterveid; befi^t feinen Slrtifel, mit weld;em er maffett*
f;aft im Stielttyanbel aufträte, ober ber auf auswärtigen SJcärften eine Stolle einnäl;me,
ober- ber bem bfterreid;ifd;cn ©jeporte int Stieltoerfebr eine beftimmte Stellung anwiefe.
Stad; einem ri b er ft d; 11 i d; en pinweiß auf bie „5agcofragen, b. i. auf bie greil;afem, 3eÜ*
tarifß* unb Stieltaußftellungßfrage gelangt er 3 unt Stefultate: ^efteneicb miiffe feinen tyan»
belßpolitifd'en port^ont erweitern uub ficb actio am trausoceanifd;en 3tieltl)anbcl bett;eüigen.
Senn, wie Stebner nad; einer furzen Umfd;au in ben Siad'barläuberit Stuglanb, 3ottoerein
Stalien, 5ürfei bart^nt, ftnb biefe berartig, bat) bie s J)ofition Ccfterreic^ö betten gegen*
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ü6er überall eine fcbmievtgc ift int fr im Vanbi'crfchr wenig günftige (*rfelge 311 erwarten
fteben. T agegen entwitfeln-fich in CfkVlfieit — (fhina unb Seipan — (Sreiguifie non
welterjdnltternber Sragweite. Saft alle Satienen beeilen fid\ biefe (5cnjuncturen au$ 3 m
beuten. Scran Chtglattb unb America, bann 9iuülanb, öctlanb, feltft ^veufjen fcbicfte eine
ßjrpebiticn bcrthin unb bie <£d'wei$ mietbete ein bellänbifcbee Sd'iff, mit Serbinbungen
angufnüpfen, öanbcleverträge abpfcblienen. Sur Ceftefreid', bae mäd'tige £onaureicb, eine
europäifdw ©rcmnacbt, bie eine tüd'tigc Starine befi^t — bie ,,Vuwara‘(*jrpebitien ift
Sem eie bafür — nur jDefterreicb hält ftd? faft fprcbe unb wie abfid'tlidt anfjoibalb ber
großen Serfehräftrcmungen! 3m tuigcn llebevblicf wies ber 9iebner itcch auf bae (Scufular*
wefen unb en blieb auf bie 2ue3caualfrage. Sei ber ätfid'tigfeit bee ©egeuftanbes felbft,
je wie ber eingangs erwabnteu Srcjdutre, bebdlt fid A Sh*. Älun vcr, beit ^weiten 2bei!
ber grage iit ber näd>ften Serfammlung ber f. f. gecgrapt'ifd'en ©ejelljd'aft (am 12. Jänner)
in befpredwit.
Ungarifttjf Älta&emic.
3n ber am 4. b. St. abgebaltenen allgemeinen Sifcuitg, mit welcher bie Seihe ber
afabemifcten Sipungett im neuen Ja Ine begann, würben bie tfcncmTenjarbeiten, welche
für ben Jeleli* uitb für beit MaräcSemn^reiS eingelaufen finb, ange^eigt, unb ber pbile=
legifcfcen unb fd)cnwiffenfd>iftlid;en 2 ectieu 3 m* Seurtbeilung überleben. Jiir ben ben
weil, ©raf Jejepb J.eleti fuitbirten ikiftjpielpreis (100 Tueateu) ’ haben fieben Stücfc
ecncurrirt, nametitlid): 1. „A zdlet komddiasai“ (bie (?ontebianten bee Velens), Vuftjpiel
in hier Vlbtheilungen. 2. „A nyugalom erobere“ (ber Scann ber Sube), in brei Vlitf*
3 Ügen. 3. „Näsz vagy zärda“ (poch 3 eit ober Ärcne), bifterifd;es Vuftfpiel in hier 91 c*
ten. 4. w Egy nagyra termett ferfiu“ (ein Scann ber $u ©renein geboren), in brei
Victen. 5. „Az emberismerö“ (ber* Steufdwrtfenner), in brei Mieten. 0 . „Mi ujsdg a
szomszedsagbanV“ (was giebte Seiies in ber Sad'barfd'aft), in hier 9tuf$ügen. 7. „A
sz£plök u (bie Sommerfproffen), breiartiges Vuftipiel. Sür ben $ramenprei$ aus ber
©raf ©uibc SaräcSonpffchen Stiftung (200 Sueaten), finb felgeitbe 9 Stücfe einge*
gangen: 1. „Dorka, az alfoldi nö a (Seretbea, bie 9llfclberin), ernftee Schaufpiel in
brei 9 iuf 3 Ügcn. 2. „A lätnok älma“ (ber Sraum bee Sehers). £rama in hier Vluf*
$ügen. 3. „Kupa M , l)iftcrifd;ee 2rauerfpiel in fünf Vielen. 4. „Az emberek törek-
vesei„ (bie Seftrebungen ber Stenfcben), fiinfaetiges Xvauerfpiei. 5. „Egy Kiräly pdr“
(ein Äonigspaar), fechöactiges Srauerfpiel. 6. Bardy Istvän“ (Stephan Särbn ober bie
Sorläufer ber Sdjlacfyt bei Stebach), vieractigeö Urania. 7. „Thurn“, Jranerfpiel in
hier 9 (uf$ügen. 8 „Jözsef csdszär tt (Äaifer Scfepb), Jragcbie in fünf Vielen. 9. „Ka-
talin“ (Änt^arina), £iftimfc£e$ Jranerfpiel in fünf Vluf^ügen. .picrauf felgte eine Si^ung
ber fprad)* unb fd>enwiffenfd>aft(id;en Vlbt^eilung, in welcher bab eerrefpenbirenbe 9)iitglieb
Scfept; 93ubene 3 eine SDiffertation ^ielt über bas Suffijr e 1 , welche ftd; ber im hörigen
Sabre ren ibiu gehaltenen gebiegenen Vlbbanbluitg über bae Suffiy m e g als eben*
bürtiger ^)enbant anfcpliefjt.
VluS ber im berfloffenen Scenat abgebaltenen Si^ung ber leniglid) ungarifd;en natin*’
wiffenfchaftlicpen ©efellfd)aft, wirb berichtet:
^)err s prof. S? aper fprad; über bie (Erfolge feiner 2 tubien in Setveff ber l)ß^eren
arithmetifeben ^)rügrefjionen unb lenfte bei tiefer @elegenl;eit bie Vlufmertfamteit auf ben
fehr engen unb intaeifanten 3 nfammenhang ^wifd'en ben S i u e m in al c c eff i 3 i ent en unb ben
figttrirten Bahlen im befannten Sewteirfd'en Vetnfa(j. pen* ■Tr. ^afenfelb jun. hielt
einen Sertrag über bie von ihm in ber neueften 3^'it im cbemifd;en Vaberatcriuut ber
Uniuerfüät »ollführten qualitatiben unb quantitativen d;eutifd;eu Vinalpfen ber ijliäceer
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Sofepb^—ueUe. ?luß biefer 9lnali;fe herber, bvtf? biefe Sefephßquetle wohl arm an
ftjren 53eftanbtheilen ift, aber im ©el;alte an Eifett alle berühmten aitßlaitbifcben Eifern
wäffer, 3 . 53. ber $)cubon unb ©erenftere in Spaa, Sdnualbad;, ^nvmcnt, grauaenßbab,
©riburg, Euboua u. f. w. übertrifft, unb baß beut Etiengebalte bloß bie 5 Öett 3 elß=Duelle
uon Oiippolbßau nal;e tommt. — 5\Viterß fprad; 4>err ©v. E) a f e it f e I b über eine
ebemifebe \Unalufc eineß in ber Umgebung uon lernet ( s })reßburger Ecmitat) gefunbenett
SWineralwafferß. ©iefe Duette enthalt als uorwaltenben 53eftanbtbeil fd;wefelfaurcß Eifern
ojrpbul unb übertrifft bett Seifebrunnen int 9lle]rißbab unb 9Huefau u. f. w.
Heutfdj-ljiporirdjfr Herein in Htfljmen.
Sn ber Slbeubjißung ber 9lbtheilung für allgemeine l*anbeßgejd;icbte am 7. Samt er
wibmete ber 3>crftfjenbe f $)rof. ©r. $ oft er, bent Anbeuten beß uerfebiebenett fiirftlicb
©igmaring’fc^eu 53 ibliett;efarö, £>erm J. ©mit 5io ßler, eine marine s )cacbvebe, tue bei er
beffen Jbätigfeit auf bent ©ebiete ber 9ted;tß* uttb AVunftgefcbicbte, namentlich aber feine
nicht geringen 5 >crbicnftc um bie Aufhellung ber recbtßgefehid}tlid;en 4>crt>altuiffe 53 übiuenß
unb um bie gorberung beß beutfeben ©ejcbubtöiwreineß tebeub f;eruevbeb unb fd;ließlid; ben
Antrag ftettte, ber banfbaren Erinnerung an beit 3 U früh ©eft erb eiten burch Erwerbung
beffen 53 ilbniffeß für ben herein ebrettben Außbrucf 3 U geben. ©iefer 5>orfd;lag fanb alb-
gemeinen Entlang uttb tuirb uetn Außfcbuffc burcbgefüt;rt tuet bett. hierauf fprad) s })ref.
Sd;einpflug über bie uom $>rof. P. 3gna$ ATral in Äemctau uerfaßte ®efd;id;te biefer
Stabt, welche in brei 9tbfd;uitten biefe in ber ©efchid;te 53 cbm eit ß 31 t er ft im 53efi^e beß
beutfd;en Drbcnß auftretenbe Stabt in ihrer Eigeitfd;aft alß untertänige, bann alß fettig*
liehe Stabt unb $ute( 3 t ihre Eutturuerhattniffe bel;anbelt. Er ntad;te 3 ttgleid; auf bie 53e*
beutung Äemctauß für baß Erzgebirge unb bie ©efd;id;te beß ©eutfdrthumß in SJohuien
aufmerffam, auf welche fcf?ett baß befannte Sprüd;wcrt beß großen .VMiffitenfüf;rerß „Uebcrafl
SUtenfcbcn, in Äomotau ©eutfd;e", f;inbeutet. Eß würbe beftinunt, A>errn s Prof. 3<hein*
pflüg mit einer nochmaligen Prüfung biefer ©efd;icbte, nanientlid; mit SRücffnft auf bie
bem 5 >ereitte 3 U ©ebete ftehenbcit ©ejibicbtequellen über Äomotau 311 betrauen unb bett
53efd;luß über bie ©rucflegmtg biß bahin 3 U vertagen, ©eit Schluß ber Strittig bitbete
ein fui^er 5>ortrag beß ^rof. ,p 0 f l e r über bie gerichtliche Eutwicftung beß Nationalität#*
principß, welcher jebcd; nur alß Anleitung 3 U einem utnfaffenberen Vertrag über beitfelbett
©egeuftattb galt, ben ber 5 >ortragenbe in ber näd;ftcn 5>erfatnmlung 3 U haften uerfprad;.
giir bießmal wie# $>rof. $ öfter nur in bett allgemeinften Umriffen nad;,'wie baß Na*
ttcnaiitätßprtncip baß tueltbeberrfduntbe Element beß ganzen ?llterthuutß gewefen, ja, beffen
gan 3 e ©efd;id;te nur ben auf einattber folgenbeu Sieg beß einen nationalen principe#
über baß attbere barftelle, ber bann ineift biß 3 ur uütligen 5>cvuid;tung beß fcfcwächeren
geführt l;abe, biß enblicp bie rümifebe SBeltherrfchaft alle bebeutenben 5>olfer, bie biß ba¬
hin abwechfelttb bie nationale Hegemonie einattber auß ben .Echtheit geiumibeit hatten, 3 n
einem großartigen Nebeuciuaitber jwang, in welchem burd; längere $cit hittburep bie
Sffimilation ber fo uerfdüebenartigeit etbnograbhifd'eit Elemente in Spraye, Sitten uttb
Einrichtungen bereitß weitgehenbe gortfdwitte gemacht batte, ©aß Auftreten früher wenig
gefannter 5>olferfd>tften brach enblid; biefen nationalen 3^ang. xHiub int ®cittelalter .jeigt
ftd; baß nationale $Princip, welcheß, wie eß allen 9(nfd;ein T;at, baß bewegenbe $>rincip beß
19. 3al;rhunberteß werben füll, in vielfachen, freilid; gegen fein frül)ereö Auftreten febr
uerfchiebenen Erfd;einungett, bie ber 5>ortrageitbe näd;ftetiß beß s Jlät;eren ffi^gircit wirb.
mrrantwortltihtr lUbnrUur Dr* UtapM Bdjurriher. fflriuhmi brr k. WUrnv Leitung.
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$er ©trafooflpg in ©elfte be$ fltedjts.
Vermochte 3lbhanblungen, beitfenben SRecbtöpflcgeru gemibmet ooit flarl X Höher*
(.fpeibelbevg 1863, 9Binter'fd)e ^erla^banbhtng.)
Vefprocbeit oon i>rof. löaljlbers.
9ivicf> ’ bat criminalftatiftifcbeu Vercffentlidutngen beö f. !. Jnft^miniftcriumS,
welche (eiber mit fcern Jahve 1858 abfddiefteit, beinig bic ©efammtjabl bet* Ver=
brechen 32.090, wovon 1 G.G 12 Verbrechen auf bie niddungarifchen Sauber
tarnen. Seither hat bie 3 a hl bei* Verbrechen um mehr alö 3400 jugeitommen
uitb unter ben 19.101 Verbrechern, welche tu beit genannten Äreulaubern int Jahre
1802 ton ben Strafgerichten beö Eioilftanbeö tentrtheilt worben fittb, beftanb
mehr ctleT bei* tierte iheü aus rücffällig geworbenen Verbrechern. 23 aö gefcbiel;t
mm mit biefer enormen 9)iaÖe, bie faunt gu überfehen, geschweige 31 t burdsmuftem
ift uitb bereu terbred)erijd)e Stiftungen auf ein ftetigeö Hebel in beut focial=politifd;en
Äorper beö Staates biitweifen? Gin Jheil bei* Jrage ift fchoit bttreh bie ltachfenbe
3afü bei* ritcffdlligett Verbreiter beantwortet. Still mau auch ^itgeftehen, baf 3
im Sdlgenteinen bie 3 abl ber Verbrechen bmchfchnittlidi eine ftetig beftimmte
ift, etwa wie bie 3af>t ber alljährlich ftattfinbenben Ebefcbliefutttgen mtb Sterbe*
falle, fo bleibt noch bie Jrage immer eine offene, was ber Vollzug ber taufenb*
faltigen Äerferftrafeit Jahr auo Jahr ein für bie Veffeutitg ber Sträflinge wirte?
2)aö publicum pflegt fich mit beut hergebrachten Stählte abjufiitbeit, bajj
jährlich fo uitb fo tiele Verbrecher unfd>dblid> gcinad;t werben uitb baf; bie 5luf*
rechterbaltmtg ber Sieebtoorbnung mit eifenter ©ewalt jur Vcrminberuitg ber Ver*
brechen weteutlich beitrage. 3H8 ob Sträflinge baburd) itnjchäblich gemacht würben,
baf; fie bie Strafanftalten 3 um Jheile jd>lecbter mtb gefährlicher oerlaffen, als fie
biefelbeit betreten haben, alö ob eö nicht baö ©eringfte wäre, was bae publicum in
feinem eigenen Jutereffe oon ber Strafanftalt forbent tonnte, baf; bie Verbrecher
auö ben Strafanftalten weitigftenö uid;t oerberbter uitb gewiffenlofer in bie bürgen
lidw ©efeüfcbaft $urücffehren!
2lucb ift eö eine alte iduedde ©ewohitheit, ben Suftanb her Strafanftalten
fchon befriebigeitb 311 fiitbeit, wenn in ben Schlafe uitb Jlrbettcarreften, in ben
©äugen uitb Spitaljinimern Crbttung uitb SHeinlidsfeit berrfeben, für bie materiellen
Vebürfniffe geforgt ift, bie Sträflinge angeftrengt arbeiten uitb bie peiitigeitben
Entbehrungen uitb Saften ber @efängitif;biscipliu gelaffen ertragen. Jft ber 5)Jtecha=
nioitutv beö OwfäitgntfUebeuö mit flofterlicher Siegelmäjjigfeit uitgeftört im ©aitge,
fo baf; bie Sträflinge nach bent 031 0 cfeitfd;läge aufftebeit, baö Vett ntad;en, fid;
wafchen, htieenb baö ^)erj 31 t ©ott erheben ober wenigftenö ohne Äettengeraffel
3Sc<$«nförift. 1864. ©attb m. 7
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anftcinbig beit religiöfen Hippenbienft verrieten, ru(;ig arbeiten, frifefte Suft fdföpfen,
beten unb arbeiten bis gur Schlafenszeit, wicberfwlt fid> baS orig ©eftrige in
ben Strafanftalten ebne 3trbeitSrerweigerung unb Wifcbanblungen ber Scblnfgettoffen,
ohne Selbftmorb unb — (Vlud.'ti'ertncben, ebne Pleutereien; — bann pflegt ntan
alles in ber Drbnuitg gu finben, mag eS and) mit ber Belebung beS fittlidien
Elementes fel;r fd'lecbt ftef>en unb mögen and) bic ftolgeübet ber fittenrerberbenben
unb bie befferen Sträflinge anwibernben ©emein|cbaftS(;aft itod) io nerbeerenb in baS
innere Heben ber Strafanftalten wie in bie ©rfd;einuugen be§ iocialen SebenS
eingreifen.
2)ie SBiffenf^aft unb bic öffentliche Pleinung forbern bringeitb eine moraliid;e
SRcform ber Strafanftalten. S'aritt ftimmen beibe mel;r weniger überein, bafj bie
Strafanftalten gugleid; auch 33efferung6anftatten werben feilen, bah neben bem
^auptgweefe ber Strafe ber 53efferungSgWccf, bie Umftimmung beS red)tswibrigen
SBiHenS in ben Schulbigeit augeftrebt werben muffe, bah ber Vollzug ber Strafe
gwar in einer genugfhuettben, beffernben unb abfdireefenben 3we<ftl;ätigfeit gu be=
ftehen habe, jeboch jeber Strafart in ihrer 33ollftrecfung eine fold;e ©iuridituug
gu geben fei, bah burch biefelbc wenigftenS jeber 3krfd;led;terung ber -Sträflinge
guuerläffig rorgebeugt werbe.
Olur eine rerfd;wiubenb Heine 3al)l ton Griminatift en fich bisher für
bie 23effetungöt£)corie entfebieben, inioferne biefelbe ben OlecbtSgruub ber Strafe
lebiglich in bem SBeffcrungSgwecfe finben will unb bie grünbliche S3efferuug beS 33er=
brec|er3 als ben eingigen 3wecf, baS alleinige 3iel ber Strafe erflärt.
3n unferer Sitteratur hoben fid; allerbiugS gablreidt>e Stimmen für bie mora=
Itfchc Oieform ber Strafanftalten ober für bie ©efängnihrerbeffernng burd; Gin=
führung ber ©ingelhaft entfebieben auSgefprocben, g. 33. 0 . Pratcbenera, o.
SSürth, 2eo ©raf £bun, älrenn, 33uol = 53ernbcrg u. a., allein für bic 58ef=
ferungStheorie in bem angegebenen Sinne würbe nur ©ine Stimme laut, in ber
gu Prag 1856 »eröffentlicbten Schrift: „Itcbcr bie SSerbeffenmg beS ©efängnih*
wefenS mittelft ber ©ingelhaft" — unb biefe Stimme War bie beS SSerfafferS ber
rorliegenben Sll'hanblungen.
01 ober meint, bie Strafe bürfe nur als ein SSerfgeug ber 33erfittlid;ung unb
33ermenfd;li(huug aufgefaht unb notlftrecft werben, b. I). olS 33cfjerung8ftrafe im
©eifte einer »ormunbfdjafHieben 9lad;ergiebuitg beS fBerwabrloSten ober
^(gegangenen, mithin infoferne fittlid; Unmünbigen. ©r fdieut nicht rer biefer
bebenflidjen parallele gurücf, forbert rielmel;r unter ^Berufung auf bie Ärauf e'idie
Philofoph’ie: inwieweit ber Ucbelthäter als willcnsfran! unb barnm als ber rer=
uünftigen Selbftbeftimmung unb ber Selbftftänbigfeit unfähig fid; erwiefett hot,
infoweit bürfe unb fette ihm biefelbe 33el;onbluug unb fsüriorge gu Sheil Werben,
wie allen anberen ber 33erormunbung ober pffegfd;aft 33ebürftigen!
Oiöber will Strafe, weil bie rerfäumte ßrgiehung nadigehclt unb gebeffert
Werben muffe, allein er bleibt ben 33eweiS fd;itlbig, wehholb bie rormunbfd;aftlicbe
Oladjergiehung ron Staatswegen gerabe bnreh Strafe bewirft werben müffe,
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b. h- c$ Bleibt bte Slothmenbigfeit uitb ber 3?ed)t$grunb ber ©träfe felbft
ebne überjeugeitbe ©egritnbung. Ober fetten nur etma mit Sieber annehmen, baf 3
ein Uebeltbäter, melcher ber vernünftigen ©elbftbeftimmung al§ unfähig fief) ermiefeit
bat, be£balb gestraft merben muffe, bantit berfelbe gebeffert »erbe? 26ir gehen noch
viel meiter, mir behaupten, bah ber Uebeltbäter, ber ftef) ber vernünftigen ©elbft*
beftimmung ale unfähig ermiefeit bat, nur 51 t beffern, nämlich pipehiatrifdj
jn befiattbeln unb gar nicht ju [trafen fei, meil e$ unter biefer Vorauöfeluntg
an ben Vebiitgungen ber- 3uredmnng$fäbigfeit fehlt. 3[t ber Uebetthäter nicht
pfpd;ifch franf, ift er aller vermabrlofter ©r^iebung uueraebtet felbftbeftinunungSfähig
unb burch baS ©trafgcfe£ beftintmbar, bann ift bie 3 tna(egie mit „aßen aitberett
ber Vevorrttunbung Vebürftigeit" met;! fein ©ntttb ber ©trafunmüubigfeit unb
feine Vegrüitbitttg ber ©träfe überhaupt, immerhin aber ein bei ber ©trafjumeffung
in Vetradbt fotumeuber SRilberungSgrmtb.
Stach Siöber ift bie ©träfe auch fein finit(id) = geiftige3 Vergeltung 8 *
übet, nicht Vergeltung von Sofern burch eilt ©enugthuungSübcf, vielmehr lebigtich
ein ©ut, eine Söohlthat für ben Verbrecher felbft unb für bie ©efellfd;aft. 35ie8
ift nun ber eigentliche Ä'ent ber erfteit Slbhanbluitg über bie grage: ob bie
©träfe eilt Uebet fein mi'tffe?
©8 mar eilt cittfefclicber verhängnisvoller Sßahn burch Jahvbwtberte, ^ er ^ eu * e
noch nicht völlig ühermiutbeit ift, baß bie ©träfe eine Reinigung fein muffe. 3 m
fomeit Stöber gegen bie Ueberbleibiel biefer verfemten itttb abfcbeulidj>en iluffaffuttg
mit fittlicber Gntrüftung ftreitet, fitib mir gern an feiner ©eite; allein bann miber*
fprechen mir bentfelbeit entfdnebeu, bah bie Sluffaffiutg ber ©träfe alä eine 8
Uebelß unrichtig uitb mit bent Siechte unvereinbar fei Sd;oit in ber Seuerbachfchcn
3 eit mürbe lebhaft barüber geftritteu, ob bie ©träfe in ihrer Bufüguitg ein mirf*
liehet Hebel für beit Uebeltbäter fein folle. geuerbach folgerte aue ber ^Bejahung
biefer ftrage, bah ein Hebel, melcheä ber Verbred;er felbft al 8 ein ©ut begehrt, nicht
ohne SSiberfpruch gegen bie 5lbftd;t be$ ©efepeS miber ihn angemanbt merben
fcnite unb bah Strafen gegen Sobte ober Slbmeienbe im Vilbitiffe unjuläffig feien
Sittmann behauptete, bah, meint ber Verbrecher bei bem ©trafübel nidhtö leibe,
bie gefehlich beftintmte ©träfe, al 8 un^mecfniafug, in eine aitbere vermanbelt merben
bürfe, eine $nficht, bie im vorigen Jabrbunberte noch int ©chmaitge mar. Um nur
ein Veifpiel anjufübreit, fei ermähnt, bah nach einem nieberofterreiebifchett patente
von 1715 biejenigeit, melcbe au 8 ßeben 8 überbruh ©otteeläfterungen ausftiehen iit
ber Slbfi^t um beebalb hingerichtet ju merben, niept bie vermirfte SobeSftrafe traf,
ihnen vielmehr jitr ©träfe ba 8 ßebeit nid;t genommen unb bie geiepliche orbetttliche
©träfe iit eine lebenSmierigc ©aleerenftrafe vermanbelt mürbe. Siodj Derfteb ging
in feinett ©runbregeltt ber ©trafgeiepgebungefunft fo meit, eine ©trafvermanblung
bann eintreten ju laffen, meint au3 ber Snbivibualität beö Verbrechen? unb au 8
feiner Shtfchauungämeife erhellt, bah gefe^lid^ vermirfte ©träfe für ihn eine
SBohlthat unb fein ttebel fein merbe.
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Schon 1S27 ift feie Uuhaltbarfeit biefer oerf eierten Theorie burdj .ft epp über
allen Sweifel erhöhen worben.
Sie S trafe toll bereits in ihrer Höften Vorftellmtg für bie mit Strafe 5Be*
Probten ein Hebel iein unb ift ihrer Statur nach im Allgemeinen, als eine Art ber
FreiheitSbefd'ränfuug mit einer Summe bemütbigenber (Entbehrungen gebadit, ein
Hebel. Als ioldees wirb fie regelmäßig anerfannt, Wirtlich enipfunben unb beshalb
gefürchtet. Saft eS ausnabmsweife COleiiKben giebt, welche bie bürgerliche Strafe
als eine wahre Vechilhat empfinben, weil fie fid; ihrer Wewiffensqual entlebigen,
ber Oiacbe ber burdi fie Velcibigtcn entgehen, ohne Oiabrungsforgen fielt in Strgf*
anftalten ein materiell erträgliches Untertemmen, geiftlidien 3uiprucb unb ärjtlidje
pflege oerfdwffeit u f. w., beftätigt bie (Erfahrung, welche jeboch an ber Oi'id;tigfeit
beS 9)iertmalcS ber Strafe als eines Hebels nichts 31 t änbern oermag. Heberliefern
fid) bodt manche Verbrecher felbft ber ftrafenben Wewalt beS Staats, entweber weil
fie lieber bie fiebere Strafe als bie Sual ber Hnficherbeit oov Cvntbecfung ertragen,
ober weil fie bnburdc ihre Scbulb movaliich 311 tilgen glauben, ober weil fie wiffett.
baft bie Selb fta n ,3 ei ge uttb bas Weftänbniß eine ftrafmilbernbe Vebeutmtg haben.
3d; habe bei Vefudien ber Strafauftalten Sträflinge feinten gelernt, welche um
Verlängerung beS Aufenthaltes in ber Strafanftalt nach ausgeftanbeiter Strafzeit
gebeten haben unb weil bieielbe nieftt gewährt werben tonnte, fefort nadt ihrer
Önttlnffuitg belinquirt haben, in ber Abficbt, wieber ihre Verforgung in ber Strafe
anftalt ju finbeit. Für alte gebrecht id)e, arbeitsunfähige Verbrecher ift bie Alter*
natioe jwiidten Armenpflege in ber .£>eimatsgemeinbe unb in ber Strafanftalt nidtt
fo fchwierig, für biefe uuglücflichen, eleitben (Md'öpfe, bie in ber Freiheit ber be=
mütfjigften, 001 t junger unb .Stätte begleiteten ÜebeuSftellung entgegenfehen, hat baS
StraflcauS nach Hmftänbeu felbft etwas — anheintelubes An bie Stelle aufreiben*
ber unb erbitteruber Alltagsitoth auf bem Fahrntarfte bes ÜebeuS, oon Schaube,
epobu unb Verwebung begleitet — treten in beit Strafauftalten, gumal mit Oöe*
mciuidiaftehaft, bie C'äefpenfter bes ecmngcrs unb ber nothbürftigfteu (Entbehrungen
oeridieitd'enb, regelmäßige materielle Verpfleguifji, bie ergiehenbe 1)1 lacht ber Srbitung
unb Arbeitfamfeit. Sraußen fein iliebeswort — im Strafhaus juweileit eine wohl*
wollenbe Ansprache, braußen Vcrlaffcuheit 1111 b Verfolgung — im Strafhaufe wenig*
ftenS für profeffioitsmäßige Hebettt?äter bie Dieije eines Verbrechercafiito s unb ber
Familiarität in beit gemeiniatnen Arbeite** unb Sd'lafarreften. 3a manche ber
befferen, mehr unglücflidren als fddechten Sträflinge bauten Wett, im Wefäitgniß*
fpitale wenigftens einen chriftlichen Sob 311 fterben, uub fd'on bie fleinfte Fveunb*
Iidifeit ber Strafanftaltsoorftehung, bie geringfte Vegünftiguug bringt fie außer
fieß, o lt Shränen tieffter (Erlenntlichteit. 3d' föitnte Veifpiele antühren, in welchen
Sträflinge felbft bie niigenügeube bisherige (Einrichtung ber .fierterftrafe alS Voohlthat
aitfahen, immerhin aber beit Sag ber (Entlafiung aus ber Strafanftalt fing oor bem
(Enbe ber Strageit fauut erwarten tonnten. Vei genauer Vefannttcbaft mit
ber Strafhausbeoölterung wirb es mithin als ein unbeftreiibarer Wifahniiigsfaß
gelten Tennen, baß bie Strafe in jeber Form ihres Vollzuges in ber Oiegel ein
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101
Uebel fei unb afe folAes and' wirflüA emphmben werbe. Tiefe Grfatyrung wirb
tiicbt nur in Strafanstalten mit C^emeiiifcK'iftöKift, fonberu auch in Sdlettge*
fdngntffen, 3 . 5Ö. in 23nxdn'al, beftätigt. (5S bat bem Strafrodde wie ber ©efänguif?»
hmbe Schaben gebracht, bap man beibe abgefonbert für ficb itnb ebne Verbinbung
mit bem gefellichaftlicheu Veben ber bin^erltdnnt Trbnung betrachtete, .statte man
erft bie Duellen bes VerbreAeuS unb bie verfebiebenen VerbreAerclaffen ftnbirt
bvinn batte man auch ficberer bie Stelle gerunben. an Welcher bie fociahpolitiüben
unb pcibagogiühcn Hebel ber VerhreduT geheilt werben muffen, unb biefe Ttagnofe
hätte auch ber Straftbecrie eine aitbere ©eftalt gegeben. 'Mein $ur Einnahme ber
Sieberdcben SefferungSftrafe febeint auch eine gewiffenhafte praftifdje Unter) u Au ng
bietet ©egenftanbeS nicht nothmeubig 511 führen.
Selbft in ber ^egeffdum Sdnile wuchs bie Ginfidd, baf; bie Strafe für ben
Verbrecher ielbft eine Viohltbät werben tonne, nicht allein baburch, baf; er einer
geiepliAen Vehanblnug unterworfen wirb, fonbern auch baburA, bap bie verteilte
Wichtung feines Voillenö wieber 311 m Siedden hingeleilet, er ielbft zur Selbftbe*
berrfdmug mtb Selbftprüfuug gebrad)i werbe. Allein fd;oit Abeinrid) dichter t)ob
hervor, bap berjenige tl;bricht haitble, ber bie Strafe mit beffernber 3uAt ibentificire.
Strafe ober Vergeltung faiut einem nicht ganz oerborbenen ©emütbe Antrieb jur
Utnfehr unb Veffernng werben, befonbers wenn fie geredet ift Tenn fie erfcheint
bann bem Veftraften burd) bau erbulbete geredde Hebel als ein Verneis feiner
eigenen Grniebrigung vor ber ©ereddigfeit bes Staates unb ber ©efellfAaft, zu*
gleich aber and) als SS obIthat, wobureb er bie Alraft unb SSürbe feiner Diatnr
in hellerem Vidde erfennt. .JeboA vermag bies nur bie gerechte, ben begangenen
VerbreAeit angemetfene Strafe. Jebe aufgebriutgene, willturlicbe ober finbifcfyc 3üd;=
tivgnng empört bas ©emiitlj um io mehr, je lebenbiger nod) in il;m baS 33 ewupt=
fein ber freien Söürbc ber 9JienfAl;eit fpricht. 3ebc Strafe fann heffern, wofern
fie oerbieitt unb gerecht ift; aber bap fie es notbwenbig müffe, ift 31 t bezweifeln.
Tiefe Votrfung berfelben l;angt 3 U fehr von ber Snbiiubualität ab, atS bafj
ber 3 wecf ber Vefierung bas SSefen ber Strafe bebtngen tonnte.
SBitl iemanb bie Strafe ein Grjiebungsmittel zum ©uten nennen, ber f)ai
Siecht, wofern er bie bilbenbe unb leiteitbe 3 ttcbt nicht ausfdjliept. Jnbeffeu ift burd)
Strafe allein nie unb nirgenbS ein ©emütb erjogen unb gebeffert worben. So
fcf>r ift bie 3üddigung unb bie 3 ud)t im SSerfe ber (Srjiehung veriAiebeu. Taju
fommen noch aubere Siebenten gegen bie V eiferung Sftrafe im Seifte einer
0 ormunbfcf? af1 1 i Ae n aA er 3 i el;ung.
Gs fehlt berfelben bie rechtliche Segrünhntg unb ber angcnicffeue 9)iaf;ftab
ber Strafe. Vage ber WeddSgrunb ber Strafe in ber VcfferungSbebürftigfeit ober
in bem SefjerungSjwecfe allein, fo wäre ber Verbrecher, ber ficb fAon vor feiner
Slbftrafung gebeffert hat, uugeftraft 31 t taffen, inbem ber bie Strafe allein
reAtrcrtigeube Vefferuugszweef fAon vor ber Strafzufügung unb cl;ite biefe er»
reicht erfd;eint.
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216er aud) unoerbefferliche Verbrechet müßten folgerichtig entroeber un*
geftraft bleiben, weil ber Vefferung?zwecf bei benfelben nid>t ju erreichen ift unb
bie Vefferungoftrafe 3 tr»edf= nnb fruddlo? tu 21nmenbung tarne, ober lebenslänglich,
ohne SRücfficht auf bie (Srofce be? ihnen jur Saft gelegten Verbrechens, wie fittlich
Uttmünbige befyanbclt unb bi? an ihr (Sitbe in ber Vefferungsanftalt gefangen ge*
galten werben.
SBoflte man bie Strafzeit be? z u beffernbcn Verbrecher? unbeftintmt taffen
unb al? jeitlicbe ©reitje berfelben nur bie mirflid) eingetretene Veffernng besfetben
anerfennen, fo mürbe man ba? Strafrecht in 2>äbagogif auflcien unb ber ©träfe
be? Staat? ihren red;t(ichen Gbarafter nehmen.
3ur Seftfefcnng be? Strafmaße? gehört, baft wenigften? eine gewiffe Strafzeit
unabänberlich oerbüfd werbe, unabhängig baren, ob fid; ber Sträfling beffere ober
nicht. immerhin feil bie Veffernng be? Sträfling? innerhalb ber Sd;ranfen be?
9ied)t? angeftrebt werben, biefelbe ucf> einen ©influf auf bie Ölbfiirjung. ber Straf*
geit äußern, allein ba? einzige 3^’t her bürgerlichen Strafe Tann fie fcf>en besfjalb
nicht fein, weil bie Strafe in allen fallen nicht einzig unb allein um be?
Verbrecher? willen angebroht unb oerhängt wirb.
£ienad) finbet bie Vefferung?tbeorie ihre rid;tige Stellung bauptfäd;lich
in ber Sehre oon ber ©efängnifwerbefferung, oon ben 3’uftitutioncn be?
Strafootljuge?. Slllerbing? ift auch bei ber Straf juntcifuitg barauf 9iürffid;t ju neb*
men, ob fich eine Veffernng be? Verbrecher? werbe mit ©rutib erwarten laffen,
allein biefe? SDioment ber Strafbemeffung fanii nicht jurn einzig richtigen Straf-
principe hütaufgefc^>raubt werben.
3mmert)in ift e? ba? nicht hoch genug anjufdjlagenbe Ve r bien ft ber Ver*
theibiger ber Veffcrungsftrafe, bie 9Rid;t?würbigfeit unb Sieddswibrigteit ber 2lb*
fd^recTungoftrafe, be? graufamen @]rempelftatuiren?, bie Unhaltbarfeit ber Sütrfaffung
ber Strafe al? einer oergeltenben Reinigung, bie oerf)eerenben SSirfungen ber fitt*
liehen Vermilberung, bie au? bent 3ttfammenleben ber Verbrecher in ben Straf*
anftalten erwachsen, mit fchtagenben ©rünbeit aufgezeigt ju haben unb in biefer
Vejiehung wirb bent Verfaffer ber oorliegenbett Sdnift niemanb bie Ghre ftreitig
machen, bie ihm auf bem (Gebiete be? ^öniteutiarfhftem? gebührt Vur nutfz be*
bauert werben, baf$ Sieber, ütbem er feine 2(nficht al? bie einzig richtige f>inftellt,
mit oerlefcenber 33 erb i ff eit h ri t über bie bisherige Strafreddsmiffenfchaft feiten be?*
halb ben Stab bricht, weit biefe im Wanken burd) feine zahlreichen Schriften über
bie Veffenmg?ftrafe ttod) nicht auf beit Sßeg ber Vefferung gebradd ift.
Sie zweite Slbbaitblung reprobucirt eine Sen ff dir ift be? Verfaffer? über
bie im Programme be? zweiten internationalen 28ohlthätigfeit?congreffe? aufgc*
ftellten Stagen 1857, oerbrämt mit einer s Polemif gegen bie 2lnhäuger ber fo ge*
f^reigt einherftolzirenben fogenannten ©ereddigfeitstheorie, in welcher wieberfmlt
wirb, baj 3 unb warum bie 9tedd?begriffe ÄantS, Regele unb Stahl?, mit benen
ba? hmutige „gränjenle? feierte Strafrecht nod> immer fümmerlicp fein Sehen
triftet" ooütg unhaltbar unb unfruchtbar feien. Ser Verfaffer ffiggü't in biefer
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Senffdjrift bett rechtlichen ©nmbgebanfen bet ©träfe als eine? feineSwegS Bloß
ober hauptfäd;licb üerneiitenbcn, auf ?lbwebr oon Störungen im Guten gerichteten,
foitbern eines guglcicß unb cor altem pofitioen, auf .Herbeiführung betltamer, er»
giebenber unb beffember Ginflüffe gielenben Verfahrens. 3118 ein Jpauptmittel beS»
feiten wirb bie Ginfübnmg ber Gingelhaft empfehlen unb trefflich nachgewiefen,
wie biefe fid) gu tent ©elfte unferer ©trafgcfeügebung Perbalte. SBäßrcnb überall
ba, wo ©träflinge oereinigt leben, mehr ober miitber gefunbljeitSwibrige Quälereien
unb Schärfungen, als: fcbmale Äoft, hartes Säger, Äetten u. bgl. Beibehalten ober
wieber eingeführt werben, weil man fucht, mit folchen rein äußerlichen auf StB»
fihrecfung Berechneten SDiitteln ben ©träflingen ba§ 3udjthau8 gu oerleiben, wirft
bie Gingelhaft fchon gang oon felbft unb ungefucht unoergleid;bat härter unb Beffer
al8 bie ©emeinfdiaftshaft. ©od jebod) bie Gingelhaft nicht, ihrem ©eifte guwiber,
gu einer Reinigung werben ober wenigfteuS in eine oöllige Siolirung unb Verein»
famung auSarten, fo muffen bie 3t’Kengefängniffe feinen gu großen Velegraum
haben, böd'ftenö für 300 Gefangene Beftimmt feilt, jedenfalls aber in ber Stäbe
großer ©täbte liegen, barnit eilte wirffame Unter ft ü u n n g ber Slngefteltten burch
häufige Bellenbefuche oon ©eiten ber 9)citglieber oon ©efäugnißgefellfchaften möglich
werbe. Siefer fPunft ift in bet 2fiat yeit entfd;eibenber VMdjtigfeit. Sie Vcrfduift,
baß jeber ©träflittg in ber Gingelhaft täglich wenigfteuS gwei Vcfucße in ber
Sauer oon wenigfteuS je fünf fDiinuten gu empfangen habe, ift in einer ©traf»
anftalt mit Velegräntnen für 700 bis 1000 Häftlinge factiid; unausführbar unb
itluforifd), unb itad; ben bisherigen Grfahrungeit läßt ficfi eben nid)t guoerläffig auf
häufige Bellenbefuche burdi SOiitglieber jener Vereine redjnen, welche fid) bie £>b=
forge ober Vefferuttg oon Sträflingen gum Bwecfe feiten, epier liegen ©diioierig»
feiten, welche bet Befte SSille ber ©efeßgebuttg niemals gänglid) überwiitbcn wirb.
GS feilen bie Sträflinge niemals miteinanber in ©efellidjaft ge»
Bracht werben, fofern nicht ber Vorftanb bnreh gang inbioibuelle Umftjjnbe ftd;
bagn Beftimmt finbet. Sie ÜlrBeit ber Gefangenen barf nicht an Unternehmer
oerpachtet, foitbern ihr betrieb muß, gleich ber Veföftigung, burch bie ©efäng»
nißoenoaltuug felbft Beforgt werben. Sie gahllofett bilden bloßer leibtid;cn ober
geiftigen Startern miiffen rollig oerfd;wiitben. Statt bereit foflen nur in ber Sauer
unb ber fonftigen größeren ober geringeren greiheitSbefchränfung unb gelammten
Vebanblung gewiffe Slbftufungen gemacht werben. SJtit Stecht Begeidjnet Stöber
bie Beibehaltung ber im ©trafurtfeile oorfnitein bictirten unb periobifd; gn ooll»
ftredenben ©trafoerfdiärfungen, bie and; im Salle guten Verhaltens eingutreten
Reiben, als einen offenbaren SBiberfiim. Älter aud; als fogenannte SiSciptinarftrafen
finb nur foldjc fSiittel ftatthaft, bie entweber als felbftoerfd;ulbete Gntgießung beffen,
n?aS bem ©efangcneit feine Sage erleichtert, angufelien finb, ober fonft als gut 31it»
reguitg beS inneren S)icttjd;en geeignet erjd;eiiten, wogu förperlidie Büchtigung unb
©pringeiien gewiß uid)t gehören.
3US guläffige SluSnahmen oon ber Gingelhaft finb folgenbe angu*
feßen. 9)iand;e ©träflinge erfd;einen oon Anfang an nicht geeignet gur Beden*
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haft, wie hinter, jugenblicbe ^erfoiten unter 14 fahren, tehr alte unb gebred)licf>e
?eute ober Schwach finnige, bie burdh, einen 9Jlif;griff bei* Wertete oerurtbeilt
worben ftnb. 5ftodt anbere Sträflinge finb er ft fpatcr in ber Solle gur Sin«
gelhaft ungeeignet geworben, befonberS babitrch, baf; bei ihnen bie 2lngeicben
ber (Sittwicflnng einer ©eifteeftbrung heroortraten, für bereu wirfiatne Sefämpfung
in ber Seile bie 2?ebingnugen fehlen. Xritt biefer #all ein, fo folgt barauS
nur, wie 'lieber benterft, baf; fie io halb ale möglich auS ber Belle heraus, feines«
Wege aber, bafj fie in bie ©emeinfehaft oon 3)iitgefangenen hinein*
gebracht werben muffen. Terielbe führt gugleich auS, bah ee hocbft oerfehrt unb
unftattfjaft fei, jemale in einem a> auie baS s ))rincip ber Stbfonberung unb gu*
gleich baö entgegengeiefte bee Sufammenieiue gut Slitwenbung gu bringen, ba bie*
gu Halbheiten unb Storungen aller ?lrt 2lnlaü giebt, enblid) bie heften ^Beamten
ber 3e(lengefängitiffe oerbirbt unb bie ©ingelbaft felbft gänglich oerfäHdd, wie fich
an bem ,kläglichen 2?eifpiele" oon 9)ioabit oor bem 1. Sftooember 1856 fchlagenb
gegeigt unb gewiffermaßen noch heute geigt, Wemeinfame 2lrbeitefäle neben ben
3etlen finb entfliehen vom Hebel, ein 'Jfnetyrudj, ber burch tfüeülin unb anbere
©efängnifworftänbe unterftünt wirb. 23er wirb (befangene erft gu beffent juchen
unb baher oon fchlecbtem Umgang iioliren, um fie fobann in ©cnieinichaftSbaft
wieber grünblich oerberben gu (affen? SDtan wenbe nicht ein, baf; burch gwerfmäfüge
9lbtf>eilung ber (befangenen in ©ruppen nach \Hltcr, 23ilbung, 2lrt unb 9)iotio ber
Verbrechen bie ©efahr ber moralifchen 2(nftecfung paralpfirt werbe. Sd;on Julius
erinnerte, bah etile ©daifificationSoeiBiicbe nidito weiter ale geigenblätter feien, wo*
mit man bie Vlbfee jebeS SufammenbringeuS oon Sträflingen gubeefen mochte.
£)amit foU nict>t gejagt fein, baff bie ©laffcueintheilung gar nichts tauge, ober baf,
nicht auch bie (Singelhart ihre eigentümlichen ©ebrechen habe, allein jebenfallS ift
fie bae wirffamere Büttel, um ben großen Mängeln unteres ©efäitgnifwefenS ab*
guhelfeit, wirffamer al£ bas hefte-GlaifificationSmftem, welches, ftreng genommen,
nur fo lange manches ©ute ftiften Eann, als es oon einer intelligenten unb gewiffeit*
haften ©efängnifoorftebung gehanbhabt wirb. Sehr gute Verneinungen hierüber, fo
wie über bas JubioiDualifiren im ©egeniafce gur fabrifsmäfigen Vefferuug finb
nach ben Betrachtungen SuriitgarS in bem „Weekblad van het kegt u oon
1856 in beutfeher Ueberfe£nng mitgetheilt. 2(uch einen gelungenen 2luffaft über bie
23ef;anblung ber Unterfudumgsgefangenen oon Sur in gar hat ber Herausgeber für
2)eutfchlanb burch eine Uebertragung entbeeft.
Jntereffant ift JHöberS SDlittheilung über bie 33rüberfd>aft bes rauhen
Haufeö unb ihr 33erf>ättnif; gur (Singelhaft.
Äbnig griebrich SSilhelnt IV. oon trennen h a ^ e feit feinem 23e[ucbe beS
3eÜengefängniffeS gu ^entonoille entfdbiebene Vorliebe für bie ©ingelhaft, ©in
Hauptbeftimmungsgnmb für ihn fcheint jebcch bie Verquitung ber Sellenhaft mit
jener unheilooHen religibfen Verrichtung gewefen gu fein, bereit Begünstigung bie
ni^tSwürbigfte Heuchelei grofgog. 2)er ehemale alleinige fadjfuubigc 3iathgeber beS
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Königs in öefängnitnatfum, Julius, war rorlängft beteiligt werben, oiefleicM weif
er, obwohl ftreitggläubig, bech beit Äeblev Kitte, ein gläubiger ätatholif zu fein;
unb bie Ausführung bes neuen SSerleß warb einem ftrengglänbigen fProteitanten,
ber bnntals mit bem (%fängnii;wcfen noch wenig rer traut war, bent Sr. Sichern
anoertraut — Wentgftens in Bezug auf baS 3riiengefangnifi , 31 t Woabit. Stöber
bemerft, bau nach allem, was bis jefct über bas proteftantiid; gefärbte Megenftiicf
beS alten Jefuitenorbenö, über bie Crbttungen ber OtaitbbäuSler ans -tfiefit gefouiinen
ift, jeben aufrichtigen Sreuitb ber Einzelhaft lebhaft wümeben mad't, bat; bie tei*
bige 3 weibeuti 3 e Verfnüpfnttg berielbeu mit jener Sippfcbaft je eher je
lieber gelöst werbe. -Die 3 el(enbart bat für beit Stifter ber Brübemhaft nur info*
weit Sertl;, als fic z u »i ^reffen in feinem Sinne gläubiger 'Preteftanten ju
brauchen ift. Aue biefeitt Wruitbe erffärt Stöber beit llmftaitb, bau Sichern ron
einer ölbfüvjung ber in <Siit>elbaft rerbünten Strafe bunt bas ©efep ebenfowettig
wiffeit will, wie ron unbebingten ober bebingteit Begitabigungen, baf; bie Anhänger
tiefer Brüberfdiaft figegen ein geiehliches Suftem ber Einzelhaft fträitbeit unb
bie Anorbitung ber Einzelhaft für gewiffe Sträflinge lebiglicb nach Eutbüitfcn ber
Verwaltung billigen.
Ser Verlud' bes Winiitere beS Innern, mittelft einer Senlfchrift bie Abge*
orbneten 511 rerntögen, ein weiteres Vorgeben mit ber Einzelhaft in s )>reni;en auf
bem blofieu Verwaltungswege ohne ©eiet? gut^iibeif;en, ift getcheitert. ^rofeffor ron
•£ 0 (h e lt b 0 r f f fampfte gegen bie preufsiidn» mimfteriello Seiifjchrift in ber Schrift:
,,©e]d 3 s ober Verwaltungsmarime 1861" euer gif d); auch Wittermater jprach
gegen biefelbe in ber „Allgemeinen beutfeben S trafrecb tSjcitung", 1861»
9er. 18, entfte Siebenten aus unb hob herror, bah überhaupt bie Eiitriddung ber
Strafanftalten in einem conftitutionetleii Staate ber 3 uftimnumg ber Kammer bc*
bürfe, bie Einführung ber Einzelhaft an Stelle ber gefehlidvn 3 uddbaus[trafe mit-
bin ber Siegelung burd) bie Eefe^gebung nicht entzogen werben föittte. EtiteS fei
flar, bafi, weil bie Einzelhaft auf einem ganz oberen Snfteme beruhe, wie bie
öemeinfd'aftsbaft, bie Surd;fül;rmtg ber Einzelhaft als eines VefferuitgSmittels
ohne rollige Umgestaltung bes ©efängttittweieitS eine iri'äiMid'e Halbheit, ein foft-
fpieliges Experiment bleibe, on berielben ron .Eolpeitborff heraitsgegebeueit Straf-
recfctöjeituug würben in Str. 28 unb 31 besielbeit Jahrganges bie ron s J)vof. Stöber
gegen bie erwähnte Senffcbrift wirffant gefebriebenen Artifel im Anszuge mitgetheilt,
an welche im rorliegeitbett Buche weitere Betrachtungen gefnüpft werben.
Jn einem fdtroffett Eegettfane zu ber Auffaffuitg unb Sarftellung beS irlän-
bifd'en ©efängitifwefenS ron .pclüenborff fritifirt Stöber baS fogenaitnte iiiäubiübe
©efängmfunfteni Salter EroftonS, bemüht, beit Anpreisungen besielbeit entgegen*
Zutreten, unter Bezugnahme auf Ehartes ©ibfottS Schrift: „Irish convict reform.
The intermediate prisons a mistake. By an irish prison chaplain in the
convict Service“ (JDnblin 1863). .Eier fei nur erinnert, baf; feie ©mnbprittcipicn
in ber Vollftrecfitng ber Straffneddicbaft, penal servitude (ber einzigen m*eiheitS=
ftrafe für fchwere Verbrechen) fid> jitrücfführen taffen auf bie Äürjnngöfahigfcit
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bcr richterlich crfannten Strafe, baö Jnftitut ber promforifcben greifaffung ober
ber bebingten Beurlaubung; auf bio Abftitfung bev <Straffnecl;tfcbaft nacf) mehreren
gerieben, nach n>eld>er bie ©eiamnitbauer ber richterlid) crfannten Strafen in
©iujelbaft unb genieinfame 3wangöarbeit zerfällt, unb bau ftrf> an biete zwei
Strafftabien noch ein Uebergangöftabium in ben* Bwifcbenanftalten intermediate
prisons aufcMient.
SdjliefUich erwähne ich, bat; in einer eigenen Abl;anblung bie ©efiddöpitnfte
für bie rechtliche V>ürbiguug ber ©efangenarbeiten fcftgeftellt werben, um bem
fd)dblid;eu @iitfluj$ einiger neuerer Schriften über bieten ©egenftanb ein ©egen*
gewicht JU geben. Make me diligent. and they will be honest ! Sie Strafarbeit
foü einen weicntlidjen 2beil ber neuen ^ebenßorbnung hüben, in welche bie Strafe
ben Sträfling eingeirebnen teil, bamit bie . Arbeitfamfcit ilim jur aitberen Dlatur
»erbe, ihn nad) bem Fußtritte aitö ber Strafanftalt erwerbsfähig mache unb in ber
Strafanftalt rer Verzweiflung unb Verirrungen beS ©cwiffeitB bewahre. 3ebe 23e*
idtäftigung een Sträflingen muf; eer allen Singen feinen fchlimmen ©influf; auf
bereu ©eiuubbeit üben, fenbern wo möglich einen günftigen auf bie (Erhaltung unb
Hebung ber Äräfte beö Äörperö unb ©eifteS 3u ben fcrberlidtften ©efangenarbeiten
jaftlt ber Verfaffer bie meiften Verarbeiten, befenbers bie Schreinerei, SSagneret,
Äüferei, weil fie nicht allein bie 9)iuofeltbätigfeit in Aitiprud) nehmen, fenbern auch
bas 9iacbbenfen betdtäftigen unb Sauberfeit erforbern. Auch Sc^feffer» unb SMed)*
«erarbeit, Äerbfled)ten unb >]>appar4eit haben ähnliche Verzüge. Vei ber Auötl;ei*
luitg ber ©efangenarbeiten muf; eer allem ber bisherige Veruf berücffichtigt werben
unb nur burchauB untergeerbneter VJeiie bie biene (>inträg(id;feit einer Strafarbeit
in Betracht femtnen. Se richtig beö Verfaffero Anficht über bte cr.jiefilidte 33ebeu*
tiutg ber Strafarbeit unb über bie Auswahl berielbcn ift, fe fann bed) baß in ber
9lb(;anbluug Angeführte Weber allgemeingültige Aitwcnbbarfeit, noch erfeböpfenbe
Vellftänbivgfeit beanspruchen. 3n baö unbebingte Anathema beö fabriföartigen Ar*
beitöbetriebeö in einzelnen Bwetgen ber ©efängnifsinbuftrie fann ich nicht eiuftimmen,
ebenfewenig ber Aufidd beipflidden, bafz eö beö Staateö itnwürbig wäre, Straf*
linge nad) Untftäuben ähnliche Arbeiten betreiben gu (affen, wie felche in ^abrifen
»errichtet werben muffen. Unter ber Vebittguug ber Abwertung unb öfterer Unter*
bred)ung läf;t fich prtneipiclt feine ©attung een Arbeit auötd)ltef;en, in*
fefent fie ntdd getunbheitöwibrig ift unb in ber Anftalt betrieben werben fann.
Ununterbrochenheit ber ©efangenarbeiten febeint gleichfalls eine ^auptbebin*
gütig zu H'i«, and) wäre auf bie gocafinbuftrieen ber Heimat ber Sträflinge wo
meglicl) bei ber Auötbeilung ber Beschäftigung Siüdficbt ju nehmen, graglidj ift
eö, ob ben Sträflingen bie V3ahl beö z u erlentenben ©ewerbeö unbebingt ju
überlaffen fei, bagegen ift eö unzweifelhaft, baf; bie gewerblichen Äemttniffe bcr
Sträflinge zum Slupen ber Anftalt zu eerwertben feien. 9iad) S(;unlid;feit feilen
bie Sträflinge wenigftenö abwedifelub ju Arbeiten mit freier Bewegung ober ju
Arbeiten in freier $!uft, »erjugöweiie zu Ianbwirtl;i^aftlid»en Verrichtungen eerwen*
bet werben. Sen $u ftyenber Arbeit angehaltenen Sträflingen ift bie Arbeit in
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freier 8 uft ron io großem 23ertb, baf; fie mentgfteitö int Srübling unb Sommer
gerne bie einen größeren Ueberrerbten ft gemäbrenbe Weberei, Sdmciberci u. bgl.
mit Verrichtungen im (harten, ja felbft mit bei* Veiduiftigung beö Sdnreinefütternö
unb Unratbmegtvagenö rertaufdnut K
2/eit Scblnf? beö ungebeugten Suche* bilben jmei 2lbbaitblungen: Sliefe auf
ben Vollzug ber greibeitöftrafen unb auf bie Urfactyen ber 9iücfrälie, meldie jum
Steile fdmn 1858 in ber „.ftbltt. Leitung“ ericbieneit finb.
9}iklmigcit=£tubien.
3. Pilgrim unh btc ßlage*
SSemt eine Jf;atfad)c nach mel)i* alö gmeibunbcrt buttflen fahren in gefünfteb*
ter SSeife erzählt mirb, io toirb man bieielbe aus feiner gefdncbtlichen Duette un*
geprüft entgegennebnten, unb baö anit Miedet, trenn man fcebenft, trie riele &lippen
einer umftanblicben Ueberfieferung entgogenfteben. Glaubt man aber bet einer nach
Inhalt unb gorm litterarücben 9iadn*td;t larer unb nudmd^tiger vergehen 311 ntüifenr
fo fdieint mir gerabe baö ©egentbeil geratben. Verfolgt iduut ein btftcrifcber Sdmft*
ftettet ntd)t oft baö auBfchltejVlidte 3ief, eine Xbatfadu' bl ob unt ihrer felbft nullen
auf bie 9iacbire(t gu bringen, io gilt bie* uod; ungleid) trettiger roit einem Siditer.
Girier bat gang anbere Streife ror 'Augen, unb gefegt and;, er habe ben guten
Spillen bajn, fo fehlt ihm leidtt fcf>oit bie A'äbigfeit, betreiben 311 betätigen. Saö
alleö finb befannte Singe unb Webicbte haben mental* 31 t ben befteu Duetten ge*
Sehen mir aber baren ab, machen mir ein 3 ugeftdnbnif? unb faffett mir für
ben Sid>ter baöfelbe 9iecbt gelten, mie für ben ©eid;id;tofdn*eiber, io ift e* bet
Prüfung einer 9ladu*icbt ror allem öefep, gu uuteviudu'n, melcbe Abficbt mehl bet
ber Sericbterftattung rergemaltet habe, unb mau mirb fid) ftetö überzeugen, baf)
irgenb eine perfönlidte 9Mvnab ficht befto mehr rormiegt, je meitiger eine Duette
urfuttblicbeit ßbavafter bat unb je vereinzelter unb pofitirer bie 9lacbricht auftritt.
Stete Art ber Prüfung aber ift bie einige, meldte unö bei einer rollig iiolirten
9ladn*icbt übrig bleibt. Sie ift aber barum and) hoppelt geboten, beim mit iliecbt
mag ntatt cd alö ^rperfritif bezeichnen, rnentt jentattb ein cinjtgeö Scitgnif; blojj
beübalb rermevfen tritt, meil baoielbe roit feiner aitbereit Seite eine Veftätigung
erhalt.
Sie Sericbte ber Älage über bie (Jntftebuug beö Siebe* leiben freilich fdmn
an fich an manchen JSiberfprücbcn, bie ben ©ebanfeit an apefrrphe 3 «tbaten jeher*
mann nabelegen. (M;en mir aber an bte gebaute Prüfung, fo fällt eö guttadtft
1 Referent mirb ittahereö hierüber in feinen Aufjeichnungeu über oüerreichifcbe <2trafan«
ftalten mittheilen.
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auf, bat? ber Alagebicbter breimal eines Weiteren auf bic getreue unb ^uoerläffige
Ueberliefevung bei* (N'icbicMe von ben Nibelungen, beim alö fotdge laut er bcn 3n=
I>a(t bee Siebeö gelten, jurücffommt: ^u Anfang, im Verlaufe itnb am Schluffe
feinet ©ebicbtev. SBon oontberein oerficbert er uite:
„Pizze vil alte moere
het ein schribare
wilcn an ein buocb gescbriben
latine, desn ist ez niht beliben“ u. i. u>.
(Holtzmann cd. Stuttg. 1859. v, i7 ff.)
(ift mehl nicht jit leugnen, bafj bacf „latine“ fid) in ben lebten 5l>er$
jcbwer einfügt unb einer 4'dteren 3ntbat ähnlich fielet, .^anbkbrift 1> £at bas SSort
nicbt mtb gSolimiann hält es in C für eine Nanbgloffe, bie ein ilbfdnviber in ben
2et*t aufgenemnten habe (Unteriuchungen 'S. 119.) 2\imt märe baS „latine“ jebeit*
falls aus ber litterarifdjen Sc^(uf?ftelle ber Aläge gefolgert unb geigt uns, roie
bort bie „latiiiiselieii buochstaben“ oerftanben nutrbeit unb jn oerfteben finb.
5>er Alagebicbtcr läf?t ben einen Spiclnumn C 5 ‘l 3 efs, Siodmmet, noch einmal
an ben Nbeiu sieben, um babin bie Nacbrid;t oom Ausgange ber Nibelungen ju
bringen. 3?et biefer Fahrt lafit er if>n r toic bieö im ifiebe bei bergleidieit galten
brauch ift, and) bei Pilgrim non ^affait einfebren. tiefer rerficbert fid) nun feiner
bei ber Nütfreiie, um von ihm ben Hergang beS (langen als oon einem Singen^
jeugen $u erfahren:
„swaz du des waren habest gesehen
des soltu danne mir verjehen.“
ileberbieö roifl er felbft bei jebermauus Sßermanbten Umfrage galten unb jur
Sid)erftel(ung ber SBabrbeit fogleid) einen 3?oten ins »pmtnenlanb jctncfen (3614):
„wand ez vil übel wäre,
ob ez behalten würde niht:
ez ist diu grceziste geschiht,
die zer werlde ie gescah.“
Niit 33ejug auf bieie Stbmadjung t)eif?t e$ bann am <Ed)luffe (4441 ff.):
„Von Pazowe der bisschof Pilgeriu
durch Hebe der neven sin
hiez scbribeu dizze iwere,
wie ez ergangen wäre,
in lat ini sch eil b noch staben,
o b e z i e m n für lüge w o 1 d e haben,
daz er hie die warb eit funde
von der allerersten stunde,
wie ez sich huop und maus began
uir. wie ez ende gewau
umbe der guoten buchte not
unt wie si alle gelagen tot:
daz liiez er allez scbribeu
crn liez es niht beliben,
wan im Seite der vidchere
diu kuntlicheu m;ere,
wiez ergie unt ouch geschaeh
wände erz allez an sach,
er unt mauig ander man.
daz rnrere priiefen do began
sin schriber, meister Kuonrät,
getibtet man ez sit hat
vil dicke in tiuscher zungeu.
die alten mit den jungen
erkennent wol daz imere.“
ift flar, bah her Älagebicbter um jebeu s Preiö nach einer dufteten 33egtau=
fciguitg ber gäbe! fud)t, ba er von ber innent Sabrbeit, bem Freibriefe ber s ])oefie f
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nic^tä met?r verficht ober anbeven nid>t^ meür jutraut. 3? et bev nüchternen 33er*
jtanbigfeit, mit ber er 3 . SB. für fcaö ewige 'Seelenheil ÄriembilbenS plaihivt, wer*
ben mir bei ihm baö -iBormiegcn bev Stofflicbon unb ba$ 9?eftreben nach einer
äußeren Sicberftellung ber poctifcben Svafcttion wohl begreifen. SDie 9(rt, wie er
lefctereö tbut, tdftt and) über ben Söertb unb Umrcrtb feiner littevarifdhen 9iadn*icbt
feinen 3 toexfe(.
fpifgrim fc 311 t wie Swammcl fonnte er auö bem Siebe entlehnen unb 3 U
feinen Beeden beuüten. 3 £eitn er frijott einen Wemährentaitn brauste unb fnchte,
fc blieb ihm ja nach bem 2 cbe bei* meiften ?lngon 3 eugen faft feine anbere Söal;l.
©er fernftebenbe Cbeim ber gelben, 23iicbof ^ilgvint von ^affan, ber im Siebe
ftet» fc rief 2l;eilnalnne für bieteiben an ben Jag gelebt, mujjte fchon burdt feine
biftorifch verbürgte Gniiten^ unb bnrd) feinen t^eimatUeben Helmert gerabe bajit am
taugfiebften erscheinen. ©ie Umftdube aber, unter betten ber Älagebicbter, ber ba«
6 nbe vom (Snbe befiitgt unb baburch mit feinem Stoffe immer lvieber 311 Siattbe
fommt, Pilgrim unb Swammet mit cinattber in Berührung feut, erittnent al^tt*
ftarf an analoge ©ateit im Siebe, ©ort fittb befanntlid; ber (fielen Spielleute jmei,
Partei unb Smammel, unb jwar ift nach allem Södrbel ber angetYhettere. Sie
»erben abgefanbt, um bie SiibeUmgen 311 bem fatalen gefte 3 U laben unb reiten
na dt SBerntö über 'J)affau (.p. 1455):
r £ daz die boten körnen | wol durch Bayerlant
Wärbel der vil snolle | den guoten bisschof vant.
Waz der dö sinen friuuden | hin ze Rino enböt,
daz ist mir ungewizzen“ u. f. w.
2 luf ber Siücfreife bringen fie bem SMichof Pilgrim wieber bie Äitttbe vom
(Srfcfg ihrer 53ctfcf)aft (« 9 . 1528):
„Swa si ir friunde iht wisten | daz täten si den kunt,
daz die ßurgonden | in vil kurzer stuut
ze tal von Rine fiteren in der Hinnen laut;
dem bisekof Pilgerine | diu nuvre wurden ouch bekant.“
Siefe Jalnl ber beibeit 8 )ue(leute mujjte bem Älagebidder i'evfdiweben, alo
er biejelbe bitvd) Swämmel nochmals mad;eit lief;. SSanim Söärbel, ber bebeutenbere,
nicht habet ift, erflärt fid) auch au 8 ber Defononttc beö Siebes. Siefen l;at nätulid)
ber 9 tibeluugeutid;tev id)cn verbraucht. eöa^ott lief; ihn bie 2 ?otfcbaft in ber 23ur«
gunben Vcntb entgelten, inbent er ihm bie .'öuitb an ber »ibel abühlug ( 2010 ),
jeitbem „gevidelt er nimermer“. So blieb bem &lagebid)ter nur ttodt bev anbere
Spieluiann Smäntmel übrig. San ihm bei allebent fein d)vonologifd;er 3 weifel
aurftief;, beweist um io mein - , baf; auf$er bem 9iibelungenltebe nur feine ipeculatire
plymtafie bie Duelle feiner @utftehung 8 iabel ift.
Sa hinaus wollen mir aber auch bie „latiuischen buochstaben* unb ba»
im (Eingänge beigefiigt „lutine“. f>n einer Reit, wo alle Urfunben, alle gelehrten
©ücber unb fieberen 33erid;te in lateinifdter Sprache verfaßt würben, muffte bie
SBerufuitg auf eine lateiniiche Ulufjeicbmmg bas übevgeugcnbfte Ülrgument für bie
OMaubwürbigfeit einer (Srjdfiluug fein — fo wie man etwa ben gemeinen 9 )iatm
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tyeutgutcujc oodftünbtg beruhigen faitn bitrdb bie 3>erfid;eruitg, bafä bie Sache gebrucft
ju lefen fei.
Slbgefeheu oon jener nad>trä 3 tic^eit CSinfcbiebmtg, jcbcint mir bie 3 u?ammen*
ftellung (£. 4445):
„in latinischcn buochstaben,
ob ez iemn für lüge wokle haben,
daz er hie die w&rheit fände“
unb int gemeinen £ert ftatt ber beibeit lebten SJerfe:
„daz mans für wür soldc haben“
entfliehen bieten Sinn 31 t geben.
Selbft mit bent sclnibmre, ber ctmaß goprieven faitn, tonnte baß Sieb ber
^)^antafie beö Älagebichierß 31 t £mlfe toninten K SSeuit mir guten ©runb haben
anjunebmen, baf; berfetbe bas Siibeluitgeitlicb fo ziemlich außmeitbtg getonnt I;abe,
ift and) biefer Slußbrucf nicht ju überfehen.
SBaß bei ber ga^ett gäbet aufter aller (Kombination liegt unb auf eine felbft-
fteinbige, tum frentbe Ueberlieferung juvücfjitfubren märe, ift bloft ber 5Rante Äonrab.
Sie ©rfittbung biefer gatten Gntftebungöfabet beö 9iibelungenliebeß tarnt
man bent raijonnirntben ä>erfaffer ber ällage tron feiner iebr befcheibeneit poetischen
^Begabung, ja oielmebr eben bepbalb [ehr mobl 3 umutben. Ueberbaupt ift fein ganjeö
©ebiebt ein fonberbareo 9)tacbmerf, hinter beffext ©el;eimni {3 man jebod; leid;t fern*
nten tarnt, Slbgeief;en von einigen Umfehreibungen, Crmeiteruugen unb Sianten,
meist ber gait^e Jubalt ber .ft läge auf baß Sieb bin, baß aud; alß betamtt oorauß*
gefegt mirb. Sie unmefentlicheit Buthaten tonnte ber Älagebidjter tbeilß ber burdj
ein Sahr^nnbert im i'olföinunbe meitergebilbeten Sage entlehnt, %ilß felbft er*
funbett h^ben, baß nteifte baooit ftantmt aber ficberlid; nur auß ber dlteften, und
verloren gegangenen gaffung beö ©pcß fax. £clfeinamt h a * nad;gemie)en, baft baß
Sieb int Saufe ber Brit burd; bie $lbfd;reiber an Umfang nid;t gemonnen, fonbent
verloren habe, unb baft and; bie dlteften JHecenfioneit in Ca nicht mehr ben 00 IU
ftdnbigen Sert enthalten, ©ß finb bort bereite Stroben meggefallen, melcbe ber
Älagebid;ter noch oor fiel) fyxtk unb auß beiten er einjelite 9iad;rid;ten unb Flamen
entlehnt l jat. Sie moblbegrnnbete Behauptung .sjmlhmamtß, „bafj baß 23ttcf>, auf
meld;eß fiel; ber Sid;ter ber Mtage beruft, niebtd aitbereß mar, alß baö 9iibelimgen*
lieb iit älterer vollftäitbiger ©>eftalt", bat eine Betätigung erhalten bitreb bie Wiener
$aubfd;rift k *. Stefe Bearbeitung enthält nämlich einige biefer ausgefallenen Siibe^
tmtgenftropbeu 311 m gettügenben Beugniffe, bafi bie Älage ihre 9iad:rid;ten nirgeitbö
anberß hernahm, alö auß bent alten Siebe. Sie fortfebreitenbe Sluölaffuitg oon
Strophen bie auf bie £anbfcbrift A ertlärt ftd> gattj einfad; auß ber Trägheit ber
Slbfcbreiber, bie fid) baburd; ihr Sagemerf erleichtern mollten Santit merben fich
bie eittfd;tägigen 9(nfid;ten $3. ©rimmß unb Sacbniannß über baß Berbältnij}
ber Älage 311 m Siebe gan 3 mol;l oereinbaren laffeit.
1 .£> 2292. 2: „ezn künde ein schribcere geprieven noch gesagen“. 3tuch 3Ua ge
4460 hat ^anfcfchrift B priven, A brieten.
* £olfcmann, ©ermanta IV. 1859, ©. 81B ff.
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Sehr befremben muff eS aber, wenn Apetfmann bocft fortan habet bebiarrt,
buff bent Ätagebidjtcr auch eine Jfortfefjung bes l'iebeS Vorgelegen habe, ©egen eine
foltfc« ?(nnat)ine fpridit, abgefelien oont äftbetiidien ^oftulate, ntd)t weniger als
alles, ©er 9iibelungenbid;ter fdmcibet bie «rage bavnadi aitöbrncflid) ab, inbent er
erflärt, er wiffc nid)t, wag weiter gefcbab (2439); unb bann fcfjliefjt er in aller
Bonn ab ((2440):
„Ine sag iu nu nilit mere j von der grözen not....
hie hat daz macre ein ende, | daz ist der Nibelunge liet.“
©iejer Sdiluf; mm bat bent Älagebicbter and) bereits rot-gelegen, ba er ihn
genau nacbafjmt (vr. 4407):
„ich in nu nilit mer hie sage.
Dizze liet heizet diu Klage.“
SBentt ficb ,'öolnntatm begüglid) ber Aortfeiutug auf ben )'riefeitbüber ter .Klage
in SBcrß 14 bis 16 beruft, fo liegt in biefer Stelle ein gan.j anberer Sinn unb
ift feine tiefere Aolgorid;tigfeit barin gu Indien. Sagegen 'pro eben viele attberc Stellen
ber .Klage bentlicb batttr, bau bem i'erruf]er aufter bent Cfpod feine weitere Duelle
Vorgelegen t>abe; er lebnt eS wieberbclt ab, über bett Snbalt besielbett biuauSgtt=
geben (g. 33. 4192 ff., 2345 uttb 2377 ff., 4303 ff.), itttb geftebt and) offen, baf)
mit bem Ofttbe fceß SiebeS auch feine 3l'eiSbeit gut Kieige ift. Kelirreidt ift eS, wie
et babei unb in allen äl)ttlid)en Bällen bie Streite beS SiditerS gerbetritt unb au§=
ipinnt. 3« bet verlebten Strophe bes Siebes beint eö i.sa. 2439):
„Ine kan iuch nilit bescheiden j waz sider da gschach . .
in ber lebten fobann (2440):
„Ine sage in nu nilit mere | von der grözen nöt,
(die dä erslagen wären | die läzen ligen töt)
wieirdincangeviengen | sit der Hinnen diet ..
barauS maci)t ber Älagebid;ter (£>. 4403):
„Wie ez Ezelen sit ergieng
unt wie ersin dinc an gevieng,
dö her Dietrich von im reit,
des enkan ich die wärheit
iu noch nieman gesagen . . “
Um nun bodf> etwaä gu jagen, obwol)l er uid;t3 weif;, folgt eine fimtlofc
(Reimerei bis 4429, wo eS bann l>ci£tt:
„Uns seit der tihtsere,
der uns tihte diz msere,
ezen wservon im so niht bcliben,
ernhete ezgernegescriben,
daz man wiste diurehten mcere,
wie ez ergangcuwsere,
wsere ez itn inder zuokomen
oder het erz sus vernomen
in speis wise von iemen.
dä von weiz noch niemen,
war künec £zel ie bequam,
oder wiez umbe in ende nam.“
£ier fehltest fid; bie oben angeführte, vietbeiagte litterarifche Stelle: „Von
Pazouwe“ u. f. w. an, beren elften 2 heil biefe 33er|e eigentlich bilben. 9)1 an follte
biefelben niemals unerwähnt taffen, wenn and) ber „tihtsere, der uns tihte diz
xmere“ fd)led)t mit bem golgcnbeit havmcnirt, eben fo fd)led)t, wie ber lateinifdje
Schreiber, 9)ieifter Äonrab mit (.p. Ä. 549):
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„des buoches meister sprach daz 6
dem getriuwen tuot untriuwe wß.“
33ergl. 9t. 997 unb 998 uttb £>. Ä. 78:
„Der redemeister hiez daz
ouch tihten an dem msere
wie rieh der künec wäre
Ezele der edel kiinic rieh,
der het aller tagelich
zwelf künige under im.
von der wärheit ich daz ni m .. .“
mo bec^ eittid;iebeit nur auf baß Sieb f;mgemicfen mirb (nergl. Jp. 31 1259 r
1418, 1860).
91 uß altem aber geht bect> mtsmeifelbaft bau eine Innrer, baf; man beit .Klage*
biebter nirejeubö beim 28ort nehmen famt, baß eß fruddloie Bemühung märe, in
feine litterarifebeu Slttßfagen unb Berufungen Klarheit uttb üintlang bringen ju
mellen. Sie Steinte fiitb ihm and) babei bie £auptfad;e unb eutidjeiben nur su oft
über baß übrige SSertfüllfef beß Berfeß, beffen gebaittlicber Subalt erft tu letzter
91eit)e in Betracht temmt. Sine jener langatmigen ^arapbvafirung einiger Berfe
beß 8iebe8 erleben mir, mie er feine (itterariiebeu 9tad;ricbteit fabricirt, unb baß
28ieberfehren berfclben 21ußbrücfe fenitjeidniet bie ilrmutl) beb SSerfafferö. Sft bod;
cigentlidh fein ganzes ®ebid)t nur eine müh tarne s J)arat?l;rafe jmeier 3ievie in bei*
niertlenten Strebte beß 6pcB (£. 2437):
„Ezel unde Dietrich | weinen dö began,
si klageten jämmerliche | alle ir mäge unde man.“
Unter ber 28 acht beß alten Crpoß meiß fid; bei* Älagefcidjtcr, mer er nun
immer fei, ju feiner Selbftftänbigfeit ent^orsuringen. Sbnt banbeit eß fid> rorjüg*
lid) mn bie l s Maubmürbigfeit ber großen ©efebidde (788, 361G) unb feiner eigenen
21ußfagett. Salier bie enblofen Bcrficfcerungen ber 28al;rbeit, bie Berufungen auf
baß Buch, beit -SÖteifter, ben Schreib er K Savuiit tritt er and) nirgeitbß in 28tber*
fprueb su ber Jabel beo (Jpoß, er bejiel)t fid) nielinebr fclbft in fleinen 3ügeit auf
biefeö surücf. j. B. meint Siumclt ermähnt, er habe non ber Jabrt su ben jpunuett
abgeratbeit (&. 4152. Bergl, 9t. 1434). Bon einer lebenskräftigen Jortbilbuug ber
Sage ift feine Spur. Sie £\iuptpertonen beb Viebeß fiitb nid)t mehr unb bie über*
lebettbeit bilbett feinen netten SJiittelpunft. 28ab ttod; au ,s?aub(ung folgt, fonnte
aud) beut hauobarfenfteit Bcrftanbe fid; barbieten. Sabei immer mieber baßielbe
Kammern unb Blutbred;eit oott ber einen, biefelben blatten Sroftgrüitbc non ber
attbereit Seite tutb vice versa, mäl;reitb jugleicfy bie Jabel beß i'iebeß fläglicb
miebergetäut mirb. 28aß tobt ift mirb begraben, maß fretttb ift mirb heintgetdneft;
bie smet alten Jrauen Ute unb (Möteliitbe nehmen non ihrem Schmers ttod; Ber*
attlaffnitg raich su fterben, mtb ba fcod; aud; jemattb übrig bleiben muß, merbeit
1 &I. 12, 17, 35, 67, 78, 84, 275, 351, 373, 549, 586, 762, fogar eine fokwüt für
bie ^uöfage beö ßiebeö, 1712, 2345, 2377, 4303 :c.
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Me anbemt auf bie Bufunft oertröftet. ©arnit aber alles auper 3wcifcl er=
bält ber 'Paffauer Bifcpof 'pilgrim fcplieplicb bie Stelle beß ©evid)terftatterß.
©ie SJiotioe, bie ben Nlagebicbter bei feiner Arbeit leiten fennten, finb nichts
weniger alß poetiidi; biefelben fielen vielmehr auf jctteß rein ftoffUdje Sntereffc,
mit beni etwa eine naiec 3uid)auerin am Schluffe einer ©ragebie fid) itad) bern
weiteren Schicffale ber überlebenben 'Perfoiten erfuitbigt, auf bas neugierige 33e«
bauern, womit ein lieb geworbener Steinau bei Seite gelegt wirb. ®ap (ich ber
Nlagebicbter in biefer feiner Stedjnung auf baß Urtl’eil ber SOienge fo wenig wie
mancher feines Wleicheit verregnet bat, beweist ber Umftanb, baf; fein äßerf, ein
wahrer $>arafit am 6p oß, fortlebte itnb überall mit bemielbeu überliefert würbe.
2ßir muffen unbefangen von aller pbilologifdien 'Pietät in feinem Sßerfe ben gan=
gen S)iann fennen uitb würbigen lernen, bcoor wir uns een ihm über bie Wenefiß
beß Siibelungeitliebeß belehren laffen, unb bieß biene mtß gur ©ntfcbulbigung, wenn
wir hier über ©ebühr bei ber Älage verweilten.
Stur um fo lieber febren wir gunt Stibeluiigeubidder gurücf. ©ent Gbarafter
beßfelben gang etttfprecbenb, ift bie Slrt, wie er wieberpolt bie Siaubfudjt ber ba*
maligen Saiern rügt (St. 1197, 1329), unb gerabe biefe fatiriicben Seitenblicfe
fenngetdmcn i()tt alß itjren Vaitbßntanit. Wüten Wraitb bagu batte ein ©icbter feiner
Beit mel)r alß je. Stadjbem bie Bewegung ber Uttgarttfriege fid) im Sanbe rer=
taufen fjatte, feprte fid) bei ber oermorreiten Vage beß Sieidieß unter ooeinvid) IV.
bie Na mpfluft ber baicrifcben operreu gegetteinanber unb blutige Serben tobten im
Vanbe. Bumal im Sabre 10C7 würbe bie Parteiung int Vattbe allgemein unb im
folgenben ftanbeit fich in ber Cftniarf ferntlid) gwei ibeere gegenüber. (Ann. Alta-
henses a. a. p. 109, 110.) Stur burd) ein balbeß äßuttber gelang eine Slußföfmung
eor ber Sd;lad)t. Steue Stauung aber erhielt biefe ftebbeluft burd) ben 3'üiefpalt
gwifd)en Naifer uitb 'Papft, unb bieß gumeift im heutigen ßbevofterreicb, wo weit*
liebe unb gei(tlid)e Wütereomplerc vielfad) itteiitanbergefdmben waren. Unter ber
faiiertidwn unb päpftlid)en #af)ne würben fo 'Prioatftreitigfeiten außgefodden, unb
gwar in fold)er 'tlußbeljnung, bap ipeinrid) IV. 1079 felbft mit einem Opeete feinen
Slnbängem gu opülfe gog, an beten Spipe ber fteierifdte Wraf Slbalbere auß ber
Familie ber Slribonen ftanb. ©er Nonig begwang bie «einblid)gefinnteit - int Vanbe
unb befiegte hierauf int Dften ben Babenberger Sttarfgrafen Veopolb II., ber gut
püpftlid)en gartet ftattb. ©ocf> bauerten bie äßirrett fort biß gutn Goneorbate epein=
ricbß V. mit 'Pafft Galijrtuß II. im Sabre 1122, unb in ben oberö[terrei(t)ifd)en
Urhmben jener Beit ift tjnnfig eon Vergeltung für geraubteß Wut bie Siebe, ©ß
ift wat)rfd)einlidi, bap bie Nürttbergc mit ben Slribonen gumeift auf ber faif er liefen
Seite ftanben, unb nirgenbß finben wir eine Stadbrid)t, baf) eitt Nürnberger an ein
Nlefter ober geiftlicpeß Stift eine Scbeiihtng gemadjt pabe.
Sm Wegentbeile gab eß halb nad) ber GSriutbuitg beß benachbarten 2ßüt)ering
barte Streitigfeiten mit beinfelbett, weld)e ein öerolb oon Nürnberg um baß Sabr
1158 baburd) fd)lid)tete, bap er einen Abeil feitteß Stammguteß gegen eine ent=
legenere Befiputtg beß Nlefterß oertaufd)te. ©ic betreffenbe Urfunbe beß Slbteß be*
6o$<nj<$t!ft 1844. Sank m. 8
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114
jeidjnet ©crolb atö einen ÜDiantt oon reizbarer Uubitlbjamfeit: Safe aud) unfer
•Jtibefungcnbid;ter feine befoubcrc 'Pietät für bas prieftcrthum unb Äird;enmcfctt an
ben 2ag legt, fcebarf feiner befenbereit (Srwä(;itung. 3US öepräge feiner 3eit aber
unb atä Belnif* für ben parteiftanbpunlt beS Sichters unb feiner Familie bürfte
and) biefer Untftanb 23ead;tung oerbieucn. Plit ber Sppofition cjcejen bie fircf;lid;e
9)iad;t erbeb fid) ja bie nationale Std;tutig U’ieber, »eiche bieielbe frembe 93 iad;t
cinft erbrücfte unb oerftuinmen lief;. Sind; weiterhin befinbet fid; untere miitelf;od;=
beutfd;e Sittcratur bei aller innigen grömntigfeit bcfto mehr in biefer partciftcllung,
je nationaler fie ift. Unter grcfeter Siebcriängcr, ©altl;cr oon ber Ülogelweibc, ift
hierin, abgefel;en von aitberen tBerglcicbspunftcn, ber würbigfte ©efittnuttgSgenoffe
beö 91ibclungeitbid)ter3.
Siefen nieditc id; {ebenfalls in ber Familie jcneö unfanften ©erolb oon Äürn*
berg fud;en, welcher burcfe jenen ©ütertaiiicf; länger aitbaueruben geinbfeligfeiten
mit ©ill;crittg ein Cfttbe machte. Safe aud) babei feine fromme Cpfcriuilligfcit im
Spiele war, beweist ber Umftanb, tau er für bas Ai [öfter gut ©ailratbart oon feinet
Jöefifeting Nürnberg blof; bie ©älber, ©iefcn unb ©äffcr abtrat, bie ©einberge
aber mtb Slecfer für fid; bel;ielt. Sud;eit wir nad; einem Vorgänger biefeS ©crolb,
fo weist oon allen früf;er oorfomntenbeit Äürnbergen feiner fo unzweifelhaft auf
ben Stammfife bei Sinz f;in, wie jener Äonrab, ben wir zweimal als Beugen ge*
nannt fiitben, unb 5 war einmal um 1140 in einer Srabition an baS Älefter
St. STcifolauS in paffau, wobei eS fid; auch um beffen Sd;abfesbnltung für er=
littene Gntfrembung I;anbelt; bas anberc SOtal jeugt er mit einem Jpegino oon
Pofenbad; (ttörblicb oon Sinz) am 1 . Banner 1147 itt einer Urfunbe, nad; weld;er
Ubalrid) oon ©ill;eriitg beni gleichnamigen St 1 öfter eine an beffen ©renje auf bem
^aunsberge ftebenbe Äircfje oerlcil;t >.
©ettn Siettnar oon Slift bis 1171 urfuubtid; oorfommt, fo wäre baS legte
@rid)einen beö SDtinneiängcrS oon Nürnberg im Slnfaitge 1147 ganz im richtigen
•33erhältniffe, zumal ber 2 lbid;lufe feines tl;atenreid;en Sehens halb barauf erfolgt fein
mufe. 3111er ©abrid;einlid;feit nad) haben wir nämlid) in äfonrab ben 23 c fit er beS
ÄümbergeS oor unS unb fdjon in ben fünfziger Bahren erfd;eint ©erolb, vielleicht
fein So^n, als fein 9tad;folger. ©eben wir nun auf ben 23erid;t ber Ä'lage jurücf,
fo bleibt eS immer fefjr ntöglid;, bafj bort ber ÜJiame Äcnrab ohne feine fabelhafte
©infletbung auf einer rid;tigen Ueberlieferntig beruht. SRid;t jn überfeben ift hier
auch bie oon spcl^niann anSgefpvod;ene SBermuthuug, bafe bie Strophe, weld;e ben
9tamen beS SicfeterS enthielt, oon einem 31bichreibcr ober Umarbeiter wcggelaffcn
würbe, wie bieS oft bei aitberen ©erfen gefd;el;en ift. Sein 33crfaffer ber Älage
fann mit bem älteren Urtert beS Siebes auch noefe jene Strophe oorgelegen haben,
welche ben 'Jlamen Äonrab enthielt, unb im 2lllgemeincn wäre eS bann richtig,
wenn er mit bemfelben ben erften Schöpfer beS SftibelungenliebeS bezeichnet. Safe
1 Urfuitbenbucfy beö Sanbeö ob ber (Sund. I. 0. 654. 0tiU;’ Q^cfcbi^te oon 0t glorian.
0. 256.
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er biefen fpififinbiger SKkife mit Pilgrim von Spaffau in Serbinbung bringt, ifi
eben fo aufzuncbmen, Wie bie »orbcrgcboitbe Serihtcrftattung beö fagcnhaften Spiel*
mann§ Swämmel an ben Stidief. 5'icmt ber Sinter beb Siebeö unb nah ihm
ber Älagebicbter an ben fünf Saftrfmnberten, bic jwiicben Pilgrim.unb bem gc=
fcbidftlicben 2lttita, alS Weiher ihnen Gjjel im ©runbe bod) erfcbeint, feinen 9lnftofi
nehmen, fo bürftett bie bunbert unb etlichen Sabre, bie jwiitben Pilgrim oon
$)affau nnb bem um tb mählichen 2)id;ter Äottrab con Nürnberg liegen, für ben Ser*
faffer ber Älage auch fein .spinbernin gewefeit fein, wo cä galt, bie Gentinuitdt
einer bijte reichen Strabition fieryn'tellen.
SBie wir Weimar be8 Eliten Semantem ron Hagenau nur ber berühmten
litterariicben Stelle in ©ottfricbä Striftan unb Siolbe unb bieS mit jiemlidjer
Sicherheit entlehnen, fo föntten wir i'ielletcht ben Sornatnen be§ großen Äürn=
heigne auö ber .ftläge wieberbcrftellen. ©ieie ditttabme erhält fd'liehlich eine Se*
reebtigung babureb, bafc urfunbliche Beugniffe unter bem Ginflange aller näheren
llmftdnbe bic gleichzeitige Gyiftcnz eines .ftonrab oon Nürnberg fidjerftellen. Äönnte
bie Sergeffenbett, bic fo lange über Sichter unb ©ebicht lagert, einen Äentter bcö
SJiittelalterö SBunber nehmen, fo wäre nod) bemerfenewertl?, baff jene zahlreiche
Familie, mit beren Sbaten unb Srabitionett ba8 Wihelungenlieb fo enge verfniipft
erfcbeint, baf; ba8 mächtige ©ejcblecbt ber Slrihcitcn in allen feinen Bweigen früh*
geitig unb meift noch im 12. 3ahrf)unberte auggeftorben ift. 901. St h a u M n S-
^olnifdje Resolutionen.
Grinncritngen auS Galizien,
l^raj 1863, g. 31. Srebner.)
2. 3ahob Sjrln.
Güte ber merfwürbigften 9-Vrfönlicbfeiten. ber gcbruarrcoolution beä SaftteS
1846 war Safob S geta, Sauer unb ©emeittbe beputirter zu Stnarzowa im
Santower Äreite; er fann als StnpuS beb ganzen poluijchen SauernftanbcS in Se*
Zug auf feine Stellung z ut Regierung unb z um 2lbel angejehen werben. 2118
©runbwirtb in feinem ©eburtöortc lebenb, gehörte er jener Generation an, weihe
au8 ihrer Sugerib bie unmittelbamt Ginbrücfe ber umwälzenben Dteformen Äaifer
Sofepb II. empfangen unb ben mobltbätigeu Ginfluft fennen gelernt hatten, ben bie
faiferlicbe Regierung auf bie Seiferung ber Sage unb Serbältniffc ber Säuern ge*
nommen hatte. Son einer für feinett Stanb ungewöhulihen Sntcßigenz, prägte fih
ihm fdum frühzeitig bie Ueberzeugung ein, bah ber Sauer allein »on ben faiferlihen
Sebörben eine gerechte unb humane 2lublegung ber ©eiche zu erwarten habe; mit
unermübetem Gifcr uttb einer felteiten 2lubbauer iuebte er fih Äenntniffe in ber
DnterthanSgefetcgebung zu erwerben unb erlangte auch eine foldje Sertigfeü in ber
8 *
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1 IG
Auslegung unb Slntoenbung ber ©efe^e, baf; er halb bem renommirteften 2lboocateit
nicht nacbgab. ©abei geigte fid) Sgela auc^ al? ein mufterl)after Sanbwirtb unb
empfänglich für lanbw irtbicbaftlicbc Serbefferungen, meburcb er gleicbfaH? non ben
übrigen Säuern oortheilhaft abflad), bie fid) au? SJtihtrauen jebet Neuerung
Derfcbloffen.
Sgela bemit.de aber feine ©eie^eSfenntniffe nid)t bloß im eigenen 3ntercffe,
fonbem in jenem feine? gangen Stgnbe?. ©er galigifcbe Sauer muffte bamat? noch
faum, baf) er überhaupt gunt ÄreiSamte ober ©erid?te geben, einfebreiten, Ätage
führen, gegen (Sntfcheibungen ber grunbberrlid)en Seamten bei ben fait'crlichen Se=
börben recurriren femte. Siod) weniger mar bem Sanbmanne befamtt, melcbe Siechte
er befijje. SBemt er mift^anbelt mürbe, fab er bie? a(8 ©ruef an unb lamentirte,
aber er muffte nur au?nabm?meife, baf) man il)m gegenüber eine Ungefe^iidjfcit
begangen tjattc. ©er Sauer fonnte fich freilid) übet biefe Serbälhtiffe bei jebem
9iecbt?freunbe Sid)t mfcbaffeit, pter aber ftanb ibm ba? unbefiegbarc SDiifjtrauen
gegen alle?, ma? er »Pani“, bie «Herren, gu nennen pflegte, entgegen unb er gog
in feinem Jrope lieber oor, Unrecht über fich ergeben gu (affen, ©rmägt man biefe
Umftänbe, fo läfft fich ldd)t ermeffen, Weid)' 2luffel)en e? unter ben Säuern erregen
mu^te, einen SJiann au? ihrer ÜJiitte gu fiitben, ber treu ihrer ©efinnuitg unb
©enfmeife ^aitbelte unb, mit ungewöhnlicher Sntelligettg begabt, ihnen einen »er*
täfflicben Stedjt?freunb abgugeben im Staube mar. Anfang? machte Sgela bie
Sauent feine? ©erfe? aufmerffant, wo fie Unrecht erlitten, tagte ihnen auch ® 0
fie fehlten unb ging ihnen mit Siatl) an bie £anb. Slacbbem fid) fein Stall)
mchrmal? erfolgreich ermiefett l>atte, tarnen auch au? freniben ©örfern Sanb?leute
gu ihm, liefen fid) Schriften auffejjen unb fel)rten ftet? aufgeflärter unb gufriebener
heim al? fie gefommen waren, ©abei nahm Sgela nie ton feinen greunben,
Sefannten unb Sanb?leuten für bie ihnen geleisteten ©teufte einen Äreuger an,
fonbern that alle? uneigennüjjig unb au? Siebe gum Sanboolf. Stad) einiger 3eit
fchon fpielte Sgela in ber gangen ©egenb ben SBinfelfdrreiber mit enormem ©lüde,
weil er nie einen günftigen (Erfolg Derbiej) al? bort, wo er ungmeifelbaft mar,
unb hatte auf biefe SSeife eineu auherorbentlid)cn ©influff im gangen Äreife erlangt.
3m Saufe ber 3af)re hatte Sgela eine in jeber Segiehung fefte 'Jlnfidjt ge»
roomten unb ftellte fich unb ben Säuern folgettbe brei ©runbfäpe al? Stidjtfcbnur
auf. 1. ©ie Sage ber Säuern itt ©aligien. ift noch immer eine ungünftige unb einer
groben Serbefferung fähig, ohne bah irgenb ein Stecht angetaftet gu werben braucht.
2. ©iefe Serbefferung hat ber polnifche Sauer nie ton ben polnifcheit Herren gu
erwarten. 3. ©et galigifcbe Sauer bat überhaupt oon Stiemanben etwa? ©ute? gu
erwarten al? ton Defterreid), bent Äaitcr unb feinen Seamten. ©iefe 2lnficbten
praftifd) gu eittwicfeln fanb Sgela in einem Streite ber ©emeittbe Smargowa mit
ber ©runbherriebatt Sogu?g wegen Stobotüberbürbung. 3u btefent 3wed‘e ftubirte
er in allen ©ingelnbeiten bie Serl)ältniffe feine? Heimatorte?, nahm Öinfid)t in bie
alten 3noentarien unb fam gur Uebergeugung, baf? bie ©enieiitbe ber ©runbherr»
fchaft wegen grober Serlepuug be? Stobotpatente? unb ber Snoentarien ben fProcej)
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machen unb eine ©ntfchäbigung anfpred)cn fonne. 21(8 fr b' crau f bteS öffcntltd^
erflärte, entftanb ein ungeheurer Cärm im ganjen Greife, bie ©emeinbe <Smarjoira
wählte ©je(a $um ©emeinbebeputirten unb betraute ihn mit bet Sprung beS
(RecbtSftrefteS gegen bie Familie SoguS 3 bei bem Ä'reiSamte ju Sarnow. SBätircnb
ber (Procef; geführt tourbe, jeigte fich mirflich,' baft bie Säuern »on ©marjowa
feit bem Sabre 1789 jebe ffioette um 80 (Robottage über»ortheilt worben
waren. 2t(8 (Ritter o. Steinl ÄreiSbauptmann be 8 Jantowcr ÄreifeS würbe, be«
mühte ftd) berfelbe, einen Sergleicf) jwiichen ber ©runbherrfchaft unb ben Säuern
ju »ermitteln, um bie Jlufregung nicht ju fteigern. Sjela blieb jebodf unbeugfam
auf bem (Reditöboben flogen, wollte »on einem Sergleiche nichts wiffen, entfräftete
mit bewunbemSwerthem Scharrfinn jebe ©inrebe feiner ©egner unb 30 g fo ben
9)rocefc enbloß in bie Sänge. 5Me Familie Sogu $3 trug hierauf an, S^ela feines 2(mte8
aI 8 ©emeinbebeputirten 3 U entfepen unb bewirfte auch wirflid;, bap ba 8 ÄreiSamt
barauf einging, ©jela lieft fich aber baburd) nid;t au 8 ber Raffung bringen unb
ergriff 3 uerft ben (RecurS an ba 8 ©ubentium, als biefeS aber bie freißämtlicbe
©ntfeheibung beftätigte, weitbete fid> Sgcla an bie ^offanglei in 2ßien. £ier
machte feine (Schrift einen folgen ©iitbrud, baft bie ©ntfebeibungen ber unteren
Sehorben umgeftoften würben unb bie ©ntfchliefjung erfloft: „ 2 )a gegen ben ©tunb«
wrrth in Smargowa Jacob S 3 ela nichts »orliege, waä beffen Un 3 uläffigfeit 3 um
5)eputirten begrünbe, fo habe ihn bie ©runbherrfchaft unb baä ÄreiSamt als foldjen
an 3 ucrfennen". SDurch biefe ©ntfeheibung würbe ber »Procefj ber ©emeinbe Smar 30 Wa
gegen bie Familie Sogu 83 in ©aligien 31 t einer cause celöbre. Sgela fprad) im
tarnen ber ©emeinbe eine @ntfd;äbigung »on 80.000 fl. an unb ber ^rocefj be«
fanb fi<h eben im günftigften Stabilem für bie ©emeinbe, als bie (Resolution her»
einbrach unb ben (Rechtßftreit unterbrach. Sjela’S Slnfehen ftieg aber burch ben
gan 3 en Sorgang aufs hödtfie unb bie Säuern p tiefen bie ©erechtigfeit beS ÄaiferS,
bah fre fcgcir gegen bie Seamten (Red;t erhielten
Solch' eine ungewöhnliche fPerfcnlichfeit fonntc ber reoolutionären Partei rtidjt
gleichgültig fein unb muffte ihr entfte Seforgniffe begügltct) feines ©inftuffeS auf
bie Säuern einflöften, 3 ubem als fnr^e 3eit »or bem Soebniche beS 2lufftanbe8 im
Jahre 1846 auS aßen poluifcheit Greifen SanbSleute fid; bei ihm (Rath erholten
unb er fie feft unb entfliehen warnte, feinen Setlodungen unb Serfptedjungen
Beige 3 U leiften, fonbern alles .'peil nur »on bem Äaifer 31 t erwarten. 2 tm 18. Be»
bruat 1846 war Sjela nid;t 3 U .ipaufe; als er 3 urücffehrte war bereits bet Äampf
gwüchen Jniurgenten unb Säuern entbrannt, aber fein ©ittflnft machte fi<h alfo»
gleich in ber (Richtung geltenb, bap er »ont 19. Sebruar 1846 an ©ommanbant
aller Säuern im füböftlichen Jheile beS Jamow’er unb im (Rorben beS JaSloer
Greifes würbe. @S ift erwiefen, baft Sgela fenie »on allen ©räuelthaten blieb,
wel^e bie Säuern »erübteu, unb im Sinne ber Humanität mtb ber Regierung
OSRotb unb (Raub 3 U oerhüten bemüht war. 3u Smaigowa Im’lt er eine bewaffnete
Schaar unb 17 berittene Säuern als Drbonaitgen unb leitete mit Klugheit unb
Umficht alle 2lnftalteit jur Semid)tung bet Jnfurgentenfchaaren, wenn erfolgen
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im offenen Selbe Begegnete. 2Ba8 Bei ©efangenen ober in ben ©belfwfen Sgela’8
Stauern in bie £änbe fiel, würbe oon ihrem ©ommanbanten Bi8 auf ba8 Unfctjein*
Barfte ben Äreteämtern gewiffenhaft uBergeBen, im ©angcn genommen Sachen im
SBerttje oon mehreren ^unberttaufenb ©ulben. Gr bachte nid)t im entfernteren
baran, am {flbel {Ra<f)e gu nehmen, unb wenn frembe {Bauern in fein Serritorium
einfielen unb rauhten, oertrieb er fie mit ©ewalt ber ©affen. SU8 bie JDrbntmg
hergeftellt war, legten Sgela'8 {Bauern guerft bie ©affen nieber unb alt- baß ÄreiS*
amt Sgela aufforbcrte, bie {Bauern gut Seiftung ber {Robot, welche oon beufelBett
üBerall oertfeigert würbe, gu bewegen, eerfpracf) er e8, nnb feine ©emeinbe leiftete
auch juerft wieber bie {RoBot.
Ungeachtet Bieter tabeHofen Haltung Blieb Sgela ©egeuftanb ber müfbenbften
Angriffe oon Seite ber 9lgitation8partei unb er würbe oon ber treffe unb in
Slugfdtriften a!8 ein im Selbe ber {Regierung ftehenbeö oerrufeneö Jnbioibuum, als
ein {Räuber unb SSRorbBrenner bargeftellt. 9ERan machte au8 if>m ein Ungetftüm
fonbergleidjen, ooll f)tad)Begier unb Söfutburft, einen Sträfling, ber oon ben öfter*
reiehifefjen ©riminalgcridtten wieberfott aBgeftraft würbe unb fudjte mit allen Äün*
ften ber 8üge unb {ßcrläumbung ihm gu entgelten, baf; er feit Jahren bem Stbel
unb bet nationalen 'Partei üBerall mit ©ntfehiebenheit entgegentrat. .öiegu lam, baf;
ein SRitglieb bet Samilie $}ogu§g fich mit einem ©efuebe an ben Äaifer wanbte,
in weldjem Sgela bet StJjetlnabtnc an bem SDfcrbe oon fed)8 Samilienmitgliebem
angeflagt unb bie ©inleituug einer ftrengen Unterfuchuitg gegen ihn oerlangt würbe.
3n ber $h a t war * n Ben ScbredenStagen beb 18. 19. unb 20. SeBruar 1846
eine fo furchtbare 5Rieberme(dung an ber fsamilie {Boguög oerüht worben, baf fie
in gang ©uropa Jlurieben erregte. Staniblauö {BoguSg, ©utbherr oon JRgebganowice,
fufr am 18. Vu'Bruar 5Borntittag§ nach Sieb liefe, gahlreichen Prcoiant in feinem
SBagen führenb. üluf bem ©ege bat>in oon ben {Bauern in Jaworee angehalten
unb reoibirt, BradRen biefe ihn nach ^itöno, wo er fchrecflich mifhanbelt unb oon
ben Säuern mit 2) r et dt fl eg ein tobt gehauen würbe, ©in älutlidtes Sdffcffal ereilte
{Bieter {Bogubg, ©uteberrn 311 Siebliöfo, ber 311 ätamieuiea einen furchtbaren Sob
erlitt. fDie {Bauern jeboef), bamit nidtt gufricben, eilten nach Siebtiöfo felbft, brangen
in ba$ £errfd;aft§gehäube ein unb ermorbeten bort ben {Bater bes Stanißlauö unb
{ßictor IBoguSg, worauf fie, im B öd) ften ©rabe fanatifirt, nach Sinargowa unb
wieber gurüd nach Siebliöfc gingen, um weitere brei ihnen nerbafte gamilienmit*
glieber 311 erfdtlagen. Jn ber erwähnten SBittfchrift Behauptete nun Seift {BoguSg,
ba| ©3ela unb bie {Bauern ton Smargowa biefe ©räuelthaten anö Prioatrache
angeftiftet unb gum 2Beile aud; auc-gefübrt hätten. {Bei bem Äreieamte in Sarnow
lieh h* erau f Bie {Regierung eine ftrenge Unterfuchung biefer Vorgänge cinlciten, wo*
Bei fiefj jeboch heranbftellte, bah Bie bPiörber ber {Boguög burd)auß frembe {Bauern
au8 Äamieniea, Strgegogice,.3uworce unb pilöno waren, bah ferner Sgela Apollonia
{Bogu8g, eine 70jährige grau, ihre Sdm'iegertechter unb oier Heine Äinber in
feinet ©clnmng oielc Sage oerfteeft gehalten, crbcutlich oerpflegt unb gegen alle
Unhilben oertheibigt habe unb bie gamilie fein Opfer ber Prioatgehäffigfeit, fonbem
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ber allgemeinen SReoolution geworben war. 7 ( 11 e bie oon gefir SoguSj erhobenen
Stnftagen [teilten fid; a(3 nichtig heran? unb eS muf; auffallen, baff gerabe Sjela
fo heftig angegriffen würbe, trebbem er grauen unb Äinber ber Familie in Sd;u£
nahm unb als SebcnSrettcr ber Unglücf lieben aitgefeben werben fennte.
härter als biefe SBerbädjtigungcn traf jebodj Sjela ein anbereS Greignifj nach
©eenbigung beS angeführten fWoeeffeS. ÄreiSbauptmann o. i'reiul wanbte fid; an
bie Siegieruitg, um von feinem bisherigen, mit bem auSgejeicfntetften Gefolge be«
fleibeten heften abberufen ,511 werben, unb würbe aud; wirflidi naef) 33ntnn Oer»
fejjt. ©er neue Ärciöhauptmamt 6 je 03 gab hierauf ber 9iegierung ben 9iath,
Sjela aus ber ©emcinbe ju entfernen, waS and) gefd\rf). Gr crl;ictt eine feljr
f ebene 2?irtbfchaft in ber 23uf omina unb muhte, mehr als 70 Sabre alt, feine
Heimat oerlaffeit. ©er alte fDianit füllte fid) hierüber tief gefränft, aber er folgte
ohne SSiberipruch bem ihm bereiteten 2 cfe, blieb treu unb anhänglich bem Äaifer
unb feiner ^Regierung unb ftarb wenige Sat;ve barauf, fern oon feinem Geburtsorte,
wie er gelebt hotte, ein STCufter „febönfter Sopalität". (Scblufj folgt.)
Sngrcö über bie Reform ber Acad^mie des Beaux-Arts
in $ariö.
©egen bie jüngft erwähnten ^Reformen an ber fParifcr Slfabemie ber fdmnen
fünfte bot ber 2lfabemifer SngreS, ber gübrer ber elaffifchen Schule ber heutigen
SRaler granfreicfiS, in einer befonberen 23rofd)üre feine Stimme erhoben.
„Seit bveifjig Sahren febon", fagt er, „wirb granfreid; oon ber ©eifjel beS
fRomanticißmuS geplagt, welche ben ©efehmaef ber elaffifchen Äunft jerftört unb
oerbirbt, bie unter grober unb berühmter SReifter ©aoib in feinen bewunberuitgS*
würbigen SSerfen wieberbelebt hot, unb bie man feitbem fo fef>r fd;tnäl;t. Unb nun
erbebt aud) ber SnbnftrialiSmnS fein $aupt, um fJMah ju ergreifen an unferer
Schule, bem wahren Sempel ülpeflo’S, ber allein geheiligt fein foll ben Äünften
@ried;enlanbS unb DiomS". SngreS meint, baf; e» einer .ftnnftfdjule genüge, bie
elaffifchen Stubien, bie iRenaiffaitce unb baS Stubinni ber Diatur ju betreiben.
SSaS man jejjt einfül;ren wolle, eine Sehnte für ÜRalerei, l;ält er für ganj über»
flüffig, „beim bie 3 eid;nung ift alles, fie ift bie Ännji gang unb gar; bie ma»
terielfe ^aubhabnng ber SDialcrei ift iebr leicht unb fann in ad;t Stuttben gelernt
werben; bnrd) bas Stubinm ber 3eid;nung, burih Sinien lerne man bie proper»
tioit, ben Gbarafter, bie Äenntnif; aller ntenfcblidien Staturen, ihr 2 llter, ihre Sippen
unb gornten unb bie OJcobellirung, welche bie Schönheit beS 23erfo3 ooffenbet."
©ie Giufüf;rung neuer Scbrfanjetu neben beiten, welche fd;on beftel;en, hält er
für überflüffig; perföufidie Originalität, bie ben ätünftlent fo nolbmcnfcig ift, ift
ein ©efd;enl ber Statur; ber bisherige Unterricht fudjt bicfelbe ju eniwicfeln, Waß
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barüber WnauöflcW, berbirbt ben Unterricht nnb ftamrnt non jenem beftruirenben
5Romantici3mu$, „ber ohne Arbeit afte§ miffen mifl unb bie SWcngc täufcht, melche
non ben fronen unb traulichen Singen nichts fennt. Ser SfomanticfömuS hat bie
Äunft rühmt". Sie afabenttfebe Gorrectur ber Sctdjnung jcrftbrt bie Originalität
triebt, unb eö f)dtte fclbft einem 5Rubett$ gut getrau, wenn feine erften DReifter bie
Sncorrect^eit feiner Betonung nnb bie ©emeinheit feiner Sppen corrtgtrt fetten.
Sngreö meint, bafe man feine competcntcren unb erleuchteteren SRitglieber einer
Sutp finben fonne, alö an ber Afabenrie, ba§ ^injujiehen ber Amateurs h^t er
für berberblid); biefe fennen boßenbete SScrfe teurt^eiten, aber nicht Arbeiten non
Spülern.
Sngreö fyMt and) bie ©rünbung non Ateliers für überflüffig; bie Afabcmie
habe nur brei grofje Äünfte ju lehren, bie SRalerei buvcb bie Sridmenfunft,
bie ©fulptur unb bie Architeftur. Auch bie Sinfühntng einer ©pecialjurp jur 33e*
urtheilung ber greife non SRorn er für überflüffig; er fcbliefri feine Srofcbüre
mit einem unbebingten 25erbammungöurtheile ber ^Reformen, melche am 13. 9tonenu
ber 1863 an ber Afabcmie becretirt mürben.
Sie ©egner ber Afabenrie unb bie SScrtljeibigcr ber faiferlichen SReformacte.
ftüfcen fid) borjugSmeife erftenS auf bie ben claffifchen Srabitionen entgegengefepten
33eftrebungen beS SealiSrattS nuferer Seit; jmeitenS auf bie 5Rotf)menbigfeit, in ber
Äunft granfreicbS ben franjofifchen ©eift jum AuSbrucf ju bringen unb au$ ber
Schule alles baS ju nerbannen, maS rönritd) unb italienifch, b. h- antinational unb
antifranjofifch ift. * R. v. E.
* SSon Sr. griebvicb £)ebbelS hinterlaffenen Sdmften etfebeint 3 uevft unb abge*
fonbert fein „Semetriuö" (Hamburg bei Gampe) im Srucfe, bie Aufführung biefer
Tragödie erwartet man in tiefem grübjabr. An bie Verausgabe feiner gefammelten Serie
mirb gleichzeitig Vanb gelegt Seine hinterlaffenen Tagebücher enthalten eine Seihe feht
intereffanter Aufsei chnungen, theilö ©rlebniife, t hei Id Steflerionen unb Anschauungen über
Sitteratur, Äunft unb Sehen. i>on feiner Autobiographie ift mrr bie 3ugenb$eit oollenbet.
Sa bie Sebaetion ber ©efammtauSgabe bem ^rof. Sr. 3. ©lafer unb .perm Grnil
Äuh anbertraut ift, fo läßt fich eine forgfältige unb eorrecte ^ublication erwarten.
Sie autographirten ^ublicationen ber 3eglinge ber Ard;iteftur<
fcpule an ber ^icfigcix Afabemie nehmen einen erfreuten Fortgang. Ser $meite
3al;rgang enthält Aufnahmen ber 9Jtid?aclß*5lapeffe in Äafd;au, be$ Tfm rmc * ^ er
!01arien*Äirche in Srafau, baö 2cbloßthor in s preßburg, einen gothifd;en Altar aus Sürth*
felb, bie gethijebe (Kapelle su SonnerSmarf, bie Safriftei 2. DRaria in Organe in
SSerona, baS DRonument bed Sarnabo SiSconti (in garbenbruef) in DRailanb, bie große
Oper in $>aris u. f. f.
* (Dienere Äunftlitteratur.) Dtach mehr als fünfzehnjähriger Unterbred)ung ift
bon „griebrich VoffftebtS gothifchem ASG*Such" wieder eine Lieferung erfebie*
nen, unb $mar bie fiebente, bearbeitet bon St. griedr. Sange. Sie ad'te (2d;luß*) Sie*
ferung foU Anfangs 1864 ausgegeben werben. Sie Abnehmer des DSafeS haben alle
Urfache, auf eine ftricte Grfüflung biefed ÜJerfprechcnö su red^nen. 3>on ©ott. Scmperö
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„Ter Stil M u. f. n\ ift ber ^ucite 9?anb, reit ©. Ä. Nagler* ,/Ifloncgran.mtften*
lejrifon" bet britte ä^anb — er reicht bii< I, M, K — ucflenbct. ?ecn Pa g r a n fl e hat
eine trefflich gearbeitete fflconcgrapbie: „Joseph Vernct et la peinture au XVIJIe
siede“ mfffentlicht, hei Titet erfebien bas erfte £>eft ber „Galerie complete des
tableaux de s peintres les plns celebres“ mit v )iacbbi(bnngen neu Werfen Eichel
ringele'*. @ecrg $>crrct vereinigte feine SHcifebcrid'te über Alein-'itfien in bem lejenä*
mertben ihiche: „Souvenirs d’un voyage en Asie Mineure“ ($)am bei i))i. tfevv).
h. 9)i. G. ©uigue, ein getretener Giere ber ficole des Chartes, liefert unter
bem 2itel: „De l’origine de la Signatare et de son emploi au moyen äge“
(|>ari3 1863, Stantculin) eine muhfame Gempilaticn, bie ben Liebhaber reit Specialt«
taten mehr noch intereffiren biirftc alß ben gelehrten gerüher. ?luf 48 Tafeln fmb zahl¬
reiche gacfitnile ber rechtefräftigen eft munter liehen £ant Zeichen einer men iß febreibfuntigen
3eit beigefügt, angefangen rem Siegel unb Stenogramm Aarl$ bee @rc[;en unb fort*
gefefct in ben Unter]Triften ber franzefifd'en Mihiigc bis auf bie neuefte 3cit unb bi6 auf
ben Slamenfzug Siapcleont? T 1L
h. Gervantes „Jen SHuijete“ hat in ber frangenfehen lieber] ebung ven £cui§
SJiarbet eine gUmzenbe yraebtauegabe in zwei öäitben Äleinfclic erfahren. 2Me zahlreichen
Sduftratiencn fmb ven öuftav Sere, unter glütflicher T'Crtverthung feiner natürlidmn
23izarrie gezeichnet unb ven 'Ji. $>ifan mit ber vergefefcrittenen meberneu 2echnif in £clz
gefd>nitten. ^arie 1863. P. .pacbettc unb Gernp.
©tyungökridjte.
€atffriidjf ^kaöcmic iier UJilTenfrijancn.
Sipung ber pbilefcpbifd]* hifterif eben Glaffc vem 7. Jänner 1864.
Tr. Syriebric^ Füller legt vor:
Beiträge zur Äenntnifz ber nenperftfehen £ialefte. 1. ffliäzenbcräntfcber JMaleft.
Ter 9>erfaffcr bietet im vcrlicgenten 'Jlnffafce ben Einfang feiner 3 txtbien über bie
nenperftfehen SMalcfte unb bie Sprache ber Mürben. G$ wirb barin, ;nnteift nad' ben von
£ctn unb ?)cirza ©d>a fi in Petersburg publicirten 2erten, eine Ueberficbt ber wid'tig-
ften ?auterfcbcinungen tiefes merfwürbigen Sialeftes mii ftetcr jKücffichtnahme auf bie
Schriftfprad'c unb bie Vermont ten älteren unb neueren Sbicnte ßeßeben unb barauf nach
ben unmittelbar aus ben Jcjrten gefdwpften geraten zu einer ausführlichen JTarfteKung ber
^crmenlehre übergegangen.
Tie Glaffe befchlient, eine Sammlung ber efterrcichifd'en ©eiStbiuner (Pantbeitinge)
beraueangeben unb ernennt $ur Leitung ber .Geraut« gäbe eine Gcinminien, beftehenb aud
ben Herren: v. Aarajan, v. SDleiller, Sliifleficb, Pfeiffer unb Siegel.
S i p u n g ber m a 1 1) e m a t i f cb * n a t u r m i f f e n f cb a f 11 i cb e n Glaffe
vem 8. Jänner 1864.
$a$ wirtliche 53(itglieb Gerr Refrath S$. .paibinger legt bie von Gerrn J. %.
3uliuö Sctyniitt auö 9(tf;en mit Beziehung auf ba$ Slictecr vvm 18. Cctober 1863
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erhaltenen neuen Olacbvichten rer, vermöge welcher cß gefunden trat, bte Sage ber Wirt*
lieben Salut beeielhen nach Sichtung ttnb .hebe *u berechnen. £wrr ©d'mibt batte nam*
lieb feine Seohaebttimjen aueb in grieebneben 3eitungen hefanntgemad)t. ©iitcr Slufforbe»
rung im ©thnepbolaj: entipracb «herr Sl. OL Sc piß, 0d;iffßlieutenant beß Äriegßfutterß
„©laitcco" uub gab eine Ototi$ über baß O.Vetccr. Po erebien ccm hafen oon ©pfhion
über O)iarathonifi (3G° 4ö' n. S., 22° 35' o. ?. oon ©reenm.) gefeben in ©. 55° £>.
(beiläufig) unb erleid) ilt OL 36° 38. (ficbcr) mit gewaltigem ©lau,$ unb gertheilte ftd)
in $wei Äerper. später tarn .sperr Sc piß nach Slthcn unb gab neeb mehrere bezügliche
Slußfünftc.
Siefe beiben Secbad'titngen oon Sitten unb ©pthien nerbinbet nun Sebmib t nach
ben wahrfd;emlichftcn Scraußfcptmgen unb finbet fclgeubeß ©rgebitiü. Ser Körper würbe
Icucbteitb ungefähr fenhwtt über ©anea auf ber Sn fei ©veta, in einer ,£)öbc neu 21.2
gecgrapbiliten ©teilen. Saß Olictecr $cg febamt (tetß abfalleub über ßcrigo unb C5la»
pbonifi, weftlieb oerbet neu ©pthien, blieb aueb We ft lieb neu Sparta, wg über baß 2ap-
getengebirge unb erlcfeb weftlieb iwit Slnbvipeua, unweit ber pclcpennefmheti &üfte, nabe
Jfeurtfa unb nabe bent OLbafluife in 1.6 ©teilen £whe. Sabct war bie mittlere ©e*
(cbminbigfeit in einer Secunbe 2.842 ©teilen = G4920 ^arifer guü, ober etwa 0.69,
wenn bie mittlere Safntgenlniünbigfeit ber (Erbe 1 gefegt wirb. Sieß ift eine ber ge¬
ring ft en auß knreid'enb genauen Secbaebtungen abgeleiteten ©eftf'winbigfeiten.
Sn ber früheren SOiittbeilnng fennte Sd'inibt nur brpotbetifdwr 38eife auf ©regen
ber einzelnen Atörper fd'liehen, jept, wo bie (Entfernungen beftimmt »erliegen, ift aud; baß
©rgebniü bin lang lieb begrünbet. Sie neuen Sergleichungen geben nun unter bent ©influffe
ber Srrabiaticn für bie greueren Äcrpcr etwa 33, für bie f(eitleren etwa 3, für bte
flcinften biß 1 2 5uü Surdmieijer. Ser Slbftanb ber beiben größeren ©ieteerferper betrug
weuigftenö 1100 gup.
Oiacb einer fpäteren neu Ferrit Scbmibt mitgctbeilten Oiachricbt batte herr $). 31.
9>alamibeß in Äarptäna im s Pelepenneß, $mei ©teilen eftltd) neu Slnbripena, baß ©1c-
teor ebenfalls geieben, aber auch eine Setcnation gehört, tanonenfchugäbnlicb auß ber
Sichtung über Slnbripena, bie Sedniung auß ben Säten nett Silben uub ©pthien ocH»
(laubig befteitigenk
(5‘itte Siad'richt über eine Sd'allerfdwinung, ähnlidg einem bmnpfen, auß grefjer gerne
gehörten ftanoueiifcbiiffe, war auch neu Äarpeuifi in Olcrb-Öriechenlanb berichtet worben,
weld;eß ncrblicb neu Slttbtipena liegt. Sit Silben war fein Schall hörbar gewefen.
Snt Stnfd;fuffe an ben neueften Sericbt über .fwrm Suliuß 2d;nrtbtß Secbad'timg
etneß ©ictecre, bas feiner SSefenheit nacb auß einem Schwarme iwn einzelnen fleineren
SDu’tecrcn befiehl, reiht Jaibing er bie fcimmtlid'cn bret ©lafjen ber geuermeteore, bie
Sternfdmuppen, bie geuerfttgeln unb bie mit Stein* ober ©ijenfällen oerbunbenen ©teteore
nad; beit neueften (Erfahrungen unb Slnficbten in eine jReihe atteinanber. ©r hatte felbft
in mehreren gällen narf'gewiejen, baf; bei gaflen non O?u'teovitenfchwärmcn bie einzelnen
Steine nicht erft in bem lepten, oou Sd'allerfd'eimmgen begleiteten Slugenbtiefe ftch tren*
neu, wenn eß auch einzelne Scifpiele fclcher 3crberftungen gieht. Slnbere aber, wie bte
non Statinem u. a., waren unzweifelhaft bereite? gefenbert, alß fte in uttfere Sltmofpbave
eintraten. Saß gleid'e beweißt bie Sd'mibtfche Sccbaehtung nem 18. Setober, bie ge»
mciitfamc gahrt enter gröberen Sln^ahl neu Äörpertt. ©iau ift nun nubt überrafcht, wenn
ber um bie Sternfcbnuphenfunbc febon fc nieIfad) oerbiente hen* Sllejcanbcr A^erf cbcl,
Scbn unb ©ttfel hochgefeievter Slftrettomen, nun tiefe Avörper für Slggregate pulveriger
©iaffen anfpricht. Slllerbingß crfldrt biefe Slitficht jebe einzelne Sbatfadw in ihrer ©vtebei-
itung, unb bamit ift bie 9ieibe ocltftanbig hergeftellt. ©in^elue Steine, ©ntppen oon
Steinen fallen alß SOieteoriten 3ur ©rbe. ©refjere Sallett oon Saub, oon Staub, oou
beiben gemengt, geben bic geueifugein ©iotecre ohne galt, kleinere Sailen bringen nicht
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über eine getoiffe £iefe in Me Sltmcfphäre ein, fte finb reib er fchon erfchcpft unb ger«
ftobcn. gür bie Icuchtenben Meteore in größeren .£>i'hen, beren (Sifdjeincn fchon längft
$ulin« Scfmibt aus gabfrcid'en Beobachtungen nachgemtcfen batte, barf man wohl bie
Sailen be« allcrfeinften Staube« annebmen, ircicbe eben fo fchneü ba« bcltfte Jicpt ent«
trief ein, al« fic gleich barauf triebe r rerlofcbcn.
£err Cuctclet, ein langjähriger boebuerbienter gotlchcr in ber Sternfchmippen*
hntbe, batte im rer [lettenen Sommer unfr .frcvbft Bcranlaffung gegeben, bat' bie grage
über bie Statur ihre« Uripnntg« in bem Bulletin ber f. belgifd'cu Slfabcmie 311 Brüffel
ftep neu bcfprcd'cn fanb. Sin frühere Slnfid'ten, 311 lebt bie bc« verewigten ^errief in
Stcw«£arcn aitfchlictjenb, ron ben Herren Sir John £>erjd'e(, >>. Sl. Stcwton in
?tcw*£aren, .feaibinger, mir Bcobadtfungöbericbtcn ber Siuguftpcriobc ron .fterm Cue»
telet in Brüifel, ©upteg in ©ent, grau Katharina Scarpcllini in ?Rcm, Btan*
coni in Bologna, Sir John unb Slleranber .ftcrfd^el in CSnglanb, Sl. $>oe» in ber
.parantia; auct; bie Betrachtungen ron Sulitt« Sdunibt trurben mitgetbcilt. C?iue zweite
grage betraf ba« ©afein ber ron Cuetelet unteriebiebenen gwei aufeinanber liegenben
Scpidvtcn ber Sttmofpbärc. ©ie Betrachtung Jaibing er« (teilt ba« (^rgebuit? ber erfte*
ren ber fragen au« einem gcmeinfchaftlid'cn ©e»id't«punfte bar unb folgt in ber gweiten
tm © angen ber Annahme C u e t e l e t«.
©ie f. Slfabemie ber SBip’enf(haften bat .fterrn ©r. (*rnft SR ach, ^riratbocenten
ber ^htvfif an ber f. f. SBiener Unirevfität, aufgeforbert, eine wiffenfcbaftlicpe Unterfucpmtg
ber Schallleitung im menfeh lieben ©ehcrorgan auegufiibren, unb ihm 511 biefem Behufe
eine Subvention ron 500 fl. c. SB. bewilligt. £err ©r. ÜKach erflärt ftd' mit STrei¬
ben rom G. Sänner hiegu bereit unb banft für bie ihm bewilligte Subvention.
£err ©r. 9t. ©bl er r. Bi benot jun. überfenbet eine Slbhanblung: „Beobachtungen
über bie Berbunftung unb beren Beziehung gu Jentperatur, gcndvtigfeit, Juftftrbmungen
unb Slteberjchlägeit".
^ SBirb einer ßcnimifficn gugowiefen.
y* £verr gr. 3 of. Dehri, f. f. penfionirter ©encralaubitor gu @ün«, übermittelt eine
Slbhanblung, betitelt: „©ie SBclt"* unb erfuebt um beren Beurtheilung.
SBirb einer ©ommiffien gugewiefen.
* &crr >}>rof. ©r. Jubwig legt eine Slbhanblung rer: „lieber bie Binbung unb
SluStreibung ber Blutfoblenfäurc bei ber Jungen« unb ©ewebeatbmung ron ©r. SB.
t e 9 e t M .
©a in bem arteriellen Blut weniger gebunbene Äohlenfäure al« im renbfen ror*
hanben ift, fc muftte man entweber bem Jungengeirebe ober bem Sauerftoff bie ©nt*
binbung ber Äeblenfäure gujebreiben. 3ur ©ntfcbeifcung biefer Sllfematnve biente eine Ber*
fucbSreihe, in welch er biefe ©afe au« unreranbertem renefen Blute unb au« folcbem,
welche« mit fauerftcffhaltigcr Juft gefdmttelt war, aufgefangen würben. ©« ergab ftcb, baß
ba« mit Sauerftoff gefcbüttelte Blut feine gebunbene Ächlenfäure bi« 311 bem ©rabe
eingebüfjt hat, in welchem auch ba« arterielle Blut bautit beruhen ift. ©« liegt bemnaep
fein ©ruttb mehr ror, ba« Jungengewebe al« bic Uvfadve ber Äoblenfaureentbinbung
angufehen.
Silo hei biefer Berfud;«rcihe ba« unreränberte renofe Blut öfter 24 Stunben lang
im Cfiewaficr aufgehoben unb bann erft analpfirt würbe, ergab fiep, bafj auep in biefem
galle bie gebunbene Äoblenfäure reiringert war. Sn bem fauevftoffarmen Blut tritt alfo
berfelbc Borgang ein, wie im fauerftoffreidven; jebeep mit bem Unterfdüeb, bap ba«, wa«
im faucvftcffvcid'en Blut in furger 3^'it (ehr rollftänbig gefd;icht, im fauerft off armen nur
fehr all malig abläuft.
Um 311 cntjd;ciben, ob bar Sauerftoff für (ich ober nur mittclft ber Blutförperdven
bie Cfntl'inbung ber Acplenfäure bewirte, würbe au« mcglid;ft reinem Blutferum, baö be*
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fannttich febr viel gebunbene ÄcWenfaurc enthält, bic fettere gewonnen unb gtoar »er*
gleid'öweife aus imveränbertem unb aus fcld'ein, welches »erber mit Sauerftoff gefchüttelt
mar. Ihm tiefen ©Mufucben mürbe febcSmal gleich Diel gebunbene 3loblenfäurc gefunben. Sflfo
mirft nur ber Sauerftoff entbinbenb, melier in bie Äörperdten übergetreten ift.
3\i auf fiinftlid'cm Soge aus veneient arterielles ©lut bergeftedt merben famt, fe
lag ber ©erftich nabe, ob and; bet umgefehrtc ©orgattg ftattfinben feune. Sief cs febeint
jebcd; nidtt ntoglid; gu fern. Scmt menn man* beut arteriellen ©lute bureb 9luSpumpen
ben 45-auerftcff enthebt unb mit fc viel Äoblenfäure vcrfc|$t, als bem venefen gugufomtnen
pflegt, fo fennte man bed; ben ©eljalt beS ©lutes an gebunbetter ^eblenfdure nid>t er*
l)cben. Saraus felgt, bafj aud; een ben ©emeben, welche venofeS ©lut barfteUen, bie
ätcblcitfäure in gebunbener gerat geliefert mirb. Sie Jbntfacbe lätjt auch einige Schlüffe
auf bie Slrt unb Steife machen, mie bie Äol;lenfdure im ©lute gebunben ift unb wie fte
burd; bie Äerperdwn ausgetrieben mirb.
©Jcitu bas ©lut vedfemmen entgast mirb, fe mirb, mie Sollet geigte, ein Sb eil
feiner Scheiben in ein farblefeß Stroma unb in eine farbige gliiffigfeit gerlegt. Siefelbe
Örfdvinung beebad;tet man, menn amb in geringerem ©rabe, menn man nur ben Sauer*
Itcff, fei es bureb ©uspumpen eher burdj Örftict'ung, aus bem ©lute entfernt. — Ser
©erfuch, baö ©Mut bureb Sauevftcffeinleiten ec Ute mm en fehlenfäurcfrei gu machen, gelingt
bagegen nid)t Selbft na© einer febr baueruben Öinwirfung fchlenfäurcfreier, fauerfteff*
haltiger Suft bleiben im ©lute ned) immer gegen 4 ©Ml. s J)rec. Äolpenfäitre gurücf, bie
erft nach (5'ntfemung beS SauerfteffS entmeid;en. C5in fo bebantelteS ©lut mieS gar feine
berauberten Äerperd;en auf.
Sas cerrefponbirenbc SMitglieb £>err $ßref. ö. SRitter v. ötting öl;aufen über*
reicht fein feeben erfd'ieneneS Söerf, betitelt: „^betegrapbifd'eS ©Ibum ber glera Defter*
reic^S, jugleid? ein .panbbücb gum Se(bftunten*id)t in ber ^flattgenfunbe'M Sn bemfelben
ift ein neues unb widriges ^Hilfsmittel für bie ©Jilfenfcbaft 311111 erften ©Ralc in Sin*
menbnng gebracht, ©cfanntlid? tonnten braud'bare ©Mwtcgrapbteeit von Spangen bisher
nicht bergeftedt merben. ©Jegen ber grünen garbe ber Objecte erhielt man nur febmarje
©über, Sdvittenrifie, bie man gu nichts benügen tonnte. Jm vcrfl offenen Jahre hat ber
©^ er f aff er in feinem ber matbematif dwiaturmi fi enf d\t ft li eben Cilaffe überreichten ©erichte über
bie neueften gertf ©ritte bes SiaturfelbftbrucfeS (Sipungsberid'te ©anb 47, S. 89) bie
OTittbeilung genta©!, bap eS in ber f. f. £cf* unb Staatsbrncferei gelungen ift, nicht
nur febr brauchbare ybotographicen reu s Pflangeit ,511 erzeugen, fonbern au© biefeiben
berart gtt dpen, bat? fte mit ber ©ud'brutferpreüc vervielfältigt merben tonnen. SaS ge*
nannte ©Jert bringt bie prafriube ©Mrmerthung biefer Örfittbung. ÖS umfaßt eine SluS*
mahl von ebaratteriftifeben Slrten nahezu aus allen gamilien ber glera beS MaifevtbumS
Cefterreich. Sie pbotograpbifd'en Porträts von mehreren hunbert ^flangencjrcmplarcn ftnb
barin mie gewöhnliche Agolgfcbuitte bem erläuteruben Jede beigebruett.
gerner überreicht £err ^rcf. v. ötti it g sh auf en eine Sl&haubluug über bie
a lachen ff elete ber garn trauter, wel©e ft© an feine im 22 . Sanbe ber Senffdwiften ber
mathematifd;matunviffenfd'afriichen Ölaffe veröffentlichte Slbhanbluttg anfchliej^t. ©Mm ben
s Pflangcnfermcn ber Seautbärperiebcn fpielen bie garufrauter eine hervorragenbe jRolle.
Sie ©iehrgahl berfelben ift bis heute nod; uugeuiigenb beftimmt. Sie für bic glora ber
l'ormelt aufgeftedtenRarngattungen Cyclopteris, Neuropteris, Sphenopteris, Alethop-
teris unb Pecopteris föituen nur als Santmelpläpc für baS noch nid>t georbnete ©Ra*
terial gelten. Sur richtigen ©eftimniung ber verweltlichen gante ift aber bie genaue
Äenntnip ber glächenifelete ber ieptmeltlichen, welche bie ©M'tanit nach ihrem gegenwärtigen
3uftanbe nod; feinesmegs bietet, ttmimgünglid' netbmenbig. Sie vorgelegte Slbhanblung
enthält bie ©earbeititng ber SiervationSverhältniüe mehrerer Gattungen aus ben gamilieit
ber Slfpleniaceen, Slfpibiaceett, .övmettcp hvdeett unb Sdügäaceen, wobei hauptfächlid' folche
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Slrten aufgewühlt mürben, welche frei ber berglcidwnben Untcrfudutng ber bovwcltlichen
garnfermen in ^Betracht 311 pichen finb. Sie wichtigeren Cfrjectc ber Bearbeitung feilen
burcfr ben 9?aturfelbftbrucf jur dnfcbauung gebracht werben.
£err Sr. Suliu* 38ie$ucr, Scceitt am !. f. polntcdmiicben Jnftitute, überlebt
ben erften 2 freil einer dbfranbluttg „über bie Bcrftcmng ber .peljcr an bei* dtmcfphäre",
in welchem Unterfucfrungeu über brei fefrr verbreitete 3erftcrungearten enthalten finb, bie
ber Bortragenbe mit ben Miauten: „©raumerben", „Bräunung" uttb „ftaubige Bcrwefung
ber Reiser" belegte.
Saf ©raumerben freftefrt bariu, bau ein im Vangefduiitte ber l^uft ejrpeitirtee £>el$
(2aub* ober Slabelbcbj) een einer aue $erfalletibeu Bellen gebilbeten grauen, oft ftarf
jeibatglä^enben Sdüchte überflcibet erfefreint, wehte fid> frilbet, wenn baö ^el,; einem
rafd;ai SSecbjcl ben gauttmerben burd) bie attuofplvirifd'cn 9lteberfcfrläge nnb duc'*
treefnung aufgefept ift. Surcfr biefen B>ed;jel ben geiuttc uttb 2recht iß werben Bclumf*
beränbertmgen in ben (Elementar er gatten bef öel^ce frerbergenifen, wehte ein mecbanijch’f
duefallen ber Sntercellularfubftan^ 3 ur geige haben. Saburd; Waben bie Sollen gan$ ober
tfreüweife ijolirt. ©leid'jeitig werben bie Sollen burd) bie atmefpfrärifchen 9iicba*fchlägc
aufgetaugt; jo jwar, baß ein Äorper gurücffrleibt, ber bie Oicactienen bef cfremifch reinen
Seüftcffee ^eigt. Sief er bildet bie grangewerbene ^el^cberflaite nnb tritt fowofrl in gönn
bon 9 )carfftcal;len* unb 6 cl gellen, alö aiut in geint ben ©efäßen auf. (io würbe mit*
bin, gegen grernp, ber Beweis geliefert, bat} ben Membranen aller ©letnentarorgane bef
£ol 3 e$ nur ein Stoff, bie (iellulefe, $u ©runbe liegt, uttb baß bie brei ben grentt?
aufgeftellten Äcrper: bie ^araccdulefe ber 9)iarfftrafrlcit, bie gifrrefe ber ^wl^ellen unb bie
Baöaileie ber ©efäße friere ©emettge ben Sollfteff uttb anberen Äcrperu ber 3cllwaub
finb. — Sie Semcürung ber Bellen gefrt ben Stuten nach du nett bor tut; bie primären
B3änbe frefommeti an piftelegijd; frcftimnitcn fünften Spalten unb bluffe (Jüpfclriffe),
burd; welche bie in ber £uft boifranbetien »)>ilgipcren u*. ino Snuere ber Solle gelangen,
fid? l;ier entwickln nnb fo an ber med\ntil\ten Scrtrüiumeruug ber Sollen tfreilnefrmen.
— hierauf frefpracb ber Bortragenbe bie bis jept bloß an ba* Dfrcrfeitc ber Babelbelj*
halfen beobachtete ftaufrige Bcrwefung. Siefelbe entftefrt burd; einen laitgfamen ä 8 ed>fel
bon 9täfje unb 2 rocfttiß im jpofye, webunt bie Siebte bedjclbcn afrnimmt, ber relative
dj eben gel; alt gunimmt unb ber A;ml$fcrper in eine leicht gerreiblidjc braune Subftaug übergebt.
Siefelbe läßt bei mifcoff epifit er Unter jud^ung teilte denterung ber Structurbcrfrältniffe
ertennen; nicht bie gernt ber Bollen unb ihr feinerer Bau, fenbent bloß ihr ftefflieber
(Sfrarafter f)at ftd? geänbert. Sie Bellen ftaubig uermedter feiger beftefren ba* .'pauptmaffc
naefy. auf £mntinforpern, bie fid; in dlfalifatgen lofat (lUtttiufäure unb ©cinjäurc). —
Schließlich befprad; Sr. 98i een er bie Bräunung ba* feiger, bie bie jept bloß an
DZabelbelgern beobachtet würbe unb gwar nur bereu äußerfte 3dljd;id)ten 3 er|’tert. Sie
^Bräunung ergreift jelcbes ^)e4, weld;eö in einer »erfrältnißinäßig fräufig mit äßaffer«
bampfen gefättigten dtmofpfräre fid; frefinbet, wie befottbero bie an großen ©efrirgefeett |nfr
befinbenben .pcljbauten ( 3 . i\. am pallftätter See) geigen. Sie in Sorfterutig begriffene
gebräunte ^)ol 3 fläd'e beftel)t auö Bdlen, bie mehr bunt Reibung ihrer eigenen SJietnbraucn,
ale burd; Sntcrccllularfuhftang aneinanber haften; lepterer Ä er per erhübet hei tiefer 3 er*
ftcrungoart eine dtemtfd'c Untfeßung, jo jwar, baß er jdton burd; atmcfphärijd;cö 98afjcr
auö bent ^c^fotpet l;erauögefithrt wirb. Sie Setitelimng bor Sollen erfolgt regelmäßig
bon außen nad; innen. 93lit ber tncchanijd'en 3rrjternitg ber 9JJembranfdncbten geht eine
cbemifdte Untjepung berjclbeu .panb itt paub. Sie ÜBtetnbran wirb nämlicfr in pumitt»
ferner utngewanbelt, bie in Sßafjer (jQuelljäure), unb in fold'e, bie in dltalital^cu (Ulmin*
jäuroj loelic^ jittb. dnefr bei biefer 3 ^’ftbrungöart beö pcl;e» nimmt oft bie öntuncflung
bon yi^en im Sunern ber Sollen au ber Bertrümmerung 2 heil.
Siejc dbbatiblung wirb einer (fommifjion §ugewiejen.
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Si^ung bcr pl;tlcfop^ifch-biftorifchcn Glaffe fern 13. Sdnner 1864.
Sn geige bcr von bcnt Guratcrium bcr S arign i; »Stiftung angegangenen
Sln$cige bcr 3 infenmaü‘e bed erftcn unb freiten Sabrcd, worüber nach § 12 bcr Statuten
ber f. Slfabemie ber S>ijienfcbaftcn in 3£icn bic Scrfügung jitfteM, wirb eine Gemmiffien,
beftebenb aud ben Herren t\ etiler, SBiiflcjid;, $Pf;illipd, Siegel unb Sprin*
ger ernannt, um ben §§ 10 u. ff. ber Statuten entfprcd'cnbe Scrjcbläge $u machen.
©ad cciTcfpcnbirenbc SKitglieb greiherr Cttcfar t?. S d)lcd;ta*3Öffcbr b legt eine
tyanbfdn'iftlicbe Slbhanblung rer, betitelt: „Gpifcbon aud bcr ntcbevnen ©cfd;icbte ^erfiend,
bezüglich naefy einfyetmifcben Quellen bcrrgeftellt. 1 . Secbd ^rätenbenten".
S i u n g ber m a t b e m a t i j d? • n a t u r w i f f e n f d; a f 11 i cty e n 6 l a f f e
rem 14. 3 dun er 1864.
©ad wirfliebe ®iitglieb &err ^>ref. .Glaiiwefc in Snndbrucf überfenbet $wei
ren ibm in ©emeinfebaft mit ben Herren .p. i\ ©ilm unb l*. Sartb angeführte $lr«
beiten: 1 . „Ueber bad S erberin" unb 2 . „lieber $mei neue 3 erfebungdprcbucte aud bem
©uajafbarj".
Surd) 3 crfe( 3 ung bed Serberind mit Äalihubrat in ber Scbmcljbiftc erhielten
£Iafiwefc unb b. ©ilm gu?ei neue Sauren, baren bie eine ber Bermel C lfl H s 0 8 ,
bie anbere bcr gorntel C l8 H h O 10 cntfyricbt. Gigcnfchaftcn unb 3 ufammenfetmng machen
cd wabrjd;cinlid;, bajj bie erftere homolog mit ber yrotocateduifäure eher einer ihrer
Sjomeren, bie anbere homolog mit bcr Cpianfdtne unb Sinapinfäure ift.
©ie Serfafier rermutben, baß bie Gntftehung biefer Sauren bic geige einer 3er*
fe$ung ift, analeg berjenigen, nad? welcher bie ^retecated>ufdure aud ber Spiperinfaure
entftel;t unb eine Serbinhing in bem Serberin reraudfe^t, welche ber 9 )iperinfäure bed
9 )iperind entjpricfyt.
Sin Vereine mit £>crrn Sartb bat .£>crr s prof. l a f i \r e p ferner gefunben, baf?
and ber frrftallifirten Ghiajafbar.päure, bie er früher entbeeft l;atte, burd; 3-i iepung mit
fd;inel$enbem ?lUali ^vctccateduifäure entftebt.
Sei Slmrenbung gereinigten ©najatbar^ed erhält man neben bcrfclben noch flcine
®iengen einer anberen, in ihrem Serbaltcn ben Sauren bed Gatedm ähnlichen Serbin»
bung, weldjc ben ©egenftaub einer jpäteren Untcrjmbimg hüben wirb.
£>err Refrath s J)rcf. 3 . Önrtl legt 3 mei anatemifebe Slbbanblungen rer.
©ie erfte berichtiget eine Angabe Ciur ierd über ben ^barnnj: reit Gatla Sucbanant.
©er 91 ad; eit biefed Sbierco jeidmer fid> burd; feine ungewöhnliche Gnge rer jenem aller
übrigen Gt;princiben aud. ©ie unteren Sd;lunbfiefer fteben ndmlid; jo hoch, bajj $wifd;cn
il;nen unb ber bcritbebecften Dieibplatte bed Saftlarftücfed bed .Hinterhauptbein* nur eine
fe(;r fleitte Sücfe übrig bleibt, weldre noch nberbied bureb eine rer berfelben fagembe,
balbmenbfermige, ftarf gewulftete Sdüeimbautfaltc ren untern ber fo rerengt wirb, bau
fie nur einer gewel;nlid;en anateinifcben Änopffenbe Oiaunt giebt. ©iefe Viict'e führt in
eine fleine Hoble, welche, ba fte ben Äauapparat bcr Scblunbfiefer enthält, ald Diumina«
tiendcarum be$eid;net werben fann. Grft biefed Gammt rerlängert fid; nach hinten tridder-
fermiß in ben Qefepbagud. Sen ber unteren Pcmmifiur ber beiben heebftebenben Sdüunb-
tiefer erftreeft ficb ein langed, fibrbfed Saitb, in ber ®ebianebene bed 9iad;end bid 3 ur
unteren 6 cntmiffur ber inerten Äiemenbcgen herab, unb trägt eine bobbeite Äammreibc
jener l;ornigen gäben, welche an bem concaren Sianbe aller Äiemenbogen in einfacher
Serie aufft^en, fo bar; ed bei flüchtiger Sefid'tigung ben ^Infcbein gewinnt, ald fei ber
Scblunb ein Pharynx bipartitus, wdfirenb bed? biefed unpaarc, mebiane Sanb,
mit feinen ©cbpelreihen, nur bie beiberfeitigen lebten Ätemeirpalten non etnanber trennt.
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Sie freite fMhhanbfung fcf>t(bert bviö 9?ovI>ältnif; ber Arteria hepatica gur opfert*
aber bet ülmphibieu imb glichen. 'lUan ftreitet ned) tavüber, eh bas 2Mut ber Arteria
hepatica blcjf gur ©Währung ber Seher, ober and) gur ©aUenbereitung biene. 5Mc eer*
glcichcnte Slngieiegic liefert gut Seiung tiefer gragc einen geietd'i igeit Beitrag, intern fte
geigt, tafg bei ben na cf ten unb befebuppten Amphibien, je nie bei bcti Sturienen, bie
lebten Sleftc ber Seberarterie, ebne fiel) in ein (5apitlarne|$ aufgitlefeit, in bie lebten
di.nnincviti eiten ber ^fertaber einmiintcn, niemale aber eine i'crbintung mit ben 2 Surgcln
ber Vena hepatica eingehen. Sieje '3)üjchuug een arteriellem unb eenefem 23lut im ©e*
biete ber ^fertaba* faint nur in ber Slbfkbt ftaitfinben, bas Material ber ©allenfccrcticn
gu einem gemilchten gu madvn. 23ei beit gefdueängteu ©atraduern ift bie ©inmüntuug
ber 3u:cige ber Arteria hepatica in bie s Pfertaterenben an ber bem -Diagen gugefehrten
glächc ber Seher, au meid)er bie ^fertatevafte oberflächlich aus prahlen, fehl leid;t unb
beut lieb an leehiinjicirten ©remplaren gu jeben. Saß GapiUdrfeftem, leeich es ben lieber*
flattfl ber opfert ab er in bie Sebereencn vermittelt, ift bei tiefen ibiereu nabrbaft ccleffal;
bie lebten unecräftelten Sweige ber Arteria hepatica aber finb fo fein, bafj fie ftcb 311
jenen Gapillargefäfgcn nie 23intfäten gu Striefen verhalten.
23ci ben Splübtent gebt eine nicht unerhebliche lUngabl een Sungeneencn (aus? einer
mittleren 3<-'ne ber Sunge) tirect in ben Stamm ber s Pfevtater, tuaß flau? iriterfinnig
erfechten miiijte, nenn bem arteriellen 25lute fein Slntfyeil an ber ©allen jecretien gufäme.
Sperr Sr. g. ^rum legt eine Slbhanblung ber: „Dleue Theorie ber ultraelliptifc^en
gunctioncn" unb erfud;t um bereu Aufnahme in bie Senfjcbriften ber 61 affe.
2 Sirb einer Gcmmiffien gugenüeien.
£>crr Sr. Hubert Seitgeb legt eine Slb^anbluug „gur Äenntntjj non Hartwegia
commosa" uer.
Sie Slrbeit bemäntelt brei Elemente auß bem Sehen tiefer $>flange:
1 . ben faft normalen Slbfatt ber 23lütten ber ber grudrtfrilbung,
2 . bie Sliiötilhmg geniffer fmespen auf felbftftäntigen Spangen,
3. ben (Sinflup ber an ben Tcd;tcrpflangen fid; ettlnicfelnben Suftieurgeln gu bereu
Gwaljrung'.
Sie 23lütl;en femmen am einjährigen Stengel auß ben 23lattacbfeln ber Sljcillar*
fnespen ber biefen gur Gntimcflung, trennen fid' jebed) nach bem 2 'erbliiben an ber
©lieterungßfieHe heß iMütbenftieleß unb fallen ab, m er auf fid> bann bte IHrillarfncßpen
iv eit er entioitfeln. Sie ©lieberungsftelle tes 2Miitbeuftieleß beftebt aus? brei Sagen ber*
fürgter, in ihrer Sängßftrecfung gurütfgebliebener Bellen. — Sie Sedtrennuug gefebieht
bureb gegenfeitige Slblcfung geunffer tiefer Sdncbtc ungehöriger 3 v'(lcn, me hei bie 3 ellen
jebed? »eüfemmen lebensfähig bleiben unb an ber 2 rertmmgsfläd;e abgenmbete 2 Sänbe
geigen, rnie bieß £)err b. s Di of;l aud) für ben Abfall ber 23lätter nacpgeuüefen. Surd)
Betrachtung ber anatcmifc^en 2 >erl;ältni|fe wie turd> 2 >erfud'e femmt man gu beut Schluffe,
fca£ bie Soßlcfung burd) eine een ben Selten ber $renmmgßfläd;e ausgehenbe Äraft
bedingt fei, ba# alfc ber losgulcjente "pflangentheil förmlich abgeftefgen leerte.
Stnb bie 33lüthen abgefallen, fe cnheicfeln ftd) bie ?(]dtlarfncßpen gu 2?lätter*
büfc^eln, auß beren ©runbe Suftieurgelu hereerbrechen. Ser 23au biefer Suftieurgeln ftimmt
gang mit bem 23aue anbercr, ^flangen eerfduebater gantilien angeberiger Suftieurgeln
überein. Diamentlich ift bie unter ber Gpibermiß gelegene 3 cll]d;ichte gang mit ber unter
ber Sßurgelhülle ber Suftieurgeln trcpifcher Srcbibeen unb 2lretbeen ecrfemmenben nnb
ucn £)ubemanß alß Gnbeberntiß begeiduieten ©dachte übereinftimmeitb. Ser 23viu biefer
3 ettfcbid;te, fe leie eergleichettbe Unterjud;ungen anterer Suftieurgeln laffen feinen 3meifel,
tap t'ic’fe 3ellfchid)te bei ber gunctien einer SSnrgel, alß Suftiem'gel ber ^'flaitge Otahrung
^u^ufütren, leefentlid) betheiligt ift. 3 ah (reiche inTfuche beftätigen ben Giitflujg, ben auch
bei fctefer' ?)flange bie Suftieurgeln auf bie 6 rnal;rung ber net^ mit ber 2)iutterpfl«nge in
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Nerbinbung ftehenbcn &od;tcrpflangen ausüben, trenn fte auch für fich allein nicht im
©tanbe futb, btefelben 311 erhalten.
3Birb einer Eomittiffion gugemiefett.
Vcrr Sr. 3« E. be Nr 9 , Snfpectcr für d?emifd?e Unterfud;ungeit in Nieberlänbifd?*
3nbt.cn, ber eben auf einer Urlaubsreife nad> Vollanb begriffen ift, macht einige Niit*
theilungen über bie Bultur ber Bluuabätmte in Sara ttnb in ben NeilgherrieS. Sn
erfterent ?anbe fuebte man bie Natur gu copirett, inbent matt beit Bhinabaunt in biebten
Salbungen p [langte, mic er in feiner Heimat machet; auf ben engl lieben 33cftpmtgcn, ben
9teilgl;errieS aber mürbe er bitrd) Ni a c Sr er in freier ©ettne gepflanzt unb ber Erfolg
mar ein meit künftigerer. 2)urd) vorgelegte Exemplare geigt ber Nortragenbe, bafg bie
englifd;e (Jultimnet^obe von Nlac 3 vor, meld;c bie Ergeugung einer ftarl entwickelten
3ßurgel bemirtt, vor allen ben Ncrgug verbient.
ferner geigt £err S)r. be N r 9 neues, fehcit frvftallifirteö V ar 3 attS ber Antiaris
toxicaria, bann baS UpaSgift felbft in frwftallifirtcm 3uftanbe, meines er als ein
©luccfib erfaunte, baS in ben Niagen gebracht fein heftiges, vielleicht gar fein ©ift ift,
fenbern feine giftige äBitfung nur bei unmittelbarer Uebertragung ins 33htt auSübt: er
ber fiebert, bah, mie er ftd? burd; vielfache Erfahrungen überzeugt l;abe, bie Ergäf? fangen
von ber giftigen Sltntofphare beö Upaöbaumcö 31 t ben gabeln geboren.
iln'iterS 3 eigt be Nr v Exemplare von Vesperibin aus ben Slütfeen von Citrus
decumana bargeftellt, meUteS ftd? in allen ßrganen ber pflange bes ©efd)led;teö EitruS
vorfinbet; bann eine neue ©nbftang, baS Niurrapitt, einen 31 t ben ©facoftben gehörigen
Nitterftoff, aus ber 33lume von Murraya exotica. StefeS ©luccfib fpaltet ftcb, mit
©cbmefelfäure bel;anbelt, fef>r leid;t in 3 ucfer unb eine neue, in mäfferigei l^cfung ftarf
fchillernbe ©dttre. gerner legt ber .sperr Nortragenbe einen frvftallifiibaren Nitterftoff aus
ben ©amen ber Thevetia nereifolia vor, ebenfalls gu ben ©Ivccfiben gehörig unb burd;
S cbmefelfäure in 3udev unb eine Saure von fdjener Purpurfarbe fpaltbar. Ettblids geigt
berfelbe baS Eerberin, bie giftige, trvftallifirbarc ©ubftaug aus ben ©amen von Cerbera
odollam, einer an ber Äüfte von Sava l)äufig vorfommeitben pflange, bie fehr oft gu
©iftuiorben mißbraucht wirb.
Jüe in bei- ©ipitttg vom 8 . Sdituer 1864 vorgelegte 3lbhanbluttg: „Ueber bie 3er*
ftörung ber feiger an ber Sltniofpbare", von .‘penn 3)r. SuliuS SßieStier, mirb gur
Slufnabmc in bie ©iputtgSbericbte beftimmt.
Ungarifdjc 3lluiktttif.
3n ber ©ipung am 11 . Sättner laS Efengeri ein 33rud;ftiuf aus betn neueften
unb gur erften Hälfte beenbigten SSerfe beS correfpcttbirenbett Niitgliebes XHley. ©gilagpt:
„Bäthory Gabor erddlyi fejedelemsege“ vor, mehbeS bie Shroubcfteigung ©abrtel
Ndthorvs gunt ©egenftanb batte. Nachbetn auch baS erbetttlicbc SOiitglieb Slug, ©regufs
über eine fcebeit erfcpieitene beutfd;e Nrojdjüre von «£>eittr. 33 5 ferner, Sh*. ber Nieb.,
morin 33aco von Nerulam gegen bie Eingriffe öebigs in ©chup genommen mirb, referirt
l;atte, mürbe burd) bett ©ecretär ber Norfcfelag ber ftatiftifd;en Beinntiffion begüglid; jener
Preisfrage vorgelefen, bereu geltingettfte X'öfuttg aus ber Stiftung ber erften allgemeinen
ungarifdn'n 3 lffecuranggefellfchaft pramiirt merben foll. hierauf folgte bie Nevlefuitg bes
©utac^tenS beS betreffeitben 33eurtheilungseontite über baS vom correiponbirenben Ntit*
gliche £arl peterfp gur Verausgabe eingefenbete Söcrf: „®efclnd;te ber Philofophen utib
ber Philofophie". Reiter Sl; 0 ^* ^s'ihe Ncurtheiler, bie orbetttlid;ett Niitglieber Evrill
Vorvdth unb rHuguft ©regufs, erflarten ficb gegen bie Verausgabe.
VrnmtururtlMier »rbarUur ür. teopato SQwttlttr. JDrnifemi brr k« ÜUutr ititung.
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$>ie Seistfjümer.
(9JMt IRücffld>t auf btc bet»crfte^enbe Verausgabe ber cftcrreicbijcben 3£eigtfyümer burcfy bie
f. Slfabemie ber S5>iffeufcf>aften.)
H. Br. Unfere Seit mit ißren pavagraphirteit Wejefbücßern unb ihrem ftreng
geschulten Suriftenßanbc vermag ficb mir febwer juriufjuverfehen in jene IfVriebe,
alb bas dieeßt noeß auStcßließlicß im ©olfebewnßtfcin (ebte, reit feinem gelehrt ober
gelernt unb benttod; von jebem gebannt. Seit bas vemiiebe dieeßt in Teittfcßlanb
Slufnaßme gefnnben, lrurbc bas 'Princip ber 2 bei lang ber Arbeit and) auf bem
©ebiete beb diechtSlebens bnrcßgefüßrt. dtecßtbgeleßrte dlicßter traten an bie Stelle
beb Surgerb unb be§ ©altern, ber aub ber SBerfftätte ober vom Pfluge weg 3 m
Scßöffenbanf gegangen war. Tat; eb fo gefemmeu, lag ;uni groben Sbeif in ber
localen dtatur unfereb nationalen dieebteb begrünbet. dlbgejeßen ron ber ©erfeßieben*
beit bei- Stammes* unb 8 anbrecßte glieberte fieß in Tcutfcßlanb bab dieeßt naeß
Stänben, unb batte wiebentm faft jebe Stabte unb Torfgemeinbe ihr eigeneb fließt,
ißr inbivibuelleS diecßtSlebeit. Ter waeßfenbe SBeltverfeßr mußte biete ©erfeßieben*
feiten nivellircn unb griff, ba feines biefer yarticuläven unb localen dieeßte feinen
©ebürfitiffen eutfyrecßen fonnte, nach bem bereits ein Jaßrtaitfcub jnvor gmn ©kltrecßte
aubgebilbeten rentifeßett dieeßte. Tiefem Gntwicflungsgange gemäß, in welchem bie
©ntnationalifirung beb diechteb gleichen Sd'ritt hielt mit bem dluficßwunge beb
©erfeßtes, nutzte bab einßeintifcße dieeßt fid; naturgemäß auf jenen ©ebieten am
längften erhalten, bie vom ©erfeßrSleben jumeift abgeicßloffcn Waren, ©b ift ber
Sauernftanb, eb finb bie Torfgemeinben, welche bab nationale dieeßt am längften
unb frijeßeften bewahrten; es ift bab .fwfrecht, welches noch in ber ©lütße ftanb,
alb bie Stabtrecßte vergeffeit waren, alb bab Eeßenreeßt fieß überlebt ßatte, alb bie
allgemeinen SianbeSrecf'te ficb längft verflüchtigt ßatten.
Tie Torf* ober bpefredde finb unb in ben fogenannten Seibtßümcrn erhalten.
Mm über bie diatur biefer diecßtsqueflen Uluffeßluß 311 geben, muffen wir bie reeßt*
ließe Stellung unb bab cffentlicße diecßtslcbcu einer Torfgemeinbe beb 5 Jiittelalterb
veranfcßaulicßen. Tie ©ntftcßung beb ,'Ocfred'tcS fuüyft ficb an bab alfmälige ©er*
febwinben beb altbeutfcben freien ©auernftanbeb unb bie dluSbilbmtg ber fogenannten
Immunitäten. Tie in ber Äarofingifcßen Seit cintretenbe ttngleicbßeit ber ©efifc*
unb dJiacßtvcrßältnifje führte baßin, baß bie deinen ©ruitbbefißer fid; maffenßaft
in ben Scßnß eineb mächtigen geiftlid;en ober Weltlichen .fternt begaben unb befifc»
lofe greie fieß alb Spinterfaffeti auf ben ©ütem ber ©roßgrunbbeftyer nicberließen.
3m 8 aufe ber Seit erwarben bie Scßub* unb ©utsßerren bab di echt, baß fein
cffentlicßer ©eamter ißr ©ebiet betreten burfte um bafelbft wie früßer ©erießt 3 U
1864. 6aub m., 9
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galten. Ser ©utSberr würbe felbft ©erichtSberr imb lief) bie @erid)t8barfeit burch
feine Beamten atteüben. Sie twibfreien dSinterjaffen mib Sdnt^beroblenen ( 9 Runb*
mannen) mußten oer bem ©erirfjte ihres Dberberm ihr 9 led>t fud)en unb muffen
nnerljalb beä gefreiten 33egirfeS mit bei* fr über redjtfefen ©taffe ber leibeigenen
gu einer metjr ober mtnber gleichberechtigten ©emeiitbe gufammen. So entftanb au8
bet 3 )erbinbung ber perfönlid; freien mit beit Unfreien bet Stanb ber „porigen".
£)urd) Sitte unb ©cwolfnfjeit ftettte fid; baö Siedjt feft, welches ba8 93 ert;ältmfj
be8 ©ingefnen gut ,perrfd>aft, io wie ber Serfgenoffen unter cinattber normirte.
SiefeS 3icd)t hiefj „^icfrecbt 1 ' unb muffte fdjen infoferne in ben eingetnen @e=
meinben ein oielfad; oerfd;iebene8 fein, a(8 es fiel; milber ober ftrenger geftaltete,
je nad) bem in ber Sorfgeucffeuicbaft bie urfprüng(id) balbfreien ober unfreien
©lemente mel?r ober minber oertreten waren.
©ntfprecfjenb bem ©eifte be8 23 cffe 8 nnb ber 3^'it fanb bie ^Rechtspflege unb
bie SBerhanblung über ©enteinbeangetegen^eiten ttt öffentlicher Sßerfammtung ber
Sorfgenoffcn ftatt. 58 eoor man gut eigentlichen ©crichtSoerbanblung idjritt, Würbe
ba8 am Crte herfömudid'e JRed;t „gewiefen". Ser ©ntfdjeibnng ber am SBerfamm*
Iung8tage obfdiioebenbeu 9 led;töf)änbe( ging eine öffentliche 3 lcd;tSbelehrung oorau8,
eine SSerfünbigung ber allgemeinen ^Rechtsnormen, nad' welchen jene gu fd)lichten
waren, ©ine fold;e SScrfammlnng, bie im Sabre ein* bie breimal ftattfanb, würbe
Sing, .fpofbing, Sorfbing, Jaibing (Jagebing) in Cefterreich 23 antaibing
(ba8 am ©ericfjtStage gebannte Sing) genannt, ©ine einfache unb mögticfift an*
frauliche Sarftellung be8 gu ^Beginn eiiteS Jaibing? beobad;teten Vorganges bürfte
ba8 SBefen ber äBeiStfmmer beffer erftdren, alö eine facl)ge(ef)rte Siffertation, wie
wir beren in güttc bcfijjen, oon benen aber bie meiften wohl übet bie Sache,
jefcoeb weniger oon ber Sad;e felbft fprecfjen. Sie folgenbe Sd;ilberung ift nicht
einem Beftimmten un8 überlieferten SSeistfjum entnommen, fonbent hat bie in ben
eingetnen 2 Bei 8 tf)ümern gerftreuten Büge git einem abftracten 33 ilbe gufammengefafjt.
Senfen wir un8 bie anfäjtigen Säuern be§ SorfeS in- »oller 9 lngaf)l am
gefttage eines Sorfheiligen auf einer SBalbwiefe ober freien Ülnböhe oerfammelt.
Set SBerfammlungSort ift nad; altbcutfdjer Sitte ringförmig mit «pafelftäbeu abge*
fteeft, bie burd; Stricfe ober Seile mit einanber oerbunben finb. Ser Seamte ber
©ntSherrfihaft, ber ba8 Jaibing leitet, l;eif;e er nun Sorfridf>ter, Sorftneifter, Sogt,
fOtetter ober Scbnttbeif, l;at anf einem Stuhle, a(8 bem Gbrenfif-e, fpia£ genommen
3 hm gunädjft fipeit anf einer Sanf bie Schöffen, aud; ©ibeSteute ober ©efchwome
genannt, angefehene unb erfahrene Scanner be8 SorfcS, bie burd; bie Saht ber
©emeinbe, burd; 6rbredf;t ober burd; ©rnenmntg oon Seite be8 ^ofherrn gum
Schöffenamte berufen worben. Sie übrigen Sorfgeitoffen bilbeit ben „Umftanb".
Set Sorfrid;ter giebt burch Stufen ober inbem er mit feinem Stabe auf ben Jijd;
fchlägt ba8 3 «<hen, ba§ ba8 Jaibing beginne unb ftettt an bie Sd;öffen ober an
bie gange Serfammlung bie grage, ob e8 an ber Seit fei, ba8 berfömmlidje Jai.
bing 3U halten. Ser ältefte ber Schöffen antwortet, e$ fei wohl an ber 3eit, im
Saht unb am heutigen Jage ba8 Jaibing gu halten, welches im Orte oon 3 lltet 8
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IjerWmmltdf) ift. Sütn weifet nur gu {Recht, fragt ber ©orfricbter, wie baß Jaibing
ju beginnen habe, auf baf; bie fterrfchaft bei ihrem {Rechte bleibe unb ben @e=
noffen fein Unrecht unterfahre. ©er ©orfrid)ter fette rorerft nacfifeben, lautet bie
Antwort, ob bie Wen offen alle «erfamtnelt feien, bie een {Rechtßwogeit bei biefem
Jaibing gu erfcheiuen haben, unb möge hierauf 53amt itnb grieben gebieten. So
ruft benn bet ©orfriditer bie Diamcn ber bingpflicbtigeu .ftübner ,511m erften, gum
gweiten unb 311m britten fDiale. Unb wenn einer fehlt, ferbert er bie Sd)öffeti auf,
ihm gu fageit, waß ber an SMifje 51t entrichten habe, ber baß Jaibing eerfäumte
©nen Söajjen bem ©orfricbter, erwiebert ber ©bemann, unb ben ©orfgeitoffen
einen < 2 öfter Sein. hierauf funbet ber ©orfricbter SSann unb Trieben im fRamen
ber £errf<baft; Scbcltworte 1111b Unluft, jebe ungegietneitbe Diebe unb $anblung
feien verboten; feiner ergreife baß Sort, er tfuie eß bemt mit ©laubniji be8 @e=
riepteß, feiner «erlaffe baß Jaibing bcocr e§ gu ©tbe fei; bie ©bcßleute aber Werben
bet intern ©be ermahnt, in Sahrheit 311 antworten auf bie ihnen «orge=
legten gragett.
.'piemit fitib bie ©nlcititngeit 31t ©tbe unb erfolgt bie eigentliche Seifung beß
{Recpteß. ©er berrfdjaftlidie Beamte ferbert bie ©efdiwortten auf, ihm 31t fageii,
waß in biefem unb biefem ff alle herfönimliili fKecptenß fei. So wirb in ff rage unb
Antwort ber gange iRecptßftcff erfepöpft, um ben eß fiel) innerhalb ber befepeibenen
©rengen einer abgefcpleffenen ©orfgemeinbe hanteln fann. ©ie fragen beß Se=
amten fo wie bie Seifungen ber ©cicproomeu firtb ber größten {Dü’brjabl nach
burep Sitte unb ©ewofmpeit feftgefteltt. 9 iur wenn ein nod; nicht «orbebaepter
IRecbtßfall eß unmittelbar oeranlafit, wirb eine neue ginge geftetlt. 3 ft ber galt ein
bcbenflicper, fo erfldrt ber Sprecher ber Schöffen, er muffe ficb corerft mit feinen
©enoffen beratben; bie Schöffen treten auß bem Dünge, berathfebfagen unter einan=
ber ober mit anberen ©emeinbemitgliebom, fehren bann gurttrf unb ertheifen bie
geforberte Seifung ober erflären, eine folcbe nicht finben 3U fönnen.
©er Inhalt ber cin3etnen ©orfreebte ift ein 311 mannigfaltiger, alß baff fid)
batüber allgemeine ©eficptßpunfte aufftellen liefen. 3n öfterreiebifeben Skmtaibingen
förnmt in ber Siegel guerft bie gragc nad) ben ©rettgen beß ©eineinbegebieteß gut
Sprache, ©er Sprecher ber Schöffen antwortet wie ein lebeitbigeß ©runbbuep, inbem
et ben Umfang ber (Memeinbe, wie er burd; 3 ?ä<he, Saune, SRarffteine, ©reiben
ober 23 äume feftgefteltt ift, auf baß betaitlirtefte angiebt. Stereotyp ift ferner bie
grage nad) ben ©tebigf eiten unb Stiftungen, bie ber {Bauer ber .'perrfebaft unb ben
perrftbaftlicben {Beamten fcbulbct. "häufig fiitben fid) fBeftimmungen über bie 33 e*
itüpung ber ©emeiitbematf, ,$olguitgß= unb Seiberechte. SDiit befouberer SSorliebe
wirb bie ^Immunität beß fBegirfeß ben öffentlichen Sanbeßbeamten gegenüber heroor*
gehoben, ©er Sanbricptcr unb beffen 23 üttel haben in ber gefreiten ©enteiitbe nichts
ju fepaffen; wernt ber Saitbricpter 0011 ungefähr burd) baß ©orf geritten förnmt, fo
folt et fiep bafelbft auf feinen galt länger aufhatten, alß um com Siof, abgufteigen
unb, ben einen guff im Steigbügel, um einen Pfennig Sein 3U trinfen; wollte er
aber länger bleiben, fo fofl 211t unb 3ung im ©orfe fidh aufmaepen unb ihn mit
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„©fettem" auS bet greiung fyinaugtreiben (pergl. Santaibing Pon DlucfetSborf
Artifel 37. Äaltenbäcf I, 167). Sa bie ,£etrf dürft in bet Siegel ben Slutbann
nid)t befiel, fo finb alle, bie bemfelben perfallen, -Diebe, SJlßrber u. f. tp. bent 8anb=
ric^ter auSguliefern. 2öirb ein foldjer Serbredjer im Sorfe gefangen, fo l;at man
bem 8gjtbrid)tcr angufünben, bafj er femnten möge, fid) benfelbeit gu f)olen. gallS
aber ber Sanbricbter binnen brei Sagen nicht eingejebritten, fo führen bie Säuern
ben Serbredier an bie ©renge ber greiung, rufen pro forma brei 9)lal nach bem
abwefenben Sanbrid'ter unb biitben ben ^Delinquenten mit einem „Siugfyalm" ober
einem 3mintSfaben an einen Saum. Sie ©emeinbe l;at biemit bem banbgerid)te
„genug gethan" unb fcicfeS mag feben, wie eS beS flüchtigen Serbred)er§ habhaft
wirb. Sen Äern bes 33eietfmm§ bilben pripatred;tlid)e, ftrafreditlidje unb borf=
polizeiliche Seftimmmtgen. Sie eben angeführten Seifpiele mC\gen genügen, um bie
finnlid) anfd)au(id;e gorm gu cfarafterifiren, in weld;e ber abftracte Died)t8gebanfe
gefleibet würbe. Sie Dled)t6regel tritt febr oft als Dlcchtbfprücbwort auf, ja in älteren
SBeiSthümem ftnben fid) fogar ©puren pon Alliteration unb Sieint, ein SeweiS,
bafj bie gefe^lidjen Seftimmungen lange 3eit nur im @efcäd;htif} beS SoffeS
lebten, weldieS biefelbeit gum Schüfe leichteren SehaltenS in bid)terifd)e gornten gofj.
3 m Saufe ber Seit würben bie ,v)cfred)te aufgegeidmet, ba beim bie ©d)rift
bod) noch bauerhaftcr fei, als baS ©ebäd;tnifj ber 9 )?cnfd;cn. Siefe 9 ied)t 8 aufgeich=
nungen fitib itnS gum grofjeit Sbeile unter ben pcrfdjiebeuften Senennungen erl>al=
ten. Sie SSiffenfcbaft nennt fie mit bem am l;äufigf!en rerfommenbeit Siamen
„SBeiSthümer" (bie gcmeiniameit 9 ied;te). 3 n Saiern ^cifrcn fie ©('baffen unb
Säbinge, in Defterreid) werben fie, wie bie Serfammlung, in ber fie perlefen
wnrben, Santaibiitge, ©bafttaibinge, in ©üb=Sirol Siigeln (nach bem italienifchen
regola), im norbweftlicljen Seutfchlaitb Saitemfpracben, 9 )iarforbnungen u. f. w.
genannt. 3 m ©diwäbiichen crfcheiiten fie am häufigfteu als Diebel (pon rotulus),
als Deffitungen, Oicditungen ober Diicbtungcu. Sie Aufzeichnung erfolgte entioeber in
ber SSeiie, bajj grage unb Antwort niebergejd;rieben würbe unb baS 23 ciStl;um auf
biefe Art bie gorm eines bialogifirten (ProtofolleS erhielt, ober baf man mit §in*
weglaffung ber gragen nur bie rechtlichen Seftimmungen etwa mit ber ©ingangS»
formet „hie finb oermerft bie SRedjte beS enofeS gu . . ." aufgei ebnete. SSaren bie
Sorfrechte einmal niebergefd>rieben, fo befdjränfte man fid) im Jaibing auf bie
Serlefung berfelben.
Set ©ebtaud) ber Santaibinge hat fid) in Defterreid) mitunter bis über bie
SOtitte beS 18. Sahi'hunbertS erhalten, ^ie unb ba fcf)lummerte bie ©itte pon fetbft
ein. 3 n Pielen gälten ^iett aber bie Sepölfentng gal; baran feft unb muffte bie*
felbe erft burd) auSbrüdlicbeS Serbot abgefd^afft werben. Sie £>errfd)aft unterzog
bie Santaibinge einer Dieoifion; ©teilen, bie mit ben Anfcfjauungen bet neuen 3 eit,
bie bieSergattgenheit nid;t mehr rerftanb, nicht imSinllange ftanben, würben gefbriefjen
unb ber 3 ufa|) »non legatur“ fo häufig beigefügt, baff fchliefflid) Pom gangen
Santaibing oft nicht Piel mehr, als bie ©rengbeftimmung beS ©emeinbegebieteS
unb bie Saften bet Untertanen gut Serlefung übrig blieben. SKitunter ftrich ein
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aufgeflärter Pfleger baS gattje SßeiStbum burcb uitb fcbrieb barunter: „©erfei
Sllfanjereien baten fititfür nicht mehr gelefen ju werben". ©o haben benit bie 2Bei8»
tbümer ihre praftifdfc 23ebeutung ootlftänbig verloren. Um io wichtiger finb fie für
bie IjiftDrifcfje SBiffenfcbaft geworben, welche bieielben geraume 3eit funburdj
ignorirt batte.
Safob ©rimnt gebührt ba8 23erbienft, bie 2Sid)tigfeit ber SSeiSttmmer juerft
erfannt unb biefeltcn wiffeiticbaftlid) ocrwertbet ju haben. Seit er in feinen „StecbtS*
altertbümern" gezeigt, baff bie SSeiStbümer eine Jmitgvube für bie ©eicbicbte be8
9ted)te8, bet Sprache, für Gultur* unb ©ittengefd;id;te feien, wcnbete man ficf) mit
Gifet ber Verausgabe biefer 9ied;t8queden ju. ©limrn felbft t>at bie Gbition ber
beuticben Sßeietbümer begonnen; bie t;iftoriidie Gommiffion ber baierifd)en Stfabemie
bat bie jjortfcfmng biefcö ©ammelwerfeS übernommen. ©ie öfterreidbifcben 2Bei§=
tbümer würben bei biefem Unternehmen auSgefcbloffen, ba bie mtenblicbe Sülle ber*
leiben bie Slrbeit nahezu oerboppelt batte unb ficb rerauSfeben lieff, ba§ bie öfter*
reichliche Slfabemie ber 32iffenfd;aften ber Verausgabe ber öfterreicf)ijd;en 2öei8*
tbümer ihre ungctfjeifte Äraft wibnten werbe.
Sür ^ublicirung ber öfterreid;ifcheH SSeiotbümer ift bisher nur wenig gefaben.
SSon ben nieberöfterreicbifchen SßeiStbümern l;at Äaltenbäcf eine Verausgabe reran*
ftaltet, bie jebocb, fo oerbienftlicb fie al8 GrftlingSwerf auch ift, burcbauS nicht mehr
auf ber Vöbe wiffenfcbaftlicber Gbitionen fleht. Äarajan, SÖieilfer, Gbtumejrfh, 3ab tt
haben für Äenntnifc ber SBantaibinge höcbft fdäübare ^Beiträge geliefert. 2ldein bie
Vauptaufgabe, für weld;e bie Äräfte eines Ginseinen nicht aitSreicben, blieb ungelöst;
eine oollftänbige unb gefid;tete Gbition ber öfterreidbifcben SßeiStbünter ift bisbet
nod; nidbt in8 SBerf gefejjt worben, ©iefern fühlbaren SRangef abjubclfen, ^at bie
biftorifdie Glaffe ber f. 5lfabemie ber Sßiffenfcbnftcn in ihrer Situtng oorn 7. Sännet
bie Verausgabe ba - öfterreichiicbeu SßeiStbümev befd;toffen unb ju biefem 3®ecfe
eine Gommiffion jufanunengefejjt, beftebenb au8 ben V cr ren Äarajan, 9Ji|ider,
SDtifloficb, Pfeiffer unb Siegel.
©oll ba8 meloerfprecbenbe Uitternebmen fid; eines rafeben unb gebeibli<ben
Fortganges erfreuen, fo müffeit rer adern bie ©emeinben, ber Übel unb bie Älöfter
SDcfterreid;8 baefelbe babureb förbent, bafj fie bie in ihren 2lrd;i»en befinblidjcn
2 Beistbümer ber eingeiehten Gontmiffion ^um Slbbrucfe leibweife überienben 33ereit8
finb einzelne ©enieinben hierin mit gutem SBeifpiefe oorangegangeit. ©a8 adent*
galten erwadienbe Sntereffe für bie ©efd;id;te bat (Gelegenheit, fiel; in biefer 9iid;=
tung Werftbäiig ju bewähren, fsür ben Ginjeliteu fann bie 2ßaf;l unmöglich fd;wer
fallen, wenn e8 fid; barunt baubeit, ob beui -Heimatorte in ber Gitltur*, ©prad;*
unb 9Red)tsge|dHd;te ber gebübreitbe 'fHal; erworben werben, ober ob beffen 35er*
gan genbeit in einem mel;r ober niinber mftaubten Üvdnoe begraben bleiben fode.
1 53ergL bie Slufforberung ber (Souimijficu in Dir. 7 ber „3Ö 3tg." »om 10. Sännet 1864.
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fötklungen^tubietu
4. Utflker »oit 3Ujei.
^olbmann fiat guerft bie Nieinmtg außgefpredien, bafj ber Nibelungenbichter
in bem ©pielmamte SBclfer ficfi felfcft fiabe idiilbcrn wollen. Pfeiffer tlieilt biefe
•SNeinung unb fiat für biefelbe auß ber bamaligcit Sage ber weltlichen iPoefie unb
beS ©äugerftaitbeß in S'eutidilanb triftige ©rünbe bengeleitet. 25er Nlinneiänget
unb ©pifer oon Nürnberg ift, fo rief wir wiffen, ber erfte Oiitter, ber neben bem
©chioertc audf> beit giebelbogcn ju idnmngeu rerftebt. SüSie mit ber 5 )iobbcit feine»
©tanbeß, fiat er audi mit beffen ©crurtbeilen gebrochen, ittbern er bie gicbel auß
bet offenen ipanb bes unfteten ©ettlerß nahm, um feinem ©tanbe burd) eine poe*
tifc^e ^pefbentbat baß fruchtbare gelb ber Bufunft 311 erobern. Bugleicf) ein ©änget
unb ein Jpclb, mellte er überbieß an bem ibealeit ©piefmann ber Nibelungen bie
Serecbtigung feiner eigenen bioba unerhörten 2 )oppefftellung erlreifcit. Siefe 9fuf=
faffung gewinnt an SBabrfcbeinlidifeit, je nabet wir bie ©eftalt ©olferß, wie fie
ber 2)id)ter gef Raffen bat, ins Singe faffen, unb eß lohnt barum wohl ber Ntüfie,
auf ©runb jener Sluregungen bie Slualogie jwifdjen bem bidjtenben unb erbiditeten
Nibelungenfänger tnß einzelne 3 U rerfolgeit.
2)afj SSelfer fiebelit Tarnt, unterfcfieibet ihn io febr ron affen anberen gelben,
baf) er baroit, wie fein anberer einen eigenen ©ciuanten: ber „videlsere“ ober ber
»spileman“ erhalt, unb feitbem er ihn als folchen aufgefö^rt, rerfäumt ber 2 )ichter
faft nie, bieß ©pitheton gebiibreub 31 t betonen ober 23olfer fdileditliin bamit 3 U be=
jeidjnen. ©0 jeltfam mufde biefe ©crfitüpfung ron ,Vylb unb ©anger, bie ja halb
aflgemein würbe, bamalß noch erfebeinen, baf? es ber 25id)ter für nöthig finbet,
bieß ©erfiültmf, außbriiiflid) ju erflären, um bamit gewiffermafjen jebem möglichen
Niifcoerftänbniife uorgubeugen. 2 'arunt führt er ©olfer unb gcrabe nur ©elfer bem
£oter ober Sefer eigens rer, ehe er ihn in ber ^Weiten Hälfte beß Siebeß in ben
©ang ber ©reigitiffe Wefentlich eingreifen lagt (jp. 1510):
Wer der Volker wäre | daz wil i’ueh wizzen l&n:
er was ein edel lierre | im was ouch undert&n
vil der gnoten recken | in Burgonden laut:
durch daz er viüelen künde | was er der spileman genant“ 1 .
33clfer erfd^eint jlrar auef) im elften 2 l)cile be§ Siebeö öfter, c^ne jebedj be*
JonberS in ben SSorbercjnmb 311 treten. Cfrft mit ber gafyrt ju ben Quinten, oon xoo
ab ba3 ( 5 po§ über^ait^t eine reifere Ära ft, ein ^o^ereö SBemu^tfein befunbet, taucht
1 Söeitn bie Verleitung ber „.fttagc" auö bem eigentlichen Urterte beö Ctebcö siemlicfy feft*
fo ift eä nid)t nur geftattet, feuberu auch angejeigt, analoge Stuöfprücfye berfefben ^eranju*
jietyen. 2)ie Sougvucnj ober 5lbioeid)itng ber beiberfeitigeu 0teHeu fonueit auf bie (Sdjttjcit beä
überlieferten £e;rteö fchlic^cn taffen; jebenfatlö betagten biefefben baö SSerbaltnifj ber $lage jurn
Siebe, baö bisher faft nur auf ®ruub bc$ Sachmann’jchen $erte$ unterfuc^t lourbe. ^ieju alfo
9?. 1457: „er was ein edel yrlman“, 1493: „Durch daz er videlen künde, | die
liute in zaller stunde | hiezen einen spileman“.
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SBoffer in feiner ganzen ©reffe auf uitb wirb »cm S)icf)ter fo fel)r hegünftigt, baf)
er junäcftft neben feigen, beit .£aup%lbcn bev Sichtung, gu flehen fentmt. Gr ift
fortan .£>agen§ befter Srcuitb mtb treuefter ©affettgefäftrte. Uitb ob aud) beffen
eigener üBrubcr Sgitfioart an £agett irre wirb, Wenn er mit grimmem 9)iutlfe ben
armen ^rieftet - ertränfen will uitb bann baS Schiff jerfdjlägt, bas> fie alle über bie
Sonau gebracht; Golfer ficht tiefer, beim er ift ein gar ttuger SJiann unb ber
Sinter unterläßt nicht, ihn als feldfett nochmals aufjuführeit mit ben bejetdjnenben
©orten (1620):
„Sie faorten mit in einen | von Burgonden lant,
der was ein heit zen handen, | Volker was er genant,
der redete spceheliclie | allen einen muot:
swaz ie hegunde Hagenc, | das dftht den videlaere guot“
SieS S3erl;äitniü jwifchon bent gelben unb betn Sänger (;alte id) für eine
überaus glüefliebe Grftnbttng beS ©ichtcrä; eS ift, atS hätte er bantit angebeutet,
»ie nur er felbft unb fein ^Doppelgänger in ber Siclttung bie gattje gotgeric^tigä
feit, Siothwenbigfeit unb innere ©ahrhoit ber 3 hat eit feitteS gelben begreife.
Sieben biefer eigentt)ünilichen 9lrt ber Ginfüfyruttg oerbient ber Ort mtb bie
Seit, tro e§ geichict)t, befottbere 2?eact;tung. Söelfer ton Stljeie ift »on ©eburt alter*
bhtgS ein ©urguttber unb als toller ant Scheine gu $aufc, aber feine entfcfieibenbe
S^ätigfeit beginnt erft, alo bie Siibelungen über bie Sottau gefegt finb, um burefy
SSaierlanb nad) Dften ju gieren. ,pier erft ift SBclferS ©eift ba(;eim, t)ier weif) er,
tote fein Slnberer SMdjcib ,u geben, eptte bah wir bie Itrfache biefer feiner Socat*
femttttiB erfahren. 9118 ©untrer (1626) fragt:
„wer sol uns durch daz lant
die rehten wege wisen, | daz wir niht Yervam?“
dö sprach der küene Volker: | „daz sol ich eine wol bewarn“.
Unb alä hierauf nochmals oott ben besorgten gelben bie gra.ge aufgeworfen
Wirb (1634):
„Wer sol nu daz gesinde | wisen über lanU
si sprachen: daz tuo Volker, | dem sint hie wol bekant
stige unde sträze, | der küene spileraan.“ 1
Söofyer t)at 93oIfer biefe 2ocalfenntnij$ in Söaicnt unb in bei* Dftmarf, roo er
nun mit ber rotben ^aljne feine ©enoffen fufjn unb ficber fufjrt (1635, 1662),
unb fcfyeint e§ nid)t, als ^atte Äüntberg hier ju mel an fiel) fefbft gebaut unb ba*
forrefy bie 33erglei(^ung§fun!te etma§ ner]cf)cben.
S)em £auptf)elben £agen tritt 33elfer een nun an fo f)art au bie Sette, bafj
er ber 33ebeuhntg beeteiben faft im 8tcf>te fteftt unb eublicb een biefem felbft aÖ
Seinesgleichen auerfamtt nrirb. 9Jcit aller fParteilicfyfeit be§ 2)icbter3 felbft geleitet
ber fluge ©pielmamt feinen neuen greunb in jeber Sage unb fein 33ortm£ über*
bietet ned) bie Äampfluft $agen$.
1 SBergl. Älage 2728 ff. „wer sol in Burgonden lant
dizze msere bote wesen“ . . .
2734: . . „daz sl Swämmelin ...
dem sint die wege wol bekant.“
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3®ie 33oIfer tu allem ba§ Jbeal eines ritterlichen SängerS ift, ber feine Äunft
3 U (Sfuen bringt. fo ift er and) ber Tratten Sict'liitej tmb ibr befonbereö Singen*
merf in Steigung unb ©roll, gerabe fe mie Äüntberg felbft in feinen Siebdjen-
Seim Gmpfange 3 U ^ecblant füfit Diübigere £od)ter bie brei Äcnicje, bann mit
Sßibermiflcn beit grimmen .pagen, hierauf ben jungen Sanfmart unb eitblid) ben
Sptelntatm:
„durch sines libes eilen | wart im daz grüezen getan“
fugt ber Siebter bei, beim bie beiben anberen fDiaititeit rerbanftcu foid)ett ©ruf) ja
ihrer SBermanbtfchaft mit beit Ä eiligen. Sluf berfelben Stufe ber ©unft [tobt nur
ber Sänger burd) feinen innent 2 ' 3 ertb unb feine äußeren 3$crgüge. 3 . 3 ie auf bee
SÖeibeS ©uitft l;at er and; auf beS SBeibeö .paf? beit nädiften Qlnfprud) unb ift
Äriemlitlben rer allen ein ©ent im Singe (1535, 1809). Seine SSorliebe für
Brauen, feine Sichtung rer ber SSeiblichfcit tritt bei aller Spottfudjt beuttid) 3 U
Sage; gumeift in ber lieblichen Gpifcbe, beten Sd;auplaj> fPechlam ift. Sluß ber
Slnmefen^eit meler fdienen Brauen bafelbft, leeif; ber Siebter feine anbere Brlgerung
3 U 3 ie^en, als baj) (1709, 4):
„der edel videlsere | dem wirte holden willen truoc.“
SDiit fpafibafteit Sprüd;en rerfteht ber „tiure spileman“ (1712) bie Schönen
3 U ergeben, unb fe momtig ift il)m ber Slnblicf ber jungen DJiarfgräfitt, baft er fie
3 um 3Beibe haben möchte, leeitn er ein Bürft, ein Äenig märe. Gr giebt Oaburd)
Seranlaffuitg gur Verlobung ©ijelhevö. Unb als er nad) geschloffenem Schub* unb
Jruhbünbnif mit pagen »er beut Saale fijjt, rergift er aud; ber feinbfeligen Äo=
nigin gegenüber nid't, mae bem eblen Sßeibe gebührt, unb fuebt eergeblicf) .pagen
3 U beteegen, burd) Slufftebeu eem Site ij)r bie Gl)rc 31 t geben, benn (1821):
„da mit ist ouch getiuret | an zühten unser beider lip.“
Sein Slufbruch eoft $>edjfant geigt, ment feine Sieber gelten (1744):
„Volker mit siner videlen | gezogenlichen dan
kom für Gütelinde | die markgrävinne stän,
er videlte süeze deene | unt sang ir siniu liet:
dä mite nam er urloup, | dö er von Beckeiären seiet.“ 1
Sein fröl)lid)er Sdjerg int Braueitfreife aber mirb im SJiämierfampfe gu Spott
unb milbem pobtte; feilt füfjeä Sieb mirb gunt fd;recflid;ett „leyche“ (2055):
„sin leyche lütent übele | sin züge die sint röt
jä vellent sine doene | vil manigen heit tot;“
unb 2062, 3:
„die sinen leyche hellent | durch heim unt Schilde rant.“
Sod) in furchtbarer Sd)ünbeit ift and) fein Kämpfen ©efattg, ber Sd)lag
feine§ SdjmerteS töbttiaie 5)iufif; fo ruft ©unter in berbem Scherge (2059):
„hoert ir die doene Hagene | die dort Volker
mit den Hiunen videlet | swer gegen der tür gftt?
ez ist ein röter anstrich, | den er zem videlbogen hät.“
unb pageit antmortet (2061):
1 Ätage 1496: „er was gar ein hobesch man, unt diente gerne frouwen.“
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„sin videlbogc im ßnidet, | durch den herten stAl,
er brichet tif den helmen | die lichten schincnden m&l.“
2062:
„Man gesach nie videkere | so bcrlichen stän“ u. f. tv.
SÖiit felgen Störten empfiehlt ber fi*e(b Vellern ber feuiglidgen ©uitft ®un=
terb unb man ift neriucht, ben festen Verb gang U'örtLid) gu nehmen.
Ste gewiffe 3tcntc, mit weldger bcv Sichter anbererfcitb bm fämpfenben
Sänger alb bab Slbbilb feiner felbft in ftete Vegiebung gu feiner Äunft bringt,
erttfpricfjt gang jenen iatirifdien 9 lnfpielungen auf bie 9 faubfudit feiner baieriicben
Sanbbleute. @8 ift, alb mollte er mit biefer bäufigcit 5lnfpieluitg feinen Sporern unb
Sejern immer wieber beweisen, baß ein unb biefelbe opaitb gleid; gut 311 m Schwerte
wie gut Siebet tauge, alb läge in jebem biefer SSerte eine ftelgc Söiberlegung ber
jeitgeneffifcben SBcrurtheile uitb ber ©eriugichä(umg, welcher ber Sänger unb feine
Ämrft mag begegnet fein, ©in berber Runter fenngeidutet überbauet fewobl bab
Gpeb, wie aud) bie 93'tinnelieber jtümbergb.
9tIb bann bie Vergeltung an Voller f'eraunabt, erfahren wir trop, ber Ve*
beutfamfeit beb gelben wenig über feinen ©ob. Serfelbc wirb nad) bem wud;tigen
Silage £ilbebranbb bloß mit ben SSorten angebeutet (2340):
„da von der videltere | dö ein ende gewan;“
wä^renb bab Sterben manebeb untergeordneten Streiterb eiiteb Weiteren gefdjilbert
wirb. 6 b feßeint, alb eilte ber Sichter abfiddlicb über biefeit 9>unft hinweg, unb wie
ei feinen Liebling plößlicb in ben Vorbergrunb geftellt bat, läßt er ihn raicb oer=
fc^winbeit, alb er ihn 311 m tragifd;eit Ülubgange nicht mehr braudien fann. Sech ift
beb Sängerb ©ob ber größte Sdjmerg feineb tpelbcn Sagen (2348, 2364).
3 m ©angen mad;t Voller ben Ginbrucf eirteb fugeutlidien 93tamteb. Dtwoßl
er im Siebe nirgettbb alb bab be^eidgnet ift, läßt fein Gßaralter fced) feinen Sweifel
barüber. Gr fiat and) nid)t, wie opa.gen, eine rubmrelle Vergangenheit hinter ficb;
im Gegenteile, lernt jener erft in ihrem ©ebebfampfc bie außerorbentlid;e ©apfet»
feit beb Sängerb fettnen, fo baß er bereut, bisher einen Verging rer Volfer ge*
noffen gu haben. 9 lud) bie Älage hat Volfer fo aufgefaßt unb fagt reit ihm, otel=
leicßt nad) einer oerlorenen Stelle beb Urterteb (1453): „wander was noch ein
juneman“ ».
Sie fPerjcnltcbfeit Volferb fteht übrigenb im Siebe gang rereingett ba. Gr ift
Weber mit ben Königen, noch mit einem artbern Selben burdi eerwanbtfcbaftliihe
Vegießungen ober namhafte Slntecebengien rerbunben. Vei ber Vebeutung, welche
ihm gleichwohl beigemeffeit ift, diarafterifirt biefe Sfolirtßcit feine Grfcheinung alb
ein ber Sage frembartigeb, alb eine freie öictien beb Sid;terb. Saß bie Sage eine
folche Vereingelung eineb bebeuteitben S°lben Hießt liebt uitb nicht bulbet, beweibt
biefelbe baburd), baß fie unfern Volfer, ben fie alb ©efellen Sageub aub bem Siebe
überfommen hat, albbalb in bie Sippfcßaft ber Vurguitberföntge aufnimmt. So wirb
1 Stage 1464: „nu hat leider hie rerlorn
sin leben al ze fruo der degen.“
1
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Helfer im Hofengarten ju ÄriembilbenS ©d)Wefterfehn unb in ber norbifd;ett lieber*
liefcnmcj mit pageit ihr Hrubcr >. ©dien in ber Älage mirb feine Hcbeutung burd)
Herfnürfung mit Pagen unb bureb Grbehung feiner Hiad)t unb feines ©tanbeS
metirirt, inbem eS beifit (1460): „er hete ze Rtne daz laut mit Günther be-
sezzen“ unb bemgemäfj »irb er nebft pagen unb Sanfmart nabe bei ben Königen
begraben (2495). 3 m Hibclungenfiebe ift Helfer, mie alle aitbereit, einfad) ein
Hafall ber Hurgunberfeitige (7, 8 ) unb rerbanft bie allgemeine Sbeitna^me äugen*
fcbeinlicb feiner Äuttft. pagcitS berühmte fsreunbfcbaft muff er fid) erft im SobeS*
ftreite erf'ämpfen.
Hlicfcit mir gurücf, fo führt ber Sid;tcr feinen Helfer als ©pielmann erft
bert mit Gntpbafe iit bie panbluitg ein, me biefelbe auf beut fieinufcfien Hoben
beS HaierlanbeS angelangt ift, unb een me er feinem fehebferifebeu (Seifte fo recht
freien Sauf läfit, ähnlich bem Hiefeit, bem mit ber Herübrung ber mütterlichen
Gebe bie Äräfte machfen. Hon ba an ocrliert er bie fünftlcriicbe Hegabitng feines
©(.'ielmauneS nie au§ beut Dinge, fo baf; er lieber feinen Hamen megläjjt, als fein
cbarafteriftifcbeS Gpitbeten. Ge ift bereits ermähnt, bah Helfer auch in ber erften
pälfte beS SiebeS mehrmals genannt mirb, bod) in bett ©treiben 8 , 163, 173,
202, 212, 1212, 1311, 1320, me bieS ber «all ift, fud;en mir in allen panb*
fünften eergebenS nach bem Heinamen beS gieblerS, beS ©pielmamtS ober nach
einer fonftigen Grmälmung biefer feiner Gigenfcbaft. Hlcft einmal, ©t. 197, beifd
e§: „Volker der küene den vanen zucte dan, der starke videlmre“ . ., eine
DluSnahnte, welcher man im piubücfc auf bie eben angeführte auSbrücfliche Gbaraf*
terifirung, bie erft meit unten erfolgt, alle Urfprünglichfeit abfprecbeit fann unb bie
mehl auf Hccfmung eines fpäteren UeberarbeiterS 31 t feiern ift. 9ln ben anberen
©teilen, me bed; Gelegenheit bagu gebeten märe, mirb Helfet feine attbere He*
jeicf'tuntg 31 t Sbeil, alS: „der küene mann, der vil zierliche degen“.
3Bir muffen, mie, mann unb me er 311 m ©pielmann mirb. Qluf biefett Geban*
ten fcheint ber Siditer erft verfallen 311 fein, alS er ben i'lan 3 um 3 meiten 21;°^
feines GpeS entwarf. Grft beim 24. Dlbenteuer, me bie ©pielleute Gjele, SSärbel
unb ©mäntmel, als Hcten an ben Schein feinmen, um bie Hurgunben 3 U ÄriembilbS
Sefte gu laben, ba erft, als fid; bie pelbeit gum Buge anfebiefen, nimmt ber Siebter
Heranlaffuitg, im Gegentu^e 31 t G' 3 elS feigen ©pielleuten, bie um Golb bienen *,
einen ritterlichen ©änger auf bie Seite bcr Hurgunben 3 U ftellen. Hon ber 3Bahl
ihrer Hamen bis auf bie Herftnmmelung 5'iärbelS werben bie ©piellcute GgelS vom
Sichter gientlicb eeräddlicb behaubeit, ruie er etma auf feine fahrenben 3unftgettoffen
berabfeheit mochte. 3um Sräger feines SbealS macht er nun einen ber erften pelben,
ben Hannerträger Holfer von Dllgci. Sad;te er babei an feine eigene fPerföulidjfeit,
fc mar er anbcrerfcitS an bie früheren Gefänge gebunben. Holfer bleibt baherein Hnrgun*
bcr, nur fein Geift ift im cftlichen Haiern baheint. UebrigenS mirb im ganjen
1 ST'tfK ©rimni, .$elbcitfage 254; S3artfd>, (Germania IV. 75, „Volker von Altesheim,
genant, vrowen Krimhilden swester son u . Söilfy. ®rimm ö. a. D. 305, 807.
3 SSergt. 1532, 1512; „wände ir vorht zir herren | diu was harte grdzV
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Siebe fein in ©trophe 8 gegebener Seiitante ton 3 Ü 5 et)e nirgenbb wieberbolt, im
©egenfaße ju £agen, ber häufig „von Tronoge“, ber „Tronegmre“ h f ißt.
Sie nachträgliche Ginfübvung Seiferb alb ©pielutann beutet zugleich an, baß
ber ^Dichter beim Gntwurfe unb ber Stbfaffung beb jmeiten 2beileb bie früheren
©efänge nicht mehr in feiner Stacht hatte, biefc mochten, uüe mir bieb auch ton
f^äteren altbeutichen Gpen miffeit, burd> ©piellcute unb Slbfchveiber bereite rerbreitet
gern eien fein.
Glicht ohne ©rmtb !aitn ber 9bibcluitgcitbid)ter bie ©eftalt beb ritterlichen
©ängerb aub bem t>eimatlidjen Sobeu gezaubert haben, nicht abfidjtblcö tonnte er
Seifer, nachbent er ihn jum ©pielniann gemacht, folch' eine bevoerragenbe ©tef=
ümg eingeräumt haben, bie Weber burch bie alte Sage, noch auch burct; ben Gin=
gang unb Stuegang, überhaupt burch ben ganzen 'Plan ber Sidgiuitg gerechtfertigt
ift. 3n Grmanglung einer inneren Seraitlaffuug baju Tonnen mir ben ©ruitb nur
in einem äußeren Umftanbe tuchen, unb räumen mir einmal eine äußerliche Seran*
laffung ein, fo liegt nach bem Gejagten nid;tb näher, alb bie Sinnahme bpclßmamtb,
baß ber Sichter in Seifer bab 'Jbeal feiner felbft, beb elften ritterlichen ©ängerb
gefchilbert, unb fo bab Sorbilb eiueb echten SDiimtefängerb für bie 3 ufunft feftge*
ftedt habe.
Grmä£)nung oerbient hi<w noch bie merfmürbige Srhatiadm, baß idion im
13. Sahthwnberte bie .sperren oon Sllgei in Diheim.vSeffen eine ©eige auf roien-
bebeeftem ©runbe im Stoppen führen unb in ber Umgegenb ißreb ©tammfißeb
ipettweife bie Siebter genannt werben '. -Tiefe Söejiehung ju Söller tonnte fi<h
alletbingb jftnaitb fo ertlären, baß ber Sibeliutgeitbidrier bab ©efchlecßt unb fein
SBappen fannte, baß ©lieber biefer Samilie, wenn nicht in ben Uugarfriegen, fo
hoch ju Slnfang ber Ämr^üge mit ihren überrlteinifdicn Sanbbleuten bie Sonau=
ftraße ßmabgejogen feien. Saß aber eine felche Grflärung ungereimt märe, läßt
fich leicht barthun. Sererft führt Solter im Siebe fo wenig wie alle auberen opet=
ben ein SSappeit, ba ja bie beredt ijdie Sebeutung bebfelben jünger ift, alb bab Sieb
unb fich erft im Serlaufe ber Äreu^üge aubgebilbet hat. Saß ber ipelb aber ein
wirtlicheb Snftrument mit fich fuhrt unb eb fo fcfjön 3 U fpielcn oerfteht, bab ift
für jene Seit auch noef) abfonberlich genug, um ihm bie Seinamcu beb Steblerb unb
©pielmannb gu oerleihen unb eine ftehenbe Setonung biefer ©igenttuünlid;feit $u
begrünben. Slic- biefelbe aber halb bei feinen ©tanbebgenoffen häufig, ja gewöhnlich
warb, oerftanb mau beren befonbere .'peroorhebung im SRibelungenliebe nidjt mehr
recht. Um jebecb Solfer feine d;arafteriftifd)e Siebei 31 t erhalten, mürbe fie ibreb
füßen ©etöneb beraubt, bafür aber, bt^eichnenb genug, eergolbet unb fo alb Stoppen
auf feinen ©cßilb gefeßt. ©0 glän 3 t fie oerftummt im fpäteren 9ief engarten unb in
ben norbifeßen Sichtungen, bie unferer Siibelungenfabet entfprungen finb *. Siefer
* 2B. ©rimm .ftelbenfavje 323. Qli^eiger für Äuube beutfetycr Sßcr 3 cit. 1859. 8. 321.
* 2Ö. ®rlmm a. a. D. 254: „Fölker von Altzen genandt eyn fideler, wann er fürt
ein fydelen in synem Schilde“. Dicfengarten D. unb 8. 410. SDafyer ttoM auep bic Dbofcn im
Stoppen bn Snupfeffen non $U$ei.
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©attg ber ©icbtung bürfte fyier bie jüngere gef4>td)tlid;e Ubatfacbe alg baS ©ccunbäre
erfreuten (affen intb bte Slnnabnte rechtfertigen, bah bte Herren non 9 Kget iljr
(Barett bem berühmten 'Sagenbelben, beit fie getuife für ihren 2 tl)n hielten, ent*
lehnt babett. 5Ji. 3;h au fi«3-
^olnifdje föeuolntioneiL
Erinnerungen aug ©alijien.
($>rag 1863, j?. 31. Qrebner.)
3. Hie HmttflUttnj ©alijiens nadj bem 3aljre 1846.
(©chiuh.)
Siacbbem im Sabre 1846 ber Slufftaitb befämpft mar, brängte fich ber Sie*
gicruttg notbmenbig bte ftrage auf, mag nun ju tbun fei, um im Sanbe wieber
nettenbb bte 3iube her.sufteflcn, bie aufgeregten ©emüther ju befänftigen unb ben
ceriehten ©eichen Slnfeben jtt oerfebaffen. darüber mar fein 3 meife(, bah burd> bie
fOietme, melrfje ben einen fibeil ber (Beoülferuug jum Stuebruche unb ben anbern
Sbeü berfelben jur Unterbrücfung ber Sieoolution beftimmten, bie SBattbe ber £>rb=
nuttg gelegt, bafj eorjüglicb bag bisher beftanbene gefe^Iidie SBerbältnih jmifeben
©utgberrett unb (Bauern »ollftänbig oenticbtet, ber Untertbangoerbanb gelegt unb
bie bavattf bafirten (Beipflichtungen aufjer Ära ft gefegt waren. 3 wifcbeu Stbel unb
(Bauer berrfebte ein unoetfehnlicber ©egenfaj}; ber erfterc betrachtete bisher feinen
Untertban rneift nur als widettlofeg SBerfjcug unb ftüfte 3 um grefen Sfbeite feine
Einnabnigguellen auf bie aug biefer Untertbdnigfeit entfpringenben per] önti eben 2 ei=
ftungen; ber (Bauer mellte bagegen non adern ©rüde beg ©runbhernt befreit fein,
feine Siebet mehr Iciften unb ging non ber 2(ttfid;t aug, bah j ene ©runbberren
alles Siecht barauf nerforen batten, bie an bem (Kufftanbe beseitigt unb bem Äaifer
untreu gemorben maren. ©aju fant noch, bah auch bie renctutionäre (Regierung in
ber Ülbficbt, bie (Bauern an ficb ,$u jieben, getreu ihrem fociafen Programme, bie
Befreiung ber (Bauern non alten haften feierlid; verbrieft unb an allen Drten bie
unbebingte Aufhebung ber Siebet nerfünbigt hatte, ©ie (Bauern — bieg (äfft fich
nidrt neridjmeigen — maren fich bemüht ber groben ©ienfte, welche fie bem Äaifer
unb ber Siegierung geleiftet batten, aber aubererfeits läht ficb and; uhht nerfennen,
bah i*f burib ihre treue, lotjalc -(?(nhängtid;feit in getniffer (Bejiebung ein Siecht auf
eine entfchicbeuc (Beffenmg ihrer b'age erworben batten, unb bau eg auch bie Älug=
beit ber Siegierung gebot, ben SBauernftanb nicht neuerbingS ber (Billfür unb (Per*
gemaltigung ber ©niubbeweit preigjugeben. 0 Oiit bemnnberngmerther ©aftif batte
ohnehin bie revolutionäre (Partei gleich uac h Sliebermerfung beg Slufftanbeg ihr
Ülugenmerf balnn gerichtet, bie galigifdjen (Bauern in Eonflicte mit bet faifetlicben
Siegierung 3 U bringen. Slian muhte recht wohl, bah bie confemtioe Stiftung ber
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Ul
leitenben Staatsmänner tn 2 Bien baf)tn gerietet fei, ben Siebten be$ 2 lbelö nicht
atljuftarl nabejutreten, unb bafj biefet, wenn er fid) ton bem ©orwurfe einer alt»
gemeinen ©etbeiligung an bem Slufftanbe gereinigt haben werbe, ©influf) auf bie
(Sntfd)tie§ungen ber ^Regierung neuerbingS gewinnen werbe. 2 )urcb SSinfeljcbreiber,
©miffäre unb anbere Subjeete ber anrücbigften 2 trt würbe nun ben 23 einem eiu=
geprägt, ba§ fie bie fRegicrung gerettet hätten, biefe aber im becl'Hen ©rate un*
banfbar fei, inbem fie ben ©auem alle haften taffe, nid;!« für fie time uitb bieS,
weil bie Stegierang ben 2tbet ben armen niebrigen 23 anern rorjiebe. Sagegen
Ratten bie Herren ben 23 auent alleö fcbenfeit wetten, alle Untertbanelafren, ta^u
noch Sabal unb Salj. Unb wirtlich war in ber !Dfterwod;e beö Jabreö 1 ib 46 bie
Aufregung in allen Greifen ©afijieuö in ftolge tiefer ©erbebte io ftarf, bafs bie
Regierung eine neue ©ewegung fürchtete unb baber umfaffenbe militäriiehe 5>)tap*
regeln traf. *
So fefyr bie ©erbättniffe ju einem entfeheibenben Stritte brängten, jegerte
man in 2 öten aus gewiffer Scheu tor Steuerungen, ©eiene ins lieben treten ju
taffen, welche bie entflammten ©emüttjer $u besänftigen geeignet gewefen wären,
©rft ber Diücftritt beö ©rjtjergcgS gerbinanb, welcher aus bem ©rnnbe erfolgte,
weil er feine Stellung angefiebtö beö 3bgem8 beö Staateratbeö für unhaltbar an*
fab, gab ©eranlaffmtg, ben 23 eg ber fo notf)Weubigen .‘Reformen ,511 betreten.. Hin
bemfelben Sage, an welchem ber Äaifer bie Dleiignation bes Gi^beijcgö annabm,
erfolgte bie Ernennung beö ©rafeu Diubolf Stab ion 311m aufierorbentticben laiier*
lieben ©ommiffär in ©alijien mit ausgebebnten ©ellmad'teit. ©raf Diubolf Stabion
war wie gefdiaffen für bie Stufgabe, weldic fid; barbot, ba er mit ungewöhnlichem
(egi8lateriid;en Salente, mit ned; ticbovev ©nergie unb größerem yolitifcben DJiutl;e
als fein ©ruber gran^ begabt unb fo wie tiefer and; 23 ertroter unb 9 lnhänger jener
. liberalen Dtichtung war, bie unter einigen ber jüngeren Staatsmänner jener ©poche
fid) bcmerlbar gemacht batte. Äurj nach feinem ©intreffen trat eine befoubere
CQofcommiffion inö lieben, welche fid; ausfd)liejslid) mit ben ©anemrerbältniffen 511
befebäftigen batte uttb in beren SJiitte auch fPb^'W Freiherr 0. Ä ra u ff tagte, ©raf
Diubolf Stabion unb gteiberr ». Ärauf; waren lebhaft ton ber Ueberjeuguitg turd)-
btungen, ba§ bie Diegiemng nur bann eine ftarfe unb fefte Partei im Haube ge*
wittnen werbe, wenn bie billigen unb gerechten ©ebürfniffe beö ©auernftanbeö be*
' friebigt werben würben. Ärauf)’ ©orfchläge über bie Diobotfrage erhielten bie 3 u=
fiimmung bet fpofeommiffion unb waren auf ©runbfähe geftüpt, welche weitgebenbe
liberale Dlefotmen ber Untertbanörerbältniffe in Hluöficbt ftellten, ohne an bem Öltet
ein Unrecht ju begeben. ÜDie Diobot foUte burch eine Diente abgelööt werben, welche
bur<b 3 ufdjläge auf bie birecten Steuern tbeils tom ganzen Haube, ttgeilo ton ben
©auem getragen werben follte. ©orläuftg fotlte ben ©auern baö Dluhungöeigentbum
eingeräumt werben unb nach ber 2lu8mittlung ber Slblöfung bie ©ritube in baö
tolle Qrigentbum ber ©auem übergeben. 2)icfe ©orfchläge fanben jeboch bei ben
Staatsmännern in SBien geringen ©eifall unb ©raf Stabion fab fich genötl;igt,
mit aller ©nergie an bet Annahme berfelben feftgubalten unb als ©ebinguttg feines
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SerBleiBenS auf betn fdhwterigen Sofien bie ©enehmtgung noch anberet umfaffen»
ber ^Reformen gu [teilen. 91 (S man jebod) tu 28ien fi<h nicf)t entfalteten fonnte, auf
biefe Vorfchläge eingugehen, unb ©raf Stubolf Stabton feine Sugeftänbniffe wett»
gcfcenber 9lrt für baS Sanboolf erlangen fonnte, oergichtete er auf feinen Soften
unb eS folgte ihm fein Sruber ©raf grang Stabion als ©ouoenteur oon
©aligien.
fDiefer befannte fidi ju benfelben 9ln)d)auungen wie fein Sruber, nur bat et
nicht mit fo groter Säbigfeit an ber fchleunigeu (Durchführung ber Beantragten 9te*
formen fefthielt unb bafter auch nicht bie Staatsmänner in SSien fortwährenb ju
neuen Genceffienen brängte. Seine Sorgfalt Blieb aber gleichfalls bcm Säuern»
ftaitbe faft anefdtliefelicf) gugewanbt. 91(6 er an bie Sfijje ber Verwaltung trat, Be»
fcf)äftigte ihn rer er ft bie (Bewältigung ber groten JpungerSneth, non ber baS
Sattb im Bahre 1847 heiingeuuiot worben War. (Sr Bereiste bie am liärteften Be»
troffenen wefttichen Greife, traf umfaffcnbe 9lnftalten gegen bie bort t err f^ en ^ e
furchtbare SRotl) uttb feinett Sentit jungen gelang eS and), tperr biefer Kalamität
gu werben. 9116 ferner bie SJiärgtage in SemBerg eine unBeftbreiBtiche Bewegung
herrorriefen, wutte ©raf Stabion bnrch flugeS unb rermittelnbeS ©inf (breiten
biefe innerhalb Beftimntter ©rengen gu halten, unb als bie polnifdie Partei attfing
ihre alten 9lttforberungen gu erheben gelang eS ifjm au dt eine imf onirenbe Haltung
eingunebmen unb jebem feinblicheit 9fuftreten berart entgegengutreten, bat lange
Seit fjinburch alle 3>emonftrutionen, in ben Stabten wie auf bem flachen Sanbe,
WirfuttgSloS blieben. Seine ungemeine ©nergie unb Übatfraft geigte ©raf Stabion
fpäter bei ben Strahlen für ben 3ieid)Stag. ©r trug Sorge, bat ft<b eine öfter»
reichifd'e Partei im Sattbe Bilbete, bie, auS ben fjoluiidtett Säuern unb ben diu»
treuen gufammengefefct. ben national ©efinnten feft unb entfd)ieben gegenüBertrat
unb tnSBefonbere War fein 9lugenmerf barauf gerichtet, bat eS ben fRuthetten unge»
hinbert geftattet war, ihre Nationalität fo wie iftre gerechten 9 (nfprüd)e gut ©eltung
gu Bringen. 2)ieS geigte auch fein Sfuftreten im DleidtStage felBft,-wo er als Rührer
ber Jfiuthenen unb f olnifcbcn Säuern einen gewichtigen ©influt auf bie Serathun»
gen ber Verfammlung auSübte nnb gu oerhinbern wutte, baf; bie geleit allein baS
Saitb refrüfentirten.
©feidigeitig mit feinem Gintritte in ben öfterreichifcben Sieidietag hörte ©raf
graitg Stabion auf ©ouoerneur ©aligienS gu fein unb bie ©ioilregierung be6
Santo? gelangte nun in bie .s\inbe beS 9>rä[ibenten bes ©uBentiumS, ©tafen
9(genor © oluchowSf i, ber, ff ater auch gum ©ouoerneur ernannt, Bis gum Bahre
1860 an ber Spifge ber Verwaltung ftanb. ©iefer, auS einem alten folniid)en @e»
fchledtte ftantmenb, war ber Negierung treu ergeben, unb galt feit feinem erften
9luftreten als einer ber tnchtigften Seantteit. Sein eifrigfteS Seftreben ging bahnt
©aligien mit ber öfterreichifchen StaatSibee gu Befteunben, baSfelBe nicht Blot 8 U
oerwalten, fonbern baS Bntereffe SDefterreichS in biefem Saitbe gu Befeftigen unb
feiner fperrfdjuft eine feftcre ©runblage im Seife felBft gu geben. SBenn et hierin
mit bem ©rafen Stabion oollfommen übereinftimmte, fo wich er jeboch non b«t
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ÜJHtteln unb SJBecjert ab, welche et gur (Streifung feinet ^Mdne in Slnwenbung
braute. 2>a§ Seftrebeit beS ©raren ©cluchowSfi war bahnt gerichtet, baS pcfnitcfv
Giement ber ofterreicbijcben Stegierung gu gewinnen. Sieber beftanb bie galigüche
Seamtenfchaft meift aitS Sehnen beuticher Seamten, tarnt auS Söhnten unb
©eutfdfen, welche bie 5iu3ficbt auf ein fd)nef(ereS Sorroärtsfommen aus anberen
fProringen Ejtefrer geg. ©rar ©oluchcwSfi falj eS al3 eine feiner elften Slurgaben
an, einen nationalen Seamtenftanb 31 t fdiaffen unb torgugSweiie ben sjolnifdjen
Slbel in ben Remtern gu begünftigen. ltnb wirftidf) wufjtc er ba 8 bisherige Sor»
urthcil ber gefeit gegen ben eüerreirf;iid'en Staatsbienft 311 biedren. Sinnen furger
3 eit war ba3 ?anb mit ßolniichcii unb nur 311 m geringen ibeife au cf) mit ntthe«
nifd)en Seamten überfüllt. ©emungeachtet behielt aber bie nationale Partei in ben
Stabten unb auf ben Scfjlöffent beS 9(belS einen ge widrigen Gutfluß, ja berielbe
reichte jeßt noch weiter alö früher; er fefjte fich feft in ben Slemtem unb brachte
baburch grofje Uebelftänbe mit fid). 2>aS SertrauenSoerfrältnifj gwiid'en ber 9ie»
gierung unb ben Säuern würbe gerftort, inbem biefe in ben nationalen Seamten
natürliche ©egner ihrer Jntereffen erbiicften. 3tuch bie 9 iutheiten würben burd)
btefeS Stiftern ber Regierung entfrembet. ©raf ©oludiewsfi tonnte als v ])o(e bie
Seftrebungen ber Suthenen nicht mit So hi 10 c Hon anfehen unb wiewohl e 8 ihm
alö pflichtgetreuem Seamten ferne tag mit ©ebäffigfeit gegen bieiethen anfgutreten,
fo fehlte eS hoch nicht an Serbächtigungen ton Seite ber ihm untergebenen Se*
amten. Sie Stutbenen mußten nun ben Sermurf ternehmen, baß fie fPauitamiften
unb Anhänger 9tuß(anb8 feien. §ür Seibe3 tonnte ma*n freilich feine ftiddvdtigeren
Seweife torbringen, alö baß fie fich in Grmanglung eine3 ruthenifchen Sürterbud)e3
beö ruffiiehen örtcrbucf>e@ ton Sdjmibt bebienteit, waS baburch gu erftären ift,
bah bie meiften Sorte im ©rofiruffifchen unb 3lutf)enifd;en gwar terfchieben auS*
gebrochen aber gleich ge)d)rieben werben, baß ferner ein in ^rgcmtäl erfchienener
Äatenber bie Schulen in 9 tußlanb „uniere Sdjulen" nannte, ton ben Serfolgun*
gen ber gricd'iichen Äirdie bnrcf> bie römiid'e ipvad; unb baß ein Schüler beß
Samborer ©ßtnnafiumS in einem ©ebichte bie Sehnfudjt eines Äofafen in ber
Ärim nach» feiner tpeimat fc^ilberte. Siefe Sefdjwerben, in gwei Serichten beS
Statthalters ©raten ©oluchcmSfi tom 17. iHpril unb 3. 3uli 1859 an sreiherrn
t. Äemßen unb ütiinifter Saron Sach erhoben unb auf gang tereingelte »alle ge*
ftüßt, beftimmten bie 9iuthenen, fich ton j^ber ferneren 'Ihätigfeit gurüefgugiehen, bis
ein Greigniß ton großer Tragweite fie gur 51 hwehr herauSforberte. SiefeS Greigniß
war ber ton 23ien auS erfolgte Eingriff auf ba 8 5t( 0 habet ber Piuthenen unb bie
Gütießung einer Gommiffien ber galigiicheu Statthalterei gur Seratbuug ber Gin*
fährung lateinifcher Schriftgeid)en. ^ertorragenbe Scanner ber ruthenifchen Station
würben ber Gommiffiott beigegogen unb, übergeugt ton ber Sitlfahrigfeit berfelben,
hotte man alle SRafjnahmett getroffen, um im nächften Schuljahre bie neue Schreib*
weife einguführen. SJtit Ginftimmigfeit terwarfett gwar alle Oiuthenen bie Sor*
fchläge ber 9tegierung, aber bemungeachtet terfügte baS Siinifterium bie Ginführung
bet neuen Schreibweise. 51(8 alle $)rotefte nichts nulten, wanbte fich 33if<hof ©regor
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3ad)imowicg mit gwei Vefchwerben btrect an ben Äaifer, worht er bie Sntriguen
unb Verbächtigungen gegen bie JRutBenen Blofsfegte unb bie (Srflatung abgab, bie
Seitung ber ergbifchüflicBen Siöcefe gu Semberg nicht früher übernehmen gu foraten,
Big niefit eine genaue (Srhcbung ber gegen bie Dtuthenen angeführten Sh a ^ a ^ ett
ftattgefunben Baben würbe. (Erft biefer Schritt Bewirfte eine Burücfnahme ber 95cr=
fügungen beS (EultuSminifterS in fBien unb be§ Statthalters in ©aligien.
Sie erften Reformen, welche in Cefterreicb bem itafienifcheit $e(bguge folgten,
waren gleichfalls für bie Diuthencn nicht lehr erfreulich. ©h ne Vertretung int oer*
ftärften Dleicböratbe, fürchteten fowohl tiefe als auch ba§ galigifche Sanboolf baS
Uebergewicht ber pelnifchen Partei, unb ielhft baS Dctoberbiplent rerichlimmerte ihre
Sage, (Erft ba§ #ebruarpatent begrüßten fie mit freubigen Hoffnungen, ungeachtet fie
ben 9Napftab ber Vertretung int Sanbtage für feinen ben VeoölferungSoerhättniffen
beS SanbeS oeKfontmen gerechten Betrachten unb noch immer baS gu ftarfe lieber=
gewicht ber ‘polen Betlagen.
$te Ecole de Rome tut 19, 3»fll)rf)Un&ert.
0 Sa§ neue Äaiferreich) ift auf ber Sahn feiner Staatsreform im ©ebiete
ber fchönen fünfte angelangt. SaS Secret rem 13. fftooember 1863, mit bem wir
unfere Scfer in unferer mieten SRummer Befamtt gemadit haben, ift gegen bie
gange alte Crbnung ber Singe an ber Parifer Äunftafabemic gerietet. SSir fom*
men bieSmal auf bie mit ber Ecole des Reaux-Arts im 3«iammenhange ftehenbe
Ecole de Rome. nttS oorbebaltenb, baS, waö oom Stanbfunfte ber frangofifchen
Regierung für bie ungebahnten Reformen gefügt wirb, in einem Befonberen 91r=
tifel, infoweit uttS bie SueKen gu ©ebete fteBen, gu behanbeln.
3n ber „Revue des deux mondes“ gieht Veule gegen bie nioeflirenben
Senbengen ber neuen Äit nftreformatoren, fo weit biefelben bie Ecole de Rome
betreffen, gu *eltc r unb wenn man audi bem V erraff er nicht in allen Stücfen auf
feinen äufcerft afabemifchen Sfanbpunft folgen wollte, wirb man fich hoch gerne
oon ihm über ben Veftaub unb bie ©efcbicfite ber Ecole de Rome unterrichten
taffen.
Sieie frangüfijche Slfabemie in Dient ift oon Subwig XIV. unb (Solbert ge*
grünbet. Dbmehl ein Äinb beS ^önigthumS, würbe bie Schule oon ber IReeolution
nicht unterfchätst, fie erfreute fict> oietmehr ihrer befonberen gürforge. Säfirenb
(Europa gegen ff ran frei ch in flammen ftanb, währenb ihm Di cm felbft uerfd)toffen
war, erlief’ber (fonoent am 1. Juli 1793 ein Secret, nach welchem ben Äünft*
fern, welche ben großen Preis erhalten, eine Penfion oon 2400 gr. auf fünf
Sabre gugefichert würbe. Äaum war ber Sturm worüber," fo oerorbnete baS Sirec*
torium bie SBieberherfteflung ber frangofifchen Slfabemie in Diom; biefe fonnte aber
erft 1801 ftattfinben, als unter ber Dtegierung beS erften ©onfuls bie Untergeich*
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mntg be§ (Eoncorbateö erfolgte. Ser neue Sirector, Suoe'e, oertaufcßte baä Calais
5le»et8 gegen bie SSifla SRebiei unb oerfcßaffte fo ben jungen Äünftlcrn einen 3u=
fCucf>tSort, ber wie fein anberer für ffmftferifcbe (Eingebungen unb Stubien geeignet
ift, inmitten einet großartigen 2 (rcßiteftur, (ebcnbiger SBaffer unb ftiller Saunt*
gruppen, welcße bie Linien ber SSiCIa 33 orgßefe beßerrfcßen, oberhalb ber ewigen
©tabt, bie fid) am guße bc 3 SRonte $)incio binjießt. Napoleon I. rerooUftänbigte
fogar bie 9lnftalt, beren f dienen Bwecf er ganj begriff. Unter bem Äonigtßum
waren bie großen greife auf 9Ra(erei, ©ilbßauerci unb Qlrcßiteftur befcßränft. 5Ra=
poleon grünbete 1803 in g(eider SSeife (Eencurje für Äupferftecßer, 9Rebailleure
unb Steinfcßnciber unb für mufifalifcße Gempefition unb forberte bie Acaddmie
des Beaux-Arts jur 21b ruf jung ber betreffenben Statuten auf.
fRacßbem fo bie fteole de Rome au3 ben fcßwereu Beiten ber JRerolution
nur neu geftärft ßeroergegangen war, beginnt mit bem Anfänge mtfereS 3 aßrßun*
bertö für fie eine neue 9(era Sas erfte Äaifcrtßum überfcßüttete fie mit (Sßren
»erboppelte ißre ^jülfSmittel unb erweiterte ißren (Einfluß. 33eule bebt nun auS ber
?ifte ber Schule feit 1801 bie fRanten berer ßertwr, bie entweber bauerßafte (Er*
folge errungen ober IRußm unb bie ©unft ber Ceffentlidjfeit erworben ßabeit. (Er
beginnt mit ber SRaleret unb fießt etwas aßnungsrotteS barin, baß gleicß ber ^)rei$
tton 1801 3- S. 91. 3ngre8 ju 2 bei! würbe, ber eine fefte Stüjje ber .ftunft, ber
treuefie Oiepräfentant ber Srabiticn unb be 8 3beali8mu3, baö .Spaupt ber franko*
fifcßen Scßule werben feilte. SSäßrenb feines 2lufentßalte8 in 5Rom fanbte er naeß
9>ari8 eine „ObaliSfe", „CebipuS unb bie Sphinp", „3upiter unb JbetiS",
3m folgen 1803 Slottbel, 1807 gpeirn, 1810 SroIIing u. f. f. eine lange
iReißc aeßtbarer Zünftler, weld;e bie ^rineipieit ber Saeib’icßen Sd;u(e entwicfel*
ten, inbent fie biefelben meßr auf ba 8 Stubiuin ber SRatur ^urücffiißrten. Sa 8
befte, wa§ biefe Sd;ule geleistet bat, barf man nid;t in bem Reinen fRaßmen oon
©alerieen unb Äunftaueftellungen fud;en, fonbern in ben fPaläften, ÜRufeen unb
Äircßen, bie fie mit ißrett jaßlreid;en greSlen Bebeeft ßaben. 9iur an ben großen
SRuftem beeoratioer SRalerei, bie ißuen Stalien bot, femtten fie fid; 3 U biefer
Äuuftübung erßeben, bie ißrern Skterlunbe eine Bierbe, ihren fRacßfolgem unb
©egnent Don großem fRußen ift. Senn wie bie beeoratioe SRulerei in 23lütßejeiten
ben £ößepunft ber Äunft bilbet, fo ift fie aueß baS §eil feßwanfenber UebergangS*
perioben. ©inen glüdlidieu Sräger fanb inöbefoitbere ber '})reiS be§ 3oßtee 1832
in glanbrin, bem gieblingefcßüler SngrcS’, oon beni er bie ©abe be 3 $)ortrait3,
biefen greibrief ber Apiftcrienmalerei erßalten ßat.
' S 3 a 8 ben Äupferfticß anlangt, ben ber Staat immer weniger ermuntert, ben
baä publicum, uerfüßrt bureß bie fPßotograpßie, Dernad;läffigt, fo finben fid; unter
ben Srägem ber großen greife für Oioni befannte üRamen, wie: Diicßomme (1806),
gorfter (1814), ORartinet (1830) k. Sie SRebaißeurfunft, für bie bloß alle oier
3aßre ein ^)rei§ abgegeben wirb, ßat ber fran^öfifeßen 9Rünje ißre guten Sienfte
geleitet ÜRerlep, ber bei feiner IRücffeßr au 8 jRotn 1848 ben ^>reiö für ©otb*
Bmfcnförift. 18 * 4 . Sanb m. 10
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müngnt bei- neuen jRepublif baooittrug, hat in bent ©epräge bei Swangigfranfen»
ftucfe feinen Äünftlerruf in aller 5'3elt Berbreitet.
3it bei 9)iufif, biefer pcpulärften Äunft Bon allen, erhielten greife unb be»
gegen bie ficole de Ilome: .perelb (1812), bei bei „3ainpa" nid)t fte^engeblieben'
wäre, hätte ihn nid)t ber 2 ob ju fnif; Ijimoeggeiafft; ^aleo^ (1819), bei Siebter
ber „Sübiit"; 23erlioj (1830), ber gelehrte Spmpheitift; ©ouitob (1839), ber
Gontpofiteur beö „Sauft" u. a. Sicher finb bie fd;öncn 3Räd)te Vetnö, bie SJtaje*
ftät ber ewigen Stabt, bie ruhige Gin jamfeit ihrer Gampagna, bie berebte Sprache
ber antifen Vuiiten, bie ©efäitge ber firtiuijdien Capelle, bie Harmonie ber italie=
nifeben Sprache bem Jakute beö SOiufiferä nicht wenig förberlicb; ber göttliche
epaud;, ber burd; gang Italien weht, muff feine Seele erbittern machen, wie bie
jebeS auberett Ännftler?.
Unter ben frangöfijeben SBilbfjaucrn beö 19 Sahrlrnnbertö finb faft alle Äünft«
let oon 9iatnen, boh Cortot (1809) unb Sanib b'Angcrd (1811) bis auf unfere
Jage auS ber ficole de Komc hevBorgegaugcn. Veule gät;lt bereit brcijfig mit ihren
Cpauptwerfeu auf, beren 9(uf allerbiitgö jd;on auS fachlichen ©rüubcit mehr als bei
anbereit fünften localifirt ift. Cbwchl übrigens bie Scitlptur, bie abftractefte unb
ibealftc Äunft, bie 9)(enge fcineSwegö fo lebhaft aufpricf)t, wie bie fDtalerei, fo hört
man bod; nach jeber grefjen AuSftcllung fageit, bah bie Vilbhauer burch probudioe
33ebeutfamfeit, burd; Crl;abenheit ber ©egenftänbe, wie burch SerntBoIlenbung bie
fBialer in Schatten fteKen. Sied ift eine Jl;atfad;e unb ber Vcrfaffer fnüpft baran
bie bered;tigtc Hoffnung, baf;, wenn fiel) bie jejjige Viakrfchule burch ben gegen
hiftorifd;c itnb religiöfe föialerei ftetö gleichgültigeren, bem ©enrebilbe ftetS günfti=
geren 3eitgefd;macf allguweit ablcnfen laffe, biefelbe früher ober fpäter burch bie
Jrabitionen ber Scufptur eine SSieberherftellung erfahren werbe. Unb Wol;er fofl
bie Sculptur biefe ihre hoppelt wichtige Äraft nehmen, wie foll biefelbe ihre hebend»
fähigfeit bewahren, Wenn nicht burd; ben Aufenthalt il;rer Sünger in 9(om, burch
bie Vertiefung in bad Aufd;auen ber Antifen, burch baö bewufite Stubium ber Die»
naiffaitce, wie cd beit änderte jenen Vemof;itern ber Villa 9Jtebici geboten ift?
Glicht niinber gftnftig für bie Kcolc de llorac ftellt fid; bas Verhältnis bei
ber Architeftur. Sie lange Jabelle ber ^reiSgcfrönten eutl;ält bie SRameit mancher
nicht blcft bnreh ihre Vauten, ienbent mehr noch burd; il; rf fachlichen ^hiblicationen
rül;mlichft befannten Architeften unb Archäologen Bon öpupet (fPrcid Bon 1807),
Vlouet (1821), Scfueur (1819) bis auf ©arnier (1848), ben Autor ber 9?eftau=
ration beö Jcmpelö oon Aegiita, ber in ber jüngfteit Seit bei bem freien Goncurd
gum Vau ber grofen £>pcr beit fPrciö errungen hat.
Sie @efrf>td>te unb baS Crgebnifj biefeS ConcurfeS geben alletbingS ein fehr
günftiged 3eugnifj für bie Verbienfte ber Ecole de Rome. 173 Architeften nalj=
men an beitifelbeit 2l)eil. Unter biefen 173 Goncurrenten befanben fich neun alte
Söglinge ber rümifchen Afabemie unb einige ber befannteften unb eifrigften ©egnet
biefer Anftalt. Sie 3urp, auSfchliefdich aud Architeften beftehenb, begann mit bet
Auswahl ber 16 beften ^rojecte, bie gu einer lebten Gntfcheibung beftimmt würben.
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Unter biefen 16 $)rofecten rührten, wie man fpäter erfuhr, 8 reit beit früheren
SERttfjliebem ber römifdjen 2 (fabemie fjer. 33on biefen erwarben alte unter 9 Gon»
currenten alle big auf einen einen ber 16 erften 'IMage, wäbreitb auf 164 anbere
Gencurt entert au cf) blofj 8 fommen. 3$on ben 5 greifen, welche auggeiejjt waren,
erhielten fd)licf}licb bie römiidjen 2lrd)iteften 4, unb als bie Sieger, 31 t einem neuen
Straufje aufgeforbert, nad; 3 Wei SDtonatcn reit Arbeit, Eorrectur unb 2 (ugfübrnng
if)re fünf fProjecte abermalg einreichten, warb (Garnier mit Ginftimmigfeit für wür»
big befunbett, bag fünftige Cprnihan« 31 t erbauen.
Erwähnengwertf) ift ned) alg eine fef>r eerbienftoode Arbeit ber römifdjen
2 (rd)iteften eine lange ffieilje grapbifeber Oieftaurationgoerfuche, welche bie SMblietljef
ber Ecole des Beaux-Arts aufbewaljrt. Sille alten Senftnäler Sionig unb Italien?,
bie SUie^r 3 af;l bet ficilianifcben Jempel, bie attifd;cn unb felbft bie peloponnefifchen
finb uernteffen, mit ©runbrift unb Ülbrifj gegebne! unb mittelft beö ffManeg recon*
ftruirt Worben big auf bie Setailg, Sculpturen unb bie ^ofycfjromie. 50 Sänbc
riefigen fjjormateg enthalten biefe id'änbare Sammlung, in ber ber ©efeffrte wie
- ber Zünftler Belehrung unb Slufflärung finben fann. Snrtf) eine Beröffentlid)nng
biefer Arbeiten fammt ben beigefügten Erläuterungen tonnte fid) bie fratt^öfifcBe
^Regierung ein bauernbeg Berbienft erwerben.
Solche J^atfadjen fpredfen am beften für ben bisherigen Staub ber ftcole
de Rome, fie bieteu bie fd)tagenbftc Antwort auf bie Slnflageit, welche man pleft»
lieh gegen biefelbe erhoben ^at. 2 (ug 1‘20 s J)reiggefrönteu, weld;e bie römifd;e 21 fa«
bemie feit einem halben 3 af;rf)unbert alg SOialer, Silbljaucr, Stedjer, 'Jlrchiteften
unb SRufifer begogen ^aben, lieferte fie bem Sanbe gegen Rimbert geartete Äünft«
ler, welche bie ftan 3 Öfifd)C Schule gehoben, bag Sanb mit ihren SBerfen bereichert
haben, oon benen fo mancher populär, ja aud) berühmt geworben ift. Unb nun fod
biefe Qlnftalt mit einem «eberftrichc nicht etwa blot) refovmirt werben, nein, biefe
fReform begreift bie Serftörung berfelben in fid). Sieg lehrt bie blofse SSergleichung
ber beftehenben äDrbnung mit bem, wag an ihre Stelle treten fod, unb wir ge»
ftatten ung bemnächft, auf biefe ungleiche parallele 3 nrücf 3 ufommen.
ßtoei bcutjdje ^cneibiidjet qus bem 12. uub 13. Saffrimiibert.
5CRit einem -Sörterbuche oon Sr. ^rattj Pfeiffer,
wirft. 'Dlitgliebe bet f. Ütfabemie bet Siffenfcpaftfii
(SBüen 1863, Xtutf ber f. f Vcf- uicb £taatebrmferei, in Scmmijjion bei (Sari Otcrotbe Sef'n.)
—1— Ser £>erauggeber beg für bie beutfehe ^>fji[clc{iie unb Sittenfunbe,
wie für bie ©efd)ichte ber Slaturwiffenfcf)aften gleich mistigen „Budjeg ber Statur"
oon Äontab o. 9)tegenberg Iaht biefem großen SSerfe in ber oorliegenben fleinen
afabemifdjen Schrift swei Senfmäler folgen, bie, wenn fie auch an innerer Bebeu»
_tung jeneg nicht erreichen, eg wenigfteng an Sitter bei weitem übertreffen. Eg finb
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gwei Sfrgeneibücber, bie älteften bisher befannt geworbenen, baS eine, ältere, baS
„arzinbuoch Ypocratis“, wie, eS ftcf> GingangS nennt, ift einer Hanbfchrift ber
©nfferfird)=Bib(iotbef in Büridi entnommen, bie fonft nod; loteinifchc unb beutiche
Prebigten unb anbere Stüde geglichen SnbaftS in fid) faft unb beiläufig um bie
sjRitte beS 12. 3ubrbunbertS, aller ©abrfcbeinlichfeit nach in Scbaffhaufen gefd)tie=
ben ift, wogu bie vom Herausgeber (S. 5 nnb 6) forgfaltig beachteten Gigen=
tiiümlidifeiten ber Sprache, bie auf 2llemannien weifen, vollfommen ftimmen. SaS
gweite, größere Büchlein gehört in bie Ptitte bes 13. 3abrbuubertS unb befinbet
fid) in einer urfprünglid) aus Segernfee ftanimenben, je Id in ber Münchner Hof-
unb StaatSbiblietl;ef nufbewahrfen Hanbfchrift, bie ihren Bügen nach aus ber heften
Beit bes 13. BabvbunbevtS, ihrer Drthographie nad) anS Baiern ftammt, wo bem
©ortfcbabe gnfolge baS Büchlein felbft entftanben fein mitfi. Sa? Heine ©erleben
ift Ueberfebung einer lateiniirbrn Sd'rift, ber auS griechifcben Suchern gufammen=
getragenen „introductiones et experimcrita Bartholomwi magistri in practieam
Hippocratis, Galieni, Constautmi greveorum mtdicorum“ beSfelben Barthelo*
mäitS, ber baS weitverbreitete Sud; „de proprietatibus rerum“ üerfafd bat unb
ein Beitgenoffe beS SUbertnS PiagnuS war, wie G. H- %■ Pieper übergeugenb bur=
getban b fl t (©efd). b. Botanif 4, 84 ff.). 5üicf)t minber als fein grofeS, vor 1260-
gefd)riebeneS Such fanb auch tiefe Heine Arbeit großen Beifall unb warb in ber
beutfd;en Bearbeitung bis inS 15. Sabrhunbcrt oft abgetrieben. Ser Herausgeber
führt fieben Hanbfcbriften bavon an, bie aber alle nur im Anfänge ftimmen, bann
batb ftarf auSeinanbergeben. Ölujjerbem finbet 'Pfeiffer gwei Beiigniffe für. unfer
iHrgeneibucb auS bem 13. Sahrhunbert, baS eine, ältere in einer Prebigt B ruber
BertboIbS, wo bie Buchen, an beiten man erfenneit Tenne, ob ber Äranfe fterbe
ober genefe, faft mit benfelben ©orten angeführt werben, wie in unferem ©erf=
eben; Pfeiffer vermutbet fogar, Bruber Bertf;olb mödite felbft bie Ueherjefnng beS
lateinifeben Büchlein? reranlafd haben. Gin gweiteS Beugnif; ficht er in ber faft
wörtlichen 'Aufnahme mehrerer Stellen barauS in ein grofieS ntethobifd;eS 5(rgnei=
buch, baS fid) ^embfcl)rift(ict) in PJünchen, Älofterneuburg unb Breslau befinbet,
von bem H IJ ff ttwnn ’ m t'ifteit Banb ber „ Aimbgrubcn" 'Jincbricbt unb 2luSgüge ge*
geben hat.
3n einem flehten Anhang theilt ber Herausgeber mehrere in berielben Piünch*
ner Hanbfcbrift gerftreute Dleceptc mit, ber baS gweite Büchlein entnommen ift, mit
bem ffe auch wandte Berührung bieten.
©ad nun ben 3nbalt unb bie Bebeutung bieier pubfiention betrifft, fo wirb
fich nientaitb, fo wenig als ber Herausgeber felbft barüher tätlichen, bat) für bte
Ptebirin auf ihrem heutigen Stanbpunfte fiel) feine befonbere ÜluSbeute barauS
wirb gewfhnen laffen; aber bie ©cid-icbte einer ©iffenfebaft, bie Gulhtrgefcbidde
fragt nicht nad) bem abfoluten ©ertbe ber Senfntäler, fie beurtbeilt fie nad) bem
Ptafjftabe ihrer Beit, unb fo angefeben werben aud) biefe beiben Büchlein auf 3n*
tereffe Slnfprucb erheben bürfen. §ür bie ©efebiebte ber Ptebicin, für ben Botanifer,
ftnbct fich tu biefen bunt gufammengewürfelten Dteccpten, in ben vielen neuen Pflan.
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jcmtamen ntand;eß SefuTetchc unb bie reichte Jlußbeute bietet fid) rnobl bau Sprad;*
ferner unb bem, ber für ben ©lauten unb Sraud; beß Solfeß fid? offenen ©inn
bemaljrt I?at. Gß mirb bafjer erlaubt fein, etmaß genauer auf ben IJnfyalt ber beiben
Sücfylein einjuge^eit.
3 undd)ft [inb eß eine Steife oon Äranfl;eiten, ju bereu ©iagnofe unb H^*
lung Anleitung geboten mirb, alß Äopf=, 3abm, Sruft*, H cr 3 s nnb Unterleibßleiben
unb namentlid; baß Sieber, baß unfere 3 >ater ftar! geplagt 3 U fyaben fcbeiitt, beim
baß ^toeite Sücfyleitt jahlt eine ganje «)ieibe oon Mitteln gegen feine oerfdjiebenen
formen auf. Sei ber ©iagnofe ber Äraitfbeiten fpielt bie Uroffopie eine mefentlicfye
9JoIle, mie ber Gingaug beß jjmeiten Süd;leiitß, auß bent nur eß aber unteren
Scfent felbft überlaffen muffen, fid) Selebrung 31 t fyolett, beutlid; geigt. Set ber
Gelegenheit, too mir oon ber ©iagttofe ber Äraitfl;eiten fpredmtt, mag and; ber
febon oben ermahnten Seichen gebad;t toerbett, an betten matt erfemten fattn, ob ber
Äranfe ftirbt ober itid;t (im 3 toeitett Süddeitt S. 27, 2 «s). Gß heifd ba: „3Senn
ficty ber Äranfe oft jur SBattb fef;rt, baß ift nid;t gut. SSenn er bie 5Jlafe [tarf
fpi£t unb fie it)in meid; mirb, ober feine Gingen t)ol;l toerbett unb fd;toinben, toetttt
bie ©d)läfe, SSattgett unb Sippen eittfallett unb il;nt bie Citren falt finb unb ifym
gu beiben ©eiten fyerabfydngctt, an melcbent Ärattfett bu biefe 3 eid>en fiet>ft, ber
mu§ gemijj fterben" u. f. to. ©efyr nüplid) mie überhaupt ift 31 t biefer Grfenntni£
bie Verbena, baß Gifenfraut; mer fie oerborgen in ber rechten .vSaitb tragt unb
gefyt gu einem Ärattfett, oljtte baf$ er baß Äraut gemahr mirb, unb fpridjt 31 t ihm:
„mie befinbeft bu bid; uttb hoffft bu 31 t gettefen?^ unb ber Äranfe fagt: „id> be*
ftttbe mid; mol;l", fo mirb er ficher gefuitb, tagt er: „idt befiitbe ntidt übel", fo
fontmt er nimmer auf; fpricht er: „tdt tarnt mid) itid;t beffer befittbett" ober ,,icfy
hält 1 eß gern beffer, meutt ich tonnte", fo mirb er mehl gefuitb, muf; aber ttod'
oiel ©dntterg leiben auf bent Äraufeulager.
Unter ben Heilmitteln, bie bie beiben Siüldeitt oerorbiteit, treten miß oor
allem eine reiche ifttgal;! ^flan 3 enttamett entgegen; oiel mettiger fittb bie Mittel,
bie auß bent 9)liitera(reid)e gemdhlt merbett, mie etma auripigment-um, ©laß, bau
bem elften Süd;!eilt gnfolge nad;ft xHloo, ^iaftir, ?3iirrhe, &>acho unb '}Vd; 31 t einem
guten Sßuntpflafter gehört, uttb cuttere; mehr aue thieriiehen Suhflaugett, mie baß
eben angeführte Sifache, Honig lammt beit Sieueit, bie man tobt baritt fittbet, oer*
fchiebitte Wirten Seit, als: ©ditfe-, Äanem, Sarenfett, mie überhaupt ©ebntierem
Sdbungett unb v J)urgirmittel baumle eben fo beliebt getreten 311 fein td;eineit, mie
ttod) heute bie fognaitnten „.Hausmittel". Gin ilnioerfalmittel unter ben N J)f(angeu
ift bie idjon ermahnte Verbena. baß Gifenfraut, oon ber eß fid) heute freilid) nie^
ntaitb oon liitß mehr träumen liefe, toetttt er fie in unteren 3 iergdrten fiel;t, baf$
er oor einer fo mächtigen Äbnigiit unter bett ftel;t. Sentt aitf$erbem,
bafc fie erfettnett ttilft, ob ein Ärattfer baooitfontnte ober nid;t, ift fie gut für
grauen, bie itt bie SBodjen fommen, für Äittber gegen beit ©d;recfett, fie bringt
Dtu^e unb ©c^laf, bannt alle Sauber, Ijilft gegen 93iübigfeit bei SKentdj unb Sie^»
oertreibt ben 9 llp unb, maß baß befte ift, ermirfc bem, ber fie tragt, bie Siebe ber
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fDtenfdfeen, macfet ifett angenehm unb allgeit frofegemutfe. 2)a8 ift bodfe ntefer, als tut*
fcre Siebte beute oon ihren wirlfantften 9)?ebicamenten rühmen föntten!
Son Spieren finb unS bie Sienett, bie matt tobt im Honig finbet, fcfeon
oorgetommen; galtg befottberS mertwürbig i[t jeboöfe, wa8 ooitt ©eiet (©. 49, 50)
erjagt wirb: 2)er fe. ,<Meronv>muf! fanb in cbalbäifdfeen Sötern fiele Apeiffräfte an
ben Sögeln. An bern ©eier, fagt er, feien fo fiel .^eitträfte, als er ©lieber feabe.
SBer aber ben ©eier gut Argenei will, ber muff barauf achten, bafe er ifen ofene
Gif eit fange ehe er fein gewafer werbe, beim wenn er merft, bafe er nidfet ntefer
baoonlomnten mag, fo rerfchlingt er baS .^trn. SBenn ber ©eiet bamt gefangen
ift, fo mufe man ifett geriegelt, unb gu weiter Argenei man ©eierfemt giebt, bie
mufe Reifen, ©eierfeirn vertreibt ©efdfewitlft, ©eitenftedfeen unb feitft ben grauen in
rerfd)tebenen fällen; gebörrteS ©cierfleifcfe ift gut gegen bie HnnbSwutfe, unb fo
fiat jebeS ©lieb biefeö Segels eine l;eilenbe Sßirfuttg.
Aber iticfet allein Heilmittel gegen Äranffeeiten,- aud) ©dfeönfeeitSmittel unb
fünfte ber Soilette Weifen bie beibett Süd)leitt auf. ©leid) baS gweite Gapitel beS
erften giebt eine SBeifuttg gegen baS Ausfallen ber Haare, bie Seinfamen ober ge*
brannteS SBibberfeorn mit Del gemifefet ober getriebene Agrimonia mit ©eifemilcfe
»erorbnet; aud) baS gweite bringt einiges bafttr bei, fo ba8 Äraut im SBaffer, wo.
baS breite Statt oben fdfewhnmt unb „meisches Schmalz“ (in Reifem SBaffer
umgerüferteS 9Mg), Worin man ba8 Jtraut fieben foEf, ober wenn ben SJtännern
bie Sartfeaare auSfalhen, fo foll man bie Slöfee nafee bis gum Stuten reiben unb
bie ©teile bann mit bem ^ttloer oerbrannter Sienen, bie tobt im Honig gefunben
werben, einreibett. 9)ian fiefet, ba8 ©priiefewort „nihil novi sub sole“ finbet auch
auf ben ©dhwinbel, ber feeutgutage mit ben A)aarmitteln getrieben wirb, feine Sin*
Wenbung. ©egen bie Sßargen foll man nadfe ber Serorbnung be8 gWeiten Süd)*
leitt8 eilten .spalm nehmen unb fie bamit brennen, unb bann auf bie SBurget ber*
felbett wilbe Äreffe unb ©enf auflegcn, fo »erfefewinbett fie über Sftacfet. 2Ber feine
3äf>ne weife featten will, foll bie fWittbe be8 BiitfenlrauteS abfefeaben unb fie bamit
reiben, aud) gepuloerter SimSftein unb 0lufe}dfealen tfeun ben gleichen ©ienft. Um
fein Antlife unb ben Steint fbfeött gu machen, nefeme matt Bttbifiicum in SBaffer ge*
fotten ober man nehme eilte Henne, lege fie in einen neuen H a f en i feebe fie in
weifeem lauterem SBeitt, bis fiefe baS gletfcfe uott ben ©ebeinett löst. Sind) ©änger
unb Sängerinnen, bie eine feile ©timme braudfeett, läfet ba8 gweite Südflein nitfet
unberatfeen. ©ie ttefemen ©enf, in einem ÜKötfer Kein geftofeen, mit H°nigfeim
oermifefet unb'madfeett „Keine Beitel" barauS nnb effen bie nüdfetem, andfe 3immt
unb Budferlanbel föititen fie bagu ttefetnen u. f. w.
Am intereffauteften für ben Gulturfeiftorifer ift jebenfallS bie Sleferenlefe au8
Solls* unb Aberglauben. SBir feaben fcfeon bergleicfeen beim ©eier erwäfent. Aucfe
bie unoemteiblicfee Serbena mufe feiet wieber genannt werben. SBer fie graben will,
mufe um fie mit ©olb unb ©Über einen ÄteiS rifeen unb barüber ein pater noster
nnb credo beten unb fpredfeen: „Btfe gebiete bir, eble SBurgel Serbena, in nomine
patris etc. unb bei ben gweiunbfiebengt'g Samen beS allmäcfetigen ©otteS unb bei
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beit »ier Gngeln SKichael, ©abriel, Kapbael, 9(ntoiticl, bei ben oier Goangeliften
Johannes, SOiatthäuS, 8 uca 8 , SSRarcuS, baff bu feine Ära ft in bev Grbe laffeft, fon=
bem immer in meiner ©cwatt fcift mit ber Äraft nnb Sugeitb, mit ber bid) ©ett
geraffen nnb gegiert f>at. Simen." ©ietelbe Kad)t taffe Silber nnb ©olb bei ber
Surjel liegen big juin SRotgen che bic Sonne aufgebt, bann grabe bie 2s?urgel
auS, ebne fie mit Gifen 31 t berühren; bann wafcb fie mit Sein unb uvitje fie am
Sage SÖtariä Ißerfünbigung unb tjatte fie fel;r forgfältig. Saft bie Sterbena Siebe
erwirbt, haben wir fd^oit gehört. Gbett fo wirft baS redete Singe be 8 ©eierS SiebeS*
jauber. Ser gern leutselig ift, ber nehme eß nnb trag e 8 in ber linfeit A^anb ober
binbe eS um ben liitfen Slrm: wo bu ror Herren gehft, bie finb bir bolb, fo lang
bu’S bei bir trägft, oerlierft bu nimmer beiite« .zerren .v)ulb; fo bu aber jemanbS
epulb oerloren tjaft, unb bu trägft eS in feiner Kälte, fo wirb et bir wieber l>olb.
Such auf ©eriddötagen unb bei ^roeeffen oerbürgt cs einen guten SluSgang. Sen
■Kanten feines geinbeS foll man an ein Sölei ober eine jinnente Safel febreiben
unb bagu bie SBucfftaben H. H. S. it. t. V. P. unb ben Syrier unterm tragen,
bann fann er nicht fd;abett. Slud; gattj artige graueuproben fomnten oor. Um ju
wiffen, ob eine bie Kiättncr liebe, braudjt man nur Stöben in einem leinenen Sud)
3 U geneibeu, übet eine Seile finbet man Sürmcr barinuett. Um 31 t erproben, ob
ein 2Jiäbd)en Jungfrau ift, braucht man il;r nur gebrannten Gpheu unter bie SRafc
ju halten; eilt gefährliches SOiitteC, benn bie S3efd'ämung, wenn fie gelogen, ift, wie
man lefen faitn, eine jiemlid) arge, ©muffe Slrjeneien fiitb an beftintmte Beiten
gebunben. So follett bie SJlittel gegen Sunbctt, Sdjlagfluf? nnb fdjIcdjteS SBlut ju
angehettber gafteit gebraucht werben, bas Gi, baß gegen beit Stein helfen foll,
muh am ©ottnerStag, baS gegen ben Staar am heiligen Sage ju Scihuad;ten ge*
legt fein. Sel;r intereffant ift baS SOiittel gegen bie faUeube Sucht. Senn biefe
ben Äraufeit grüft (befällt), fo foll man einen Kiemen aus ,<pirtd)lebor nehmen unb
ihm ben »tm ben epalö binben unb fpredjen: „3m Kauten bcS SfaterS, bes Sof=
neS unb beS b ©eifteS binbe id; l)' er bie Äranttteit biefeS Kienfcben in biefem
Änopfe"; bann feil man ben Kiemen nehmen unb einen Änctcit tnüpfen, unb ihm
ben Kiemen um ben .£>alö binben, unb ber Kienfd) foll fid) beS Seines enthalten,
bi 8 er bagu fomrnt, bafj man einen Sobtcn begräbt; ba foll mau il;m ben Kiemen
abnehmen unb ihn bent Sobteit unter bie Schulter legen nnb mit ihm begraben,
unb ber ihm ben Kiemen abnimmt, foll tagen: „in nomine patris etc. begrab ich
mit biefem Olietnen bie Ä'raut heit biefeS SOienid)ett mit ber Hoffnung, baf ihm bie
Äraufheit nichts mehr anhabe, bis biefer ileidmam am jüngfteit Sage anferfteht".
Sit ben Sorten foll man ben Kiemen begraben unter beS Sobteit Schulter. Senn
ber, ber ben Kiemen battb, nicht ba ift, löte ihn ein anberer unb begrabe ihn, wie
jener thmt füllte unb hier gefd)rieben fteht, fo l;at ifm bic Äranfltcit nid)tS mehr an-
©amit wollen wir nufere fleine Slehreitlefe fdjliefjett, fie wirb hoffentlich $ei=
gen, bah ^Büchlein mehr JntcreffanteS bieten, als man auf ben erften SBlict
uon planlos jufammengerafften Kecepteit erwarten follte. Sir tonnten noch manches
barauS anführen, aber wir wollen theilnehmenben unb aufmerffamen bfefern, bie wir
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bcm ©$riftd)en oon gangem fersen wünfden» nidt bie greube be$ ©u<h«t$ unb
3ufammenftellenß gang oorweg nehmen.
Ser Herausgeber fyat baß ©erftanbnift beß alten Setfeß wefentltd^ erleichtert
burd ^Beigabe eines äufterft forgfdltigen ©loffarß, an bem bei einigen SBorten nod
ber oerftorfcene Sacob ©rimnt Slntheil genommen hat, unb worin bei ben Dielen
^flanjennamen unb Slr^eneimitteln erftaunlid; wenig bunfel geblieben ift. 5ßi(^t
bloft bie 2aien unb bie, bie etwa ber mebicintfddotanifde Snfyalt gu wiffeufdaft-
littet Stuöbeute aufforbert, and? bie ^Philologen oon gad finb dm bafür großen
Sattf fdulbtg, bentt auch fie finb baburd? wefentlid; geforbert, unb eß wäre nur
gu wünfden, baft aud anbere bie ©ewohnheit, bie ber Herausgeber feit Sauren in
löblicher 9lußbauer unb ©elbftoerleugnung übt, feinen Ausgaben forgfdlttge ©loffare
mitjugeben, fid aneignen unb nicht bie fPflid)t eineß Herausgebers, gut SrÜarung
einer Se^te baß feurige betgutragen, mit h^^toneuben aber leeren s ))hrafen oon fich
fliehen mochten.
* ©on bem Vorträge beß 9 )rof. Sr. ©onift: „lieber ben Urfprung ber
honterifden ©ebidte", ift eine 31 reite oermebrte Auflage bei (5. ©erolb foeben erfchienen.
Sie ©ermehnntg betrifft weniger ben ©ertrag, als bie Slnmerfungeu, tn benen bte
Äunftlittcratur fel;r einftchtig berüdftdtigt würbe. — ©cn $>rcf. Sr. Sofeph Ungerß
„Spftein beß biirgerliden $ed;teß" befinbet ftd? bei britte ©anb, baß (Erbrecht enthal-
teitb, ren Sllfreb Dritter 0 . 5lrnetbß „tDiaria Sderefta’ß erfte Sftegierungßjahre" ber
gweite ©anb im Srucfe. -
* 3n ber 9F(cnatßoerfammluitg beß !. f. oenetianifd?en Snftituteß für SBiffen-
fd?aft, £itteratur unb itunft rem 27. unb 28. Secember braute unter anberem Sr.
fKarbo ©orfdlägc gur Sprade, betreffenb bie Statiftif bet ginbcll;äufer, bie ©erwaltung
berfelbett unb bie Kriterien, nach benen ber Sicnft in benfelbett geregelt werben füllte,
um rem mcralijd;en, wie rem efenentifeben unb fanitären Stanbpunfte auß nüfclid*
Oicfultate gu erzielen. Ülutjerbetn würbe mitgetheilt, baft bie ichtbpclegifche Sammlung
beß 3nftituteß tbeilß. burd; 9ln!äufe, tbeilß burd; ©efdenfe beträchtlichen 3uwa(hß er¬
halten l;abe.
S. Sul congresso internazionale di Statistica. SEuvin 1862. Herr ßufor
Gorrentt würbe alß ?lbgecrbneter gunt fünften intematicnalen Gen greife für Statiftif
nach ©erlitt belegirt, unb fo bat er bentt bie 3Reifc gethan, ' weift aber nicht riel baron
gu ergaben. Sein ©ericht befdränft ftd> auf eine fo troefene Slufgählung ber ©erhanb»
lungßgegenftänbe, begleitet ren einem fo tvedenen Slnbange über bic Slgenben ber früheren
©erfammlungen unb übet eingeltte ©erlagen beß ©crliner Gcngrcffeß, baft wtrflich nicht
einleudtenb wirb, wogu ber fden in ber „Gazzetta ufficiale“ abgebrudte ©eri<ht noch
einer Separatauflage beburfte. Senn jene 9}iinbergal;l ©elehrter unb ©erroaltungßntänner,
weide bie Arbeiten ber Gcngreffe rerfeigen, wiffen weit mel;r barübet alß ber ©ericht
fagt, bte grefte SJicnge intereffirt aud bieß wenige nidt. ftch ber Slutor über bie
nüdteme SRelaticn erhebt, begegnet il;m überbieß baß ©üftgefdief, weit ron ber ©Jähheit
abgufdieften. So würbe ber Fußtritt ber ©citglieber auß ber ©erberathungßcommiffion in
bet Hauptfade burd Ö an 3 rubere Urfad;en, alß dissentimenti politici h en> 0 T 8 eru f en r
unb ber Sd mcr $ beß ©eridterftatterß über bie pclitifden ©k’hen beß Sanbeß ift bem-
nad h^ toenig am ?>lafc. Gben fo medten wir begweifeln, baft ber gaftfreunbliden ®in-
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labung gum nädiften Gcngreffe nach Simn bet einem guten 2Seite her ©erfammelten baß
Verlangen ©erntet gab: di veder questo miracolo della risurrezione d’un
popolo, e questa prova dell’ immortalita del diritto e della invincibilitä
del pensiero.
D. (©cm beutfeben ©üd;er ntarf te.) Unter ben wenigen ©enigfeiten beß neuen
Sabres, bie einen 1 1 ei ben bereit Werth beaufpnuben alß bie jeßt befonberß ^ ab Ir ei eben po«
litifeben ©rofebftren unb anbere leicl'te Waare ber Sageßl itteratur, nimmt ben erften s JMafc
bie gcrtfeprmg eineß befannten Funftlitterarijcben Werfeß ein, nämlich ©cbnaatYß „©efd;icbte
ber btlbenben Äünfte", bie erfte Hälfte beß ftebenten ©nnbeo, welcher, uaci;bent bie ber*
bergebenben ©änbe bie ©efdmbte ber mittelalterlichen Äunft bei ben nerbiuben ©eifern
behanbelt haben, gurücfgehenb biß 3 ur Hälfte beß 12 . Jabrbutibcrtß, bie ©efebiebte bet
italienifcben Äunft im 13. unb 14. Sabrbunbert enthält. hieran reiben ftd) gwei fleine
©refebüren: ein „©ertrag über fircblicbe Äunft" reu $ N rcf. ?utbarbt, im Jnterefie
beß ©creineß für fird'lid'C Äunft im Äcnigreid'e ©adden gehalten, febann „Anatemifcbcß
Safcbenbüchlein" reit r. 3abn, baß feine ©rambbarfeit beim ©tubiitm nad; ©atur
unb Antife bureb eine halb netbig geworbene gweite Auflage bewiefen bat.
Sr. Äarl «frafe bat feinen gablreid'cn, gern gelefenen ©icgrapbieen auß ber Äircben*
gefii^te beß SDlittelalterß einen neuen ©eitrag folgen laiien in „Äatbarina een csietta.
(Sin ^eiltgenbtlb." Anfänglich beabfid'tigenb, ein ©eitenftücf git feiner ©icgrapbie beß b.
grang non Affift 3 U febreiben, fab ftcb ber ©erfafier bureb bie SReicbbaltigteit ber Quellen
unb beß ©teffeß oeraulaft, ein weit außfübrlid;ereß ?ebcuebilb gu geben, unb man wirb
eß ihm Sanf wiifeit, befonberß ber ga hl reih eit Außgüge auß ben ©efpräd;en unb ©riefen
ber p. Äatbarina ecu ©iena willen, i'eptere, gu bern ©cböniten gebereub, waß unß auß
ber religibfen 2itteiatur beß italienifcpen 93iittelalterß erhalten ift, Unb erft ror wenigen
3a^ren ecu bem flcrentinifcben ©efchid;tßfcrfcber Scntmaßcc tcllftanbig unb in chrono¬
logischer Drbnuitg beraußgegeben worben.
(Sin 10 . ©anb ber „Scutfchen ©clfßbücbcr" ren Äarl ©imreef enthält u. a.:
bie ©efebiebte ren ben fteben Schwaben, Sill (Sulenfpiegel, .fpiftcrie reit ber gebulbigen
Helena.
Ser (Srfelg, ben ©arnbageuß 9Jientcircn ibreß pifanten $nbalteß willen gefunben
haben, l>at mehrere ©achabmungen inß ?ebcn gerufen. Sa erfd'icn ber 1>/ 2 Jahren in
$?cipgig „bie Wallfahrten eineß anonymen ©ccbßgigerß", baß mit allen Mitteln bud'bäub*
lerifd;er SReclame alß befonberß wichtiger ©eitrag gur ©efcbid;te nuferer Sage attgepriefen
würbe unb bie intercffanteften (5’ntbüHungen unb 91euigfeiten über berühmte s ).Vrfcnltd;*
feiten enthalten feilte, biß eß ber enttäufebten Seferwelt fiel; fcblietjlid; alß giemtid; wevtb*
lofe Memoiren erwieß, reu benen bie „©lätter für litterarifcbe Unterhaltung" eermutbe*
ten, bap fte nur auß bet gebet eineß Commis voyageur flammten. Sh bie jept er*
febienenen, gleicbfallß anenmnen „Scnfwürbigfeiten beß Scmhcrm ©rafen 001 t W." äl;n*
liehet Art ftnb, ftnb wir begierig ecu bet Äritif gu erfahren. (Sine große ©erfidjd anenrtnen
TOemeiren gegenüber wirb immer geboten fein.
Sie bureb ben preutjifch*frang 0 fifeben $anbelßrcrtrag berrergerufene 9itteratur erhielt
eine umfangreiche ©ereichcrung in bem reu 931 obl rctfaüten, fein* genauen unb alle burd;
biefen ©ertrag berührten nationalofonomifcben unb pclitinbcn ©erbältniffe citigebenb be*
fpreebenben „©enebt beT nclfßwirtbfcbaftlidwn Gommiffion ber wüvttcmbcrgifd'en Äammer
her Abgcorbneten". Sa bie Gemmifficn ficb befanntlid? im Giuoerftänbnifie mit ber 9ve*
gienmg für bie Ablehnung beß preu 6 i|cb=frangbfifd)en ^anbeleoertragcß außgefprod;en bat,
bat wo^l bie leptere bie Außgabe biefeß ©erid;tcß gu bem enorm billigen greife ton
1 Slt^lr. für einen 670 ©eiten ftarfen Suartbanb veranlaßt.
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3m Stnfchluß an bie in unferem vorigen Serichte ernannten ©rofdjüren über btc
fchleSmig*holfteinifche grage nennen wir l)ier noch bie feitbem erschienenen non SBarn-
ftebt (fchon in britter Auflage oorliegenb), non ©. 31. -£)uber, beachtenswert!; als baS
Urtl;eil eines ftreng conferoatioen Preußen, ber bennod; bie 3lnfichten beS jepigen fflltni»
fteriumS mißbilligt, unb ben gegen bie (Erbanfprüche ber 3luguftenburger gerichteten, fd^on
früher oerfaßten, jept in Äopenbagen neu herausgegebenen ©nicht beS oerftorbenen geh-
9tatf) ^Pernice.
P. (©ont fraitgofif d;en ©üchermarft e.) Sie 2itteratur ber Snbuftrie unb
ber bamit gufammenhängenben 2Bi ff enf (haften bat in ber jüngften Beit eine 5Heil;e non
Bonitäten gu Warfte gebracht, unter welchen mir bie nachftef;enben hernorheben: „Les
trait<5s de commerce, textes de tous les traitös en vigueur, notamment des
trait^s couclus avec TAngleterre, la Belgique, la Prusse (Bollnerein) et l’Italie,
par P. Boiteau“. Stach eiuer furgen Tuftorifctjen (Einleitung enthalt bieS ©uch nit^tö
weiter als ben wörtlichen Sejct bet £anbelSoerträge, welche granfreid; mit nachftehenben
tfänbent abgefchloffett I;at: (Englanb, ©elgien, Preußen, Stalien, Oiußlanb, Sürtei, lieber*
lanbe, Sättemarf, Spanien, ©rajilien, bie central- unb fübamericanifchen Siepublifen, bie
©anbwichS-Snfeln, Junis, SDtaroffo unb (El;ina. CFö liegt auf ber £>anb, baß bei ©er*
gleichen unb 9tachfchlagungen eine folche Je;rtgufammcnftellung if;ren SBerth l;at* —
glachat, bereits befannt als 3lutoT im (Eifcitbahnfach, gab h^auS: „Les chemios de
fer en 1862 et en 1863“. Sa$ ©ud; verfällt in gwei 3lbtheilungen. Sie crfte ent¬
halt eine Statiftif ber (Eifenbahnuntemehmungen, nebft Stubien über ihren (Einfluß in
(Englanb unb granfreid; auf ben öffentlichen 9leid;tbum, auf bie Sitten unb auf bie
Äräfte ber Nationen. Sie zweite 9lbtheilung giebt ben ©erid;t glad;ats, ben er als 9lit»
glich ber 3urp bei ber Sonboner BnbuftrieauSftellung über bie Jocomotincn erftattete, fo
wie noch gwei anbere ©erichte über tecbnifche gragen beS (Eifenbahnfad;eS. — (Ein neues
©crfehanbbuch non 31. ©itu („Guide financier, lepertoire general des valeurs
financieres et industrielles cot£es sur les bourses frangaises et sur les prin-
cipaux marchds etc.“) geigt in feiner Sicfleibigfeit unb in ber gülle feines engge*
brucften Materials, gu welcher 3luSbel;nung fd;on baS SJiffen ber ©orfe angefd;woUen ift.
SaS nachgelaffene ©Serf beS ©rafen 3llfreb be ©ignp ift foebcn erjd;iencn. (Es
entbalt ©ebid;te unb führt ben Jitel; „Les destinäes, poesies posthumes“.
9teue Oiomane haben wir lange nid;t erwähnt, aus bem einfachen ©runbe, weil
biefeS gad; nid;t gu ben ftarfcn Seiten ber neueren frangofifchen i'itteratur gablt, unb
weil genau mit ber 3 uuehmcnben 9)iaffe neuer Montane bereu geringe ©ebeutung Sd;ritt
hält. £h ec P^ le ©nutier füubigte bereits oer bveißig Bahren einen Vornan: „Le ca-
pitaine Fracasse“ an, ber aber bis unlängft als unnoilenbeteS ©tanufcript im 9>ulte
beS ©erfafjerS rul;te. 3cpt ift „gracaffe" enblich im Srucf erfdnenen unb erlebte fogar
in furgem mehrere 3(uflagen. Sie (Erwartung ber Befewelt ift jebod; nur in einem fel;r be*
fiheibenen ©rabe in (Erfüllung gegangen. 3Bev ritterliche ÄriegSabenteuer gerue liest unb
nach ben oielcn Segenftbßen ber gal;lreid;en SumaS’fchen gelben noch Sinn für berlci
Singe t;at, ber wirb in Slmebee 3ld;arbs neueftem Vornan „Les coups dep6e de Mr.
de la Guerche“ noch Ö^mg Schwertergeflirr unb Sdüachtenlärm ßnben, um im ge¬
mächlichen, mol;nlid;eu 3immer ncr beut Sd'lafengel;en einer in alltäglich-bürgerlichen 3u-
ftänben lahm geworbenen ^>h an hrfie eine d;eoalercsfc (Emotion gu nerfchaffen. ©on 9)Jario
Ucharb, helfen lepte (Ergählung „Raymon“ niel gelefen würbe, haben wir einen neuen
mehrfach angefünbigten Vornan nor unS: „La coratesse Diane“. ÄeineS biefer ©ücher
ift aber fo oortrefflich in Scene gefept worben, wie ber breibanbige 9toman: „Le Mau-
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dit, par l’abbö f f f*. ©cbon elje er erf^ien, fd)Wirrten bie {Rotten burdj alle Sour*
nale über ben ®lan$ beS $u ermartenben ©eftirnS an bem jefct etwas fahlen Fimmel
ber {Romane. ©ie {Reugierbe ber Sefewelt mürbe mit bat fc^ärfften {Heilmitteln aufge*
fta^ett über bie 23ebeutung ber $Perfonlicbfeit beS £>erfafferS, bie feciale unb religibfe
Seite be$ Sucres hervorgeljoben u. f. m. 3 e( 3 t, nachbem ber {Roman wirf liefe unb leib*
Saftig vcrliegt, finbet man, bat} eben jenes Arrangement bei ber fPublication faum von
bem angefünbigten OpuS felbft erreicht wirb.
©a mir gerabe von {Romanciers fpreefeen, fo mellen mir nicht unerwähnt laffen,
bafj glaubert für feinen {Roman „©alammfeo“, beffen Scbauplab befanntlicb in bem alten
ÄOrtt)ago liegt, von bem 33ep non Junis ben -R^am-Orben erhalten l;at. ©ie neue
SBürbe mirb bem {Romantifer beS alten Äartbago mieber Gelegenheit geben, eines jener
feinen ©inerS $u arrangiren, welche unter ben ©ourmanbs von $)aris Auffehen enegten
unb ber Ausbreitung beS {Rufes ber „Salammbo" burcbauS nicht fcbäblicb mareit.
* ©er bi^mifd?e Äünftlerverein „Beseda umSleckä“ l;at in Anbetrad;t, baf} eine
AuSftellung ein^cimifd; er altertümlich er ^unftgegenftänbe 00 m Äreife
feiner SSSirffamfeit nicht auSgefd'leffen ift, bef^lcffen, eine folcbe Aufteilung im heurigen
grubja^re $u veranftalten.
©er herein menbet ftch beS^alb an ben Abel So^menS, an bie fycd;mürbigen Äircben*
unb Äloftervorftänbc, bie ©emeinbereprafentanjen, ferner an alle jene private, meld;e fid>
im SBejtfce altert^ümlicber Äunftgegenftänbe befinben unb geneigt mären, feldtc jur AuS*
ftellung ju bringen, als ba fmb: Gancionale, ©emcilbe auf $cl.$, 3J2etaU, ©laS, Seinmanb,
Altarfcbreine, JBilbermerfe von £ 0 ( 3 , SJiarntor, 5Retall it. bgl., Stabtfiegel, llrfunben.
Objecte, welche auf bie $>eriobe beS 30jaf;rigen ÄriegeS ^öe^ug haben, merben als
eine Abteilung ber AuSftellung befonberS 3 ufammengercibt merben. ©egenftanbe melcbe
non ber „Arfabia" fehen in ber lebten AuSftellung erpenirt mürben, merben nicht
mieber aufgenommen.
* 3m Vergangenem 3al;re mürbe befanntlicb au bie SRc(taurirnng verfepi ebene r
Ännftbenfmaler unb Gapellen ÄrafauS £anb geli'gt, bereit Äoften %ilS von
^>riVatperfonen, t^eilS bureb freiwillige {Beiträge ober Sammlungen ‘gebeeft mürben,
5Rebrere biefer Arbeiten ftnb vcllenbet, anbere feben ihrer i'ollenbung entgegen, ©ie
Satijtebrale auf bem SBawel mirb im Allgemeinen von bem ©omcapitel in Staub er*
Balten. Auf Äofteu ber gräflich 9>etocfffcben gantilie mürben baS früher 3 amiS 3 a’fd;e
Oratorium, burc^ ©raftn Anna SÖ^Somicj bie Sopbien‘ 6 apel(e, baS S 8 afa*Ciatorium
bureb .t)oc^m. Anton ©pstrjanomsfi renevirt ic. festerer batte noc^, mie mir ber „Gbrnila"
entnehmen, einen gonbS von 10.000 ft. für {Reftaurirung ber 3agellonifd;en oba* b. Äreuj*
capetle beftimmt, eine Summe, bie ftd; burd) 3 ufd;u^ ber vieljabrt’gen ^rocente bebeutenb
veiutehrt traben mitfj. ©er Arbeiten in ber SipSfi’fcbeit Otapelle ift bereits tnehrfad; gebad;t
merben. 3 n ibr ftefyen bie ©rabbenhnaler ber hier beerbigten unb um bie 95erfd?6nerung
ber feit 1350 erbauten Gapelle verbienten SDianner, beS Ärafauh’ SJifcbcfd Anbr. ?ipSfi
unb beS GarbinalS Sei;. ?ipSfi (vom 17. unb 18. Sahrbunbert). grau 3rnobia V. £9 fy
linSfa, geb. ?ipsfa aus llSarjfmo (?)ofen), überfanbte 1862 300 Jbaler, cbenfoviel
4>en 3cfepl; v. ?ipsft aus ?emfcmo für {Reftaurirung ber mit tbeitmeifem 3?erfaH bro*
l)enben Gapelle. ©ie noc^ nötige Summe in faft gleicher ^o^e gab baö ©omcapitel
aus erfparten gonbS t;er. SiS auf baS ©rab unb bie Sarge, in beucn bie jmei ermahn*
ten ©rünber ber Gapelle ru^en, gu beren {Reftaurintng weitere Seitrage erforberlicfy ftnb,
ift bie IRenovirung gegenwärtig vollenbet unb befriebigenb ausgefallen. Giner gleich ge*
lungenen 9 leftaurirung l>arrt nur noeb bie vorerwähnte Äreu^capetle, fo mie biefer unb
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ber nctbigen gonbß bie ber Stgmunbe, baß Eenfmal Gaftmtrß beß ©rctjen unb baß alter»
tbümlid^e ©emälbe ber peiligen 2lbalbert unb Etanißlaw.
©i$un9«kri(^te.
ß. fi. gfohjgifrijc ftetdjsait|taU.
Berfammltntg rem 19. Saunet 1864.
perr !. f. pefratb unb Eirectcr B3, Jaibing er im Bcrftb.
perr Eivector !. f. Refrath 38. paibittger gebenft beß pinfebeibenß beß !. f.
Ealincn|ubbüttenmeifter$ in (ibenfee s J>a^quaI ÜRitter r. gerro am 5. Sänner im Filter
ren nur 42 Sahen, ber im hinter 184 3/44 an baß !. !. inontaniftifebe 9)lufeum
cinberufen geweint mar unb bamalß an ber XUnfertiguug ber erften ßeclcqifd;en lieber*
fiddßfarte ber efterreiddfeben Bicnardde mit tbeilneluitenb unter anberem gerate bie reine
(Sepie bargeftellt batte, treld>e pefratb «§>a ibinqcr am 6. 9)lar$ 1844 bebufß ber
fpäter ju erlattgenbcn 9lKerbccbftcn Bewilligung ( $ur Erucflegung auf Staatßfcften bem
bamaligett !. !. peffammcvtndfibentcn greibetrn r. Äiibecf rcrgelegt batte.
Eer Bcrftfcenbe berichtet, baf;, teie im rerflcffenen Sabre, bie ßrgebniffe ber Ülr*
beiten ber !. !. geelcgifcben Sieid^anftalt an geclcgifdvcclorirten Saiten ren neuen 2luf*
nahmen unb an Eructwerfen tuvd? Se. Gjccellenj ben perm f. !. Staatßminifter ^Ritter
r. Stbmerling an Ee. f. f. Sipeftelifcbe 9)iajeftät in tieffter Gf;rfurcbt geleitet worben
finb. Eie fcd;ß uuftlid'ften Eecticnen ber t. t. ©enaatquartiermeifterftab^Specialfarte
beß Scnigveid'ß Ungarn ncrblicb ren ber Ecuau (91r. 14 Sfalits, Br. 15 Srentfd'in,
Br. 24 9)calac$fa,. Sir. 25 Jtjmau, Sir. 35 ^reüburg, Sir. 30 Sleutia), außgefiibrt
bureb bie Herren f. I. Bergrath gceiterle, Eectienßgeclcgen 38 elf, g reib eint een
Slnbtian, s faul, treftlicfc begleitet een ben P errett f. f. Bergingenieuren Babattef,
per tuet unb Bücfcr, unb eftlid; reit ben getreu f. f. Bergrath gratt.$ Svittei reu
^auer, Secticnßgeclcgcn Er. Stad;e, begleitet reu ben Venen f. f. Bergingenieuren
38iufler, (5erntaf, S Pe6 epni>, welchen fid; ited> bie Verrett Er. pefmann unb
Er. 9)1 ab elung angefcHeffen batten, gern er ber 13. Banb beß „Sabvhtcbeß ber t !.
geclegijden Beid'ßauftalt für 1803" unb baß ©eneralregifter für bie erften 3 eint Baute
bee Sahhuchß reut Perrn ©rafen 9)iarfd;all. Snt Slnnbluffc an biefc ©egeufteinbe
leriddet ber Berfinettbe ned' reit ber Imlbrcid'en Aufnahme itt ber allergnabigft bewillig'
tat Siuticn .5 tureb Ee. f. t Slpcftclifde Biajeftät am 21 . Eecentber 1863, bco Bkvteß
,,©cclcgie Siebenbürgens", reu perm f. f. Bergratl; grätig SHitter r. .pauer unb
Er. ©. Eta che rerfaf;t unb reu bem Ber eine für fiebenbürgijite itoiiteetiinbe betaue-
gegeben, wcUbeß reit ihm felbft itt ©efellfebaft bee .pernt Oieid'oratbßabgeerbueteit s J>rcf.
gr. Ecbttler r. Vi b l cu ren permannftabt in Bcrtretung beß genannten Bereineß in
tieffter Ghrfurdtf überreicht werben war, in pratriuber Sufamnuttwirhutg nach beut ©vuith
fatw „Viribus unitis a f ber 9ieid;ßanftalt in B.'ien unb beß Sreitlanberereitteß itt .per*
mannftabt.
Eaö rierte .peft beß Sctbrbucbeß ber f. f. geelegifdum 9lcid;eanftalt, weld'eß ben
13. Banb fcblicfjt, wirb rergelegt. Eer Bcrfibenbe gebeult beß weblwcKettbeit Beriddeß
über bie f. f. geolcgifd^e Oieid'ßanftalt unb ihre Arbeiten ren .penn Er. $(. 9)labe*
lung itt s Peterntannß f ,9)iittbeilungen w , fe wie ber anregettben Slacfcriebten itt ber
©erelb'fcben „Cefterreic^ifchen 9ierue". lieber bie nun rerbereitete grefte Ueberfiddcdarte
beß Saiferreidwß wirb ebettfallß Badwidd gegeben. Sie feil in bem 9)la^e ren 8000
Slaftan gleid? einem 3rÜ in neun Blattern in garbenbruef außgcfül;rt werben, Beit ber
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©ollenbung ungefähr ben jept an in gwet SaBren, gufammen eine grcfce Jafel ben
5 guf? Vc^e, 8 guü ©rette.
2(ucb ben bem Staube ber gcclegifcben UeberfichtSfaite ben Seutfcblanb, 3 U welcher
ben bet T. f. geclogifchen 9ieichSanftalt bie Sefterreid; betreffende 9lbtbcilung geliefert
warb, würbe berichtet. Sie wirb ben Sr. Sjrcetlcng bcm Verm f. pr. geheimen Dratlj
V. b. S eeben in ©enn fcblie^lid; gufammengeftcllt unb bürfte etwa innerhalb eines
3abreS beflenbet fein, Verr b. Sechen fpricht in anerfennenbfter Steife fein Unheil über
bie Arbeiten ber !. f. geelcgifcben IReicheanftalt aus, namentlich wie mir „ba$ Viribus
unitis auf baS berrlichfte angemenbet".
Sn bem 13. ©anbe beS 3dhbitcbeS fittb bie Jjpencn f. f. ©ergingenieure in OaS
©erjeid^ni§ beS $>evjonaleS ber f. f. geclcgifdwn SRcicbSanftalt eingefteüt. Es ift bieS 3 war,
aus 3 mei SDiinifterien, nur ecriibevgehenb, bed; nid;t ebne anregenbfte Einwirfung für
fpätere 3 rit in ber Erinnerung an gemeinfanie Arbeiten.
91 cd? (egt ber ©erfipenbe eilt fürgltcb erhaltenes Veft ber „Paläontologin Iu-
dica a ber, hen ber Sirecticn ber geclogifchen SanbeSaufnahme in Ealcutta unter Sr.
J^cmaS Dlbham IjerauSgegebcn, in welchem ber Slnfang ber ©carbeitung ber 3lmmo*
niten aus Süb*3nbien, ber Untgegenb ben Jriduncpclp enthalten ift ben unferem frühe*
ren 2(rbeitSgencffen ^etrn Sr. gerbinanb Stolicgfa. 2ln beut Jage, me er ben ber
f. f. gec(cgi|d;en Sfteidjsanftalt am 4. 9icbcntber 1862 2lbfcbieb nahm, mar ein Veft ber
„gcfftlen SORcttuSfen bes JertiärbecfenS ben ©3icn" ben $erm Sr. 93i. fernes bcvgelegt
werben. Sn Ealcutta ift nun bie Verausgabe in bollern gertgauge, mährenb bisher ein
neues Veft he* w geffi(enSOlcUuSfen" noch nid;t im Srucf begonnen ift, me bie Schmie¬
rigfeiten mächtiger maren, a(S bie angelegentlicbften 5t?ftnfdm. Ser ©erfipenbe hebt her¬
ber, mie rafd) unb eifrig unfer pcchgeebrter greunb bert an bie Arbeit ging, me her mir
neep fo manchem großen Erfolge entgegen]eben.
Vcrr Sr. ©. Saube machte eine SJüttbeüung über bie 3innerglagerftätten ben
©raupen in ©cpmen. Siefelben gehören gmei berfchiebenen Spftemen beS Erzgebirges an,
bem grauen ©neifj als ©änge unb bem grifitpcrpbttr a(S StcefmerfSmaffen. ©cn ben
©ängeit ftnb 40 naher befannt: fte ftnb auf brei ©ruhenrebiere ben 200.709 jDitabvat»
flafter g(äd;enraum mtheilt. 93tan unteifdmibct brei 9(rten tiefer ©äuge: 1 . Vnuptgäuge
mit flachem galt unb 2 bis 5 3 hl Scächtigfeit, fte führen 3<nnftctn entmeber rein ober
begleitet von ©limmer, Sfcinntarf, glufipatb, Eifenglang unb fehr wenig Äicfen; 2 . ©e»
fähvtclgängc, weniger mächtig unb fteiler fallenb als bie Vauptnauge, führen faft nur
3innftein; 3. ftehenbe ©änge, 1 bis 3 3 hl mächtig, fteil einfalienb. Jbre 2luefii(lung
befteht- ans gufammengefitteten Öuargbrccfen unb führt bie( ÄieS.
Sie Stcctwerfe beS gclbfteinpcrphbreS nfd'cinen unmittelbar an ber ©renje biefeS
©efteineS gegen ben ©nei§. Sie Evge ftnb ben iQuarg, Steinmarf mtb gluffpatp be¬
gleitet, mährenb ftiefe fehlen.
Sie Vanptgänge unb ©efahrtelgangc bes Änetler* unb 93 t ü cf eub erg er reu i er öS ich einen
tie äluften 31 t fein, jünger ftnb bie Vanptgängc bcS Stcinfncdwner DieriereS unb ipnen
erleid; im 2 (iter bin fte bas ^'reiffelberger St cd weif fein; bie ftehenbeu ©änge enbltd; er-
fch einen als bie jfmgften ©Übungen.
f ^cn f. f. äk'rgratb 93i. ©. ?tpclb berichtete über bie Ergeht nie einer Unter»
udmng bei* Äct;lenbergbaue bei ©erS 3 aS 3 fa in ber ferbifeb-banater SOiilitärgren^e, bie er,
aufgefcrbeit ben bem Vt'trn ©cfiper, faif. 9\atb Äarl Alein, im 91 er ent ber beS ber*
flcffenen JabreS gemeinfchaftlich mit SienbS Stur befudü batte.
Sie fcblenfübreubeu S dichten ruhen auf ©netfj; fte ftiridum uerbfüblid) unb
fallen treftlid;. Srei ©ruhen finb im ©etliche, in Äagla, in Äamenipa unb in Sirinia,
unb au^erbem hefteten Sd^urfbaue in CfaSu 9Ren unb SReegfa. Sie ©auc in Äegla unb
Äamenifca würben bot 18 3ßf;ren eröffnet, ftel;en aber erft feit 5 3afyren in regelmä§i-
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158
gern unb fdjwunghaftem ©etriebe; ber ©au tn Sirinia würbe etfl im abgelaufenen 3a^te
eröffnet. Sie bisherigen Äuffcblüffe erftrecfen ftd) in Äozla auf 380 Älafter im Streichen
unb 50 Älaftcr Saigertcufe, in Aantcniga auf 130 Alafter nnb 60 Alafter, in Siri*
nia auf 60 unb 15 Alafter. Srei Äohlenflöge ftnb befannt unb in jebem ber brei
©aue burcbfahren; $wei baoon mit einer burßfdmittlichen SDiacbtigfeit non 2 bi« 3 gup
fmb abbauwürbig. Sie (Erzeugung, feit ben lebten 5 Sauren in ftetiger 3unal)me, er*
reichte im norigen Sal;re 222.000 Wiener Sentner,. beren ©erfaufSpreiö in Srenfona
45 fr. ö. S. pr. (Zentner betragt.
Sa« geolcgifcbe Älter ber Ablagerung ergiebt ftcf> au« ber Seftimmung ber $Petre*
facten einer im ^attgenben ber Acblenflöge auftretenben Äalffcfyichte. 9tach ber Unter*
fucfmng bon ^rof. $>eter$ gehören biefelben ber SiaSfermation an, Welche befanntlid)
bie beften unb reiitften Steinfcljlen im ©ebiete bet öfterreic^ifcben 9Honarcf)ie liefert,
Äuper ber bcquglicben Qualität ber Aobfe fommt aber ben ©eröja^faet ©auen aud) nod)
bie auperorbentlid) gfiuftigc Sage bid)t am Scuauftrome befonberö z u ©ute.
£ett Sionp« Stur entwicfelt feine Änftcbten über bie neogen-tertiären Äblagerun-
gen im SJlör.j* unb ÜRurt^ale in Steierntarf. 3n beiben Scalern taffen ficf> Ablagerungen
ben gwei neogeiten AlterSftufen unter]Reiben; bie tieferen, befteljenb au« ßonglomeraten
unb Sanbfteinen unb barunter Sdnefertljonen mit Äoblenflögen, ftnb burd) Saugetier*
refte d)arafterifirt unb entfprechen ben „marinen Schief)ten" be« Siener Sertiärbecfen«.
.piet)er gehören bie Ablagerungen non Sumau, Afleitz, $)arfd)lag, 3Ha, ffiinfl, Urgen*
tl)al, Seoben, Jrcfaiad; u. f. ti\; bie höheren hefteten au« Segel, ber ebenfalls Äotylen*
flöge führt unb barüber Spötter. Sie enthalten Gongerien unb gehören ba^er unzweifel¬
haft ber cberfteu Süpwafferftufe be« Siener ©eefen« an. Sie Aohlenablagerungen im
oberen SKurtbale, ftnb lieber ;u beziehen. 3ebe Spur einer Ablagerung, bie man ber
mittleren bracfifd;en Stufe, ben (5eritbienfcbid;ten be« Wiener ©eefen« paralleleren tonnte,
fehlt bagegen in ben norböftlic^en Alpen gdtt^lic^.
Dfrfrnnmluttö i>ft b. h. joolo0tfdj-l)otantfdjfn ©effUfdjaft
am 13. 3ünner 1864.
s )iad; bec ©erläge ber eingegangenen ©egenftänbe t^eilt ber Secretär Sitter non
graueitfelb mit, bap Se. f. ^of>eit ber burd?laud>tigfte £>err Erzherzog Subwig
3cf ept; ber ®efe(lfd;aft einen ©etrag non 240 fl. guftetlen lieg, wofür bie Anwefenben
ben wärmften Sanf mittelft (M)obung nett ben Sigen au«fpred?en. 3n Setreff ber 9)ie-
baille für bett bod'Oerbienten ©ctanifer .'pefratt; n. Dllartiu« in 9Jhuuben t^eilt er ferner
mit, bap biefc Ehrengabe itt geige gepflogener i'erbanblungen nunmehr non SSien au«-
gehe unb labet baber bringenb zur regen Sbeilna^me an berfelben ein. 6nbli<h legt ber-
felbe ba« britte unb nierte $eft ber ©er^anbluttgen ncr, fo wie ba« non ber ©efellfc^aft
herausgegebene ®erf über Üeftribett non .pern grieb. ©rauer unb ba« Scfyluf$eft ber
„Diptera austriaca“ non Seiner, zwei SSerfe, bie mit eben fo niel ©rünbliddeit alö
gleip unb ÄuSbauer z u oefitfert würben uitb woH geeignet ftnb bie Ästung nor
ben ^ieftgen Seiftungen in Saturwiffenfhaften zu ert)öl;en.
Sirectcr ©runner n. Sattenwpl übergiebt ein Serf über bie gamilte ber
©attiben, weites bie ©efeUfd^aft zur ^eraußgabe übernommen l;at, unb befpri^t ben
3nl)alt beweiben. S%enb Äubinet Semille unb ©urmeifter, beibe gleichzeitig im Suh^e
1839, eine fpftematifd)e Arbeit über biefe Äbtl;cilung ber ©erabflügler gaben, in welcher
erfterer 80, legterer 120 Arten betrieb, erfepien feit^er fein weitere« umfaffettbe* ffirrf
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159
über jene Snfecten. b. Brunners ©er! entfalt eine neue abmeichenbe Glajftficatien
über biefelben unb et betreibt in feiner Arbeit in 50 ©attungen über 400 ülrten.
.£>err 3. Suragta legt abnorme Blüthengmeige ton Prunus cerasus oor, welche
$err Dt. Aarl Schiebermaper aus Airchborf eingefenbet oen einem Spalierbauer, ber
im September 18G1 gum gmeiten 9Rale geblüht bjatte, mo bie Blühen ftatt in bclbigen
Süfcfeln einen bolbentraubigen Blüthenftanb mie Pruuus Mahaleb barfleflten.
SHitter n. grauenfelb fpricht über Scenopinus nnb Platypega, gmei gliegen*
gattungen, bie er gezogen, unb meist aus ber s IRetamerpfefe nach, baß beren bisherige
fpfiematifche Stellung eine irrige unb namentlich ihre Bereinigung gang unguldffig fei.
gemer t^eilt er ein tleineS fycx in ©ien erfdneneneS ©er! über ©allauSunlcbfc ben
$ammerj<hmibt mit, meines er nach langem bergeblichen Bemühen enblict) erft bur<h
Dr. Sichel in Paris gur 5lnftcf)t erhielt, unb befprid;t ben 3nf;alt beSfelben.
3ln eingegangenen 9)lanufcripten mürben Beobachtungen in ber Bogelmelt aus ber
Umgegenb non ßifli in Steiermar! im 3ah re 1863 bon @b. Seibenfacher unb Be¬
richtigungen unb 3ufäfce gur glora bon Dber-Defterreid) bon Dr. Sauter in Saig-
bürg borgelegt.
©nblich mirb bon $errn SR auf eher betn 5lnbcn!en ber beiben Botanüer
©. Jlanp unb Prof. 5llfchinger, melche bie ©efellfchaft !ürglich burch ben Job
berlor, einige ©orte ber ©rinnerung gemibmet.
Ungartf^e Älutfiemie.
Die erfte große Sifcung mürbe am 19. Sänner abgel;alten. Die ©egenftanbe bon
allgemeinem 3ntereffe maren: geftftellung beS PregrammcS für bie öffentliche Sifcung,
3uer!ennung ber greife, 5lufftellung neuer Preisaufgaben unb Ganbibatur neuer
SWitglieber.
©ine neue Stiftung h at bt e ©emalin beS £erm 3of> ann 9Rolndr, £uife geb.
b. Sgtrofah, für bie 5lfabemie gemacht. Diefe Stiftung, melche aus 1000 Stüd
Ducaten befteht, mirb ben tarnen ihres berftorbenen BaterS hinten Sgtrotap, gemefenen
rrbentlichen 99iitgliebe$ ber 5l!abemie, tragen unb aus ben Sntereffen berfelben feil jebeS
gmeite 3&h r hi nn ®ebicte ber jRed;t$» unb StaatSmiffenfchaften erfchienene ©er!
mit je 100 Ducaten pramiirt merben.
Unter ben eilf epifefen Dichtungen, mel^e um ben WdbaSbp-PreiS bon 100 Ducaten
coitcurrirten, trug baS ©pcS „Buda haläla“ bon Solenn 5lranp ben Sieg babon.
2)er „Job BubaV ift ber erfte, jeboch in fid> abgcfthlcffene Jbeil einer epifcf?en Jrilogie,
melche, menn fte boßenbet fein mirb, ein epocfentacbenbeS ©er! in ber ungarifchen Sitte-
ratur gu bilben bespricht. Der 91dbaSbp*Prei$ mirb für 1865 abermals auSgefcfrieben.
Der für eine ©efchichte ber ©rfinbungen imb ©ntbectungen anSgefchriebene preis
Don 300 fl. h a ^ e nur einen ^Bewerber gefunben, beffen Arbeit als preiSmftrbig ertldrt
mürbe. 511$ Be^affer ftellte fich ber Prof. 3uriS Submig Barbe cg heraus.
Der Damenpreis für eine ©efchichte ©riechenlanbS bis auf 5llejranber ben ©roßen
rauTbe nicht begeben, ba !eine ber eingelaufenen gmei Goncurrengarbeiten als preismürbig
fcefunben marb.
©ben fo erfolglos blieb bie Goncurreng um ben @orobe*Prei$ über baS Belts-
t^ümliche in ber Poefte.
Der für eine Philologie 5lbhanblung auSgefefcte Sdmuel-preis bon 15 Ducaten
würbe betn correfponbirenben DJUtglieb Sofepl; Bubeng für feine 2lbl;anblung: „Jfchu*
tt>affif<he SKittheilungen unb Stubien" guerlannt.
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Ser große 2l?abemtepreid mürbe bem erfteit Banbe bed ©erfed: „Biologie bed
Wendenoen &ol. Balogh, ber SOtarqibanpffche 3 )reid bcr „ 2 tntericanifchen Seife*
hefchreihung" oon Äarl Senbtmid} juerfannt.
Sie ßleid;faUö biefer Section $ufemmenbe <^rei 6 uttg ber S3ite$'fchen f)reidfrage
mürbe ocn ihr in folgenter ©eife formutirt: „Sd »erbe irgenb ein Mineral ober ®e*
ftein ober iVtrefact auf ©tunb eigener neuer Säten in ber Steife hefchriehen, baß bcffett
bisher nicßt gefannte Berhaltniffe erficbtlich gemalt merben". Siefe Aufgabe mürbe
gutgeheißen.
gür ben ©oreoe* s Preis mürbe ocn ber philofcphijchen 2lbtheilung fclgenbe gtage
empfohlen unb ocn ber Berfammlung genehmigt: ft ©eichen ©influß übt bie neuere ©nt*
mtrf'lung ber Saturmifienfchaften auf bie bie greibeit bed SöiHend unb ber menfc^lid'en (Seele
rer%tbigenbe philcfopbie aus ? me lebe ber neueren naturmiffenjcbaftlicben Sichtungen ift
biejenige, melcbe mit biefer 5 )f;ilcfepbie ccflibirt? unb ^aben mir biefe ^f;itofcp^ie ober
aber bie ihr entgegenftehenbe naturmiifenfchaftlicbe Sichtung ber Unooflfommenheit $u geilen?"
3 u convfponbirenben SKitgliebem mürben gemäht: ütelfi, $Päfh, Suhafba,
Baron ©abriel Ä ernenn, Slntread gäbe, Ä. 2 hdl 9 , Sc^fap, 3ul. Samara, 3ul.
©regufd, Äol. Balogh, Stfcop, 3 la mal unb non Wurmartigen: i^ierd, Schleifer,
Beba Subif.
J)fiitfd)-t)i|t0ri|tt)fr Betritt in iBffljtnett.
3n ber Sitfumg ber Slbthcilung für Sprache, Sitteratur unb Äunft oom 21. 3ün-
ner fam bad ©er? bed 9 >rcf. 2 ?. ©ruber über bie Äaiferburg $u ©ger unb bie ftch
an biefelbe anretyenben Baubenfmale burd; ben Bereindfecretär Verr Sr. ©ie<homdfp
in ber £anbfd;vift 311 m 2'ortrage. s Prof. ©r 11 eher meidt unter anberen nach, baß bie alten
Baumerfe ber Stabt ©ger turchgehenbd ben beutfepen ©harafter an ftch tragen unb nur
auönahmßmcife unb in geringen Spuren ein £> in üb ergreifen ber fpecied bc^mifc^en Äunft*
rid;tung fich nachmeifen taffe, ©ad indbefonbere ben fegenannten Saalbau anbelangt, fo
ift betfelbe in bem Sunbbogenftil, mie er ftd) um bie DJiitte bed 12 . 3 al;rl;unbertö and*
prägt, gehalten unb mit S ich er heit in ben Safiren jmifdjen 1150 bid 1175 audgefül;rt
merben. Dbmcbt längft oerfallen unb nur mehr eine bem gütlichen Berjchminben ent»
gegengehenbe Suitte, mache jelbft biefer Seft ne cp einen übcrmaltigcnben ©ittbrucf. 2ciber
dürften bie herrlichen genftenunbbegen mit ihren fehenen SSarmorfäulen mohl fchon in
menigen 3 ahren gufammenftürgen, ba bie noch ftel;enben Umfaffuugdmauern bed einftigen
Äaiferpalafteö fduifrlod ber ©itterung preidgegeben finb. gür bie ©entralcommiffion ^ur
©rfcrfdumg unb ©rhaltuttg ber Baubenfmale märe t;.ier eine fd;öue, menn auch fchmierige
Aufgabe 311 lofen. Sie Arbeit s Prcf. ©rueberd giebt eine oollfommene Sd;ilberung unb
©üvbiguttg nicht bloß biefed Baued, fenbern auch ber übrigen 2heile ber Äaiferburg, ald
beren ©rbauer mit ©emiijheit Äaifer griebrid; ber Sothbart begeidgnet werben fann: mie
3 . 23. ber merfmürbigen, noch 3 U wenig gemürbigten Soppelcapelle unb anberer merf-
mürbigen 23aubenfmäler oon ©ger. ©ine greüe ^tngahl mit großer Äunft unb bem forg-
fältigften gleiße ausgeführter 3 eicl;iumgen, 2 (uf» unb ©nmbriffe u. f. m. bienten jur @r»
tlarung bed 2>ortraged, ber allgemeinen 23eifall unb bie ehrenbfte 3lnerfennung fanb. Sie
Verausgabe biefer gelegenen 2 lbhanblitug marb tcfcbloffen; ebenfo mürben bie Einträge,
ben Biographien Tn’tocnragenber Seutfd'cn in Böhmen etn größered 2 lugenmer! gu^umenben
unb bie Biographie unb ben litterarifchen Sad;laß bed füglich in ©ger oerfchiebeneu
Sat(;ed ©rüner im ©ege bed Bcreined h^^ugehen, angenommen.
Vtrantwdrtltilrer tttfcarUur Dr« Cwpali Unufctrti btt lu itmr iettuifi.
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2>ic moberne TOufccnfragc in $ejug auf @efd)id)te, &unjit uub
Hnnftinbuftrtc *.
• ©on 3 a k o b $ a 1 k e.
„Paritäten fein 311 feh'n, f diene Paritäten!"
©fl ift nocf) nickt lange tyer, baß man mit fcem ©d;lagwort biefet m §am«
bürg einft woldbefannten 95erfe ba§ fcfjauluftige publicum wie mit einem Sauber«
tptucf) in bie (Kabinette lecfte. cpeute ift ba§ anber§ geworben, „^Raritäten" will
niemanb mehr feiten, nienianb mehr taufen nnb fammeln; SRoatjS hinter, ein ©tücf«
eben ägijptifdier ginftevniß, fclbft bie 'Jafebeleiter haben feine Sugfraft meßr. 3)ie
Liebhaberei bet Slntiquarier ift eine anbere geworben; bie ©ammelwutß bat fich
eine anbere ©eute aueerleben. tjtud> bie Gabinette unb SDiufeen haben alfe ißre
©efdßckte.
Sie Äirdten unb ©cßlüffer beö SOattelafterö famnielten ihren „©djag", ben fie
bei geften prunfenb ausftellten. 91 ber bie Äirctten unb bie ©laubigen backten babei
mefr an bie frommen, nuubertbdtigen Dieliquien als au ba§ foftbarc dlleib ober
bas reid)geid)niüdte Apaus, welches ihnen bie Äunft gegeben h at t e » unb für bie
©roßen biefer Söelt war bie Sammlung beö 'hrunfgeräthes auS eblem fDietall in
ber 2t)at ihre © djaßfamm er, eine 9lrt, ihren Dieicf;tf)um aufjubewahren unb 3ugleid)
ftol3 3ur ©chau 3U bringen. Sab ei ift nicht ausgeichlefien, baß fie nicht auch für
ben 21'crth ber fünfte eil nt ilrleit, ber ben bes 9JiaterialS oft oiclfad) überflieg, ein
»elleS ©efüßl gehabt hatten.
StllcS baß, wa§ man fo im SDtittelalter fammelte, batte gugleid) einen Swecf.
Äunftwerfe um bes Äuumrertbee unb bes Äunftgenuffeä willen 3U erwerben, baS
fam erft mit bem 15. Jalnbuubert auf, als bie SOialerei ißren alten SSeg, bloß
für einen beftimmten Swecf unb einen beftimmteu Crt 31t arbeiten, »erließ unb
nun inß ©laue hinein ©taffeleibilber prcbucirte, bie fid; eine heimatliche ©tätte
fuc^en fonnten. Sa 3uerft fing man an, mit ihnen bie Söänbe »on ^rioatweßnun«
gen 3U |d;mücfen, nnb nahm fie als SJiehel in bie ©eßloffer auf, wo man nur
fefte, 3um ©au gehörige SSanbmalereicn gelaunt ßatte. ©ie aber gewiffermaßeit
alß ßerrenlefe» @ut unb lanbläufige Soaare ein3ufangen unb aufgujpcicßern unb
ihnen in geiellicbaitlidjem ©eieiitanber eine bleibeitbe ©tätte an3itweifen, baß fonnte
’ 2ßir glauben bie SBemerfutig Beransfcbicfen 511 miifjen, bafj bie nacbfolgenbe (Erörterung
lebiglid) nom princip, oom «Stanbpunft ber 2Sijfenid)nft auegefet, ebne Siüdfid't ober Sieben rücf=
liefet auf eine beftimmte Certlicbfeit ober beftimmte gegebene 3 ufta»te. 3öo fcltfee torbanben unb
ni^t jn änbem finb, ba »eritefet ce fiep Bon fefbft, baß bie tt)ecretifcfeen Slnficbten liefe ifenen jtt
accommobiren haben. Sinnt, b.
ie««. ®anb m. 1 1
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erft Sitte werben, alb bie 33er»ielfättigungbfünfte, ber .Ipolgfchnitt unb ber Äupfer*
fHd), in (Schwung famen unb »iel unb billige äfunftwaare in einem förmlichen
tpanbel gu SSJJarfte brauten.
SBäljrenb bie Grofcn im 16. 3abrlnmbert noch eine Sßetle fortfutgren Äuuft*
werfe blofi alb einen Sd)mncf ihrer äßobnungen gu betrauten, ber gewölmlid;c
Säbel aber, Italien ausgenommen, überbauet an lei die 3)iuge nicht backte, waren
wo 1)1 bie ^atrigier ber .spanbetbftäbte bie elften, welche fich tpaubcabinette »on
allerlei frönen Sachen anlegten. £>urth i'icle Steifen Wetterfahren unb burd) ben
£anbel reic^ geworben, fanben fie hierin eine ebrenoolle unb gugleicb Genuf; gc=
währenbe SSerweitbung ber gewonnenen ?>ieirf)tbümer. Niit Silbern, Schnijgwerfen,
fdbön »ergierten Südjern, mit ben ebelften Arbeiten ber Golbjd)miebefunft bewährten
fie ihr feines Serftänbnif, bab fie im Umgang mit Äünftlern aller Sänber aubge*
bilbet hatten. 2lub biefer Seit g. 23. ftammen bie Wenigen guten Ueberrefte, bie fich
heute nod) im Seftj) Nürnberger ^atrigierfamilien erhalten haben.
Schon in ber gweiten Hälfte beb 16. Sahrhunbertb änberte fid; bab, wenige
ftenb in ben beutfdgen Stabten, Ungefärbt gu Sanb unb See, fdhlügjfte ber SSelt=
hanbel aub ihren .£>änben unb bie 33efi£ttuimer fcbmolgen .gufammen. 2>a fanb fid)
in ben dürften ein anbereb Niäccnatentbum, bab fid; beeilte, bie Sürger oon ben
gefammelten .Ätinftfc^ä^ert gu befreien. Nod) im 16. Sabrfmnbert beginnen bie
Namen ber großen Siebhaber unb Sammler and) norbmärtb ber 2llpen. Gtner ber
erften unb bebeutenbften unter ihnen war ber Grünbcr ber Slmbrafet Sammlung,
Grghergog Scrbinanb, ber gwar fiel auf tiiftorifc^c Namen gab, aber auch, aujjer ben
Nüftungen berühmter Sräger, in Gemälben, illuftrirten Nianufcripten, Sdjnihereien
unb Golbfdmtiebarbeiten mand; feineb Sßunberwerf ber Äuitft gufammeitgebrad)t
hat. 3h«n folgen aub bem Gefchlechte ber .spabbburger Äaifer Nubotf II. unb Grg*
hergog Seopolb in Srüffel, bereu Sammlungen jeht bie faiferlidje Galerie im
Seloebere bilben, bann ber Äurfürft Niarimiltan »on Saiem, Nlaria Niebicib »on
ftranfreid), ber Jpergog »on Sucfingham, Äönig Äarl I., (5f>rtftiite »on Schweben,
Sorb Qlrunbel, 9iid;elieu unb »iele anbere erlauchte ober berühmte Namen. Sd)on
fing bie Siebhabcrei an, fid) auf beftimmte Gegenftanbe gu werfen, g. S. auf 2luto*
grapf)en, Slntifen, gefchnittene Steine, hoch gehört biefc 31 rt »on Sammlungen mehr
bem 18. 3ahrh u "bert an.
Sereitb um bie Niitte beb 17. 3al)rhmtbertb würbe bab Sammeln Niobe*
fache bei ben »omehmen .sperren, unb man ging in f'arib beb Niorgenb gur gefell*
fcfaftHcbm Unterhaltung in bie Nrioatcabinette, wie man heute in ben Äunft»erein
geht. Nian würbe aber Unred;t thun, wollte man eb für blofgc Niobefache halten
unb bab Serftänbnifi anSfdfjlie^en ; im Gegentheil, Wab fid; »on f)ri»atjammlungen
aub bem Gnbe beb 17. unb ber erften .spälfte beb 18. 3ahrhunbertb erhalten hat,
bab legt lautrebenbeb Seugnif? ab für bie feinfte Äennevfd;aft, für einen oft grefg*
artigen Äunftfinn. Nur muh man bie minber glücfli^eu, oft entfteUenben SSermeb*
rungen ber Gnfct »on bem Stamm gu fcheibeu wiffen. Sammlungen g. 33. wie
bie fürftlidj Siechtenftcin’fchen fönnen unb über bab 3ntereffe, ben Gefcf)macf unb bie
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Dpferwilligfeit beß ©rünberß ober ber ©rünber nur in ©rftaunen jefcen, jumat
wenn man nod) ifyre gleichzeitig außgefüf)rten Prachtbauten in 23etv«d)t ^iet)t 3So
fänbe fich beute ©iner, ber ec* barin mit bem dürften epanß 51bam o. i'ied)ten=
ftein aufnebnten tonnte!
3m 18. 3alubuubert laufen allerbingß mit ber Äunlt auch ber Äuuftfitm unb
ber ©efcbmact im Sammeln, nicht aber bie i'uft baratt. Äreilid) gab eß immer
ne cf) eine ertlecfliche Ütnjahl echter Äunftentbufiaften, bie tourten, waß fie fammel*
ten, ton ben Sirenen herab biß in baß wohlhabende ©ürgerbauß, aber im 9l0ge=
meinen würbe baß Sammeln eine Ptanie, hei meid'er eß febr wenig auf ben
ffierth beß ©egenftanbeß anfant. Ja man hatte fo wenig Pietät, baf? man einen
förmlichen ©anbalißntuß übte unb bie ichönften Äupferftid;e rücffichtßloß ring’ßuni
oerftümmelte, wenn fie nicht auf bie ©artoitß ober in bie Pcappen paffen wollten.
©iß bahin batten bie ©egenftänbe entweber burdi bie Äunft ober durch baß
fnftcrifcbe Sntereffc ihre ©ebentung gehabt, jefit fam bje Sucht nach ^Raritäten
ober nach ganz abfonberlichen Singen auf. 5Run füllten fidi bie ©abinette mit aller®
lei Äünfteleien, mit wunberfanien Ubrwerfen unb med)anijd)cn Spielereien, mit
beweglichen ©Ifenbetnaugen ober langen, auß einem Stücfe gefchnittenen betten, ober
einer Plenge Äugeln, bie in cinnnber beweglich lagen, unb anberen Summbeiten
biefer 31 rt, hei benen ber ©erftanb beß gießenden Publicumß ftillftehen feilte.
Sie echten Sammler, b. ln biejenigen, bie eigentlich m 't her Piattie behaftet
waren, hatten eß nur noch auf eine einzige ©attung ober Specieß uon ©egen*
ftänben abgesehen, auf bie fie gerabe ein ©infall ober ein Bufall geführt batte. S o
gab eß einen Slutographenfanunler, ber tradftete nur nach Z’tutegraphen non heuten
mit bem ©ornamen Üubwig, weil er felber ihn führte, ©in mtberer legte eine
©riefiammlung non 5innen an, wobei er, wie wir hoffen, ein Pcufter feiner eige*
nen ©orrefpoubenz nicht oergeffen hatte. Sa eß bamalß bie golbene 3rit beß
Sd)nupftabnfß unb ber hoben, reich oci .iaon Spazierftöcfe war, fo waren and)
Sammlungen oon Solen unb St beten nab Stocffnepfen an ber Sageßcrbnuug.
Stiebrid) ber ©rofje hatte ein Sofencabtnet uon löuü ©reniplareit, oon benen er
ein Srittheil icben oon feiner Piutter überfommen hatte. 3nbefj, ba bie Sofern*
malerei jener 3rit wirflid; reijenbe Sachen aufzuweifen hat, baß fdgönfte baoon
reiltch oon einer gewtffen 3lrt, fo fann man immer noch con einem Äunftoergnügen
bahei reben. Ötefvnlich ift eß mit Sammlungen oon Änopfen, beten eß bamalß gab.
Sefanntlid) waren im 18. Jahrhunbert bie Änepfe ein -fwuptfebmuef ber fRöde
unb 53eftcn unb eß würbe oiel Äunftarbeit an fie oerwenbet. 9luch erhielten fie in
Plintaturmalerei figürliche SarfteHungen, weldfe bie Sageßereigniffe ju begleiten
pflegten, fo bah alfo jemanb in einer Änopffammlmtg eine illuftrirte ©eiefjichte he«
jißen tonnte. Gin hiftoriidfeü fsntereffe fnüpfte fidtauch an Sammlungen oon
äBeften, bie mit Scenen auß ben beliebten tliomanen ober mit gefd)ichtlichen Gr*
eigniffen beftieft waren. Plan durfte alfo gewiffermafjeu oon monumentalen Sßeften
reben unbmochtc fich e i ,tc 'trt ©ilbergalerie auß ihnen anlegen.
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Seltfamer fd)on ift bie Sammlung, bie ein ©nglänber anlegte — natürlich
rin ©nglänber! — nämlich Don feieren ©triefen, mit melden arme ©ünber ober
©apital* unb ©taatboerbredjer oom Sehen gum Sobe beförbert worben waren.
Sehnliche ©chauberfammlungen entftanben in ber frangofifchen SieDolution, wobin
wir eigentlich bie nidjt regnen wollen, bie aub ben Äüpfcit unb ©ebeinen ber
■Sbßnigbfamilie angelegt würbe, alb bie revolutionäre Söuth bie ©räber Don
©t ©eniß gerftßrte, benn eb gejehab tnel;r aub Pietät. Slub jener Beit ftammt bab
beute noch Diel befugte Söacbbfigurencabinet ber SJtabame 2uffaub in Sonben, beffen
eine unb berübmtefte Slbtheilung alle berüchtigten Stäuber unb 50iörber unb fonfti=
gen ©cbeufale beb Sabrbunbertb in getreuen Stadjbilbungen, angetban mit ihren
wirtlichen Kleibern, enthält.
©iefe Slrt Don ©ammelmanie ging in bab 19. Babrbunbert hinüber unb wirb
wabrfbbrinlitb noch ihre’ Vertreter in ber ©egenwart haben, Sor furgem erft ftarb rin
oielgewanbter©ichter, ber eine ©cfenfantmlimg binterliefi, welche bie gricbrich beb ©rohen
an Sah* noch übertraf, währenb ber ©ruber eineb berühmten noch lebenben fDtaeftro
mitten in einem erstaunlichen ©abinet Don Stattenfchwängen, .£>unbepfotcn, Äajjen*
fopfen unb anberen 2h' m "cberreften Derftarb. 9)tuf; ob auch [eiche &äuge geben?
3m Slllgemeinen aber ift bie ©egenwart auf ben entgegengcfc( 3 ten fBeg ge*
fommen: fte will nidf>t trennen, fonbern gufammenfaffen, fie will nicht Sammlungen
für einzelne ©attungen, nicht ©abinette, fonbern möglichft ©crfd)icbcnartigeb um=
faffenbe fDtufeen, fie will nicht bab ©urcheinanbcr Don Slaritäten unb Sehcnb*
würbigfriten, fonbern fie will aub beftimmten ©efichtbpuuften orbnen, gliebem unb
gufammenftellen. ©on biefer 2lrt ift g. ©. baß neue fDtufeum in ©erlin, bab $otel
©lunp, bab germanifche Sltufeum in Siüntbcrg, bab Äenfington=5Dtufeum unb bab
©ritifh'SJtufeum in Sonbon, obwohl biejeb feine Anfänge fdwn aub bem oorigen
3ahrhunbert herlritet.
Sejjtereb ift fogar in ber Bufammenfaffung fo weit gegangen, bah bie gange
Statur an fid> Ijfrangegogen h fl t, ®ie unb fcheint, völlig ungehöriger SBeife. ©emt
bribe Wirten Don Sammlungen haben ein gänglicf) anbereß ©ebiet unb haben fo
wenig mit rinanber gemein, wie bie ©efefnehte, im weiteren ©itme beb SBorteß
genommen, mit ber Statur ober Dielmebr mit ber Staturbefchreibung, benn eö
giebt allerbingb einen ^>unft in ber Staturwiffenjchaft, wo fie fich mit ber ©e=
\ä)id)te berührt, ©ie Sammlungen für .Sanft, ©ultnr, ©eichichtc unb 3nbuftrie
flauen rürfwärtb in bie ©ergangenheit unb haben eb allein mit ber SJtenfchheit
unb bem SRenfcblidtm gu thun, mit ben ©enfmälem ober Ueberreften ber ntenfeh*
liehen ©hätfgfeit. gier bie SRatunmiieen ift ber SWenich nur rin Object wie ein
anbereß; fie fammeln, wab noch ift, ober nur gum fleinfteit 2heile, wab einfl war,
fo ba§ rigentlich mit Unrecht naturhiftorif ch genannt werben. Sie fallen barunt
auch auß unfern Unterfudmng hinweg.
©ie ©egenwart, haben wir gefagt, will nicht ©abinette, fonbern umfaffenbe
SJhtfeen, aber fie geht weiter. Bum erften SWale wirft fie bie grage auf: SSogu
finb SJtufeen unb Sammlungen ba? Sinb fie blofj Äinber ber Saune unb
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ber 9Robe? 2?efrtcbÜ 3 mujert ber 9}enterbe unb Unterhaltungbmittel beS fülüffig*
gangeä ober, wenn eb bocf) fomrnt, wohlbefehte ©afeht für ben Äunftgenuft unb
äfthetifche Suppenanftalten für bab Bilbung fudjenbe publicum? 9ln bab teuere
ben!t man and) crft gegenwärtig, beim Bieber waren bie (Sammlungen unb finb
eb noch — „ 6 aoiar fttr'b Bell".
©ie $ragc, woju? ift nicht non ungefähr gefotnmen. Sie ift eine 3trt 9luf*
itbrei beb Bebürfniffeb. ©äbe eb nocft feine 9Rufeen, man müftte non jeftt anfan*
gen, fie ju errieten, benn, biötjcr nur 6 rjeugniffe bcö 9ieicbtt)um8 unb beS gurub,
ftnb fte auf einmal bringettbe ftorberungen ber Seit, ©ebote ber 5 Jlotf) geworben,
©er fRuf ift allgemein.
©ober bab Bebürfnift? woher bie 9iotb‘? ©er 'Jiuf erfdftallt gugleid? oon jWei
Seiten, »on ber SBiffenidjaft, wie oon ber Äunft. ©ort ift eb bie @eid)id)te, f)ier bie
Snbuftrie, fo weit fie eb mit bent Schönen ju tbun bat, welche beibe in einem
Umic^wung begriffen finb unb attb biefem Utttfcbwunge beraub auf einmal bie fRoth*
wenbigfeit unterftüfteitber Sammlungen erfettiten.
2 Bie bab jufammenbängt, baö werben wir im gclgenbeti 3 U betrauten haben,
jucrft. bei ber ©efc^icbte unb bann bei ber Snbuftrie. 6 b wirb fict> babei jugleid)
ergeben, wie beibe 'Jlrten oon ÜRttieen beic^affen, welcbeb ibr Snbalt fein muß.
I. ®«s (öef^i^tstnureum.
SSab bet ntobertte ©ejcbictjtfcbreiber bisher jum aubicblieftlichen ©egenftanbe
feiner ©arfteHung hatte, bab ift nur ein febr fleiner Jljeil oon bem, wab er eigent«
lid> ju erforfdjen unb barguftetlen bat, nur eine 1'rooinj eineb großen fReicheb. 6 b
oerhält fid) bamit ettoa fo, wie wenn jentanb bab geben beb SEReereb betreiben
wollte unb wüftte nur 311 erjäblcn oon Stünnen uitb Stellen unb aUenfallb oon
Sdjiffbrü(f>eit, nicht aber oon bem, wab bie uuermeflidje Jiefe birgt, oon bem geben
beb gebenbigen ba unten, oon ben eigentlichen Beweintem beb SReereb. 6 t lehrte
unb nur bie Oberfläche fenttett, nid;t aber ben ©egenftanb felbft in feinem inneren
unb wahren SSefen.
©erabe fo ber ©cfcbichtjd;reiber, berjenige, Weld;er l) eute auf biefen Flamen
einen beoorjugten, ja alleinigen Ülnfprud) erhebt. 6 r forfcht nur auf ber Oberfläche
umher, er erzählt uttb nur oott ben Stürmen unb SöeHett unb wab fie 3 ertrüm*
merten unb welche Beränbernngett fie rittgb an ben Ufern heroorbrad)ten. Sein
©egenftanb finb bie Bewegungen ber Böller uttb ber Staaten, welche Schidfale
unb SBanblungett fie in biefen Bewegungen erlitten unb wie fie fi<h feftfeftten unb
geftalteten in ©renjen unb Berfaffungen. 6 r ift Biograph ber Bölfer unb Bio*
grapft einzelner ÜRenfdien, welche bie Stürme att bie Oberfläche geworfen haben,
fo baft fie ihm fid)tbar würben; aber er ift ber Biograph ber dufteren gebettb*
fcfticffalf, bieier einzelnen 9Renf<hen wie ber Böller: er fteigt nicht h' na b * n bie
©iefe ber Seele, nicht in bie Seele beb Bolfeb, nicht in bie Seele ber 9Renfd)heit.
©ie waftre ©e|d)icht)cbreibung ift Biograph« ber SERenichheit, beb 9Renf<hen*
geifieb, nicht beb einzelnen ober ber heroorragenben ^erfönlidjfeiten, welche anfd>einenb
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brr 3“faH ihre für baS publicum fidjtbare Stelle auf beit ©ogenfyifcen abtangen
läfjt. 3f» r £>elb ift nicht bev ©roherer, nicht ber Staatsmann, fenbetn bie SRenfd)*
heit als ©efammtheit. ©er ©efdjidjtfdjretber foll if>r geben erforfd)en unb barftetten
»on jenen erften Anfängen an, ba bet Sftenfdj guerft baS Sluge beS VerftanbeS
auffdhlug, ba er erfannte, ober beffer, ba in if)m bie 2lf)nung hämmerte, er fönne
fi<h über bie Stufe beS Spiere* ergeben, er fönne, waS baS 2hier fid) burd) 3n=
ftinct unb Stärfe erwerbe, fid) burd) ©eidjicf unb Verftanb, alfo burd) bie Äunft
oerfdhaffen, Anfängen, welche neuefte §orjcf)ungen fernab in ungegäljlte 3af>rtaufenbe
ton unferem $eute hinweggerüeft haben. Von bieten Anfängen an, ba ber SJienfd)
ftd^ fünfttid)e ©erfgeuge machte, mit beneit er fid) bie Stabrung oerjehaffte unb
fünftlid) gubereitete, ba er feinen naeften Äörper beefte unb fic£) ein Dbbad) baute
gegen ©iitb unb Siegen, gegen Sonne unb .Stätte — »on biefen Anfängen an bat
er bie 9)tenfd)f)eit in ihrer geiftigen ©ntwicflung, auf bem ©ange ihrer ©ultur gu
»erfolgen, ben ©erfen ihrer geiftigen Sbätigfeit in Siebe unb Schrift, in 33ilb
unb Sau unb fonftiger ©eftaltung nachgugehen, fic in bem ©erben unb ©aitbeln
ber Sitte unb ber gebenSweife, in ber SluSbilbung beS gujruS, in ber Verfeinerung
beS ©efül)lS, in ber Steinigung unb Klärung ihrer Vegrtffe ron ben überfinnltd>en
©ingen, in ber ©rweiterung beS ©iffeitS, in (?ntftef)ung unb gortgang ber ©iffen=
fchaften bis auf ben heutigen Stanb ber ©ittge gu erferfefjen unb bargufteßen. Unb
wohlgemerft, waS eine £auptjache ift, er hat ba§ alles gu erfemten unb nadhgu*
weifen in bem ununterbrochenen itofljwenbigen, wir fönnen fagen, geiepmäfsigen 3u=
iammenhang ber Urjadben unb ber ©irfungen, er hat eS bargufteßen nicht als »er=
eingelte, für fid) beftehenbe ©rfd)einungen, fonbem fo gu fagen als bie »erfdjiebenen
DffenbarungSweifen eines unb beSfelben lebenbigen, befeetten ©efeitS, ber 9)ienfd)=
heit, bie für ihn Snbioibuum ift. Sobalb er nid)t mehr fühlt, bafj er Siograpb
biefeS SnbimbuumS ift, fobalb eS nicht mehr bie SUenjdibeit ift, welche er gang
ober nach einer befonberen Siidbtung hi« barguftellen h a h fobalb er nur einen
©egenftanb für fief) allein betrautet, fei eS fPolitif, fei e§ Äunft, fei eS gittcratur,
alSbann fann er auch feine fünfprfidje nicht höher erbeben, als ba§ er SJiaterial für
ben fünftigen ©efd)id)tfd)mber berbeiträgt.
3n bieter Sluffaffung ift bie Sluigabc bev ©cjct)id)töwi|fenidiaft eine eben fo
weite unb grofic wie erhabene; aber vieler ©eifter ilrbeit mnf; erft rorauSgeben,
bis eine einigermaßen genügenbe göiung vernicht werben fann, unb noch @efcblecb=
tcr haben gorbeeren baran gu ernten, ©aö bie mobente ©efd;id[?tSfdbreibung bis
jeßt geteiftet bat, baS bat nnS betn großen 3iel wenig näher geführt, ja man muß
jagen, bat; fie mit bem ©roS ber Ülrmee eine Siid)tung eingefdhlagen hat, welche
fogar weit ableitet ©ie fdwn gejagt, bearbeitet fie nur eine fptoctng unb
nicht mit Siücffid)t auf baS ©ange, fonbern in bem ©ahne, baf; biefer fleine ©h c ^
ba§ ©ange ber ©iffenfdbaft jei. ©eit fie eS nur mit ben äußeren ©ingen gu thun
bat, bie ein ©erf gufäfliger Urfadjen gu fein föbeinen, fo benft fie nicht an bie
notfjwenbige ©efehmäfjigfeit in ber ©ntwicflung. Sie ift nur bemüht, unb afler=
bingS mit einem ©rnfte, wie er ber ©iffenfdhaft gegiemt unb einer beffeten Sache
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wütbig Wäre — fie ift nur bemüht, bie Stich tigfeit beS 2fwtjäd)lichfn tjerjufteßen.
3)ae ift etwas, aber nur etwas; eS ift bie unterfte Stufe ber geichichtlicben Sßahr«
heit, bie gemeine äBahvbeit
So war bie @eid;id;t5wijjenid;aft ber neueren Beit bis jejjt, nnb fo ift fie eS
nod; — ald Schule. Dl ber bie SDppofitioit ift fchütt wachgerufen, baS richtige 93er«
ftäubnijf hämmert unb flärt fid), bie Uebergeugung bridjt ftd) weiter mtb Wetter
Bahn, baf) fie io, wie fie ift, nicht genüge. Sd;ott ift fie ifolirt worben, baS $)ubli=
cum, ober beffer, bas Bolf weitfcet ftd> von ihr ab, fie ift nur noch eine SBiffen«
idjaft für ftd) felbft, für bte (Mefdjictjtsfovidiev.
Obwohl bie Ofjpofiticn gang unftar uitb ans bem ©efitble begann, fo traf
fie bod) inftittctmäfiig bas tliid'tige; fie änberte bas Object ber @efcbicf)ti^retbung.
iDian erfannte, baff A'rieg uitb 'Politif beu Umfang ber Dlufgabe uidpt auSfüDten,
unb man tat) fid) ttad; anbereu ergängenben ©egenftaitben um. SaS war einerieitS
richtig, aber anbererfeits ein gebier. 33ie wol;l jebe neue t)iid)tuug in ber SBiffen«
idtaft mit einer gewiffett Uiificbcrl)oit itt ber 'JDJetbobe nnb Unflarl;eit über baS Biet
beginnt, fo aud) hier. Ser gehler war ber, baff man eben nur att eine ©rgangung
bachte unb nicht att eine neue ©runblage unb eitt neues ©ebaitbe, in Welches bie
bisherigen Oiefultate nur als Baufteiue eingufitgeu waren. Statt beffeti wollte man
gewifferntaften einen neuen gliigcl anbauett.
SiefcS neue (Element ber ©cid;id;töwiffenjd;aft füllte bie „liultur" fein. Sas
Schlagwort tjatte fid) fdtjneller eingefuitbeit, als man fid; über Bebeutung unb 93te«
thobe ftar geworben ober oerftänbigt hatte. Sat;er fant eS, bah mau anfangs unter
©ultur unb (iulturgefd;id;te alles baSjenige oerftanb (nnb wol;l noch verftcl;t), waS
nicht ber politijd;en ©eid;id;te ober fonft einer gang beftimmten, bereits auSgepräg«
ten ©attung, wie g. 33. ber ritteratur, angehört. 3Öeit fich bie ©unft beS ij)ubti«
cumS, baS fid; burd; bie bisherige fjolitifcbe ©efd;id;te gelangweilt fühlte, ber neuen
9iid;tung rafch guwanbte, fo würbe oon biefet 9lrt mit emfigem gleiffe vieles gu
Jage gefürbert, gefammelt, nieift aber att gerftreuten Orten veröffentlicht. Sa aber
eigentlich nur ein 33ort, itid;t ein ©ebanfe eS gufamntenbanb, mtb auch diejenigen
Söerte, welche gufanimenfaffen unb verarbeiten wollten, bie bmchbrittgenbe unb be=
berrfchenbe 93iad)t ber ©runbibee vermiffeu liehen, fo war alleö, tvaS auf biefe
SÖeife entftanb, hoch nur D.'iaterial uitb vieles bavott unbrauchbar ober roI;e8, un»
bebaueneS ©eftein. Obwohl bas alS bei einer begimtenbeit 33iffeujd)aft gang in ber
ÜRatur ber Sache lag, io gab bod; biefe 3Jiangell;aftigFeit ber bisherigen Schule,
bie in bemühter Sicherheit einer geprüften Siethobe fortfehritt, ein gewiffeS Siecht,
mit vornebmem Dtcbfelgucfen auf bie fd;wunfenbeu Schritte ber jungen fllebenbuhte«
rin f>erabgufehen.
3nbeh vermod;te Weber bie föiihacbtung ber 'privilegirten, noch bie eigene Un«
ficherheit baS neue Streben in feiner 33ahn irre gu machen ober eingufchränfen.
33ereit8 ift bie Gultur alS ein integrirenber Jheil ber 3Siffenjchaft fo fe^r ein Sah
allgemeiner Uebergeugung geworben, bah nieftt einmal bie bisherigen ©egner mehr
ihre Berechtigung, ja Siothwenbigfeit in grage ftetlen, fonbem, willig ober un«
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willig, bem culturgefd)td)tlicfyen ©fement feinen Staunt in ben eigenen Arbeiten ju=
gefielen. ©in fchlagenbet Beweis bafür ift baS oon ber fnftorifdjen ©ommiffion in
9Ji uneben oeranlafctc Unternehmen einer ©etdncbte ober melmefn oon ©eft^idjten
ber 2Biffenf<haften, worauf fie fetter uitb mit Stecht ftolg ift. 31 her man barf ftd)
nic^t üerljeblen, baff bamit ein gang anbercr 2Beg als ber bisherige eingefdjlagen
wirb, unb ba| eS ber erfte Schritt auf bem Söegc ber Gutturgefd)id)tfd)reibung
ift. ^tetfi^b, Wenn aud) ein großer, bod) immer nur ein erftcr Schritt, benn fo
lange bie 33iffenfd)aften nur vereinzelt, jebe für ficb, bargefteBt werben unb nicht
atö SJtanifeftationen beö fid; entwicfelnben unb fortf^reitenben SRenfchengeifteS, nicht
im nothwenbigen Sufammenbange mit ber gelammten ©ultur ber SRenfchheit, fo
fange ift ihre ©efcbid)te nur fd>ä^tareö SRaterial.
Unb nidit blof biefe äuftere Slnerfennung bat fid) bie Gultutgeid)tcbte errun*
gen, fie famt bereite oon 2haten rebeit, weldje weit bauen entfernt finb, ihren
©egenftanb nur als bie ©rgängung ber bisherigen STbjecte ber @efehid)tfchreibung
aufgufaffen, oielmebr ihn ichoit in bem abfolutett Sinne nehmen, ben wir oben
aufgeftellt haben. ©ultur ift Bilbung, unb ihre Wefd)id)te ift bie ©efchidjte beS
BilbungSgangeS ber SRenkhheit, furj bie (Meichicbte ober bie Biographie beS SRen*
fd)engeifte3.
©ine folche ooBgültige 2bat, bie gugleid) bie SRöglidjfeit ber oon uns gefor*
berten SBiffenidjaft beweist, ift Bucfle'S ©efdjichte ber ©ioilifation, ober, beutid)
gefagt, ber ©ultur, benn beibe SluSbrücfe fagen in Bucfle’S unb unferer Sluffaf*
fung genau baSfelbe. 5)aS Sud), wie eS ber SSerfaffer gelaffen, ift nur ein Sorfo,
aflerbingS ein £ercu(eS=3;orio, in boppelter Bejahung, waS ben SRiefenbau unb bie
SRiefenarbeit betrifft. 3)a8 Buch mag ferner feine fehler haben; beS BerfafferS
Äraft, bie baS gefammte äßifjen umfaffen wollte, mag ungenügeitb befunben wer*
ben; feine philofophifchen unb anatomifchen Äenntniffe mögen nicht auf ber .©öbe
ber 3rit flehen; vielleicht mag er auch barin ju weit gegangen fein, bah «rin ber
©ntwicflung ber menfdjlidjen Singe, bie auf ein anbet folgen, bie gleich foften
©efefce behauptete, wie in ben Singen ber Statur, bie nebeneinanber flehen,
unb enblich foB er ben ungeheuren gehler begangen haben, ben ihm felbft fein
Üeberfejjer nicht verjeif)en fann, bie abfolute ^hilofophie ber 2euticf)en nicht ge*
fannt, ja oieüeicht gar ignorirt ju haben. IBir mögen baS alles jugeben, unb ben*
nedh ift biefer fehleroofle 2orfo eine grofe 2bat, eine 2bat, bie nid't mehr rücf*
gängig gemacht werben fann Sie Bahn ift gebroden, ber SBeg bentticb be$eid;net
unb baS Siel grofj unb flar ju fehen. Ser 23eg wirb nicht wieber oerlaffen
werben. (gortfejjung folgt.)
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ü)7orio$l)trejtöiiiib beröftcrrct^i|d)c^rtfolgefneg 1740öi$ 1748.
33en 'Prof. !Tr. 3. ß. HJcif*.
(Cffterrttdjijdif Q'efcfjidite für ta-3 93clf. XI. 2Bien 1863. .^erauägegcbeii oent SPeretn« jur 33er-
bveitung tten £viuffcbrifteii für ^elföbilfcuncj.)
0 5)er gelehrte 2?erfaffer bieier populären 'Monographie Batte bereits einmal
Wesenheit, fid) mit bem angiehenben Wegen ftanbe berielben gu befaffen, nämlich
in St. g. WfrererS „Wcidiichte beS 18. Jat)rhunbcrtS", bereit Verausgabe ihm nadfj
bem Siebe beS IterfafferS gtt einer angenehmen Pflidit geworben ift. T'er britte
IBanb btefeS SSerfeS führt beit (Separattitel: „Maria Therefia, bic grope Äaiterin«
.Königin" (Schaffbauten 1862) ttub bebaubelt bie ereignisreiche Weidnchte Gitrepa'3
non 1740 bis 1756; berfelbe ftellt nicht bl cf; in fpannenber 5c'eite ben geheimen
3ufammenl;attg ihrer blutigen Kämpfe, ti'ie ihrer uerwicfelten Jntriguen bar, ion*
bern wirft and) auf 3?eftrebttttgen ein neues Vid't, bie in nuferer 3eit triebet mit
jebem Jahre ftärfer werben. T'er Webaufe ber Ginigung ton gang Seutfcftlaub
war bie Seele ber politif einer grau, ber grau ron hohem Weifte, ron ftarfem,
frommem uttb gutem Vergett, Maria Sherefia'e, ber Rierbe ihres Weichled'teä, bie
wir getreft beit Spaniern ttnb grattgofen entgegenhalten föttnen, wenn fie [ich ihrer
3fabeKa unb 2?lanca ron Gaftilien rühmen, welche ManiteSmuth im grauenbergen
trugen.
T)ie gefahrvolle Sage, in ber bie Gib in ÄarlS VI. trojj ber pragmatischen
Sanction it>re fReidje überfam, bie allfeitige 'Parteiung gegen unb für if)r Grb*
folgerecht, ber europäiidje Ärieg, weldter bataus erwud'S, baS alleg macht bie Die»
gierung DJlaria Sherefia'S für jene Reit wirflid) gitm natürlichen Mittelpunfte ber
gangen 2Seltgefd)id)te Triefe Periobe berielben barf baher mit Siecht ben 9iamen
ber feltenen grau führen.
T)ie erfte .pälfte biefeö ReitraumeS, bie Weichichte SOtaria Sherefia’S ron ihrem
^Regierungsantritte, 1740 bis gttm ?lt>d;luffe beS GrbfolgefriegeS im Aachener
grieben 1748, bilbet and) ben Jnhalt beS rorliegenben eilftett SheileS einer öfter*
reid)ifcben Wefchidjte für baS l'olf. Als 3?elfsichrift ctlfo haben wir baS Such auf«
gufaffen unb gtt beurteilen, unb mit Vergnügen fönnen wir eouftatiren, baff eS
eine fofehe ift. 21 h' nn man bebenft, wie wenig 2r : erth bie beut’che Welehriamfeit im
Allgemeinen auf eine gute unb inebefonbere auf eine rolfsthümliche Sdireibireife
legt, fo ift eine berartige Grfcheinung nicht gu unteridtäpen. 2'3if|en ; d'aftlid'e Wrünb*
lichfeit unb gewählte, angiefenbe Tarftelluug fcbliepen fid) mit nid'teit auS, wohl
aber rerliert fich mit ber Steigung für letztere leicht auch bie gät)igfeit, wäl;renb
bie Anfprüdje beS 'PubliettmS, genährt burch eine itt ber Sageslitteratur geichulte
fpubliciftif, in biefer !Rid)htng immer höher fteigeu. Untere Welehriamfeit barf ror
btefen Anforberttitgen fürber nidit mehr fopneheu unb felbftgenügiam guvücfweid;en,
wenn fie nicht ihren Ginfluh auf bie fid) ftetS ntehrenbe Rabl ber Webilbefett preis«
geben will. 28ie riel motalifdje Diöthiguug unb Selbftüberwinbuitg get;ört nid;t
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baju, fo manches treffliche beutfdjc 33nd) ju Gnbe 511 lefen! gragen wir bagegen,
warum manches jtemftcf) leichte ^rebuct tinferer übcrrbeiniid)en Seitgenoffen fo
großen 9inf unb wirffamen ühtflang ftnbet, auch jenfeitS ber ©anderen, Welche bie
Spradwerfchiebenheit gte^t, fo werben wir in ber dufferen Sorm feines SnljalteS
halb bie 2 lntwort fitibeit.
Unfer SBerfaffer bat biefe formellen Slnforberungen nicht außer Sicht gelaffen.
3 ubent bringt er eine tiefe fBärme, ja ©egeifterung für feinen ©egenftanb mit,
moburd; bie Sfarftellung ftarbe unb Scbattirung erhält, Seiber ift ber Stoff biefeS
SlbfcbnitteS nteift nur .ftriegsgefcbicbte, bie jebodi mit grofter Siebe behanbelt ift.
fliur bürften in mandfen weniger widrigen ©piioben berfelben Biffern unb fDetailS
mehr gehäuft fein, als eS ba 8 Sntereffe ber ©egenwart beanfprudjt; ber Ueberblicf
itnb bie Üiuffaffung ber epauptjüge bürfte bem minber geübten Sefer baburd) er*
feßwert werben.
S)ie oben erwähnte politifdje Situation föiaria ifiorofia’ö bei ihrem Otegie=
rungSantritte macht atlerbingS and; bie Jperanjiehung ber biplomatifcßen unb per*
fönlicbett ©erbältniffe an allen europäischen *.pöfen nötfiig. fliur fo laffen fi(ß bie
mannigfachen ©erwicfluugeit unb ^Staublungen ber bamaligen ^olitif ertlären: bie*
feiten ©rünbe, welche bem britten ©anbe von ©frörerS „©efchichte beS 18. 3«h r ’
bunbertS" ben Jitel „föiaria Sftevefia" oinbicireit, erweitern auch ben ©egriff ber
öftencid'ifdien ©efdjichte jenes BeitranmeS thatfädjlid; 31 t bem einer allgemeinen,
europäifeben.
©ingeftreute ©enterfungen über bie eble $)ertonlid;feit ber eperrfeßerin halten
bas Jntereffe für ben Jpauptgegenftanb wad) unb gleidijeitige ©efanbtfchaftSberichte
ooni fffiiener .fgofe bieten bem Sefer erquicfeitbe diubepunfte. So oerleitjt bie ©e*
fd)id)te felbft ber Sarfteüuitg einen Bierrath non ihrem reinften fOietalle, ohne baß
ber SBorfaffer nad; bem 9iaufd;golb ber Sage 31 t greifen braudjte. fProbeWeiie fei
cS uns geftattet, ben föiomeut beruuS 3 ugreireu, wo bie fugenblicbe gürftin fich ent*
fehlet';, nad) Ungarn 3 U gehen, um mit ber Ävone biefeS ihres Äönigreid;eS ben
©eiftanb ber fviegerifdjeu Nation 3 U erlangen gegen bie sa^lveic^en geinbe, welche
oon allen Seiten fie bebroßten unb räuberifd) bie eoänbe nach ihren Grblanben
anSftrerften
3 n bieiem Buftanbe ber ©e^weiflung, ba felbft bie föinthigften oei^agten,
blieb nur bie tapfere Seele föiaria 3 ft>erefia'ö ftanbfiaft im ©lauben an ihr gutes
9lecßt unb an ©ott, ber baS Stoßt fd;üßt. 5Hur auf Slugenblide preßte Schmeiß
unb ©rfümmerniß ihr Söorte ber Älage auS, fo baß fie, eben bamalS ihrer oierten
©ntbinbung nahe, faß oeqweifelub an ihre Scßwefter iebrieb: „fliocß weiß ich
nicht, ob mir eine Stabt übrig bleibt, wo ich 'rerbe niebertomnien tonnen".. Stber
bann ermannte fich wieber ißr ftarfer ©eift unb lcud;tete fie an unerfchrocfenem
föiutß allen föiännern oor: „ 2 Sir haben alles oerloren", rief fie, „aber ©ott unb
Ungarn bleibt unS noch“. ©on ben alten ©eutfeßen erzählt ein röinifd'er Scßrift*
fteUer, fie hätten im Sßeibe einen göttlichen Jnftinct verehrt unb ihm eine Stßnung
ber Butimft gugefebrieten, unb ein götttießer Snftinct leitete föiaria St^rrf' 11 - als
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fte fich an baS 33otf wenbete, ba 8 oft jehon eine 33erlegenheit unb eine ©efabr beS
3?ei<heS gewefen trat, an baS ritterliche SBolf ber Ungarn.
3n einer 3eit t in ber bie SRegenten nur 25efpoten unb bie Untertanen nur
Knechte waren, gut genug juni Kanonenfutter unb Steuerdateien, batte SRaria
3^t>erefia ein £erj für baS 23otf unb fanb wieber ein .Ipers, weil fic geliebt unb
nic^t gefürchtet fein wollte. 01 IS Flüchtling fam bie bebrängte Fürftin nach fPrejj*
bürg, unb ©rerer fagt febr jchön: „baf; bie legte .öemiung ntit bietet cblenunbun»
vergeßlichen Frau nach Ungarn hinunterging unb baß nur ihre Stanbbaftigfeit
nächft bem Slufbligen be§ magpuriicbcn ©eiftcS ©ermanien vor gänjlid;er Srrftörung
bewahrte". 25ie vereinigten Kräfte ber faiferlidaen Grblanbe, reit beutidben Führern
unb SBaffen unte*ftüßt, batten Ungarn von ber Jperricbaft ber dürfen befreit, unb
jegt follte ihnen Ungarn biefe SSotjIthat vergelten; bentt baö lieben ber Voller
gleißt oft bem ber einseinen, uitb eine gute 2 h a * erntet immer wieber, wenn auch
erfi nach langen 3 «ten, ihren Sohn.
25ie Sage bat bie ©reigniffe von fOionaten jufammengebrängt unb läßt bie
fliehenbe Königin [ich fdntell au ben ungarifeben DieichStag wenben; ber Slnblitf
bet vom Kummer gebeugten Königin, ber idwnen i'iuttcr mit bem jungen 3ofeph
auf bem Sirme, reifet augenblicflich bie Ungarn bin; mit bem 9iurc: „Saßt mtS
fterben für unfere Königin!" sieben fie ihre Säbel auö ber Scheibe, ftürjen ficb
aufs $5ferb unb in ben Krieg.
©S ging in 22ahrl;eit nicht jo leidet. ■Ted) auch bie S'- ! irflid)feit, wie fie ber
23erfaffer hierauf in baö Sidri ber ©ejchid;te ftellt, macht einen erhebeuben Gin=
btuef; baS ©rgebttiß ift basjelbe, wenn aud) ber StaatSaction bie ©emüthlichfcit
unb brajiijche Spige ber fdwnen Sage fehlt, T'asn noch bie Schilbermtg, welche
ein ©nglänber, Sörarall, von ber Grfcheiuuug 9)iaria aberefia’ö jur Beit jenee benf*
würbigen Sanbtageö entwirft: „©inige, welche -ötaria 'i^erefta'S Krönung beiwohn¬
ten, hüben mich verficbert, baß fic eine ber fdeonften Frauen in ©uropa war. Sie
war von feinem SSucbfe uttb majeftätijeher Haltung. 3br Singe, obgleich h c ^3 rau r
war auSbrurfevoll unb milb. Sie war eben vom Kinbbctte aufgeftanben unb baS
SRatte, Schmachtenbe verlieh 'h r neue Sifijf. Sie Krone war ihr 311 weit, als man
fie ihr anverfudjte, man muffte fie auSfüttern S3a fie il;r 5 U fdtwer.warb, legte fie
fie ab, als fie fid; jur iafcl fegte. £>aS heiße SSetter unb bie Bewegung bei biefer
Feier, bie jiemlich lange bauerte, verbreitete eine Diethe über ihr ©efiebt, bie ben
©lang ihrer Schönheit erhöhte. 3ßre 4paare fielen in Serien über bie Schultern
unb fie war gau; besauberub". 25iefe Scbilberung, bie nid;t fd;meichelt, muff einem
immer gegenwärtig fein, wenn man bebenft, welche 23egeifterung biefe Fürftin ben
Ungarn einflößen fonntc.
fRächft ben angebeuteten tßorjügen bee 33uche§ ift fcßließlicb bie ed;t beutfe^e
©efinnung hervorsuljeben, welche baS ©anje burd;.jiot)t. 25er 33erfaffer behält überall
bie beutfd)en Sntereffen innerhalb wie außerhalb DefterreidjS unb bie Stellung beS*
felben jum alten Kaiferthume fcharf im Sluge. SBie ee fich geziemt, bient hier baS
beutfehe SBort auch ber beutfehen Sache.
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Sie ocrbienftlid;e ©(prift läfjt fiep übrigen? bisher blofl al? Monographie be=
trachten. Jntoieferne fiep ber Anhalt berjelben ait bie Bearbeitung ber benachbarten
3eiträumc burcp anbere Berfaffer ani'cbtiefu’it, wie bie gorm ber Bebanblung mit
jener ber oorpergepenben unb foigenben Bänbe parmcnireu, wie ba? ©tüd fiep als
Brucpftüd in ben Crganiemu? beS ganzen SBerte? einfügen wirb? ba? finb gra*
gen, Welche erft nach bem Erfcheinen ber übrigen Jbeile eine Beantwortung ftnben
tonnen.
Sic uoItiuiirCltfiJjnfllidjcH guftiinöc auf ber af>gmimfd)en
paUiufcI.
Beleuchtet oon $>rof. Sr. fUun.
„Wan ji>it oft: „cUtyfen regieren bie 3SeU*; ba$ ift aber gewi§,
ia^ien geigen, rcie fie regiert wirb." ©cetlje.
„3m politiicben .öauöpalt, wie bei ber Erforicpung non SJiaturerfcpeinangen
finb bie 3ap(en immer ba? Entfcpeibenbe", fagt .pumbolbt; „fie finb bie testen
unerbittlichen dichter in ben oielbeftrittenen Berpältniffen ber ©taat?wirtpfcpaft."
3 aplen finb Shntiacpen; biefe erhalten ihren wahren Sßertp jeboch erft bann, wenn
man bie Beranlaffungen unb ©rünbe biefer Sbatfacpen orforfcf)t, biefefben mit an*
beren analogen unter ähnlichen Berpältniffen oergleicpt unb barau? bie ©efepe ab*
guleiten fucht, als beren SHefultate bie eben oorhanbcnen ©eftaltungen erfc^einen.
Slbfofutc 3ahlen finb itacp meinem Safürhalten oon feinem befonberen SSertfje; erft
bie aus ber Vergleichung peroorgegaugenen relatioen erlauben einen annähernb rieh*
tigen Sd'luf) auf gewiffe 3uftänbe — bann erft finb bie Bahlen bemeijenbe
Spatiacben.
Sehl mit wenigen Si?ciplinen wirb ein io arger Mißbrauch getrieben unb
macht fief ber Silettanti?mu? io breit, als mit ber ©tatiftif unb ber Bolf?wirtp=
fepaft; bie oerfepiebenartigften 3’jfammenfteflungen unb ©ruppintngen ber 3ahlcn
muffen nur allgu häufig jur Begrünbung non Behauptungen oon biefem ober jenem
fParteiftanbpunfte bienen. Sefhalb ift ein tiefere? Einbringen in bie ftatiftifchen
Sehrfähe, in bie Metbobc nnb Bebanb(ung?weifc bcS ftatiftifchen Material? ein
wahrhafte? Bcbürfuifs, füllen nidtt gehl* unb Arugüplüffe al? ©tüpen oon parteii*
leben oelf?wirtpfcpaftlicpen Sebuctioneit bienen.
Sa? elfte Erfcrbernif) ift bie ©ewinnung ooit authentifdien £patfad;en, b. p.
oon richtigen unb richtig gruppirten 3ahten. Sie Veröffentlichung oon periobifchen
„Jahrbüchern" (Annnaires — id; oerweife oorbeigehenb auf jene oon Blöd unb
£orn in '■Paris), welche ein Bilb ber politifepen, oolfewirtpfcpaftlicpcn ober litte*
ravüd'en Bewegung innerhalb einer beftimmten Beitperiobe gu geben fiep al? ?luf*
gäbe ftellen, finb nahezu ein Bebürfnif) geworben, unb jwar niept btop für ben
©tatiftifer, Stationalüfcnomen ober ginanjmann „oom gadpe", foitbern für jeber*
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marat, bem bic Cntmidlung ber Kultur eineß Bolfeß, her materiellen SSoblfabrt
eineß Staate» nicht gleichgültige Singe fiub. Unb wer ift wohl an bem materiellen
©eb eiben eineß Staates in ber birectcften, greifbarfteu Steife burd> Stenern, 31 n*
leben u. bejl. nid)t betbeiligt? ©ine früher nicht gefanntc Bewegung offenbart ficb
in bem 8 eben ber Böller unb bie foeialen Ihatiachen folgen in iold)' bewunbernß*
mertber Oiajchhc’it aufeinanber, baf; bie Beröffentlidmng ber „ftatiftifeben 2 bat*
fatben" non 3 a fr ju Jabr eine faft unabweisbare Rotbwenbigfeit geworben ift.
granfreicb, ©ttglaub, Belgien, bie meiften beutuhen Staaten hefigen feit 3ab=
ren berartige periobiieb wicberfebrenbe 'Publicationen, weld'e einen nicht ju Ber*
fennenben ©influf auf bie BMffenjchaft unb auf baß praftifebe beben außüben.
Slber bie Staaten auf ber apenniniid'en .palbinfel fiub feit jeher gerate auf biefem
©ebicte in ein faft unburebbringbareß Sunfel gefüllt. Berbältnifmiäfug am genaue*
fiten ftnb bie Sanbftriche in £ber*3talien non Seite ber materiellen Gultur ihrer
BeBölferuitg befannt; 9)iittel* unb Unterhalten, fo wie bie C'nielit bebeefte biß in
bie neuefte Seit vielfach ber Schleier beß ©U’heiinitifwollen unb Uubefannten. Unb
eben bieie feit langen Seiten in Italien beliebte ©cheintthuerei war bie fruchtbare
SERuttex oon ungezählten iPcutbmafumgen, ©erüdjten, Berbäditigungen, beren fich
gewanbte „fsuhrcr beß Beließ“ betienten um fie als idfwere 'Auflagen gegen bie
wanfenben Regierungen , 51 t fcbleubern, benen man Bernaddäifigung ber Belfßinter*
effen, übermäffigeß Begünftigen einzelner 23ruchtl;eile ber Beeelferung ober ©orpo*
rationen Borwarf, ©ß mag hier nnerörtert bleiben, ob unb wie viel oon folgen
3lnfcf)ulbigungen begrünbet fei; baß aber ift unbeftreitbar, baf; häufig baß tollfte
3 eug colpertirt unb — geglaubt würbe, unb id) habe in ben Sahren 1844 biß
1849 „ftatiftiid;e Slußweife" unb „Behauptungen" in Station erlebt, bic man ge*
rabeju alß Pasquille auf ben menfchlidjen Berftanb erflären tonnte; aber — fie
fanben bereitwillig^ ©tauben! 3u folcben SSaffett, bie gegen bie .Regierungen ge*
fthmiebet würben, haben aber nicht fetten manche 'Regierungen bureff ihre ©eheim»
thuerei baß SRaterial leiber felber geliefert.
3 m Sahre 1860 ging eine gewaltige Beränberung auf ber apenninifdfeit
£albinjel Bor fich, — cß entftanb ein „Königreich Station". 3m ©efolge biefer
politifchen Reeelution ich eint fi di jept eine Bolfewirthfchaftliche Borzubereiten. Bon
hohem Sntereffe ift eß nun, bie ©egenwart beß neuen Reicheß prüfeub ju jerglie*
bem, um für bie Solgc begrüubetc Bergleiche anftellcn, miparteiifctje Schlüffe ziehen
Zu fönnen, um bie Seiten Bor bem 3ahre 1S60 mit ber ©egenwart, oiedeicht
fpäter bie 'pericbeit, weld;c ber Rcubilbung 3talienß Borangingeit unb nachfolgten,
miteinanber eerglcid’en zu foulten.
Unter ben Publicationen, weld;e ben berntaligen Suftanb ber materiellen ©ul*
tur StalienS behanbeln, nimmt nächft ben Piittbeilnngen ber ©encralbirectioit für
aDminiftratioe Statiftif unb jenen beß Piinifteriumß beß 3nnern zur Seit Bein*
ghetti’ß einen Beachtenßwerthen Rang ein ber „Annuario di economia sociale e
di statistica per Duprate Gicca (Torino 1863)“. 3ubem id) auf ©runblage
btefer publicationen, bie ich bur<h anbere Duellen ergänze, ein ©ulturbilb Stalienß
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$u fl eben mjitdbe, oerftelgt cg fiel) wohl reit felbft, baß id) itt ber folgenben Sar»
ftclluitg reit bev formellen flicchtöfragc über bie (yrifteuj beg „Königreiche® ‘Jta»
lieit" rolfftänbig abftrabiren itttb bie Sbatiacben, wie fie am reidghaltigften eben
im „Annuario“ niebergelegt fittb, 3 « belettdden bemüht fein will. fRidgt unter»
brüefen famt idi jebodg baS Bebauern barüber, baß in einem 33 udn‘, welche® im
großen (Mangen ben bermaligeit Staubßunft ber 2'3iffeitf<baft feftt>ält, auch nationale
'Iräuine, wie 3 . lö. „über bie mögliche Slusbebnung bes neuen Königreiches" einen
'Plaß gefunbeit haben, — ungerechnet bie febjr unwiffenfdiafttid>en Slugfälle auf bie
früheren Diegiernngen. 'Wan taffe Bahlen frechen, bebucirc ruftig unb objectio, wa 8
fid) bebncireit läfst, unb Taffe bie feurigen (Ergntfe unb 23rettner»aitftürmenben 2i»
raben einem S J>vati unb feinen ßolitifchen (Menoffen! Leiber ift biefeg 33ucb an
(Memeinßläßen, gebrechfeiten IRebefiguren, Igämifdgeit nationalen unb ßolitifchen Slug»
fällen u. bfll. iehr reidi; ift man aber mit Selbfloertäugnung über biefe 23arrifaben
gegen bie SBiffenfdgaft hinüber unb tiefer in bas SBttdg eiitgebrungen, bann wirb
man 311 gefteben, baß bie tperauegeber mit Sadgfemttniß unb forgfältiger (Mcttauig»
feit ein für bie foiffenfdgaft uttb für bie 'Prariö iehr fdgäßbareö Material gefam»
ntelt haben, baß fie auf ben 509 Seiten beg SBudgeS ein ziemlich flareg, jiffer»
gemäße® 3?ilb ber iwlfSwirthicbaftlicben Buftänbe beg neuen Königreiches un® ror»
führen.
Sie Schlüffe bie auS ber ftatiftifchen Sarftellnng fich nett felbft ergeben,
finb nicht® weniger als erfreulich- Uuwiberlegbar geht barauö h^ror, baß ein wei»
tereg Verfolgen ber bisherigen friegerifchen ^olitif eine finanzielle Kataftreßlw h er "
beiführen muß, bah bie fchücbternen Slufänge einer SMferung im oolfSmirthfcbaft»
lid'en Sehen oernichtet, ja gerabegu bie ('Tifteng biefeg neuen Königreiches in jvrage
geftellt werben föitnen. Sluf bie ßolitijcbe Sieootution würbe eine weit unbeilrollere
fociale Revolution folgen, wenn bie inneren Buftänbe fid) gu cottfolibiren ttidgt in
bie Sage Tanten. Ser gegenwärtige Buftuitb, in welchem bag Krieggwefen uttb bie
Bittfen ber Staatgfchulb nahegu 89 ßrit. ber gefammten ovbentlicTgen uttb außer»
crbcntlidvn (Sinnahnten uerfchlingen, wälgrettb auf alle übrigen Bweige ber 33er»
waltung bes ReidgeS nur 11 ßrit. uerweubet werben, ift auf bie Sauer unhaltbar;
eg ift feine fsrage, Italien wirb halb bent Silemnta gegenüberfteheu: bie bisherige
friegeriidge '^olitif aufgeben, ober — baS fünftliche (Mcbäube bridit in fich felbft
juiantmeH!
Rach biefer allgemeinen (Einleitung gehe idg an bie betaitlirte Sarftellung bet
iwlfsmirthfchaftlichcit Buftänbe unb an bie giffevmäßige SBegrüttbung beg foeben aus»
geißrcdienctt UrtheilS.
1 . (IMröße, 3?euölferung. Slbminiftrativcint heiluug.) Sie ©reffe
beg Königreiche® Stalien wirb auf 256.390 Ciuabratfiloineter > (b. i. beiläufig
4670 geegraßb. Duabratnteilen) angegeben. Sie abfolute 33elfSgabl ift 21,776.900,
1 (Sine gecgrapbi'(t< Cuafratmetlt gteict» 66 063 Cuabratfilcmeter.
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bie relative fajl 85 auf 1 Gitab. Äif. Jat abminiftratiuer Beziehung wirb e§ in
59 $}romnjen (ober Departements, ^räfechtren) cingetheilt.
Die grepten ^rooinjett ftnb: ©agliari (mit 13.529-92 Citabr. Äil.), s )>e=
tenja (10 676), Saffari (10.720*26); bie fleinften: Vir ei ne (315 39), Slncona
(1140-16), Beneeeitto (1158*38). 44 s Proiungen finb nad; beu Stabten mit bem
*Prafeeturfine benannt; bie übrigen haben rolfothitmlid'e Benennungen ( 3 . B. ©a*
labrien, ^Ibm^jen u. ?. w.). Die ^ N roriit$eu fiitb in Greife cingetheilt; einige ber*
ielben ( 2 lleraubria, Breecta, 9iorara, Perugia) haben bereu 6 , aubere bilben für
fich nur einen ,ftrei$ (21 1 x 350 2litcona, ©roffetto, Viteca, Sotibrjo). Jnobefoubere ift
bie Benennung ber ^rotunjeit, fo wie bie abminiftratioe ©iittheilung nidit eit U
fprechenb, ber SÖunfd) nach inneren Reformen in biefer Wichtung ein begrünbeter
3Red) ungletdundjjiger ift bie Bertheiluug ber Berolfermtg ht ben einzelnen
VanbeSthetlen. (Einige ^roiun.jeit haben eine Begeiferung non über 800.000 (3)Iai-
lanb 948.300, Neapel 877.120, 2urin 942.000), riele aitbere haben nid>t einmal
200 000 Seelen (ßaltanifetta, Ferrara, Sioorno, SDiaffa, ^orto ^caurijic, Siena,
Sonbrio) unb jene non ©roffetto 3 ablt nur 100.600 ©inwohner. Die relatie=bid;*
tefte Beoolfenutg fabelt bie lembarbiubcn ^roiungen, bie bünnfte hat Sarbinien;
im 2Ulgemeinen wecbielt bic Bolfbbiditigfeit ren 18 77 bio 730*62 Seelen auf
1 Guabr. Äil
Jn wenig Säubern ber ©rbe giebt ee oerhdltnifnndfug fo viele unb fo grope
Stabte alö in Italien. Die am ftdrfften berblfertcit Stabte finb: Neapel (447.000
©inw.), 9Jiailaitb (196.000), Palermo (195.000), Surin (205.000), ©enua
(128.000), Sloreii 3 (114.500). Dicfe Sifferitangabeu, welche sunt 2betle ÜRitt*
ghetti’S SSerfe über bie abminiftratire Statiftif JtalienS entnommen finb, ber jur
Beit ber Beroffentlidumg ÜJiinifter beö Jnnent war, febernen jebod; hie unb ba 3 U
gering. Sßeiter giebt ee 22 Stabte mit einer Beoblfenutg juufdjeu 25.000 unb
100.000 ©inwobnern, anbere 20 Stabte mit 20.000 bie 25.000, 71 Stabte
mit 15.000 bis 20.000 Seelen. 3m ganjen Königreiche giebt c 8 7739 Stabte
unb Dörfer; non biefeit l;aben 121 eine größere Begeiferung al$ je 15.000 unb
7618 Drte tyahtn eine geringere Bclf^ahl, ale bie bejeichnete. Die 99tenge ber
Dörfer unb Heilten Stabte ift alfo bei weitem überwiegenb, wa 8 auf bie Befdjaf*
tigungSart unb ben ©nlturjnftanb bee Bollee einen aitudhernb fixeren Schlup ge*
ftattet. Jpinfichtlich bei* ,.Bewegung ber Begeiferung" ergiebt ftch nach ben bt^f»eri=
gen — allerdings rielfach fehl* mwollftdnbigen Beobachtungen — bap bic natür¬
liche Bermehrung im Berhaltniffe von 100 : 84 fleht, b. b. bie jäbrltd)c natür=
liehe Bermehrung ber Begeiferung JtalienS betragt burcbjchnittlicb 118.000 99ten*
fchen, womach in beiläufig hunbert Jahren auf itatürlid;cm SÖege eine Berbcpplung
ber Begeiferung ftattfdnbe 6
1 Jn Ccfterreich betreibt bie jährliche natürliche Vermehrung (ohne Dlücfjicbt auf bie nicht
unerhebliche ©inmanbernng) nahezu 1 pQt. ber (^efammtbeublferung (genauer 0*998 p(it.), nun*
nach auf natürlichem Sege eine Verbopplung ber Berblferung in 112 Jahren eintrate. 9iach
analogen ftatiftifeben Bcredumngeu tritt bie Verbepplung ein: in 4'rennen in 131 Jahren, in
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SDbne mich in Weitere ©etaite über bie Beoölterung unb bie bamit im 3u*
fantmenbange ftebenbe ©efepgebung cinjulaifen, bemerfe i <t) nur, baf unter frieb*
lieben Berbältniffen unb eine rationelle, ben 3«tbebürfniifen angepaftc Sorgfalt
für bie Rebling ber materiellen Jntereffen ooraiwgefept, bie teineemegä febr günfti*
gen Kopulation sjuftänbe Jtatien£ bebeutenb oerbeffert werben tonnen. ©8 flingt
nid;t poetifcb, ift aber febr wahr, baf; nid )t nur bie 9)ienge ber ©h en unb ©ebur*
ten ton ben Äorupreiien birect abhängig ift, baf; Ärieg$* unb 9lotyjabre ihr ®e*
präge ber inenfddidum ©attung tief einprägen, gleichwie ftrenge SSinter i^re Spur
in bem £olzwudjte unterer Sßälber jurüdjulaffen pflegen, fonbem and) ber bicbte=
rii^e SluSipritch bat einen gemiffen ©rab oen Berechtigung: wo immer eine Sebre
fich geigt, bort wirb ein 9)fenfcb geboren!
2 . (Slgric ultur.) Um fich ein möglicbft flareS Bilb oon ben factijdjen agri*
colen 3uftänben eiltet SanbeS jit machen, ift eine Bertbeilung be§ BobenS in pro*
buctiocn unb unprobuctioen, bann be$ elfteren nad) ben oerfdbiebenen Gulturarten,
ferner bie Bertbeilung nad; ber 'Jlnjabl ber Befiper unumgänglich nbtfiig. Italien
befipt 25,561.729 vwetaren (1 £>ectare nat;eju 1 8 / 4 Wiener Jod)), wooon
21,592.450 auf fteuerpfli^tigen unb ber Sieft auf nicht fteuerpflic^tigen Bobeit
entfällt. Born fteuerpflidrtigen Boben fomnten auf bie alten piemontefifeben
ringen nur 5,333.845 jpeet., währenb über 20 SOcill. £eet. feit bem Jahre 1859
jugewado'en finb, unb zwar: in ber Scmbarbei 1,680.948, in DJiobena 488.176,
in Karma 525.320, in SoScana 2,073.958, in ber 9iomagna 963.135, in ben
SRarten 924.575, in Umbrien 945.075, auf bem geftlanbe ooit Neapel 6 9)iill.
255.322 unb auf Sicilicn 2,402.098 A>ect.! Sie relativ geringfte 9)ienge fteuer*
pflichtigen BobenS oon ber ©efammtflädu 1 entfällt auf bie Scmbarbei unb Neapel;
in erfterer Kn?r-inj nehmen Strafen, Kanäle, ftlüffe, Sem unb bie rieten ftarf=
beoblferten Stäbtc einen großen 2bei( ber ©e)ammtfläd;e eilt unb fomnten als nicht
prcfcuctioc unter baS nid;tfteuerpflicfctige üerrain; im 9?eapolitaniicbm finb grofjc
Sanfcftriche unbebaut, oeriaffen unb in ben Äatafter nicht cinbejogen. Jnt Sillge*
meinen finb bie agrieoten Bcvbältniffe Jtaliens bochft betrübenb. ©8 ift faunt
glaublich, ju weldwr Sterilität grofe Sslacben biefeö berrlidjeit Saitbc8 oerbammt
finb; wie bisweilen auf üppig fruchtbarem Boben, unter fepr güitftigen fümatifchen
©inflüffeu unb unter bem fprüchvortlidb geworbenen fdwnett ^irnntel Jta(ien8 fo
viel SKangel, ©lenb unb 9icth mfemmen tarnt. Allein bliett man tiefer bin 5
ein in bie oerrottete, mehr al8 mittelalterlidu' ©efepgebung mit all 1 ben bunbert
Saften unb Privilegien, betrachtet man ben SrucF, welchen ber engherzige 9)iuni*
cipali8mu8 — Jtaliens altes ©rbiibel — ber feubale Sinn einzelner beroorragem
ber ©ejddecpter unb bie taufenberlei Sluswüchte eineö für untere jeiten bisweilen
unerflärbarett Aberglaubens auf bas reiebbegabte, aber in Unwiffeubeit zu !ned;ti*
f ehern Sinne h^ngejogeite Bolt ausübten; rechnet man ' ö u bieiem allen noch bie
©rcffcritanniai nebft Jrlaitb in 302, in granfreieb in 40ö, in Jpannoner evft in 3152 Jahren
u. f. t»., bagegen in 9lor wegen febon in 61, in Sachen in 83 Satyreit f- f*
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natürlichen $inbernifje, welche gtüffe unb Bergftreme in ungeregeltem Saufe,
Sümpfe, ungefunbe Biaremmeit, bie jufamnien beiläufig i/ 2ll ber Bebeitfladfe (etwa
1 Biill. $ect.) einnehmen: bann wirb man bie agricoleit Suftänbe Stalieuß —
wohl auch jene mancher anberen Sauber — begreifen. Eo würbe mich $u weit
führen unb ben in vorliegenber „SSodienfchrift" jur Verfügung geftellten -Daum
um vieleß überfd;reiten, wellte ich in eine grünbliche Erörterung ber agrarif<hen
SSerhältniffe Stalienß mich eintaffen; ich bekhräitfe mich nach obigen Slnbeutungen
nur auf eine gebrängte Eingabe ber factifd;en Buftäitbe, Urfadjc unb geige bem
eigenen ©enfen beb Sei erb überlaffenb, ber in Salden — S^ati'acben leben will.
Betrachten wir einige ber bebeutenbften Eulturfläcben, ©ie Bertheilung beb
Sobenß in Italien ift vielfach unrichtig gefcbilbert worben, infoferne bie Behaup*
tung aufgeftellt würbe, baff ber ©rofgrunbbefip gar ju febr überwiegenb fei; benn
bie obermähnte fteuerpflichtige glädic ift unter 4»/, Btillionen Befiper vertheilt,
wonach burdbicfmittlich auf jeben Befiper nur etwas über 5 qpectareit (ober circa
8 1 /* nieberöfterrcicbifchc Sedi) entfallen. Sn i'iemont unb auf Sicilien bilben bie
©runbbefiper faft ben vierten Sbeil ber Bevölternng, in ber Sembarbei, in Um*
brien, in 'Parma unb Biebena ben IcchSten, in Seeeana unb in ber Domagita ba»
gegen beit breigebnten, in ben Biarfeu ben neunten, in Neapel faft ben fünften
Sbeil. Sn 'Piemont, Neapel unb Sicilien ift femit ber ©nmbbefip relativ am
ftärtften ^erftücfelt; in ber Sembarbei, in ber Entilia unb in Umbrien tritt ber
grofje ©runbbcfip jebon ftärfer hervor, in Soßcana unb in ber Dontagna ift enb*
lieh bas Befiptbnm ant ftärfften cencentrirt. Säjft ficb einerseits auß ber ©egen*
überftellung bieier Bahlen ber <2cbluf? fliehen, baff ber Heine Befip im Sillgemeinen
rcrherrfdjt, inßbefenbere in ber Sembarbei unb ben babei erwähnten ’previnjen,
unb erwägt man, bat; eben in ber Sembarbei bie relative Boltsbicbtigfeit eine be*
beutenbe fei, fo ergiebt ec« ficb een felbft, baf; bie Sembarben and bieien ©rünben
auf lanbwirthfchaftlidje unb gewerbliche Snbuftrie unb ben .saanbel beftinunter an*
gewiefen finb, als bie Bewohner mandier anberen Sf>eile ber jpalbiniel. Berwiegenb
finb bie Heinften Befipe in gebirgigeren ober unfruchtbareren ©egenben; wäl;renb
in ben fruchtbaren, weiten Bieberungen ber ©rojfgrunbbefip ficb ausbreitet, ©reffe
©runbbefiper unb Eerperationen verpaditen fobann ben ganzen Eemplejc an einen
©ritten, welcher bas Befiptbnm, in Heinere ‘Parodien vertheilt, weiter verpachtet. Sn
tiefer Slrt bilbet fid) ein ©eid'ledd von muffigen ©reimen, welche, ebne ju arbei*
ten nnb nur als S'nitdH'upäd'ter unb ohne Sntereffe für bie gbebnng ber Slgricultur
ben arbeitenben Bauer brüefen, nur, um für fi<h einen 'größeren ©ewinn h erau ‘~ 5
$uid)lagen. ©iefe SOtüifiggäiiger finb nadi allen Dichtungen beß feeialen unb peli*
tifepen Sebcnß eine wahre Sanbplage, inbeffen ber arme Bauer trop 3)!übe unb
Stnftrcngnng ein wenig beneibenßmertbeß ©afein in bem berrlid'cn, gettgefegneten
gaitbe balnnfcbteppt unb fidierlich and) weber Suft ncdi bie Büttel befipt, um eine
rationellere Bebenbebauung aiiflUftrebcn. Stuf bie politifdjen Eenfeqttei^en fold;er
abitjormen SSerhältniffe braune id) nicht erft hittjuweifen, wir haben fie in ber Er*
innetung unb lennen auch bie Ärafehlergelüfte biefeS müffigen Stäbtepebelß.
18M. 8«nk HL 12
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178
Sekanten wir unter biefen ©erfiältniffen ben ©obenertrag. 35er Sert§ be»
©obenertrageß non einer ^pectare bewegt fid) gwifdjen 26»/, unb 89»/ s Sire. 55en
I)öd)ften (Ertrag liefert bic Sombavbei (mit 89 */,), ben nieberften Umbrien (mit
26 1 /j); biefem [teilen gunäd;ft bie alten piemontefifdjen Groningen (mit 36»/ 2 8.),
wäljrenb Parma, bie Dtomagna unb Piobena gwiidjen 50 unb 03 8 ., 2o§cana
©icilien, Neapel unb bie ÜJiarfen über 40 8 . per ipectare abwerfen. 35er ©eiarnmt*
wertig fces probuetioen in' beit 6 fann mit 25.200 fDiitl. 8. unb ber mittlere ©oben»
Wertl) einer .pectare mit 1167 8 . reranfd)lagt werben. ©egreirlicb wecfyfelt biefer
burdbfd)mttlid)e ©obenwertf» in ben einzelnen Proringen gar ielir; am fyüdiften ift
er in ber 8ombarbei, wo bic ipectare mit nabegu 2240 8 . bewerbet wirb, wäfy*
renb man fie in ben alten Groningen nur mit 916 8 . bewertbet. Sn ber 8om=
barbei foftet bie ipectare hoppelt fo riel ale in Neapel unb faft viermal fo viel
als in Umbrien. 8ln ©runbfteuem, GommunaW unb proringialftenem gablt jebe
$ectare im Saiiresburdifdinitte 7 8 . 90 bie gejammten biecbegüglidicn 2lb*
gaben erreichen bie (Summe ron 170,716.878 8 . 8lud) fjicrin ^errid)t feine ©leid)=
förmigfeit. Sn ©icilien galjlt bie Jpectare 4*95 8 ., in ben alten ptoringen 6-19,
in Umbrien 3 47, in ben SDiarfen 6 24, in ÜReapel 6 55, in Sobcana 7, in ber
Süomagna 14 22, in ÜJtobena 1104, in »Parma 10*94 unb in ber Sombarbei
21*61 8 . Soit ber obigen ©efanuntfteuer fomnten über 54 9Jcill. ben ©emeinben
unb Proüingen, über 116»/, Piifl. bem ©taatefdjaß gugutc. 25er gefammte ©oben»
befifc beö &önigreid)eß ift mit 2)arlef>en in ber enormen ©umine oon 4694 9RiH.
493.619 8 . belaftet ».
Unter ben eingelnen ©obenprobucten wollen wir nur bie bebeutenbften f?er<=
oor^eben, als: ©etreibe, Dieib, Slabaf, ©aumwolle unb nebftbei einen ©lief auf
ben Salbftanb werfen. 55ie rielfad) verbreitete Dlnfictjt, Stalien fei walbarm, ift in=
fofente nict>t rid;tig, alb Stalien im ©äugen genommen wolil binreidjenbe Duan=
titäten an .polg befifit, allein bie ©ertbeilung ber 28aIber ift eine feljr ungünftige,
weil ungleichmäßige. ©aß „Äönigveidi" fyat naliegu 5 Ptitlionen .pectaren an S55alb=
ftanb. Umbrien tjat bie meiften Salbungen (auf 2*74 Rectalen ©obenflädie burd)=
fdjnittlid) 1 £>ectare Salb), bann folgen bie alten Proringen (©erfyältnif? 3*52:1),
Sobeana, bie 8ombarbei, Neapel, bie harten unb enblid; ©icilien (37 47 : 1).
SRebft ber uitgünftigen ©ertbeilung ift nod; ber 9)iangel jeber rationellen Sorft=
cultur ein grofjeß tpinbemif). Senn ein „in üturin" crfdneiiencß ©iid) oollftcä 8ob
ben energifchen unb fürforgeitben ©efefcen ber „alten Diegierungen" in warmen
Sorten goUt, wäfirenb eß' ben bennaligen Suftanb idiatr geißelt, fo braudjt man
biefem Urteile feine (Erläuterung mef>r beigufügen.
©icilien unb ©arbinien waren bie Äontfanunem bee alten Dtom unb ber
Slnbau ron .Körnerfrüchten bilbetc Safn'hunberte liinburd) einen ber wiebtigften ©af)=
rungbgweige ber italifdien ©erölferung. fRcdi ift ber 3lnbau bebeutenb, allein im
1 3n Defterreid), beffen iRealbefip mit nahezu 10.000 s Diift. (Wulften, mit einem burd>-
fdjnittlid^cn 3flfy*eeertTagnij} son über 1600 SDZitt. (Bulben beircrtbet »erben faitn, betragt bie
0umme ber borauf tyaftenben .pppotljcfen nur na^eju 1600 2MiU. ©ulben.
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179
©anjen genommen nid)t ausreicbenb für ben ©ebarf. Die großen gortfcf)titte,
tceldje in anbcrcit Säubern burd) praftifcße ©erwertbung wiffenfd)aftlid)er Stefultate,
als: ber itgriculturcbemie, ber SJicdianif it. j. w. gemacht worben finb, finb in
Italien nod; Bielfach unbefannt; ber Dlcf erbau läßt gar oieleb ju müni^en übrig.
Der (Irrtrag einer pectare oariirt gwifcben 15 unb 27 Apectoliter (im ©ewid)te oon
78 bis 85 Kilogramm per Apectoliter); bas ©efantniterträgniß beläuft ftd> im
Äcnigrcicbe auf etwa 85 Millionen «pectoliter. Die alte Äomfamnter Siomb mit
bem meift trefflichen ©oben unb bendidjen Älinta muß ans Stußlanb, Stegppten,
ja fogar aus America (betreibe begießen, um feinen ©ebarf »ju beefen! Facta lo-
quuntur.
Sn pinficht ber Sieibcultur ift Stalien fowohl nach Quantität alb Dualität
beb ^robucte» bab erfte Sanb in Guropa ©eit bem ©egimte beb 14. Sahrßun*
bertb bat bieje Gultur namentlich in Dber= unb 9)iittel=Statien an 3lusbefmung
unb pflege gewonnen unb ber „piemontefifdje" Steib ift allgemein gefegt. Die
Borjügliibftcn Dualitäten gebeten um Siooara, in ber ^romn^ Sontellina, um
©ercelli, io wie in ben 'Po= s Jiicberungcu. Sn Stalien (mit Ülubitabme »on Dob*
cana unb ©üb=Stalien, worüber genauere Daten fehlen) werben an 119.250 pec*
taren mit Oieiä bebaut unb bab buvdndntittlidje 3af)reberträguiß beläuft fid> auf
etwa 1,435.000 pectoliter. Um fftoüara unb in ber Somellina frpäpt man bab
reine Sahteberträgniß oon einer pectare Sieisfelb auf 280, in anberen ©egenben
auf 240 Sire.
2 luct> bezüglich beb Söeiubaueb ift Stalien nicht mehr auf jener pötje, auf
welcher es geftanben fein mag, alb bie röntifebe 9)iufc ben „galerncr" befaitg. Den
©tidftanb in ber Gultur ber Siebe bcjeiduiet am beften ber Umftanb, bafj ©irgilb
©efchreibuug uad> 18 Sahvbunberten noch immer mit ber Sirflicbfeit überein*
ftimmt. Deffenungeachtet giebt es gefaßte ©orten, wie bie Sßefite oon 3lfti, Dt*
»ieto, SJiontepulciano, ©iracus, SOiarfala unb ber Sacrpma Ghvifti. Der größte
Dßril bes ©obens, fo wie bab Älima finb bem Sßeinbau günftig unb bei einer
rationellen Gultur, einiger Äenntniß ber Äellerwirthf^aft unb richtiger Shtwenbung
ber Ghemie müßte biefer Gulturjweig ungemein fiep heben. Dermalen eqeugt Sta*
lien im Sahresburchfdmitte etwa 28 DJtillionen Apectoliter, bie einen ©elbwertß
»on 5üO 9Jiitl. grancb (1 pectoliter $u 20 Sr. gerechnet) repräfentiren. Stalien
ift benutach ber brittgrößte SBeiuprobucent ber Grbe (näcpft granfreich unb
Defterrcidi).
Der Dabaf ift auch in Stalien ein ©taatbmonopol. Apinficf)tlich beb ülnbaueb
fo wie ber Sabrication gelten in Stalien fo giemlid) bie gleichen Slormen, wie in
granfreicb; boeß perriept gegenwärtig bie größte Ungleichmäßigfeit in ben einzelnen
’ProBinjen. ©o finb in ©icilien Slnbau unb gabrication oollfommen frei, in ben
anbeten Steilen beb Sieiches perrftpen bie r?erfcpicbenarticjfteit, meift fepr brüdfenben
unb beengenben ©orfdjriften, woburch fiep ber tielfacb laut geworbene SBunfch nach
Bödiger greigebung beb Anbaues unb ber gabrication non Dabaf erflären läßt.
Daß auch für bie Dabafcultur, inbbefonbere in SDiittel* unb Unter*Stalien alle
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180
natürlichen Bcrbebiitgungcn oorbauben [iitb, ift uicf't 31 t beftreiten; inwiefeme bieic
Plufhcbung beß ©raatßnioitepolß im Sntcroffc bcr 0 taatefi«nnjm lacje, mag bi er
xutcrörtert bleiben. Sie 2 initiale fiept foft, baf; Italien gegenwärtig nur ben fcd)ß=
ten 2(;eil feines Bebarfcß probucirt, b. i. nur 20 .(i 00 metriid)e Zentner beö auf
120.000 metrifrfie Gcntner revanidilagtcit Bebarfcß.
Ser wtglücffelige Bürgcrfrieg in Siorbamcrica bat Guropa geswungen, nad)
neuen ^robnctioitslänbern für einen ber li'id'tigüen Dicbftoffe — bie Baumwolle
— fid) uut 3 uie[;en. Sie günftige geographische Vfage, bie Bcrbältniffc non Beben
unb jtlima bet apcnuiuiid'cn .ftalbiitfel tarnen babei nnt fo mehr in Betragt, als
Stalien fowof)t in jenen entfernteren Beiten, ba Dftiitbieit unb America biefen 9iol;=
ftoff nod; nid)t auf bie curopäifdmi föcärfte brachten, als and) unter bem Srucfe
bcr 9iapoleon’fd)cn Gontinentalfpcrrc bie Gultur ber Baninwollftaube pflegte. Sie
weitere Beraitlaffung bot bie Poitboner Snbuftrieausftelluug im Sabre 1862, auf'
weld;er 56 Qualitäten italicnifchcr Baumwolle außgcftcllt waren unb bie ülufmerf*
famfeit ber Sadmtäutter auf fid; sogen Ser SÄbgeorbnete ber „Baumwollgefeflfdjaft
in D.Winci'efter", eilen: üBanflpn, in biefer Brandie eine Gelebrität erften Otangeß,
claffificirte bie italienifcbe Baumwolle. SDiel;r als bie «Galfte, nämlid) 29 Quali*
taten, bejeidniete er als gleidi ober beffer als bie geidiäfjte „midding new Or¬
leans“, 26 Qualitäten nehmen minbeftenß ben 9iang ber _good ordinary Or¬
leans“ ein unb nur eilte Qualität, bie untergeorbneifte, würbe mit ber oftinbifeben
„surate“ in eine Pinie gefeilt. Grwägt man, baff insbeionbere Neapel, ©icilien
unb ©atbinien oorjüglid; für Baumwollpflanjnngcn geeignet finb, baf; biß jum
43. Grab Hörbücher Breite eine biegt geeignete <släd;e oon über 154.000 Quabr.
Kilometer mit einer Beoölferuitg von über 10 SDlillionen fbienicben fid> oorfinbet,
baf; bet Grtrag ^er Bauntwollpffanjungen jenen anbercr Gulturarten überwiegt,
baf) enblid; Guropa genötjjigt ift, fid) um i'robuctioitßläitber für Baumwolle um*
jufeben, fo wirb man Stalien nur Glücf basu wüitfchcn, wenn eß bie Gunft aller
biefer Berhältuiffe im reid lid'ften 9Jlaf;e ausjubeuten oeriteben wirb, unb Pflicht
ber Slcgientng ift cß, förbernb unb unterftü()enb liier eittjugreifen.
Gß wäre nid)t unintcreffant, unter ben Bedungen jene ber „tobten äpanb*
einer abgefonberten Befprec^ung 31 t unterstehen, bie Gultur ber Älofter* unb Ge*
meinbebefi&ungen barsulegeit, babei bie Gefcngcbnitg, baß Grebit* mtb ^»ppotfiefen*
wefen 31 t beleuchten; allein ich beiorge 311 weitläufig 3 U werben, unb beffo, baf)
obige Betrachtungen genügen werben, fid> ein Bilb oon ben Plgricultu^uftänben
Stalienß 3 U niadfcn. (©djlufj folgt.)
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* £err Ä. 1p cf freutet tat ftcf> jur Aufgabe gcftcflt, in einer Sicibe een 9Ticno*
grapt^n Seiträge gur ©eididte nnb Sopegrapbie bei* Wiener Scrfläbte $u liefern unb
mit benf eiben Gbreniten ber einzelnen, beute necb beftebenben Raufer gu liefern, b. I;.
bie 3ReiT;enfclge ihrer Seliger nach ben grunbbüdcrlidcn ©ernähren nacb$umcifen, infemeit
bieß nad bem eortanbenen 9)iaterialc geftattet ift. 9i ad) bem ber 9>erfaffer in jmei 9)1 c*
negrapbien bie Sief;au unb eifereerftabt bebaubeit f;at, befdäftigt fid) feine ncuefte
Arbeit mit ber Stieben unb ben Gecl|tlum ä cnvabßmerb, 9)lüblfclb, Sd;a um*
bürg erb cf unb bem gretgruube .£>ung erbrunn. 3ln Steif) unb Sorgfalt in ber 3u*
fammenftellung ber einzelnen Säten $ur £äuferdrcuif bat cb £>err $)cfbaucr aud; in bet
eerlicgenben Sloncgraplue nidt fehlen l allen, unb mir anevfennen gerne baß Serbien ft,
baö er fid) biemit um bie J epegrabhie Sicnb ctmirbt, bod) feit neu mir anbererfeitß
ntcf;t unterlaffen 3 U bemerfen, bafj ein tiefeveö Eingehen auf uvfunblide Quellen $u einer
reicheren 91 ub beute unb eerlätjlideren Angaben in Sc$ug auf bie ältere ©efd;id;te geführt
haben mürbe.
Dr. H. Sei Sagner in Jnnßtrucf erfdien ein 9?ertrag „Sen ber G»tftcT;ung
beß Dtcdteb", melden ber beseitige SKecter ber Univerfität i'ref. Sr. ^eter £)avum
bei ber feicrlicfceu Äunbntadung een Treibarbeiten hielt. $m -?lnfdluife an ben een ber
biftcrifd;en Suriftenfdule gur ©eltung gebradten Sag: „cß giebt nur pefitieeß 9ied:t",
mirb bie Jlieerie biefer Sdutle über bie Gntftehung beb 3icd;teb einer Mritif unterlegen.
9?ad; beni JRefultate berfelben tat bie burd) ben „Sclfbgcift" perfcnificirte natienale
Gigenart ebenfemenig 3lnfprud auf bie 3 (nerfennung alb einzige 9ted)tßquel(e, atß bie Gr*
fenntniü beb „Sernunftgemägen". 9)1 it gängiger Uebcrgebung ber Unterfucbung barüber:
„maß Oiecbt fein feilte —aber nicht ift" — melde einer bem Sefeit nach eerfdi ebenen
Aufgabe übermiefen mirb — feil bie Grovterung über bie Gntftehung beb 9tcd;teß fid;
bal;in richten, $u ermitteln, mie bie 3\cd;tßncrmen jur ©eltung gelangen. Siefe ©cltung
aber, melde ein bie Gin$elnmil(en beherrfebenbeß mädtigevcß helfen ccraubfc($t, entftehe
bann, menn Sichrere, auf einem bcftinuutcn Olaumc $ufaminenlcbcnb, binfidtlid ber £rb*
nung eineb cencreten Serhältniffeß ihren Villen ccnftant in ber glcidmn 9iid;tung bctl;ä*
tigen, fo baß fid hierin eine 9)ladt fühlbar mad;t, meldier man fiel;, auch wenn man
ftd> miberfegen mellte, untermerfen mügte. ©eleitet merben fie burd; bie fid; unbemufjt
geltenb madenben Scbftrfniffe, mebei bie natienale Gigcnart — fe mie bie fid; läutentbe
Grfcnntnift beb Sermmftgcmäfien ober bie fcrtfdjreitcnbe Gieilijaticu gleich fctSr mitmirfen.
9tad; biefem fenne man fid; mehl bie Gntftebung beb 9tcd;teß eher baß ©eltenbmerbcit
»en 9led)tßnormcn außerhalb beb Staateb beitfcn, ebgleicf; cb eine gicticn märe, einen
fclcben 3 uftanb an$unebtnen. 3 n ber ftaatlid; cenftituirten ®emeinfd;aft femmt bab 9iecl;t
gumcift alb ©cfegcßred;t jur ©eltung, unb nur in ben burd; bie ©efeggebung nid;t er*
febepfenb behanbelten ©ebieten oermag ein ccnftant in gleicher 9in*btung bethätigteb Sel¬
len, menn cb ©eltung erlangt, neueb Diedt — ©emcbnbcitbvedt $u fdaffen. 3 m ©egen*
fafee ^ur hiftcrifden Sdule mirb bie ©emebnbeit nidt bieg alb eine Grfenntnijjquclle,
fonfcem alb eine mirflicbe 9icd;t«quellc aufgefaftf. Sa nun gegenmärtig bie in ber 9{ed;tß*
pflege mirfenben £)rgane beb Staate* eb gumcift ftnb, meldm burd; eine mieberfel;venbe
unb fid; gleid;blcibeitbe Uebung ein ©emohnheitbred;t jur ©eltung bringen fennen, fo tritt
biefeö grej$tentf;eilß alb Sunftenredt auf.
3n fdlageuber Seife mirb bie Unpilänglidfeit unb ber innere Siberfprud, meldet
tu ber gicticn eineb red;tßcr$eugenfccn Solfegcifteb liegt, bargethan burd; bie Seifpiele eoit
Staaten, melde eine aub mehreren 9uitienalitäten gemifebte Seeelferung f;abcit, ferner
bur<d We .^inmeifung auf bie 9teception beb remifden 9led;teß, auf bie 9lußbrcitung
beutfefcen iKedteb, fo mie auf baß Ginmuv^cln fran^efifcheit 9iedteb in beutfden Sanben.
3wt’ife(l;after fann eß fein, eh man fid burd; bie Seidräufuitg ber ltnterfudung auf baß
©elttmbmerben een 9iedtb|ägen hefriebigt fül;len fenne, menn man ermägt, bag bie be*
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fämpfte Anfcbauung eilten ganz anberen Auögangöpunft bat. 3öenn man bcn Segriff beö
SRecbteö auf bie $ur 3 cit in ©eltung ftebenben -SRecbtöfäfce befchränft unb itcb ber baburch
gewonnenen Klarheit unb bcutlicfycn Abgrenzung freut, fc täujeht man [ich rieOeicht, inbetn
man überrieht, baf? in benen, welchen bic Auslegung unb Anwenbung ber einzelnen 9Rccbtö*
nennen obliegt, bie alö (Elemente ber SJicchtöbilbung anerfannten Sriebfetem immer fort»
trirfen. $ie meglicbfte 35eutlicbfcit gefeplicbcr Aneignungen unb ber fefte Vcrjaß, bei ber
Anwenbung nur eine legifebo Operation 311 betrieben, bürftcii nid't oerhinbern tonnen,
bafj bie ©eltung beö Stccbtoö — nach feinen SSirfungen im Verfebre betrachtet — jtcb
immer in einer eöcitlirenben ^Bewegung befinbe. £aö Surütfführen ber (Sntftebung beö
$ed>teö auf eine „Wcchanif beö Villen?" bürftc taum baö Vcrfemmen non SRcd'töänbe»
rungen beffer oeranfchaulidvn tonnen, ale bae von ber hifterifdwn Schule gebrauchte Silb
eineö£rganiömuö. (Sin SÖJccfcaniönmö tann nur bureb außenftef;enbe Äräfte bewegt wer-
ben, unb eö ftnb ja boeb biefelben Wenfdien, weld'e geltenbeö Stecht amvenben unb lüel-
leicht gleichzeitig 5Recf)töänberungen zur (Geltung bringen.
(Sö genügt wohl fanrn, bie alö berechtigt anerfannte töritif ber Vernunft einer an¬
beren Aufgabe zu übermeifen, wenn man fiebt, bat) eben nach ben Anbaltöpunften ge¬
formt wirb, bcn welken auö eine rid;tige Äritit geübt werben tonne.
S. 3abreöberid?t ber ^efth-Ofner £>anbelö- unb ©ewerbefammer
für 1860 biö 1862. Seutfcbe Ausgabe, $)eftb 1863. 38 er immer unbefangen an bie
Seetüre biefee ftattlicben, gegen oiertball'hunbert Seiten nntfaffenben Suche# gebt, wirb
fdjon nach wenigen Seilen fefyr ,$u ©unften beö Verichtcö geftimmt fein. 38ir lefen ndm*
lieh auf ber erften Seite: „Unter ben (Srläffen unb Verorbnungeu, welche in biefer 3eit»
periobe ergangen fmb, nerzeidmen mir mit Vergnügen, weil eö einen ftdnbigen ©egen-
ftanb unferer 3i>ünfcbe betrifft, bie faiferlicbe 'Vererbnung noni 18. gebruar 1860, wo¬
mit bie Sefipfähigfeit ber jfraeliten ausgesprochen, unb eine frühere, womit baö in Un¬
garn beftehenbe Verbot beö Aufenthaltes ber Juben in ben Vergolden, fo wie bie 33e*
fchränfung ihrer 3eugenfähigfeit aufgehoben würbe. 38ir müffen biefeni Stamme unferer
Mitbürger bie ©erechtigfeit wiberfahren (affen, baß fte non ber ihnen gewährten 33cfi(j-
fähigfeit in ausgebehnter 38eife ©ebraueb gemacht, ben 38ertb bes Scbenö unb ber
Käufer bebeutenb gehoben unb burd) mufterhafte Snftruining, burCb rationelle unb inten-
fibe Sewirthfcbaftung ihrer ©fiter bem 9iationalwcl;(ftanb großen Vorfdmb geleiftet haben".
(Sine folche Sprad'c oon einer (Sorperatien unb einer Nation, welcher toon ber allge¬
meinen Sage mehr alö anberen ein Jherabfehen auf bie Anhänger bee TOefaiömuö zur
?aft gefegt wirb, berührt aufö frenbigfte unb erregt bie Erwartung, baß baö Such auch
in ben übrigen 3heilen ohne alle Voreingenommenheit ber SBahrheit bie (Shre geben, £ob
unb Sabel nad; rid'tigern (Sun eff cn beö factijcben Vefinibee ertbeilen werbe. Unb biefe
Erwartung wirb auf feiner Seite beö Sericpteö getäufd't. Allenthalben nennt berfelbe bie
Sache ohne Sd;cu beim rechten Warnen unb fprid't bie Wahrheit aus, auch wenn biefe
ftd? für baö Verfahren ber Raubes» unb Stammeögenoffen wenig rühmlich IwwuöftcUt.
So wirb bei Vefprcchung beö Seibenbaueö bie Veforgnif; auegebrüctt, baß bie biöherigcn
Anftrengungen unb Aufmunterungen bcn Dben, baö Ausfcbreiben anfchnlicher Prämien
für jene, welche in Wlaulbcerbanmpflanzung unb Seibcnzucpt (Srfceblidje# leiften, erfolgloö
bleiben bürften, beim — „eö ift traurig, aber wahr, baß in allen Verhältniffen hier*
lanbö bie ^olitif ihre ^)anb mit im Spiele hat, unb man felbft für ben materiellen
5Ru^en unempfinbli 6 wirb, wenn er non unliebfamer Seite geboten wirb". 2>er Verfall
ber Viehzncht unb bie babei bcn Sanbwirth burch llnrcinlid.jfeit imb Mangel rationeller
Sehanblung treffenbe Schulb wirb fchonungöloö unb in büfteren garben bargeftellt, wo¬
gegen bie für gute pflege unb Aufzucht auögefepten Prämien nichtö nü^en, weil „bie
Säuern ein einzigeö für bie ^eiöbewerbung bcft.mmteö Stüct ihreö Viehftanbeö forg*
faltig pflegen unb gut füttern, wäl;renb bie übrigen ihtcre beö ^)auöhalteö bie größte
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Vernachläffigung geilen". Unb »c fich fonft Uebelftänbe ergeben, »erben fic in ganger
9tacftbeit bargeftellt, fo g. 3?. bie lanbwirthfchaftliche Unfenntnif? unb Sipattne, »eiche ben
SKepS- unb Weinbau in bem hiegu fo geeigneten Janbe noch immer in bem ©rabe ber-
nachläffigt, baf; es einer Secfung beS VebarfeS non auüen braucht, unb gwar gumeift
aus Englanb, baS feinen Jeinfamen aus bem fübli&en SRufilanb, einem mit Ungarn be¬
züglich ber Vobenprobucte gleichftebenben Janbe, begießt, ihn in £ull gu £el prejgt unb
biefeS trop beS 9lgio’S nach 3Sien unb Pefth fenbet! Ghenfo »irb ber Mangel an ge*
feplid?em Schule gegen bctriigerifche Schulbner unb ÜlnbereS offen gerügt. Sahci ift aber
ber Sericht nichts weniger als ein ?obhubel für bie über ben nationalen Vehorben ftefyen-
ben Cberorgane, unb »0 fich gegriiitbete llrfache gu 9luSfte(lungen ergiebt, »erben biefe
eben fo freimütl'ig bargelcgt. .frerberftechenb in biefer £ inficht ift ber Slbfchnitt über ben
lahafhau. Cfcwohl für baS Janb fet?r emft, ift bie Scbilbermtg faft fonttfeh gu lefen,
»ie bie in ber Vercrbnung bom 27. SJiärg 1860 hohen Srts gewährten wefentlichen
Erleichterungen beS JahafbaueS in Ungarn bei ben unteren Vehorben „eine etwas he*
fchränftere Auslegung gefunben", thatfäd'lid) illufcrifch gemacht würben. Sie non folchcn
an bie Sabafhanbler gefteflten Slnfcrberuugcn, „pefitibe unb negatibe Veweife untabel-
hafter faufmännifcher Sclibität gu führen, bie ÜMagagine 1 0 p 0 egrap 1;ifch, fubtfd; jc. gu be¬
treiben" u. bgl. geigte mtS „VefeblerleS", »ie fie Auerbach an feinen Sorffönigen
nicht braftifd;e;r befchreibt. Vebenflid'cr unb ftrenge Unterfud;ung berbienenb feheinen noch
bie 9lnbeutungen über gefächene (Sinfd'üd;terung ber Erlanger, »eiche für bie Ausfuhr
bauen, burch bie Srchung, bie 3(nbauliceng für baS Slerar für alle 3ufunft gu berlieren
unb bie Älage fo berfpäteter Grlebigung ber Ülnbaugefuche, bajt bie gu fpät bewilligte
Jiceng oft problematifch »irb ober ber $>flanger bei Slbweifung burch ingwifäen getroffene
Vorbereitung naml;afte Vcrlufte leibet. 3n gleicher 3lrt, burchweg freimutl)ig, frittfeh unb
umfajfenb betriebt baS 33uch in gehn Gapitcln unb gah(reid;en Unterabtheilungen äße in
ben Sereich ber £>anbelöfammer einfchlagenben 9)1 erneute, .panbel, Snbuftrie, Vergwefen,
Viehgucht, ©elbinftitute, Verjtcherungen, Verfebr, bie Aoanbeleafabemie in Pefth unb baS
@erichtß»efen. Ser lepte Slbfcbnitt ift ben bon ber $anbelSfammer auSgefprochenen ffiün*
fchen gewibmet, beren fic g»clf fermulirt unb begrünbet. Gingelne bcrfclben, auf bie po-
litifche Jage abgieleitb ober mit ben §inangberhältniffen beS gangen SReicbeS im Stammen-
hange, »erben mand'cr Vorberatfeung bebürfen, auberen leichter burchgufühtenben, »ie ber
Errichtung eines ©ewcrbebereineS, bem Vau eines 9)lauthhaufeä in pefth u. bgl., »ün-
fchen »ir balbigfte Stealiftrung unb fo ber Äammer, »eiche fich fo »aefer ihres SRaponS
annimmt, ©ewährung beS eben SDleglichen. SaS bcrliegenbe Vuch ift bie beutfehe gu
$efth beranftaltete Ueberfepung beS an bie Statthaltern in ungarifd;er Sprache borge*
legten 33erid;teS, unb »ir übergehen bei bem SReichthumc beS 3nhalteS gerne manche SRauh*
heit ber Uebertragung ins Seutfche, fo »ie bie nidü felteuen Srucffehler, »enn fie eben
nicht finnftorenb »erben, »ie jener auf S. 11, »0 angegeben »irb, baff ber ©etreibe-
tranSport mittelft Sampffd;iffen im 3>afn*c 1862 auf 3,935.320 9J!efcen bon 2,527.474
SOiefcen im borauSgegangenen 3ahrc gurüdgegangen fei. Stf>atfdd)lid; h a l e ^ n
ftattgefunben, inbem bie im 3al;re 1861 mit Sampffchiffen beförderte ÜJlenge 5,591.149
9)le^en betrug.
* Verfanunlung beS naturforfchenben Vereines in Vrünn, am 13. Sdnner. 3n ber
Verfammltmg fprach f>rof. 9Jlafo»sfp über baS Seben unb VJrrfen beS unldngft bal;in-
gefchiebenen 9JlitgliebeS, beS StatthaltereiratheS Wilhelm 2fanp. Serfelbe »ar im 3ahte
1792 in bem Sorfe Aritfcben, in ber 91ähe bon Vrünn, geboren unb trat nach abfol-
birten philofophifchen unb juribifd'cn Stubien 1815 in ben StaatSbienft, »eichen er
1855 nach girriicfgelegter 40jdhriger Sienftgeit berlieü. Ser Verewigte hatte burch mehr
als 30 3ahrc haS Stubium ber baterlanbifchen Pflangentunbe mit Eifer gepflegt unb
alljährlich gur SommerSgeit bielfache botanifepe ß?:curftonen untamommen. ülcch im 3dh*e
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1S56 unternahm berfelbe mehr als 80 botanif&e Streifzüge. Eine hierauf cingetrctene
Äranflid'feit, t'ie leiber atthaltcnb würbe, hinberte ben ©reis an feinem 8 ieblingSocrgnügen
unb er bcrfcnfte nunmehr feinen ©cift in bie Seetüre pbilcfcpbifiher Serie. Seine lebten
Sorte, bie er auf bem Sterbebette fprad?, waren: „SaS diäthfel bcö Scbcnö wirb mir
halb gelbst". Sie 81 nw eien ben fdwnften biefem warmen biegraphifdwn dcad'rufe greife
2f;eilnat;mc unb gaben ihr Vebauern über ben Verluft cineö ihrer oortrefflicbften ffllit*
glieber burd; (Erbeben t>on ben Sipen 31 t erfennen. Ser ^räftbent Herr Slabimir ©vaf
DRittrowSfp erwähnte hierauf beS werthbollen Herbariums, weldwS Üf am? bem Vereine
teftamentarifch hinterlaffen (;at.
* Sn SRubclf SeigelS Verlag wirb ein Serl ucrbercitet, baö für Äupferftid)famm*
ler ben Sutereffe 3 U werben berfpricht: „Ser beutfd?e ^cifttrc• ©raoeur ober bie
beutfdwn Waler unb Äupferftccber twn ber Witte beS 10. JahrhunbertS bis 1800, bon
S. 21. 2(nberfen". SebeS Jahr feil ein Vanb erfebeinen, ber erfte Vanb wirb Wa*
tl;iaS 3ünbt, Ser. Straud;, 9lbel Stimmer, H^nrid; ©öbig unb Soft Stimmer um*
f affen.
* Sie wirthfcbaftlicbe unb finanzielle (Fntwicflung ber cftcrrcid?ifchen Wcnard'ie bietet
nic^t nur baheirn, fettbern auch im 2luSlanbe biclfachcn Stoff 3 U einer wiffcnfchaftlicbcn Er¬
örterung. Ein fürglid? in Vrüffel unb s PariS cricbieneneS Vudt: „Considörations £codo
miques et financieres sur les ressources de Terapire d’Autriche“, beurtheilt bie
materiellen ©runblagcn unfereS VaticnalreichthumS in ber günftigften unb zugleich in
fet;r gebiegener Seife. Eben io freunblicfc gehalten ift ein Sluffafe über: „Cefterreicfc
in feiner dleugeftaltung. Seine Verfaffung, Finanzen, Sdntlben, Staats*
grunbfräfte, ©clb* unb 6 rebitoerl;altniffe", welcher fich in bem foeben erfcfcic*
nenen erften Hefte /ineS neuen (bei dtifcfcbfe in Stuttgart verlegten) finanzwiiienfd'aft li eben,
pcricbifd;en SerfeS fiitbet. („SeitfWrift für Kapital unb diente; foftematifdn* 'IRittheilungen
aus ben ©ebieten ber Statiftif, Vaticnaiefoncmie, Vorfe, Finanz* unb Hrebitgefepgebung.
Herausgegeben von 81. 9)i of er").
Sie erwähnte Slbbaubluitg beabfid^tiget zwar zumcift eine Ergänzung besjenigen, waS
berfclbe Verfafier in feinem bekannten Sorte: „Sie Kapitalanlage in Serthpanieren
u. f. w." über CefterreicbS Finanzen gefcbriebeit hat; fte bilbet aber gleichzeitig ein ocllig
abgefchlcffcneS ©anzeS, bas bie finanziellen ^Reformen ber lebten brei Sabre in coneifefter
gönn barftellt.
Sie Einleitung enthalt zunäd'ft auf wenigen Seiten einen gefdüdülicben SRücfblicf;
bann folgt eine 2lueeinanberfe(untg unferer Vcrfafjungsgefepe, mit befonberer Herrcrhebung
ihrer Vebeutung für ben Staatshaushalt. Hinauf fd'ilbert ber Verfaffcr bie Verwaltung
unb Kontrcle ber Staatsfduilb unb namentlich baS bie reichsrathlid^e StaatSfcbulben»
comntiffion organifireitbc ©efep 00 m 13. Secentber 1862; ferner bringt er ziffermäßige
Eingaben über ben Veftanb ber Staatsfchulb im Setober 1860, 1861 unb 1862, bann
SRittheilungen über bie fubftantiellen Veränbevuttgen ber Sdutlb, alfo bie ßrbnung ber
lombarbifchwenetianifcben Sd;ulb nach bem 3ürid,'er Vertrag unb bie Veränberungen hin*
ftchtlich ber Schulbentilgung.
9luci? bie folgenben 2lbfdmitte über Staatsgarantiecn unb Sulwentionen, über bie
gegenwärtige Finanzlage, bie StaatSgrunbfräfte, bie Schritte zur H^rftellung ber Valuta
(Vdnfrefonn), baS Erebitwefen, bie Ecuponfteuer unb 3infen zeichnen ftch burch aufmerf*
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fame Secbachtung afler Vorgänge unb babnrch aud, bafj fte btd auf bic jüngften
Jage reichen.
Senn auch unjere gtnan$männer in ber ganzen Slbbanblung wenig Weued entbecfen
unb fogar ein paar unbebeutenben $rrthümcm begegnen werben, jo I;at bie Arbeit 9JRoferd
hoch jebcnfallö für bie große ©lengc ber auüercfterreicfcifcf?en Sefet ein bertorragenbed
Sntereffc. Sie frennblicbe Sättigung, wellte ber Vcrfafier bcn in ben lebten Sabren ge¬
malten Anftrengungen angebeihen leint, wirb une manche Smnpathteen im xHuelanbe ge¬
winnen, unb ed terräth jeinen unbeftritten nötigen Stanbpunft, wenn berfelbe im „®e-
jammtüberbliri; ber Sage" jtd) äußert: „ber Segen ber Verfafjung wirft augenjc^einlich
nach allen Wid;tungen unb befrud'tct bie faft reriiegten Quellen beö öffentlichen Sehend.
Aber noch ift afled im Anfang, im Serben begriffen. Defterreich fteht heute ba, wo
anbere ßulturtolfer tor 30 Sabren geftanben; ed ift um ein tolied 93cenfc^cnalter in ber
(Sntwicflung jurücfgeblicben. Safür fanit ed aber bie Sugcnbfraft feined gejegneten Vobend
unb feiner Sauber in bic Saagjdulc legen, ©euhiebt bied mit »ollem ©ewiebt; gelingt
ed alle Sdüchten ber Vereiterungen mit jenem regen Streben unb mit jenem Verftänb*
niffe ihrer wahren Sntereifen ;u erfüllen, wollte heute bie Sebenöbebingungen ber Voller
geworben finb; jo wirb bad Spalter ber (Sijenbalmen unb Telegraphen jeinen Gntwicf*
lungdgang nur um jo mehr bejihleimigen".
©t$ungdberid)tc.
Äflifnrltdjf ^haiiemte J»er Wflenfdjaflfit.
Stiftung ber philofophifd;* hifterijdjen (Eiaffe tom 20. Sänner 1804.
«sperr Sr. gerbinanb Seif legt für bie Senffcbriften feine Abhanblung »or:
„lieber einige altframcfifdu’ Soctrinen unb Allegorien ton ber DJtinne. N ?iad> £anb-
fchriften ber f. f. pofbibliothef.
Selch’ eine große Wolle bie 'Winne, bie grauenliebe, ber grauettbienft, bie ©alan-
terie wdhrenb bed ritterlichen Wittelalterd in Seben unb Sichtung gcfpielt hat, ift eine
befannte Thatfacbe, wie and), bau bannt bie Verehrung ber Sungfrau Waria, ber Wa*
bcnnacultud in innigfter Verbinbung, im ßaufal-Wejrud ftaub; freilich ned; nicht aud«
gemacht, ob lepterer ald Urfache, erftere ald Sirfung, ober umgefehrt*?
Sn ber 83lüthc$eit ba* ritterlichen unb hofifchen Sichtung, ton bem (Enbe bed 11.
bid in bie Witte bed 13. Saljrbunbertd, fpracb fich biefed ©efühl unb bieje Sitte un»
mittelbar ald eigentlicher Winnefang in Itrifchcr, wenn and; immer mehr contentioneller
gerat aud.
Wittelbar $eigt ftcb ber (Einfluß bauen in ber epifeben ^oefte bed bretonifchen
Sagenfreifed, erhöht burch bie Stellung unb ©eltung bed Seibed bei ben feltifcpen
Velfern.
Seit ber Seit bed beginnenben Verfalls ber ritterlichen unb ^cfifd;cn SidUung, feit
auch in ihr bie (Ernüchterung begann burch bie junehmenbe £>errfchaft bed Verftanbed
über ^antafte unb ©efühl, burch bie bectrinäre Wichtung, warb auch bie Winne nicht
bloß mehr befungen, fonbern aud) gelehrt, ©egenftanb ton Wefiejion unb Soctrin ober
allegorijcher Abftracticn.
Viel hatte ba 3 U beigetragen bie Sefanntwerbung unb Verbreitung ton Dtibd „Ars
amandi“ Unb „Remedia amoris“, wie namentlich im Altfranjcftjchen bie mehrfachen
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Ueberfehungen ttnb 9Racbbtlbungen baten geugen; unb gilt 9lntoenbung bcr Allegorie auf
bie Winne ber halb fc beliebt getoerbenc „Roman de la Rose“.
Sie aber anfangs bcr ftrauenbienft mit bem „unferer lieben grau“ in inniger 2>er*
binbung ftanb, io wirb auch in biefen späteren Toctrinen unb Slflegerien ben ber Winne
biefelbe öfter „gciftlich“ gebeutet.
Sclcge gu bem ©cfagten fanben ficb in brei .öanbfTriften ber f. f. ftofbiblictbef,
bie, weil fie unbekannt unb bed^ für Gultur* nnb ?itteraturgefcbic£te nicht unintereffant
finb, ber ÜBerfaifer in ber torliegenben 3(bf\mblung näher befebreibt unb auSgugStteife
mittbeilt.
Tie erfte .feanbfdmft, -Tir. 2621, aue bem 14. 3ahrbunbert, enthält nämlich:
1. La puissance d’amour, ein ©efpväcb über bie Wacht ber Siebe gtoiicben bem
ungenannten 'jerfaifer unb feinem £errn, einem «öergog ton ©rabant; in §)rofa (gang
unbefannt).
2. Li jugemens d’amour. ober: De Florance et de Blancheflor, in einer ton
SarbaganS Ausgabe biefeö ©cbicbteS bebeutenb atnteichenben ^Berfion.
3. Li prisons d’amours, ein größeres allegorisches ©ebic^t ton bem berühmten
Tronvere SBauboutn be Gonbe, ton bem man bisher nur fleinere ©ebichte, Dits, Fa-
bliaux io. fannte.
4. C’est des quatre sereurs, in Serien; nämlich ber allegorische Streit ber riet
Sdnteftem: i'erite, Wifmccrbe, 3uftice unb $)aijr, ein Don ben Trouveres oft heban*
belteS Jhema, unb gmar in einer mit ber Don £errn 9>aulin ^aris (Manuscrits
frangais, Tome III. p. 248, No. 428 du Supplem frang.) angegeigten gufammen*
ftimmenben 2>erfion.
5. Moralins sour VI. vers, ein Sermon ober eine adcgorifch'mpftifcbc Teutung
Don fed>ö Werfen eines frangefiiehen 33oIf$liebeS, ebenfalls in SSerfen.
Tie groeite «’öanbfchrift, 9ir. 2609, ebenfalls aus bem 14. Sahrhunbert, enthält:
1. La vraie medicine d’amour, Don bem Trouvere Sentier be GhartreS, eine
Sdlegorie ttt $>ve|a mit Dielen Winiaturen unb wabrfcheinlicb ton bem Semier, treibet
bas betrannte fabliau de la hotisse partie ou le bourgeois d'Abbeville berfajjt hat,
ton bem man aber bisher fenft nichts fannte.
2. Le Bestiaire d’amour, ton jRicharb be gournital, herausgegeben ton £ippeau
(9)artS 1860, 8.), jeboeb in biefer ftanbicprift riet Dollftänbiger unb mit gitei gortfepun*
gen, bie iteber in ber ermähnten Ausgabe, noch in einer anberen ber bisher baten bc*
fannt gettorbenen öanbfchriften terfommen.
Gnblich bie britte £anbfd)rift, 9lr. 2585, im 3ahre 1287 geschrieben, beren 3n*
halt, gang in ^refa, aus brei Slbjchnitten befte(;t: aus einem allgemeinen Tcctrinal, aus
einer hifterifchen Slbfianbfung ton bem Urfprunge ber Stänbc unb Reiche unb aus einer
doctrine d’amour; le&terc ift gum 2beile ein SluSgug unb oft ltcrtlicbc Uehcrfefcung
ton beS SlnbreaS GapeflanuS berühmten tractatus amoris, ttoburch gugleich beS lederen
bisher ftreitigeS Filter infotteit feftgeftettt mirb, baß er {ebenfalls noch im 13. Sahrhun-
bert abgefaßt ttorben ift.
S i fc u n g ber mathematifch^naturitiffenfcbaftlichen Slaffe
Dom 21. 3änner 1864.
Aperr $)rof. Tr. griebr. 3R och leb er in $)rag übermittelt eine Ülbhanblung: „Uebet
bie Gonftituticn ber organischen Serbinbutigen unb Gntftehung homologer Körper“.
3n bcrfelben ttirb an eine im Tecenibcr 1863 in ben Sitzungsberichten ber faif.
Äfabemie abgebruefte Slbhanblitng: „Ueber bie Genftitutien ber organischen iBcrbinbungen“
angefnüpft.
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Sie bamalg gegebene ©rflärung ber .fwmolcgie burch Suhftitution oert 3 $afferftoff
burch 5D7etBt>I wirb in bei* Steife ahgeänbert, bau ta# Wethof weiter nicht als Dabical
betrachtet wirb, fenbem als eine inccmplete Serhinbung beß oen .ftcblenfäureTabical ftch
aHeitenben Dabicaleö C* H 2 . Sic Snfamnienfebung beß Üllfohcls, ber ©ffigfäure, ber
9 )lild>jäure nnb Djrncjfigfäure unb einiger oerwanbten Stoffe, 3 . S. bee ©focclß, bient
als SJeifpiel 511 t (Erläuterung.
Sie Platte non liicfcnhaften Serhinbungen, feie im Sabre 1853 aufgefteflt würbe,
erfährt eine Pinfd;ränfung. 28ährcnb bie 3ahl ber wirtlich lügenhaften Serhinbungen,
trie beS Puan, ber Ppanfäure u\, baburcf; Oerminbert wirb, hübet fich neben tiefer Piaffe
ren Äctpcrn eine zweite Piaffe ton Serhinbungen, bte burch bie Sähigfcit, Elemente
tirect auf^mte^men, fo wie tureb ihre geringe Seftäubigfeit mit ben liicfcnhaften Serbin*
bungen ühereinftimmen. Sei ihnen rührt jebccb biefe leichte Seränberlicbteit unb Sähig*
feit einer birecten Aufnahme oen SSafierftcff, Saucrftoff, Sr cm :c. nicht oon Oorhanbe*
nen Suchen her, fenbem reu einer eigentümlichen Penftruction ihrer Dabtcalc. 3 llbchobe,
'Mulallcbcl, Beeten, Slcrplfaure n. f. w. bienen als Seifpicfc 311 t Prläuterung.
3lue ben Serfuchcn nen Äclte über bie Pinwirfung oen Äct/lenfaure auf erga*
itifcfce Subftaitjen hei ©egenwart reu iHlfalimetall unb ben analcgen Scrfuchen Pat*
tonß werben Schlüffe gelegen über bie wahrfcheinlichc Silbungßweife hemeleger 3uh*
fta^en tm pf (an; euer gani 0 muß unb auf Serfucfye hingewiefen, bie oielleicht bie Urjache
gu unfercr Äenntnig bringen werben, warum bKlimmte Scbenbeftanbtheile für bie Pnt*
wicflung ber P flauen nethig ftnb.
3 um Schluffe wirb bie Serbopplung bee 3ltomgewict)tee bee ÄcMenftcffeö befür*
wertet, in Setreff bet Serbopplung ber ?ltcmgewichte beß Saucrftoffeß, Schwefel u. f.w.,
beß 38atferß,. ber Säurenanhnbribe unt wafferfreien Spobe, bie bagegen fprcchenbcu
©riinbe heroorgeheben.
Saß wirtliche Witglieb .perr Refrath 48. Jaibing er legt 3 ur 3lnftd>t ein Sruch*
ftücf bee Weteoriten oor, welcher am 7. Sccember 1863 in Selgien um 11 1 .> Uhr
Sermittag gefallen war. Wan hat benfelbcit nach mehreren Srten benannt, „Tirlemont",
weher bte erften Dacbrichtcn famen, bann „Scurinne", aud' w Tcurinne4a*©rcffc", eitb*
lieh „Seauoecbin", wo eigentlich ter galt ftattgefunben hat. Sa« Sruchftürf felbft, für
baß f. f. pefmineralicncabinet heftimmt, war oen bem perrn f. f. ©efanbtcn in Srüffel,
^reihnm Äarl 0 . pftgel, an paibinger üherfanbt werben, perr £luctdet h a U e
baß Stücf ton perm San Sen eben in Soweit erhalten, bem felbft einige Stücfe
zeitlich nach bem galle 3 ugefemmen waren. Septerer hatte auch Sericht an Du et eiet
erftattet, perr glorimonb in Sc wen an r ,Les Mondes“. Perr Sauhtee hatte baß
größte oen Perm Saemann erhaltene Stürf een 1300 ©rammen in beT parijer 3lfa*
bemieftfcung am 4. Jänner oorgelegt. 60 ift ein Wetecrit gewöhnlicher 9trt, m it einer
bftnnen, mattfehwarjen Dinbe umgeben, im Jnnem grau, mit Theild?en oon Pifen unb
oon Sthwefeleifen (Treilit), een legerem enthält baß ocrliegenbe Stüct eine etwaß
größere Partie non etwa 1 4 3cü nad; allen Dichtungen. Wan hatte bie Semerfung ge*
macht, bau hoch bie Sewegung nicht fo rafd; gewefen fei, bau man fie mit einer fo3*
mifchen ©efehwinbigfeit oereinbaren fennte, unmöglich fonnte ftd' bahei eine Schme^rinbe
gebilbet h a hcu. Jaibing er erinnert an bie Serfchicbenhcit ber 3 uftänbe in ben gwei
aufeinanber folgenben Jh e ^ en her Sahn eineö Weteoriten, bem fo 0 mifd;en, in welkem
bie planetare ©efehwinbigfeit burch ben SMberftanb ber 3ltmcfohäre aufgehoben wirb,
währenb beffen bte Schme^rinbe gebilbet wirb, unb bem teflurifchen, bem eigentlichen gall
wie jeber anbere fchwere Äßrper, währenb beffen bie Dinbe erftarrt tfl unb ftch bie
^o^ere Temperatur ber 3lufjenfeite mit ber ntebrigeren im Jnnem 3 U einer Witteltempe*
ratur auögleic^t.
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586Mer führt ben Stein reu Tirlemont bereite in feinem Ve^etcbntffe bet Me*
tecritenfammlung ber llnmerfttät ©ettingen am 1. Sänner 1864 an. Jaibing er bebt
heim er, mie hoch bie Tbeilttahnte in ber lebten 3cit an bem Stnbium ber Meteoriten
unb and) ber Meteore gediegen ift.
Sie Sammlung bee f. !. £efmineralicncabinet 3 ftieg, rom 7. Scinner 1859 be*
ginnenb, bie 30. Mat 1863 reit 137 auf 200 Totalitäten unb ift feitbem noch rer*
mehrt: bae brittinbe Mufettm, unter Mae fei nne’e energifeber Leitung, gar ron 75 im
Sahvc 1859 bie 216 im Äuguft 1863, bie 219 im Secenther; 58 öMer bat 139,
©uftar iRefe 153, bann in 53udnerd „Meteoriten in Sammlungen" Sheparb 151,
9ft. ?). ©reg 191, greiherr r. 5Reid>enbacb 176, alle noch feitbem rermebrt. Ülucb
ftm Saubree gab ^unt 15. Secember bae l'erjeicbnif? ber Meteoriten bee Museum
d’Histoire Naturelle in ^arte beraue, bae erfte, trelcbee ron biefer Sammlung erfebie*
nen ift, mit 86 gafltagen unb gunbftätten.
3n 9?ejug auf bie Theorie bei Stent]dmurpenbtlbung, im 3 ufamntenbange mit ben
fertmäbvenben Söericbtcit £}u et e l e te, ermähnt ft a i b i n g er, bat} $mar aflerbiitge ror
SUejranber ft e r i d e l aud ber beebrerbiente gcrjd'er ©. ft e i t} einen ftaubartigen Suftanb
ber Meteore angenommen, aber bed' in einem etirae rerfdnebetten Sinne, io baft £>errn
Älcyantev ft e r f d' e l immer ned bie Unabbängigfeit ber iMntubt unb bee Äiteiprudmö
gerabe in berjettigen SKid'tung übrig bleibt, mdd'e irebl ale bie für bie ©rjchciitungen
^irecfmäfngfte ©rflärung betrachtet trerben bürfte.
Sa£ mivflicbe Mitglieb £err ^rof. IBrliefe überreicht eine -Kbbaitblung über ben
9lupcffect internüttirenber .Rebbautreiumgen. ©in regelmäßig intermittirenber Sid'treij,
helfen Unterbrechungen io tur^ itnb, bat} ftc für bie bireete Wahrnehmung rollftättbig
rerfdnrinben, bringt, mie befamtt, auf bae Äuge biefelbc 53irfnitg Innrer, treldm bie rer*
brauchte Tichtmenge berrorgeluad't haben mürbe, mettn fie auf baofelbc 9lcßbautareal im
continuhlid'en unb gleichförmigen Strome gelangt märe. Sn beiten gälten mirb aber nidt
bad Majrimmn bee 9lupcffected erhielt. Siejee mirb erhalten bei länger bauernbett Unter«
breduutgen. gührt man bie 53cbüigung ein, bat} bie Sauer best jehemaligen iRe^ed unb
bie Sauer ber jctesmaligen i'aufe immer gleich gier} fein feilen, fc mirb für moißed
Sicht bet bedfte s )itthoffect erhielt bet 17 bid 18 31ei jungen in ber Secunbe. gür ben*
felben fomntt nicht allein bie primäre Wtrfiutg bee Skbted in 53ctrad>t, fonbern auch eilt
fecunbärer ©rregungö^uftanb, ber, mie in ben motorifd'en Herren berjenige, melier bie
Ceffnitngcsucfung auelcet, roitt Äuf hören ber äußeren ©inmitfiutg, hier bee Siebted, bort
ber ©lectricität abhängt. Sieter fecunbärc ©nvgungemt’tant ift amt bie Uvfadn bee aud
früheren Vcrfuden mit farbigem Sid'te hefannten pofttiren complomentär gefärbten 9iadv
tilbed. 53cim farbigen Sid>te mirb burd) bettfelben nicht allein bie .pelligfeit, fonbern auch
bie garbe oeräitbert.
Sie Vermehrung ted 9lufecffeetcd bee Siebtes burd 17 hie 18 Unterbrechungen in
ber Secunbe lät}t fiel' für bie 53cleudtung nid't uermerthen mögen bed unerträglidmn
glimmernd, bae mit bemfelben oerbunben ift, unb aud' für Signallid'ter ift fie merthlcd,
meil fie in ber 9lähe ber ©rennen ber Sid'tbaifeit, alfo gerabe ba, mo man ihrer be*
bürfte, glcirt' 91 ull mirb.
gitr Signale ift ee bagegen oon 53ebeutung $u mitten, mie lange bad Sicht menig*
ftend bauern ntut}, um bie mit ber betreffenden Sid'tftärfe überhaupt erreichbare Tragmette
ooüftänbig nt erlangen, §>vcf. 53rüde berednete btefe 3^t 31 t 0.186 Seeunben.
ftm Sr. 53oue madt einige Mittbeilungen über ben albaitefitd'en Svin unb bie
©eologie Älbanicue, befonberd fciited tertiären 53 ecfeite.
53id 3 itm Tabre 1859 floß ber albaneftfde Svin nur burd bad 3abrimathal unb
bie Äalffelfenpäffc tmn 53albrin unb Seid' (5lletfio) ine abriatifd'e 5)(cer. Sn jenem 3al;re
ereignete cd ftd burep eine Ueberfchmemmnng bee Srin unb i'icUcid't aud) bureb eine
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gleid'gcitigc be* Äiri, baf; ber Srin be: feinem 3(u*tiitte au* bem ©ebirge bei Sfcla in
nerbmeftlid'er Siid'tiuig ficb burd' cultivirte* Vanb bi* gunt Äiri ein ©ett crßffnete. Siefe*
ift ba* erfte Slefultat ber jfntgften Steife be* ©cneralccnful* v. £ahn.
Sie >icbact;te ©eräuberunq ift gecgvapMfd' unb l;iftcn|d? intereffant, weil babureb
bie gefte Sicfapha in Scutari nod) fefter wirb, ba ber Äiri in tie ©ojatta münbet,
wcld;e jenen g elfen gegen Werben unb heften befpült. 3tun bleibt gu erforfthen, ob feben
in älterer Seit biefer 3trm be* Srin verbanben mar.
©inen fel;r ähnlichen gall ftcllen mt* in WiitteUlUlbanien ber Zaun bi unb Sevol
vor, meld'e nur burdt eine große ©bene ebne ©ebirge ober .friigel getrennt ftnb. Sn
Ubeifcbwemmung*geiten vereinigen fxd> beibc 3i>affer wcitigftett* auf bem fcbntalften Jl;cile
biefe* S fl baute. SScftlich bleibt ein infelartig fl et nee bügeligee Jerrain gwifchen bent ©leere
unb ben gm et glüfien liegen, gerabe fe, mie in Wcrbalhanien gwifchen ber ©ejana unb
bem füblid’en 3lrtn bee Srin.
©ent Saitari ©eefen bie gunt 3lrta Sufen unb noch {üblicher wirb ein breiter
^anbftreifen nur bureb tertiäre ©ebilbe bebeeft, weldte auf einem alten untergefunfenen
glcßfalfterrain liegen, inbent nur fcie unb ba ba* keltere ba* Jtrtiäre bur&bricbt. Sie
©reite ber jungen ©ebilbe machet von Serben nad? Sitben. Sa* ©ecene l;errfd;t bef un¬
ter* in C^piruC', ba* SWiocene unb Weegcne in ©littel* unb s )iorb4llbanien vor. ©inen
ber febenften Snvcbfchnitte biefer ©ebilbe bilbet ber füblid'e Abhang be* ©taba*©alfan.
©lan fleht nämlich ben Wummulitcnfalf burd? mächtige blaue ibcnntergel überbeeft; in
bem cberften Saget feinmen jene ©eritbeu» unb Weritinenfdflcbtcn vor, welche im Wiener
©eefen auch befannt finb, unb gang eben liegt ein mächtige* Seitha*üuar$ccnglemerat.
«V)err ©cneralccnful v. £abn bat uebft bem Ferrit CS-enful ©allarini gu Su«
ragge bie ©efälligfeit gehabt, einige tertiäre ^etrefacten . eingufenben, welche fte weftlid}
unb nerbeftlid) von Tirana in ben «piigeln fanben, unb bie vom £emt Sirecter £)5r*
ne* beftimmt worben ftnb.
Sie eecene ©ilbuttg in SüteSllbanien ftcttt in großem ©laßftabe bie wehlbcfannten
©erbältniffe Sftrien* vor, nantentlid; Sanbfteine unb Mergel in ben Sbälern unb Wum*
mulitenfalfe in ben ©ergen.
Siefe werben in gewiffen großen Jbälem burd> ©üßwafjerfaif unb große Alluvial»
conglomerate bebeett.
Sr. ©oue befprid;t weiter ben wabrfcbeinlidwn Urfprung ber $^ennalfd;mefelquellen
Worb*3(lbanien*, wo, wie bei ©aben in Sefterretcb, aueb ©pp* in ben glcßfalfgebirgen
verfemmt.
Sann fucht er in einigen ©egenben Sber* unb ©litteU'Jllbanien* ba* Spftcm be*
Sacbfteinfalfee unb ber Solcmite nachguweifen unb fte von anberen älteren unb jüngeren
glößfalfen in Albanien uttb ©lacebctueit gu trennen.
©ttblicb erttycilt er ben fitnftig in biefe ©egettb SRoifenben ben Siatb, bie ©efteigung
ber brei Äcloffe: ber Salefch, Sbalea unb Scbalefcboß in ber Stabe ber Bereinigung be*
weißen unb be* fdnvargcn Srin vorgunebnten, tvebttreh bte belfere Ueberficht ber £anbcon*
figuration febr beferbert wirb. Sie heften Mittel bagu werben aufgegäl)lt.
Ser ©erfaffer fdVließt mit einer ©emerfung über bie «poffnung be* ©eneralcoitful*
v. ^)al)n, bte fdwnen unb ungeheuren 6id;en*, gierten* unb Jannenwälber am Ufer be*
fdnvargcn unb bc* vereinigten Srin bureb ©urepäer auobeuten unb bureb biefe glftffe gum
fDieere flößen gu laßen. Sr. ©oue meint, baß bie ©Mlbbeit unb ba* höcbftc Mißtrauen
ber fatholifchen unb mohamebanifeben (yimvebner tiefem Unternehmen große £nnberniffe
bereiten würben, welche felbft bureb bte 3lu*ftcht auf ©clbgewinn faum gu überwinben
fein dürften. Sie ©ewohner jener ©egenben ftnb frei ober faft unabhängig von ber
Pforte unb wollen e* bleiben; bah er feben fie bie grentben in il;rem Canbc ungern unb
tragen felbft bagu bei, baß baefelbe unbefannt unb unwirthbar bleibe.
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Sie !. Afabemte ber Söiffenfcfoaften bat tf;r correfponbirenbed 9föitglieb Ferrit ?)rof
Sr. Äarl $)eterd mit einer geclogifcben Unterfucbung ber Scbrubfcba unb etiteö Heiles
bed öftlicben Baifand betraut, unb iluit ju biefem 3 ^ecfe eine Subvention von 1000 fl.
in Silber bewilligt. £)err $>rof. s J)eterd bantt nun mit Schreiben vom 14. Csänner für
biefe ihm gewährte Unterftüfcung unb theilt mit, baff er feine Unterfucbungdreife gegen
6 nbe April b. 3- angutreten beabftebtige.
Sie in ber Si^uitg vom 14. Sänner 1864 vorgelegte ÄMjanblung: „ 3 ur Äennt*
niff von Hartwegia commosa* von 4>erm Sr. Hubert eit geh würbe gur Aufnahme
in bie Sifcungdbericbte ber Glaffe beftimmt.
5lus?ng mts bem JÜwtahaUf
ber 12 . Sipung ber f. f. (Jentralcommiffien gur CSrforfcbung unb (Erhaltung ber Sau*
benfntale, welche am 3. Secember 1863 unter beni Bcrjtye Sr. (SjceKeng bed £>errn
5)rdfibenten Sr. Scfepl; Alejranber greibemt v. geifert abgebalten würbe.
Sie Sifcuitg wirb von Seite Sr. (?jrcetlen$ bed Apevnt fPräfibenten mit ber 93rit*
tbeilung einer in ber bisherigen Siebaction eingetretenen Aenberung eröffnet, inbem er
nach Enthebung bed bisherigen Siebactcurß öerrn Avarl 38cifj mittelft Secretcd vom
7. November 1863 ben £erm fPrcfeffor an ber !. !. Afabemie ber bilbenben fünfte
Anton SRitter v. Berger gewonnen, ber auch bereits feine gnnctionen angetreten habe.
fftachbein übrigens auch ein Schreiben bed «£>errn Ä. 3$ei ff bom 3. Secember
1863 eingelangt ift, laut beffen berfelbe feinerfeite erflärt, bie Siebaction mit Diücfjtcht
auf feine mittlerweile erfolgte Crinennnng guui Sibliothefar unb Archivar ber Stabt
JBien nid;t weiter fortfübren 311 tonnen, fo werben biefe Vorgänge von ber Gentralcom*
miffion gur Äenntni§ genommen unb befdd offen, anläßlich berfelben bem £erm 2 ßei§
für feine achtjährigen eifrigen Bemühungen bie „tPiittbei langen'' auf jene .'Dobe 31 t brin*
gen, bie benfelben bas lebhafte Sntereffe unb bie audgeiebnenbe Achtung bei* wiffenfe^aft*
liehen 9iMt bed Sn* unb Auelaitbed errungen unb gefiebert bat, bie Anerfennung unb ben
San! ber ßentralconimiffion audgufpreeben.
Sad (Sommifficnömitglieb $)rcf. v. (Sitelbeiger h at am Schluffe ber lebten
Sifcung barauf aufmertfam gemacht, ba§ bas alte (SafteU (Samerlengc bei £rau in Sal*
matien, ein Iwchft intereffanteS Baubenfmal, bemolirt werben foll, unb baß es noch an
ber Seit wäre, biefer Semolirung vor 3 ubeugen:
Ser 4)err ^räfibent eröffnet ber Berfammlung, baß er feitbem burch ben SRcicbd-
ratl) Jperm Goutc ganfogna nähere Säten über biefe Angelegenheit erhalten unb ftch mit
IRücffid>t auf bie Sringli^feit berfelben beftimmt gefunben babc f fofort ein Schreiben an
ben Jpernt Statthalter für Salmatien 3 U richten, in welchem berfelbe auf bie Bebeutung
bed genannten ßaftelld, welches bem 14. Sahrhunbert fein 6 ntftel;en verbanfen, ja theil*
weife noch früheren Urfprunged fein unb nun in Sprivatbefifc übergehen feil, unb auf bem
bie faiferliche gähne aufgepfiangt 31 t fein pflegt, aufmerffani gemad;t unb erfud;t würbe,
auf bie Rettung beefelben vor bem brol;enben Abbruche hin 3 uwirfen.
Sie ($entraeommiffian nimmt biefe 9 Jiittl;eilung gur Äenntniß.
(Sbenfo hat ftch Se. ßrcclleng ber £err $)räfibent beftimmt gefunben, über eine
Sftittheilung, ba§ ber Suftanb ber ehemaligen Stiftdfirche in 9teuberg in Steiermar! eine
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einftchtSbollc SReftaurirung btefcr auß bent 3ahrc 1455 ftamntenben gotbii'cben Äitcbc et*
foltern, bie tfjm bringenb erfcbeinenben Verfügungen 311 treffen.
3 n bent ßapitelgemolbc näd'ft biefer Äirche bcnnben ficb näntliri' bic (Araber be$
erlaubten Stifters, be* pcrmgö Ctto be$ greubigen eni^ bent -V»aufc .pabebtirg, bann
feiner ©cmabliitnen Glifabetb non Vaiertt nnb finita 001 t 5?bl;nten f fo nne feiner 2ebne
griefcrich uttb geopolb, beren Scheine, in unoeriperrten Sarnen liegenb, profaner Vegaf*
fung unb Berührung auSgefcfet fein feilen. 2e. Grccllen* bat nun, um biefeut Hebel-
ftanbe fo balb alß niedlich abjuMfen, einerfeits ben -Perm Statthalter für Steierniarf
um feine fcblemtige Vermittlung angegangen, anbererfeits ben Gonfcroatcv, .Perm 2 dtei*
ger beauftragt, fein begrünbete* Sutad'ten über tiefe xHngelegcnheit abjugeben.
Von Seite beß genannten .penn Statthalters ift bereit* bie Niittbeiltntg einge*
troffen, baff bic netbigen Verfehrungcn veranlaßt merben feien, unt bie Ncfte ber ge*
nannten erlauchten ^Perfcnen vor Storung ihrer 9iube f enterbin 311 fehüpen.
5 >ie ßcntralcommifften ftimrnt auch biefer Verfügung ihre* ^rafibenteu bet unb
nimmt bic SDiittbeilung beo Perm Statthalters für Steicrntarf vorläufig 3111 * .Renntniß.
'Jlttläßlid; einer 3ccti^ in ben „2ireler Stimmen", in mcldjer ber V>unich auöge*
fprochen wirb, baff an ben *J>riefterfentinaricn Vorlefungen über chriftlid;c Äumt gehalten
merben mögen, mirb über Antrag tee .pennt Sccticnßratl'cS v. pcuflcv befd'loffen, bie*
jentgen Srbinariate, bei melden fcld>c Vorlefungen noch nid't ftattfinten, 3 U erfuchcn, an
ihren Sentinarien, betn bereits in SSicn, V > in 3 unb in 2 t. gölten gegebenen Veifpiele
fclgenb, aud; Vorlefungen über Äunftgefcbicbte unb d;ri ft liehe Aunft eiitsufübven.
Kngttrifdjc ^Umbemiü.
Sie feierliche Sahreeftpung fattb am 23. Säntter ftatt. Ser $)räfibent, ©raf Gmil
Seffemffp ereffnete biefelbe mit einet iHniprachc, als beren 3mecf n eS bejeichnete,
burch 3lnbeutungeit über „ben Gharafter ber 3eitverbältniffe, itt benett mir leben, unb auf
bie Natur ber Aufgabe, meld;c uttß bezüglich ber nationalen (5ultur für bie Segenmart
jufiel", feinen 3uhörern einigen Stoff jum Nachbenfen 3 U geben. Sie S(nfid>ten über bie
Aufgabe ber ^Ifabemic haben ftd' im i'aufe ber Seit febr geflart. äöcber fei cS je$t
mehr „©egenftanb ernfter Sißcufftonen, ob biefee Snftitut bloß eine 3 m* '.Kuebtlbung
ber Sprache berufene ©efellfchaft fein feile unb ob überhaupt bas Vebtirfuiß nad) einer
©efellfchaft vorbanbett fei, beren Aufgabe fiep auf bie pflege unb Verbreitung ber Sßiffcn*
fchaften in ungavifcher Sprache auSbehnen feilte, ober oh es nicht ftatt intenfmer Ver*
breituitg unferer Vilbung viel jmeefmäßiger mdre, cjrtenfrc 3 U mirfen, unb unfere ganje
Äraft in ber Gnichtung non ^räparanbieu 3 U concentriren, meldm taS nicht ungarifch
jpreebenbe Voll in ber ungarischen Sprache uittenidrten mürben"; itod; fei eß heute für
rcgenb jentanben noch ein Scgma, „bat), menn an bie Stelle ber tobten lateinifeben
Spraye überall, mo fie eingefül;rt mar, bie ungarifche Sprache träte, bie* 3UU1 Grblühen
unb 3 m Sicherung uttferer Nationalität febon genug märe; baf; ferner, menn mir bie
Sechtßgleicbheit auf alle Vemohner beß i*anbeß außbebnen mürben, bie große nationale
gamtlie augenblitflicb fertig märe, beren ©lieber burd; fein Sonberintereffe non einanber
getrennt mürben."
„®ir jchmanftcu", heißt eß meiter, „nicht beßhalb fo oft, meil bie 3 eit perioben«
meife attbere unb mieber anbere gorberungen an uns ftellte, fcitbem beßhalb, meil mir
unfern rechten 9>lafc in ber Seit noch nicht gefunben hÄhew", Siefen 9>un!t finben,
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barauf fontme eö für Ungarn an in einer „Stellung, bie weniger günftig faum gebaut
werben fenne". Ser Ungar lebe noch, „weil all' biefe Hebel eine oen ber Herfebung
befdnebene Sothwenbigfeit finb. $Lir ftnb alß fämpfenbeö Hclf Heber gefemmen, wir ftnb
ein fämpfeubeß Holf unb werben es bleiben. . . . H>ir muffen cß ertragen, bat} wir
nicht rerftanben werben. SScnn wir nur einanber gan* oerfteben. 3S>ir muffen eß ertragen,
baß wir Den ber 3eit niebtß erwarten haben, unb baß fte ftd; bereite gegen unö ge*
wenbet bat, unb ficb immer mehr gegen unß wenben wirb, wenn wir nicht unfere Stelle
in ihr fud;en unb enblid; einnehmen. 5Öir muffen bie febmeren ©ebred'en ertragen, an
benen wir leiben. . . . Sie 3«t bleibt nicht ftehen, unb felbft ber Starfe lann nur
feiten ebne feinen eigenen Schaben in bie Speichen ihres rcllenben Sabeö greifen; —
wir ftttb fd;wad\ beim, wenn wir unß auch nicht reift'dtet haben, fo ftnb wir bed) fpat
aufgebrcchen, unb wenn wir nid't in unter Herberten [teigen wellen, fe muffen wir unö
bamit begnügen, ein ©ewtebt hineinwerfen $u fonnen."
„Unter ©ewiebt, unfer ©ewiebt, unfer ©ewiebt", biefe brei Sorte entfprächen für
Ungarn bem „®elb, ©elb, ©elb" SSentecuculiß. „Ser ©ang ber geiftigen ©ntwicfluttg
beö 9Jknfd)cngefcblecbteö unb bie alleß nmfaffenben Sirfungen beßfelben madwn eß jebem
einzelnen Stamme $ur Sothwenbigfeit, an ber großen Arbeit beö ©eifteö ununterbreeben
tl;eiljunehmen. ©ß ift feine fe borge] ebrittene Nation benfbar, welche, wenn fte biefe 5lr*
heit nur auf furje 3eit unterhred'cn würbe, ber Herfomtnenbeit, bem geiftigen unb nta*
teiiellen Herfall unb ber Herarmung entgehen föutite. Unter ben einzelnen gragen ber
Siffenfd'aft ftnb fiele, bie zugleich für einzelne Saticnen bie grage geringerer unb gre*
ßerer 'Diaebt fein fonnen, aber bie Siffenfd'aft an unb für ficb ift für alle in gleichem
DJlapc eine Lebensfrage, beim eine Saticn, bie nicht fähig ift, bie Hilbung in ficb auf*
junehmen unb fiep in biefelbc nur aufnehmen laut, ift gewiß maleren."
Hon biefent ©eficbtßpuntte auß mögen bie 3uberer namentlich überlegen, „ob un*
fere Litteratur im Mgemcinen bie Sichtung befolge, welche unteren moraltfchen unb in*
teüectuellen ©inrluß vermehren fann, ober ob fte eine Sichtung befolge, bie biefen ©inftuß
oerminbert? 3n geige all’ biefer ©rwägungen wirb bie grage ber gragen auftaueben:
ob nicht bie unabweiöliche Sctbwenbigfeit twvhanben fei, bie bisherige Satur unferet
geiftigen Sl;ätigteit rabieal umiugeftalten unb berfeiben eine Sid;tung $u geben, baß een
nun an baö Hauptgewicht im größten SJlaüe auf bie emften Stubien gelegt werbeY" Ser
Sebner fcblcß mit ber Hitte um „energifd;e Unterftüpung ber ©ntwictlung unb Herbrei*
tung beö Siffcnö, ber ityätigfeit ber ©eiehrten".
Ser Secretär Labißlauö S$alap febiefte feinem Jahresbericht einen Sücfblicf auf
bie 3^it ber Stiftung ber 2lfabcmie noraitß, fattb, baß man ficb nach berf eiben nicht
äurücfytfehnen brauche, unb baß bie Ungarifd'e Siffenfd'aft feit jenem Jage einen bebeu»
tenben gortfebritt gemacht l;abe, unb $war in elfter Seihe burd' bie ?ltabemie. Saß twr*
gefegte 3wl werbe erreicht werben, wenn man „ gewiffenhaft in bie gußtapfen großer
Nationen treten. Scbcnfen wir ben Scannern beö Slnßlatibeß fein $u williges Chr, wenn
fte, bie gremben, nidjt aufhören ben ben ©igenfebaften bes ungarneben JnpuS als ben
folchen $u fpreeben, welche etwaö befonbereß bebingen unb ben Ungar auf etwas anbereö,
apartes berweifen". Sie Ungarn wollen nicht bloß Seliefö $u ben curopäifchen Munft*
unb Litteraturfd'öpfungcn bilben; „wir wollen unb werben eben fclcbc Söevfe ]\baffen, ja,
haben auch beren febon geübaffen". ©r wanbte ftd> bann gegen bie ©egner, welche bie
jlfabentie „alö einen Sarrcfen ber buftigften ©efühle ber Seele ober alß eine ©efahr
für bie greibeit betrachten 41 .
»rnntmartltoftr üeHartnur Dm Ct*poü> fflruikmt btt k. Witntt Ztitnng.
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Üfleue Stautäredjtslitteratur.
1. ©nmbfäge bed gemein?» tciitftt?eu vStauterecbto mit befoubever SHiicfficbt anf bae allgemeine
€taatcired)t unb auf bie iinteften 3citBerhä(tuiffe. 2>on Sr. {>. 3öpf I. 3tBei Stelle. (günfte
Auflage) Seipjig itnb ^cibclbcrg 1863, Cllinter'fdje SJerlagäbanblmig.
2. Einleitung in bae conftitiiticnelle 3>etfaifuugSrecl)t oon Sv. Karl b. Kaltenborn, üeipjig
1863, Uletlag Bon '-Bcrubatb Inud'uiy.
E. v. T. 2luS ber 2)titte ber tiefgebeuben Bewegung, welche baS beutidje
Staatsleben ber Gegenwart ergriffen fiat, finb jmei SSerfe cor baS publicum ge¬
treten, beren jebeS feine 2(ufmer!fam!eit wobt in 2lnf(mtcb nehmen barf. Bwat baö
f 3 öf.'fTfd)e Such ift febott con alteröber ein genauer unb fieberet 8 ül)rer beöfelben.
Seit bie eierte Auflage, weld;e im Satire 1855 erjdnenen, bie fpärlicben unb
fnappett Safe ber britten (com 3. 1844) 31 t einem umfaffenben unb mit reia,liebem
Detail auSgeftatteten Slifteme erweitert, gehörte bau 23er! neben bem £>. 2t. 3a=
djarid’ö 3 U jenen, welche con bem wiffenfdjaftlidien unb praftifdien 33 ebürfniffe
weitaus ant meiften in 2 (itfprudi genommen würben. Sa fetbft gerabe auf wiche,
bie fid; ber geiftigen {Richtung 3a diariä 'S cerwanbter fühlten, bie mit ihm bie
9lotl)Wenbigfeit einer 9ieugeftattung ber ftaatlidien 2>erbältniffc be§ beutfd;en 2?ol!eä
ftarer empfaitben unb emfiger nach rechtlichen ,s3anbbaben fucfjten, um ben beutfeben
33unb auS ben engen Greifen beS „ltnmögticbcn unb Unerträglichen" be^mSgu*
beben, in weld)e er bis nun gefügt ift, beiten Böyfl bie {Rothwenbigfeit beS Gr*
battenS unb GonfercirettS eiet 31 t ftfiarf betont, eiet 3 U wenig bie freiheitlichen unb
nationalen Biegungen beS beutfd)en 33ol!cö berücffid)tigt 3 U haben febien, bat eS
in jebent Sinne eine bebeutenbe {Rücfwirtung geäußert.
{Rieht als ob eS bie eigentümlichen 9)iängel 3öpfTicber I'arftellung fcf>le<bt«
bin certeugnete. fDiit ber „beutfeben 5Reid;S= unb jHecbtögt'id>idf)te", ber eS fidf) auch
ber §orm nach anidjliefjt, tbeilt eS ben SRangel einer collfommen feft unb logifch
geglieberten Scftematit unb im (gin^etnen jene eigcnttjürnlidjen Griibeinungen, welche
man mit Bül'flö Stellung gnr Sitteratur in älerbinbnng bringen möchte. ©aS
Streben nach felbftftänbiger gorichung, nach unabhängiger ©örberung unb Sßeiter*
fübrung ber SBiffenfcbaft führt allerbiugS bort häufiger als hier 3 U einer SSerleug*
nung berfelben, 3 U einer geiftigen 2tbwel)r gegen baS, waS 2(nbere früher erfannt
unb feftgeftellt haben, aber völlig frei bacott ift auch baS oorliegettbe Ser! nicht
SebenfallS fieberten ihm iitbefj bie 23oflftünbig!eit beS SnbaltS bie 23eftimmtbeit,
mit welcher überall auf baS pofitioe {Recht SScgug genommen unb biefeS con ben
ftaatSpbitofipbftfK ’ 11 ©äfcen gerieben wirb, bie 2luSbebnuttg enblicf), welche ber
gej<bitbtlid) e Shell ber Sarftellung bis in bie neueftc Beit ^crab, unb baS auf
Ss<(<n{ c^rift. 1864. Cant HL IS
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Grunblage eines ©uellenmaterialeS erfahren hatte, roetd)e8 aufjer bcm S3erfaffet nidtjt
fei^t jcmanb gu Gebote ftanb, ron rornhcrein eine nid)t gewöhnlidje Sebeutung.
®ie nun erschienene fünfte Auflage nennt ber SJcrfaffer mit Nedjt eine burd)=
auS oermehrte unb »erbefferte. 3(ud) eilte mir flüdjtigc 33erg(eicfimtg mit ber werten
geigt, Weid)' namhafte Bufatjc unb SSeräubcrungen ben Tert unb bie Noten getrof»
fen fjaben. ©ieS gilt nidjt nur reit ber ©arftetlmtg beö pofitioen 3ied)teS, fonbent
gentg ebenfo rott ben redttäpbilefopfyifdjcn Ausführungen. Nian vergleiche beifpielS=
weife nur, trag ber 33erfaffer über baS NationalitätSprincip unb feine gefdjidttlic^e
33efchränfung, über natürliche unb politifche Nationalität fagt, — weitaus bie befte
unb gufammenbängenbfte Sfiggirung ber <Säj 5 e, welche in neiiefter Seit über ben
wichtigen Gegenftanb aufgefteDt worben finb. ©a8 Sntercffe, welches fid; fpeciell in
Defterreid) an bie ^vage fnüpft, wirb e§ vielleicht rechtfertigen, wenn wir fie — bem
Sßerfaffer folgenb — einge^enber erörtern, a(8 e8 fonft in ben ÄreiS biefer AuS»
führungen paffen würbe.
©aS Sßefen be§ NationalitätSprincipeS finbet ber 33erfaffer tu bem Ned;tS=
anfpruth, ben jebe 23ölferf<haft oon .v>anS au8 in fich trägt, al8 felbftftänbiger
Staat gu befielen, ©ie praftifdje (Geltung be8 $)rincipeS aber grengt fid) natür=*
lieh auch ihm mit ber plj^fifdjm Niöglidjfeit ab, als Staat gu befielen, alfo mit
bem Nlacbtoerhältnif; nach ber Stnga^I nnb inneren Straft ber SSolfSgenoffen. Niin«
ber mäd;tige unb Heinere Golfer finb ber Natur nad; auf oölferred;tlid)e 33erbin=
bungen ober auf freiwillige unb unfreiwillige Unterwerfung angewiefett. ©ie felbft«
ftänbige Erhaltung be8 Territoriums fann habet bie Erhaltung bet Nationalität
in rieten Segiehungen möglich ericheinen laffett, wenn fie auch >h rc <£elbftftänbig=
feit nad) aufjen verliert unb in biefer £)infid;t in baS Staatenfpftem beS nunmeh*
rigen ^auptftaateS eintritt.
33id)tiget ift ber Sali, baf; ein $Bolf unter bie .£>crrfd;aft eines aitberen in
ber 2trt gu ftehen fommt, baf; fein Territorium ein gemeinfd;aftlid;eS mit bem ber
fiegenben Sevölferung wirb, ©er Nerfaffet macht für bie Stellung ber fiegenben
unb befiegten Skvölferung in biefem Salle bie Ntöglicpfeit breier Spftcme geltenb,
welche er als bie Spfteme ber Unterbrücfung, ber 5Bcrfd;melgung unb ber (Neid)*
ftellung begeidmet. Gntweber werben nämlich bie 23efiegten fortwäfjrenb als Unter*
jochte behanbelt unb ber ^errfdjenben Nationalität in rechtlicher unb politifcher 58e»
giehung wiUfürlich halb mehr, halb mittber nadcgeielct, ober ber Sieger erfläre bie
befiegte Sevölferung gerabegu für einen T^eil ber ht'n’fdtenben Nation unb ver=
fchmelge fie rechtlich unb politifch vollftänbig mit berfelben, forbere aber bafür baS
Dpfer bet bisherigen nationalen Selbftftänbigfeit, einichlüffig beS bisherigen NelfS*
ttamenS unb beS Gebrauches ber Sprache, minbeftenS im amtlichen 33erf ehre leben;
ober ber Sieger erfläre bie befiegte Scnölferung für gleichberechtigt mit ber fiegen*
ben unb erfenne bie Selbftftänbigfeit ihrer Nationalität minbeftenS in SBegug auf
Namen unb Sprache, mitunter fogar in 23egng auf SSerfaffung unb Necht an.
SJiit Gnttfd;iebcnl;eit erflärt fich ^ er S3crfaffer gegen ba8 erftc Spftem; c8
trage ben Stempel bet Ungerechtigfeit an fich, cS fi^ire bie Suftänbe gegenfeitiger
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Erbitterung unb ber inneren Staatöfnmpfe, eS fei gerabc^u ftaatßgcfäbrticb. Gbenfo
entid)icben güitftig aber fteflt ftcf) fein Urtbeil über baS gweite. Bmar »erbe es unocr«
meiblid) im erften Augcitblicfe reit bem Sefiegten als eine große £mrte empfun»
ben, habe aber beit großen SBortboit, in furjer Beit bie Sefiegten nergeffen jn
laffeit, baß fie Sefiegte feien, unb fie mit ber SRatien, welcher fie bas Schicffal
gntßeilte, rafd; mtb rellftäubig 311 veridnnelgen; es gebe alfe in ucrbälhtißmäßig
furzen Beiträumen einen rollen (irfaß für bie rerlonte Nationalität, inbem eS ben Sc»
fiegten babureß ehre, baß es allen Unteric^ieb mit bem Sieger renriiefd, unb fo=
mit rerbürge bie» Softem unleugbar beit ©inheitsbeftanb be§ Staate?.
Jöeniger ben Aorfceritngen ber ftaatlid;en Älugbeit entfpred)enb ift bem Ser»
faffer bas britte, bas Stiftern ber ©leid;ftellung. Sie Sdnrierigfeiten, bie cS bc»
reite, tonnen nur lattgfam nnb allmälig ausgeglidieu »erben, ber Nacenfampf »erbe
niemals außer bie ©reifen ber Nlöglid;feit gerüeft. ©S fei bieS aber ron je baS
Spftem ber germanifc^en Sölfer geirefen; id>on in ben Beiten ber SölferWanbe*
ruug habe cS ben Nachtheil gehabt, baß bie fiegenben bcutfdjen Söller felbft ihren
heutigen Ghnrafter ablegten mtb remanifirt »urben, eS habe nod) jeßt ben Nad)»
tbeil, baß bie ©ermanifirting anberer Sauber, b. i. bie Ausbreitung ber beutfe^en
©ultur and; ba feinen redeten Fortgang gewinne, wo fie naturgemäß angegeigt fei,
unb bieiett Säubern felbft nidjt »eiliger als Seutfdilanb junt entfd>iebenften Sor»
theil gereichen ȟrbe.
„Sefricbigcnbe Grgebniffe ^at baS Spftern ber ©leid)bered)tigung bisher nur
ba ejegeigt, wo, wie in ber S<h»ei 3 , bie Bcrfduebcueit Nationalitäten fich in ber
richtigen ©rfenutniß, ihrer Sereiitigung 31 er Sehauptung ihrer ftaatfichen Erifteng
gegenfeitig 3 U bebürfen, freiwillig ancinanbergefdjleffeit haben, nberbieS auch au t
einer unb berfelbeit Gulturftufe flehen unb feine ber Bereinigten Nationalitäten
fo fehr ttumeriieh ober politifd) überwiegt, baß bie anberen für ihre gleiche ©eltung
3 U fürchten Urfacßc hätten: ober auch wo eS bemjenigen Stamme, Welker bet
£auptträgor ber (Sultur ift, gelingt, ben Stämmen anberer Nationalität feine ©ul»
tur mitgutheilen, ober wo bie weniger galilreichc Nationalität bas Sebürfniß beS
Anfd'luffeS ait eine größere Solfömaffe empfinbet, weil fie nach ben obwaltenben
geographifd;eit Serbältniffen nur in biefer Serbinbuitg ihre materiellen, poli»
tifcßcit unb internationalen 3 ntercffeit als gewahrt unb gefiebert
anerfennoit unb bie Sortßeile eine? großen ©ulturftaateS mit 3 u=
genießen hoffen fann."
©S bebarf feiner auSbrücflichen .perBorhebung, wie concret eben ber leßte Saß
bie Attwcitbuitg bes „SuftemS ber ©leichftcflnng" auf unfere öfterreießifeben Ser»
hältniffc rechtfertigt. 5)1 ehr noch als in ftaatsrcddlicßcu Säßen — unb man weiß (
baß baS öffentliche Sehen ficb eben in leßter Beit lebhaft genug mit ber rechtlichen
girirung beS Sertialtnißfeö befdjäftigt fwi — ift eS in ber Natur ber Sache felbft
begrünbet. Sie Natur ber Sache, bie Art ber Segnungen ber einzelnen Sölfer
Sefterreichs 311 einanber hat Siiberftaitb geleiftet, als eS fid) um bie gewaltfame
Schöpfung einer politiicßen Nationalität auf ©runbläge einer beftimmten natür»
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liefen Nationalität hanbelte, fte wirb ben rohen nnb wibernatürlicf)en Serfud)en,
bie potitifdje Nationalität überhaupt itjrer Nedjte ju berauben nnb in engerem ober
weiterem greife bie eine ober anbere natürliche Nationalität in eine unbefd?ränfte
^>errjd)aft einjufe^en, gang ebenfo wiberftef)en. ©8 liegt an einer totalen Serfen»
nung beS 2Bertl;eS ber St)at]ac^en unb ber 5ftacf)t beffen, wa8 eben gefd)icfytlidj
geworben unb waS fid) gefchicf)tlich vorbereitet, wenn wir folgen Serfuchen immer
nodj begegnen.
• ©enn in bet 2^at auef) barüber wirb fid; niemanb täufdjen, baff ber Ser»
faffer oollfommen berechtigt ift, eS au8gufpred)en, bie Nationalität, fo gewiff fie in
23tut (Nace) unb in ber Spradje ihre natürliche ©ruitblage habe, fei allein jut
Staatenbilbung nicht au8reid?cnb. ©in großer Staat fann nun einmal bie ©renjen,
welche feine friegetifche nnb hanbel8politifd)e Stellung fidjern, nicht entbehren; er
ift genötigt, fie fid) ohne Nücffidit auf bie nationale SafiS gu oerfchuffen. ©ie
politifd?e Nationalität entwicfelt fid? nm fo häufiger, als bie gefd;id?t(id)e ©ntwief»
lung ber 9Renfd)l;eit immer mehr 3 ur Silbung von ©rofeftaaten ober il;rc Stellung
oertretenben großen Staatenoerbinbungen brängt. „So wie bie ©ultur überhaupt,
als auf geiftiger ©ntwieftung beruhenb, für baS höhere im Serhältnifj gum ur=
fprünglich Natürlichen anerfannt wirb, fo muf; aud) ber ©roffftaat nnb bie burd)
ihn begrünbete Nationalität, als ein ^robuct ber ©ultur, für baS £)öf)cre im Ser»
hältni§ 3 nr rein natürlichen Nationalität anerfannt werben, unb biefe im 6cnflirte
fid; ihm unterorbnen, unb 3 Wat um fo mehr, als in feinem bermal beftehenben
groffen Staate bie wefentlichfte ©ruitblage ber natürlichen Nationalität, baS Slut,
mehr völlig rein angetroffen wirb."
©ie Scred)tigung ber pclitifchcn Nationalität hat bem Serfaffer bemgemäff
ihren lejjten unb oberften ©runb in ber gefänglichen Nothwenbigfeit. ©8 fei Wohl
möglich, unb ficher auch nicht feiten oorgefommen, baff ©ewalttfjat unb Ungcred)«
tigfeit einer Nationalität, welche für fid) allein wohl hätte beftehen fönnen, eine
Äataftrophe bereitet hüben. 2lber fo lange noch ber Ärieg als eine nölferrechtliche
Snftitution unb fein SluSgang als ein ©otteSgericht unter Sölfcm betrachtet werbe,
fönne bie ©egenwart nicht für ba8 Unrecht ber Sergangenfjeit oerantwortlid) ge»
macht werben, unb fo bereit man fein möge, ein fold)eö Unrecht an 3 uerfennen unb
3 U beflagen, fo unmöglich fei e8 oft, baSfelbe wieber gut 3 U machen unb ohne bie
größten Nachtheile unb ©efahren für bie feltbem erwad;fenen unb beftehenben Ser«
hältniffe bie früheren Buftänbe wieberher 3 uftellen.
„©in Angriff auf bie pofitiv oölfer» unb ftaatSred)t(id) einmal anerfamiten,
jefet beftehenben politifchen Nationalitäten burch bie ^)roctamirung beS
natürlichen NatiortalitätSprincipcS ifi ein Slttgriff auf ben pofitiv recht»
liehen unb gef<hichtlid;en NechtSguftanb unb bie Nulte oon gang Guropa nnb würbe
nach Umftänben allen politifchen Sefifftanb bis auf bie 3eiten beS ©äfar unb ©a=
citu8 in Srage ftetlen unb bie Sluflöfung aller jejjt beftehenben Staaten 3 ur golg e
haben. SBemt übrigens bie SBieberherftellung ber natürlichen Nationalitäten wirtlich
als $)rincip anerfannt, mit ©onfequeng burchgeführt unb nicht blofj als Sorwanb
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197
unb $ebef 511 t Berftcruug eines ober beS attberen Staates einfei tig gebraust wer»
beit wollte, fo würbe bieö gerate bemjenigen (Staate (granfreich) jititt größten Nach-
tbeile gereichen, ber ficf> tu neuefter 3eit na et einer ©eite Bin jitm Vertreter biefeS
i'rinctyeS aufgeworfen Bat, währenb er nach ber anberen Seite hin, gerate im
SBiberjprud; fjicmit, nicBt nur tie fcüon früher eiuoerleiBten fremben Nationalitäten
feftfiält, fonbera fid; fogar nod; untere annectirt."
Vergleicht man tiefe Sä (je, bereit Vegrünbuitg fchwerlid; wirb Beftritten wer=
ten tonnen, mit jenen, welche 0 . Kaltenborn über tag Sefen beö Staates»
über beffeit ^InlofeptMfdic uitb pelitifcBe ©runblagen auffteUt, fo jeigt fief) auf ben
erften SBlicf, Wie tief auf tie moterne Soctrin concrete $?ebengocrl)ättniffe unferer
Beit jurüefgewirft haben. Sei ,'pernt 0 . Kaltenborn allcrbingö in anberer Seife alS
bei Böpfl. „Ser Staat ift fein blofjeS Naturprobuct", fagt er S. 17, „er ift ein
begeifterter DrganiSmuS. Unb gerate fo, wie ber Nienfch, gwat innerhalb ber
Sd)ranfen ber Natürlichfett fteheut, 001 t beren Gefehen beherrfdff wirb, unb beren
©ntftehung, Organisation unb Grtitmicflung ber natürlid;en Seftimmung ber Nten«
fdjen entzogen ift, nichtSfceftoweniger aber ber ÜJienfch ein freieg unb geiftigeS Sefen
bleibt, fo ift eS auch mit bem Staate ber galt. Semnach ift anjuerfennen, baf)
auih im ftaatlichen 8 eben orgauifd;e Gefejje criftiren, tie baS 3Solf troj) feiner
greiheit unb Semünftigfeit als unabäitberlid;e Sorbebingungen anerfennen muff,
unb bah ber menfcblid)e Sille, infoferne er auf bie Geftaltungen unb gunctionen
beS Staates einwirft unb einwirfen tarf unb muh, fi<h innerhalb all’ ber Schram
fett halten muh, nieldje alles Drganifche beherrfdjen. Ser hierin eigenmächtige Sille
beS SBolfeS wirb mit bet Serad;tung jener organifchen ©efejje baS innerfte Sefcn
beS Staates felbft oernid;ten. Ser Geift unb ber Sille beS Ntenfchen unb ber
Söller hat feine ftaatenbiltenbe JBätigfeit gunäcbft mit ber Ulnerfennung biefeS or=
ganifchen SefenS unb tiefer organiid;en ©ejejte beS Staates $u beginnen unb erft
auf tiefer SBafiS feine freien Gonftructionen nach ben eigentümlichen Sebürfniffen
beS SolfeS unb inSbefonbere ber jeteSmaligen Generation beS 3ritalter8 aufju=
bauen. Unb fd;oit hienach muh eS cd 8 eben fo wibernatürlid) wie unoernünftig er=
fdjeirtett, baS Sefen beS Staates in bem bloßen Sillen ber ihn jefct bitbenben
Nictifdjen ober gar in ben Niajoritätöbefcblüffen berfelben ober einer auS ihnen
heroorgegangenett SolfSrepräfentation (beS 9lbgcorbnetenhaufeS) gu fucBen"
So weit biefe Sähe gegen baS suffrage universel unb bie objectioe 33e»
ftimmtheit gerichtet finb, mit welcher man eS in bie $)rincipien eines geläuterten
uttb auf ber £mhe ber Gntwicflung ftebtextbett StaatSlebenS einführen Wollte, wirb
ntan ihnen 9lnerfennung nicht »erjagen föttnen. Bugleich aber geigt fi<h in ihnen ber
Unterfchieb jut 3öf.'fl’fchen Vehanblung beS ©egeitftanbcS. 3n ber Shnt ift in £>emt
». KaltenbomS SluSführuugett entfliehen 'nur wenig oon bem pofitio NechtUchen ju
ftnbeit, baS BöfflS and) ftaatöhhilofehbifdje Ulnfcbauungen d;arafterifirt. Sie in ben
eben angeführten Sähen alles Gewicht auf baS orgauifchc Sefen beS Staates ge»
legt, baneben aber bie Gntwicflung ber pofitioen Nccbtöfcrmeu, welche bo«h eben
auch auf gefdhicf)tli<hem Serben beruhen unb gerate für bie Gntfd;eibung ber auf-
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geworfenen grage oon au 8 fchlief)li<her Vebeutung finb, völlig ignorirt werben, fo ift
überall ein faft ängftltd;e 8 Vernähen mtoerlennbat, bie conftitutionetlen ©runbiäfce
iric^t fo fehr auS bem t fj a t f ä d) l i d; e it VerfaffungSlebett jener Golfer, welche biefe
©taatSform in lebenbiger S^ätigfeit üben, fonbent oielmehr auS bem abguleiten,
waS ber Verfaffer als baS eigenfte SBefen beS beutfdjen StaatSfebenS inSbefonbere
3 U erlernten glaubt.
Vefanntlich ift bteS Verfahren m ber fPrariS früher als in ber 2t)eorie ein»
gefc^lagen worben. 3Dian weif wie eine mastige Partei in $)reuhen oon ben Sri*
bunen ber Äammern herunter ein fpecififch beut|'d)eS VerfaffungSleben, weites mit
ben abgebrauchten formen beS vulgären ©onftitutionaliSmuS nichts gemein haben,
innerlicher unb tiefet fein foll, proclamirt, mit allem Slufwanb oon ©eift unb
©d)atffinn in 8 ©Aftern gebracht hat- ©anj fo weit geht ber Verfaffer nun allein
bmgS trid)t, allein man braucht feine „ibeafett ©runbgüge beS conftitutionell=mon»
atchifchen ©taatSrechtS" nur angufehen, um in nicht unwichtigen fünften bie gen
ftige Verwanbtfchaft !lar 3 U erlernten. 2)ie folgenbett ©ä^e, beren Snhalt oon ber
jüngfien ©ntwidluttg ber preufjifd)en Buftänbe nicfjt leicht 31 t trennen ift, ja mit
fpecieUet Vegiehung auf biefe ©ntwidlmtg gefchricben fein mag, mögen bie-3
barthun:
„2)em fDionarchen unb feiner {Regierung muff trojj beö lanbftänbifchen ©teuer»
bewilligungSrechteS bie 9Röglid;feit oerbleiben, auf ©ruitb ber bereits beftehenben
Steuern in ber überlommenett SBeife weiter gu regieren unb innerhalb biefer
Summen neue @inrid)tungen 3 U fchaffett, ohne bie ootherige formelle 3 ufüntmung
ber VollSoertretung nöthig gu haben, fo weit nicht jette ©inrid;tiutgen einer guoorigen
gefejgltdben geftftellnng bebürfen. 3 a felbft ein fanbftänbifdfjer SBiberftmtch gegen bie
gortbauer beftefjcnber ©inrichtmtgen, ber fich in bie Verweigerung ber bagu ttöthi»
gen ©elbmitttel, fo weit bagu nicht neue Steuern nöthig werben, fleibet, barf 3 m
SSahrung beS tnenarchif<hen VerfaffungSgeifteS nicht bie Vebeutung haben, bafj burd)
biefe cinfeitige Verweigerung bie {Regierung fofort rechtlich gebunbeit fei, ihre lieber«
geugung oon ber fRothwenbigfeit foldjet 3nftitute hreiSgugebett. ©aS Votum ber
VollSoertretung lann hier allein nicht ctttfcf>eibenb fein, fonbern barf im ntonar<hi=
fchen Staate nur bie Äraft haben, eine SDiafmung an bie lönigliehe Regierung
3 U fein (man fielet, bah trejj beS llmftaitbeS, bafj bieö „ibeale ©runbgüge" beS
©taatSrechteS fein foDen, eine löttiglid;c unb wohl fpeciell bie preufnfd;e {Regie=
rung oorauSgefefct wirb), auf baS ©ewiffen(;affefte 31 t prüfen, ob ihre bisherige
Slnficht bie richtige unb ob btefelbe im ©intte ber VollSoertretung aufgugebett ober
boch 3 U ntobifteiren fei, berat fonft wirb burd) biefe finangietle ^interttmr bie gange
grofje Vebeutung beS löniglichen Veto oernichtet. SMirmalige übereinftimmenbe
Vota ber VollSoertretung, fo weit fie nicht offenbar ben ^arteiftempel
an fid) tragen, müffen atlerbingS geeignet fein, bie Regierung über bie Süchtig»
feit ihrer eigenen Sluffaffung beforgt unb gut SRadjgiebigleit geneigt gu machen."
©aS ift alferbingS nicht oulgärer ©onftitutionaliSmuS unb Böpfl tommt auch
»cm ©tanbpunlt beS pofitioen, in ©eutfdilanb geltenben 9tecfjte§ gu anberen ©djjen.
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@8 ift un8 natürlid; niefit möglich, t)icr im Einzelnen bie STuffaffung beS 9Ser=
fafferS non bem etfiißhcit mtb ergauiießen Söejen beS Staates unb bie praftiießen
Rußanwenbungeti barjutegen, bie er baran fnüpft. ©aß in biefer 2lrt bie rccßt=
liefen Buftäitbe unb bie ftaatlicße 3ufunft unteres SaterlanbeS jtt beurtfieilcn niefjt
weniger Eonftruction, nicht weniger willfürlicße 9(nnnfime ließt, al8 etwa in bet
Ütfieorie von ber $ßcilung ber ©cwalten unb in ber ibealen Rechtfertigung be8
englif<h*belgifd;en Parlamentarismus unb ber SolfSfeuvcrainetät, liegt auf ber £anb.
©lücflicßerweiie ift bie lefienbige Entwicflung faft überall in ©eutfcßlanb im 33e=
griff über ade Ülbftractionen ßimvcgjufdjreiten.
ßrfreulicfier als ber bogmati)d;e ift ber t}iftcrifcf>e Sßcil beS v. Äaltenbom*
fdjen SöerfeS. ©ie entfdjiebene Scfäßigttug jur ©arftellung beS feßwierigen unb
verwicfelten ©egenftanbcS, Welche er bereits in ber „©efeßießte bet beutfd;en Sun*
beSverßältniffe unb Einßeitebeftrebungen" bargetßan, geigt ficf> aueß b»ier in gutem
Sichte. Söettn troßbem bie entießieben größere Sollftänbigfeit auf ©eite SüpflS
ift, }o erflärt fieß bieS nicht nur bureß ben verjeßiebetten Umfang, foubern- auch bie
verießiebenen Bwccfe ber SSerfe.
Seibe finb übrigens vor bem hoeßbebeutenbett Ereignis gefdjrieben, welches im
Sommer vergangenen JabreS gang ©eutjcßlaitb in tiefer geiftiger Sewegung er¬
griffen b)at. Hüpft fiat intef; ber Sorrebe beS jweiten StßcileS ein Urtfieil ‘über bie
Refonnacte eingefügt, welches fiter anjiifüßren wir unS niefit verfagen fönnett. ©et
berühmte Staatsreditelefirer glaubt c8 unumwunben anSfpred;ett jtt rnüffen, baff bie
Ausarbeitung beS Entwurfes ber Reformacte nicht wie bie Ülbfaffung ber Entwürfe
einer RcicßSvcrfaffung unb bereu Scratßung int Jahre 1848 unb 1849 burch ben
©rang einer nationalen Aufregung fiorvcrgcnifeit unb beeinflußt worben, fettbem
als ein SSerf reiflid'er Ueberleguitg unb SSürbigung ber beutfcßeit Buftäitbe in einer
Beit ber vollfcmmeuften politiüßcit Ruße, ja fogar ber notcrifchen Jmpotenj aller
oett unten agitireuben Elemente, auS beit ßücßften RegierungSfreifett auSgegattgen
ift, Welche eben ßteburd) bas längft «on ber Ration gefühlte unb von ber beutiefiett
SunbeSverfantmlmtg felbft im Jahre 1848 anerfaitntc Sebürfniß einer Reform beS
SunbeS neuerbingS als ein brittgenbeS conftatirt hüben, baß ber gebaute Entwurf
feine ber beibett beutfd;eit Enoßmädjte principiell ausfcßließt, wie bieS in ber Jranf=
furtcr ReicßSverfaffung vom 28. 9Rär$ 1849 tutb in bem ißt ttachgebilbeten preu*
ßifchett Entwürfe einer UnionSverfaffung ber Juli gewefen, enblich baß ber Entwurf
eine ©ruttbfage enthalt, auf wcld;er eS ©euticßlaitb möglich ift, in feiner ©efammt*
ßeit als eine ©roßmadjt in allen curepaifcßeit fragen aufgutreteu unb fomit bie
Stellung einguitelgmeit, welche ißm und; bem AuSfpntcße ber SmibeSverfammtung
felbft (vom 1. Rcärj 1848) unter ben Rationen Europa’8 gebührt, unb bei ber
gegenwärtigen SBeltlage von ifint nicht ohne bie augenfcßcinlicßfte ©efafir für feine
Selbftftänbigfeit unb Unverleßlid;feit entbehrt werben fattn.
„Selten", fcßlicßt ber Serfaffer feine AuScinanberjeßung, „ift Woßl einer Ra*
tion, fo wie ber beutjeßen bureß bett faiierlicßett Entwurf ber Reformacte, bie
gleitße Riöglicßfett geboten worben, auf legalem SBege, oßne unmittelbar vorgängige
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gemaltfame Erfdmtterung ton aufen ober im Snnern, jebod) im Singefichte Bereits
bro^enber Eefaljren für ben SBcltfriebcn, einen Umbau ihrer aUfeitig atö mangels
h a f* anerfannten potitifdjen Einrichtungen in einer Seife rorjunebmeu mtb ju ooltt
enben, mcldje fie in bie Gerfaffung fefjcn mürbe, affen ^oratt 3 ieBenben ©türmen
mit 3iube unb ©elbftoertrauen entgegenfehen 511 föitnen."
3fud) mir hoffen aus bem Smterften unfereS .perjenS, baff ber Eeift ber 9ie=
formacte jur 2Bahrf)eit merben, baf; jener ftaatSmännifdbe SluSfprud) in Erfüllung
geben mirb, ben mir in ben jüngften Sagen oernommen fwfcen. Sie Siffenfdjaft
befi beutfdjen GunbeSrechteS, bie in bem Serie 3öpffö einen fo trefflicben SluSbrucf
gefunben, mirb bamit jur SJcafulatur merben, mie bie Coelebriamfeit ber f)ieifbs=
publiciften nad) ber Aufhebung bes beutfdjen SieicbeS „eine broblofe&unft" gemor=
ben, aber man mirb eS ficher nid)t mehr Bebauern, a(S in jener Beit, mo nach ber
Erjäbhntg JRobertS 0 . ?Jicbl ber geiftreiche 5. E. Bieter fid) holb im ©d)er$e,
halb im Ernfte barüber ju bejehmeren pflegte, bah bie 3ieid)Sbeputation feine Snt=
fchäbigungSforberung für bie Gerlufte anerfannt habe, mefche bie ©taatSrechtSfehrer
beS h- römifchen Sleidjeö beutfeher Nation in btefer Gegiefmng erlitten hotten.
$ie utoberue Sttufeeufrage in $e$ug auf ©efdjidjte, Hunft unb
$miftinbnftrie.
Gon 3 a k 0 k / n l h f.
(gortfehung.)
Slbet um biefen Seg mit Erfolg befreiten ju fönnen, nm baS groffe 3«l
moglichft ju erreichen, genügen bie oorhanbenen üKittel ober oielmehr bie bisher
benü^ten Quellen ber Eefdjichtfdn'eibung nicht mehr. SiefeS Eefühl ift neben ben
culturgef<hid)tlichen Geftrebungen heromgetreten, ift, ohne bah man fich barüber
flat mürbe, eine nothmenbige golge berfefben unb macht fid) jefjt als unabroeiS=
licheS Gebürfttifi geltenb.
Sie bisherigen Quellen, auS benen man ben Snhalt ber ©efchichte fd>cpfte, maten
Slrchtoe unb Gibliothefen. SaS man ben Slrdjioeu entnehmen fann, ba§ ift bie
Ärntbe unb bie Gid)tigftel[ung ber äuheren Gegebenheiten beS SeltfaufeS, nebft
ben 3Jiotioen ber barin auftretenben ^erfonen. Eben fm'a» liefern auch 2 Mblio=
thefen ihren Geitrag, inbem fie bie abgeleiteten Quellen enthalten, baSjenige, maS
mit Genü^ung oon Slrchioalien unb auS ben Erinnerungen oon Slugengcugen ober
auS ber Srabition ber föcitlebcnben über ben Seltlauf bereits getrieben unb ge*
brueft morben ift. SaS ift aber nur ber fleinfte $h f tt beffen, maS bie Gibliotbefen
jut Eef^i^te ber SUlenfchbeit liefern. Gei meitem mistiger finb fie als ©amm»
hingen für bie E^eugniffe ber gefammten litterarifchen Sl;ätigfeit, moburch fie für
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201
bie bebeutenbften fUicmifeftationen beS SOtcnfcften^cifte?, für bie robenben fünfte ititb
bie SBiffenfchaften, birecte Sueflen bilben.
Slter bamit ift feer Umfang beffen, maS mir cbm als ben Inhalt ber ©e=
fdjicbtSimt'fenldiaft angegeben fabelt, bei meitent nicht eridtö^ft. öS ift noch baS ge*
fammte ©ebiet ber Äunft übrig, ber gange SJanbel, ben ber Wtenidumgeift in
ieinem Sd)önheitStebürfnif; burdigemadtt bat, alle SBerfe feiner rerfcfjiebenartigen
Sbätigfeit in biefem großen Dieidte; ferner alle Probucte feiner ibäitbe, alle S3ert*
geuge unb tcdmüchcn sjlnftalten, mit beneit er arbeitete, mit benen er bent gort*
febritte ber öirilifatien, ben machfeuben Sebürfuiffeu ber 9iotbmenbigfeit uitb be§
?ujuS genügte; bie gefammte häusliche, gefellige unb öffentliche Sitte, baS Sehen
unb bie Grinrichtungen beS griebenS, bie ©ebräudie, baS ©eräth, bie Fracht, bie
SBofmung u. f. m. SSir mellen baS gufammen, um ein 35>ort bafür gu haben, als
Gultur im engeren Sinne begeidmen.
gür baS afleS rer mögen gmar and) 33ibliotbefen unb 9(rd?ire mancherlei midj*
tige Beiträge gu ihrer ätunfce gu gemäken, aber fie finb in biefet 23egiehung
immer nur inbirecte unb febr ungulängliche Oueflen. 33ie man fid) genötbigt
gefeiten Ijat, für bie .Renntnif; beS SöeltlaufeS auf bie erfteit unb urfprüttglidben
tpülfSmittel, bie Ulrchiralien, gurürfgugehen; mie man bie Sitteratur, bie ©ntmicflung
beS fHlenfchengeifteS in ben rebenben fünften nidtt auS ben Senaten barüber, auS
ben Sitteraturgefchichten, ftubiren mirb, foitbern fid; eben an bie Probucte ber reben*
ben fünfte menben muff: fo mirb man auch für bie übrigen OffenbarungSfeiten
beS 9Jtenfd)engeifteS bie birecten Quellen, feine grüdjte, gu befragen haben. fflur
burch baS Stubium ber Originale, bureb bie unniittelbarfte Ülnidjammg alles beffeit,
maS ber fDtenfch an Grrgeugniffen biefer 9Xrt ber SRadimelt hintertaffen t>at, mirb
man bahin gefangen, bie (SntmicflungSphafen ber fBienfcbheit in biefer minbeftenS
eben fo mid)tigen 23cgiebung gu begreifen, fie mit edler SebenSroabrbeit, baff mir
fie* mit unferem inneren Üluge feben unb betrachten mögen, in unferer eigenen
fpbantafie miebererftehen gu taffen unb fie eben fo mahr, mirflicb unb lebenbig für
ben Sefer barguftellen.
Somit treten bie Öulturmufeen, mie mir fagen fönneu, für bie ©efd)icbtS=
miffenfehaft als eine britte unb eben fo nollberecbtigte, eben fo nothmeitbigc OueUe
ben 9lrd)ioen unb Sibliothefen gur Seite. Ohne fie mirb bie ©e)chid)tfdtreibung-
felbft menn fie über bie Politif hinauSgeht, emig eine cinfeitige, unnollftänbige
bleiben; nur mit ihnen ift eS möglich, baS fmd)fte unb lejde 3iri ber ©e|'cbid)t=
fchreibung gu erreidhen, eine 23icgra^hie beS 9Dienfd)engeifteS, eine allfeitige £)ar*
ftetfung ber gefehmäfsigen Grntmicflung ber SSJJenfdjtieit.
S3on rechtSmegen feilten alfo ben 2lrd)men unb SSiblicthefen überall fDiufeen
gut Seite treten unb rmbebingt märe bieS für Unirerfitäten gu forbern. Slber bie
SSerbinbung menigftenS ift nicht immer thunlid), maS fogar für tKrchioe als flieget
gilt. Cr in 2lrd,rii' für bie ©eid;td;te ber fDlenichhcit, auf bie eS hoch aitfeinmt, ift
icf)on an fich ein Unbing, unb alio läfit fich reit ber SSereinigung ber brei ©e=
fdhi^tSquellen nur für bie SanbeSlunbe reben. Sluch h' er ftobt ber Umftanb im
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Söecjc, bafj baS Ülrdno gewöhnlich itcd; eine ftaatttd)C Bebeutung ^at. Sie etnjtge
Slnftalt, uitiereö BJiffenS, wo Cie Bereinigung für ein gaitjeS Saub im 'Platte liegt,
ift baS germattiidtc fölitfeum in Nürnberg, aber baä 2 lvd)io bcSfelben ift al§ Satnm«
luttg auf immer jur Unbebeutenblieit oerurtbeilt, beim baö, waS cö für fid) nethig
fiat, liegt attberSwo utterreid;bar feft unb fidjer, unb waS eö befommen fatttt, jerftreute,
flüditig geworbene ©Reinheiten, baö ift burchgängig ebne erheblichen SBertf). 3 öo baß
Ülrdito feine ftaatlid)c Bebeutung oerloren I)at, wo cö fid; namentlich um bie Äunbe
einer «Stabt ober eines fleineren ?anbeö l;anbelt, ba mag. ein in fo befebränften
©rennen oollftänbigeS .©efchichtömufeum, welches bie 2 lrd;ioalien, eine Bibliotl;et unb
bie Sammlung gegenftäitblid;er unb bilblicber ©ittge oereinigt, allerbingS nüfdich
unb and; ju empfehlen fein.
SöaS nun ben Inhalt beS GulturmufeumS für fi<h allein betrifft, fo fatra eS
babei ber Qualität nach feinen Unterschieb madien, ob eS für bie ©eichte ber
fOienfchheit ober für bie eines befottberen liaubcS ober einer einzelnen Stabt be=
ftimmt ift. Sn bem einen wie in bem attberen galle I^anbelt eS fid; ,um alle
Seiten beS SebettS. Söill man alfo, waS eigentlich jebeS £anb, jebe Stabt, bie eine
befottbere Bebeutung gehabt bat, tl)un feilte — will matt für eine fpecielle ©e=
fchid;te Sammlungen attlegett, io gilt in räumlich unb zeitlich befd;rän!tem 'Jiahmen
für fie basfclbe, WaS wir in Solgenbem gang allgemein als ben Bitbalt beS ©ultur*
ntufeuntS aitjtigebeit haben.
2 Bir müffen feftbalten, baft wir eS mit allen Seiten beS ücbettS ber Ber*
gangeul;cit jit thun babett, uttb waS miß bie Bergattgettl;eit an ©egeuftänben ober
Bilbwerfett, im ©cgettfajj 31t Schrift unb Cut cf, l;interla|’fen Kit, baS gehört alle»
in uttfer fDiujontn, vorauSgefcjjt, baft eS d;arafteriftifd; uttb bebeutuitgSooll genug
ift, um itacb irgettb einer Seite t;in Belehrung 31t gewähren.
Sollen wir gliebern, fo 3erfäl(en wir ben ungeheuren Stoff 3uitäd)ft itt 3toei
grofje 5 lbthcilnngen, einerfeitS ben 9 )tenfd;eit uttb feine Sitte, anbererfcitS baS gan3e
©ebiet ber atiSübenbett, ber praftifdien ober ber ©ewcrbSthätigfeit, wenn wir fo
lieber jagen wollen, bis 31t ben l;öchfteit Spiücn ber jfrmft. 2)ieie ©ititl;eiluiig mag
nicht unaitfed;tbar fein, ba bie B>irtlid;fcit ttid;t fo ftreitg fonbert, aber fie wirb 3Wccf=
ntäftig feilt, ba fie leichte Ucberficbt gewährt unb baS Bufaniiuengel;örige am wetiigfteit
3erreiftt. ©8 oerfteht fid; babei mol;l 0011 ielbft, baft man bie groftett ©ulturoölfer ober
bie Bülferfreife, welche üträger einer beftinimten ©ulturpcriobe ober eitteS beftimmten
©ulturd;arafter8 waren, wie 3. B. bie abcitblättbiichcn BölferbeS 9 )iittclalterS, oott eitt=
attber gefonbert hält, fie d;ronologifd; folgen läftt unb in ihnen bie fad;lid;e Drbnung, Wie
wir fie aitf3tiftellen im Begriffe fittb, burd;fübrt. SßaS biejettigen Böller ober Stämme
betrifft, bie heute noch auf ben unterften Stufen ber ©ultur ft ehengeblieben finb, fo haben
fie wiber bie dironologi)d;e Crbttung eine auSnal;mSweife Stellung an ber Spifcc 3U
erhalten, bä bie Gulturentmicfliing ber äPeuid'heit an ihnen oorübergegattgen ift
uttb fie nur ba3u bienen, bie erften uttb urfprititg(id;cit Buftänbe 3U erläutern.
Um itt uttfercr fachlichen ©liebentttg fortsufahren, fo föunett wir bie erfte ber
beiben großen 3 lbtl;eitungen wicber 3erlegttt, ittbetn wir erftenS ben föJettfchen für
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ftcf) ober ben einzelnen Menicbm unb bann gweiteitg bie Mengen im uerfeßieben*
artigen ©erfebr 31 t ©ruttbe legen. Sie Sammlungen, bie bem eingclnen Meitfd;en
beftimmt finb, würben einerfeitS bie hiftenteben ^ortraitg unb ^)erfonalbenfmäIer
gu begreifen haben, anbererfeitS bie gefamntte Äleibung, fowoßl bie bürgerliche, wie
bie ber befenteren <2tanfce, mit bem Sdnuucf unb ber Toilette.
Ser ©erfebr beö Menfdjen mit feiiteögleichen ift gnnäcbft gefellig unb prioat.
$ier würben Wir in wohlgeglieberter Crbnung einreiben, wu 8 fid) auf Spiet unb
Unterhaltung begieß, mit Sagb, SOhtfif, Tang unb Theater it. f. w., unb baran
noch bie Transportmittel gum gegenfeitigeit ©erfehr fitüpfeit, $)ferb unb SSagen,
Soften unb ©oten, unb waS fonft gum Dteifebebarf gehört, opier reifjen firfj auih
bie Sitten beS Kaufes unb ber Familie an.
Ser ©erfefw ift ferner öffentlich, entweber bnr<h bie allgemeine Sitte ober
burch ben Staat geregelt, hierunter begreifen wir gunächft bie Schule unb bie
3Biffenfd>aft, ben faufmämtißhen ©erfehr mit Müngen, Maßen unb ©ewidjteit, fo*
bann baö ©eriebt unb fonftige öffentliche (Einrichtungen, wie 3 . ©. bie ^oligei;
ferner bte Siegel unb bie Söappen; fobann alle öffentliche ober ftaatlid;e Sitte,
epoeßgettg' unb Seichengebräuche, öffentliche 2 luf= unb (gingüge, ©erleif>ungen unb
©eleßnungen, Turniere u. f. w. ©ielleicßt bürften fich auch h' cr Sanbbau unb
Sifcßfang beffer anfcßließen, als an bie gweite Jpauptabttjeilung, bie gewerbliche.
Ser öffentliche ©erfehr ift ferner ein feiitblicbcr, unb fo fällt auch ’ n ^' e f en
ISbi^nitt baö gefammte Jtriegewejen mit Slugnalmte beö fefteit, folibeit ©aueS. Sobaitn
folgt bag Seewefen, welches bem friedlichen wie bem feiiiblidjen ©erfehr zugleich
btent. (Snblicf) Wirb bie ©eligiott mit ihre* heften unb ©ebräud;cn, fo weit fie
bilblidje Sarftellung gefunben haben, am heften hier eine Stelle erhalten, anftatt
mit unter ben ftaatlichen ©erfel;r begriffen 31 t werben.
3n bie 3Weite große ^anptabtbeilung, welche bie gefammte ©eWerb8= unb
ätunftthätigfeit begreifen füll, gehört eigentlich auch s 'l>d)iteftuv. SBir fiheiben
aber baren beu ©au anS unb oerbinbeit ihn mit aller tJlueftattung unb allem ©e=
räth, bag bie ©auten in fid; fd;ließen, weil fie fo eine große ©ruppe bilben, welche
3 Wifchen bem Sehen unb ber Äunft mitten innefteht unb an beiben Tl;eil hat- So
machen wir aus bem ©au mit bem ba 3 u gehörigen ©erätbe bie gweite £>aupt=
abtheilung.
-pier haben Wir bann im (Singeinen gerieben, Stile unb Materialien 3 U
fcheiben. Sachlich nehmen wir guerft ben Straßenbau unb überhaupt bie ©erfehrS*
Wege, fobann bie ©urg= ober bie ifolirte' ©efeftigung, bann bie Einlage oon Sorf
unb Stabt unb ihre ©efeftigung, enblid; bie eingelnen Tßeile ber Stabt, Straßen
unb $)läße, öffentliche ©ebäube unb Senfmäler. 9iun fommen gwei große ©rup=
pen, 1 . ber Tempel unb bie Äirdje mit allem, wag gum ©au gehört unb mit
allem, wag fie an heiligem ©erätß enthalten, unb 2 . baS SSolmhaug, oorn 9Ro=
mabengelt unb ber länblicben öpiitte big gum föniglid;en f))alaft, mit allen Gingeln=
heiten beö Sd)mucfe 8 unb ber 3lu8ftattuug, fo fiel bag ©ebürfniß ober ber Sujrug,
ber fortfdjreitenben (Sioilifation entfpred)enb, notbwenbig gemad;t hat, mitfammt
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Äücf)e unb Ziffer unb ifixen ©rforbcntiffen, mitfammt (Statt uitb ©arten unb fon»
ftigen Utebenlocalitateu 2(tteS 9)iobiliar rafft alio mit in biete 2lbtf)eilung.
Sie fejjte grofje ©ruppe, bie nunmehr bie britte Apauptabtheifung geworben
ift, umfaßt alfo bie gefammte ©ewerbS» unb Äunfttlwtigfeit, bie wir nidjt con
einanber trennen, weif eine fold;e ©onberung in bcr 2 Birflid)feit nie (tattgefunben
t)at unb fid; and) tl;eoretifd; nur gewaltfam burd^ven läfjt. ÜllleS £>iehergef;crige
ift auö 3 Wei ©efid;tSpunften 31 t betrauten, in 23egug auf bie gabrication unb baS
gabricat, fo baff alio baS, waS bie £ed;ni! betrifft. nicht weniger 3 U fammelit ift
wie bie Seife, ©ine britte ©eite, £anbwerfSbräud;c unb ©itten, faffeit fid; beffer
ber erften ^auftabtl^eilung einfugen. 2 tud; con bcn ©rjeugniffen ber ©ewerbe ift
bereite ein xfrofjer 2f)eil auSge|d)ieben unb au bie erfte Stbt^eifung, 3 . 23. bie Älei»
bung, ober wie baS Äircfjengerätf) unb ber ^auSratf), an bie 3 weite ütbt^cilung
abgegeben worben.
Sie ei^elnen ©ewerbe finb nun su gfiebern, unb wir würben babei baS
^rincty 3 U ©ruitbe legen, ba§ wir com reinen ©ewerbe, weites allein für baS
23ebürfui§ forgt, bis sur f)öd;ften Äunftt^ätigleit auffteigen. 2 (n ben Slnfang wür»
ben wir aber ©d)rift unb SrucE ftetteit, weil fie fid) als eine sufammengebßrige
©ruppe leicht auSftbeiben taffen unb fid) in bie Stufenleiter nid)t gut einfügen
wollen. Sen ©c^lufj unb 3 ugleicfy bie bccbfte ©pifje be§ ©ebäubeS würben alfo
bie SDfalerei unb bie f))(aftif als freie Äünfte, mobern 3 U teben, ©fpptothef unb
^inafottjef bilben. «Riebet mag eS aber eine offene grage bleiben, ob man nid)t
ben fdjönen fünften sulieb con ber corber erwähnten ©onberung itad) ben ©uftur»
cöltern ober ©ulturperioben abfefjen foll unb nid;t ciefmef;r beffer baran tfjut, alle
$)laftif unb alle SWalerei itad; Sttögli^feit sufammensuftetten, natürlich mit ^ifto=
ri)d)er ©lieberung.
SieS finb bie ©runbriffe eines ipfancS, ben wir einmal 31 t anberein 3wecf
bis in baS Setail ausgearbeitet haben. ©S wirb fid) cietteid)t mancherlei bagegen
fageit taffen, aber er f)at Diaum für alles, er gewährt eine leiste* llcberfidjt unb
cor allem, Worauf eS befonberS aitfommt, er reibt baS 3«fammenl)üngenbe ober
23erwanbte fo aneinanber, ba§ man ben gemeinfamett ©harafter einer ©utturepocf)e
ober eines GulturcolfeS, ber and) in bem anfcbeinenb 23crid;iebenartigftcn geftaltenb
lebt, leicht erlernten unb coit einem ©egcnftanb 3 um aitbern cerfolgen fann.
2 lm meifteit Siberiprud; werben wir uicbl barin finbeit, bafj wir and) bie
fd) 6 uften unb böd)ften 23lüthen ber Äunft, bafj wir felbft ©cmälbe unb ©cutp»
turen unferem @efd;id;tSmu}eum einfügen wetten. 23iSf;ct haben fie atterbingS eine
felbftftänbige Stellung gehabt, mtb ba eS fofd;e Sflufeen, wie wir fie cerlangen,
noef) nid;t gab, fo cerbienten fie um ihres inneren 2ßeril;eS Witten aud) cottfom*
m«t biefen 33 or 3 ug. Äünftler unb Äunftfreunbe Werben aud; fageit, bafj if;re 2 luf=
gäbe niefit eine wiffenfd;aft(iche, fonbent eine fünftleritd>e fei, bafj bie 23(ütf)en ber
Äunft in i^nen 3 U famntelu feien, gewiffermaften als ein ©d;af) unb Senfmal ber
SRation, bafj fie ben lebenben Zünftlern Mittel unb ©efegent;eit 3 um ©tubium ge»
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toasten unb baburdf bie Äunft überhaupt förbern Reifen, unb baf? fie enblicb ben
ScbönbeitSfinn im SSoffe angilben unb ben ©efcfmacf unb bic Silbung beben.
©arauf fönnten mir nun leicht antworten, fccifj alle biefe Hortbeile bei unfe»
ret ©intfteilung nicht au8gefd)lcffen feien, unb baff nur noch ein neuer Sortheil
bingufommt, aber eS oerlotmt ftcf ber 9)iüf)e, bic ©alerieepfrage, bie beute in mehr*
fad)er SBeife angeregt wirb, ttod; mit einigen Sorten nufer gu befpredjett.
HnS fommen bie großen öffentlichen ©alerieen, wie fie beute finb, mehr wie
ein Uebelftank Bor, ben ber Sauf ber Seiten notbwcnbig gemacht bat, als wie eine
erwünfchte unb begehrenSwertbe Snftitution. ©leicfwie man für ben Solbatenftanb,
al8 er fich Bom Holte loSlöSte, ßafcnten baute, fo finb auch ©alerieen ober
33ilbercafernen, wie fie ein geiftrcicber Äünftler einmal nannte, ein Seichen, baff
bie Äunft fidh Bom 2eben getrennt bat unb nicht mehr im Holle wurgelt. 9Mi=
giöfe Silber gehören für bie .ftirdtc unb bie ©apellc, baS biftorifcbe Hitb für baS
öffentliche ©ebäube, ©enre, Sanbfdjaft unb (Stillleben für baß epuuS. SaS biefe
bret ©tätten abforbiren, baß ift baß Äunftbebürmifj ber Seit. Ülbiorbiren fie fehr
wenig, geigen fie leere Sßänbc, fo ift ber Äunftfinn im Holte gu wenig gewecft.
SBirb aber mehr prcbucirt, als s Jiadifragc ift, fo ift baS ein ungefuitber Suftanb
be§ ÄunftlebenS; eS ift Ücberprobuctioit unb bie Böige ift Slrmutl; ber fProbttcen*
ten. ©aö ift ziemlich ber heutige gafl, wofür wir wef;l oor allem ben Äunftoer-
einen ©an! gu fageit t)at>en, Snftituten, beren Aufhebung wofl ein Unglücf für bic
Äiinftler aber fcftnerlid; eines für bie äluuft wäre.
©iefe Ueberprobuction ber Staffeleibilber ift ee, welche bic heutige gorberuttg
Bon ©alerien moberner Silber heroorgerufen fut. ©aS .fpau§ unb bie öffentlichen
©ebäube weifen bie SSRaffe gurücf — eS ift einerlei, ob auS Hiangel an Äunftfinn
ober auS b% rem Serftänbnif; — unb nun fett ber Staat ficf ber Herlaffenen
annebmen unb feil Silberfammler werben. ©aS aber feift bie Ä'unft nod; mehr
oom Seben trennen, fie parafitifch grofj giehen, um fie bann fd;nell abfterben gu
laffen. Silber für eine ©alerie malen, ift nichts anbereS, als fie fofort gum Dlltevtbum
beftimmen, nichts anbereS, als baS, waS auS bem Sehen lebenbig entfteht, leben bei
ber ©eburt gum Sobe Berurtheilen. ©cfon aitS biefem inneren ©ntttbe — Bon
anberen fe^en wir hier gang ab — finb derartige ©alerien gang gu Borwerfen.
Slber aud) bie grefett ©alerieen alter Silber finb als fold;e, wie fie beute
finb, nichts fftaturgemäfjeS. Sammt unb fonberS finb fie ihrem Urfpntttgc nach
|)riBatfammlungen; fie waren ein Sebtnttef ber SBofmungen, ber ^aläfte ober ber
Äircfcu, unb baS war ein Suftanb, ber gefimben Äunftoerliättniffen entfpraef. ©rft
mit ber 3eit finb fie über biefe 9iäume hinaus angewaebfen; fie finb StettungS*
anftalten geworben für herumf^wimmenbe Äunftgüter, bie ber Sdnffbrud) bieicS
unb feneS Kaufes heimatlos uttb herrenlos gemacht fiat, ©a mufften benn, ba bie
SBobngimmer niefjt Söanb genug butten, ihnen befonbere Stätten angewiefen unb
erbaut werben. So entftanben ©alerien, unb nun plünberte man bie Ä'trcfen, faufte
ben übrigen Heineren ^rinatbefif auf unb leerte bie eigenen Sobugimnter Bon ben
Äunftwerfen, um nur bic falten, oben, Betroffenen ©alerieen angufüllen. Seitbem
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lebt man nicf)t mehr unter ben Äunftwerfen, ntcfjt mehr in ber Äunfi unb mit
ber Äutift. 3 war bat man bann, unb erft langfam unb ipärfidi, angefangen, biete
Sdiagfantmern bent ‘'Publicum gu öffnen, aber wenn baS 38ort wal)r ift: „an ben
ftrüd;teit feilt ibr fie erfennen", fe ift ber füllten bauen für bie VclfSbilbiutg bis
jeUt gteic^ 9iull geblieben.
Sie öalerieen finb nun einmal ba. Sßir nehmen ben Suftattb an als einen
hifterifd) geworbenen unb fegar jcjjt netfuecutigen, beim Wellte man ihren 3 nf)alt
an bie 'Pricatwebnungen gurüefgeben, fe würbe man bie gegenwärtig^ Äunft ihrer
naturgemäßen Stätte berauben. Sllfo für bie Äunftwerfe ber Vergangenheit laffen
wir unS bie ©alerieen gefallen, ja man errichte ihrer tto<h mehr an möglichft tsie«
len Orten unb fd;ü^e baburd) baS im Äunftftanbel umfterirrenbe unfd)ä( 3 bare ©nt
eer bem Untergang.
2 lber man mache fie mtßbar unb auSgiebig nufebar, waS in ihrem gegen»
wärtigen ifelirten unb fich felbft überlaffenen Suftaitb nicht möglich ift benn jeßt
finb fie für bie VolfSbilbttng etwa baö, waS baS neue $h or für bie Äul; ift.
SMefer ausgiebige Kluften wirb refultiren, wenn matt fie mit ben ©efcfnchtSmufcen
vereinigt unb alfo gugleidi mit ben VilbungSanftalten, ben allgemeinen nämlich,
nicht benen für bie Äuttft, in Verbinbung fejjt. ©rft auf bem Umwege ber Söiffen»
jehaft unb beö Unterrichtes wirb ibr ©el;alt 311 m Verftänbnijj fommen unb ba 8
Verftänbitiß fiel) weiter unb weiter verbreiten. £>aö uttgebilbete Slitge ftnbet ohne
Leitung ben 2'3eg nidst in baS $erj ber Äuitft 51 t bringen, wie umgefejjrt äftf»e=
tifd)C Vorträge ohne bie begleitenbc 2(u]d)auutig gleid; bent mufifalifchen Unterricht
ohne Snftruniente fittb.
©iefer ©ewinn für bie Volfebilbuttg ift jeboch nicht ber einjige ©runb, weß«
halb wir bie Vereinigung ber ©alerieen unb überhäufst ber hob™ Äunft mit bem
©ulturmufeum verlangt haben, fonbern wir butten gatt 3 befottbcrS bie ©efdjichtS«
wiffenfefjaft als bie ©efdjid>tc ber ntettfchlichen Vilbung babei im Ülnge. 3war
haben bie Sammlungen in ihrer jetugeit ungufammenhängenben ©eftalt aflerbingS
fchon ber SBiffenftfiaft bebenteitbc 2>ieitfte gcleiftet, ttttb es h a * fi<h an ihueu bie
Äunftgcfdjidjtc al 8 eilte neue Viiffenfchaft herangebilbet. 21 ber eben ber ©harafter,
ben bie Äunftgefct)id)tfct)rei&uitg in ihrer gegenwärtigen ©eftalt trägt, läßt bie
fOtangelhaftigfeit ber bisherigen ©ittrid;tung erfennen. ©erabe Wie bie politijcbe
©efchidhte ber heutigen Schule, fo ift auch fie auf bie ©rfetfchuttg ttttb geftftetlung
beS Shatjächlid;en aitSgegaitgett. 2)aS war für bett Slttfang and; ootlfommen rieh*
tig; bie Äcnntttiß ber &hatiad)en ift bie notbweitbige VorauSfeßung. Ülber einmal
muß bod) bantber hiuauSgegangeit werben. SBoIltc man warten, bis hier alles ge«
fcfjefsen unb aufgearbeitet ift, fo würbe matt ewig babei ftehcnbleiben, benn man
wirb immer beffern, ergäben unb flicfett föntten uttb fommt enblid) bod) 3 U feiner
ootlfommenen Söahrhcit, gleichwie eS in ber fsolitifcheu ©efdjichtc bei ber ©nt«
fteUung burch ber Parteien ,spaß unb ©unft unb abfid)tlid;er gälidjung gang un«
möglich ift
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Seiber ift nun bie mobmte Ämtftgefd)id)te bet bem S^atfädtltrfjen — ber
.paitptridjtung nad) — ftef)cngeb(icten, unb fic bat baburch nid;t über eine iidivte
33el;anb(ung ber cingelneit &unftgmeige l;iuauSfemmeti fonnett. Sie läuft baburd)
Gefahr — unb ift itid)t fern baren — in biefelbc Sage gu femmett, in welche
bie bisherige ©efd;id;tfd)reibung gerätsen ift, nämlich fid) oom Seben loSgttlofen
unb eine SSiffenfcfyaft für bie gachgenoffen 31 t werben.
Serben nun aber bie bisherigen, ebenfalls ifolirten Suefleit ber Aunftgeidnchte
miteinanber Bereinigt, werben fie bann mit ber gangen übrigen ©erlaffenfchaft ber
S3ergangenbeit in SSerbittbnng gefegt, fo wirb man nctliwenbig beit geiftigen 3u*
famntenhang in aOem erlernten müffett ititb gorfdjung ttttb Sarfteltung werben
biefen 3 ufammen(;ang nid)t aufjer J(d)t taffen fettnen. Sie Äunftgcid;id;te wirb ein«
feiert, baff il;r Dbject nid)t bie gnfällig gebliebenen Uebcrrefte ber oergangeiten
Äunfttfjätigfeit bilben, fonbern baff fie ben 9)ienfd;engeift gum Object E>at, baff tt>re
Slufgabe ift, bie Gntwicflung beS 9Jienfd)engetfte3 in einer beftimntten Stiftung,
nad) bem Svenen bin, 31 t erforfd;en unb barguftellen, unb baff bie erhaltenen
Äunftwerfe nur als 9Dtittel bagu bienen.
So wirb bie Ä'unftgefdndde ein integrirenber 3 f;eil ber allgemeinen großen
©efd)id)tSwiffcnfd)aft, ben man itidjt weglaffen tann, cl;ue eine flaffeitbe Stufe gu
mad;ett, gleichwie eS mit ben übrigen 3weigett, mit ber ©efd;id;tc ber Sittcratur,
ber Sitten, ber Siffenfdiaften u. f. w. ber gaß ift. Sie alle bilben einen gefdjlof®
fenen .ftreiS, beffen Gentrum ber ‘DJienfdiengeift ift. Sie alle müffett fid) in ber
ilbbängigfeit non biefetn Gentrum unb itt ihrer 3 ufammengebörigfeit erfeituen uttb
fid) bauen burd)bruttgen füllen. SaS aber wirb baS wiffettfd)aftlid;e Siefultat ber
gefd)id)tlid)Ctt SOittfectt fein, guntal Wenn fie mit einer 23ibliotl;ef in SJerbittbung
ftefjen. Saljin brättgt bie 3 ^'it unb buhet ber Stuf, nicht nad; Gabinetten, foitbent
nad) 21 lies untfaffenbett Süiufeen. (Sortierung folgt.)
$te üolf$urirtl)fd)fiftlid)eu Buftätibe auf ber apcitninifdjett
fialbinfcl
S3eleud)tet » 01 t fPref. Sr. jßUun.
(Sd>luff.)
3. (Snbuftrie.) Sit ber gewerblichen Snbuftrie ift Stalieit oett ber hohen
Stufe, auf bet oor Sahrbunberten geftanben, felfr l;erabgefommen. Sie ef)emali«
gen Sd)üler überragen weit bie alte Sef)rmeifterin, unb in nur fehr wenigen Sn«
buftriegweigen oermag Stalten eine Goncurreug mit ben eurot'äi)d;en Subuftrie«
ftaaten au§gut)alten. Sie mbuftrietle 2l;ätigfcit befdtränft fid; gumeift auf eingelnc
Stabte unb Sttwige; eigentliche Snbuftriebegirte giebt eS gar nicht. 3Serl)ältniffmuffig
macf>t Dber«3talien, namentlich bie Sombarbei mit Piemont I;ierttt bie meiften
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gortfdhrittc. Sie ©rünbe be§ SBevfatTS in btefer Sejiefjung finb bie gleiten, wie
für ben SScrfatf in SBiffenfdiaft mtb K'unft, in commergieller, focialer unb pelitifchet
35ejict)ung überhäuft. SBäbretib bie übrigen Steile Guropa’? tbatfräftig vorwärt?
[trebten, bie geiftigen Gmuigeuicbaiten unb Wefultate miffcnfdiaftlicher gorfdjungen
in ba? praftiicbe Heben bineintnigen, währenb auf bie pclitifd)e Wevolutien aucf)
eine totale Weform beö volf?wirthfd;aftlicben Sehen? folgte, ruhte Italien auf feinen
mittelalterlichen Lorbeeren unb gehrte an feiner einftigen Größe ober 3 erftörte in
inneren gelben unb Wevelutiöndjcn, vom übermütigen Piimicipalgcifte angefacht,
bie f'flänjd^en, bie ba unb bort 311 feimen begonnen batten. So ging bcr große
Wefotniprecep Guropa ’8 faft fpurloö an Italien vorüber. Grft in neitefter Beit beginnt
e? fid) wieber 3 U regen; allein, fofl bie Bnbuftric SSui^ef faffen unb gebeiben, fo
tnüffeit ruhige, georbnete Verhältitiffc cintreten; nur im Trieben, beffen Italien in
fo vielfacher Bejahung bebarf; fönuen inbuftvielle gortfdwittc gemacht werben. •
Unter ben ei^eltten gewerblichen Befdjäftigungen nimmt bie Verarbeitung ber
Seite ben elften Wang ein. Sa? obermäbnte „Annuario“ bcbaitbelt in feiner
„italienifdjen Statiftif" aud; Vetiebig unb Süb=JiroI — woburcf) manche Säten
gerabe 3 U unbrauchbar werben. 3 cp [teile meine Berechnungen auf ben tl;atfäcl)lid;en
Beftanb; gehören hoch „nationale 3Sünfd;e" ober „Staunte“ am allerwenigften in
eine „ftatiftifdje" Arbeit, 3 nt Königreich Italien werben an 3'/ 4 Piill. Kilogramm
Wohieibe gewonnen, wooon */• ä u Sranta ober Srgaitgin verarbeitet Werben. 9(m
hödjfteit fteht bie Sontbarbei (über 14 Piill. Kil), am tiefften Soöeatta (42.000
Kil.), 'Piemont erzeugt au 920.000, Umbrien nahcgu 400.000 unb Wcapet über
422.000 Kil.; bie Sombarbei erzeugt in ihren 3088 gilanben mehr al? z j i ber
gefamntten Wobfeibc Btalien?. Sieie Proviitg h J t auch bie meiften gilatorien, in?»
befonbere in ('emo, Bergamo, Piailanb unb Breecia. Wob leite, Srama unb Dr=
gan 3 in bilben ben widjtigfteu Grpertartifel 3talien?, inbem etwa 7 / 8 ber Probuc»
tion an ba? 2lu?lanb abgefeßt werben, unb gwar nad) Preußen, welche? 8 / s biefeS
Gierte? be 3 iebt, bie Sdiweig begiebt Vs, auf Gnglanb, gtanfreid; unb bie übrigen
Sänber entfällt ba? lebte fünftel. Sie großen gilanben arbeiten 5 bi? 6 , bie
fleinen 2 bi? 4 Pionate be? Bahre?; bie gilatorien arbeiten in ber Wegei ohne'
Unterbrechung. Siefer Slrtifel bringt in guten Bahren faft ein paar hunbert Peil*
linnen granc? in? Sanb.
Sic Verarbeitung von Schafwolle ift vcrhältnipmäßig unbebcutenb. ülucb in
tiefem Bnbuftriejwcigc ift Sber=3talien ben übrigen provingeit weit vorau?. Bm
Sltlgemeincn fdiäßt man bie gabrication von Sdiahvcllftoffen auf 10 Piill. Pieter,
wa? einem SBcrthe von nalu '311 00 Piill. Ar. entfpridit. Sveter Piannigfaltigfeit
noch Reinheit ber Stoffe fönnett bervorgebobett werben. Sie Briten, in beiten ita=
lieitiicbe? lieber unb Seberwaaren au? Weapcl, gerrara, gloreng in Slnfeben ftanben,
ftnb gleichfafl? läitgft vorüber; bernialen uhäßt man bie italienifdjen Seberartifel
auf 30 Piill. Kil. im SBertbe von beiläufig 135 Piill. gr. Sie anfeftnlidjften
Siße biefe? @ewcrb? 3 Weige? finb Suriit, Piailanb, Bre?cia, Parma, Piobena, SU
vorno, Gatania. — B« ber Grgeugung von Papier finb nur orbinäre Sorten
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209
bemerfenSwerth- Sie Apätfte wirb in Papiermühlen (Büttenpapier) erzeugt, mecßa«
nifd>c papierfabrifen beftehen nur in 'Piemont, üoäcana uitb Neapel; baS gabricat
fann jebocb bie ©ottcurrettg mit bein äuSlattbe ebenjowenig hefteten, alö bie früher
erwähnten gabricate. ©rmäbnenemerth fiitb itcd> Sfyomraarcn, meift untergeorbneter
Qualität. ©itt eigentümlicher gnbuftriegweig ift bie Verarbeitung ber Korallen
weld;c auf bie £iauptmärfte @enua, Sioortto unb Neapel gebraut werben. Sie
3nbuftrie fleht am böcpjten in ©enua, beten gabrication 8 merth im BabreSburd)'
fdmitte auf 12 9)iill. Sr. geicßäpt wirb. 5)er ©rport gebt nach Defterreid), Seutfd)*
lanb, Stußlanb, ja iogar nach SDiabra» unb ©aleutta. Siefe Befcbäftigung ftebt im
unmittelbaren Sufantmenhange mit ber ftorallenfifcherei. Äorallen finben ficb im
ÜJHttelmeere an ben Äüften reit Spanien, beit Baleareninieltt, ber 'Provence unb
3Rorb=9tfrica. äußer Italien — gutneift Süb=3talien — jettben auch granfreid)
unb Spanien auf bie Aoralletifücherei aus, bod) fiitb bie Italiener bie eigentlichen
Äerallenfifcber ber Babl unb ber 'iüdjtigfeit nach 3 m gaßve 1860 befc^äftigten
ficb f twa 200 frangöfijebe, 230 jpaitiidje unb über 4260 italieniidie Schiffe mit
ber Äeralleutiicberei. Ser reine (Gewinn eines Sdiiffee mäbrcttb einer Saifon fann
böchftettS auf 2000 St- bewertbet werben — jebenfallS ein unbebeutenber (Gewinn,
wenn man bas Siifico, bie oielfadten Wefabrett, SJtüben unb ©ntbebrungen bem=
felbett gegenüberftellt. — Sie Bnbufirie in Baumwolle ift nur in ber Sombarbei
unb Neapel, jene in Pcetallwaaren in ber Sombarbei erwähnenswert. Sie ©rgeu»
gung mm üeinenwaaren ift faft auSiddießlid) nur „lanbwirtbichaftliche 9?ebenbef<häf=
tigung."
3e tiefer wir in baS Setail eiubringen, befto mehr wirb bie ©ittgangS ge=
machte Bewertung über bie inbuftriellen 3uftäube ber italieitiicben epalbinfel be-
ftätigt. 2'die in agricoler, io ift auch in inbuftrieller Begiebuttg bie Uombarbei ben
übrigen Staaten überlegen, ihr gunädift ftebt 'Piemont. Sarf man au 8 biefen Sb a * 5
fachen einen Schluß gieheit im Sinne bes äusiprudjes oon Cooetbe, ben ich als
ÜJtotto biefem ärtifel oorangeftellt habe?
Schließlich bemerfe ich nur ttod>, baß an ber äuSfteltung 3 U Sottbon im
3af)re 1862 bie Buhl ber äuSfteller auS 3talien 2183 betrug, oon betten 630
au 8 gegeicbnet würben; auS £efterreid) waren 1411 äuSfteller unb barunter 916
ausgezeichnet. Siefe Buhlen jpred;en gleichfalls laut genug.
4. (Spanbei, Schifffahrt unb ©ifett bat; nett.) Ser Jpanbel StalienS bat
feine weltbiftoriicbe Bebeutung läitgft oerloren. Ser Seeweg um ba§ ©ap ber guten
Hoffnung unb bie ©ntberfuitg ämerica'ö haben ben Schwerpuitft beS SBelthanbelS
nad) bem ätlantif oerlegt; bie Üänber unb Stabte an ber neuen SöeltmarftSftraße,
ober welche burdh bebeutenbe glußläufe in Berbittbuttg mit bcrfelben ftchen, treten
in ben Botbergruitb im gefemunten ©tilturleben. Ser äuffebwuttg in ägricultur
unb 3 ubuftrie, im fodalen unb ftaatlicheu Sehen, in 2Biffenfd;aft unb Äunft ift in
ben begeichneteit Sanbent ein jo mächtiger, baß ber Süben unb Dfteit ©uropa’S
troß fo oieler oon ber Statur gebotenen günftigen Berbältniffe weit jurücfbleibt,
baß bie älpen in ber £bat eine Scheibewanb im europäifchett ©utturleben bilben.
H84 m. Sank. 14
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210
Steten bann nod) 3uftänbe ein, wie icf) fie bei ber 8 anbwirtbfd)aft unb Sitbuftrie
ber apenninifd)en £albinfel anbeutete, welche traurige Beleben beß jRücftcfjritteg in
materieller unb griffiger $infid)t fittb; bann wirb man ber ©rflärungßgrünbe für
ben bermaligen Buftanb bcß italienifdben fpanbcls jur ©enügc finben.
©ß ift nidjt meine Slbficbt, eine ausführliche ©tatiftif beß itatieniidjen $an=
beiß f)ier ju geben, unb jwar au§ rein änderen ©rünben — ber IRaumbefcbrän»
Jung, ©ine fyiftoriicbe Bufammenftellung ber fPrinripien unb Sarife, beS SSerfe^rä
unter ben einzelnen (Staaten unb mit ben $Rad;barlänbem, bie Umgeftaltung feit
ber fProclamirung bcS Äönigreicfje?, eine Äritif ber feit biefer Beit abgefdjloffenen
4 ?anbe(ßoerträge, inßbefonbere beßjenigen, ber je 15 t mit granfrei d; abgefdjloffen wirb,
eine 83eleud)tung ber £>rganiiation unb SSirffamfeit ber 58 Xpanbelefammern, ber
83örfen unb ber SBarrantß, fo wie enblidj SBcfprecbung ber officiellen 9 luß weife —
bieß aQe 8 bietet ein reid)e 8 , mitunter t)ödbft intereffanteß ÜJiaterial für ben ©tafi=
ffifer unb SRationalöfcnomen. S<b bemerfe nur fo oiel, ba§ bas alte $)rol)ibiti»=
fpftem gefallen, bafj feit ber Üiuftjebung ber oielen 3 wifd)enjolUinien unb ber 2 ln=
ba^nung einer ©leicbmäfjigfeit in bet ©efdjdftSbebanbluitg bet 33erFel>r fid) geftei=
gert, bafj im Sldgemeinen ein fid)t(id)er gortid)ritt bemertbar ift. Seiber hinten bie
^)ublicationen ber „officiellen ©tatiftif" io iet?r nach, bafj fie für bie gratis faft
allen Sßertb oerlieren. Sßäfjrenb 5 . 23. graitfreicb im Sabre 1863 id)on bie ge=
naueften Slußweife über baß 3 ab r l g G 2 oeröffentließt unb banbelßftatiftifdie 2 luß*
weife com betreffenben Sureau wöchentlich eridjeinen, bat bas ftatiftifebe 33ureau
beß ^tönigreidjeß 3talien im Safne 1863 erft bie (panbelßftatiftif ber farbinifdjen
©taaten für baß Sab r 1859 publicirt! 2Bel<ben SBertb Ijaben wohl fo oeraltete
öußweife? Sie t)ier folgenben Säten finb fomit nur annäberungßweife Seredjnum
gen ober ©djäfamgen, ttjeilö auf prioaten, tbeilß auf officiellen Setailaußweifen
fujjenb unb nad) einem fünfjährigen Surd)fd)nitte angenommen. Ser Surcbfd)nttt 8 «
wertf) !ann für bie ©infuljr mit 607>,4, für bie 5luSfut)r mit 570 9)tiH. 8 h:e (
alfo bie ©efammtbewegung mit 1177 >4 9JÜQ. 8 . angenommen werben. 28äl)renb
ber Smport an ©etreibe unb äRe^l (über 75 $DtiH. 8 .) ben ©rport (60y 8 SDliCl- 8 .)
um faft 15 ÜJliK. 8 ., ber Smport oon SBein (25 SRill. 8 .) jenen beß ©rporteß
(24 SRiH. 8 .) um 1 SJiill. überfteigt, wirft ber ©rport an ©eibe über 1849M1.8.
ab, wooon auf Piemont an 85, auf bie Sombatbei naljeju 75 ÜKitt. 8 . entfallen.
Saß »Dlioenöl, jumeift auß ©üb= 3 talien, bringt bem 8 anbe faft 30 ÜJiiH. 8 . ein.
Ser ftärffte £>anbelßoerfebr ift mit granfretd), ©nglanb unb DefterreicE), welken
©taaten gegenüber Stalien paffio ift. 2(uß Defterreirf) werben nach Italien SBaaren
im SBertbe Bon 76*,', 9JtiH. 8 . importirt, mäbrenb Defterreicp oon bort nur um
etwa 41 SJtiD. 8 . bezieht. Sn ^weiter 8 inie ift ber iBerfebr mit ber ©cbweij, ben
norbamericantftben greiftaaten unb Stufjlanb; nur bet ©cbwrij gegenüber ift Sta*
lien actis (um etwa 9 9 KtQ. 8 .); in britter 8 iitie fteben enblid; bie Sürfei, 33 eU
gien, $otlanb unb ©panien, welchen gegenüber Stalien ebenfalls paffio ift. 3luß
^Belgien ift ber Smport jebnmal gröfjer alß ber ©rport bortbin (21 : 2 fötiU.),
auß $oKanb faft Biermal (12»/* : 3 1 /, SDtitl. 8 .), iRufjlanb breimal (33 : lOÜRtü. 8 .),
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211 -—
aub ©nglanb zweimal (131 : 68 ÜJiill. 8.)- ® er relativ ftärffte ©rport, ber ben
3 mport »on bortper übermiegt, finbet nat bev @d)Weij, nat ©rietentanb unb
ben jonifdien Snfeln ftatt. Piemont l)at ben ftärfften SSerfebr mit granfreit,
Unter=3talien mit ©nglanb, pollanb unb Selgien, Sobcana mit Qlegppten, bie
2änber am Slbriameere mit Oefterreid). 3um ©rport gelangen rormiegenb Soben*
probucte; importirt roevben nebft ben Golonialmaaren 3nbuftrieartifel, @fen, Stein»
fohlen.
©er größte Streit beb italieniidjen panbelb ift Seebanbel. ©ie bebeutenbfien
päfen finb Neapel, ©emta unb üioorno, bann Gagliari, Ancona, Palermo, ÜRef 5
ftna, ©atania. ©ie päfen Bon ©enua unb Eioornc importirten im 3>a$re 1860
um 445 SJtitl. alio mehr alb */, beb obermälmten 3mportmertbeb. ©ie italie»
niid)e panbclbmarine $äl)lt 16.448 Segelhbiffe mit über 686.000 Sonnen unb
57 ©ampfer mit 16.832 Sonnen (barunter 25 eiieme ©arnpfer); bie ?0?annidjaft
ift 137.360 jtöpfe ftarf. 3m ©ecembev 1863 mar ber Stanb ber flotte: 43
©tbraubeitbampfer mit 756 Äanoneu, 37 SRabbampfer mit 134 Äanonen, 17
Segelfcbtffe mit 108 Äanmten; im Sau finb: 7 Panjerfregatten, 1 SBibbetf^iff.
3 n bie päfen beb bermaligen Äönigteidjeb maren im 3af)re 1860 eingelaufen:
85.907 Sdjiffe mit 5,857.605 Sonnen unb aubgelaufen 85.057 Skiffe mit
5,654.822 Sonnen, ©ie Sdjiffe beteiligen fit oormiegenb an ber flehten Sabo»
tage, nur menige finb „langer ^aprt", barunter jumetft aub ©enua unb
2ißorno. ©a§ ber Seeoerfepr 3talienb einer großen ©rmeiterung unb tÄubbetinung
fäf>ig ift, barüber ^errf^t fein 3meifet.
©iicnbafmen. 9lut für Stalien ift ein gemiffeb Spftern ron pauptlinien ent»
morfen, melteb nicht blof$ ben Serfefyr hn 3nnent, fonbern aut bie Serbinbuttg
nad) außen berücffidjtigt. 3«>ei pauptlinien füllen bie Äüften an ben beibett fWeeren
begleiten: bie eine berührt Neapel, (iioitaoeecbia, 2iootno, 2a Spejia, ©enua unb
tritt über 9tij$a nat granfreit ein, bie anbere läuft oon ber Sübfpiße Stalienb
Iängb bent 'Sbriameere bib ühtcona, Bon bort gebt fie über Sologna nad) ber
frudjtbaren poebene, mo fie in ein BielBerjmeigteb 9leß einmünbet. Snnerpalb bie»
fer $mei pauptlinien tollen Bier pauptäftc bie meiteren Serbiubungen (»erfteHen,
unb jmar: a. faft parallel mit ber meftliteu pauptlinie, berührt Piobena, Parma,
piacenga, 2Ueffanbria, Surin, über ben Piont Genib nat 2pon unb bab 3nnere
oon granfreicp; b. jmeigt oon ber »crbergebenben bei piaceitga ab, gept über
Plailanb, ©allarate, Sefto (Salenbe, über ben Stmplon nat bet ©tmeig, »ev*
binbet Stalien mit bem Porben ©uropa’S; c. tÄbjmetguitg bei Ptobena, über
Ptantua, Serona, nat @üb*Sirel unb nat bem mittleren ©eutfcblanb; d. ber
nierte 2lft trennt fit bei Sologna unb gebt über Senebig unb Srieft nat Oejter«
reit- ©in groftcr Sljeil biefeb pianeb ift bereite oermirflitt, ein anberer ift tljeilb
im Sau, tpeilb conceffionirt. 3m Dctober 1862 maren 2995 Kilometer im Se»
trieb, 1917 jfil. im Sau, 1201 Äil. becretirt unb auf 1310 .Sil. mürben bie
Sorfhibien nergenommen. Seit Slpril 1859 finb 831 Äil. bem Setriebe über»
geben unb 1567 Äil. in Sau genommen morben. ©er Sau oon ©ifenbalmen mirb
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mit fet)r großem Gifer betrieben, mtb ^icfft man in näd)fter Seit aud) in biefern
Gebiete ben gebüfjrenben fRang eiiijunebmen.
5. (Finanzen.) Sn ben italieniid’en Finanzen ipiegelt fid) iell'fti'crftänblidr
bie Geicbicbte ber lebten Sabre auf ber apemtinifcben £>albinfel ab. X>(n bie Stelle
bet Bubgetö ber einzelnen Staaten trat bab> Gefammtbubget bes neuen Äünig»
reid)e§, bie Sdmlben ber Ginjelftaaten gingen in ber ('öcianimtfdjulb StalienS auf.
5Huf bie politifdjen Umgeftaltungen felgte eine finanzielle iRei’olution. Gilt unter fo
gewaltfamen Berhältnilfen gebilbeter Staat fanit um fo weniger in näcbfter Seit
ein Gleichgewicht greifdjeu Gtnnabmeit unb Ausgaben berftellen, als ja gerabe
jener Staat, non welkem bie Umwälzung ausgiitg, fid) fd)on längft felber in
Zerrütteten a inangeert>ä ltn iffen befa ttb.
Betrachten wir oorerft bie Bubgets in ben leiden Sauren. Sie Summe ber
Ginnabmen in allen jenen Staatsgebieten, wcldte gegenwärtig ba§ Äötiigreid; Sta»
lien bilben, würbe »er ihrer Bereinigung auf beiläufig 480 V« fDiill. v . oerait»
fdjtagt, nad) ber Bereinigung auf 614y s ft'iill. X'.; es ftellt fid; alte eine Ber=
mebruttg ber Ginnabmen um 128y, ; Sei 11. X. heraus. Seit bem Sabre 1800 er*
febeiut iäbrlid) ein iebr bebeutenbes Seriell im Bubget, unb gwar betrug baö»
felbe im Satire 1800 410,419.001, im Sabre 1801 004,442.532, im Sabre
1862 350,935.355 unb im Sabre 1803 320,575.773, jomit für biefc »ier Sabre
1.592,372.751 Vire. Sie feurigften Vobrebner Staliens muffen es eingefteben, bafj
mit folgen Scficits nidit gu regieren ift; baf; bie JKegierung eine rabicale xHbbülfe
fd>affen muj;, foll nicht am . Schluffe bes elften SecenniumS bas .Königreich mit
einem Gejammtbeficit non etwa 3000 föiill. baftelieu, wofür — bei bcni Gurie
ber italienifd)en Staatspapiere — ein Sins »oit beiläufig 200 fOiill, erforber»
lid) wäre.
Betrauten wir bie Bubgets ber beiben leiden Sabre in einigen ber wichtig«
ften 'Poften 3m Satire 1802 beziffern fid; bie Ginuabmen auf etwas mehr als
623-4, bie Ausgaben auf nahezu 974 4 fSRtll. 'S; im Sal;re 1803 bie Ginnabmeu
auf 614 8, bie XluSgabeit auf beinahe 935 4 'Dtilt. V.
Sie wid)tigften 'Poftett in biefen beiben Sauren finb:
Ginnat)men: StuSgabeu:
3dU.
1862
mu.
190*9
1863
£ire
194*5
öinauzniinifterium . .
1862
am
355*0
1863
8ire
352
birecte Steuern . . .
130*7
130*4
fOiilitär.
289*2
259*5
Somainen unb Sayen .
178*0
209*9
SDiariue.
85*4
90
Generalbir. bes Staats»
f^a^eä ....
08*3
28*7
öffentlid;e Arbeiten . .
Sntteres.
107*2
05*2
107*2
04
Gijenbabnen ....
25*5
27*2
Suftig unb GultuS
30*4
30*8
'Poften .
12
14 G
öffentlicher Unterricht .
15 3
15*5
u. f. w.
Bolfswirtbicbuft . . .
22*8
7*9
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In feie ^Darlegung beä SBubgetd jcfiliefcen wir ben <Stanb bet <B taatSjchulb
an. 2 >ie Regierung betrachtet cs alb politifdie Aufgabe, jeben Untetfchieb ber <S<^uI=
ben ber »erfcfytebenen Sbcile bes neuen Staates 31 t verwi'chcn. ®a& @e|e^ vom
Jahre 1861 befiehlt wegen „ttnifkirung" ber fämmtlidion Staatsid>ulben bie Um*
fdjreibung affer älteren übligaticncn. GS waren 86 vetfebiebene Äategorieen in
5perc. „Sdntlbid'eine bee Königreiches Jtalien" umguwanbetn. ®er Stanb ber
Gingelfchulben würbe bamalS berechnet mit: Königreich Sarbinien 1.159,970.595,
Sombarbei 145,412.988, Gntilia 42,000.000, SeScana 209,000.000, Neapel unb
Sicilien 550,000.000 gufammen 2.106,383.583 )iire. 9Rit ber ned) im ^ Juli
1861 ccMitraflirten Srfntlb beredinet fich für ben 1. Jänner 1862 bie Staatsjcbulb
best Königreiches auf nafjeju 3018 9MiK. Sr., wofür ein 3 lufwanb von 182 34
fJRill. §r. erf erb erlief) war. gm 1 . Jänner 1863 erreichte ber Stominalmertb ber
i2taatSfd)ulb bie höbe mm 3.103,150.979 St-, b. i. eine Jabreerente von 149 9Riß.
659.795 Sr- Sie confolibirte Sperr. ?Rente würbe übrigens bureb Secrete vom
Jänner unb 5Rärg 1863 abermals vermehrt, unb gwar bas Kapital um 714 SDiitT.
320.000 Sr. (bie Siente um 35,716.000 Sr.), io ba§ mit 1 . Slpril 1863 bie
©taatsfcbulb 3.817,470.979 Sr-, bie jRente 185,375.795 Sr. betrug! Jn ben
2 >/ 2 Jahren 1861,- 1862 unb bis Slpril 1863 ift alte bk 8 cf)ulb bes neuen
Köntgreidreö um mehr als 1711 fDlill. St- vermehrt worben! ’iötit biefen enormen
3iffern ift aber ber neue Staat noch fange nid't an ber Grenze beS 2 dm Iben»
madbenS angelangt, inöbeionbere wenn nicht ein totaler Umicbwung in ber 'Pelitif
gu Stanbe lommt, unb alljährlich naliegu 89 pGt ber gefammten crbentlictien unb
au§erorbent[icben Gittnahmen auf bas Kriegsmejen unb bie StaatSfcbnlb verwenbet
werben.
SBebürfett biefe Jiffern etwa eines GommentarS? Jft baS Königreich Jtalien
ftnangieH in ber Sage, feine bisherige friegerifdie politif noch weiter gu verfolgen,
ober ift cd nicht gezwungen, fich im Jnnern 311 cenfoltbiren, ben 28eg frieblidjer
^Reformen 31 t betreten, falls eS nid;t feine Gpifteng anfS Spiel (eben will, falls
nicht eine finansielle Äataftropbe bie ohnehin 1 $wachen Anfänge einer Sefferung in
ben volfSwirthfhaftli(h fn 3uftänben gerftören unb auf Jahrgefwte hinaus jeben
Sortfchritt unmöglich machen foll V
Jch will mich nicht in weitere Details cinlaffen, weil ich l lL 'ffe, bafe biefe über»
fid)tlid)e 3 ufammenftellung genügen bürfte, fich ein 23ilb von ber materiellen Gul»
tur beS Königreiches Jtalien in bet (Gegenwart gu machen, unb weil auS ben hie
unb ba eingeflochtenen Semerfungen bie 2 Bege uitichwer 3 U erlernten finb, welche
Jtalien einfdf)lagen muh, foll auf bie politifcbe ^Revolution nicht eine unheilvolle
feciale folgen, welche ohne 3weifel bie Grifteng bes neuen Staates gefäf>rben müfjte.
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• ©er lob beä ferbifdben ©eleprteit unb ©icpietS ©r. Suf (Stephano*
mitfcp Äarabfcpttfcp, ber am 7. b. M. erfolgte, mirb in allen Ärctfen ber ge*
btlbeten ©efeUfcpaft SBienÖ anf ba$ Sebbaftefte empfunben 3u$rfcpttfcp in Sürfifcb-
(Serbien am 26. Cctoher (a. ©t.) 1787 geboren, lebte SBuf ©teppanomittdp Äa*
rabfcpitfcp feit funfjig Sabren in 2*>ien, beffen gaftlicben ©oben er, wenn mir nicpt
irren, im 3apre 1813, oott türütcbem 33oben fiücptenb, betreten pat. Söul ©teppa*
nomitfdp Äarabfcpitfcp mar Siitter be$ graug 3ofepp*SDrbens, correfpottbtrenbeS Mit*
glieb ber f. 9lfabemic ber SBiffenfcpaftcn in SSien, gleich geartet alo belehrter unb
(Sparafter. SBir bringen über ipn einen auPfüprltcpen SRefretog.
* 3ur 5Renan*2itteratur. ©ei ©inteniS in 3öien erfcheint Me „erfte beutjcbe
®egenfcprift" gegen *Renane „?eben Sefu" unter bem Jitel: „Stenan, ma$ er ift, maö
er mitl unb ma$ er tann", non 3of $>ia, 28ettpriefter. ©ne anbere ©egenfeprift ift
»on ©r. ©eb. ©run ne r unter bem iitel angefünbigt: „©rnft SRenan, mit bem Motto:
©aS Suangelium SRettan* ift: uem reltgtcfen ©tanbpunfte: SltpeiömuS, oorn miffen*
fcpaftlicpen ©tanbpunfte: ©d'minbel, vom fccialcn ©tanbpunfte: bie ©uiUctine im ©neb-
panbel.“
S. „Statistikai közlemenyek.“ ©tatiftifd'e Mittbeilungen, beraub
gegeben ron ber ftatiftifeben ©ection bei f. ungarifeben Stfabemie ber
SBiffcnf(haften. 4. ©anb, 1. unb 2. -V>eft, 5. ©anb, 1. -Jpeft. ^eftb 1863. ©ie
ftatiftifepe ©cction pat in ber furzen 3dt ü;re^ ©eftanbeS (fie mürbe in ber ©ipung ber
ungartfdjen ?(fabemie t?om 4. Mdrg 1861 in£ ?eben gerufen) bereite eine febr erfpriep*
liebe Sr^dttgfcit entfaltet, im 3eitranmc ron meniger als brei Sabren ftnb rier ©dnbe
unb bie erfte Hälfte bcS fünften ber „Közlemcn}’ek a erfebienett, in melcben bemdhrte
gacpmdmter, mie ber ©ecretär ber ©ection £unfafop, ©algocgp, $6npap, Sclbp, 2or*
map, Äaup, Äenef u. a. pöcpft fcbdpenSmertbe Arbeiten niebergclegt haben, greilicp ift
ber uont beften ©iüen befeelten ©ection manche bittet e Jdufcpung nicht erfpart geblieben.
Sie mar beim ©egtnne ihrer Spdtigfeit beflifien , germularc git entmerfen, nad; melcben
bie miebtigften ftatiftifeben ©gebniffe bureb Vermittlung ber 5Bürbentrdgcr bcS ?anbe$
erhoben merben foflten. s Jlber febon in ber ©ipung oom 5. Suni 1862 mufjte ©raf
©effemffp erfldreu, bap bie Hoffnung, bureb ©eilutlfe ber Crptöcopate gu einer »ollftdn*
bigen ©eoölferungSftatiftif gu gelangen, gdnglicp gefebeitert fei, bie meiften ilircpenfprengel
batten nichts, anbere nur ©rucpftütfc eingefchicft. ©ie golgen biefer dürfen geigen fich
aber in ben biöl>er erfebienenen SBdnben ber „Közlenienyek“. ®ben über jene $)artieen,
begnglicb melcber neuere ©aten über bie ungarifeben ?dnber am ermnnfebteften mdren, mie
Schulmefen, Vcrclferung jc., pnben ficb mobl febr gute Arbeiten ron einzelnen Siccefen,
aber nur menig über baef gange Oteicb. Solche Monograpbieen, melcbe ben ®egenftanb
»6Kig erfepöpfen, ftnb gmar du§erft fchd^enemertp, bezüglich ber ungarifeben Vditber aber,
mo eö noch fo mcleö in ftatiftifdmr *t>infic^t erft gu erferfepeu giebt, mürben Searbeitun*
gen, melcbe baö gange i^anb begüglid; ein ober be^ anberen ©egenftanbee umfaffen, ent*
fepieben ben Vorgug rerbieneu, aue bem ©runbe, meil biefelben benüpbarer unb frucht«
barer ftnb, ficb gum Uebergang in anbere ©et*fe, meld'e aub ber officieOen Duelle
fdpöpfen, eignen, unb ic biefe felbft befannter maepen unb ihren Söertb fteigern, mdprenb
Arbeiten über eingclne ?anbeßtpeile bei aller Vcrgiiglicpfeit beep nur ertlicbcö Sntereffe
paben unb fc faurn gu ber 3lnerfemtung gelangen, bie ihnen gebüptt. 2!u$ biefem ©runbe
moepten mir unter ben jüngften Veröffentlichungen ber ftatiftifeben Section ^unfafotfS:
„Magyarorszäg viszonyainak statistikai väzlata“ (©rnnbrif; ber ftatiftifd^en Ver-
pälntiffe Ungarn^) al@ bie mcrtbncUfte ©abe begeiepnen, meil ftep ben bis jept reroffent-
licpten Jlbfcpnitten im 2. |>efte bee 4. Vanbee unb 1. .pefte bee 5. ©anbeö ein roll-
ftänbigeS ©ilb ber ungarifeben Äronldnber unb ihrer fpeciellen Verpdltniffe im ©egen*
fape gu ben übrigen, alientpalben gum Vergleicpe perheigegogeuen Groningen ber Monarcpie
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215
entnehmen Idfjt. Quellen tiefer burebtaebten, feßenen Arbeit ftnb in ben erfteti Slbfdßnitten
über S3ebclferung, 33obenfläcße unb 93iel?ftanb beflig, unb auch in ben übrigen über
91aturalienertrag, ©emerbe unb i'erfehr, geiftige Gultur u. f. f. großenteils bie amt¬
lichen ftatiftifdum Publicatienen unb nur begrüben eine feiere 2luSnütuwg unb Searbeitung
berfetben bureß funbige £)ant mit ber lauteften greube, intern bureb fold)e ffierwevtßung
erft ber Schafe behoben mirb, melcßer, bem Saicn unfaßließ, in ben Jabetlenwerfen nieber-
gelegt ift. Socß ftanben bem SSerfaffer noch bielfacß anbere Quellen 3 U ©ebote unb
tourten bon ihm mit Umfid;t unb ©efdncf benützt, namentlich ber britte Jltfcßnitt, über
©ewertSberßältniffe, wobei biö gur ertlid)en gabricaticit eingegangen wirb, giebt feßr ge¬
naue Sarfteflungen, eben fo fann ber lebte, über ©ericßtspflege, bureb bie barin enthal¬
tene Ueberftcßt ber 3Serurtheilten, in £>aft ober auf freiem guß befinblicben Sträflinge
ber eingelnen Gomitate im Sabre 1862 eine febr ermünfehte Grgänjung ber in ben
jüngfterfebienenen ftatiftifd'cn Ueberficßtstafeln enthaltenen Sarftellung ber 2 lrbeit$- unb
©trafhäufer in ben nicbtungarifdn'n Säubern genannt trerben. Semerfen mochten mir nur
noch, tag bie ©lieber ber ©ectien, mc biefelben bon ben Äronlanbem Ungarns im ©an-
3 en hanteln, einigermaßen in ihren 2(nfd)auungen bifferirerr, wie £uttfalbp neben Ungarn,
©iebenbürgen unb Groatien aud' bie ffltilitärgrenze einredutet, Sonpap aber in feinem
trefflicben 'Sluffafec über bie 33obenberßältniffe unb birecten ©teuern ( 1 . 33anb) bie SKili-
targren^e auefeßeibet, ater Salniatien einbejgebt. 3>on bem fonftigen Snßalte ber jüngften
Publicationen ftnb Sr. 33arfi’s ÜBiittbeilungen über ben Glementarunterricßt ßerbo^ußeben,
welche bis jefet 5 Sibcefen, ^aloc;a unb G^ran im 4. unb ©tublmeißenburg, ßrlau unb
9teufobl im 5. 33anbe untfaffen. Siefen 9cadnt ei jungen Ware eine 2(uSbebnung aufs gan 3 e
Sanb um fo mehr p münfdten, als eine bollftanbige Erhebung ber 4 >olföfc^ul 3 uftdnbe
bafelbft feit 1851 nid;t ftattgefunben bat. Schabe, baß bie neue 2 lrteit babei nur bie
fatbolifd)en Solfsfcßulen bebanbelt unb baßer bie 9 ?ergleicßung mit ben 3 uftänben bon
1851, wclcßc baS ©cßulwefen aller Gonfeffioiten umfaßt, gebrueft im gweiten Saßrgange
ber ÜOiittheilnngen aus bem ©ebiete ber ©tatiftif, nur tßeilweife gefebeßen fann. $eben
mir 3 . 33. bas £ontber Gcmitat heraus, bei wclcßem alte unb neue Gomitatögren 3 e mit
bem Umfang beS Gt* 3 biaconateS jufammenfaHt, fo ift bie 3aßl ber fatßciifd;en SSclfS-
fchulen bon 95 auf 104 geftiegen unb bie fduilbefucbenben Äinber haben fich bon 6325 auf
7209 gehoben, mabrent bie @efammt$aßl ber Pflichtigen Äinber, bon 6 bis 12 3aßten,
einen Stücfgang bon 8717 auf 8538 erlitt, unb baßer ber 2luffcßmung beS ©cßul-
befucßeS um 18 pGt., ben litt auf 84 33efuchenbe unter je 100 Pflichtigen, beim
numerijeßen Slbfaüe ber lefeteren befto ßeibcrfted'cnbcr mirb. 38ie eö aber mit ben ©cßul-
3 uftänben beö gan 3 en GomitatcS fteßt, baS im Sabre 1851 159 ©d;ulen, 12.600
pflichtige unb 9531 befueßenbe hinter, alfo eine SJerh<nißjiffer bon 76 pGt. aufmieS,
barüber geben bie „Közlem^nyek“ feine Äunbe unb es mirb bie Sorge ber ©ection
fein müffen, biefen widrigen 9)iittßeilungen bureß eine 2 ?erbettftänbignng in hoppeltet
$tnftcßt, Slufnaßme ber ©cßiilbejirfe aller Siccefcn unb aller Gonfeffionen, 3 U ihrem,
bollen SBertße gelangen 3 U laffen. 33o fieß burd; bollftanbige Vorlagen ein abgefcßloffeneS
33ilb geminnen laßt, ba weifen bie jüngften £efte ber „Közlemt5nyek tt , mie ißre SSor-
läufer, feßone Seiftungen auf, unb fo bilben aud) bie ülbßanblungen bon ©a lg 003 p über
bie Peftßer £anbelSbanf unb bie ©parcaffen Ungarns im 4. unb bon Sonpap über bie
33ewegung beS ©runbbeftfeeS im 5. 33anbe febr tücßtige 9lrbeiten. SaS bollftanbige 35er-
3 eicßniß ber Vereine Ungarns im erftcren 33anbe mit Eingabe ber Flamen, ber SDlitglieber-
gaßl unb ber 33crftänbe ift eben fo neu als intereffant, nach bemfelben beftauben im
Äonigreicße 3 U Gnbe 1862 57y Vereine, babon 75 für SSijfenfd;aft, Subuftrie unb
£anbel, 156 ffiSoßltßätigfeitSbcrcine, 38 für Sanbmirtßfcßaft, 264 gefellige Vereine unb
46 für fonftige 3wecfe.
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216
* Unter ben fünftferif<f>en Arbeiten, Welche in biejem Sahre gu ©nbe geführt Wer*
ben f neunten bie Kahl s *£>anfenfchen Secorationen beS 2 ob eSco’fchen Calais in ber
verlängerten Kärntnerftraße einen hervorragenben *}Mak ein. gftnf ©emächer werben ba*
felbft mit greifen verliert; bie felbftverftänblicb ihrem ©egenftanbe nach, wenn Kahl ©nt»
würfe macht, ber griec^ifcf>en Stytbe entnommen finb. Sie Secfe beS SpeifefaaleS ift fo*
eben vollenbct werben. 3n ber Witte berfelben ift baS Urtf;eil beS $PariS bargeftettt. Sie
anberen gelber ber Secfe ftnb mit aflegorifchen ©eftalten gefd>mütft; bie ^anbflächen
werben ben 9)tythuS be$ $PariS barftellen. Sie htnftlerifcbe Jlnorbnung ber Secfe bat ben
Seifalt atler Sacpfunbigen. Sie erinnert an bie Kenaifjancebecoraticn ber 3^it ©iulio
Komano’S. 9Eenn, wie wir nicht zweifeln, bie anberen Salons mit gleichem ©efebmaefe
burchgefnhrt werben, fo wirb baS harmonische 3ufammenwirfen zweier fo außgegeichneter
Künftler, wie eS £iftorienmaler 6. Kahl unb Strdnteft 2b- «Öanfen finb, ein Kefultat
ergieien, auf baS bie Künftler wie ber Sauherr mit voller Sefriebigung gu blidfen alle
Urfache haben werben, hoffentlich wirb baß Seifpief, baß h*^ gegeben wirb, auch anber*
wärts Kacbahmung finben unb bie inbnftriellen halbfiinftler unb 9Ji obetapegier er ver»
brdngen, in beren £änbe man hier f c h r häufig gum Schrecfcn aller Äunftverftänbigen bie
funftlerifche Secoration von Salons gelegt hat. ©iitc Siet'he tüchtiger Äünftler fehen wir
heutgutage in Salons unb Äird;e, in privat* unb öffentlichen ©ebäuben befchdftigt, bie
ehemals ungebilbeten ober — was noch f<hfc<hter ift — balbgebilbeten Kräften anher»
traut würben. Sarin erblicfen wir einen wesentlichen gertfehritt in ber ©efchmacfSbilbung
unfereS SaterlanbeS.
D (SSom beutfehen Süchermarft.) ©s wirb nicht ffiunber nehmen, wenn wir
Jeben unferer Sericbte mit Klagen über bie Stille auf bem beutfehen Süchermarft begitt»
nen muffen, wie wir fte fonft nur in ber fogenannten ©urfengeit, gur 3eit ber £unbS*
tage gewohnt ftnb. SEer mochte auch von unferer 3eit ein lebhaftes Sntcreffe für bie
frieblicben grüebte litterarifcher 2hätigfeit haben, wo enblich ber erfte Strahl aus ber
brohenben SEetterwolfe niebergefahren ift unb bie bip lematif d;en geloben ber ©ntfeheibung
ber SEaffen haben weichen müffen. SEcnn bie wichtigen Politiken ©reigniffe fo rafcp
aufeinanberfolgen, beanfpruchen faft ausschließlich bie 2ageSgeitungen baS allgemeine
Sntereffe.
Son ben Wenigen bebeutenben ©rfcheinungen ber vergangenen SEochcn nennen wir
guerft einen neuen Seitrag gut ©efchichte ber d;riftlichen Kirche im 4. 3ahrl;unbert von
Seiten ber fatholifchen SEiffenfcbaft in ber „Stegraphie beS £ilariuS von ^oitierß" von
?>rof. 3- h* KeinfenS in SreSlau. @$ ift bieS bie erfte Siographte über ben berühm»
ten Kirchenlehrer, bem, wie ber Serfaffer verfid;ert, bie ©efchichtfchreibung gu geringe
5lufmerffamfeit gewibmet bat, wäl;renb fein 3eitgenoffe SltbanafmS ber ©reße in Köhlers
befannter Siographte ein würbigeS Senfmal erhalten I;ut. Sn einer Seilage behanbelt
ber Serfaffer bie lateinischen Sibelüberfefcungen um bie SKitte beS 4. SahrhunbertS.
Keuigfeiten ber philofophifcben ^itteratur haben wir feit längerer 3eit nicht Seran»
laffung gehabt gu erwähnen; auch waS uns l;eute vorliegt futb nur fleinere Schriften.
Uebereinftimmenb in bem ©egenfafc unb ber Sefäntpfung ber materialiftifchen 3Belt*
anfehauung, fonft jeboch burch bie wiffenfcbaftliche Stellung ihrer Serfaffer von gang ver»
fchtebenen Stanbpunften auSgehettb, ftnb bie $Mtblicationen von $>ref. St* £uber in
SKüncben: „Sie 3bee ber ltnfterblicbfeit" unb *J)rof. Knete: „lieber bie ©jifteng ber
Seele". Seßtere ift feiert vor längerer 3eit erschienen, in biefen Serichten aber noch nicht
erwähnt worben; wir tragen fte um fo lieber nach, als bie Kritif fte aflfeittg als einen
wertvollen Seitrag gur Seelenfunbe begrüßt hat, auSgegeichnet burch feine pfpchologifche
Seobachtungen unb ffare übergeugenbe Sprache. Unter ben ohnehin niept gasreichen
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Scpülern beg 9)pilcfcppen Schopenhauer ift befanntlicb eine heftige litterarifcbe gepbe
auggebrocben. Dag neuefte 9(ctenftücf biefeg $>roeeffeg ift non 2$. ©minner: „Scpopen*
bauet unb feine greunbe", worin er bie Angriffe grauenftdbtg nnb ?inbnerg gegen feine
Siograpbie Scbopenhauerg befdnipft.
33cn inldnbifcben Bonitäten erfebienen: ein britter ©anb non Dubtfg „TOdpreng
allgemeine ©efebiebte“, bie Sabre 1125 big 1173 enthaltend unb ber britte Sahrgang
ber „Schriften beg Vereine« 311 t Verbreitung naturwijfenfcbaftlicpet Senntniffe in VMen",
Verträge non $)rcf. Suefj, Säger, Siincnp, ®eip unb anberen naturwiffenfcpaftlicpen
Autoritäten unfercr Stabt entbaltenb.
©ine fpftematifepe Heberficbt bet litterarifcpen (Sr^eugniffe Deutfcblanbg im Sabre
1863 ergiebt in Summa 9889 Verdaten im Vergleiche 3 U 9770 beg Sapree 1862.
dienen fomrnen auf bag ©ebiet ber Ipeologie 1416, ber 3urigprubcn$, $)olitif, Stati*
ftif 896, ber ©efepiepte, ©iegrappie unb Memoiren 659, ber ©ecgrapbic 270, ber
feponen Sitteratur 956 unb ber ^bilofopbie 91 2 c.
P. (Vom f r a n 3 c f i f d; e n S ü cp er mar ft e.) Die Sewegung wegen Menang
„?eben Sef 11 “ ift noch lange niept 3 ur Vupe gefommeit. ®enn im erften Slugenblicfe
bag Such uur in finden Abpanblungen uitb in ©rojebüren Siberlcgung fanb, fo pat ftep
jept bie Dppofition gegen bagfelbe ftdrfer cenfelitirt unb gebt mepr in bie liefe. ®it
erwdpnen einige ber gejefenfien ©egenfebriften. Von ben früheren pat bag ©ücplcin beg
Sifcpofg $>ariftg „Jesus est Dieu“ ben meiften Abgang gefunbeit. Abbe greppel pu*
blicirte „Conferences sur la divinite de Jesus-Christ“, naebbent er fepen früher in
einer ©rofepüre eine feparfe f'cfitien gegen SRenan genommen. Die jicmlicp umfangreiche
Scprift beg ©ifepofeg non Vimeg peijjt: „La vraie vie de Jesus“. gerner bnrfte bog
©uep: „La divinitd de Jdsus-Christ, demonstration nouvelle tiree des dernieres
attaques de Tincrddulite, par Auguste Nicolas“ in 33 e$ug auf tpeologifcpc ©rünb-
fepfeit ju ben bebeutenberen (Entgegnungen fahlen. Den fcpdrfften Angriff auf Sienang
Slnjtcpten erwartet man aber non bem Sefuiten $p. ©ratrp, bemfelben, welcper gerabe um
einen Sip in ber fran^efifepen Afabemie canbibirt unb ale ?ogifer unb Stilift in gtanf-
reiep in Slnfepen ftept.
Die britte frangeftfepe Sluggabe non Strauß „?eben 3?fu w ift jept noKftdnbig er*
fepienen unter bem Ittel: „Yie de Jesus au examen critique de son histoire par
le Dr. D. F. Strauss, traduite de l’allemand par E. Littre“, in $wei ftarfen
©dnben.
Sn einigen lagen »erlaßt in s Parig auep eine fpanifepe Ueberfebitng SRenang bie
treffe unter bem Ittel: „Vida de Jesus, traduccion Espahola de Fed. de la Vega“.
So fcpwiflt bie ?itteratur über biefe $>ublication in granfrei tp aflmdlig 311 einer Stdrfe
an, non welcper man anfangg gar feine Slpnnng patte unb bie 3 iem(icb grell gegen bie
*Rupe abftiept, mit ber man namentlich in bem nicptefterreicpifchen Dentfchlanb über bie
Slenan’fcpen Slnftcpten benft. Seine tpeologifcpJitterarifcpe Autorität hat fiep big jept mit
ber Sache befepdftigt, wdprcnb in graufreiep bie ©egenfebriften nach Dufcenben 3 äplen.
Dag befannte tücptigc Scrf gifcpelg über bie englifepe Ponftitution erfchien in
fran^ofifeper Ueberfepung: „La Constitution d’Angleterre, exposd historique et
critique des origines, du developpement successif et de Fdtat actuel de la loi
et des instilutions anglaises. Trad. par Ch. Vogel“, 2 ©dube. Sefanntlicb ejriftirt
auch fepon eine ettglifcpe Ueberfefcung non 9R. Scnern Spee.
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218
®tyung$berid>te.
fiaiferitdi* ^kabnttif öcr ÜJiHeitftyafteit.
£ i p u n g ber matliematifd)*naturmiffenfcbaftltcben G l a f f c
Dem 4. gebruar 1864.
•Öcit Sr. Gbmunb SReitlinger, $)riDatbccent ber $Pbpft! an ber ®iencr Uniber*
fitat, übermittelt ein berfiegeltc? Schreiben mit bem Grfucben um helfen 9lufbcwabrung
gm* Sicherung feiner Priorität.
Sa? wirflicbc 93titglieb .s>err .pofvatb 9Ö. £>aib inger giebt au? einer freunblicben
9Mtbei(ung be? .'Oerm Sr. 9lnnanb i bi eien? Den Xirlemcnt noch einige Bufape gu
feinem Berichte über ben 9WetccrfteinfaIl Den S3eaueecbin bei Seurinne?*la*@reffe. 9)kn
fyatte and' ein geuermetecr gef eben in ©eftalt einer glübenben Äugel, gulefct Den weif}*
liebem Siebte, fd;mcl$enbem SRctatt dlmlid?, becb mit reiben unb wie mit SRaucb unter*
mifd'ten aufwallenben Stellen, befonber? in bem femetenavtigen Schweife, welcher ber Äugel
nacbfclgte. Ser Schall wirb bem ©etefe mehrerer Jrcmmeln, eher bem eine? gufammen»
ftüvgenben .'Daufe? ober bem Umftürgen eine? mit S J> fl a ft er ft e i n cn belabenen SBagen? Der*
glichen, hierauf felgte etn pfeifen, mit bent Sturze Den gwei 3lerelitben. 9(uch fenft
finb mehrere mimerifche 9tachweifungen gegeben. ©ewtjg wirb ftd? au? ber (Erhebung ber
einzelnen Beobachtungen ein wertvolle? ©efammtbilb ber (Srfdjeinuitg gufamntenfteflen
laffen.
•>>err Ä. 93c e? ha mm er, Lehrer ber barftellenben ©eemetrie an ber!. f. Dberreal*
fchule in ©erg, überfenbet eine 3lbhanblung, betitelt: „Centralprcjection ber Sinien gweiter
Srbnung". 2Sirb einer Gcmmifficn gugewiefen.
Sa? wirtliche 9)citglieb &err Sr. 91. Sone geigt eine Den bem 3lfrica* Steif enben
Sv. Barth betau?gegebene Carte routiere burch bie gange euvcpdifd;e SMci bon Bul*
garicit nach Jbracien, buvd; gang Wacebonien bi? 9Jionaftir unb weiter gum tbeffalif^en
Dlpinp nnb Salenif. ©err Sr. Bcue fnüpft Daran einige fritifche Bewertungen über
bie buvd' Jberm SWajer d. Schcba, al? Ülnpang gu feiner Äarte be? Äaifertfyum? Defter*
reid\ berauegegebenen gwei Blatter ber Äarte Serbien?.
f>err Sr. S. < 2 ubic tbcilt bie Stefultate feiner thecretifchen Unterfud?ung über
innere Arbeit unb ipeciufcbe SÖdrme mit. Siefe Stefultate, burd) welche bie mechanifche
®drmetbecrie eine namhafte Erweiterung erfahrt, ftimnien bollfemmen mit ben bereit?
am 23. 9lpril 1863 Dcrgetragenen überein. G? wirb befenbere? ©ewicfyt Darauf gelegt,
baf; ftd' hier nach einer gang allgemeinen, Den jener uerfd'i ebenen SDictbcbe berfelbe rna*
thematifd'e 3lu?bntcf für bic abfolutc ©reue ber inneren Arbeit ergiebt, unb gwar burch
Einführung einer für alle Äcvper ebne Unterschieb ber Slggregaticnäfcrni geltenben Gon*
ftanten.
Sie fdwn in ber früheren 9lbbaitblung aufgeftellte Sthbangigfeit ber wahren fpeci*
fi leben Spanne Dlmi ber Slnerbnuttg ber Sielende eine? Äcrper? finbet hier il;re Seftdti*
gung, inbent bie wahre fpecififchc ®drme bei ccnftantem Sruc! ftch al? eine gunction
be? fubifeben 9lu?bebnung?coefficienten unb ber Sichte barftellt. Sei ccnftantem Belumcn
aber ift bie wahre fpecififche 9$drme ber Bclum?einbeit eine für alle Äcrper ofyne Unter*
fchieb ber 9lggregation?form ccnftante ©reüe, unb gwar für ein Äubifmeter al? Arbeit
genommen, nabe an 92 Äilogrammmeter.
3n ber Dorliegenben Entwicflung giebt biefe Sbeorie bereit? bie mat^ematifchen
9(uöbrücfc für bie fpecififche tarnte bei* ©afe fowohl bei ccnftantem Srucf, al? aud? bei
ccnftantem SSelumcn, unb gwar 9lu?brücfe, uad^ welchen lieb biefe fpecififd'en Farmen
unmittelbar beredmen laffen. 3n beiben gdllen ift bie fpecinfche 3£drme ber Siebte um*
geteert prcporticnal, unb erf^eint bei ccnftantem Sruc! überbie? ncc^ al? (pine^gunction
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be$ ffosbcßnungscceffidenten. Sie fpedßfcßen ©atmen gleicher Volumina ftnb felbft bet
ccnftantem Srucf faft conftant, wenigftene ftimmen ftc in ben erften brei Scdmalfteüen
roKfommen überein.
Sie matßematiicßen JRefultate weifen in ben ron Siegitault gefuttbeiten ©crtßen
ber fpedfifcben ©arme eine fo große Unftcßerheit nach, baß biefelben, obwohl bieder bet
©abrbeit am näcßften fotntnenb, gu tieferen gcrjcßungcn in ber ©lolecularphwjtf uugu*
länglid; erfd'einen. Ser große ©jrpcrimentatcr bat felbft bet atmofpßärifdwr Luft, beren
Säten noch bic genaueren fmb, nur bie elften brei Sedmalfteflen in feiner ©cwalt, bei
©aßerftoßgaS ift bereite bic gweitc Secimalftclle um gwei ©inbeiten gu fleht. Sic ror*
güglicßfte Fehlerquelle ber Säten ron üRegnault fcßeint mir in bev unricßtigen 9lnficßt
ron SRegnault gu liegen, baß bic jpectßfcße ©arme ron bem Srucfe, unter bern ba$
©aS ftebt, unabhängig fei.
3lus tiefer Tßeorie folgt ferner, baß, fo wie bie trabte fpedßjcbc ©änne, fo auch
ißt Sfntegral, bie gefammte in einem Äbrper rorhanbene ©arme, eine Jsuncticn ber 3ln*
orbnung ber Beftanbthetle beSfelben ift. Siefe Folgerung giebt gu erfennen, baß baS ron
fR. ©lauftuS im Saßrc 18(>2 reröffentlicßte ©dop: „Sie 9Renge ber in einem Äorper
wirfließ rorhanbenen ©arme ift nur ren feiner Temperatur mtb nicht ron ber 9(norb*
nung feiner fflcflanbtßeile abhängig", jamntt feinen ©enfequengen unrichtig ift.
.^err $>rof. Sr. 3. See gen überreizt eine 9lbbanblung „^ßpftologijcß d'emifcße
Unterfudmngen über ben ©influß beS ©lauberfalgcS auf einige Faderen bee StoßwecßfelS".
Sie Untersuchungen trurben im pßpfiologifd;en ^nftitute unb im dwmifcßen Labora¬
torium ber 3ofepßS*3lfabemie auegeführt.
3u VerfucßSobjeden bienten brei »öuiibc. Ser jeweilige Berfudwßunb würbe in
einem mit 3inf aufgelegten Stalle untergebraeßt, er erhielt täglich biefelbe Nahrung unb
©etränfemenge unb erft nachbem bie beftimiutc gütterungöweife bureß 2 bis 3 ©oeßen
fertgefeßt war unb man annehmen fonnte, baß bie ©inmirfung beS UcbergangeS ron ber
früheren gur jeßigen ©raährungemeife aufgeglichen fei, würbe mit ben Unterfucbungen be¬
gonnen. Sie VcrfmtSbauer war eine lange, bie Otormalpericbe erftreefte fuß in ben erften
Verfucßen auf 30 Tage. Sie 3luSjcßeibungen biefee 3eitraumeS würben mit jenen eines
gang gleichen 3dtraunieS rerglichen, in wcld'em hei unreränberter ©rnäßrong, ber Nah¬
rung geglühtee ©lauberfalg in auffteigenber Wenge ron 1 bi* 3 ©rammen gugefefct
würbe. Bei ben fpäteren Unterfucbungen bienten gerieben ron 10 bis 20 Jagen gum
9luSgangSpunfte beS Vergleiches.
Sie fragen, beren Lofnng rerfucht würbe, waren gweifartcr 5lrt: 1. ©itb bureß
bas fcbmefelfaure Patron bie 3tefcrption ber eingenommenen Nahrung mobißcht? 2. Uebt
baS fchwefelfaure s )iatron einen ©influß auf ben Stoffumfafc 4 ? 3ur Beantwortung ber
erften Frage würben bie gaecalmaffen genau gewogen unb ihr gett< unb Sticfftoffgeßalt
quantitarip beftimmt. Um gu einer annäbemben Lefung ber gweiten Sragc gu gelangen,
würbe baS Thier täglich gewogen, ber f)am genau gern offen unb ber Sticfftoffgeßalt beS*
felben nach BoitS Wetßcbe in einem eigenen, mit .ftülfe ron *])rof. Schnei ber ent*
fprechenb conftruirten 'Apparate beftimmt. Ser &am enthält nach ben neueften Unter*
fueßungen ron $)ettenfofer unb Boit utinbeftenS bei ben mit gleifch gefütterten
&unben bic gange Summe beS unigefehten SttcfftoffeS, aus bem im Äotß unb £>arn ge*
funbenen Sticfftoff ift man alfe im Stante ben ©efammtumiap ber fticfftoffbaltigen ©e*
webSelemente gu beftimmen. J
Sie ©rgebntße ber Unterfucbung laßen fieß in folgenben fünften gufantmenfaßen:
1. Surcß bie ©innaßme ron ©lauberfalg in mäßiger Wenge wirb bie SReforption
ber eingenommenen Nahrung nicht beeinflußt.* Sie gaecalmaßen enthalten bei gleicher
^aßrungSgufußr fowoßl ror als wäßrenb beS ©lauberfalggebrauches in gleichen 3dtab*
feßnitten bte gleiche Sticfftoffmenge unb nahegu biefelbe gettquantität.
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2. Ser 9®affergehalt her gaereS wirb bitrd] bie ©lauberfalzetnnabme gefteigert unb
bie Steigerung wachst mit ber Quantität beS eingeucmmenen Salzes.
3. Sie Siurefe wirb nicht vermehrt, Sie .£>ar!umsid'eibung ift entweber jener ber
'Rormalpeviobc gleich ober felbft etwas geringer, ber £am war meift ] chm ad; fauer, z u ’
weilen neutral, nur an einzelnen lagen alfalifd'.
4. Tic Sticfftoffausfcheibung burch ben £arn ift hebeutenb verminbert. Tiefe Ser*
minberung ift eine conftaute unb nur giepct ober geringer, je nachbem baS 2t)ier mehr
ober miuber fettreich ift. Tic Ser minberung ift am bebeutenbften in ben elften Stochen
ber (Glauberfalzeimtahine, fpäter ift fie miuber auffaflenb, fie fteltt fid> aber auch bann
ned? als bcträdjtlid) heraus, wenn man bie (Gemid'tezunabme beS 3 hieres in Rechnung
bringt unb bie Stieffteffaus]d'cibuug auf eine (GcwiditSeinbeit Ihicr zuvücfführt. Tic
Sticfftcfferfparnig beträgt in einzelnen fällen über 25 p(5t., alfe mehr als ben vierten
Jheil ber (Gefammtausfeheitung. Sa bie Sticfftcffmeuge bes parnS bie Summe ber um*
gefegten ftirfftoffhaltigen Äbrpcrfubftanz repräfentirt, lägt fich bas gewonnene -SRefultat
aud; fo aitSbnicfen:
Surch bie (Glanberfalzmirfung wirb ber Um]ah ber ftictftoffbaltigen (GewebSelemente
beträchtlich bcfchränft, ber Jhierforper wirb an Stitfftoffatemen, an ?eim* unb Eiweig*
geweben reicher.
5. Sie Stirfftofferfpamig finbet nid;t ihren vollen ^luSbrucf in ber (Gewichtszunahme,
tiefe beträgt in allen SeobachtungSreihen weniger, als bem ber Stirfftoffcriparnig gleich*
werthigen gleifchanfahc entfpriebt. Siefe Sifferenz ift fo zu beuten, bag für baS angefefcte
Stitfftoffgemebe anberc fti elfte ff freie Subftanz in größerer fleenge verausgabt werbe. Sa
bie Stictftofferjpamiü bei fettreichen Shieren eine gröbere ift, ba fie allmälig geringer
wirb in bem GJiage als bas Ihier mager wirb, unb nach gefteigerter Fettzufuhr wieber
von neuem hebeutenb fyervertritt, ift bie pppotfyefe eine berechtigte, bag währenb ber
(Glauberjalzzufufyr bie ftiefftofffreien Äorperclemente unb inSbefonbere bas Fettgewebe reid>-
lid;er umgefe^t werben.
6. 3n einzelnen Füllen wirb burd> bie (Glauberfalzzufufjr bie MuSfcheibung von
.ftpnurenfäurc veranlagt. Sa biefer Stoff nur feiten unb nur unter gewiffen, nodi nid>t
näher gefannten E r nä l; r un g S verbältuiffen ausgefchiebcn wirb, beftätigt bcffeit Auftreten
abermals, bag baS (Glauberfalz auf bie gefammte ©toffumfefcung einen wefentlid) alterirenben
Einflug übt.
Ser SJerfaffer hat vor einigen 3al;ren 4>erfuche an Sfienfcfycn angeftellt über bie
3$irhingen bcS ÄarlSbaber ®UneralwafferS (beffen .sSauptbcftanbtheil (Glauberfalz ift). Sas
wichtigfte Ergcbnig jener ltnterfuchungen war, bau burch bie (Einnahme bes Äarlsbaber
Saffers bie ^)arnftoffauSfReibung, alfo bie Stictftoffumfegung verminbert war. Sie in
tfarlsbalb gewonnenen tberapeutijchen Erfahrungen über bie rafche SRebuction anomaler
Fettanfaimnlung ftiinmen mit ben SRefultaten ber Unterfudmng über bie pbpfiologiuhe
Sirfung beS (GlauberfalzcS überein. 3um Sdiluffe erwähnt ned) ber 35erfaffer, baf} es
von Snterefie wäre, ®lauberjal$ in fleinen CGaben zu verfugen, wo es ftch um Eouier*
virung ber Eimeiggewebe ober um 3(uffpeicherung berfelbcn im Ihierleibe hantelt.
®irb einer Eommiffion zugewiefen.
fi. fi. ftei^sattßalt.
3?erfammlung vom 1. Februar 1864.
£)err !. !. SSergratf) Franz Witter v. pauer im Sicrfip.
Son Seite beS Perm f. !. p cf rat lies unb Sirectore 3B. paibinger werben
SDWttgeilungen vorgelegt. 6s werben ber Erinnerung an ben fürglid? (am 27. 3änner)
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verewigten großen (Ebemifer £ciitrid) 9^ c f e anerfennenbe Werte gewibmet. (Sin Schreiben
wirb vcrgelegt vom Jpcvrn f. rufjifd'eit Staatorath Vlbich aut 3ifiie an -Öerrn
Sirecter ©i. er nee mit wichtigen Siaduid'tcn über tic .spalbinicln iiertjch mit Jaman
am jd'maqen ©ieere, tic (Sinwirhnig ter Sd'lammvulcauc tafelbft in tcr ©eftaltung
tcr gegenwärtigen Vantes* mit ©ilürg*eborfläd'c, je wie über tic große Uebereinftiinnuing
mit ter 3ujamnienfcßmig ter Schichten tee Wiener iertiärbeefene. ferner einige leerte
über tie (Erwerbung tnvch Vermittlung tee £errn f. f. £berbautivectcre V. Siebener
in Snnebruct' een einer Partie 2 t. (Eajfiaiter s J. N etrefacteu, über welche nebft ten bereite
verbanbenen Vcrrätbcn mm £err Sr. ®. Vaube een Seplifc, gegenwärtig in Wien,
eine ^Bearbeitung unternommen hat.
&err f. f. Vergrath g. gcetteile machte eine SJtittbeilmig über tie miocenen
Jertiärbiltmigen im fütlid>en ©Jahren $wifcben Stifelsburg, ©ava, Ungatifcb*£>rabifcb,
Cftra, Strafduiiß mit Vuntenburg. VIit tie eecenen Santfteine bet ©iartgebirget unt
ter über S-trajicwiß, .Sebillj, Saip bit Siitcleburg reifen ten Vlutläufev tcefelbeit lehnen
ficb bei Äoftcl*ViUewifc ( Jjd;eitfd> bis ©ava (Ecritbienfchid'ten an, tie aud> am Cftrante
tiefer iertiär bucht bei Strafdmiß auftreten. Sie fint überall burch in großen ©taffen
verfemmente gefiilien, wie Cerithium pictum Bast., Mactra podolica unt Cardium
plicatum Eichw. charaftcrifirt. Sen ganzen antercu 5heil ter turd' tie genannten £rte
begrenzten Vud't nehmen Saut unt 3eget ter C^ongerienfchichten ein. Ser Saut tritt
nieift auf ten VI nb eben auf, wahreut ter Jegel, ter hier ausgetebnte Vignitlager ein*
fc^ließt, mehr in tetn ebeneren 2 heile verbreitet ift. Melanopsis Martiniana unt
Bou4i Fei*., fo wie jabh eiche (Seitgerien fint für tiefe Schichten bezeidment. Sie Vln*
heben bebeeft iibertiee Vöß, wäbrent in teilt flachen Vanbestbeile zwifebett tfanbthut, s Pru*
fchanef, SJtillotip, Vifewz unt s ))ifet lofer Siluvialfanb verbreitet ift.
.perr f. f. Bergrath g. gcetterle legte ferner eine' Suite von 11 ©{armer*
muftern in Würfelform, i'änge, Jpbhe unt Breite G 3vll, mit eine Seite pelirt, tie
anbereu platt zugehauen, vor, welche tie !. f. geologische Sieicbtanftalt als ©efri'enf zur
Vermehrung ihrer Vaufteimuufterfammlung von &erra Suftin Stöbert aut feiner
gen ©Jarmornieterlage erhalten hat, unt wofür temfeiben ter befonterc San! ter Vlnftalt
autgefprod;en würbe. CSt fint turchgebcnts ©tufter aus ten Steinbiüchen tee £>erra
Stöbert bei Vltneth in ten Vltnether Sdnd'ten mit ten Vithotentrcnfalfen, tie turd?
ihre mannigfaltige garbe fid' zu ten verfchietenften ©i arm erarbeiten eignen, unt aut ten
Vrücben am Untere berge bei Salzburg. Siefe ©iufter liefern neuertingt ten Veweis einer
äußerft großen ©iannigfaltigfeit von ©iarmorarteit, bereit fleh £Vfterreicb in ten verfdüe*
tenen fünften ter ©Monarchie erfreut.
(Einen anberen Seitrag zur Vermehrung tiefer Saufteinmufterfammlung verbanft tie
Vlnftalt ber gütigen Vermittlung tee $cmt Statthalters von Sftrien unb Jrieft, grei*
l;erm v. Äellertperg, burch 3ufenbung von 19 Stücf Vaufteinmuftem bet Sxiefter
©ebietet. @0 finb tl;eili? ©i arm er*, ti)eils Santfteinmufter. (Srfterc, aut ten Stubiftcn*
falfen ter Äreibcfcmiatiou von St. (Srecc nächft Jrieft, von Steppen, Steppen graute
unb Sleppentahor, geftatten eine auSgebehntc Vermenbbarfeit turd) il;re leiste unt gute
Searbettbarfeit, burch tie Vlnnaf;me einer fd;enen Politur, unt werten auch in Ürieft
nid)t blo§ zu ten gewöhnlichen Steinmeparbeiteu, fontem auch 3 U ar^iteftonifchen 3weden
unb felbft zu ©Jonumenten mit großem (Erfolge verwentet. $h Te geringen ©eftehungt*
feften am Crte ter ©ewinnung würben ibrt; Verwcntung felbft in größerer (Entfernung,
fogar in Wien geftatten, wenn tie biel;et zu fceteutenbe (Eifeubahnfracht tiefer nid't ein
4)intemiß entgegenfepen würbe. Sie Santfteine, aut ten (Eoceufd;id'ten tet SJeacigno in
ter unmittelbaren Stahe ter Statt Srieft gebrochen, finten hier zu ten gewöhnlichen
Sauten, zu ten Uferverficherungtbauten, zur S>flafterung ter Statt u. f. w. eine aut*
gebehnte Verwenbimg. Vluch i\)xm vieljühvigen ßorxefponbenten unb ©önner, ^)erm (Eon*
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tul (Kbmunb Sauer in Jrieft, berbanft bie Anftalt bie freunbliche 3 ufenbung mehrerer
ähnlicher Sauftcimmifter burch bie gütige Vermittlung beß &emt ©emeinberatljeß Sr. 3*
in Irieft, unter biefen ^eicfcnen ftch inßbefonbere bie Varietäten beß jchwa^en
SDJarntorß auß ben ©tcinbrücben ben Scopa auß, bie ftch bor allem $u ornamentalen
3 mecfen bortrefflid; eignen mürben.
£emt Sof. ©chwarß, SRiteigentbümer unb Stepräientanten ber Äcnigßberger
5 }Iüblftein*gabri!^gefellfd'aft / berbanft bie Anftalt SRufterwürfcl beß in Äonigßberg ge¬
brochenen iraibpteö. Ser Cuarjrcichthum, bie hieburd' bebingtc bcbeutenbe £ärte unb bie
^orofttät biefeß ©efteince eignen baßfelbe bezüglich $u bcm gebauten 3 toccfe unb bie
leiste ©eminnbarfeit an Crt unb Stelle gcftattcn eine wohlfeile $»erfteüung berfelben
unb machen bie Öoncurren^fäbtgfeit bieier -Bcül;lfteinc mit benen anberer Socalitäten un¬
gemein leicht möglich. Saß Vorfemmen bon poröfem Öuar^ bei Äonigßberg geftattet
aud? bie Anfertigung bon nari' frangöfifcbcr Art gufammengefepten SMüblfteinen, bie bann
burch ihre .öävte unb geringe Abnnpmtg fid> außjeichnen.
•Oerr goetterlc legte auch einen SRufterwürfet beß ^eiligen Gua^ee bon Slierjen*
ftein bei 3 wettl vor, ben bie Anftalt öerm k J>obifcb berbanft, berfelbe ift in feiner
©tructuT bent ^eiligen Quarte febr äbnlicb, wie er in granfreicb jitr ÜJiüblfteiner^eugung
bermenbet wirb, unb ee gelang »t>emi 3 cf epb Cf er mit großem (Erfolge benfelben $u
gleichen 3 ^ecfen 3 U berwenben.
Surch gütige Vermittlung ber f. f. ©dnoefelmerfßoenoaltnng 3 U Siaboboj in (Kroa¬
tien berbanft bie Anftalt $errn f. !. (Kcntroler Äarl Äacjuinßfw bie 3 ufenbung bon
Sertiärfoffilien bon Stabebcj, bie burch ihre bortrcffliche ©vbaltung ftd? auß 3 eichnen. Unter
benfelben ift inßbefonbere Mytilus Haidingeri Hörnes, Area diluvii Lam , eine Venuö-
unb eine ßarbiumart, fc wie bie Sefte eineß Ätebfeß ermäbnenßmertb-
£m* f. f. ©cbid)tmeifter (ibuarb £>inbafiett)icg gab eine Sarftellung ber Ver*
hältniffe beß (5r$borfcmmene am ©rünergattg in ©chemnty, welcher in jüngfter 3 rit
burd) bie Auffchließmtg reicher Crrgmittcl ein bebeutenbee 3 ntcreffe erregt h<rt- ©ang
fept in bem bon ben Bergleuten fogenannten ©rünftein (©rönftein) Strachpt auf, in
welchem, näher gegen ben ©aitg 3 U, bie £ornblenbc 3 urücftritt, tagegen aber Äiefe über*
hanbneljmen. Sie -Diächtigfeit beß ©angee beträgt biß 6 Älafter; wo ere^füfyrenb ift, ift
feine AußfüUungßutajfc auß aufgelöstem ©riinfteintrachpt beftebenb, mit bem Siebengefteht
berwaebfen; in ben erliefen ^artieen bagegen ftnb febr oft beutliche unb anßgebehnte
SRutfchfiacben 3 wifd>en beiben borhanben. Saß (Krjbcrfomtnen ift in bem norbfüblich ftrei*
c^enben ©ange auf einzelne liefen (@r$fäulen) bertheilt, welche üd) entlang einer unter
etwa 20 ©rab bon ©üb gegen Storb ttad; abwärts geneigten Sinie aneinattberreiben.
Srei berartige bebeutenbere liefen würben nun am feebßten £auf beß SJtaria öimrnel*
fabrtßfchachteS, 250 Älafter bom ©eracht entfernt, angefahren.
•t)en Äarl *J)aul febilberte bie Äalfgebirge ber flehten Äarpatfycn, beren geclcgifc^e
Aufnahme er im tfaufe beß berfloffenen ©ommerß burd'geführt hatte. Siefelben bilben
ben norbwcftlicben 2 heil beß ganzen ©ebirgeß, befien füböftliche Partie aus frpftaDinifchen
©efteinen, jhonfdnefem unb Cuar 3 iten beftc^t. 3 nt ncrbweftlid^en iheile taffen ftd> fehr
beutlich brei bon ©übweft nach 9torboft ftreichenbe Büge unterfcheiben: 1. Ser füblicbe
Äalfgug, bon ^)ernef biß 3 unt ©albarienberg bei Smollni^, er befteht bon unten nach
oben auß Äoffener Schichten, bunflem ?iaßfalf, l # iaßfanbftein, ber in ein 3 elncn Varietäten
ben älteren Cua^iten täufchenb älmlid' wirb, unb Surabilbungett; 2 . ber 3 ug ber
rotl;en ©anbftcine unb VMaplwrc (jHcthliegenbee), bei Vi^erat, ncrboftlich bon Äuchel
beginnenb unb fortftreichenb biß 311 m ©übfnß ber Oerna ©falu unb beß Stachstl)urn;
3 . ber norbliche Äalfsug, gebildet burch baß weiße ©ebirge, ihm fehlen bie ?iaßfanbfteiue
unb 3 urabilbungen beß füblichen 3 ugeß, bagegen ftnb barin untere Äreibefchichten in ber
gorm »on lichten unb buitflen Äalfett, bann bon Solomiten mächtig entwicfelt.
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(Sine Vergleichung biefer ©ebilbc mit benen ber bei Sien plc^ltch abbrecpenben
SUpenfalfgcitc, alß beren gertfepung ftc häufig aufgefajjt mürben, jeigt viel mehr Gen«
trafte alß Analogien, namentlid) ift in biefer Schiebung baß gänzliche gehlen ber bet
Sien fc mastig unb fc cparafteriftijcp entwitfelten 2riaßbilbungen unb beß .pauptbclo*
miteß bemerfenßwertp.
perr «Jpeinricb elf machte eine Siittbeilung über bie 2 ertiärfibid>ten im Cber*
üteutraer Gontitate. Siefelben ftnb in bem Jerrain eutwicfelt, welcpeß $wifcben bem 3ug
ber Karpatheufanbfteine, von ^>olic unb Sfalic in SRäprcn biC* gegen Saag*!fteuftabtl in
Ungarn unb bem 3^9 beß Vrjejowa unb 9tcb$egebirgeß liegt. Sie Sanbfteiite, SJiergcl
unb Gonglomerate biefcö ©cbitgcß mit ihren nteift ftarf geneigten Sihid'teu waren biß»
ber grctjtentljeilß ber Gocenformation ^gerechnet irerben. Öen- Seif entbeette aber au
vergebenen Stellen, fe am «praftni Vrch, 3ibowßfi Vrch, 3 U i>raßnif, Gprcpew, 9te*
pow u. f. w., theilß in ben genannten Steinen, tpeilß auch in Vergeht ft eher neegene
9>etrefacten, entfprecpenb jenen ber marinen Stufe beß Sinter Vccfenv, unb mar baburep
in ben Stanb gefept, eine viel wettere Verbreitung ber letztgenannten 'Scpicptengrupve
nacbjumeifen.
,£err Sofepl) [Racpop gab eine Schilberung beß Steinfchlenbcrgbaueß 3 U £11113 in
Jtiebercfterrcich, ben er im Vergangenen Sommer feinten 311 lernen ©elegenpeit patte.
Sic Kcblc ift im Sanbftein eingelagert, ber von lieptem belctnitifcbem Äalfe begrenjt
wirb. Gine benfelben begleitenbe Schiefertpcnfdncpte im Jpangcnten beß Äcblenflopeö ift
tetep an ^fla^enabbnttfen, meift Pterophyllum longifolium, Pecopteris Stutt-
gardtensis unb Equisetitcs columnaris. Sic Sd'icptcn gehören baper bem Sanb*
fteinguge ber oberen 2riaß. Sie Kehle tritt pier mit einer iRäcptigfeit von 3 biß 4 gujj
auf unb ift auf eine bringe von ettva 280 Klafter aufgcfcploffen. Siefclbc ift von vor*
3 Üglid;cr Qualität. Sie monatliche Grjeugung betragt gegenwärtig bei 1500 Gentner im
SRonat. .£>err SRacpop brüefte fdüieülid; noep $)errn V erg vermalter 3cp. Dtieger feinen
befonberen San! auß für bie ihm bei feinen Arbeiten freunblid)ft gemährte Unterftüpung.
&err t f. Vergratb gr. v. Jbaucr legte baß 9Rebef( beß Vraunleplenflcfceß von
Sorpeim in ber Setterau, ein ©efepenf beß £)erm SRubolph £ubwig auß Sarmftabt
$ur 9lnftcht vor. Saßfelbe ift nach ben ©rubenriffen ber vier bort beftehenben $lbbauetagen
gefertigt. Saß £iegenbe bilbet Vafalt, baß .pangenbe bafaltifchev £cpm; bie Unterfeite
erfepeint alß menig gemellte gläd;e, bie Cberfeite bagegen ift burep jcptnale, langgeftreefte
vielfach ver 3 meigtc Grpöpungen außgejeiepnet, welche gait 3 auß erbiger Sorftohle beftepen
unb nach Submig an bie 3lnfcpmellungen erinnern, welche auf .frechmocrcn von Sppag»
num gebilbet werben.
Seifer janbte £err £ubwig einige goffilien auß ben digocenfcpicptcn bee 9Diain$er
Secfenß, barunter inßbefonbere eine neue 9 )teropobenart, von ihm Tentaculites maximus
benannt.
Von £)emt 9R. g. Simettinger, fürftlich Siecptenftein’fcpem ^Bergingenieur in
3Räprifch*2vübau, erpielten mir eine für baß 3abrbucp ber f. f. geologifcpen SReicpßanftalt
beftimmte mieptige 9(bpanblung über bie Keplenablagerung bei ÜRährifcp*2rübau. Siefelbe
gepört ber Kreibef ermatt on an, welche cftlicp unb meftlid; ben befamtten, norbfüblicp
ftreicbenben 3 totpliegenb 3 ug, ber auß bem weftlicpen 'JRäprett naep Vöpmen pinein fort*
fe^t, überlagert. Sie Äreibefcpid^ten im Sftcn unb Seften biefeß 3ugcö correfponbtren
vollftanbig, ipre tpeüweife 3crftörung pat baß SRctpliegenbe blo^gelegt. 33eiberfeitß finben
ftep bem entfprecpenb auep bie Kohlenflöze, bie in Scpieferthcn über bem üuaberfanbftein
unb unter bem ^Mänerfanbftein eingebettet ftnb. Setailprofile ber einjelnen 33aue erläutern
näper bie Slrt beß Vcrfommenß.
9tocp tpeilte £err v. ^)auer auß einem Scpreiben, weld.>eö er von $errn 3<. 33xel^
in ^ermannftabt erpalten patte, bie neueften geologifcpen SJeobacptungen beß le^teren auß
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ber {üblichen hpftaHinifif>en ©renzfette Siebenbürgen mit. 3n bem füblid;ften Steile beb
'Wühlbacher ©ebirgeb entbecftc berjelbe ben ©ranitftecf, non bem bie befannten großen
Blocte tm 3 ibin>, 3 ^obt=, l'ctno* unb OTüblbacbflufie flammen, unb machte feine $lub*
bebmtng auf einer Äavtenjfi$$e crficbtlid'. Sie Spifcen bes *)>aricgulgebirge 6 befielen au»
®limmerfd?iefer unb imrnblenbegeftcinen; ber Serpentin im 3»j*ptbale finbet fidj in
grcper ÜJlenge unb fronen, bem fädjfifc^en Serpentin ähnlichen Varietäten im ifyale
etmaö oberhalb beb genannten Srteb.
tömralwrfaininluni} 2»e$ Ijtfiarifdjfn Ufrrins fflr Äitrnten.
^Int 28. Sanner 18f>4.
Siefelbe ercffuete alb ^rafebftelloertretcr ber !. !. Sberlanbebgcricfytbratb 9JJ. g. n.
3aborneg*2lltenfelö mit einer furzen Stnfprad'e an bie Verfammelteit, mcrauf ber
Vereinef ecretär hinten Witter o. ©allen ft ein ben fttectwnfcbaftbbericbt über bie im »er*
Tlcffenen Sabre entmicfelte äbätigfcit mtrug, aue welchem mir nacbftebcnbe Säten ent*
nehmen: Von mehr ale localer 'ISichtigf eit ift bie gcrtfetmng ber Verausgabe beb'Jlrcbio eö
für naterlänbifcbe ©efdücbte unb Jcpcgraphie, nun bee achten Stfbrganges, unb bee bnrch
ben Job beb greiberrn ©ottlieb o. ?luferehofeit unterbredvnen „Vanbbud'eb ber ©e*
fchichtc beb Verzogthums .Samten bib ^ur Vereinigung mit beit cfterreid'ifcben Surften*
tbümern", weldrnr letzteren Arbeit fid? Sr. .Wartntamt iangl mit unermübetcm ©ifer
unterzieht, fo baf} unb bab ©rfcbeinen einee ^weiten Veftes in nid't ferner 3^'it in Äub*
ficht geftellt mirb. Leiber mußten mir bcrnehnten, bat} ber Stiftbcapitulav unb 'Profeffor
Beba Schroll, meld>er bie Bearbeitung ber ^eriobe ber Äamtner Herzoge aub bem
Vaufe Spcnfycim zufagte, in geige feiner anbaueruben .Sränf liebfeit unb feiner umfang*
reichen Berufbgefchäfte fich ocrlänug nur auf bab Siplematar beb Stiftet? St. <paitl, eine
für ben genannten 3 eitabfcbnitt fo mid;tige Quelle, befd;ränfen tann. Sirector Sr. ©eorg
©öth in ©raz unb 'Prof. Sr. .Sarl griebrich Stumpf in Sunbbrucf mürben 311 (Sbren*
mitgliebem ernannt.
Drntf^^i|bnf^(r flrrrin in töiflpjten.
Sn ber Slbtbeilnng für ©eegrapljie, Statiftif, Vanbel unb ©emerhe mürbe bab
Programm angenommen, melchcö alb Sichtfc^nur für ben Subalt unb bie ^lubbehnung
ber ferneren SBirffamfcit biefer Slbtheilung im Aufträge berfelben oon einem Sonbcraub*
fdniffe aubgearheitet morben mar. Sab Programm bezeichnet oor allem bie Slrbeit, miefie
im Vanbel unb ©emeibe zum ?lubbrucfe gelangte, alb bie oornefunfte ©runblage, auf
welcher fiel) bie ©efdnd;te ber Seutfchen in Bef;nteu aufbauen müffe, unb erachtet eö
baher alb nctl;menbige Aufgabe ber 5lbtl;eilung, ftd; zur Erlangung beb erfcrberlichen
Stcffeb an bie Vanbelttfammera unb ©emerbeoereine, an bie ©rcjjinbuftiieflen unb Berg»
merfeinbaber ober Leiter, ferner an bie früheren Snnungen, 3 ünfte unb gemerblid?en ®e*
noffenfehaften 311 menben, bamit biefetben bie ihnen 311 ©ebote ftehenben Behelfe einer
gefd?idrtlid;en Bearbeitung beb «fmnbefb unb ber ©emerbe in Böhmen entmeber in ber
Urfd;rift ober in beglaubigter Slbfcfyrift bem Vereine zur Benützung einfenben.
itrant**rUijfc*r lUHtrUur Dr. feepolb &4n»et|pr* Dnufcmt Her lu «Mener Jeftttif.
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Ueöerjtd)t$tafeln $ur Statiftif der öfterrei^if^en 9ttoitord)ie
für bte Sake 1861 unb 1862 .
(^eiaitögcgebeit vou fcev f. f. ftatiftifcben CSentralcommiffion. $8ien 1863.)
S. Sie 'Publicatieiten faft aller amtlichen Vureaujc für ©tatiftif, welche fd;on
feil einigen Sa^rjebnten befteben, haben in ber jüngftcn 3eit burcbgreifenbe Slbän*
bentngeu il>ver gernt, wie ber gerieben bes Grfd;eineus erfahren. -Mentl;alben be=
tätigte fid; ein ertiftes ©heben, bas raid; aufblül;eitbe feciale nnb nationatöfono*
mifche Sehen beö Staates aud; int Diabmeit ber ©tatiftif als getreues ©hiegelbilb
wiebequgebeu uub eS genügten jene allgemeinen, eben nur bie wid)tigften Säten
barftellenben Safeltt nicht mehr, wie fie ben befebeibeneu wiffenfcftaftlic^eu nnb ab*
miniftrativeit Slttforberungen ber breifeiger unb riesiger Sabre geboten würben.
Sie ©tatiftif erfannte ihren SBernf, uub in bent fOlafee, als bie an fie, bie bewäfer*
tefte Duelle volfswirtl;ichaftlid;er unb ftaat 3 männifd;er Äeuntnife, geftellten «ragen
wud>ien, fteigerten fid) and; ihre Ülnftreugungen unb Seiftungen, fie 30g ftetS neue
Dbjecte in ben Äreis it;rer «evidumg unb ging mit biefer ftetS ntefer in§ Setail.
©0 erfreulich aber biefer Aovtid'vitt war, fehlte ihm bedb nid;t bie ©Ratten*
feite. Sie ^ublicationen ber Bureau; - erweiterten fid) unb würben Dollftäitbiger,
bed) blieben fie mit ber Veröffentlichung and; met;r hinter bent 3eitf'unfte ber Gr*
feebuttg 3ttrücf. Unb bies ift gattj erflärlid;. Senn mit ber gtünblicfeeren Vearbei*
tuitg, mit bent Gittgefeett in Giitjelnljeiten unb Setailö ftieg aud; bie 9 )iül;e ber
Grbcbuttg unb Verarbeitung, io wie bie ''Prüfung ber von ben Uuterbefeörbett gelie*
fertett uttb häufig an ber Duelle felbft anfgefiicbten Eingaben, welche itt Dielen gälten
nid;tS weniger als bereitwillig ertbeilt würben. Sie Gorretpettbenj 3m Veifdjaffuttg
beS ÜJtaterials hob fid; in ungeahnter Sßeife unb was baoon einfant, war nur ju
häufig wenig 31t brauchen, benn bie oermittelnben Drgane entbehrten für neue 9 lr*
beiten ber ©adtfettnhtife unb Uebuttg, fabelt wohl auch bie ihnen neu aufgelegte
Slrbeitslaft nicht immer all^u freunblid) an, unb fo erwiefen fid; ifere Seiftuugen in
bem Grabe mangelhaft, bafe beten Prüfung unb Wichtigftellung mehr 3 eit in Sin*
IVrud; nahm, als wäre bie ©ad;e neu gearbeitet worben SÖirb bieju betrachtet,
bafe baS fOtafe ber in ben Gentralbureaur verfügbaren Äräfte nur fetten mit beit
gefteigerten Slnforberungen inS richtige Verbältnife geftellt würbe, fo wirb baS feit
etwa einem Sahvjel.mt allgemein benterfbare 3 uvücfbleiben ber Veröffentlichungen
nid;t befrentblid) fein.
Sutd) folche Verfettung aber würbe wicber ber Sertfe beS Gelieferten, bie
Venüfebarfeit wefentlid; geminbert, um fo mehr, als bei beut allgemeinen Vebütf*
niffe nach ftatiftifcben 9 lufid;lüffen privataibeiten ben amtlichen Verid)ten unb Safeln
1884. ¥anb M. 16
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226
Berfamen, ja nid)t feiten einen Stfyeil beb Bürc^eriditeten Ptaterialeb Borweg gu neb=
men mußten. ©iefer Uebelftanb würbe eon ben ftatiftiidjen Scherben felbft in
feiner gangen Schwere gefüllt, unb fo fam eS in ber neueren 3eit gu ben einge»
führten Slbänberungen, gu einer 21 rt ©heilung ber Arbeit, bei ber man fid; be=
müßte, bab widjtigfte ber ftatiftifcßen SBerüjfentlichungen rafd; ans gießt gu förbern,
ben Bollen Duellenapparat aber erft fpäter folgen gu laf|en.
3Son biefem ©cbicfiale finb auch bie ftatiftifdjen Publicationen beb ganbeb,
welkem ber gewiegte Beuge ©ebeimratb Schubert im Sabre 1857 baS 3eugniß
gab, „baff eb gegenwärtig in feinen ftatiftiidjen Arbeiten baS Srefflidjfte leifte, wab
man überhaupt in (Europa befiljt", ift Defterreich um fo weniger frei geblieben,
al8 bie im Sun ent beb ÜReicbeS gcfcbebenen ^Reformen unb Umgeftaltungen gewal*
tiger unb burchgreifenber, alb in irgenb einem anberen ©ulturftaate erfolgten, t)ie=
bureß aber ben ftatiftifdjen ©rßebungcn größere .siinberniffc alb irgcnbwo erwucßfen
unb Slbfdjluß unb .ftinauSgabe ber großen ftatiftiidjen Stufein Bergögerten. ©ab
SBureau felbft aber Beridjloß bie l’lugen am wenigfteit Bor bem Schaben, ben biefe
33erfäumniß brachte, unb fdion im Sabre 1850 traten, um bie Grrfjebungen wenig»
fienb in ben ^jauptrefultaten fdincUer anb 'Publicum gu Beriuitteln, bie „Ptittbei»
lungen aub bem (Gebiete ber ©tatiftif" inb geben, ©iefe 3citfdjrift tjatte bie 2fuf=
gäbe, tßeilb fürgere, ber ©egenwart moglicbft nabegerücfte ©arftellungeit ber wicß=
tigften ftatiftiidjen Ptomente beb ©taatblcbenb, „ftatiftifchc Ueberficßten", gu bringen,
Wie bergleicßen and) 1850, 1852 unb 1855 bib 1856 erfdjieuen, tßeilb eiitgelne
Partieen ber ©tatiftif nach ben gu ©ebote ftehenben ©etaileorlagen alb Piono»
grapfjien wiffenfcßaftlich gu beßanbeln. ©ie (fadjfchrift, allenthalben mit Jßeilnabme
begrübt, gebieß bib gum 12. Saßrgange unb brachte eine grille wertfjBoller Slrbei»
ten, bib in neuefter 3eit äußere Umftänbe ißr ©rfcßeinen, wenn nicht fiftirten, bodj
auf ein geringfteb PJaß ber Sogengabl einfcßränften.
Um fo mehr war eb bab ©treben ber nach länger anbauemben fBorbcratßun»
gen bureß bie Slllerhöcfjfte ©ntfchließung oom 31. Sänncr 1863 ins geben gerufe»
neu f. f. ftatiftifchen ©entralcommiffion, biefer wichtigen Aufgabe ber ©tatiftif,
fßefcßleunigung ihrer Publicationen, gerecht gu werben. Sn ber ©ißung am 1. Ptai
B. 3- iprath fich bie ©ommiffion bahin aub, neben ben auch in ßufunft in Pe»
rieben Bon je 5 Saßren ßerauSgugebenben großen Stafeln Born Sahre 1864 an ein
ftatiftifcheb Sahrbuch abfaffen gu laffen, weldteb ben ©taub unb bie ^Bewegung ber
ftatiftifcß erfaßbaren Buftänbe Defterreichb für bab jeweilig BorauSgebenbe ©onnen»
jahr enthalten tolle, ©a auf biefe 2trt bab erfte 3ah r budj bie ©rgebuiffe beb
3ahreb 1863 begreifen wirb, ber le^tveröffentlichte 33anb beb großen Jafelwerfeb
aber bib gum ©ißluffe beb Sabres 1859 unb bab ftatiftifchc .JÖjanbbüchlein bis gum
3ahre 1860 reicht, fo fprach fidj bie ©entralcommiffion in ber gleid;en ©ißung
für ^Bearbeitung unb UluSgabe eines UebergangbhefteS aub, welches bie ©aten ber
Saßre 1860 bib 1662 in möglichfter Seflftänbigfeit enthalten unb auf biefe 2lrt
bie gücfe gwifdjen ben früheren publicationen unb bem 1864 erfeßeinenben 3aßr*
Buche aubfüHen foöte.
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227
Sieie Arbeit, und) bent plane unb ber gorm beö fünftigen Sahrbucbeß, liegt
mit bi'u angegeigten, 475 Grofsoctaofeiten ober 30 Srudbogett umfaffenbeit „lieber
fidjtßtafeln " uor, welche in ber grift eines tjalben Sabres feit geftftellung ber gor*
mnlare guftanbegebraebt mürben. Siefelben enthalten: Bewegung ber Seoöfferung,
Git'il* unb ©trafreditßpflege, (Rechtspflege in Ungarn, lanbwirtt>fchaftlicbe Probuc«
tien unb Siebftanb, Piontaninbuftrie, gewerbliche Snbuftrie, Jpanbel, Straffen* unb
SBafferban, Gifenbabnen, Sampfichifffabrt, ©eefdnff fahrt, Poft* unb Selegrapt)«n,
Sanf* unb (irebitinftitute, ©parcaffen uitb Serfid)erungßanfta(ten unb enblid)
ginangeermaltung, welche für ficb allein nabegu bie .spälfte beß Sucheß füllt. Sie
(Rebaction mürbe, nad) ber Semerfung beß Sorworteß, non bem Grunbfajje gelei*
tet, bei bem SSecbfelfalle, entmeber ber SSollftänbigfeit l;alber bie Aphtaußgabe ber
Ueberficbtßtafeln gu üergögerit ober biefelbe mit Apinweglaffung einiger (Racbweifim*
gen für bas Sabr 1802 noch im laufettben 3afre (1863) möglid; gu machen, bie
Untere Grwäguitg entfdpcibenb gu nehmen unb mini baher nur einen Sljeil ber
9tad)wcifungeu biß Gitbe 1862, mäfireitb fie bei anbereu mit 1861 abfcf)liefjt.
Saß gleiche Piotii' mar bei einem Jbeile bes Sn^altö infoferne maffgebenb,
al§ mehrere 5Rad)meifungcn auf bie ftatiftifdjen Grgebniffe beß beutfch=flaoifch=italie=
niieben San bergebietes befchränft unb Ungarn, Siebenbürgen unb Groatien=@laDo*
nien in benfelben auffet Setvacbt gelaffen mürben. Gß ift nidjt gu gweifeht, baff bie
blanfe Unmögliddeit, begüglid) ber ermähnten Sabre bie Säten für bie ungariid)cn
Sänber gu erhalten — in melden leiber mit ber (Rüdfefw gur alten Autonomie jegliche
in ber 3'uifdjengeit burdfgeführte 9lnorbnung ot>ne meitere Prüfung il>r Gnbe er*
reifte — ber Gtunb gemefett ift, fo midjtige partieen. mie Sepölferungßbewegung,
©parcaffen, Glcniß uitb iudteidjulen biefer Sauber im Suche fehlen gu taffen. Sod)
ift biefer SOiangcl f)üd)lid) gu bebauern. Senn abgefeben, baß and) bie grünblid)fte
SSefjanblung einzelner 3meige, menn fie nicht baß gange (Retef) umfaßt, bod) nur
©tüdmerf bleibt, fo giebt fie ilnlnf) gu nid;t unbebeutenben 3)(i§griffen. 3ft eß bod)
bem tenntniffreicfyen grangoien Segopt miberfabren, in feiner „Emigration euro-
pdenne“ bie für bie beutfd)=fla»ifd)en Sänber ber (SRonardbie in ben ftatiftifd)en
Safeln naebgeroiefene Slußmanberergal)l mit ber gangen Ginmobnerfumnte oon 36
Millionen gu »ergleidjen, auf biefe 9lrt aber gu völligen 2.rugfd)lüffen gu gelangen
unb ben SLiertuft bes Sanbeß, befonberß in ber 3rit ber Sßanberluft 1853 bis
1856, meit gu untertcbäjgen. Um io näher liegt bie Gefahr oon gef) (griffen bei
einem Suche, baß nicht für Gelehrte allein, fonbern für baß grofje publicum be*
ftimmt ift. Siefes tann mehrfach bitrdi Biffern, me läge nur für bie eine Apälfte beß
(Reidjeß gelten, »om Sefdjauer aber für ben Slußbrud beß Gangen genommen mer*
ben, gu falfdjen 2lnfd)auungen gelangen, bie bann, menn aufgetlärt, in menfd)lid)er
©cf)Wäche nicht bet eigenen glüchtigfeit, fonbern bem Suche gur Saft gelegt merben.
Gß feilte baljer jebe Äraft angefpannt, jebeß SJiittel »erfud)t merben, bei allen mid)*
tigert partieen ber ©tatiftif (Rachweifungen für baß gange (Reich 3 U bringen. 3ft
ja hoch bie ftatiftifdie Gcntralcommiffion burch ihre Bufammeitfehung eine ber
wenigen Sehörben, welchen eß gegeben ift, bie geloderten gäben bieß* unb jenfettß
16 *
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bet 8eitha ju einigen, ju erfprie!li<hem 3ujammenwirfen ju terbinbett. @8 ift je»
bod) alle 5Äu8fid)t torljattben, baf; tbr Sieb gelinge uitb ihre Stiftungen auf biete
9Crt ben glangenben ©tanbpunft einer baS gange ffietcb umfaffenben ©arfteHung
behaupten werben, ju bem fie fiep feit ber fSJiitte ber Vierjigerjabre immer mehr,
unb mit ben Safeln 1851 gur gveube aller gachmänner fällig erhoben.
©eben wir nun auf bie einzelnen 311'fdmitte ber UeberfichtStafeln über, fo be=
gegnen wir faft ebne ^luenabnie tüchtigen Stiftungen, ba§ altangefebene Snftitut ber
öfterreid)ifd>en ©tatiftif ebreitb unb ton ber Verjüngung Seugnif; gebenb, bie e8
burcb bie Schöpfung ber ©entralcommiifion erfahren bat.
©ie Bewegung ber Vetölfermtg (Srauungen, ©eburten unb ©terbefälle) ift
nach ben tortrefflid;en, feit 1851 burcbgcfübrten Schemen gearbeitet, weld;e, wie
ju erwarten ftebjt, in ber ttaf>e beoorftehenben Verfantmluitg ber beutfchen amtlichen
©tatiftifer ju ©armftabt neue Slnerfenmmg auch außerhalb ber öfterreicfjifdjen
©renjen finbeit werben. ©8 würben in ber fDionarchie (mit SluSnabmc Ungarns,
Siebenbürgens unb Groatien»SlatonienS) im Sabre 1860 190.224, 1861
189.058 Paare getraut, bie 3ctb)l ber tebenb ©eborenen betrug 1860 845.882,
1861 857.441, terftorben finb im erfteren Sabre 612.702, im lefcteren 682.736
perlenen. ©iefe Salden bieten namentlich in ber Vergleichung ber ©rgebniffe frühe»
rer, in ben ftatiftifchen Safeln burcbgefübrter ©attre SntereffanteS. Sie Stauungen
beS SänbercomplejreS geigen feit bem Sabre 1851 bie Senbenj jur Abnahme, in»
bem bie junehmenbe Sheuerung, ber fteigenbe SuruS immer mehr »om Slbfcbluffe
beS ©hebanbeS abhält, ©iefe Abnahme ift aber nicht fo intenfio, um nicht burch
anbere ©inwirhmgen unterbrod;en ju werben, ©o beb ficb bie SrauungSjiffer im
Sahre 1856, nach beenbigter ©bolerafeuche, um 41.000 getraute 'Paare unb blieb
auf bem 9fioeau jwifcheu 180.000 unb 190.000 jährlich eingegangener ©ben burch
brei Sahre, bi8 fie mit bem ÄtiegSjahre 1859 auf 160.000 herabfanf, im itäcbften
Sahre aber mit befto intenfioerem -Sprunge baS Verjäumte nad^juholen fuchte. Sie
©eburtenjahl fteht in beiben Sahren ntebriger als in ben brei oorauSgebenben, wo
fie gegen 870.000, im Sahre 1859 fogar 910.000 erreichte unb fiep auf biefe Ülrt
als baS nicht fchon im unmittelbar folgenben Sahr erfcheinenbe fRefultat ber ge»
mehrten Stauungen herauSftellt. Sn ben ©euchenjahren felbft ergiebt fich ber ©in»
flufi f e h r erheblich, bie ©eburtenjiffer ging in ben Sahren 1856 unb 1855 auf
787.000 unb 698.000 jurücf. ©ie 3ahl ber SobeSfätle ftellt fich Sahre 1860
günftig unb nur baS auf bie ©holeraperiobe folgenbe Saht 1857 geigt mit
609.000 ©terbefällen eine noch geringere 3iffer. 1861 bagegen beziffern fich bie
Verftorbenen am häuften unter ben fieben oon ba jurücfoerfloffenen Sahren unb
erft jenes ton 1855 überwiegt, in welchem 927.253 perfonen, barunter 204.998
an Seuchen unb 176.398 an ber ©holera ftarben. ©ie beiben im Vuche behan»
beiten Sahre bagegen finb faft töllig feuchenfrei unb inSbefonbere fielen ber ©holera
1860 nur 171, 1861 nur 186 Snbioibuen jum Opfer.
©letch »ortrefflich ift bie ©arftetlung ber ©ioil» unb ©trafreddSpflege, welche
bie ©rgebniffe ber Sahre 1860 bis 1862 enthält unb im Anhänge auch bem
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229
©tatiftifer fw<hft wiHfomntene ©intheilung bet ungarifchen ©erichtSbarfeit nactj ©o*
mitate=, 33tcegefpanö=, ©tuh(=, ©egirfö= ober S>iftrtctö= mtb ©tabtgerid)ten, ihre
$lgenben iit ©tBil= unb ©trafjadjen, baS SSaifenoermögen unb bie Bett bet tönigl.
©erichtS» unb ©eptemoiraltafel geköpften Urt(teile nad) ben bem ungarifchen
Strafrechte entnommenen Kategorien bet ©erbrechen unb Bergenen auffü^rt. ©ie
©arftellung bet Strafrechtspflege in ben nid)tungarii(^en Sänbem ift nach ben treff=
liehen, feit 1856 in ©ebraud) ftefjenben Formularen gearbeitet, welche ein ungemein
intereffanteS ©ilb biefeö BweigeS ber Ülbminiftration bieten. SBäre für bae in gleicher
Form gu erwartenbe Bahrtuch noch etwas gu wünftfyen, io möchten wir eine ©on=
berung ber ©erurtheilten nach ben einzelnen ©erbrechen unb ©ergehen in ben
©ubrifen nennen, welche bie Safeln jummarifch unb nad) Sänbern unter ber 2luf=
fdjrift ,,'Periönliche ©ertwltniffe ber ©erurtheilten" enthalten. ©S ift non fwchftem
Bntereffe, gu erfahren, baft unter bet Bald ber ©erbreeber in jebem Bahre ber
lebige ©tanb weit überwiegt, bei bett ©ergehen aber bie ©erheirateten unb ©et*
wittweten um mehr a(S bie Hälfte ftärfer al§ bie Sebigen fich betheiligen; bafj bei
©erbrechen 5, bei ©ergehen 6 männliche ©erurtheilte auf ein weibliches Bnbinibuum
fallen; baft ber ©tanb ber ©ewerbSgefeden, Fabrikarbeiter, Juglöbner unb ©ienft*
leute faft */, ber ©erbrechen im ©angen begeht, währenb non ben ©ergehen nur ber
tierte Üfrit auf benfelben entfällt; bah bie Baff ber ©erbrechet, welche beS SefenS
unb ©«hreibenS hmbig finb, gegen jene ber ©erurtheilten ohne ©chulbilbung nur Wenig
gurüeffteht, bei ben ©ergehen aber fie um naftegu >/ 4 übertrifft u. a. ©och lef)t=
reifet wäre eS aber, biefe ©erhältniffe bei ben einzelnen ©attungen ber ©erbrechen
unb ©ergehen nerfolgen gu fönnen. ba fich nicht gweifeln (äfft, baß fich ©efchlecbt,
9tlter, ©efchäftigung bei ben eingelnen ©efeßoerlefcungen hö<hft charafteriftifch gruppiren.
©ie 3)?ontaninbuftrie bringt gleichfalls auS allen brei fahren fchäßenSwerthe
©aten über bie Ausbeute ber ärarifchen unb ^)rioat=©erg= unb £üttenwerfe fämmt=
lid;er ©eichSbeftanbtbeile. SBit erfahren batauS, baff baS ©rträgnif ber ärarifchen
SBerfe in ftetigem ©üdgange begriffen ift, jenes ber ^rinatwerfe aber rafd) anfteigt.
©ie erwünf<hlid>c ©onberung ber ©rgebniffe nach ®erg= unb $üttenprobuction wirb
im Jahrbucfc plaßgreifen unb ben SSerth ber ©aeproeifungen noch erhöhen.
©iit ber gewerblichen Bnbuftrie gelangen wir gu einer Berwunberlichen Partie
beS ©ucheS. ©ei bem Bntereffe, welches bie gewerbliche Sfätigfeit, neben ber üanb=
wirthfehaft bie wichtigfte ©innahmequeUe beS ©taateS, in tünfpruep nimmt, nerbient
bie Snbuftrieftatifti! ohne Frage bie eingehenbfte ©ehanblung in einem ©u<he,
welcpeS als getreues ©ilb bet ©runbmaebt beS ©taateS gelten fott. Statt einer
folgen fittben wir — ein ©latt mit wenigen ©otigen über ©übengucfer=, ©ier=
unb ©ranntweinfabrication. ©aß eS bem ftatiftifefen ©ureau an trefflichem ©late=
rial für bie Bnbuftrieftatiftif nicht fehlt, hat ber öfterreid)ifd)e Katalog unb ©ericht
gut Ponbotter üluSftellimg erwiefen, beren mufterhafte Ginleitungen unb ©laffenföpfe
als erwünfehte Quellen oft benüßt worben finb. Um fo beftembenber ift bet 3luS=
fall in ben „UeberfichtStafeln". Sag für bie behaubeite fPeriobe wirtlich nichts Bor,
fo mu^te bie Partie eben wegbleiben, wie SlnbereS wegblieb, g. ©. bie ©eoölterung,
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»eil e8 ebenjowenig angegeigt »ar, bie befannte Bählung »on 1857 »ieber abgu*
brucfen, a(8 eine Seoölferung für fe<b§ Safere fpäter gu berechnen.
Sffiir haben e8 abficbtlict) unterfaffen, tae gleicbgeitig »otlcnbete pteufjifcbe Jahrbuch
ber ©tatiftif gum Vergleiche berbeigugiet)en. ©er rerfd)iebene ©runbcbarafter beibcr
Sßerfe, »on weiten ba§ öfterreichifchc eine nach feftgeftetlter (form wieberfehrenbe
©arftellung after ftatiftifcb »tätigen Momente, bae preufnfcbe aber eine jährlich
fortfd>reitcnbe Sehanblmtg beö auf mehrere Sabre oertheilten (Stoffes ift, ocrwehrt
foldhe ©egenüberftellung. Sei bem 3lbfd?nitte „3nbuftrie" aber »ürbe eine folche
Vergleichung faum gu ©unften unfereß BudeeS auöfaUen. Sngmifcben geben
bie Vorarbeiten ber ©entralcommijfion, bie Bearbeitung neuer Formulare für bie
$anbel8fammern gur ©rgieluitg ber ©leicbartigfeit ihrer Berichte, gegrünbete .spoff*
rantg, baft bae Saferbucb für ben bisherigen SRangel üotlauf entjd;äbigcn »erbe.
@8 würbe ben une gugemeffeiten (Raum »eit überschreiten, bee »eiteren reich*
Kdhen unb trefflichen SnlealteS ber „Ueberfichtetafeln" axt§führlicf) gu gebeuten, ©ie
©arftellung ber Schifffahrt in allen bem .fpanbeleoerfebre geöffneten .späten Defter*
reic^S ift mit gewohnter s })räeifien burdigeführt, ©parcaffen unb Verficherungewefen
»ie bie ©chulenftatiftif bieten jd)öue Stiftungen, obwohl erftere oöllig, lefdere in
eingelnen Kategorien ben ermähnten Ausfall ber ungarifchen gänber bebauern (affen,
©ie wiffenfchaftlicben, Kunft* unb Snbuftrieuereinc, welche bae £peft analog ben
früheren großen Xafeln unter ber Benennung „SilbungSanftalten" aufffthrt, bürften
im Sahrbucbe wohl unter einem, ihren ©haratter treffenber begeichnenben Xitel ge*
bracht werben, ©men hß<bft anfdjaulicben, lebenbtgen Ueberblicf gewährt bie ©ar*
fiedung ber ginanggebahrung, unb jebe Xafel, jebe ©eite berfefben getgt bie geübte,'
funbige £anb, welche auö ber groften Biffernmaffe bee Staatshaushaltes baß
5Befenilid)e herauegufeben, bem gegebenen (Rahmen angupaffen unb anfchaulich gu
gruppiren oerftanb.
Unb fo haben wir baß Buch mit oollftet Slnerfennung feines reichen unb wertfwotlen
3nbalteß betrachtet, ber baöfelbe nadh 9Renge unb Slnorbnung bee ©ebotenen gu einem
ehrenben ©entmal ber Slnftalt erhebt, aus ber e8 heroorgegangen. SBo fo ©ebiegeneS
in fo turger Beit geleiftet würbe, ba mag man fich ber frohen Hoffnung hingeben,
bah hit Veröffentlichungen ber t. f. jtatiftifchen ©entralcommiifion auch in fpinfunft
bie £>6f)e wiffenfcbaftlidher Votlenbung behaupten werben.
Sßemt mir baS SSenige, maß gur Bemänglung 3lnlaf, gab, ohne Scheu nann*
ten, fo leitete une babei bie tieffte 2lntl)eilnaf)mc an bem ferneren ©rblühen beS
3nftitute8 unb bie 2lnfid)t, biefem ©efühle babitrch aur$ befte SBort gu geben,
wenn Wir bae ©eleiftete nicht mit allgemein gehaltenem ßobe umhüllten, ionbem
fachlich eingehenfc, bem oollen SSertlj beilegten, mae Vkitb hat, aber auch ab*
»eichenbe Slnfcfiauung offen au8fprad)en.
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9lu«ttiöl)I ooii SJtarienMlbern au« ben Satatomben.
(SRom 1863.)
(Imagines selectse Deiparae Virginis in ccemeteriis subterraneis udo depictse Romse e
chromolithographia Pontificia, Anno MDCCCLX1II.)
©aBaliere be SRoffi, bet amerntübftdie üDurctyforfcber beb unterirbifctyen Sdom,
tyat mir fürglid) ein goliotyeft Bon fectyg Safeln, bas obigen Sitet trägt, nebft er*
Härenbem Sert oon 22 JQuartfeiten überfanbt. Sie im työctyften ©rabe merfwürbigen
Sarfteflungen, Bon benen bisher mancheg in Berfctyiebenen ffilättern Berfautete unb
auf bie fctyon Bor acht Satyren ber oerbienftoolle 3. Spencer fftorttycote in feinem
Äatafombenwerfcben tyinwieg, rechtfertigen eine Ülngeige in ber „SBectyenfctyrift".
33efanntlicty würbe Bott ^apft ^iug IX. im 3atyre 1851 eine ©ommiffion für
ctyriftlictye Slrctyäologie niebergefetyt, ju beren Hauptaufgaben bi f gtünblictye ©rfor*
fctyung ber Ä'atafomben gehört. Stadtbem fctyon früher ber 3efuit $). 5Rarctyi mit
bem glüdlictyften ©rfolge auf biefem gelbe gearbeitet unb gang neue Stefultate, Be*
fonbetg in betreff ber Einlage unb 33auart ber Äatafomben gu Sage geförbert
hatte, futyr biefe ©omniiffion auf bem betretenen SBege fort unb ift bis auf biefcn
Sag unabläffig befötyäftigt, bie ityr geftellte Aufgabe ityrem tMbfctyluffe nätyet gu brin*
gen, wooon unö unter Ruberem bas jent im gmeiten Satyrgange erfctyeinenbe „Bul-
letino di Archeologia cristiana“ Sewcife liefert, ©ineg bet eifrigften 5)iitglieber
ber ©ommiffion, eben ber obengenannte Steffl, ertyielt Born s J)apft ben Auftrag, ein
umfaffenfccS unb erfctyöpfenbeg SBerf über ba§ unterirbifetye Stom augguarbeiten, ba8
bie bistyerigen unBodfommenen Arbeiten ergängeit unb berictytigen unb befonberg
aucty burcty genaue unb ftilgerectyte ©opien ber aufgefunbenen bilblictyett Sarftetlun*
gen ttyeilg Berbeffern, ttyeifg Beruollftänbigen feilte. 2ßie wir Stoffi aug feinen Ber*
fetyiebenen bereits veröffentlichten Arbeiten, neuefteng befonberg burcty ben erften Sanb
feineg Snfctyriftenwerfeg fennen gelernt tyaben, ift et gang ber SJtann bagu, biefe,
grotye Aufgabe entfprectyenb gu (Öfen, unb bie mannigfactyen, io überaug günftigen
Urttyeile, bie oon ben Berfctyiebenften Seiten über fein SBirfen oerlauteten, tyaben
untere ©rwartungen nictyt gu tyocty gefpannt, wenn Wtr bie ’Publication, bie unö
Borliegt, einer nätyeren SBetractytung untergeben. Siefe ^ublication ift ein Heiner
üBorläufer ber „Roina sotterranea“, wie Stoffi nacty bem Vorgänge frütyerer Äata*
fombenforfetyer fein SBerf nennen wirb, unb lag- infofern längft im fPlane ber ©om*
miffion, als biefe, wotyl gunädift in firctyentyiftoriictyem Sntereffe, gleich nacty ityiet
©rünbung beictyloffen tyatte, oor allem bie in ben Äatafomben neu aufgefunbenen .
fDtabonnenbitber belannt gu machen, wie bieg bie 33orrebe beg Sejrteg augweigt.
s tluS nicht näher angegebenen ©rünben tyat man ficty auf bie Borliegenbe ÜluSwatyl
befetyränft, bie „eine iReityenfolge aug ben apoftettfetyen Seiten big in8 4. Satyrtyun*
bert barftedt.“
5)as erfte Slatt giebt ein greöcogemälbe aug bem ©oemeterium ber ^rigciUa
an ber S3ia Sataria in Driginalgröfe. Stoffi entbeefte eg im 3atyre 1851 unb lief)
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eS ton bem fetter terftorbenen tüchtigen 3ft ebner Ptariani unter feinen Slugen
copiten. SaS 33ilb befielt aitö brei Figuren, redptS bie Jungfrau mit bem Äinbe,
Itnfö eine noep jugenbtidje Ptanneögeftalt, bie mit ber Siebten fowopl auf bie
Jungfrau als auf ben über ber ©ruppe ficfjtbaren, wennauep fct;r oerblaßten Stern
pinweist, mit ber Sinfen eine 9tol(e ober etwas bergleicben 311 halten fdpeint. Dtoffi
ertennt in ber ©eftalt ben Propheten JefaiaS. Ptaria ift, nad; ber Slrt, wie fie
baS Äinb halt. 5 U fdpließen, fißenb bargeftelit. ©S ift nämlich nur noch bie obere
.fjälfte ihres ÄörperS fieptbar,. ton ber unteren Partie bee SMlbeS ift ein großes
Stüdf Süncpe abgefallen, woburep and) mitten in bie ftepenbe Bi gut beS Prophet
ten eine Sücfe geriffen ift. Sie untere Partie ber Prophetenfigur ift großentpeitS
erpalten, fo baß fiep ipre .pöpe meffen läßt. Sie beträgt genau 12 " Sßiener Ptaß.
Ptaria trägt einen fletnen 2 d;leier auf bem Äopfc, ber oorne bie gcjcpeitelten
paare fieptbar werben läßt mtb über baS .pinterpaupt unb auf bie Schultern nie*
berfäüt. Sie ift befleibet mit ber furgärmeligeit Üunica unb pat barüber baS pal*
lium geworfen. SaS Äinb ift naeft Sie männlicpe Bigur trägt baS Pallium auf
bem bloßen Seibe, naep Slrt ber 2 oga umgefcplitngen, fo baß ein Bißfel über bie
linfe Scpulter ttaep pinten übergeworfen ift unb bie redpte Scpulter nebft bem reep*
ten 3 trm naeft bleibt; wie man ton ber antifen Äunft öfter bie ppilofoppen bar*
geftellt ftnbet. SiefeS 33latt ift unftreitig baS bebentenbfte beS .pefteS. Ste Biguren
ftnb niept bloß faft burcpauS in allen 33erf>ältniffen ridptig gegeidbnet, foitbern auep
ber SluSbrudf, befonberS beS PlabomtengeficpteS ift ein fo fepöner, bie ©ewanbung
fo ebel, bie ganje ©ompofition |o claffifcp einfadp, baß man auf ben erften Slicf
nidpt bloß ben edpt antifen ©parafter beS 33ilbeS erfennt, fonbern baSfelbe fogleidp
einer bet befferen Perioben ber Äaiferjeit 3 U oinbiciren geneigt ift. SRofft weist
baSfelbe benn audp mit beinape swingenber UeberseugungSgewaft ber Periobe
3 Wifcpen ben Blaoient unb erften Slntoninen gu. Ptan fennt bie ungemein oor*
fidptige unb umfidptige Ptetpobe, fo wie bie äußerft gefepiefte unb glüdflicpe ptanb
Stoffi’S bet Satirung ton Ptonumenten. Seine lattgjäprigc. oon Jugeitb auf mit
SBegeifterung betriebene SSefdpäftigung mit ben Ptonumenten an ipreit .pauptfunb*
orten felbft, feine allumfaffenben gelehrten Äennhtiffe, fo wie fein woplorganifirteS
Sluge maepen ipn pierin beinape 3 U einer Autorität opne Söiberfprucp. ©in fleineS
Seifpiel feines 33erfaprenS gab ich im Piaipefte 18G3 ber „Ptittpeilungen ber
©entralcommiffion für ©rforfdpung bet SBaubenfmale" in bet fleinen fftotig „über
baS ältefte Ptonogramm ©prifti". Um nun baS Sitter unfereS IBilbeS annäpentb ju
befümmen, faßte er gunädpft Stil unb Jedpnif inS Singe. Sie Beicpnung, bie Ptn*
felfüprung, bie Batbengebung, bie SDmamentif ber SSanb, bie 33efdpaffenpeit beS
StudfS niept minber, als ©ompofition, SluSbrudf, Bewegung, .pabihtS, Ptobe ber
Äleibung u. f. W. gaben ipm eben fo oiele Punftc ber SSergleidpung mit anberen
auS ben erften Japrpunberten unterer Beitrecpnung ftammenben peibnifepen unb
cpriftlicpen Ptonumenten ton mepr ober minder fieperem Saturn an bie panb, unb
fo gelangte et mit umfidptigfter S3erüdfficptigung aller Ptomente eitbltdp gu bem
oben angegebenen JJtefultate. Jn ber torurtpeilSfreien ©rwägung aber, baß bie Stil*
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unterfcßiebe ber einzelnen gerieben in ber Äunftgcidjicbte ber eier erften 3nf)r^un=
berte jegt nocf> feineSwegg z u bon anögemachten Singen geboren, baß oielmeßr
„biefeS bunfelfte Statt ber römifdjen Äunftgeidiid)tc eben erft anfängt entziffert ju
werben", wie fid> Sitct int „Journal des Savants“ (Secetnber 1862, 0. 715)
auebrüeft, begnügte er [ict> nicht mit bem Jiefuttate feiner äfthetiicfyen nnb archäo«
(cgifcben Jnbuction, ionbern brachte basfelbe an beit 'J'rnfftein grünblichfter ßrfor=
Übung ber ©efdjirfjte, ber Jcpographie, ber Gpigrapbie beS Geemeteriumö, worin
er bas Stlb gefunbett batte, ttttb erft nad'bent bie Jiefnltate biefer oierfad;en 2lr=
beiten übereinftimmenb fidt barfteflten, wagte er mit 3uocrfid)t fein Serbict abju=
geben. Siefeö Serbict, bas übrigens feine umftänblidtere Segrüttbung erft in ber
„Roma sotterranea“ finbett wirb, bie nid't bloß eine tllnowafd ron ,Vtatafomben=
bilbern, fonbern alle bringen will, uttb eine Steifte ron folcben, bie bem obigen
minbeftenS gleichzeitig, wenn nicht älter finb, oeripriebt — biefeS Serbict wirb fid)
nun bie Äunftgefcbicbte fcf>on gefallen taffen muffen. SßaS man bisher ttott ber 3tb=
neigung ber erften Gfiriften gegen bie Jtunft u. bgl behauptet f>at, wirb fitf> nun
einigermaßen mobificirett muffen. Sie Sache ift auch ganz natürlich- Sie
erften ßßriften — wenigftenS ju 3tom — blieben .'Körner nach wie ror. SaS
Gliriftentltum, baS ^intadgft beit inneren Sieitjchen grünblich uingeftaltet, ließ bett
äußeren vorläufig unangetaftet. GS gab noch feinen fpeetfifeh d)riftlid)en Stand)/
noch feine fpecijtjcb dbriftlicbe Sitte; biefe entmicfelte fich erft, nachbem bie antifc
©eit rollftänbig in irümmer gerichlagen nnb begraben war. 5öenn man fich nnn
erinnert, in welchem Slaße bie antifc 23elt in allen Schiebungen beS Sehens mit
^unftformen verwarfen war, wie fie fich beinahe in jeher SebenSäußerung nur in
Äunftformen geben fonnte, io wirb man es begreiflich finbeu, baß unter bett <hrift=
ließ geworbenen fKömern zwar bie fpecififcb ßeibnifdten Oöegenftänbe ber Äunft nid)t
ferner probucirt würben (obwohl audt bies nur mit Ginühränfung, benn eS wur=
ben folcße probucirt, freilich mit Unterftetlung eines chriftlidten Sinnes), baß aber
bie Äunßtßätigfcit blieb unb bleiben mußte, Gs gab eine hlüßenbe Äunftthätigfeit
unter ben ätteften ('ßriften — bie „Roma sotterranea“ wirb bie Seweifc liefern
— aber fie fleibete cßriftlidte ('bebauten in antifc formen. Son biefent G>efid)t§=
punfte fonnte man ein eigcittbüntlicbes Sdilaglüht auf bie Sewegung ber JRenaif=
fance fallen (affen f>rätenbirte bie beutiche (Reformation bie Urfirdtc nnb bie Uv
feßre berzufteßen, fo iuebte bie italienifcße Reformation — bie (Renaiffance — in
ißrer (Rücffebr zur Slntife, wenn auch unbewußt, eigentlich nur bie chriftliche Ur=
funft, unb bie Sage, baß (Rafael fich unter Olnberent aud) an ben äbatafombenbilbem
erbaut habe, würbe fo zum mptßifchen ÜluSbrucfe eines geßetmttißooKen 3ufammen=
ßangeS. Sie SBichtigfeit beS SilbeS für bie .ftirebenbiftorie unb waS bamit gufam»
menßängt, will ich ßier nur angebeutet haben.
Sie zweite Safel giebt ebenfalls in ber Größe beS Originals eine auf einem
Sehnftuh! fißenbe SDiabonna mit bem befleibeten Äinbe auf bem Scbooße, au§ bem
Goemetcrium ber Somitilla (früher Goemetcrium be§ GaHrtus genannt) an ber
Sia Slrbeatiita. Sie SDlutter trägt bie Salmatica mit 'Purpur gefäumt unb einen
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Weinen Schleier, baS Äinfc bie Junica. Seibe (treffen bie rechte £anb auS, welche
Bewegung burch Setiacßtung ber britten Safel oerftänblicb wirb, bie bie ganje
Sßanb, auf wetcber (ich gebadetes Silb ftnbet, in oerfleinertem 9Jia§fta6e wieber=
giebt. ©S ift bie in bcn Äatafomben fo häufig wiebcrfehrenbe ©eene bes ©mpfan*
geö ber SJiagiet, bie uns hier entgegentritt, aber mit ber @igenthümlid)feit, bah
(wie fHoffi nadweist) auS ©rünben ber (Symmetrie riet Siagiet er(d>einen (jwei
ju jeber Seite ber Jungfrau), ftatt ber berfömm(id)eu brei. Siefelbe Diücfficht auf
tymmetrifche Ülnorbnuitg bat ebne Jweifel ben SWaler beS SilbeS ber fünften Safei
geleitet, welche nur jwei SJiagier jeigt, einen auf jeber Seite ber Jungfrau, bie
hier, ebenfalls auf einem Sbvotte fiuenb, mit bem befleibeten Äiitbe auf ben 21rmen
bargefteflt ift. Sietes Silb, baS in Vs bet Originalgröße copirt ift, ftammt auS
bem ©oemeterium bes Petrus unb fOiarceflinus an bet Sia Sabicana. SJtaria
trägt hier bie tunica angusticlavia unb ift ohne Schleier. Sie SJiagier h a & en
fowebl f'ier als auf bem nötigen' Silbe bie ^?h>rt)ßifd>e Äopfbebedfung, furje, ge=
Ichürjte Juuifen unb Wirken flatternben 5fiantel, wie fie auf ben Äntafcmbenfresfen
fowohl als auf ben djriftlicften <2arfopf)agen immer erfdjeinenr Sas erftere biefer
beiben Silber oermeiSt iRoffi in bie erfte, baS jweite in bie leyte .ftälfte beS
3. Jahrbunberts. Jnbem ich non ber eierten fjafel weiter nichts bemerfe, als baß
fie baS ©ewölbe unb bie 2?anb beS ©tabcS barfteITt, baS mit bem ©emälbe auf
Safel 1 gefchmütft ift, obwohl bie Oritantentif unb einige figuralifche Sarfteflun»
gen, bie fehl - mangelhaft erhalten finb, baS böd) fte Jntereffe erregen, gebe ich jur
lebten Safel ($Rr. 6) über. Siefe giebt bas mehrmals veröffentlichte berühmte Silb
aus ber fogenannten „©apede ber h- Jungfrau" im Goemeterium ber h- SlgneS
an ber Sia 5Romentana, in >/ s ber Originalgröße. Sd)on Sofio brachte eine 2lb=
bilbuttg beSfelben unb neuefter 3eit Zerret in feinem auf Äoften ber faif. franjö=
fifeben ^Regierung herausgegebenen großen Äatafembenwerfe. Dlber wie unterfdjeiben
fich ade früheren Ülbbilbungen non ber norüegenben! ÜJian ertennt faum, baß
eS (Sepien beSfelben Originals finb. Sie Üeicbtfertigfeit ber franjöfifchen Slrbeit, bie
,'Ounberttaufenbe non Staues foftete, mag eine 'Prioatnotij Dfoffi’s charafterifiren. Jd>
febitfte notiges Jahr an Dioffi eine Slnjabl Rauten nach Zerret unb bat mir Ur=
theil unb möglichfte Satirung auS. Unter eine ber Jeidtnungcn fdjrteb Dioffi:
„Mr. Perret l’a ddfigurde, comme toutes los autres et plus que toutes les
autres.“ Sinb nun bie Sarftedungen auf Safel 2 unb 5 als Uebergangsbilber ju
betrachten, fo (teilt baS Silb auf Safe! G bereits einen beinahe neuen ÜypuS bar.
Sie Slnflänge an bie ritttife finb feßon fcßwach unb eS weist in feiner ganzen Gr=
fdjeimtng norwärtS auf bie 9)lofaifen in ben Safilifen. ©S ftammt nach Uioffi auS
ber 3eit GonjtantinS. Ser fxarbenbruef, mittelft beffen bie Silber oeroielfältigt finb,
maeßt ber jungen Jlitftalt ju Jliom alle ©btc unb läßt an forgfältiger Sßiebergabe
aller ©injelnbeiten, fogar ber 9)iafeln unb Diiffe k. niditS ju wünfeben übrig. Ueber
ben franjöfifd) gefebriebenen 2ert (er ift auch italienifd) ju haben) ift nur $u wie*
berholen, baß er an feiner Umficht unb ©rünblicßfeit teilten Serfaffer erteunen läßt.
Sr. %. 21. geßner.
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Sllmn.
(3MMicttyet beutfd>er Criflinafromane. Satyrgang 1863. äöien bet 5D^arfgraf.)
Saß „Sllbum" geftaltct fich in bem SWaftc als fein 23eftanb gefiebert ift unb
fein ©ebenen fortfebreitet, immer mehr ju einer ber 23ead;tung hed'ft würbigen
unb feftr eigenthümlidwit ©rfebeinung im Sitteraturlcben £>efterreid)S. SRic^t fein
Subcilt, bie Organifation bes Unternehmen!? bietet einer allgemeinen ^Betrachtung jo
merfwürbige Slufnü^hmgerunfte. Driginalrcmane im Umfange ton jährlich rier=
unb jwaujig SBänben werben hier bem publicum nid)t etwa bloü auf gut ©IM,
wie anbere Vertagsartifet, angeboten, fie haben melmefjr ben 2lbfaf im torauS ge=
fiebert, fie finb bes materiellen ©rfclgeß gewijf. Verglichen mit ber Sterilität beö
fonftigen beHetriftifet?en Verlages im beutfeben Defterreicb, beutet baS 2llbum auf
ein fonberbareS 9)iif;rerhälhiif; jwifchett reichem Vebarf unb mageret '])rcbuctiou
t)in unb labt wenigftenS als gewif erfennen, baf bie fc oft erhobene Älage über
S^eilnabmelofigfeit beo 'Publicumö ber heimiidieit Sitteratur gegenüber, womit ber
93 i cm ge 1 an Unterne^mungSluft fo häufig begrünbet werben feil, nur bie ©eltung
eines Vorwanbo in Slnfprttcb neunten fann.
(Sine anbere Gigentbümliddeit beS Unternehmens ift, bafi eS im ©egettia^ ju
ber 3etl, ba bie öfterreiebifdien Schrift ft eil er, unb nicht bloft auS Mangel an 23er*
legem, genöthigt waren, ihre bidjteriidien Vianufcripte itadj ©eutfcfjlanb ju tragen,
bie beutfeben Scbriftftefler gelehrt bat, mit ihren Diomanen ben 23eg nach Defter»
reich ju jtuben. Sic beften beutfeben 9iamen fehren faft jährlich mit neuen Seiftun»
gen tiefer 2lrt wieber unb fo bilbet fid; ein oen ber Ä'ritif ju wenig beachteter,
ein ftiller Vunb, ber bie ohnehin burebauö nid)t berechtigten Scheibewänbe jwitdien
ber beut'dien ^robuction innerhalb unb außerhalb ber ©tenjen SeftevreidiS nach
unb nach gänjlich einreifen wirb.
©in britteS fötoment ungewöhnlicher 21rt, welches in ber grofen Verbreitung
beS Unternehmens liegt, ift nicht ohne culturhi[tcri)d;c Vebeutung in Vejug auf bie
Sefefucbt unb ben VilbungSbrattg ber Seitlichen in Defterveiöh- Sn größeren Stabten
macht man fich faum mehr eine Vorftellung oon ber 53icbtigfcit eines VomanS,
ton bem ©ifer, mit bem er gelefen, ton bem ©mft, mit bem er inS ©entüfh auf*
genommen werben, ton ber bauernben JSirfung, bie er hertorbringen fann 2öa8
in größeren Stabten bie öffentlichen Unterhaltungen ton ber 3eit übrig laffen,
welche bie ?Jicbrgahl bem Seien ju wibnien gefonnen ift, baS terfchlingen bie SageS*
blätter. Vcftcbt aber baS, waS man bie grofe ffielt nennt, nur auS einem lehr
flehten unb engen greife, fo bilbet im ©egentheile bie Heine SBelt, bie ferne ton
ben ^auptwerfftätten' ber raftloS arbeitenben Gitilifation ein ftißeS Safein führt,
fef>r grofe Greife, tor betten fich haS Seben in jur Verzweiflung bringenber mono»
toner Släöfe hinftreefen würbe, wenn nicht ju weilen barauS, wie eine Vrumtenftange
aus ber ^ufjta, ein Dtoman heesorragte, mittelft beffen bie ©inbilbungSfraft einige
©rfrifchung fchöpfen fann.
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Sic Phantaftegebilbe, treffe ba? „Sllbum" o erführt, wirfen auf [ehr mtbe*
fangen? Seelen, een beneit ccrläufig wenig in ber Sßelt laut wirb, aber manche
fünftige feciale (Srfdfeinung in unferem Vaterlanbe wirb ber ©ulturhiftorifer auf
ben 3ufamment)ang mit ber beutfehen Sitteratur jurüeffübren müffen, fo weit if)n
auöfc^lie^lid) bas „Sllbum" aufrecht erhalten hat.
Sluö ben Vortbei(en unb ©gentbümlidjfeiten be? Unternehmen?, wie fic hier
angebeutet fiitb, ergeben fid; für baöfelbe auch befoitbere 'Pflichten, es mu§ con
3ahr 311 3ah r ftrenger barüber wadhen, bat; bie einzelnen Seiftungen bie 3bee würbig
certreten, welch? ^ em ©angen 3 m - großen Verbreitung cerhclfen hat, bie Jbee einer
Vermittlung be? Veften uttb beioitber? be@ Vilbenbften ber beutfeben Vomanfchöpfung
mit einem unbefangenen, uncerwöbnten, banfbaren Publicum in Defterreid).
Sie beiben erften Vomane be? lebten Jahrganges, „Solitube" con CErnft
grifee unb „Jn Sünben", eine ^amiliengefdjichte con ©buarb Op 0 efer, würben
bereit? in bicfeit Vlättern angegeigt. Sin? ben folgenben SSerfen be? nun collftänbig
corliegenben Jahrgange? 1863 ift corerft tti/ht fo [ehr au? litterarif^em, benn au?
3 eitgefd;id)tlichem ©efichtspunfte ber Vornan con P. 3. SÖilcfen „Soctor Vobert
Stufe" hrrcorguheben. (5? ift hier ein ©emälbe con Sd)le?wig=^)olftein, namentlich
aber con pclftetn entrollt, con Sanb unb Seuten unb con ben politifchen 3 uftän=
ben, nach ber (Erhebung con 1848, al? bie SSaffenftillftänbe unb Jrieben?«
unterhanblungen ba? Saitb wieber bent Sntcf burch eine antinatienale, feinbfelige
Veamtenwirtbfchaft überantwortet hatten.
Sluffatlenb ift bie felgenbc Steigerung, bie ber Verfaffer einer feiner Perfonen
in ben Piunb legt in Veantwortung ber grage, wie bie politiiche ©efinnung ber
Sd)(e?wiger in Vegug auf Sentfdhlanb beschaffen ift:
„Sffen gefagt, ift con beiben Seiten übertrieben worben Vi? ftlenSburg ift
bie Stimmung faft bur<hweg? eine beutiche. Slderbing? habe ich audh bdmfch ge«
finnte (Einwohner getroffen .... im ©angen barf breift behauptet werben, bafc
Schleswig [üblich con Sfenöburg echt unb gut beutfef) ift. 3n ber Stabt Slen ? 5
bürg trennen fi<h bie Parteien [chon auf eine äußerft fd;roffe Söeife. .palb Slen?«
bitrg wenigften? ift entfliehen bänifd;. Sahiuter, im Sunbewitt 3 . V möchte ich
bie Stimmung audh weit eher bänifch al? beutfeh nennen. Sa? Sanbcolf fommt
aber noch ciel mit Seutjchen in ber Stabt 3 uiammen unb hegt gegen bie lederen
im Sillgemeinen nidjt ben .vSaß, wie bie eigentlichen Stabtbänen . . . . 3<h würbe
biefe Striche, bi? Äolbing, bi? 3 ur ÄönigSau, mit gutem ©ewiffen nicht mehr al?
beutfdhe beanfprudhen fönnen."
Unter ben übrigen Montanen ift ein biftorifdher con Ventb c. ©ufeef,
„Vranbebourg", mit Slnerfennung 3 U nennen unb „©in Jahr au? bem Seben
Sluguft be? Starten" con Srang Subojaßfn al? eine con beit ©Fühlungen 3 U
begeicl>nen, lceld'e con intereffanten gefchiditlichen -Momenten einen populären unb
gefälligen ©ebraud) madgeti 5Seit weniger cermag fid; ein an fünftlerifdhen 3 nhalt
gewöhnter Sefer bie ©eichmacf?bilbung 3 U vergegenwärtigen, welche in ben Voma«
nen „Sie tBitfoweße" con ©Ifrieb c. Saura unb „Ser fchicarje Plamt" con
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Sfibot f})r o f d) f o 33efriebigung fdnbe. 3nbeffen bedt ^ter ba8 ©efcfjichtliche noch
manche äftbetifche SMöfte $u, wähmtb „Opaft unb Siebe" von Sluguft ©Araber,
eine offenbar gan$ ebne inneren Stieb tnngefebieuberte Slrbeit, nichtig in ber @r=
ftnbung, trioial in ber gotm, feinen ©edmantel bat für feine auch mit ftili-
ftifeben unb iprad)ltd)en gebient behaftete Jammergeftalt.
©inen befonberen JKeij loirft ber „feciale" bh'oman „Sie Sitteraten" oott 3ba
V. ©üringbfelb auf bie ganje bieöjäbrige ©antntlung. ©eben in ber „SKiener
sHbenbpoft" ift auf biefe 'Pifanterie biugewieien toorben, bie nidat bloß beit 3uftän=
ben, ieitbern auch beit S J>erfönlid>feiten uttfereö tentidien ©djriftwefenS ein ©piegeU
bilb ift, beit leideren größtentheilS mit fo viel Saft nnb ©etdjinad, baß bie meiften
bcrjenigeit, bie fid) tviebererfennen werben, nicht Junten tonnen. 'sit ber Sbat liegt
einem Gulturbilbe biefer '-’lvt wenn eö and) t>avt an bie Ötrenje be? äftbctüd) in’r=
werflidjett, an ba§ ©ebiet be» ©canbalö ftreift, falls e? bie ©reuje nur nid)t wtrf=
lieft überleitet eine getviffe Berechtigung ju ©raube, ©in wichtiger Sbeil bes
. beuticben Kulturleben^, bie Beziehung ber Sitteratur unb ber Sitteraten jitr ©eieU=
fd>aft unb jur ©ejelligfeit, wäre gar nicht ju verfielen, ber 3ufunft gar nicht
beutlich ju mad)en, wenn matt Scheu trüge, bie ©rf (drang bort ju iueften, wo fie
allein richtig jtt finben ift: in ben 3Sert)ältniffeu unb in betn verfönltcben Sreiben
ber Sräger jener Begebung. ©ine weibliche .paitb forgt b' er bafür, baß bocf> ein
feiner, bicScreier ©chleier jur s Jiotb nicht fehle. Op. S.
(Eine (Erinnerung an bie SBrüber ©rimniu
Hermann @rimm f ber SRovellift unb @ffai)ift, veröffentlicht jn?ei Sieben, metyl
bie lebten überhaupt, n?elrf>e fein £)f)eitn 3afob in ber 'Jlfabentie ber Söiffeitfdjaften
•ju ^Berlin gehalten unb faft brueffertiej tyinterlaffeit t>at. ©ent Sntereffe, welche»
jeber 33erojfentlid)ung au§ bent SRacblaffe beS ausgezeichneten SDianueä entgegen*
fontmen wirb, mtfdjen fid) in biefem gatle nod) befottbere perfettlicbe ÜJiomente bei,
um ber Schrift bie boebfte tÄufnierffamfeit and) in jenen Greifen juzuweuben,
welche ben wiffenfcfjaftlicben Arbeiten ©rintntS fernerfteben. ÜJtiemanb wirb oljne
^Bewegung, aber woljltfjuenbe Bewegung, „über ba$ Sitter" einen ©rei§ rebett
bereu, meiner auf ein fo langet, traten*, frenben= unb ef)renreicbe3 ^eben zurüd>
bliefen !antt. 2Ba§ 3llte unb SReue, ber SDiuitb ber SBeifcn unb ber 23olfömunb
über ben ?(benb be§ Gebens getagt haben, er wei£ allem eine gute, milbe ©eite
abjugemimten; wenn er bie gebier unb ©ebreebett gegen bie ©ugeitben unb $Bor=
jüge abwägt, neigt fid; entfdtieben bie lefetere Schale. ©eit „oolfömäjjtgen äSiber*
* Siebe auf 5Öill)elm ©rirnm unb ^Hebe über baö 3llter, galten iit ber t. Slfabemie
ber SSifjeufcbafteu in ^Berlin uon Jafob ©ritnru. Jpcrau^e^ebeu neu .permamt Qfctmm. Berlin,
$>ümmler3 $et(afl3bucbbanblung.
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triften gegen baS Elfter" nennt er jdjon beftltalb ungerecht, Weil „es nicht wie ber
2ob Ämter, ‘Jünglinge, EWänner unb ©reife auäwälftenb bahinrafft, fottbern gleich»
mäfjig unb allmälig über bas gange SSftenfcbengefdjlecbt erft im lebten 3H folglich
als allgemeine, unvermeiblidte fftothwenbigfeit ber rerlaufeuben 3 eit eintritt". ©S
fei ein SLßiberf^rud), tafg alle 3Jienfct)en alt gu werben wttnfcbcn unb hoch nicht alt
fein wollen. SJer ©reib iollc oiehnebv banfbar fein, bem vergönnt wirb, ,,nad' bent
fd) wüten Jage in abenblidter labenber Äüble gleidiiant auf ber SBattf vor feiner
epauStbür fijtenb, fein verbrachtes Sehen gu überfchlagen". Cbue Älage gebentt ber
Etebiter beS mannigfachen UributeS an dufferen 33orgügcn, Äraft unb ©innenfdiärfe,
welchen ber ffttenfeh bem Filter bargubringen bat unb rühmt baS regere ©efühl beS
SBohlfeinS, welches gwifchen beit Eingriffen beS EtlterS auf bie ©efunbheit waltet.
2)enn: „Sie ©ntpfinbung beiwobnenber Ä'raft unb Starte ift, auch wenn fie ihrer
unbewußt bleibt, föftlicf), boch übertroffen wirb fie noch von bem ©inbruef ber ©r=
holung nach cingetretener fOcübe, von ber äSoitne ber eperftetlung ober beS ©enetcnS
ba, wo bie ©efunbheit einmal gewichen ober ausgeblieben war" 38ie fein ift bie,
Sftebeneinanberftellung beS fftaturgenuffeS bei ber Jugenb unb beim Elfter, bem
„jeber Spagiergang gum Suftwanbel wirb", baS „bei jebem Efthemgttg auS ber
reinen Buft fid> SebenSfraft unb ©rholung fdiöpft" u. f. w. „©ineS ift bis auf
heute unb fo lange bie Söelt flehen wirb recht für baS Elfter gemacht unb wie ge*
fchaffeit, ber einfame Spagiergang". Sie ermutfngenb tönt auS folchem SHuttbe bie
^Berufung auf „ben höheren üBorgug ber gufammt mit bem Elfter wachfertben unb
gefeftigten freien ©efinnung". Je näher bent ©rabc, befto ferner müßten ja Scheu
unb Siebenten weichen, bie erfannte SBahrbeit ba, wo eS vomtöthen, fühlt gu be=
fennen. Unb bei ber fd;lieflid;cn Jrage, waS trauriger fei, eines JünglingS ober
eines ©reifes Sob, erinnert ber Eiebner an ©icero’S Ejerglcicb mit bein Elbreifjcn
beS unreifen unb bem Etbfaflen beS reifen ElpfclS, baS gewaltfam ausgelöidite unb
baS in fich verglimmenbe Jäter. „2)ieS SSerglinimen ftimnit mit bem ber Elbenb»
röthe am Stimmet. 9lad; ihr folgt Dämmerung unb bann bricht 9Rad)t ein. So
lange unS bie Sonne leuchtet, ift 3cit beS SirfenS, bis nufere Sage auSgelebt
unb Wie etngelite tropfen vom ©ach niebergefalfen fittb."
klingt in bieten Setrachtungen mehrfad) bie Griitnerung au beit vorauSgegan*
genen Sruber wehmüthig burdg, fo wirb bie ©ebächtniftrebe auf ESilhelm ©riinm
nothwenbig auch S ur <£dbftbiegraphie unb Selbftcbaraftcriftif beS Eiebners. ©S
macht einen unenblidj rührenben ©inbruef, wie Cr, ber Sebentenbere von boibett,
bie befonberen SBorgüge unb ©igenthünilidft'eiten feines SntberS in um fo helleres
Sicht gu ftetlen bemüht ift, wäl)renb bie SBabrhaftigfcit feiner Eiatur ihn boch tttd;t
gum uttbebittgtett Sobrebner werben läfd. Saj; einer von beiben SSrübern uttb eben
biefer Elttlafe erhielt, fich fo freimüthig über ihr Sehen unb SBirfett aitSgufprcchen,
ift unS von unfehäubarem SBerthe.
5)aS 3ufammen» unb Jneinanberleben ber ÜBrüber, bie innige eparmottie bei
voller SEBahrung ber ßigennatur giebt bem Eiefcuet gleich ©ingangS tBeranlaffung
gu frönen SBemerfungen über baS natürliche SBanb gwifChen ©efchwiftem. ,,@e»
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239
fcfjledjter haben fich ju Stammen. Stämme 311 Söffern erbeben, nicht fowoljl ba=
burch, baji auf bett Sater (Mel unb Söhne in unabsehbarer -Steife felgten, als
baburd), baff Srüber mtb Srubergfinber auf ber Seite feft 311 bem Stamme hie(=
ten. 9tid)t bie ©egeenbenten, erft bie (fcllateralen finb eS, bie einen Stamm grün*
ben, nicht auf Sobnichaft H'ircbl als auf Srüberichaft beruht ein Seif in feiner
Sreite". Srüber eerftehen unb erfennen fich beffer alg Sätet unb Sohn, weil @e=
febwifter ein gaii 3 eö geben, Eltern unb Äinber nur ein halbes mit einanber leben,
©em Sater gleid;t ber Sehn, leiblich unb geiftig, mir mehr eher weniger als halb,
Keil er and; SOiutter^üge in fid; aufnimmt, @efd;wifter teilen fid) in bes SaterS
unb ber SDiutter @efid;t. „gaft Srüber fid) in ber Äinbheit ned) fe unähnlich er=
fdjeinen, im X'llter, wenn ihre Sangen einfaffen, gleichen fie einanber burch bie
San!."
Sei Sithelm, ber ein blühenber froher Äitabe gewefen war, melbete fich fdien
in Jünglingöjahren ein Jgjerjleibcn, unb biefe häufigen Unfälle, X'lengften unb ©nv
hungen liefen ihn geiftig früh reifen; „©ebulb mtb ©leichmntl; faditen feine
gebensheffmmg unauSgeieht an, gaben feinen ©ebanfen Schwung unb flöhten ihm
Reinheit beö 9iad;finnens, Sact ber Secbachtung ein". @r lag unb 3 eichncte in
biefen Jahren »iel, unb bie Rertigfeit, 311 ber er es in ber leideren Äunft gebracht
hatte, fam il;m fpätcr beim ©opireit alter ©anbfd;viften 3 U ftatten.
„So nahm uns benn", fährt ber SRebner fort, „in ben langfam fchleicheitben .
Schuljahren ein Seit auf unb ein Stübchen, ba fafen wir an einem unb bem*
fefben Jifche arbeitenb, hernach in ber Stubenten^eit ftanbeit 311 'ei Setten unb gwei
3nfd)e in berfelben Stube, im jpäteren geben noch immer 3 Wei ‘tlrbeitstifche in
bemfelben Bimmer, enblich big julcht in 3 Wei Binimetn nebetteinanber, immer unter
einem ©ad), in gänglidjer unangefochten unb ungeftört beibebaltener ©emeinfehaft
unferer .pabc nnb Süd)et .... Ülud; unfere letten Setten, hat eg affen X?(nfd>ein,
werben wieber bid)t nebetieinanber gemacht fein. Grwäge man, ob wir 3 ufam=
men gehören unb ob »on ihm rebettb, idh eg permeiben fann, meiner
babet 3 U erwähnen."
Seibe Srüber ftubirten bie IRecbtswiffenjdiait, ohne burch etwas anbereg afg
beg Saterg Slnorbnung 3 U ihr hingegogen 3 U fein. Unb hier fprid)t fich Jafob fehl'
entfehieben gegen bie „altoerlebte (Sintheilung alleg Söiffeng in oier Racultäten"
ang, weld;e fo oielen Jünglingen perwehrt, gerabewegg ihrem ausgesprochenen Se=
rufe entgegen 3 ugehen, unb fie nethigt, bie Beit mit Sorbereitungen für ©jrantina
hmgubringen, bie ihnen fpäter oft gan 3 nuhloS bleiben. ©en Srübern würbe bie
geringe Rreube an ihrem Srotftubium überbieg noch burch b>en bamals in Reffen
eingeführten Code Napoleon rerfümmert. Rrüljgeitig erfannten fie, bat; bag Reib
ber beutjeben Sprache ein frifdjcg, unbebauteg, bem günftige (Erträge ab 3 ugewinneit
feien; unb ihre SlnfteKung an ber Sibliothef in Äaffel („bie glücflichften Jahre
unfereS SebenS") geftattete ihnen, in aller 9tuf)e 3 U sammeln unb 3 U arbeiten,
©er an 3 iehenben ©arftetlung, wie bie Sahnen ihrer wiffenj<h«ftlichen Rot)d)ung
oft fich berührenb, nebeneinanber hertiefen, 3 U folgen, müffen wir ung oerfagen.
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240
Dlur Ginigeß gur Gharafterifirung ihrer »erfd)iebettett Dlrf barf angelegen werben
„Son Äinbeßbeinett an hatte id) etwa? »on eiientem Slcifse in mir, ben if>m fd^on
feine gefdhwächte ©efunbheit »erbet, jeine Arbeiten waren burdjjd^lungen »on Silber*
bliefen, bie mir nicht guftanbeit. Seine gange Dlrt war weniger geftellt auf Grfinbeit, al8
auf ruhigc§, fixeres Jnfichaußbilben. Dllleß, je »iel in beit ©ang jeiner eigenen S»r=
jehungen einidilug, beobachtete er reinlich mtb ftrebte eß gu beftätigen; baß übrige
blieb ihm gur Seite. Sunbe finb jebcch bebingt baburd;, bajg nabe unb ferne ge*
fud;t werbe, häufig ol;ne Sorhevbeftimnuing ber Stelle, we fie gu heben ftehen"
u. f. w. Unb ber ©egenfaj) wirb bann weiter burdigeführt, äßifbelm habe eß
jvreube unb ^Beruhigung gewährt, „fich in ber Dlrbcit gehen, umfd;aucnb »»n ihr
erheitern gu laffett", währenb Jafobß fsreube bie Arbeit felbft war. Jener liebte
©eieiligfeit mib 9)lufif,. biejer fafj „in feliger Ginjamfeit" über ben Süd;cnt.
So ficht ber Dichter felbft in feinem Sruber unb fich bie beiben Diid;hingen
perleitificirt, welche tntß ft cts in ber SBiffenicbaft ttebeneinanber begegnen, Sehren
unb Semen, praftifd) SSirfen unb Sorbett. „SSilhelm wäre ein fehr guter Dlrgt
geworben, ich c ’ n fdgledgter f gur Dloth ein leiblicher Sotaitifer".
Sie Diebe würbe am 5. Juli 1860 gehalten.
fragen wir itod; Ginigeß auß ben 3ufähen .permaun ©rimtitß und;.
SSilbelmß Äraufheit unb Sob fameit unerwartet. Gr war im .perbft 1859 »on
einer flehten Steile auffallcitb frifd; uub rüftig gurücfgcfchrt. Saß Hebel, ein Gar*
bunfel auf bem Dtücfen, festen fdion überwunben, SBilhelnt felbft glaubte hieran
uitb bcjdjäftigte fid; im Sette fdion Wiebcr mit ber neuen Dlußgabc ieiiteß „gjrei=
banf"; bod) »erriet^eu bie itadiber uorgefunbetteit Dluorbnungen für ben Smcf beß*
ielben, bah er -Beginne ber Äranftieit ein Sorgefühl beß lobe» gehabt habe.
Sen Grgählungen »on Jafobs Sergweiflttng uub Sroftlofigfcit nadi beß Sniberß
Sobe wiberfpridit ber JperauSgeber; er war gefafit unb nahm bie gewohnten Dir*
beiten fofort wieber auf.
Stellen auß einem Sriefe an Sad;ntann beftätigen, was man »ou ber bevg*
lieben Siebe gwifcheit beiben Srübent weif). Son befottberent Jittereffe finb bie
Dleufferungeit JafobS über ihr Scrbalteit hei bem Staatßftreid; in .paitnooer. „ Jd>
beftehe nod; immer (ber Srief ift »om 12. SBiai 1840 unb auß ätaffel batirt) gut
bie $)robe, wenn ich mi<h frage, was wohl ein ©rieche ober Dl einer in uttferer
Sage gethan haben würbe ober nidit't Sie .panblang ift mir gur Beit beß Greig*
ttiffeS »iel unbebeutenber »orgefonmten, aber natürlich unb recht; ich glaube auch,
ba| ben 93lenfdieit unb gangen Söllern nichts anbevcß frommt, als geredet unb
tapfer gu feilt. Saß ift baß gunbament ber wahren fPelitif. £>b eine Frucht, ober
welche grucht bavauS heruorfotitmen ioll, bas liegt in ©otteß lenfenber piaub . . .
Sem ©ebaufen famt id; aber auch nicht wehren, unb er macht mich befto bemüthi*
ger, bah wir vielleicht einen ff unten hergegebeu haben, ofmc ben fid; ein Setter beß
äöiberftanbeß nicht angefad;t batte, baß für uitfer gangeß Saterlaitb ein Segen
wirb. Senn bie 3ufuuft unfereß Solfeß beruht auf einem ©emeingefühl unferer
Ghre mtb Sreit?eit."
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241
SRad) Serlin finb fie ungern gegangen. 1817 lernten (ie einen Stuf an bie
neu errötete Unißerfität in Sonn ab, »eil fie in Äaffel ruhiger arbeiten fonnten,
unb bie Slugficht auf beffere pecuniäre (Stellung fie nicht reifte; Serlin hatte 3BiU
beim bei einem frübercn Sefudie böcf)tid) mibfallen, jebeitfaUg wären fie lieber an
einen fleinen £>rt gegangen, am liebften im 2anbe — SJtarburg — geblieben,
aber 1840 batten fie feine SBabl, unb fpäter würbe aug ber Abneigung eben fo
gro^e Sorliebe für Serlin, wogu viel beigetragen gu haben fd^eint. bab bei ben
retebeten gpülfgmitteln ihnen bie grobe Stabt aud) eine gang unabhängige Stellung
ohne jebe gefell|<baftli(bc Serpflichtung gewährte.
3afob hat bie Seftimmung hinterlaffen, bab feine Grcerpte nach feinem Stöbe
oerbrannt werben follten. „^Uierbing©", fagt ber Steffe, »finb biefe meiftentbeilg
betart, bab fit' feiner nach 'b m würbe brauchen fönnen".
©ie Büge, welche Hermann gu ben Silbern ber Srüber beibringt, ftimmen
mit 3afobg Slnbeutungen überein. Sßilhelm entfagte gezwungen bem gefelligen 8eben.
3afob mubte in ben lebten Salden mit Sift oon ben Süchern weggelocft werben;
SBilhelm beburfte ber Stuhe gu feinen Arbeiten, lieb fi<h nicht gern ftören, fabte
nicht gerne plöbli<h Gntfchlüffe, 3afeb fam oft erft ben Stag guoor barauf, eine
Steife gu unternehmen, fchrieb alle feine Süd)er gleich fo nieber, wie fie gebrueft
würben, ohne Goncept unb Slenberungen, gab währenb ber Arbeit rafch Slugfunft,
lieb fi<h burch Sefu^e ober bie Beitung unterbrechen unb ging bann fofort wieber
tief in bie ©inge ein. Seibe liebten unb pflegten Slumen, 3afob hatte in lebter
Beit grobe greube an photograpl)ifd;en 'Portraitg.
3afob würbe burd) ben Stob mitten in Bielfachen, weitauSgehenben Plänen
überrafcht. Gr wollte am SBßrterbuch fortfehreiben, gu ben 9Jlär<hen follte eine Gin»
leitung fommen, ber folgenbe Sanb Sßciothümer, ein Such über beutfdje Sitten
unb Gebräuche, ein Such über Dffian lagen in ber Bufwnft, „bagu gewib noch
Sieleg, wooon niemanb auber ihm wußte*. ©ag lebte, wag et bruefen lieb, war
eine Stecenfion ber Slrbeit oon Senfbloet über Steinharb in ben »Göttinger Sin*
geigen", eine Stecenfion über Goetlfe’g Sriefwechfel mit Äarl Sluguft hatte er Bor.
,,©ag le^te, wag er gelefcn hat, waren bie eingefanbten Sogen einer Sammlung
griechifcher fDeärchen (Cpalm ?), bie er mit grobem Sntereffe burchfah "
Guter geberfranfheit, oon welcher er fich gu erholen begann, folgte ein Schlag*
flub, ber ihn traf, währenb er neben feiner Stichle am genfter fab- 31m folgenben
Jag, 20. September 1863, Slbenbg, that er ben lebten Slthemgug. Äutg Borher
hatte er noch «inmal nach ber Photographie feines Sruberg gegriffen unb biefelbe
bicht Bor bie 3lugen geführt. B.
Sotynförift. 1864. ©anb UL
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242
©in öfterreid)ifd)er ^ibliotfjefar bes 17. Sö^nnbertö.
23eim man tüetfj, reelle mühfelige 2iorbercituncjen unb ©pecialunterfutun»
gen, Wellen Slufwanb non ©ebulb unb Bebarrlitfeit eine bibliograpl»ft e Arbeit
erforbert, gugleid; aber erwägt, wie »iel eine icld'c ber Isiftcriidien gorfcbung nügt,
wie fte ben unentbet)rlid)en Apparat ber ©ef4)id)tfcbreibung hübet, fo wirb man
nitt umhin tonnen, aud) 'Arbeiten bieier !)lrt ihr Berbienft unb ben Slnfprut auf
ben ©anf beS $)ublicumö guguerfennen. Bad biefer Bittung oerbient ba§ ©trift»
cfjen »on §r. 8. $ off mann: „'Peter Sambecf (Lambecius) als bibliographift 5
litterar^iftorifctjer ©triftftetler unb Bibliothetar", ©oeft 1864, alles) 8ob. ©er
Berfaffer giebt einen Ueberblicf über SambecfS Seben unb SBirfen, liefert fobann
ein forgfältigeö bibliograt?f)i)d)ee Bergeitnih unb eine Beitreibung oon beffen
litterargeftitiKt=6ibliograpf)ifct)en SBerlen (in tronologifter Drbnung) unb läfst
enblid) ein freilid) not gu »erooHftänbigenbeS Begifter ber Briefe »on unb an
Sarnbed folgen, £offmann8 ©trifteben, ba§ ber taif. Slfabemie ber SBiffenftaften
gu SBien gewtbmet ift, tritt nitt mit ber Prätenfion einer Biographie beä @e=
lehrten auf, bie SBittheilungen werben al§ Beiträge 1 für eine fünftige Sebenö»
beftreibung bargeboten, eine 8eben§beftreibung, bie, wie off mann rittig bemerft,
„nur einem 6fterreitiit en ©eiehrten genügenb gelingen bürfte". ©er furge Snhalt
be8 biographift cn Sheileä ift biefer: ©er Dr. juris unb Hamburger Profeffor
9)eter Sambec! (geb. 1628 gu Hamburg), burt mehrere SBerfe geftittlit en mtb
litterarhiftoriften Inhaltes befannt, mit feinem 2Birfung§treife nitt gufrieben, burt
©tulben unb mihlit e Samilienoerhältniffe bebrängt, »erläßt Hamburg unb begiebt
fit 1662 nat SBien. Bon bort eilt er nat Born, tritt bafelbft feierlit gum
fatholiften ©lauben über, wirb »on Äaifer Seopolb I. hierauf gum £iftoriograph*n
unb Bicebibliothefar, nat BiautterS Bücf tritt (1663) aber gum Bibliothefar ber
Sßiener Jpofbibliothef ernannt. 3n biefer ©tellung forgte er für bie Drbnung unb
Äatalogifirung biefer 2lnftalt, fo wie ber f. prioat= unb ber Ülmbrafer Bibliothef.
(©ie ©t«he le( 3 terer lieh «t theilweife in bie Söienet £ofbibliothef überführen.)
SBar SambedS 6biirafter — wie aus) ben biographift en Zotigen erhellt — eben
nitt ber reinfte, h a ft e *e ihm befonberS eine ungemeine (Sitelfeit, ein lieber»
ftäfcen feiner eigenen unb ©eringatten frember — g. B. ©engnagelg — Arbeiten
an, fo muh bot frin rifrigeg SBirfen bei jenen BibliothefSarbeiten, litterariften
Unternehmungen unb »or allem bie Bebeutung feineg berühmten SöcrfeS ber Gom»
mentarien (guerft 1665 gu Sßien, Typis M. Comorerij erftienen) banfbar aner»
famtt werben, ©ie Gommentarien haben ihm (ebenfalls einen Barnen in ber öfter»
reitift en ©elehrtengeftitgefiebert. Sambed ftarb 1680 als faiferliter Bath gu
SBien, big an fein Gnbe mit bebeutenben Biännern, wie Hermann Gonring, Sin»
1 SB on ben biefcer igen beitragen beben mit »or allem bie ^Beiträge jur Biographie bee f.
^iftoriograpben $). b. S. boh ä. Cberleituer, 9!otijenblatt ber 3B. 91. b. 5ß>. dir. 20. 1858,
perncr.
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243
benbrog, darbmal ©arberini u a. in ©erbinbung ftc^cnb. SBoßl wäre eb ein
banfenöwertbeö Unternehmen, eine 33iccjrap^re 8ambecfb ju liefern, aber eb ift mit
mannen Stwierigfeitcn oerbunben 5lbgcfehen baoon, baß oiel Material unb —
trocfeneb SRaterial $u orbnen unb ju burd)bringen tndre, wab manche abfc^recft, fo
ift Bor allem ber. eigentümliche ©on. in bem [ich bie 33iogra^l)ie galten müßte,
feht ftwer ju treffen. ©enn man beachte wohl, Sambecf gehört ju ber langen
[Reihe jener gelehrten unb bebeutenben SRänner, weite nicht aub bem ßeimiften
©oben Defterreicbö h eraugwu ti eu ( fcnbern alb Rßon abgeßhloffene dharaftere aub
bem [Reich berufen unb auf einen ihnen cöllig fremben ©oben gepflanjt würben.
5hiem ganzen SBiffen, ihren gelehrten ©erbinbungen, ihrem 8ehret= unb Stüler*
freife nad) nicht in Cefterreich wurjelnb, finben fid> biefe dinwanberer boch gar
halb bafelbft jurecht, unb erwerben fit burt Sluffpürung unb Sefanntmatung bet
©Jiffeubftäße £>efterreid;b, wie burt ©ermittlung beutfter ©ilbung unb SBiffen*
ftaft ein nid;t ju beftreitenbeb ©erbienft db fäme barauf an, in ber ©iographi«
Sambecfb ein frifteb ©ilb ju entwerfen, in bem bie etwab ftwerfäHige Sßeife beb
compilirenben fPolttiftcrtbumb, bie nie erlahmenbe ©ßätigfeit Sambecfb, beffen ©e*
äiehungen jur beutftcn ©eiehrfamfeit fit ßlaftift abhüben oon bem ^>intergrunbe
beb füblit bewegten, fton bamalb eigenthümlit geftalteten SBiener 8ebenb. Snter«
effant mötte ber ©atweib fein, ob unb in wie weit bie 2lnftawmgen Üambecfb
butt greife, in benen et Stellung unb [Ruhm fanb, beeinflußt würben, ob
unb weiten dinbrucf ?ambecf auf bie SBiener ©ilbungbcoterieen gematt h fl be.
3ebenfallb würbe burt bie — freilit ft^terrge — ©earbeitung biefer ®e«
lehrtenbiographie ein wiHfommener ©eitrag $ur öfteneitift e « dulturgeftit*e 8«“
liefert werben unb nat biefer [Rötung wünftten wir eine balbige unb grünblite
Jnangriffnahmc berfelben. ©r. 51. fc.
(£. (£Jje$tteou über bie Reform ber ßcole des Beaux-Arts.
0 ©er Sturm, weiten bie Anhänger ber alten Slfabemie gegen bab [Reform*
beeret com 13. ©ooember 1863 erregt, hat fit jWar bib in bie 8ehrfäle ber
^)arifer Äunftftule fortgepflan$t; bie ©umulte, weite neuefter 3cit in ben äfthe*
tiften ©orlefungen ©iotlet*le=©ucb oon ben dienen in Scene gefeßt würben, ftnb
wohl bie leßtcn Slubläufer biefer Oppofition unb geben ein Seugniß oon bem großen
dinfluffe, ben bie ^rofeffoten auf ißte Stüler aubjuüben oermögen. 9lber all’ bie
©egenmehr bleibt erfolglob gegen ben moellirenben ©onapartibmub, unb feine 8tn=
hänget itlagen jugleit mit ben Sßaffen ber Satire oßne [Rücffitt ber [Perfon
fiegreite Stlat* fn i m Straßenfampf ber öffentliten fJReinungr Sie beßalten
©ett benn hinter ißnen fteßt bie 9Ratt, unb wenn bab Journal „Le Temps“
in ber dntennung ©obert gleur^’b jum ©irector ber ficole einen dingriff in bie
16 *
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244
Autonomie berfelben fiehh fo wirb mm ber attberen ©eite baS flare Stecht ber
ülbminiftration gur Slbänbermtg befiehenber 6inrid)tungen tjerrorge^oben.
Ütucf) i'om ©tanbpunfte beö rein fünftlerifdjen SntereffeS wirb baS ©ecret oon
ben Slnhängem ber Reform vertreten; bie greiheit beä Unterrichtes ift ihre ©eoiie.
Sn bet Shat *ft nicht gu erwarten, baff ber Lehrförfer, inbern er ficE) fetbft er»
gängt, jemals ein felbftftänbigeS Talent, beffen Originalität auch nur mit ben 33er»
irtungen ber alten Srabitionen im SBiberjpruche fleht, in fich aufnehme, unb ba»
bnrch !ann man ber ©infcitigfeit nicht entgehen. ©et Lehrförper befteht überbieS
gum eift auS 9)litgliebem beS SnftitutS unb wirb mm ben übrigen ^rofefforen, bie
nicht Slfabemifer finb, als 33orftufe ber Academie des Beaux-Arts angefehen,
unb biefe Situation perfekte auch f' c in bie größte 3lbbäugigfeit jener gwar treff»
liehen, aber in ihren ©octrinen unbeugjamen SJiänncr. ©utd) biefe 3lrt ber ©r=
nennung ber 'Profefforen warb benn auch ber Unterricht ober — wenn oom Unter»
rieht nicht oiel bie Siebe fein fann — bie allgemeine Üenbeng ber ©chnle eine
einfeitige.
©er ©taat, heifit eS nun, will eine freie Äunft unb mufj bähet bie ^rofef»
foren felbft wählen, inbem et fich babei oon ber öffentlichen SOieinung leiten läfjt.
Stuf bie 3 lrt würbe ber Originalität unb ber freien (Sntfaltung inbioibueller gälfig*
feiten 33ahn gebrochen, ©ie jungen Leute follen fich t>ie Äunft nicht mehr „als
eine lange gerabe Slllee benfen, an beren ( 5 nbe man burd) ©ebulb gelangt".
©egen bie @rrid)tung neuer Se^rftü^le für Äunftfäcber ift allerbingS nichts
einguwenben unb oon nun an umfafjt bie ©dfule brei LltelierS für SJlalerei, brei
für 33ilbhauerei, brei für 2 lrchiteftur, ein Lltelier für Äupferftcd>funft unb eines für
ÜJiebaiDeur» unb ©teinfehneibefunft. SSeitiger flar wirb bei aller Lobeserhebung bie
3luSbehnung ber theoretischen 33orträgc nicht blojj auf Äunftgefchidjte, Slefthetif,
Slnatomie, ÜKatbematif, ©eometrie, ©cotogie, phbfif un b Ü'heniie, 33ud)führung,
©onftructionSlehre, ©ejehichte unb 'Jlrdiäologie, jottbern auf jeben anberen ©egen»
ftanb, für ben irgenb jemanb ein Programm einreid;t, baS einen nüfclichen Unter»
rieht oerfpricht. 3. 23. wenn ein ©elehrter fich m *t Unterfudwngen über baS
©oftüme bet Üllten befaßt hat, fo mag er oon ben Siefultaten 9Jiittf>cilung machen;
bie ©tubien eines Llrgteö über bie SSiuSfelbewegungen, welche oerfchiebene Leiben»
fdjaften hfoorbringen, wären ein ©toff für fol^e 33orträge; ein Äritifer, ber eine
$ heorie beS ©d)önen gefunben, foll biefelbe mittheilen unb hier wirb ber gall ge»
fe£t, ba§ ein ©filier, ein ©oet^e iolchc 33orträge hielte u. f. f. 2UleS baS foU bagu
bienen, bie ©chüler 511 m ©enfen anguregen, eS ioH eine fortwährenbe ©eifteSübung
fein. 2Ber in biefer Siichtung eine Sbee hat, brauet fich bloff oorguftellen, eine
Lehrfangel erwartet ihn ohne weitere ©chwierigfeiten, als bie Erfüllung bloßer
Jpöflid)feit3formen. SebenfaHS mü§ te man einen fwh en ©rab geiftiger 33orbilbung
unb Steife bei jenen Äunftjüngern oorauöiej} en, welche burd) bieS walburfprüngliche
UnterrichtStyftem nicht oerwirrt werben füllten, welche im gangen Schwalle ©freu
unb SBeigen fonbem fönnten.
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245
fÖiebr ©inn bat bie Unterbrücfung bet groften greife« für ganbfcbafttmalerei,
ber früher affe »ier Sabre »ergeben würbe. ©er 33ericE)t bet ©tafen ölieuwerferfe
erffärt ftd) gegen jebe S^ctlunc^ ber fDiaterei in Arten nnb »erfteigt ficb BtS 3 U
ber Sebauptung, bafj alle großen Jpiftorienmafer au* grofje ganbfcbafter gewefen
feien. Auch für ben ?fatl, bafc biefer ©a£ richtig wäre, tiefe fid) aut bemfelben
für bte mobeme Gntwicflung ber g-anbfcbaft nichts folgern. (Sine beffere Grflärung
ber föiafregel geben bte Anhänger ber Oieform burcb ben ftatiftifcben Olacbweit,
baff bte ©cbulpreije für ganbfcbafttmalerei btSber feine guten ftrüdjte getragen
batten, unb bict befbalb, weil bat ©Aftern beS Unterrichtet ein falfd)eS gewefen
fei, weil fid) überhaupt ganbfd;afttmalerei md>t int Atelier lehren taffe; baju ge»
höre »or allem warme Oiaturempfinbung, man mache feine ganbfcbaft nach bem
föiobetle.
3 ut Oiecbtfertigung ber föiafregel, welche bie Goncurfe ber ganbfdiaftet unter»
brücft, wirb eine jchnurrige ©efchtcbte aut ber afabemifd)en Sergangenbeit b era n»
gezogen, ©et fötaler geliere präfibirte einem Goncurfe für eine ganbfebaft in ber
notbwenbig eine Platane figuriren feilte, ©ie ©efidjter bet Goncurrenten »erlän*
gerten fid) ficbtlid), et batte »ielleicbt noch feiner »on ihnen eine Platane gefeben.
getbiere 3 ei ebnet rafcb ein Statt biefet Säumet unb geigt batfelbe ben ©dbülern
mit bem frühen Sefc^eib: 9iun, meine Herren, geben ©ie!
©er ©enuf, bet ©tipenbiumt für bie fPreitgefronten ift gwar auf »ier Sabre
berabgefe^t, bafür aber im Setrage erbebt, ber obligate Aufenthalt in Oiom bauert
bto§ 3 Wei Sabre, bie 3 Wei anberen feilen Steifen gewibmet fein, ©er junge äfünft*
Ier fotl je nach bem 3uge feinet ^ergettt, je nad) ber Oiicbtung, bie er in ber
Äunft »erfolgt, ©riecbenlanb ober ben Orient, ©eutfd^lanb ober bie SRieberlanbe,
Spanien ober Gnglanb fennen lernen, foü bie großen föieifter ber »erfebiebenen
©cbulen bort ftubiren, wo fie am beften 3 U finben finb, auch bort, wo fie felbft
ihre größten SBerfe gefebaffen haben, ©abureb, bafj bat Alter ber Goncutrenten
um bie großen greife mit bem 25. Sabre begre^t wirb, erwacht! bem ganbe bet
Sortbeü, baf, et feine ^reitgefrönten nidjt mit 36 Sabren entfrembet, »ergeffen
wieberbegrüft, fonbern bBdiftcnt mit 30 Sabren, im £>ßbenpunfte fd>cpferifd)er
ßraft. ©ie »orbereitenben Goncurfe finb alt unfruchtbare 3eit»erfcbwenbung unter*
brüeft, beegleicben bie 3 Weiten greife alt eine offene Pforte bet 9)arafitiSmuS bet
föiittelmäfjigfeit. ©er Sortbeil ber Sefreinng »om föiilitärbienfte, weiten leitete
gewährten, fotl burcb eine billige 9iücffid)tnabme auf wirf liebe Stalente feitent ber
Oiegierung ausgeglichen werben.
Sn ber Ginfefcung einer fpeeieHen Surp für bie ^reitcertbeilungen, einer Art
höheren Unterricbttratbet für Äunftftubien, fiebt man eine Sefreinng ber ficole
des Beaux-Arts »on ber Afabemie. ©ie größten SÜefuttate erjiele man in ber
Äunft burcb bie Freiheit, welche auf biefe Art bem ©elfte bet Äunfhmterrid)tS
eingeprägt werbe, föian fiebt barin eine $b a fe jener wahren Oicoolution ber Sntel*
ligenj unb föioral, welche fid) in allen 3®eigen ber Abminiftration ju ©unften
ber Arbeit unb bet Unterrichtet »ollgie^t unb 3 War ohne Srüd)e unb Umwälzungen,
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mit bet 35eoife: „Acta non verba“. Späten nicht Sßorte! baS ift ber ©uccuS
bet SeweiSfüptmtg, welcpe ton ben Slnpängern ber Reform gegen bie 23erfechtet
ber alten Orbnung geltenb gemacht wirb. Umfonft paben SitgreS unb SSeule ben
©dpeiit aufrecht gehalten, als fei bie Stefcrm bloß erft ein fProject, baS fid) nocp
abwenben" taffe. Spre $)rotefte gegen bie Reform traben oon 6. EpeSneau unter
bem Sitel: „Le Ddcret du 13 Novembre et l’Acaddmie des Beaux-Arts“ eine
Entgegnung erfahren, weldie in 2luSbrücfen unb '})erfönlicpfeiten alles überfteigt,
waS in unfern beutfcpen 'Polemif als ÄriegSbraucp gilt; ber Refrain unb baS Enbe
tont Siebe ift audp pier baS fait accompli — bie ^Reform ber ßcole des Beaux-
Arts ift eine Üpatfadpe ».
®efd)id)te beß Kriege« in $atmouer, Reffen uub SSeftpijalen non
1757 biß 1763.
9ta<p bisher unbenüßten panbfcpriftlicpen Driginalien unb anberen Quellen politisch*
militärifcp bearbeitet ton <L tfrnanarb, Bormals .fpauptmann im turfürftlicp |>effi*
fd^en ©eneralftabe.
(@rftei Sanb. fiajfel 1863, bei 'JfyeofcDi gifdjev.)
23i8per ift ben Ereigniffen beS fiebenjäprigen .Krieges auf beffen weftlicßem
©cpauplaße nicht biejenige Stufmerffamfeit ju Jheil geworben, welche ihnen fowopl
in militärifeper als auch in politifcper öejiepung unb überhaupt fd)on teßpalb ge=
bührt, weil jener jweite £)aupttpeil beS genannten ÄriegeS ton Jßicptigfeit für baS
gtüitblidpe 23erftänbniß beS ganzen .Kampfes ift unb weit bie befannteren 23orgänge
auf bem öfttiepen (Scpauplaße nidpt feiten burep bie Unternehmungen ber fogenann*
ten „alliirten särmee" bebmgt, ermöglicht ober fonft beeinflußt würben.
1 2)er |)erfonalftatuß ber reorganijirten $)arifer ^unftfcbule ift nach
©tretß „Journal des Beaux-Arts“, toelcfyeß bie imperialtftifcben Reformen an ber Variier
ficole des Beaux-Arts in 0dj>ufc nimmt unb bie 3uft5nbe an ber ehemaligen ftunftfchule nic^t
int beften fcidjte fdjitbert, folgenber: N. gleurp, alß (5^ef ber Verwaltung unb Sirector (für fünf
3ahte); ber Unterrichtßrath beftebt aue ben .penen 6er$og oon Nfornp, ©raf NieitmerFerFe,
9R. gleurp, 2)uret unb ©aoalicr, Vilbhauer; be ®i|onß unb $cfue( v 3lrcbitecten; 31. Nfartinet,
äupferfteeber ; 2)umaß, Sfterimee, $b. lautier unb (General ^Joiget, alß ÄunftFenner unb ©e«
lehrte; 2. ©eignet unb ©. Niüller, beibe £iftorienmaler, unb ber Änpfcrftecher gorfter haben bie
^Berufung in ben Unterricbtßratb nicht angenommen. $en wiffenfchaftlicben Unterricht leiten:
Viollet*(e*£uc, ber Slrdjaologe .freuten, ber N?cb. 3)r. £uguier (Anatomie), ©hemllarb (^erfpec«
ttne), $)aftcur (Naturwijfenfchaften), grancoeur (©lementarmathematif), 9lmt)ot (beßeriptioe 3lna*
tomie), SNilet (©onftructionßlehre unb Verwaltung). 311* 3ltelierd)efß fuitgiren bie Italer: ©uba«
nel, ^ilß (ein Nachfolger Vernetß) unb ©erome, bie Vilbbauer Souffroo, $umont unb ©uil-
laumej bie Urchitecten ©. £)ufeur, ^accarb unb gaiene: ber Äupferftecber .penriquel«;S)upont unb
ber SWebaifleur garachon.
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247
©ie „aUttrte 9ltmee" Bcftanb auS ertgftfdjen, preufjtfchett, hamtooer’fchen, ^efft=
ftfyeit, braunfchwetgifd)en, lippe=büdeburgif<hen unb fachfen=gothaifchen Gruppen unter
ber Mführmtg be§ .£>ergogS getbinanb oon Braunfd)weig=Sünebutg.
©er erwähnte weftliche ÄriegSfcbauplafe, auf welchem bie attiirte unb bie fron*
gcfifd)e Slrrnee in ben Sauren 1757.Bis 1762 einanbet befämpften, erftredte fich
oon ben unteren 9Raingegenben in ni'rblidjer [Richtung bis an bie untere ©Ibe
unb bie SRorbfec. ©egen SBeften unb [Rorbweften fchloffen fid; bie ©egenben be§
[RheittS ober ber ÜJtaas an unb oftwärts würbe bie ©Ibe erreicht, ©S umfaßte
bemnach biefer weite [Raum im Serben bie h«nnooer’fchen unb olbenburgifdjen
Sanbe nebft Braunfchweig, ben betben lippe’fcfjen gürftentlmmem unb bem Bremer
©ebiete; ferner im Often einen beträchtlichen £i)ei( ber preufjifdhen ^rooittj ©a<h=
fen fammt Steilen non Mf)alt; im ©üben baS gange Äurfürftent^um Reffen (bie
bamalige Sanbgraffchaft £effen=Äaffel, freilich mit geringerer Bobenfläche), SBalbed,
bie barmftäbtifdje fProoing Ober=tpeffen unb ben weft(id)en Sbeit oon S^üringen;
enblidj im SBeften Steile beS tpergogthumS [Rafjau unb ber preuf)ifd)en [Rhein*
prooing, inSbefonbere auch bie ©egenb an ber unteren 9RaaS (Sitnburg), bann gang
pteufjifch SBeftphalen nebft bem gunachft ben [Rhein berüijrettben ©rengbegirfe $ol=
lanbS. 3n biejem ©ebiete waren es inSbefonbere folgenbe ©egenben, welche ben
©cbauplafj für bte meiften Operationen abgaben. Born ©üben nach korben bte
untere SRainebene, bte SBetterau; ihnen fc^lcffen fich bie Saint*, ©bber*, ©cf)Wa[m*i
gulba* unb SBerra* refpectioe SBefergegenben nebft ben ©egenben ber 'Mer an,
beibe lejjteren bis über SRinben unb ©eile hinaus. ©egen SBeften waren eS bie
©egenben an ben Duetten ber ©ms unb Sippe, ferner biejenigen $heile be8
fRhetngebietes, welche rechts ber Sippe unb gwifchen biefem gluffe unb ber [Ruhr
liegen, unb enblich bie beiben Ufergegenben beö fR^eirtS refpectioe ber SRaaS ton
Äöln bis über ©leoe hinaus.
©er gelbgugSplan beS ÄönigS griebtich n. oon '])reu§en für bte attiirte
Slrrnee betraf bie gemeinichaftlicbe Bertheibigung ©eutfchlanbS unb fufjte im Mge*
meinen auf ben oorauSfichtlicb ftattfinbenben Operationen bet frangöfifchen Slttnee,
wie folche oon bem fPreufjenföttige nach ben bamaligen Berhältmffen angenommen
würben, ©etfelbe fchlug gundchft bie Behauptung ber geftung SBefel oor, um bar«
auS einen [J)laj 3 für bie Miirten gu machen, mittelft beffen man .£>ert beS [Rhein*
Überganges bliebe. SBeiterS wollte ber Äönig bie Slrmee an einem geeigneten fünfte
hinter ber Sippe gwifdjen SBefel unb Sippftabt oerfammelt wiffen, um gegen ben
[Rhein ober gegen bie SBefer manöeriren gu fonnen. ©oflten ferner bie grangofen
nach Reffen fich wenben, fo oermödtte bie Slrmee an ber Sippe burch ein Bor*
bringen gegen gratiffurt jenes Borhaben gu eereiteln; io wie berat auch währenb
ber Beit, wo fich bie attiirte Slrmee oom [Rheine entfernt hätte, ein genügenber
SBiberftanb oon SBefel geleiftet werben fönnte, um baburch bie Unterftüfjung biefer
geftung oon ©eiten ber genannten Slrtnee gu ermöglichen. CSnblid> fei nicht angu*
nehmen, bap, fo lange SBefel fich überhaupt Balte, bie frang5fifc£>en Sruppen beS
SRiebetrheinS tief in SBeftphalen einbringen würben.
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248
©ie§ ftnb bic .^auptfeiten beS Tbcma’ 8 , ba§ ber Gerfaffer be9 oorliegenben
SBerfeö burd) @d)ilberung ber 2f>atfad>en 3 U illuftriren hatte. ©er 5Reid)t^um an
gebrudten unb ungebrucften Quellen, bie er habet benüjjt t>at unb n?elcf>e er auf*
jäfylt, würbe an ftd> .[eben ben Geweih liefern, wie emft unb gewiffenhaft er feine
Aufgabe genommen hat, unb nur nebenbei feniten wir nid)t ganj unfer Gebauem
oerbergen, unter ben oon ihm angeführten gebrueften Quellen bie einftige „Qefter*
rei<hifd)e militärifd)e Bcitichrift" ju oermiffen, bie in ihren früheren Jahrgängen
treffliche Geiträge ju ben Vorgängen auf bem eftlid)en $rieg§f<hauhlaj)e gebracht
hat, welche bei bem Bufammenhange unb ber SÖedjfetwirfung ber Gegebenheiten
auf bem einen unb bem anberen Territorium allerbingh ber moglidhft genauen geft*
jteUung beburften.
£ieoon, fo Wie non bem Umftanbe abgefehen, ba§ bie ©ompathieen be§ Ger*
fafferö entfliehen mit ber alliirten 9 lrmee gehen, müffen feine 3lnfichten im ©efent*
lidjen al 8 unbefangen, feine Urteile als gerecht unb unparteiif* anerfannt werben,
©eine Gorliebe für griebrid) II. bmbert ihn nicht, bie Titgenben, Gerbienfte unb
hohen @igenfd>aften Giaria Thcrefia ’8 mit ©arme ju rühmen unb bah „unbe*
ftreitbare Ged)t ber „Äaiferin" gujugeben (©. 11). Giinber flar ift itnS, wa 8 ber
Gerfaffer im Gorwort (©. III) unter ber „heutigen abenblänbifchen ^olitif" »er*
fleht, welche fdjon barnalg burd) s ))reuf 3 en unb (Snglanb oertreten worben fei, wäf)=
tntb Qefterreich, gtanfreicb x. beren Unterbrüduitg erftrebt hätten.
©d)arf unb bejeichnenb fittb bie ©chilberungen, welche ber Gerfaffer oon ber
alliirten Ülrmee im ©anjen, wie oon ihren einjelnen Kontingenten, bann auf bet
anberen ©eite oon ber frangßfifchen Slrmee giebt; wir lernen bataug nicht bloft
bie 3 ufammenfef}ung, bie inneren Ktnrid;tungen, bie Gerpflegunggart, fonbern au*
ben ©eift ber oerfchiebenen Truppenfßrper genau fettnen Kben fo laffen fowohl
bie ©arftellungen ber 3üge, Bufammenftßfe, ©efechte, Schlachten unb Gelagerun*
gen, wie auch bie baran gefnüpften Urtheile unb Geweiöfübrungen nirgenb ben
erfahtenen, grünblich gebilbeten militärtfd)en Fachmann oerfemteit. Knbli* tragen
au* bie politifd)=l)iftorifd)en Ueberfidjten, in welche ber Gerfaffer gewiffe Beiträume
jufammenfafct unb ju einem ibealen 2 lbfd)luffe bringt, ben (Sharafter ber ©ad)*
fenntnif), reifen Ueberlegung unb ©ebiegenheit, unb fo förnten wir ber weiteren
gortfefcung be 8 ©erleg — ber big jejd erfchienene erfte Ganb behanbelt bie gelb*
jüge oon 1757 unb 1758 — nur mit lebhaftem Jntereffe entgegenfehen.
H. M.
* Sa« erfte Soppetbeft (Jänner big gebruar) ber „'Fiittheilungen ber f. f. Ken*
tratcommifften", heraubgegeten unter ber Leitung ©r. Kjcefletij beb .fcerm Garen 4) et*
fert unb unter ber SRebactien beb Sr. 31. 5R. e. erg er, enthält fetgenbe 2tuffäfce:
„liebet bie djriftlicben GJepänncben", oon St. granj Ged; „Sab Kiberium oen
Äleftemeuburg", oen 'Ittbert Kamefina (mit 2 Tafeln) unb aufjerbem mehrere Heinere
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©eiträge; ©orrefponbenzen (über bie f>cf 3 fir<f>en im 9torboften Ungarns. — Sie neue-
ften Ausgrabungen in Laibach) unb ©efprechungen.
* lieber bie 91targaretba ©laultafcpe bat fPrcf. 3iugerle in JnnSbrucf, non
bem foeben (bei ©raumüfler in ®>ien) „Sie beutfchen Spruch werter im 3fiit*
te(alter" erfebienen ftnb, alle Sagen gefammelt, tpeilS aus bem ©olfSmunbe, tpeilS aus
älteren Schriftftücfen (JnnSbrucf 1863, bei Magnet). SSofoer baS üJocbterlein beS
ZcgS ^eittrid) bon Äärnten ihren feltfamen ©cinamen erhalten hat, ift ziemlich ungewig.
Sie einen meinen wegen ihres weiten unförmlichen 9JiunbeS unb ihrer perabhängenben
Äinnlaben — bem wiberfpricht aber ein gleichzeitiges Portrait, welches ftch jefct in ber
Ambrafer Sammlung fcefinbet (abgebilbet in ^crmaprS hiftorifebem Jafcbenbucb 1828),
teomach fw gar nicht häglid' erfchetnt. Anbere leiten ben tarnen non einer 9JlauIfcpefle
her, bie fie währenb ihres Aufenthaltes am herzoglichen £)ofe zu 9)iümpen im Japre
1359 erhalten haben fett. ©üblich fotl fie baS ©eiwert bon ihrem Scplcglein bei Serlau
erhalten haben, welches ganz ebarafteriftifep für beffen ©efeftigung italienifcp mala tasca
(©lauSfalle) bieg, woraus bann baS ©off ftch eine munbgereepte Umfepung in SJlaultafcpc
machte. Somit f;at unzweifelhaft ein ganzes Aggregat bon ©erbältniffen zu biefern Flamen
Zufammengeholfen. Jn ben Sagen, weld>e häufig jebeS gefd;icbtlid?en ©runbeS entbehren
— eine piftcrifcpe Abhanblung hat fProf. Sr. A. £>ubcr berfagt, welche bereits in zwei
Auflagen erfebienen — ift fie ein gewaltiges, unbänbigee 5£eib, friegSluftig unb gomig r
eine wilbe 3crftörerin afler Schleifer unb ©urgen, unerfättlicb in ber Siebe, ©ift imb
3auber!ünfte flehen ihr zu ©ebot; bemgemäg ift auch ihr ©nbe ein unnatürlid;eS irab
ihr „Umgehen" als Spucf unb riefigeS ©efpenft erflärlicp. SaS ganze Silb, welches bie
Sage bon ihr geschaffen hat, fleht bem ©enterfei einer Unholbin fprechenb äpnlid;. Sem*
gemäg ift eS niept gewagt, anzunehmen, bag ftch an bie berüchtigte ©räfin nur uralte
©elfStrabitionen angeflammert haben, bag bie Sagen bon ihr nur ber ©ieberfchlag biet
älterer ©iptpen unb Mähren ftnb. Senn in Schottlanb unb Schweben unb in ScpleS*
wig*£olftein erzählt man ftcf> faft baSfelbe bon einer Sänenfenigin, ber fchwarzen Mar¬
gret, hinter welcher wieber feine geringere ^erfenlicpfeit fteett, als bie norbifche ©rib, bie
unheimliche llnterweltSgcttin, welcpe ftd> mit ber ©infüprung beS ©briftentpumS fogar
unter ben TOantel ber h. Margaretha geflüchtet hat, benn auch bieS mug er fid; gefallen
(affen, um als $>etterfrau unb Patronin für allerlei ©orfommniffe beS 2eben$ angerufen,
berehrt unb gefürstet zu werben. — So ift benn biefe fleine Schrift ein werthbotter
©ertrag zur ©efebiepte ber beutfepen 9Jiptbenfcrfd)ung unb 9Jlptbolegie. (91. 9Ji. 3-)
S ©eriept ber Cebenhurger £>anbe(S* unb ©ewerbefammer über
bie 3uftänbe ber Jnbuftrie unb beS £anbelS in ben Japren 1860 bis
1862. Debenburg 1863. Sie ftanbelSfammer in Debenburg wirb nur bon wenig an*
bereu bezüglich beS ©iferS in ber Ausgabe ihrer 9tacbweifungen übertroffen, ©rft im grüp*
fahr 1862 ift ipr ©erid;t über ©obenprobuction unb Jnbuftrieerzeugniffe, 1857 bis
1860, ein mächtiger ©anb in ©rogoctab mit mehr als 500 Seiten unb zahlreichen
Tabellen, erfepienen, unb in weniger als zwei Jahren folgt biefern bereits bie neue, oben
angezeigte ©ercffentlicpung, in welcher bie Jnbuftrie- unb £>anbelSberbältniffc beS Äammer-
bezirfeS währenb beS näcpftfolgenben SrienniumS erörtert werben. So(<per gleig ift poch*
lieh zu loben, um fo ntepr, wenn bie ©efchleuntgung ber Arbeit ber ©rünblicpfeit feinen
©intrag tput. ?eiber fann bieS bon ber neueften Seiftung ber Debenburger Äammer niept
im Allgemeinen gefagt werben. ©>ir finben nämlich zwischen ben Angaben beS jüngfteu
©eri(pteS unb jenen beS borauSgehenben mehrfach fo erpeblicpe Abweisungen, bag bie*
Selben nicht immer burep neue, genauere Aufnahmen erflärlicp werben, foubern bisweilen
ganz rätpfelpafte ©>iberfprücpe bilben. So z* ©• gtebt ber ältere ©eriept bie Area ber
Seingärten mit 159.021 Jocp an unb ben ©rtrag eines JocpeS mit burcpfcpnittlicp
17 ©intern, was billig, ja etwas niebrig erfepeint, ba anbere Duellen baS burepfepnitt«
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250
Hefte ©rtrdgnig bei* ungarifchen Weinberge mit 30 ©intern für baß 3och angeben, ffiie
lägt ftch aber brei Sabre fyäter ber plc^Ucft auf 40 ©imer geftiegene (Ertrag eitteß
Socheß erflären, burch welchen bie SBeinfechfung beß Kamttterbegirfeß, nach Abfchlag oen
28.000 (Sintern, bte burch ben Suwacbß ber Murinfel l)tnjuge!ommen r non 2,689.000
auf 6,612.000 (Sinter fteigt, gang abgefe(;en nett ber tabellarischen 9tachweifung beß
alteren ©erichteß, welcher baß jährliche ©rgeugnif? an Sßeinmoft auf S. 237 für 1857
unb 1858 etwaß über, für 1859 unter einer 'Million ©imer beziffert 4 ? -Der ©efammt-
flächeninhalt beß Schmargfohlenbergbaucß im ©arantycr ©ontitate l;at ©nbe 1857
808.926, ©nbe 1862 4,637.306 Sßiener Quabratflafter betragen, eine Steigerung,
welche ungeachtet bee rafd>en Auffdnuungeß biefeß Snfcuftriegweigeß gang unwabrfpeinlich
ift unb wohl baburch ©rflärung finben bürftc, bag in ber legieren 3ljfer auch bie 2ag»
maften, in ber erfteren nur bie ©rubenmagen eingered;net ftnb. ©ben fo oerbienten bie
gang erftaunlichen Schwanfungett im ©eftanbe oon Kleingewerben Auffldrung, wie unter
Anberem für 1859 2036, für 1862 1292 Schufter,
„ „ 2817, „ „ 1509 Bifc^ntetunacfter,
„ „ 218, „ „ 153 SRiemer,
„ „ 2533, „ „ 1487 Schneiber,
„ „ 251, „ „ 194 Kegen^effchneiber
aufgefübrt werben, obwohl burch ben 3uwachß ber Murinfel eher eine Vermehrung alß
Abmittberung biefer .panbwerfe gu erwarten wäre. ©Icich unwahrscheinlich ift baß Stnftei*
gen anberer, ftd) gemeiniglich nicht übermäßig rafch mehrenber ©ewerbe, wie ber Maurer*
meifter bon 159 auf 263, bet 3tmmermeifter bon 131 auf 228. Solche nicht aufge-
fldrte Siberfprüche haben befe golgen, fte ntad'en bie Quelle berbäd>tig unb gegen bie
©enüfeung beß bielen Sntereffanten argwöhnifdt, baß ber neue ©eriebt ber Debenburger
Kammer gang gweifelloß bietet. So ift ber Abfchnitt über bie SeibengucS fet;v anschau¬
lich, wir erfahren barauß, bafg baß gregte berartige ©tabliffenient im ©egirfe, bie 3iwfen*
borfer Seibenfilanbe, ben SKüdgang, welchen fte burch bie Oiaupenfrantheit eine Steihe bon
Sahren erfahren, mit 1862 wieber glücflicb überwunben unb ftch bon 4890 Pfunb ©a-
letten, welche fte im 3abre 1859 gürtete unb cinlbßte, 1862 auf 16.489 ^>funb ge»
hoben hat. Sehr ©emerfenßwertbeß bieten bie Abfcbnitte über baß ©ewerbewefen im All¬
gemeinen unb über SRechtßpflege. Auch fyex begegnen wir wieber ben Klagen über bie
Mangel beß reactibirten ungarifchen SBechfel» unb ^anbelßrechteß unb ben Schaben, wel¬
chen ber .panbcl ttnb ©erfehr bieburch ben übrigen ?änbem ber Monarchie wie bem Auß-
lanbe gegenüber erleibet. Sdjon haben biefe Klagen ©inigeß, obwohl biß jefct weniger
Söefentlicheß erreicht, unb eß fteht gu gewärtigen, baß berlei competente, ftch immer wieber
erhebenbe Stimmen enblich burchgreifen unb baß ungarifd?e £anbclß- unb ASechfelrecht
mit ben Anforberungen ber Beit in Uebereinftimmung bringen werben, ©in tleineß, aber
überfichtlicheß Kärtchen beß ©egirfeß mit Angabe ber heroorftedwnben ©oben- unb 3nbu-
ftrieergeugniffe bei ben eingelnen Drten ift eine feftr banfenßwerthe 3ugabe beß ©ud?eß
unb oerbient allgemeinere 9tad;ahmung, alß bieß bißl;er gefdu’hen ift; bed) wäre eine
Sarftellung ber oorgüglicheren ©rtragßarten burd? garbentene nod? entfprechenber, ba eine
fekhe mit einem ©lief baß ©leicbartige erfaffen lagt, wäbrenb eß auf ber beigegebenen
Karte mühfam auß ben fel;r fleinen 3eichen S’raußgefucbt werben muß.
* Am 6. gebruar fanb im ^runffaale beß 91ationahnufeumß gu ^>efth bie ©ene-
raloerfammlung ber Kißfalubp-©efellfchaft im ©eifein eineß gasreichen unb ge¬
wählten publicumß ftatt. Sie „Ung. 9i. fc berichten bariiber: Sie Sifcung würbe mit
einer SRebe beß ^Prdftbenten ©aron ©ctooß eröffnet, in welcher er nach einer furgen
itberftchtlicheu Sarftellung ber 3uftänbe ber heutigen ?itteratur Ungarnß unb einem —
unferer Anficht nad; etwaß gewagten — Vergleiche mit ben ?eiftungen ber Jitteraturen
frember ©olter, gu bem Schluffe gelangt, bag bie ungarifche Sitteratur nur in einer ©e*
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gtefjung bie anberen übertreffe, t. i. im ^Cuöbrucf patriotifcher ©efühle, ein Umftanb, ber
für ben inneren 3ufammenbang ber ungarifdum Sitterahtr mit beut Seife geugt. 2)ie
SRebe fd'ließt mit einer 'Mufferberung, bie Nation möge bie nngarifebe Sirteratur mirffam
unterftüben. Sarauf felgte ein Vertrag bes 9?ereinöfecretärS ©regufs. 2>ie ©enfrebe
beS 33arcn Sigmunb Ä‘ernenn auf Screemartp iebilbert juerft bie Kultur* unb Sit*
teraturjuftanbe Ungarns rer bem Stuftreten i>orcsmart v’s jientlich ausfübrlid'unb geht
bann auf bie ©irffamfeit bes gefeierten SüidrterS über, beffen 5Sertb unb Sebeutung er
treffenb ebarafterifirt. KincS allgemeinen 33 ei fallet erfreute ftdi bie Satire: „2>ic mobeme
33ibel" ben Sofeph Sjefdcs. hierauf erfclgtc ber ©eriebt über ben (Srfclg ber $>teiS*
ausfebreibungen beS versoffenen Sabres unb bie ©ambaftmadmng btnr für biefes Sah*
auSgefchriebenen greife.
V. Sn Seipjig ftarb am 11. gebrnar b. 3- einer ber ehrenmertheften Vertreter
be$ SoumaliftenfianbeS, SDr. Hermann ©larggraff, in geige einer 33iuftfeöentgün-
bung. (Sr mar als ber jüngere 23ruber beet AunftäfthetiferS SRubolf ©Jarggraff in ©tün¬
chen 1809 in 3üllicbau in ber preußifd^en 9'leumart geboren, erfcheint febon 1836 bis
1838 als? SRebacteur beS „berliner KonverfaticnSblatteS", privatifirte bis 1843 in
Seipjig, bann in ©tünchen, mar burch verfebiebene Sabre an ber SRebaction ber „Sttlge*
meinen 3eitung" in StugSburg betheiligt unb übernahm bann bie Seitung ber r ,$eutf(£en
3eitung" in 4)eibelberg unb granffurt. 91acb bem 3luf hören biefer 3eitung führte er in
granffurt ein fleinexeS Organ ber göttlichen Partei, ben „äJelfebcten", lebte — menn
mir nic^t irren — einige 3eit in Hamburg unb trat 1854 bie 3tebaction ber „Starter
für litterarifcbe Unterhaltung' 1 in Seipjig an, meld)c er bis ju feinem 2obe in ber an*
erfennungsmertheften Seife beibebalten h at * 2)id)ter machte ©larggraff fein ©lücf,
feine Srauerfpiele „Hrinrid; IV." unb „JTaS Sdubdien non Mmfterbam", mie feine bu*
moriftifcfyen Gablungen „©ebrüber $ped>'\ „3ol;anneS ©lafel" unb „grifc Seutel"
3 eugen für baS Uebermicgen beS SerftanbcS über bie $Ph an * a fi c - ®afür maren feine litte*
r an) eben Mrtifel ftets grünblicb, mit Sanne für bie Sache unb anregenb gefebrieben.
Süchtige beutfdje ©efmnung unb ein reges StanbeSgefüljl leiteten ihn in ben 3^itfragen.
Seine MrbcitSfraft mar ungemcbnlicb; aber trefe feines gleiße* fotl er feine gasreiche
gainilic in ziemlich bebrängten ÜBerbaltnifien jurütflaffen. (SS ift nicht ju bejmeifeln, baß
bie Schiller-Stiftung, melcbe ihn felbft im vergangenen Sabre burch ein ©efebenf über*
raffte, ficb nun auch ^ er Ainber annebmeu mirb. Slußer ben febon genannten Süchem
fchrieb ©larggraff: „33ücber unb ©lenfcbcn", 1837; „ScutfchlanbS jüngfte Sitteratur*
unb Kulturepoche", „$)olitifd)e ©ebidrte aus SeutfcblanbS ä>orjeit" 1843. gemer rebi*
girte er mit «perloßohn unb 33lum baS „Mtlgemeine Jheaterlejtffon" nnb 9 a ^ ^mft
Schuld gefammelte SÖerfe heraus.
S. 3>ierunbbreißigfter föecbenfcbaftsbericht ber SebenSverficberungS*
banf für $eut feblanb. ©etha 1863. tiefer von bem als Statiffifer renommirten
herjoglicb fdcbftfchem ginanjratbc unb 33anfbirector ©. $opf rebigirtc Sericbt verbient
neben feinem Hauptinhalte, melcber baS ©ebenen biefer älteften unb blühenbften aller
beutfepen i^erftcberungsanftalten ans Siebt ftetlt, auch babureb 33eadrtung, baß bemfelben
eine vollftänbige Statiftif ber beutfeben iH'rncberungSanftaltcn beigegeben ift. ®iefe 3n-
ftitute fodaler Selbftluilfe, in ©nglanb febon feit ber ©litte beS vorigen 3ahrl;unbertS
blühenb, haben in 2)eutfd)lanb erft fpdt guß gefaxt, bafür aber in ber neueften 3cit
befto rafcheren Muffcbmuitg genommen. 3)ie im 3at)re 1827 gegrünbete 33anf in ©otha
ift bie altefte berlei 3lnftatt, im nächften Sahre folgte ihr bie i>erficherungSanftalt in
Sübecf, 1830 jene in Seipjig unb Hannover, 1834 bie Assicurazioni generali in
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252
trieft. Sn ber DIitte biefeß S^rbunbert6 war bie BciT'I erft auf 12 3lnftalten, barunter
bic 1839 geftiftete allgemeine Kapitalien- unb fRentenverficberungßanftalt in $öien, ge*
fliegen, Welche gufammen 46.980 eingefchriebene *))erfonen unb eine £>erftcberungßfumnie
t?on 58 9Rillionen Jbalem gäl)lten. 1855 aber waren febon 18 unb ©nbe 1862 28
Stnftalten inß Sieten getreten, barunter 25, über welche bie Biffemangaben vorliegen, mit
152.121 »erficherten sperfonen unb einem iu’rftdjerungßbcftanb von 155 SDiitlionen
Jljalern. Sie ©othaer 33anf fielet bezüglich beß Setriehßumfangeß obenan, fte gät^lt
23.537 ^erfenen mit 38*8 9>iit(. Jhlrn. Kapital. Sen gweiten $>l afc aber nimmt bie
bfterreiebifebe Afficuragicne in Jrieft ein, welche 10.000 i>erfuterte mit 14*5 SRill.
2l)lrn. aufweißt, mehr alß 10 SRitt. gdf>lt noch ter Anfer in 5$ien, aufjerbem nur nod)
3 Anftalten, gu Berlin, Äcln unb Siibetf. 5Me Riunione adriatica in Jrieft mit 4*6
SJlill. nimmt bie gehnte, bie allgemeine wecbfelfeitigc ©efellfebaft in $$ien mit 4
bie gwclfte unb bie erfte bfterreiebifebe i'erftcberungßgefcllfcbaft in 3S>ien mit 2*3 9)litl.
Jhlrn. bie feebßgehnte Stelle unter ben beutfeben Anftalten begftglich beß ©efchäftßuntfangeß
ein. Sie fonftigen Eingaben über $>rämieneinnabme unb lünaußgablung für Sterbe>
fälle, bie ©efcbäftßfonbß k. gewähren intereffante ©inblitfe in bie ©ebabrung ber eingel-
nen Snftitute unb bie Art ihreß ®efct>äftöbetriebeß, unb eß laffen jtcb befonberß begüglicb
ber Quoten, welche ber s i>erwaltungßaufwanb von ber jährlichen ©innahme in Anfprucb
nimmt, tiefgebenbe Schlüffe auf baß 5öobl ber betheiligten ©inleger sieben. Auch in
biefer «pinficht werben bie beiben älteren Wiener Anftalten, mit 16 pßt. 35erwaltungß*
foften von ber Sahreßeinnahme, nur burch wenige ber älteren unb größeren Snftitute
Seutjcblanbß an Sifligfeit übertroffen.
*
Saß Jobeßjabr Sav. Jenierß beß Süttgeren ift jüngft bureb -£>erm be
3?rou in ben ©ulletinß ber t. belgifctjcn ©emmiffien für ftunft unb Archäologie feftge*
ftellt worben; eß ift ber 11. gebruar 1685. Sie bisherigen Angaben fd)wanften gwifeben
1690 unb 1694.
*
D. (5Som beutfeben Sü^ermarfte.) Unter ben unß in biefer äßoehe vor*
liegenben fpärlicben Novitäten auß ben verfebiebenften ©ebieten ift eß gundebft ein
geograpt>ifd>eö $>rad)twerf, baß wir gu erwähnen haben. 5ßir meinen bie lange erwartete
t ,33efcbreibung ber SReife beß 4>ergogß ©mft von ©oburg in Aegvpten unb ben ßänbem
ber £>abab, Dienfa unb Sogoß", bie jeßt in einem ftattlicben, würbig ausgeftatteten
gclicbanb erfebienen ift. Ser Sejrt ift gum größten 2heile von bem .pergog felbft bear*
beitet worben, nur bie 33efcbreibung beß Scbluffeß ber SReife rührt von ber ©emablin
beß heben SReifenben her. Sie £auptgierbe beß 2ßerfe$ bilben gwangtg fcpön außgefübrte
garbenbrutfbilber nach 3eid;nungen beß -Dealer* .firetfehmer, hinficbtlicb tccbnijcbcr SSolien»
bung jeboch ben garbenbruefbilbern in ber „Steife beß greiberrn v. 33ernau" naebftebenb.
©inen bei bem neu erwachten ©ifer für ©pmnaftif unb leibliche ©rgiebung fehr
geitgemäßen SJeitiag gur ©efebiebte ber ^äbagegif veröffentlicht ber s J)rivatbocent Sr.
©raßberger in Sßürgburg in: „©rgiebung unb Unterricht im clafftfcben Alterthum, mit
befonberer Otücfficht auf bie Sebürfniffe ber ©egenwart“. Sie biß jefct erfebienene erfte
.pälfte beß erften Söanbeß (bie leibliche ©rgiebung bei ben ©riechen unb Römern) enthält
nach ben Quellen bearbeitet bie Sarftellung ber bureb allen SSecbfel ber 3cit biß auf
unfere Jage faft unveränbert gebliebenen Änabenfpiele unb gpmnaftifcben Uebungen. Sie
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25S
SUtn befferen 3>erftanhnifs unentbetyrlid;en Abbilbungeti feilen erft nach Erfdn'inen her
Streiten Abteilung außgegeben trerhen.
Schn Stuart SDiillß berütymteß „l^etyrbucty her ^atienaletcncmte", int Crt^inal be¬
reite in fünfter Auflage, ift jefot in her streiten Auflage in beutfetyer Ueberfetung ren
S ent beer erfebienen. Ein neuer 33etreiß für hie große 33eheutung biefeß ©erfeß.
So fetytrierig eß ift, einer neuen 3^'itfcbrift (Erfolg gu rerfebaffen unh ihre (Sjrifteng
SU fictyern, bringt hed) febeß neue Satyr neue Untcrnetymungen tyetrer. ffllit hem laufenhett
Sabre beginnt ben elften Satyrgang: „Ecß. Sühheutictye 3eitfctyrift für $)tyilolegie unh
©pmnajtaltrefen", beraußgegeben ren Urlid;ß unh Star!, fohann: „3t'itfftrift für
Armemrefen, Armen* unh Äranfeitpflege", tyeraußgegeben ren g. r. tRcqueß , ferner:
„3«tfctyvift für (Kapital unh SKente. ffliitttyeilungen auß ben ©ebieten her Statiftif, 9ia*
tionalöfenomie, ÜJerfe, ginanstnefen k\", beraußgegeben ren 91. 93c cf er. Eß fei tyier ge*
ftattet auf strei im uergangenen Satyre begonnene 3ritfcbriften für 9iatienalofenomie bin*
SUtreifen, hie ficty auffallcnh balh beliebt gemacht unh einen großen l'eferfreiß ertrerben
haben. 3Ö>ir meinen hie: ,,5>ierteljahrßjd;rift für 5>olfßirirttyfctyaft unh Gulturgefcbid'te'',
tyeraußgegeben ron Snl. gauctyer, unh w £)ilbebranbß Sabrbüctyer für s 3iationalbfencmie
unh Statiftif".
P. (2>om franscfifd'en 33üctyermarft.) i>on gr. 93ionnierß 53ücty(ein über
Alcuin unh Aarl hen ©roßen erfdnen eine s^cite rermetyrte Auflage: „Alcuin et
Charlemagne avec les ffagments d’un commentaire inädit d’Alcuin sur St.
Matthieu“. Sn hem erften Abfctynitt trirh Sllcuin alß fetyrer, in hem streiten alß 2beo-
lege gefctyilhert. $er hritte Abfctynitt betyanhelt feinen 9lufenttyalt in 2eure.
Ein Sbucty ron E. SBorntß tyat hen Afahemiepreiß errungen. £aßfelbe fütyrt hen
2itel: „Histoire commerciale de la ligue hans&itique“ unh befebäftigt ficty nacty
einer Einleitung über hie ©efcbictyte bce .ftanhelß im Allgemeinen mit hem Urfprung her
.franfa, fo trie mit heren Aufblütyen unh Verfall biß nacty hem Sd;luffe beß hreißtgjäty*
rigen Aricgeß. ©ir tyaben ferner eine hiplomatifdte ©efctyictyte sn erträtynen, heren ©egen-
ftanh hie Entftebung heß orientalifcben Äiicgeß ift — „Histoire diplomatique de la
guerre d’Orient en 1854, son origiiie et ses causes per X. Tanc“. Äinglafeß
93ucb über biefelbe Angelegenheit rerfolgte anhere 3n?ecfe. £ie Spityc feiner JDemonftra»
tionen trar gegen hen frangefifeben AUiirten gerictytet unh felbft in Englanh trirh eß alß
eine feine Partei]d;rift betrad;tet. Jane tritt nur hie hip 1 ontatifeben Hertyanhlungen unh
hie ffliißgriffe auf$äblen, treidle allmälig, tro^; heT grieheneliebe im Allgemeinen, hen Arieg
tyerbeifütyrten; aber sngleicty feil, trie eß jebeint, betriefen trerhen, haß granfreicb nuT ror-
trärtß sn geben braucht, um Englanh fictyer an feiner Seite su finhen. $aß follte nun
aucty, nacty 2anc$ Anficbt, mit her pclnifctyen grage in Scene gefegt, h. ty. Englanh mit
JRußlanh in Arieg rertricfelt trerhen, hamit bann ftyäter haß frangcfifcbe Eabinet, trie
nacty hem orientalifcben Äricge, hutcb generofe Conceffionen SRußlanh ficty rerpflictyte. ©ttraß
ätynlictyeß fefct her Herfafier trenigftenß in einer Einleitung feineß 23uctyeß außeinanher.
Eß ift nid;t sn leugnen, haß ©iehertyolungen foteber hiplomatifctyen Sctyactysüge innertyalb
einiger Satyre etrraß fetytrierig ftnh.
®em Riffen tyinfictytlicty her Eifenbalmrertraltung fetylte eß bißtyer an einer tyanh-
lictyen Enc^clopähie. 5)ian tyat jetyt hen 3>erfucty gemactyt, hiefe 8ütfe außsufüllen, unh ein
hiefeß Sucty unter folgenbem 2itel publirirt: „Dictionnaire tegislatif et räglemen-
taire des chemins de fer, contenant le resum£ des documents officiels en
vigueur et les principaux renseignements pratiques sur P&ablissement, l’en-
tretien, la police et l’exploitation des voies ferräes, par G. Palaa“. liebe*
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254
$)erfonale, tecpnifcpe Ausbeutung, ccmmercietten ©ienft fcpeint pier atted bereinigt, mad
miffcndmertb ift. 6d ift fcpabe, baß man bem Suche feine größere Audbepnung gegeben
unb baburcp bad nicptfrangöfifcpe ©ifenbapnmefen audgefcploffen bat. Allgemeine 3üge
batten für leptered genügt unb bem ©ictionnaire baburcp erpöpte Sraucpbarfeit gefiebert.
* ©p. hänfene Reftaurationdpläne bed Surgtpored. ©ad Dtieberreißen
ber Ringmätte bat bad Surgtbor ifclirt unb ben Sau außerhalb bie Serbinbung gefefct
für bie er gefepaffen mar. ©ie DJlauem beleihen gegen bie Sorftabtfeite bin ftnb naep
bem gatten ber Ringmauern ebne Sinn unb bie grage lag baper nabe, ob bad gort*
befielen eined folcben Saued fiep mit Rücfficbt auf bie Reugeftaltung DÖiend rechtfertigen
laffe. Arcpiteft perr ©p. panfen pat ftd? bie Aufgabe geftellt, biefe grage prafttfep gu
löfen; im efterreiepifeben Äunftrerein ift fein *Prcject audgefteüt, melcbed bie Reftaura*
tion bed Surgtbored ober melmebr bie Ummanblung bedfelben in Sur gpro ppl äen
3 ur Ausführung borfeplägt.
Und febeint bad ^Jrcject einer fe umfaffenben Reftauration bed alten ©bered unb
bie Ummanblung in Surgprcppläeit oerfrüpt, unb mir fönnen nur bebauem, ba§ Arcpi*
tect panfen ftcb niept gieic^ eine meitere Aufgabe geftellt bat, nämlich ben Reubau bed
Surgtbored, entmeber mit Rücfficbt auf einen Atfabenbau ober auf einen fünftigen Reu*
bau ber pofburg felbft.
©ie ©rünbe für unfere Anficbt ftnb folgenbe. ©ad ’project panfend nimmt an
bem Surgtbore naebftebenbe Seränberungen oor. ©d uermanbelt badfelbe in eine patte,
fefct auf bie pöbe bedfelben ein coloffalcd Siergefpan mit einer Sicteria, ftettt an bie
(Scfen bed DJlittelbaued uier thurmartige mit ©roppäen gefcbmücfte Sauten unb an beibe
©eiten gmei fleinere mit ©iebeln gefepmiiefte Anbauten, ©ie ©äulen bed heutigen Surg*
tpored merben bei biefer umfangreichen Reftauration erhalten, biefe felbft mirb mit bem
figuralifeben ©chmucfe eine fepr bebeutenbe ©urnrne in Anfprucp nehmen, ©ie Anmenbung
einer folcben ©umme ift burch bie Rücfficbt auf bie ©rpaltung ber menigen borifepen
©äulen, um .bie ed ftcb am ©nbe panbelt unb bie bereite melfacp reftaurirt finb,
mobl faum gerechtfertigt.
©in Sebenfen anberer Art erregen und bie tburniartigen 3ubauten. ©ie finben ein
Sorbilb in ben altgrtecpifcpen ^roppläenbauten, mo fie bureb ben Umftanb gerechtfertigt maren,
ba§ felbe gugleicp ald Sefeftigungdbauten bienten, ©ad Ucbertragen ber ©pürme a ^ er
ben Surgplap, in bie Dritte einer friedlichen unbefeftigten ©tabt, ift unpaffenb, bad Auf*
fepen ber ©roppäen eine ©tilmibrigfeit.
Döad und an bem panfenfeben ^rojecte gefällt, ift bie Sermanblung bed ©hored
felbft burch Aufgeben ber DJlauern in eine patte, bie beiben flcineren tempelartigen 3u*
bauten, aud benen ber gründliche Kenner attifeper Saumeife pertjcrleud^tet. Auf bad alte
©bor mirb ein gried unb ein ©ccfelbau für bad ©iergefpann auf gefegt, mir begreifen
bie Rotpmenbigfeit biefed Aufbaued, boep fönnen mir und ber Sefürcptung nicht ent*
fchlagen, daß bann bie ©äulen ber Sborpatte fepr gebrüeft erfepeinen mürben.
©omopl ber Reftaurationdbau, mie ihn panfen ucrgenomnien bat, ald ein Reubau
laffen fiep gmeefmäßig gar niept unternehmen, menn niept bie gange Sauarea gmijepen ber
pofburg unb bem ©tattgebäube mit bem projectirten SOlufealbau unb bem Dleubau ber
Surg ind Auge gefaxt mirb. ©rft bann läßt ftcb eine glücflicpe tföfung ber grage bed
Surgtpored ermarten, menn man weiß, mie bereinft bie Surg felbft audfeben mirb. ©amt
mirb fiep entfepeiben laffen, ob $)roppläen mit ober ebne Arfabm unb in melcper DBeife
fie nötpig fein merben. ©adjenige, mad bereite burep güprung ber Ringftraße gefepeben
ift, ift bad Aeufjerfte, gu bem man gepen fonnte, opne einen künftigen Ausbau ber Surg
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255
gu präjubtctren. Sebcr »eitere Schritt feilte nur mit O^ücfficbt auf biefee gefebeben. Söürbe
ber Neubau ber ©urg unb ber prcjectirten ©lufeen in jener SRicbtung gefebehen, bie
Scbinfel in ©erlin, Älenge in ©tünchen vertreten hat, fc mürbe ein $>roppläenbau in
ber 9lrt be$ panjen'id;en ^rejectee, rnenn er in eine organifebe ©erbinbung mit bem
©urgbau gebracht mürbe, paffen; feilte man aber einen Sienaiffanccbau bergieben — fei
biefer nun in ber SBetfe ber italienifcben grübrenaifiance, ober bet frangoftfeben Dienaif-
fance, ober ber Dichtung gifeber b. ßrlacbs — fe mürbe ber Umbau .panjene als gang
ungmecfntäjgig fid? ermcifett.
9öie baS nun immer auch fcmmeti mag, bie 9lrea gm tf eben ber ©urg unb bem
!. JpofftaÜgebaube ift eine gläcbe, gang geeignet gu einer prachtvollen 'JMafeanlage, mie
e$ in feinem anteren fünfte ©MenS möglich märe, ©ine foldm gläd>e mufj als ein
©anges betradrtet unb bebanbelt merben; Höflingen von ®etai(e ftitb ohne Siütfficbt auf
baö ©ange füglich nicht ftattbaft.
©*ie alle hänfen fchen Ä ]>rcjecte ift auch biefee febr fetten gegeichnet unb febon baburdt
beftec^enb. llne gemährte es eine befonbere greube, bajj kaufen nad' feinen fünftlerifdmn
Äreug» unb fiuerfahrten in baS ©ebiet beS ©pgantiniSntue mieber auf attifdjem ©eben
angefommen ift. 9luf biefem fübtlt er ftch vcUfcmmen gu paufe unb ift mie fein anbeicr
SIrdjiteft SöiettS berufen, eine Aufgabe in biefem Stile gu löfen.
Derfammlung btt h. h. jöalogifrtj-luJtanirrtjen ©efdlfdjaft
am 3. gebruar 1864.
©orftfcenber £err Sirector ©terig fernes.
©ach ©orlefung ber neu eingetretenen ©titglieber machte £>err ©eorg Oiitter bon
grauenfetb bie erfreulidje ©littheilung, bat} Se. f. .fecljeit ber burchlaudjtigfte £err
©rghergog Wibrecht bei 1 ©efeUfchaft eine jährliche Subvention gu bemilligen geruht habe.
5>anfenb erhob ftch bie ©erfammlung. gerner machte $err v. grauenfelb befannt, ba§,
laut eineä GrlaffeS ber h. n. ö. Statthalterei bie angefuebte 9lenberung beS § 13 ber
Statuten aüerhcchft fancticnirt morben fei. 3n geige beffen mirb in bet Stfcmtg vom
3. ©iärg bie 2öahl von 12 neuen 9luefdni§rätben ftattfinben.
3)ie SReihe ber miffenfchaftlichen ©orträge ereffnete 6err Sofepb Äeifnet, melier
über einen noch unbefdtriebenen SBeibenbaftarb fpracb.
£err ©eorg Slitter v. grauenfelb tbeilte bie SRefultate bon ©eobachtungen mit,
melche an in ber ©efangenfehaft gebomen Sungen von Salamandra maculosa von ben
Herren ®r. dichter unb 2)r. Steinbachner angeftellt morben maren. 3n biefen
©Ritthetlungen mirb namentlich bie 3aI;I ber gemorfenen Sungen, fo mie bie 2ebenömeife
berfelben genauer befprochett. 9llS befonberS intereffant ift eine ©ecbachtung £)erm 3)r.
SteinbachnerS hervorgubeben, nach welcher bie jungen Satamanber fel;r gefräßig ftnb
unb ftch mechfelfeitig auffraßen. gemer las £>err ©eorg SRitter v. grauenfelb einen bon
£errn 91. b. $)e Igeln eingefenbeten 9lnffap über eine. Sammlung bon ©ogeln auS
©hina unb gormofa, melche bem f. goologifchen ©iufeurn unb ber ©efeUfchaft bon £emt
Sminhoe gum ©efchenfe gemacht merben mar. Siefe ©ollection ift bon h°h em Sn*
tereffe, namentlich in ©egug auf bie von ber Snfel gormofa ftammenhen 9lrten; benn
burch Sminhoeö ©eobachtungen mirb unmiberleglich feftgeftellt, baß ©h™ a unb §or*
mofa berfelben großen ornithologif^en Siegion angeboren,' melche ©uropa, baS nörbliche
unb mittlere 9lften umfaßt.
£err 2)r. £. 3Ö. SReicharbt legte eine bon £erm £Dr. grang 4>erhich einge*
fenbete 9lhhanblung : w öin ©lief auf bie pflangengeographifchon ©erhaltniffe ©aligienö"
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256
bor. 3n biefern Auffafce werben juerft bie 93obenberpältniffe ©al^ienß im Allgemeinen
gefcpilbert, bann bie berfcpiebenen c^arafteriftifcben Arten bon 'Pfla^en aufgefüprt unb
enblicb bie für ©aligten in neuefter 3cit gemachten botanifeben gunbe befproepen. Unter
biefen (enteren fiitben fiel; folgenbe 13 Arten, welche für feine glora neu finb: Ophrys
Myodes, Potamogetor tiuitans, Potamogetor lucens, Potamogetor praelongus,
Carduus untaus, Serratula heterophylla, Rhinanthus angustifolius. Seseli
Hippomarathrum, Delphinium hybridum, Dianthus monspessulanus, Silene
sylvestris, Silene dichotoma, Euphorbia falcata.
gerner befpraep er bon £errn Stephan Scpul 3 er bon Müggenburg eingefenbete
23eiträge gur 'Pilgfunbe. 3n benfelhen wirb nad^uroeifen berfuept, baß bißper für felhft*
ftänbige ©ebilbe gehaltene Arten bon Blennoria Torula, Monosporium, Monilia,
Sporotrichum unb Diplosporium feine eigenen Arten, fenbera nur ©ntwicflungßftabien
anberer s pil^c finb. gerner werben Den $emt 5cbul^er folgenbe neue Arten betrieben:
Agyrium maximum, Xenodochus sparsus unb Mitrophora Cucurbitae.
£>err 3. Suraßfa fpraep über 3 wei neue Saubmooßartcn auß £)efterreicp. Die
eine, Hypuum curvicaule, fommt auf unferen Äalfalpen, bie gweite, Amblystegium
gracile, in 3ftrien »er.
JIcMtfdj-^ipurtfrijfr tfemn in flitynten.
3n ber Sißwtg ber Section für allgemeine ®efd;id>te am 3. gebruar feßte $)rof.
©onft. ^ofler feinen Vertrag über baß „Nationalitätßprineip in ber ©efcpid)te" fort.
Der bießmaligc Vortrag umfaßte baß Mittelalter unb bie Neugeit: Olacpbem bae Nömer*
reid? # welcpeß auf ber &'ernicptung jeher fremben Nationalität begrünbet war, gefunfen
war, entftanben neben bem nationalen beut]eben SReic^c noch anbere Oleicpe mit einer ge*
mifd;ten ©ebölferung. So in Spanien, ©aligien, 3talien. 3n biefen Sänbern wußte bie
Sprad;e ber beftegten Solfer bie ber Sieger $u berbrängen unb ben i>olfßftämmen re*
manifepeß ©epräge aufgubrüefen. 3u berfelben 3eit, im 11. Saprpunbert, wo bie finnifcp*
uralifcpen ä$olfer flabifirt werben, werben auep bie ©Iheflaben germanifirt. Anbererfeitß
getgt bie Staatenbilbung beß Mittelalter^ baß ©efeß ber SSerntifcpung ber Nationen; bie
Nationen leiben ipre Staatenbilbung niept wie im Altertpume pinter, fonbem nebenein*
anber. Deutfcplanb felhft war ber Mittelpunft eineß Staatenfpftemß, baß Sauber ber*
f epiebener Nationalität umfaßte. Seit bem ©nbe beß 13. 3aprpunbertß geigt ftep ein
feinblicpeß Auftreten ber Nationen gegeneinanber, baß feinen Ahfdduß in ber Oiefonnation
finbet, welche ben mobemen Staat mit ben National* unb Staatßfircpen perborrief. Daß
rein btmaftifepe Sntereffe unb bie bloße Staatßraifon waren bon ba an bie wieptigften
Momente bei ber Negierung ber Staaten. Der £>ortragenbe fam ju bem Scpluffe,
baß Humanität, Sßaprpeit unb Oiecpt peber ftünben alß Nationalität, unb baß bie ftaat-
licpe Unabhängigfeit ber 'Nationen herbei fei. Aucp Deutfcplanb fei fo bielartig in feinen
Stämmen, baß eß gu feiner ftaatlicpen ©inpeit fonunen werbe. £)err ^rof. Spulte
wenbete bem SSortragenben ein, baß tpatfäcplicp in gang Deutfcplanb baß S3ebürfniß unb
Streben na(p politifcper ©inpeit borhanben fei; bie Stammeßberfcpiebenpeit ber Deutfcpen
brauchte fein ^inberniß ba* ©inpeit gu fein, ba biefe neben ber ftaatlicpen ©inpeit immer
Naum genug 3 ur freien ©ntwicflung ber Stammeßberfcpiebenpeit finben fönnen. $err
$)rof. S(pulte berfpratp, feine Anfitpten über bie ©inwirfung beß Nationalitätßprincipß
auf bie Staatenbilbung in einem eigenen Vorträge ber äJerfanunlung bar 3 ulegen.
DtraiiiÄorUUprr m&arttur Ir« frftjwife £jty*ttt*r» Inukrrti brr tu Witutx Jritnng.
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2>ie ntobeme Sttufeenfrage tn Scjug auf ©efdjidjte, taft unb
tunftinbuftrie.
Von .Sakflb tfaikt.
II. ®ö$ ßunfHttfmßrmnufewn.
Sa§ ©cf^td^tömufeum ift nicht ba3 einzige, mehin ba§ SBebürfni^ ber Seit
brängt. SBir haben gejagt, baff eben fo ber SRuf nad) einem gmeiten Sfllufeum, bem
für Äunftinbuftrie, erfdjallt, unb gmar lauter unb bringenber noch, meil jenes
nur ein fernes miffenfchaftliche3 Biel »erfolgt, biefeS aber inmitten ber fPrartS beS
2eben8 gu fielen fommt unb mit ber fünftlerifdjen Veroctlfommnung gugteich einen
materiellen !Jtufjen fefjaffen feil. 9(ud) ba’8 Snbuftriemufeum geht au8 einem Um»
fchmmtg f)er»or, ben man als einen glüeflietjen begrüben muff, au8 ber ©inficf)t,
bafj man fid) bis baljin auf einem »erfehrten SBege befunben hat, unb bafj ohne
3eitoerluft ein befferer einguf plagen ift.
Somit ift aber ber Vergleich gu ©nbe; im Uebrigen fteft bie ©ad)e mit ber
©efd^i^tSwiffenfdfaft unb ber Snbuftrie faft umgefefrt. Sei jener, haben mir ge»
feiert, mar baS Dbject gu befdfränft, baS Biel gu flein, bagegen bie SRetfyobe cor=
rect; in ber heutigen Snbuftrie aber, maS baS Äünftlerifche berfelben betrifft, be=
finben mir unS im ©egentfeile in einem »ölligen embarras de richesses: alle
©tilarten ber Vergangenheit nebft benen barbarijebet Völler umfdjmirren unS in
thßri<htem Surcfeinanbet, unb mir hoben nur ben SSunfch, in baS fixere,. memt»
auch bef<hränfte Veit eines einzigen ©tileS eingulaufen, mie baS in ber Vergangen»
heit afljeit ber §aU gemefen ift.
©3 ift mirtltch eine rnerlmürbige ©rfdjeinung unb eine djaralteriftifche ©eite
an ber ©egenmart, mie mir heute in aller Äunft fo gang ftilloS gemorben finbl
Ser SSeg, mie baS gelommen ift, läfjt fith mohl nachmeifen, inmiefern e8 aber mit
bem ©harafter ber mobernen Beit in Vegiehung ftebt, baß mollen mir ber 3Rad)melt
gu beftimmen überlaffen. Sie SJiachmeifung mollen mir aber oerfuchen.
Sßir bunten unS heute freilich feh r erhaben über baß 18. Sahrhunbert unb
feinen fogenannten „3ohf", ber unS als ber 3»hf ber 28eltgefchtd;te gilt, obmohl
eigentlich jebe ©pod)e, jeber ©til, menn ihm 3eit gelaffen mirb, in feinen 3»hf
»erläuft. 9lber biefeS Siocccco ber Äunft mar hoch etma8, e3 mar hoch ein ©ha»
rafter; baS Safmhunbert tonnte hoch fagen: baS ift mein, unb baran tönnt ihr
mich erlernten. ©3 mar auch aufjerbem burebauß nicht olme Oieig, e8 hatte SBelt»
manieten, eine gemiffe ©ragie, Seichtigteit unb ©efäUigfeit beS Vertrages; freilich
1864. SJanb XII. 17
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war bte ©ragie in ber ©cßule ober vielmeßr Bern ©angmetfter gebilbet, imb mit
ber Seicßtigfeit waren Gaprigc,, ©cßwäcße nnb Seicßtfertigfeit Bereinigt.
©erabe Weifte ntan mit AjSülfe ber Slntife mtb ber Statur bte Seicßtfertigfeit
ein wenig in ernftere 3ud;t neßmen, bie Gaprignt bureß ftrengere unb ruhigere
formen eittfeßränfett unb bie Spanier mäßigen, alö bie frattgöfifeße Revolution auö=
brach mtb mit bein Äonigötßren unb bent ancien regirae and) baö gange Roccoco
bei ©eite fdiob. Run faß man eine furge Seife bie ©röteste ber Revolution, bie
mit ber repttblifaitifcßeit ©trenge ber antifen Seit fefettirte, biö bemt baö Äaiferreiöß
Wtrflid) bie antifen formen in ber aKernücßternftett Seife alö firettgeö ©efej) ber Seit
auflegte unb babureß atfoS felbftftänbige ornamentale Sebeit gur ©rftarrung brachte.
©Ö war gerabe fein Uttglücf, alö nach bent ©turge beö Äaiferreicßeö and) in
©aeßen bc8 ©eidjmacfeö bie Sieftauration fant unb bie faiferlid;e Slntife wieber
von ißret ,£ierrf<ßaft ftürgte. Rur war teiber fein befferer Äronpräteitbeiit ba, unb
in Gfrntaugluug eines anberen blieb ntri'tu weiter ülnig, alö baö Roccoco auf bett
leeren ©tu hl gu festen. Dl brr mittlerweile war ber Gßarafter ber Seit, fenor Sttb=
wigö XV. unb XVI., in welkem biefer äßunftftil feinett naturgemäßen ©oben ge*
futtbett ßatte, verwanbelt worben, bem Roccoco waren bie Surgeln gerießnitten, bie
©rießfraft war ißitt auögegaitgen, unb ja führte eö in ber erfteit £>älfte beS
19. Jahrhunbertö nur baö Sehen ober baö ©affin einer verwelfenben unb auö=
fterbenben fpflange. Ricßtöbeftoweniger ift eö biö auf bie leßten Saßre ßerab bie
Drnamentationöweife beö SRaffenfaßricatö, bet ©eüßmaef ber großen, billig faufen=
ben hüvgerlid'en Seit geblieben, freilich gang unbewußt, nur weil eö eben fo ßer=
gebracht war.
Ser fünftlerifcß baditc, empörte fieß aud; gegen biefeö .sSinvegctireu beö Roc=
coco unb biefc Dppefition wttrbe fo allgemein, baß beute ber „3vpf" felbft in feiner
eeßten ©eftalt mehr alö billig in Riißaditung gefomntett ift, oßitc baß ißn beeß
bie Riißacßtuttg gäitglicß auörotten Tonnte.
©ic erfte Cppofition ging, na di ©efeitiguug ber Slntife bed Gnipire, von ber
RomantTf auö. Rtittclaltorlicß, beutfeß, goißifch, baö waren ihr baittalö für bie
Äunft fpnontime ©egriffe, unb fo empfahl fie bie ©otßif, wie fic bicielbe baepte,
alö ben eigentlich beutfcßeit ©til. ©leicßgeitig aber ober halb barauf würbe bie
©otßif aueß von ben grattgcfeit alö ber frangöfifdie, von ben ©ttgläubcnt alö ber
ettglifcfie ©til gepriefett uitb wieber in baö Sehen gu führen verfließt.
Snbeß bamalö, alö biefeö gcidiah, war bie Äennhtiß ber mittelaltcrlicßen
Äunft notß feitteöwegö fo weit gebießett, baß ißre Sieberbelebung ßätte erfprießlicß
feilt föuncii ober nur gu wünfeßen geweint wäre, b. ß. in jener ©eftaft, wie fie
bamalö möglicß war unb wie fie verfließt würbe. 9)iatt verftattb necß ttid;t bie
verfößiebenett ©tile unb necß viel weniger bie ©tilariett beö SDiittelalterö gu unter*
fcßeibctt; ntatt wußte tticßtö vom ©egitttt, vott ber ©lütßcgcit ober von ber fpäte*
reit (intartung ber ©otßif; man ßatte feilte Jbee, baß bie ©otßif eine anbere war
für bie Äircße ober baö tpauö, eine anbere für ben ©teilt, eine anbere für Rietall,
eine anbere für #olg ober gar Pergament. Saö vor bem ©pißbogen war, baö war
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oCfe§ Bpgantinifd), maS mit ihm, baS galt für gcthifch bis mieber 311 m Siunbbogen
f)in. ftttan faf) nur bie gcffjifhen Ändien an unb in if>ren fermen unb in ihrem
Drnament bad)te man fi(t> bie gan 3 e ©otfif erfchopft unb übertrug bemgemäf
bie firdjlib^e Seife auf alles, maS man gothifch mad;en mellte, Bis auf baS fleinfte
©erätf l)erab.
S)a 8 toat freilich ein fd;limmeS Siefultat einer Unflaten Beit, um fo fd)tim=
mer, als eS fid;, tref Befferer Äuttbe, bis auf untere Sage fortgepflangt mtb felbft
Äunftforfd)er non Siuf verleitet bat, um biefeS allcrbingS beflagenSmertbeit 9)fif=
rerftänbniffeS mitten über bie gelammten getbifepen ©eftrebungen ber ©egenmart
ben Stab gu Bred;en. Unb bed; ift eigentlich fein Äunftftil rationeller »erfahren,
feinet ift lefjrreidter (mir fagen nicht empfeblenSmertbcr), als bie edtte, reeft oer=
ftanbene ©otfnf in ihrer guten Beit.
Senn bie patriotifd)e Siomantif bureb ihren Brrtfum ihren eigenen Scfüp=
fing fo in ©erruf gebracht fat, fo feutn man' ihr boef) um berfelben ©eftreBungen
mitten ein anbereS ©erbienft nicht atfpredjen Sic I;at eben baburcl) ben Slnftof
3 U einer ernfteren unb eifrigen archäologiicfen ^oricfuitg in ©egug auf bie Äunft
beS ttJiittetalterS gegeben, unb fo oerbanfen mit ihr inbirect, baf; mir 3 U Befferer
Äenntnif gelangt fittb, baf mir ihren Srrthum eingefehen haben, unb baf mir in
ber Sage finb, ifn fortan ocrmeibeit 3 U fonnen. Slbcr, mie gefagt, factifcf in ber
Ausübung ber Äunft eriftirt biefer Brrtfum ned;, menn and; nicht ntefr auS=
fdjlieflitf.
Sie bie eifrige ©efdiäftiguitg mit bem SEflittelalter unS bie genaue Äuttbe
Bon ber Äunft biefer fPeriobe, ton ben ©erfdnebenbeiten unb 6 igenthümlid;feiten
ber Stilarten, bereit Bufammcnfang, ©tttmicflung unb ©erfatt gegeben bat, fo Etat
fie aucf) alle biefe il;re SSeifen burd; bie Siachaftuung in bie praftifefe Äunfttl;ätig=
feit ber ©egenmart eingcfüfrt. ©efonberS mar cS ber remauifebe Stil, melcper
eben fo marme mie tatentrette Srettnbe unter ben mobernen 2 lrd)iteften gefunben
fat. Sticht ohne fefr anfpreefenbe ©rünbe ftettten fie bie -Slnficbt auf, baf biefer
Stil fid) burd; feine ©erbinbung ber claffifcbett demente mit ben cbriftlid)=germa*
nifefen gan 3 BefonbetS für bie ©egenmart eigne unb and; mehr als irgeitb ein
anbetet bet eigentümlichen ftortbilbung fähig fei, meit er burd' ben rauhen llm=
fdjmung in bie ©othif gemiffermafen allgufrüfj umS Sehen gefemmett fei uitb feine
äpöbe unb ©ottenbung auf biefe Seife nicht habe erreichen fonnen
Snbef termoeften bie Stomaniften fid) fo menig 3 U allgemeiner Sltterfenmtng,
gum Stil ber ©egenmart burebguarbeiten, mie bie Borangegangenen ©otfifer.
SSttit ber ©infidjt, baf ber meberne ©efdimaef mit feinen bisherigen Stiftungen fich
auf terfef)rtem Sege befinbe, unb mit bem Burüdgefen auf irgeitb einen Stil ber
©ergangenheit überhaupt, maren alle Äunftmeifen ber früheren Beiten für bie 9tad;=
ahmtmgSjäger togelfrei gemorben. S)emt ba fie unS alle fremb gemotben finb, fo
baf bie grßfere ober geringere Sente menig Befagen milt; ba mir unS in alle
fünftlid) h' n einarbeiten müffen: fo ift, ober mar boef, menn. mir aufrichtig fein
motten, baS inbitibuette fünftlerifchc ©elieBen ber einzige ®ntfd>cibungSgrunb für
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260
bte 3Sab tnbwibttell gefiel ober wab SJJobe gu werben festen, bab wnrbe
nadbgeahmt, ntdjt aber, wab alb tternunftmäfjig unb in fid) folgerichtig hätte erfanni
Werben tonnen.
Sie golge ifi benn gewefen, bah alle (Stilarten ber Vergangenheit, »on
Subwig XVI. an bis rücfwärtb fnuauf 3« ben Slegpptern, ihre Sreunbe unb 5ftad)=
ahntet gefunben haben. Unb mehr noch, mit bemfelben Stecht wie bie Stile bet
Vergangenheit tonnten alle Äunftweifen, bie unb mobem cMifirten (Europäern
fremb finb, in bie Sdjranfen treten, alfo bie heute noch ejriftirenben orientalifchen,
einfchliefjlich bie oom fernen 2lfien. Unb fo war eb in ber £hat; auch f* e fiub in
bie moberne eurcpäifcfjc Äunfttf)ätigteit, wab bie 5}lrd;itcftur unb inbbefonbere ben
@ef<hmacf betrifft, hineingegogett worben.
©ab wäre alb ein Veginn gu beffemt Singen nid;t fo gang »erwetflich ge*
wefen, wenn man babei bemüht gewefen wäre, jeben Stil in feiner Kleinheit her»
3 uftetlen, wenn man auf feine fprincipien gurüctgegangen wäre unb bab gange
Äunftwerf, welcheb man eben machen wollte, aub feinem (Sbarafter harnt onifd) gu
fdjaffen gefucht hätte. (Sb wäre bann wenigftenb eine gute Schulübung gewefen,
man hätte ebenfo Verfiänbnifj wie Harmonie gelernt, unb ben fünftigen Stil,
ben man hoch nicht machen fann, hätte man babei getroft bem lieben ©ott an*
heimftellen tonnen. (Sb geigten fich auch mohl Stttfä^e gu biefem Veftreben, unb wab
baraub hertorgegangen, ift immer ttod; bab Veftc, wab bie moberne Seit geleistet
hat. 2(ber leiber ift eb fo gtemlid; bei bett guten ülnfäjjen fielen geblieben, benn
Wenigftenb gum weitaub überwiegeitben ©heil erlaubte man fich mit ben Elementen
aller Stile bab willfürlicbfte Spiel fowohl in ber (Singeloerwenbung wie in ber
Vermifdjung.
Senn man in einer mtb berielben Sehnung, wie man hier an JDrt unb
Stelle gum öfter« febeit tarnt, Salon unb Veuboir im ©e’cbmacf Subwigb XVI
ober beb XV. gehalten fiel;t, bao Vaucbgimmer ägpptifdi, bab Speifegimmer in
Venaiffaitce ober ©etf)if, bab Scblafgimmer mauviid; ober türfifd) u. f. w., fo ift
bab noch c > n f e h r S l| teß Verfahren im Vergleich gu ber gewöhnlichen Vermifchung
SDian hat hoch wenigftenb in jebem einzelnen Simm t ,$arntouie. Sm ?ltlgemeinen
aber finbet man bie Violine aller Stile nicht blojj in einem unb bemfelben Siaume
oereinigt, feubern bte MHbiebcnartigftcn unb entlegenften finb an bemfelben ©e=
genftanbe terbunben ober luelntchr aneinaitbergefügt: Slegwpten ftellt ficb guni Sopf,
bab ©ricdjcnthuiu gitr ©otbif, ber JtaHeuer gunt ('binefen, alb ob nicht jeher
Ämtfiftil wie jeber (itterariid;e Stil, wie jebeb Volt unb jebe 3eitperiobe ihren
beftimtnten aubgeprägten (Sbarafter hätte, ber auf biefe Seife mit jebem beliebigen
fremben jebe beliebige Verbiitbuitg eittgehen muff. fsällt eb bod; nienianben ein,
ber unb brüte ein Vübnenftücf gerecht machen will, ben einen 2lct itt bie bom*
baftifd) geid,'wollene ^'braieologie Sobenfteinb eiitgufieiben, für eilten aitbertt bie
braftifdje Sprecbweife ber mittelalterlichen SDipfterien gu entlehnen, einem brüten bie
claffifch-griedjtidie Aornt geben gu wollen, unb einen eierten unb fünften mit bem
füfjett Vlütl;enbuft Sttbienb gu burd;haud;en ober in ber gierlichett tpöflid;feit ber
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.— 261
©ßinefen j^ufpißen. ©ben fo wenig Wagt cS ein 8anbfcßaft§maler un8 ein Vilb
»o^ufüßren, weld;e8 im Vorbergrunb eine üppige, blütßenreicße $rüßling8pracht un 8
Dcrjaubevt, tvafjrenb in ber SDiitte auf bei blauten ©idfläcße fid; ©cßlittfcßußläufer
vergnügen unb ring8 an Väumeit uitb ©träucßern ber volle, reife gntd;tfegen be8
£erbfte8 ßerabßäugt.
Unb folcße Suftänbe ber Vermifcßung unb Verwirrung in ©acßen be 8 Äunfi*
gefcßmacfS finb gelben im Vergleich 3 U bem, Wa8 nocß neben ißnen gefeßießt. 3n
all jenem gewahrt man bod>, wenn nießt ein fünftlerifcßeS Verfahren, boeß bie Sin*
etfennung eines fünftlerifd)en VebürfniffeS. 9(ber felbft bicfe 8 wirb geleugnet, unb
man feßt an bie ©teile beffen bie einfache Natnr, ben rieften Naturalismus.
2Ba8 bie Natur bem fünftlerifcßen Sluge bietet, ba 8 finb ißre jufäHigen ©r*
Meinungen, unregelmäßige Sormen, wie fie äußere Umftänbe, SBinb unb Setter,
Dürre unb Näffe u. f. w. ßemergebradjl ßaben. @8 ift bie Aufgabe be 8 ÄünftlerS,
e 8 ift feine ^fließt, biefe unregelmäßigen <$ormen auf ben regelrechten SlßpuS jurücf*
3 ufußren, unb e 8 fteßt tßm bann ferner 3U, fie naeß feinem fünftlerifcfjen ©efüßt
unb ben Slnforberungen beö ÄunftwerfS, ba 8 er feßmütfen will, um 3 uwanbeln. Der
moberne Naturalismus aber, ber fid; beute außerorbentlicß breit macht, nimmt nidjt
bie tppifeßen, fenbern bie 3 ufäUigen formen bet Natur, copirt fie in möglicher
Streue unb verwenbet fie mit äußerfter Sillfür cl;ne alle SKücfficfjt auf ben Drt,
wo er fte anbringt, auf ©rößenverßälhtiffe, auf bie Veftimmung unb ba 8 Ntaterial
be 8 ©egenftanbeS u. f. w. Sn weites Neß von Siberfprücßen er fieß babuteß
oerwicfelt, tonnen wir ßier nießt weiter auSeinanbcrfeßen, aber wir tonnen nießt
unterlaffen, biefeS naturaliftifeße Verfahren al 8 ba 8 ©runbvetberbniß, al 8 bie Ne*
gation aller Äunft 3 u be 3 eichnen.
Der Naturalismus geßl aber nocß Weiter, ©r oerfennt, baß bie bet Natur
entlehnten formen nur ber ©d;mucf ber ©egenftänbe finb, affo nur eine Neben*
fache, nid;t aber bie ©egenftänbe felbft, welche ihre berechtigten formen haben. 3«
biefer Verfennung macht er 3 . V. eine Vfumc mit ihrem ©tengel in getreuer Natur*
copie nicht 3 um ©eßmuef eines Süffels, fonbern 3 um Söffet felbft; er macht eine
8 ilie, bie gan 3 e $>flan 3 e nämlich, mit bem ©rbreieß, in welchem fie wuselt, ?um
f))ocal, 3 ur grucßtfd;ate u. bgl. mehr. 3« gleicßer Seite bebient er fidß ftatt ber
^>flatt 3 en aueß bet Stßiere; e * n SucßSfopf 3 . V. ift ißm ein Vecßer, ber nur auf
bem Äcpfe fteßeit fann. ©0 giebt e 8 ein Sifcßgerätß, welcßcS au 8 brei ©ulen bc*
fteßt, baoon bie eine für ©enf, bie 3 Weite für Pfeffer, bie britte für © 0(3 be-
ftimmt ift.
DiefeS Verfahren, weldjeS uncnblicß geiftloS ift, tritt gegenwärtig im Neid)
beS ©efcßmacfS äußerft breitfpurig auf. Seber ©alanterielaben giebt bie Veifpiele
3 U ßunberten. 5 tber e 8 ßerrießt nießt bloß in ben fpecififcßen gujruSgegenftänben,
man fann feine weiten, oerberblicßen Strfungen in allen 3 weigen funftinbuftriellen
©cßaffenS antreffen. ©8 ift weit über ben eigentlichen Naturalismus ßinauSgegangen
unb broßt, ober broßte wenigftenS, wa 8 biefer von ©efeßmaef übrig gelaffen,
voßenbS ju verberben. ©ein Sefen befteßt barin, baß e 8 alle fünftlerifcße gorm
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262
überhaupt befeitigt unb irgeitb einen beliebigen Ginfall, ber mit bem Äunftwerf,
baö gefdjaffeu werben feil, in gar feiner 23egie|nng ftel)t, an bic Stelle feßt.
©ie golge ift geweien, baß baö funftinbuftrielle Schaffen auf einen gang ter=
festen 33obcn geftellt würbe; auö einer Äunft ift öS Siebe geworben, ©et @e*
fdßnacf |ängt nicht me|r een ber idjeiten gorrn ab, fonbern een bem (SinfaH,
wetd;er in biefer Saifott |errfd;t, um in ber näcfften eom &|ron geflogen gn
werben. Scan fragt itacf) bem Dienen unb Dieueften, nidft nad) bem, waS um feiner
Sd;onf)cit willen bleibenben unb ewigen SSertl; |at. ©er ©efefnnaef ift Saune ge*
Werben, unb fo wirb er |eute felbft philefophifd; aufgefaßt.
■Sit ber ©f;at |at barüber, wenn wir een bem |erablaffenben 23emü|en ber
|ef>en Äüitftler, ber 2lrd)iteften, Sialer unb SSilbbauer abfe|cn, bie ©egenwart, fo*
wo|l bie Subuftrie wie baö publicum, beit eigentlichen gormenfimt eerleren; fie
|at fein 2luge mehr, baö Sd;öne gu etfennen, unb faitn eö au cf) nid)t ftnben, Weil
fie eö am eerfe|rten Orte, in gang »erfe|rten ßigenfdsaften fud)t. Sie fie|t nicht
bett ©egenftaub auf feine ©eftalt, auf ben (Sontour, auf bie 3eicf>nung an, fenbern
ift |ed;lid; eergnügt, wenn i|t ein X für ein U gemad;t ift. Sßcnn ber ©egen*
ftanb nur etwas anbereö torftellt, als er ift ober fein feil, fo ift aller Äunft @c=
ltügc gefd)e|en.
©iefer felbe Untergang beö gormenfinnö |at felbft bei ben befferen Aüuftlem,
inöbefoubere bei ben Scalern, wenn fie ber Snbuftrie Stobelle liefern wollten, einen
großen gefler fjerrotgerufen, näntlid) bie 3Serfennuitg ber ©rengen beö Oteliefö für
Äunftgegenftänbe biefer 21rt. Sie bebad;ten nicht, bafj baö Oielief |ier immer nur
ein Sdjmucf, alfe ein 2lccibenö ift unb bie ©runbform beö ©egenftanbeö, fein
fdjötter Raupteentour, gewährt bleiben muff. 3n biefer Stißad)tung t;aben fie ben
gu fd)mürfenben ©egenftaub nid)t bloß überlaben unb oft begraben unter bem
Scfmucf, fie f;aben aud) baö Oielief fo willturlid) frei bebanbelt, bafj eö faft gur
freien Stulptur würbe unb baö ©erätb, bem cs biente, gur 23ebeutung eineö un=
paffenbeit fPoftamentö |erabbrürfte.
Sille biefe ge|ler unb Stängel, an betten bie f;eutige Äunftinbuftrie leibet,
bilben gewiß fdjott eine giemlidje Oteifje unb fie fitib ©runbübel ihrem Söertfe nad|.
23ir fiitb aber nod) nid)t gu Gabe unb bürfett wonigftenö gwei aitbere nicht »er*
geffen, wenn wir einen einigermaßen ocllftänbigen begriff ton ber terfeljrten Sri
beö mobertten ©efdjmacfö gewinnen wollen.
©aö eine ton tiefen Uebeln, baö tböricbtfte faft ton allen, beftet;t in ber 23er*
wed)Slung ber Stoffe. Scan glaubt fdjon etwas gethan, ja bim Äunfterforbernifj
genügt gu Ijaben, wenn man g. 23. ^orgellangefd;irr fo bemalt, alö ob eö auö
Heilten 23rettd;en tom gafbinber gufamntengebunben wäre. 21 uf bie gotm tommt
eö bann weiter nicht an. ©erartigcni Stoffwecbfel begegnet man |eutc in allen
Bweigen ber Snbuftrie, nur baß halb ber eine, halb ber anbere Stoff me|r in ber
Stöbe tor|errfd;t. äpeutgutage ift eö gang tor allen baö Seber, wcldjeö |ier bie
Stelle ton ©olb, bort ton a)olg, bort ton Gifctt, bert ton 3|on tertreten muff.
Slber nicht genug, bafj mau ein anbereö Staterial erbeudjelt, man terwedjfelt folge*
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recht auch bte auf bcm «Stoffe berubettben Santen. So wirb 3 . 33. bet 33ierfrug
gum gäftchett, bie 33owlc gut 2 einte, bet Goitbitor wirb 33 ilbfwuer, Baut Äir^en
unb t'inbet 33uct)er ein, wohingegen eS auch webt rorfemmen mag, baff bet 2lr<hi=
teft 3 ierlid) Baut wie een Sragant unb bet 33ifbt>aiter lebjelteme Figuren 3 um
SDtufter genommen 31 t haben fcheittt.
SaS gweite UcBel Befielet in ber SSerwenbung bet garben, wofür uttS bet
höhere Sinn, wie für bie gornten, oevloren gegangen 3 U fein fdjeint. So weit
unfere Sßeobadjtungen reichen, tfjeilt fitf) bcr garbengefcbmacf na<h ben Stänben in
3 Wei gan 3 eerfdjiebene Sitten. Sit ben unteren Glaffen liebt man grelle Bufammen»
fteilungen oott 3 ietttiid> eieien garben, b*S fogenanttte Quitte, baS wohi fdttcit, aber
in feiner rohen, unberechneten Söeiie ber eigentlichen äöirfttng entbehrt, SSirMichen
garbeneffect ficht man bei biefer Slrt nicht. Sort aber, wo man auf Glegatt^ unb
Reinheit Sfitfjmtch macht, bat man oielmebr guvd)t oor ber garbe. 9)tan meint, bie
geinlteit beftänbc in ben gebrochenen Sötten, in bem grauen einerlei. SBählt man
einmal, 3 . 33. für SRobel eine fräftige garbe Wie voll), fo wagt man ihr faittn
etwas anbereS gegenüber 3 U ftellen als grau ober weift, ja man muff wohl hören,
baf) bie höcbfte Glegattj baritt beftänbe, baff SBättbe, -äRöbel, Vorhänge u. f. w.
benfelben Sott uttb gar benfelben Stoff haben. Saft aber Weber biefe eintönige
Gelegne, noch bie bäuerifche 33untl)eit baS SBahre ift, bafür braunen wir nur auf
ben Drient hinsuweifen, auf bie Slrbeiten ber mittelalterlichen SRauren, auf bie
Werfer, bie Sttbier u. f. w. (Schluf) folgt.)
2)ie füitftltdje (Srjeugung Mit (£i$.
GS ift befannt, bah baS GiS in ben nörblicben ©egenben währenb ber SSin*
termonate gefammelt unb in GiShütten »erwahrt wirb, um nach allen ^Richtungen
ber 38 eit oerfenbet 31 t werben. So oerfeben Schweben unb SRorwegen granfreich
unb Spanien unb einen Sheil 0011 Gttglanb mit GiS unb 5Rorb=3lmerica fenbet
bie Gtyugniffe feiner GiSgebitge nach ben tropijeben Bonen beS gan 3 en GrbballS
unb bem {üblichen Steile Guropa’S unb Slmerica’S. Saufenbe oon Schiffslabungen
gehen bähet jährlich mit GiS ab unb Raffen einen JpanbelSgweig, Welcher eben fo
einträglich für bie Unternehmer beSfelben, als angenehm für bie 33eWohnet berjetti*
gen Drte ift, welche ihrer füblichen Sage wegen eines für baS gewerbliche unb
bürgerliche Sehen gleich wichtigen 9lrtifelS beraubt finb. SaS GiS finbet nämlich
nicht nur in ber Snbuftrie mannigfache Slnwenbung, fonbern ift auch groffe
unb Meine Haushaltungen oon SSicbtigfeit, wo baSfelbe als ÄühluttgS» unb Gon»
femirungSmittel für bie meiften SRahrungSftoffe unb ©eträttfe wichtige Sienfte
leijtet.
Siefe lejjte allgemeine Slttwenbung beS GifeS macht baSielbe für bie 33eoölfe»
rung einer Stabt 3 U einem wahrhaften SebenSbebürfniffe, unb eS ift baher oon
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großer Sßicbtigfeit, baSfelbe ju einem möglichft niebrigen greife ^erbetjuf^affen,
um beffeit SRußniefsung aud) bem ärmeren ÜLfjeiie ber Seoölferung ju ermöglichen.
tDiefeS tonnte bei bem angeführten Gife bis f? cu ^ c nod) nicht erteilt Werben, ba
ber an ber Duette allerbingS ietjr niebrigc ^retö buvd) baS Bufammeuwitfen breier
härteren fo fe^r fteigt, baß baS GiS an bem Drte beö ©enuffeS für bie ärmeren
33ewoI;ner nabeju einen SujruSartifel Bitbet. Sftidjt nur SlranSporttoften unb ber auf
ber Steife burd) baS Schme^en erlittene 33ertuft Bertfjeuern baS GiS, fonbent eS ift
and) beffen fPreiS burd) bie größere ober geringere Strenge be8 SSSinterS fort*
währenben Schwantungen auSgefeßt.
Um baher GiS fo billig al8 möglich, fich ju ocrfchaffen, muffte e8 Bon bem
oertheuernben Ginfluffe biefer brei gactoren befreit, b. h- e8 muffte bie 2Jtßglid)feit
geboten werben, ba8 Gi8 an Drt unb Stelle, unb gwar gu jeber SahreSjeit ju er*
geugen. S)ie SDtittel h^ e 3 u iottte bie SBiffenfchaft bieten, unb feit mehreren 3ahr*
jehnten bereits bemühen fich 'Pfeifer unb Ghemiter Gi8 auf fünftlidje SBeife ju
erzeugen. Gnglanb unb Sranfreich ftreiten fid) um ba8 Sßerbrenft, bie bis Bot für*
gern nur als p^t»fifattfct>cS Gjcperiment betanute tünftliche GiSbilbung auf ba8 Selb
ber praftifdjen Grjeugung im Großen übertragen ju haben, fo baff barau8 ber 33e=
Bölfetung oon Stäbten ein wirtlicher Sinken erwächst.
Schon im Saljre 1836 würbe in Gnglanb oon £errn Shaw ein fPrioilegium
auf GiSbereitung genommen, ohne baff beffhalb eine ioldje im ©roffen betrieben
worben wäre, ©tödlichere Stefultate gaben bie oon Jperrn ^arrifon feit 1856 ge*
mad)ten S3erfud)e, unb würbe nach feinen Eingaben in Gnglanb ein ooflfommen
wirtfamer Apparat jufammengefteflt, welker mit £>ülfe einer 10 ^ferbetraft be*
fißenben 2)ampfmafcf)ine in 24 Stnnben 80 Gentner tünftlidjeS GiS erzeugt. Stet
praftifd)ften jebod) fott fich nach ben «nS jugefommenen Berichten bie jüngft »on
$erm Garre in Claris conftrutrte GiSmafd;ine bewähren, welche auf folgenbett php*
fifalifchen ©runbfäßen beruht:
Sßettn ein ßörper feinen 9lggregatjuftanb änbert, fo abforbirt ober Bertiert er
eine gewiffe SJtenge SBärme. SBirb ein fefter Äörper flüffig, fo entzieht er ben
umgebenben Stoffen eine gewiffe SOtenge oon Sßärmeeinheiten unb eben fo bet
flüffige Äörper, ber in ©aSform übergeht, ba bie Arbeit bet Trennung bet SJtole*
cule ebenfalls 2Bärme Berlangt. Umgefehrt giebt baS fich conbenfirenbe @a8 bie
urfprünglich aufgenommene Sßärme ab unb ber flüffige Äörper, ber in fejlen 3«*
ftanb übergeht, macht bie Särmemeitge frei, welche beffen SJiolecule oon einanber
getrennt hat.
3Son allen Äörpent nun, Welche in Solge ber Slenberung i^reS BuftanbeS ein
Sinfen ber Temperatur bewirten, als äbohlenfäure, fchweflige Säure, Slmmoniaf
u. a. giebt cfjert Garre' bem •SlmntoniafgaS bejftoegen ben IBorgug, weil er als
SRebenprobuct bei ber Grgeugung Bon SeucptgaS gewonnen wirb, bähet äufferft billig
im .spanbet erfdjeint. SDaju fommt noch, bah biefeS ©aS baS oben erwähnte 9>h® s
nomen mit großer epeftigfeit geigt.
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265
©ment Parten ©nute auSgefejjt, nähern pd) bie SMecule beS ©afeS unb e 8
Wirb Pfiffig. SDiefe Bliiffigfeit geidmet fidj burd) grofjc Blüdpigteit unb baS heftige
SSeffreben auS, wieber gasförmig gtt werben unb in Böige beffen ben umgebenben
Äörpern bte grosse SSärmetnenge gu entziehen, welche bei betn Uebergange beS gaS*
förmigen in ben Pfiffigen Buffanb frei geworben ift. ©aljet baS ftüffige Slmmoniat
fobalb wieber gasförmig wirb, afS bet auSgeübte ©ruef pd) nerminbert ©chlicfjlidj
löst fid) biefeS ©aS ooUfommen in SSaffer auf, trennt fid) jeboch bauen mit grofjer
gei^tigfeit, fobalb lefttereS erwärmt wirb.
3 n Äürge geigt alfo baS SlmmoniafgaS fofgenbe ©igenfd)aften:
1. ©inet bo^en ^reffung auSgefejp wirb eS flüffig;
2 . bei S3erminbetung beS ©rucfeS fefjrt eS in ben gasförmigen 3uftanb jurüd
nnb entgieht ben umgebenben Äörpem eine beträchtliche SSämtemenge;
3. in SSaffer gelöst fann eS burch ©rhöhung ber Semperatut leicht barauS
oertrieben werben.
©iefe oerf<f)iebenen ©igenfehaften beS SlntmoniafgafeS finb oon $etm ©arte'
gephieft benüfct worben, um baS ©iS tünftlich gu ergeugen.
©enfen wir unS einen Apparat, jufamntengefe{ 3 t auS gwei metallenen Wulfen,
einer großen unb einer Keinen, bie mittelft eines gemeinfamen $alfeS oerbunben
finb; baS ©ange eotftommen gefchloffen unb ohne ©ommunication mit ber äufjeren
Sltmofphäre. ©eben wir nun in bie grofje $ülfe eine concentrirte Sluflöfung oon
Slmmoniat unb fteHen wir fie über einen SDfen. SBaS wirb gepheljen?
©aS ©aS wirb auS bem SSaffer getrieben, oerläpt bie grope -£m(fe unb be*
giebt fich in bie Heine, ©a eS nid)t entweichen tarnt, fo wirb eS fi<h felbft gufam*
menbrüefen unb phlieplid) flüffig werben. 9hm Wirb baS Beuer entfernt unb bet
Slpparat jur urfprünglichen Semperatur gurüefgeführt. 3n Böige beffen nimmt baS
flüffige Slmmoniaf feinen gasförmigen 3 uftanb wieber an unb fehrt in bie grope
$filfe guritef, um pch in beffen SSaffer aufjulöfen. S5ei biefem Uebergange anS bem
Pfiffigen in ben gasförmigen Buffanb entzieht feboch baS Slmmonia! ben umgeben*
ben Körpern eine grofje fötenge SBärme. ©S genügt baher, bie Heine pfiffe in
SSaffer 3 U ffellen, um biefeS beinahe augenblicflich in ©iS 3 U oerwanbeln.
©ie oon $emt ©arre angewenbete üftetpobe ift — wie wir fehen — fehr
originell. Um ©iS 3 U er 3 eugen, bebient er fid) beS BeuerS. ©S genügt, unter einem
JRecipienten Beuer 3 U machen, um unter bem anbetn ©iS 3 U pnben. 3n bet ©h^
ein intereffanteS phpfifalifcheS ©jrperiment, weites Beugnip ablegt oon ber eigen*
thümlichen SSedffelwirtung, in welcher bie Staturfräfte 3 U einanber fiepen. Um
biefem ©jrperimente bie nötige SluSbehnung unb eine praftifepe Slnwenbung 3 U
geben, patte ^>err ©arre' nichts weitet 3 U tpun, als feinem Apparate ©imenfionen
3 U geben, Welcpe für eine bebeutenbe ©iSbereitung ouSreicpen, unb ein SOZaterial 3 U
wählen, welkes aupet aller ©efapr ber ©jrplobirung fteht.
S3eibe8 iff ihm gelungen unb finb bisher gweierlei Slpparate oon ihm con*
ftruirt worben, welche ©iS in Wenigen SJUnuten ergeugen; bet eine, pauptfäcplich
für ben $auSbebarf beftimmte, hat Heinere ©imenfionen unb ergeugt mit 1 ?>fimb
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266
Äo^fe 10 f'funb Gig, bet anbere reicht für eine gewerbsmäßige fProbuction au§
unb erzeugt 20 big 30 fPfunb Gig per $>funb Äot)te. Tie Temperatur fattn bei
bem teueren Apparate auf 50 big 60 Grab unter Stull gebraut werben. Ter
$)rei 8 be 8 Garre’fcbcit fünftlidjen GifeS wirb fjecbfteng auf »/* big 1 fr per fpfunb
3 « fielen fomnten. Gg genügt, an ben fPteiS beg jugefüfirten Gifeö 3 U erinnern,
6 big 10 fr. per $)funb, um bie große Defonomie ju bemeffen, welche ber 23e=
tolferung aug bem 23 erbrause beg fünftticben Gifeg erwachsen wirb.
SBag bag SDtaterial betrifft, Weldje 8 .ipert Garte jur Gonftruction feinet 2lppa=
rate beftimmte, fo crfannte er batb, baf) Äupfer baten auggefdjioffen werben müßte.
SBirb biefeg SJietaU nämlich mehrere ©tunben in 2 tmmoniaf getauft, fo terliert
eg feine 3ä^igfeit unb wirb meid) wie Tfion, unb jwar um fo f^neller, je meßt
eg mit fremben SSeftanbt^cilen, wie 3 . 23. 3 inf, gemengt erfetjeint. 3 m ©egeitfaße
3 U bem äußerft feiten rein torfommenben Tupfer werben ©d;micb= unb ©ußeifen,
©tafd, 33tei, SJteffing ton Sfatmoitiaf nicht angegriffen. Ter Grfinber hat ba^er
biefe SJJetalle 3 ur Gonftruction feiner Apparate gewählt, unb für jeben einseinen
Tfyeil bagjenige beftimmt, welches ber 2 lrt unb 2 Beife ber 3 nantprud)naf)me am
beften entfpri^t.
©0 weit bie Apparate beg £errn Garre' unb nun bie wichtigen Slnweitbungen
weld;e natürlidjerweife aug ber billigen Gtseugung ton Äälte fließen.
3 n allen ben fällen wirb biefclbe ton großem Stußen fein, wo man fich
freute irgenb eines SDlittelS bebient, um ein bebeutenbeg ©infen ber Temperatur
fetbei 3 ufül)ren. Tie Gqeugung ton djenufeben fProbuctcn würbe hierin ein wid)=
tigeg ^ülfgmittcl finben für bie Är^ftallifirung ton ©aljett. SJian wirb mit £>ülfe
ber fünftiicben üälte bie Stillung ton fdbwefelfaurem Äali aug ber SRutterlauge
beg @al 3 Wafferg, bie Stillung beg fParafinS ber Tele bewirfen unb ohne ©d)Wierig=
feit bag SSengin unb bie Gffigfäure Irpftalliftren machen. Scntet würbe man tcr=
fd;iebene Söiungen ton 2 Bein, Sllfofwl, ©äuren conceittriren, bie burcf) ©ähtung
ton Siet unb Gffig erjeugte Grhißung termiitbern u. f. w.
Stoch b^en wir einer Ickten 9lnwenbung 3 U gebenfen, welche einer großen
Tragweite fähig ift.
Sßenn man bag ©eewaffer frieren läßt, fo enthält bag gebilbete Gig blo§
2Saffer unb bie in bemfelben enthaltenen ©alge werben gefällt. Unter bem Gin=
fluffe einer Äälte ton mehreren ©raben unter SRutl wirb bag ©aljwaffer in swei
Theile gefdneben; ber eine ift reineg ©affet unb ber anbere ift eine concentrirte
Söfung ber in bem ©eewaffer enthaltenen ©alje. Tiefe wol;l gefannte Gigenfchaft
wirb in ben ©alinen ber nörblichen Äüften betrügt, um ohne Äoften bag ©al§=
waffer 31 t concentriren, welches beftimmt ift, SReeriulj 3 U liefern. Turd) bie Gr=
geugung ber fünftlichen Äälte wirb .bähet ben fübtid;en Äüftenlänbem ein Grfaß
geboten für bag ihnen mangetnbe Älima beg Sterbens.
©elcher außerorbenttiche Sortheil erwägst fcftließlich auS bem Garre’fchen
GiSapparate für bie großen ©d;iffe, welche weite ©cereifett 3 U machen haben! ©tetg
haben fie ein SJtittel 31 er £anb, bie fchwüle Temperatur in allen Stäumen beS
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267
©cßiffcö 3 U füllen, wenn fie in ben tropifcßen Botten unerträglich wirb, ftetS fön«
nen fie mit bcr größten Seicßtigfeit ficß baS für bie Äüßlung unb ©onferoirung
ber ©peifeu unb ©etränfe nötige GiS fd^affen unb ftetö ift ihnen bie SOicgticf)=
feit geboten, auS bem ©eewaffer trinfbarcS SBaffer 3 U bereiten, ohne bie Stinten*
bung »on compticirten ©eftilfationSapparaten einerfeitS unb anbererfeitS ohne [ich
mit ber nötigen SJtenge genießbaren SBafferS ju Berfeßen; — tauter wichtige 33or=
theite, beren Sebeittung fowoßl Born ga^manne als Bom 8 aien erfannt werben bürfte.
SJömcßeS.
2>ö« $ubget bcs ©outfj^tenfuigton unb beö Sritiflj üötufeum
im 3aljre 1862/63.
„SluS SRicßtS wirb üfticßtS", fagt [d^on Äönig 8 eat. ©ie großartigen Slnftren*
gungen, we(<he Gnglanb feit ber erften Sonboner Stuöftettung beS '3af>reS 1851
machte, um ben Äunftfinn im engtifchen SSotfe, ben ©efcßmacf ber arbeiteten
©taffen ju heben, hoben außerorbcnttidf>e Söirfungen geäußert unb granfreicß für
feine ©uperiorität im Reiche best ©efcßmacfeS gittern gemalt, ©ie haben aber auch
namhafte Äoften oerurfadjt; fie haben ©ummen Berfchtungen, Bon benen ftcß unfere
©cßulweiSßeit nichts träumen ließe, wenn wir bie Biffcnt nicht mit eigenen Slugett
in ben officiellen Säbelten waßrguneßmen unb nach benfetben unteren Sefem Bor*
gufüßren in ber Sage wären.
SBir Wollen im üftacßfteßenben nur auf ©runblage beS SSubgetS Born Saßre
1863 bie SluSgabejiffem für jwei Stnftatten, Welche bem tßeoretifchen unb bem an*
fcßauticßen Unterrichte in ber Äunft gewibmet finb, nämlich für baS ©outß=Äen*
fington* unb baS SBritifh SJtufeum in Bonbon, 9leBue paffiren taffen.
©aS ©outß*Äenfington SJiufeum hat in ben erften gehn Saßren feines 23e=
ftanbeS auS öffentlichen SRitteln eine ©uboention Bon circa, 6 ©tili. fPfb. @t. et*
hatten unb in Solge biefer ©otation eine StuSbeßnung, einen Steicbtßum Bon £>ri=
ginalfunjtwerfen unb eine 23cbeutung gewonnen, bie eS atS unerreichbares ©tufter
unb SBorbitb aller „SSRufeen für Äunft unb Snbuftrie" erfcßeinwt läßt.
©tit einem fo immenfen ©tammnermögen an SSeßelfen unb Mitteln ber
Äunftbilbung auSgeftattet, bebürfte baS Äenfington ©iufeurn woßl feiner feßr nam*
ßaften SaßreSbotation, um für lange Beit ber Grfütlung ber ißm geteilten Stuf*
gaben Bollfommen gewacßfen ju fein.
©ennocß entnehmen wir ben amtlichen StuSgabetabcllen ber engtifchen DUegie*
rung, baß für baS @outß=Äenfington ©tufeurn noch gegenwärtig Saßt für
3aßr 33.000 bis 35.000 fPfb. ©t. (nebenbei bemerft, getabe baS 3cßnfacße ber
bem öfterretdhifeßen ©tufeum für Äunft unb Snbuftrie für baS ©rünbungSjaßr
bewilligten ©otation) in baS Subget eingefteflt unb BerauSgabt werben.
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g68
2>aoon fommen im Saläre 1863:
1. auf ©c'halte.4.016 §)fb. ©f.
(1 (Director, 3 AbtheilungSchefS, 1 (5ufto§, 3 GuftoSfteU*
Vertreter, 3 ©oncipienten u. f. f.)
2. auf Anläufe Bett ©egenftänben, bereu gefc&enfweije Heber*
laffung triebt wahtfdpeinlich unb bereu (Erwerbung gut ©t*
jättjung Bon Süden tu ben einzelnen Sammlungen erfor*
berli<h ift.
3. auf Ausarbeitung unb 3Huftration ber Äataloge . . .
4. für 23äcf)ter, Auffetjer unb (Diener) chaft jur 3nftanbhaltung
beS RtufeumS unb ber bamit in Verbinbung jie^enben
©^ulen unb Jpörfäte (nach ber ©tunbe bejaht) . . .
5. für (Polizei (nach Sagen bejaht, ben Sag ju 8 ©twtben
geregnet) ., . . .
6. (Beleuchtung imb ©aS in bem Rtufeum, ben Spulen u. ff.
unb ©icf)erf)eit8üorfef)nmgen gegen geuer, AuSbeffetungen
ber Seitungen unb Anwälten, für (Erwärmung, Ventilation,
Samten unb ©aSapparat. 2.650 „
7. VauberfteHungen, Reparaturen unb AuSichmüdung bet neuen
©ebäubeabtfjeitungen (barunter inbegriffen Riaterialien, Appa*
rate, Arbeitslohn, becoratioe AuSfdimüdung unb Reparaturen
im Rtufeum, ben RefiaurationStocalitäten, ©cfpul* unb Amts*
räumen mit 6600 *pfb ©t.). 7.250 „
8. für Snftanbhaltung unb #erfieltung oon ©tragen, offenen
SBegen unb ©runbfteuer (Tithe-ßent Charge) .... 500 „
9. für bie Vegei^nung ber eyponirten ©egenftänbe, für (Drud
unb Annoncen. 850 „
10. für 3ubauten (©rrid)tung oon ©ebäuben für ©(pulen unb
Verteilungen oon Socalitäten für bie Racptbienft paltenben
AuffidptSorgane), im Safpre 1862 15.000 Rfb. ©t. . . 12.000 „
11. UnBorfpergefelpene Auslagen. 300 „
Roch nie! bebeutenber ift bie (Dotation, welche baS Vriiiftj Rtufeum alljährlich
auS ben öffentlichen Rütteln bezieht; fie beläuft fich währenb ber lederen 3ahre
burchfdpnittlich auf 100.000 (Pfß. ©t.
(Daoon finb im Vubget pro 1863 neranfchlagt:
1. für ©ehalte unb Sohne im ©an$en. 44.421 ^>fb. ©t.
(baoon fommen a. auf höhere (Beamte 8940 Rfb. ©t.; ber
erfte Vibliotlpefar erhält 800 nnb als gleichzeitiger ©ecretär
400, ber ©hef ber Abtheilung für Sftaturgefd^idpte 800, bie
übrigen AbtipeilungSchefS — im ©anjen noch 10 — 600
(5), 500 (4) unb 350 (1), 3 ©uftoSftettnertreter mit 450,
ber erfte ©oncipient 450; b. auf Affiftenten (Rtärater ber
700 „
300 „
3.450 „
o. inn
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263
2Biffenfd)aft) 13.788, 9lffiftenten 1. ©affe (35 an bet Bafyf)
fiaben %ilS einen• ©efjalt »on 320, jätyrli^ um 20 jtet*
genb, bis 400, t^eilS begiefen fie 210 unb erretten, jä^r*
lidf um 15 fteigenb, als SRajrimum 310, bie 2tffiftenten
2. ©affe erhalten anfangs 150 unb fobamt jätytlicfy um 10
me^t bis 200; c. auf ^ülfSbeamte ((Schiften) 3025 (24
3>erfonen, welche anfangs einen ©eljalt »on 90 begießen unb,
jährlich um 10 fteigenb, als ÜRarimum 150 erteilen;
d. Sluffefiet unb Siener 12.783 (44 Staffelet 1. Klaffe
100 bis 120, 44 Sluffeljer 2. ©affe 80 bis 100, 45 9luf=
feljet 3. ©affe 60 bis 80 u. ff; e. fPoligei 700; f. 8eute
im Sag* unb Sßodfenlofn 2260; g. fteuerwa^e 800;
h. $>enfionen 2125 ^)fb. ©t.)
2. ®et»öfnlid)e ^auSfaltSbeDürfniffe.3.160 ^)fb. ©t.
(Sinfungen unb Sajren 440, ^auSfaltSgerätfe 100, Äofle,
KoafS, Sünbetfjolg 950, Äetgen, Del, ©aS 370, $ang{ei=
requifiten 650, uncorbergefefiene SluSlagen 650 ^)fb. ©t.
3. ©Werbungen unb Qlnfäufe . 22.445 „
(33iblio%f8anfd)ajfungen 10,000, SRanufcripte 3000, otien*
talifdje, britifcfe unb mittelalterliche Ämtftfdjäße 1000, grie»
dfifdfe unb romif^e ülltertfümer 1000, SRüngen unb 2Re*
baillen 1500, Be'dinungen unb Stucfe 2000 fPfb. ©t.)
4. ©nbänbe unb Präparate für bie naturwiffenfdiaftl. ©ection 10.390 „
5. Kataloge . 2.000 „
(Allgemeine Kataloge („Guide book“) 350, Äataloge bet
Abteilung für alte Äunft unb bezügliche Beicfjnungen 200
©ntrittslarten unb ^Reglements 150 $)fb. ©t. u. ff.)
6. Auslagen für ©ebäube, SOicbel uttb biverfe £>erftet(ungen 17.435 „
(unter biefe IRubrif fällt für 1863 ein Setrag »on 2180
$)fb. ©t. für Sollenbmtg beS neu eingeführten ©pftemS ber
SBarmung unb 1500 ^)fb. @t. für ^Reparaturen.)
7. Serfdjiebene Heine Auslagen. 1.250 „
©cfliefjlid) ift gu bemerten, bafj baS SerwaltungSjalfr in Knglanb mit ©tbe
5Rärg abfdjlieft. Unter „Subget 1863" ift iof)in ber AuSgabeetat für ben 3eit=
raum »om 1. April 1862 bis 31. SRärg 1863 gu »erflehen. Sie ©efammtfumme
bet Auslagen für baS Sritiff) SRufeum fat itadf ber »oranftefenben SarfteHung
pro 1863 99.012 s j)fb. ©t. betragen; im Sorjafire (1. April 1861 bis 31. SRärg
1862) belief fitfy biefelbe auf 100.414 $)fb. @t.
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270
Belgiens Sunftimbget für 1864.
0 2U3 einen SRafjftab für bie Cnlturftufe eines SSoIfeS fiat geibnij» ba 8
grünere ober, geringere Duaittum ton Seife bejeid^net, Weites baSfefbe »erbraust.
@8 ift eine fdfjöne Sache um bie Steinlidjfeit, nnb hinten, weit, in ber Sürfei mag
e 8 SSölfer geben, bie auf biefe ©genidfjaft ftol 3 finb. 2)ie cirififirten Nationen be 8
heutigen (Europa gehen aber weiter im Comfort biefe 8 8 eben 8 , fie begnügen fid)
auch nicht mit idjitlernbem S<hmudf unb bunten £rad)ten, fie finben ©efchntacf
unb ©enufj 3 umeift an jenen Bierben, welche bie fronen Äünfte ihrem fDaiein
üerlciljett.
SBenn wir bie wahre 33ereblung be 8 SRenfdhen barin fef)en, bafj er fich rom
trägen Stoffe unb ront Grgoi 8 mu 8 be 8 SimtenlebenS foSmacht, fo müffen wir bie
höhere 33ilbung§ftufe eines gan 3 en SBoIfeS in ber relatiren @röfe feiner geiftigen,
namentlich feiner äft^etifd^en ©ebürfniffe erfennen. Sie Anlegung biefeS SRafjftabeS
ift 3 War weniger wijjig, barum aber um fo fidlerer, ^mlbigen wir ferner ber 9Rei=
nung, bafj jebe 8 33off bie ^Regierung fjat, welche e3 rcrbient, beren e 8 bebarf, fo
tonnen wir wofjf au 8 ben Summen, toefd;e jährlich ibeellen unb äftbetifchcn 3t»ecfen
gewibmet werben, auf bie Culturftufe ber fBerölterung fd)fie§en. ©ne folche 33e=
trad^tung nimmt nidjt blefj ba 8 fünftlerifcfie, fonbern aud)' ba 8 gefeUfd^aftfi^e unb
ftaatlidfje Sntereffe in 9(nfprnd).
SSerjdjmäben wir e 8 nidjt mit bem ffeinen .Königreiche Belgien ben Anfang
3 U machen unb werfen Wir einen SSIicf auf ba 8 19 Capitel feines 33 ubget 8 für
innere Slngelegenfieiten. Dfjne 33erg(eidfjc ober Schlüffe 3 U 3 ief)en, geben wir bie
Slnfä^e biefeS 33oranfdhlage8 für Äunft mit etwaigen erläuternben 23emerfungen.
Unter Umftänben fpredfjen befanntficf) Biffern beutficber als Sbatfadien. Bur Unter*
ftüjjung junger Äünftfer in ihren Stubien finb 12.000 Sv. beftimmt, babei ift
jebod) bemerft, baff biefer Slnjaj}, wie auch bie folgenben, nicht limitirt ift. Saron
Werben jungen SRafern, Seidenem, Steuern, 9(rd)iteften unb SRufitern Stipenbien
ron 250 Sv. »erliefen unb bie Strahl ber ©et^eilten ift fomit 48. Sod) ift, wie
erwähnt, biefe 3af>f teineSwegS burch jene Summe bejdiränft nnb im Safjve 1863,
wo ^ier auch 12.000 Sv. angefebt waren, würbe mefir a (8 bie Raffte biefer Summe
allem für bie SRufiter rerwcnbet. bie bctanntfic^ in anberen Staaten witb warfen.
Bur Sfufmunterung junger Äünftfer bie bereits groben ifjre 8 33erbienfte8 gc=
geben fjaben; 3 U Steifen folget in 8 9lu§lanb, 3 U Senbungen im Sntereffe ber
Äunft; 31 « Unterftü^ung bebürftiger Äünftler unb ber Familien ron rerftorbcnen
figuriren 10.000 Sr. Socf) ift biefer 9(nfaj$ für bie riefen Bwedfe rief 3 U gering,
wenigftenS würbe er im Safjre 1863 bei gleicher £öhe um 5599 Sr. überfdjritten,
fo bafj für ba 8 faufenbe Sa^r ein gleiches Seficit 3 U erwarten ift. Sür bie pflege
bc 8 Äupferftidfjeg nnb ber SRebailfeurtunft, 3 U $>ubficatienen, bie auf Äunft 33 c 3 ug
fjaben, 3 ur Sörberung unb 3 um Sfnvaufc hiftorijdjer unb ardjäofogijdjer SSertc finb
20.000 Sr- beftimmt, Wa 8 ebenfalls 3 U niebrig gegriffen ift, bemt im rergangenen
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271
3tof)re Würben ton bcr gleichen Summe 19.747 Sr. 50 Gent. Hof} für ben .Kupfer*
ftidj »ermenbet unb man »erlangt überbicS eine Serücffidjtigung ber »emadjläifigten
titfiographic unb ber s }>(;otcgrapl;ie, fo weit bieielbe nicht infcuftriell ift, fonbem
auf Sieprobuction »on .Kttnftgegenftänben 511 Stubienjiuetfen auSgcht.
SBeitere Anfäfte fiitb: 3m' Unterftübung ber ©c]ellid)aften für SCRuftf unb
bilbenbe Äuuft 15.000 Ar., für Beftelluitgcn unb Anläufe » 01 t SSerfen lebenber
SDtcifter ober folcfyer, bie »er Weniger als jclm Sauren »erftorbeit fiitb, unb 3 m:
Unterftü^ung »eit Gorpcrationcn in biefer Abfidjt 46.000 Sr'; für Aufmunterung
gur AreScomalerci im Vereine mit attberen Unternehmern 100.000 Sr. Sie Be*
ftellungen, welche in Unterer Be 3 iebung bereits gemadjt finb, beanfprud)en eine
Summe »on 1,044.440 Sr.; ber Anthcit be§ Staates an biefen Ausgaben ift
711.547 gr-, jener bcr ©emeinben unb Kirchen 340.893 Sr. Sie bisher »erwen*
bete Summe beläuft fid? auf 189.101 Sr- Sa3 laufenbe Bubget beS Sa^reS 1864
ift bä»on mit 87.923 Sr- beiaffet; eS erübrigen fomit noch 438.523 Sr. als B » 5
fluf auS bent Staatstitel, fo baff ber Bebarf für biefe Unternehmungen auf biefe
Art in fünf Bukett geberft fein wirb.
GS folgen bann: für bie Afabemicen uttb Kuttftichulen mit Ausnahme jener
»on Antwerpen 50.000 Sr., ffVitfionen für bie f))reiSgefrünten in mufitalifdjer
Gompofition, Malerei, Sculptur, Architeftur unb Kupfcrftich 21.000 Sr., Kofteit
ber Aufteilungen 6000 Sr., bie!. Afabemie »on Antwerpen, SDrbinarium 33.250 Sr.,
Gptracrbinarium 25.000 Sr., für baS f. Gonfcroatorium ber SETfufiE jn Brüffel
76.373 Sr., für jeneS 31 t Süttich 30.240 Sr., für ba§ f. Sliufeum bet SJialerei unb
Sculptur 32.675, für baS f. SJiufeum bcr Altorihümer unb SSaffen 20.700 Sr.,
für Ucbermacbung unb Grbaltung »on Süionumenton unb Bauten 6430 Sr., für
fDionumentc, welche berühmten fOiätttterit Belgiens unter Bctheiligung bcr Stabte
unb ^rouingen errietet werben 90.000 Sr. Sie Ausgaben 31 t bent (enteren Bwecfe
finb auf 396.030 Sr- contrubirt, wobei ber Staat mit 277.363 Sr. beteiligt ift,
bie ^rouittgett mit 15.000, bie Gäcnteiitben mit 103.666 Sr. Saron bat ber Staat «
bisher gegahlt: 128.303 Sr. 34 Gent., im Bahre 1S64 gafjlt er 72.280 Sr. unb
eS bleibt fomit ned) ein Sieft » 01 t 76.780 Sr., ber ohne Bweifel tm Bafrc 1865
wirb beglid;en Werben.
Bur Unterftühung ber Steftanrirung unb Bnftanbbaltung »on bauten unb
Kuuftbcttfmalen finb angewiefen 56.000 Sr. baneben bie Gommiij’iott ber Kliontt*
mente mit 24.500 Sr-, enblid) für bie Siebactton unb Bcröffcntlidwitg ber Be*
ridite ber Gontmifficn für Kuitft unb Archäologie mit 6000 Sr.
Bttbent wir alle biefe Säten ber geneigten Beachtung unterer Sefer ernpfeb*
len, glauben Wir barattS feinen attberen Scffuf; jie^ett 3 U muffen, als ba§ Sacit,
baf? im Reinen .Königreiche Belgien baS SahrcSbubget für SOiufif unb bilbenbe
Kunft nahegu eine SöiiUion beträgt.
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272
Uefier ^jtonseitypnologte.
Sott ©r. X ijflolujrng.
©iner ber jüngften ©proffen an bem »ieloergweigten Baume bei Staturwiffen*
fcpaft ift bie Phänologie.
©o nennt man feit 95torten bie SeEjre »on ber Periobicität gewtffer mit
ben SBitterungSoerijättniffen innig gufammenpängenber ©rfcpeimmgen an Pflangen
unb Spieren. Bwar batiren fiep bie Anfänge biefer SSiffenfcpaft fcpon au8 bem
»origen Saprpunbert unb fnüpfen fiep an bie berühmten Stamen »on Ste'aumur unb
Sinnee. Allein fetbjt »on ben »ielfeitigen Anregungen beS großen fcpwebifepen Statur*
forfcperS gu Beobachtungen ber ^iebjer gehörigen ©rfheütungen bat fid> fafi nur ber
mcpr finnige als praftifcpe ©ebanfe einer Blumenupr im ©ebäcptniffe ber Stammelt
erbalten, ©ie neuere Phänologie reicht !aum übet bie lebten brei ©ecemrien unb
ift gegenwärtig in einer raffen ©ntwieflung begriffen, ©rop i^reö »erbältnifjmäfjig
furgen BeftepenS erfreut fie fiep einer nicpt unbebeutenben Popularität, ©ie 3 ä^tt,
in allen ©peilen ber SBelt gerftreut, fleißige, beobatbtenbe ©beilnepnter; »iele ©ageS*
Blätter öffnen ihre ©palten pbänologif<ben Stetigen unb ba8 ©rfepeinen ber erfien
Sercpe, be8 erften 95tai!äfer8,' ba8 £er»orfproffen ber ©cpneeglöcfcpen unb 33eitlen
werben nebft ähnlichen, ba8 ©rwaepen ber Statur im ^rü^ling femtgeidpnenben ©r*
fibeinungen mit einer gewiffen ©pannung erwartet unb erregen nicht nur beim
Staturforfcber unb Staturfreunbe, fonbent felbft in weiteren Sefefreifen lebhaftes 3n*
tereffe. ©effenungead^tet finb bie Aufgaben unb Seiftungen ber Phänologie noch
wenig befannt unb felbft bei SJtännem ber Sßiffenfcpaft haben pbänologif<be Beob=
Ortungen mit ben 33orurtheilcn gu fämpfen, welche ber »erwanbten 95teteorologie
fo lange binbentb im Sßege ftanben, biß e8 hier gelang, au8 bem fepeinbar gäng*
lieb fterilcit ÜJtaterial gabllofer ©aten allgemeine Staturgefepe abguleiten. ©in furger
tteberblicf bet Aufgaben, SJietpoben unb SRefultate ber Pflangenphänologie bürfte
baber gur 33erbreitung richtiger Anficbten über biefen ©egenftanb beitragen.
©ie Aufgabe ber ppptoppänologie ift eine hoppelte: fie bat gewiffe periobifepe
©rfcheinungen an pflangen gu beobachten unb biefelben gu etflären. Au8 ber gro*
fjen Sieipe »on ©rfcheinungen, welche bie ©ntwicflung ber Pflangen barbietet,
müffen gunäepft jene, bie einer präcifen Beobachtung fähig finb, al8 ftjce Punfte
(fogenannte ©ntwicflungSppafen ober ©ntwicflungSftabien) per»orgepoben werben,
©er ©intritt biefer leicht unb fiepet gu beftimmeitben Sijrpunfte im Pflangenleben
ift fobann nach einer einheitlichen 95tetpobe an ben »erfepiebenen Pftangenarten in
»erfepiebenen Sapren unb an »erfepiebenen Drten genau gu beobachten, ©iefe ppäno*
logifepen ©aten, »erglicpen mit ben gleicpgeitig anguftetlenben meteorologifcpen Be*
obaeptungen, liefern ben Beweis eines BufammenpangeS gwifepen ben flimatifcpen
gactoren unb ber Pflangenentwicflung, woburep lejjtere als ©rfepeinung auf ipten
©runb gurücfgefüprt, alfo erilärt wirb. ©aS ©nbgiel ber Phänologie gept alfo ba*
pin, ben 3ufammenpang gwifepen Älima unb Pftangenentwidlung gu ergrünben;
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273
fic fhrebt baßer naßegu baSfelbe an, wie bie fogenaratte Pflangenflimatologie, welche
au§ ber factifd;en Vertbeilung ber Pflangen auf ber ©rbe ihre flimatifdhen Bebürf»
niffe, bie in ber Vcrfcßiebenheit ber Vegetation nach Semen unb ^o^enregionen
einen fo fprcd>enben ÜluSbrudf ermatten, gu 'ertennen rerfudjt. Allein wät>renb bie
Pflangenflimatologie ein äuf;erft complicirted unb fcßwieriged Phänomen im ©angen
unb auf einmal gu leien ocriucht, vereinfacht fid) bie Phänologie ihre Aufgabe feßr
baburd), baß fie gunädjft für einen Ort, ja oft nur für ein beftimmted Snbioibuum
einzelne tlimatifdjc gactoren ber Betriebenen ©ntwidflungdphafen einer Pflangenart
gu beftimmeit fuc^t. ©ie gebt babei »on ber Stnfidit aus, baß bie flimatifcben Be»
bürfniffe, als in ber SRatur einet pflangenart begrünbet, innerhalb gewiffer beftimm*
barer ©rengeit conftant finb, eine Sinnahme, bie nicht nur theoretiid) richtig ift
fonbern auch in ber (Erfahrung ifjre Betätigung finbet.
©ie ©ntwicflung ber pflanzen, mit welchen bie beobadhtenbe Phänologie fid)
gu beidjäftigen hat, erleibet in unferem Älima alljährlich eine Unterbrechung im
SBinter, weldhe Sahredgeit alle pflanzen im Buftanbe beö SBinterfdjlafeS ohne be=
merfbare itebenstbätigfeit gubringen. ©iefed ©tabium ber (Ruße wirb burdh bie
fteigenbe äöärme im grüt)tinge unterbrodjen, unb iogleicb geigen fiel) ©puren beS
erwadhten gebend im feimenben ©amen, im auffteigenben ©aftftrom bet Säume,
im StnfchweHen unb (Entfalten ber Äuospen an allen audbauentben Pflangen
Sßenngleid) oft noch 'Jiücffd)läge erfolgen, fo gebt bie Pflangenentwicflung bennodh
im ©angen unaufhaltsam cor fidtj, eine ftetig gufammenhängenbe SReitje »on 3Bad)d=
Ißum» unb ©ntwicflungdericbeinungen bilbenb. 3ft es nun überhaupt für ben Beob»
achter fchon ichwierig, ben ©intritt bes ©rwacbeits and bem Sßinterfchlaf präetd
feftguftellen, fo ift cd oft noch id;micriger, in ber allmälig fortfehreitenben ©ntwidf*
lung beftimmte, leicht fenntlicbe Stbidmitte gu firiten, beten ©intritt fich f<h ar f be=
obachten läßt. Unb bod) hängt oen ber Beftimmung folcher girpunfte in ber
Pflangenentwicflung bie Vergler barfeit unb Benüßung oeri^iebener Beobachtungen
ab. ©ie pbänologen haben fidb baher viele Piüfe gegeben, jene ©ntwicflungdphafen
feftguftellen, beren ©intritt fich am f^ärfften beobachten läßt unb berücffidhtigen
biefe bei ihren Beobachtungen allein. Obwohl bie S(nfid)ten über bie 3al)l unb bie
gormulirung ber ©ntwidflungdphafen noch immer giemlich getljeilt finb, unb bie»
felben audh unmöglich für alle pflangen gleichmäßig angenommen werben formen,
fo einigte man ftd) in neuefter Beit bod> barin, nur fehr wenige foldhe ©ntwidf-
lungdftabien angunehmen. Von großer SBidjtigfeit war baS Uebereinfonunen, welches
bei ©elegenheit ber 32. 9laturforfd;eroerfammlung in SBien (1856) ergielt würbe,
tnbent bie namhafteften Phänolcgen ©eutßhtanbd unb ©efterreicf)S nur oier ©nt»
widlungSphafen als ©runblage ihrer Beobachtungen wählten unb gunäcßft eine be»
fdhränfte Sfngabl weitoerbreitetcr pflangen (33 Sitten) für foldhe Beobachtungen em»
p f ahlen. 3n Defterreid) werben bie Beobachtungen, welche bie f. f. meteorologif^e
©entralanftalt leitet, nadh genauen »on £>errn ©. g r i t f dj entworfenen Snftruc»
tionen audgeführt. Stoß Uebereinfonunen unb Snftructionen finb bie Beobachtungen
Betriebener Beobachter an oerfchiebenen Orten noch mit gasreichen BeobachtungS*
£ta$«nfc$rift 1864. 8anb IIi* 18
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274
fehlem behaftet unb baljer wenig oergleidjbar. ©ie Siucdett biefer ftefyler liegen
t^etlS in ber fubjectioen Serläßlidifeit ber Scobadjter, tbeils in bem Umftanbe, baß
ber ©intritt pfjänolegifcfjer Grfd)einungen, namentlich bei Seobachtungen im freien,
leitet überfef)en werben fann, jum S^eil ober auch in ber troß ber genaueren 3n*
ftructionen unbeftimmten fteftftellung einzelner ©ntwicflungSphafen. ©aljer hoben
bisher bie widjtigfteit unb fi^erften allgemeinen Siejultate bie Beobachtungen ein*
jelner ^analogen »en $ad), wie Quetelet in Brüffel, £offmann in ©ießen,
Sadjmann in Braunfchweig, ©opfert unb ©oljtt .in SreSlau unb ftritfchin
fPrag unb SBien geliefert.
2118 beobachtenSwertfie ©ntwidlungepfjafeit werben gegenwärtig allgemein an* '
genommen: bie erfte 33lütbe unb bie erfjte reife ftrudd bei allen ^hanerogamen; bei
^oljpflanjen nod) ber ©intritt ber Selaubung unb ©ntlaubung, bei einjährigen
^pflanjen baß erfte Keimen. 3« ben am leid)teften unb ficferften ju becbacftenben
gehört bie erfte Blütlie. ©8 ift bie8 meift eine fe£>r auffallenbe ©rfcfeinung,
an bie fid) oft noch ba8 3ntereffe be8 SotaniferS, be8 SanbwirtheS, be8 Slumiften
unb StaturfreunbeS fnüpft unb bie baher nicft leicht überfehen wirb. Sei »ielen
fPflanjen mit großen f cf) ölten Slütf)en, wie j. S. bei Dbftbäumen, an Stofen, tritt
bie ©ntfaltung ber Slumenfrone au8 ber fdion längft oorbereiteten KneSpe plöß*
ließ ein unb ift ein fcßarf begrenztes, ficber feftzufteHenbeS ©tabium in ber ©nt*
* wicflung ber ^flanje. freilich giebt e8 zahlreiche Pflanzen mit unfeheinbaren Blühen,
wo bie ©ntfaltung ber erften Slütbe nid)t fo auffällig ift; in folgen fällen giebt
ba8 ©täuben ber Sinteren einen fehr guten 2lnbalt8punft.
Siel fchwieriger ift ber ©intritt ber erften grueftreife z u beftimmen. ©e*
wohnlich g^fth'c’ht e8 wohl, baß bie fPflanzenfrucht zur 3t’it, wo bie ©amen ihre
Keimfähigfeit erhalten hoben, atfo bie gruebtreife eintritt, abfällt ober bie ©amen
auSftreut. 2lllein baS Slbfalleit ber $rüd;te erfolgt oft oiel früher, burch Kranfheit,
3nfectenfti<he ober ©lementarereigniffe veranlaßt. ©S finb baher je nad; ber 2lrt
fehr oerfd;iebene äußere Kennzeichen, oon ber ©ntwicflung, Färbung, ©onfiftenz unb
ähnlichen ©igenfdjaften benommen, bie zur ©harafterifti! ber grudjtreife bienen.
Sei ben jpolzpflanzen ift bie Saubentwicfluitg, bie fid) in ber Selaubung unb
©ntlaubung funbgiebt, eine ber hetocrragetibften petiobitcheit ©rfcheinungen. 21 IS
fijre fünfte für bie Seoba chtungen gelten hier baS erfte ©idjtbarwerben ber obe*
ren Slattfläche im Frühling unb bie erfte rollige ©ntlaubung einer Saumart im
^)crbfie. Sei ber Selaubung muß man fiel) hüten, bie Stieberblätter, weldje bie
KnoSpe einhüllen unb halb abfallen, mit ben eigentlichen gaubblättern zu oerwech*
fein, ©ie ©ntlaubung ift oon einer d^araft eriftifdjen Serfärbung beS SlatteS be=
gleitet unb tritt oft fehr unregelmäßig ein. Sefanntlid; grünbet fich auf bie ©nt*
laubung bie ©intheilung ber ^olzpflanzen in fommer* unb wintergrüne, ©iefer
Unter]chieb ift fein fd)avfer, auch ift bie 2ebenebauer ber Slätter bei ben Winter*
ober immergrünen Pflanzen fehr ungleich, ©ie Slätter unferer Stabeihölzer werben
mitunter 6 bis 8 3aljre alt, bis fie allmälig ober rutfweife abfallen.
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275
33ei einjährigen fPf(an3en ift baS erfte deinem, b. b. bas erfte ©icbtbarmer*
ben beS au8 bem ©amen fid> entmicfelnbeit &eime8 über ber Erboberfläcbe eine
icharf bcgrenjte EntwicflungSpbafe, oon beren Eintritt an bie SSirfitng ber flinta*
tifcbett jsactoren ficb batirt.
pat ntan burcb eine Steifte ron Jabren an einem Drte ben (Eintritt ber ©nt*
midlnngöpbafen einer beftintmten ^flan^enart beobadttet io läft ficb auS biefen
Säten ein fDiittel sieben, beffen Etenauigfeit mit ber Habt ber 3?eobacbtungsiabre
machst. Sie Äenntnij) biefeS SßormalmittelS (eines beftimmten SageS) mit bem
9)cayimum ber Hlbmeicbuitg (in Sagen) giebt genau bie Epoche bet Entmicflungspbafe
einer ^.'flan^e für einen beftimmten Ort. ©0 3. Sb. ift nach bunbertjäbrigen Hluf*
jeichnungen bie Söeinlefe in IDiauteru, mie Äenter mittheilt, bas mittlere Saturn
ibreS Eintrittes (melcbe8 siemlicfi mit bem Eintritte ber fwuddreife ber Sßeinrebe
3ufammenfällt), ber G. Detober; ba aber bie Uefejeit in biefen 100 fahren 311'iicben
49 Sagen fdimauft, fo ift baS 9)carimum ber Hlbmeidumg rt 24 Sage. Ser
6. Detober ± 24 Sage ift batjer ber HluSbruct für bie Epodte ber beginnenben
Bruditreife ber Weinrebe in SRautem.
Drbnet man bie pbänologiicben fftermalmittel ber ') s f lauten arten einer Alcra
cbrottologifdi, fo erf>ätt man einen 'Alcrenfalenber für eine beftimmte EVgenb, ber
ein getreues SMlb ber alljäbrlid) ficb abmicfeluben periebiieben Erfdteinungen beS
'PflanjeulebcuS unb be» mecbfelitben Ebarafters einer &mbjcbaft nadt ben JabreS*
Seiten giebt. 3?etracbten mir 3. 5). in .Stürze ben Verlauf ber pauptentmicfluugS*
pbafett ber ^(langen, mie er ficb in ber aIovu neu Sien nach mehrjährigen febr
genauen 33eobadthtngen berauoftellt.
Sie Belaubung ber 3?äume unb ©träueber erfolgt in Söien mit geringen
HluSual)meu in ber furjen Beit reu 0 HJocben, jmifdten bem 2G. SJlärj mtb
5. SJtai, fo smar, bah bie 3abl ber ficb belattbenben -Hirten bis 15. Hlpril regel*
rnäfjig mächSt unb bann mieber regeltnäfug abnimmt. 9iur ment'ge Hirten belauben
fid} früher (jioiidien G. bis 2G. SJiärg) ober fpäter (gmifeben 6. bis 25. SKai).
HluSnabmsmeife giebt eS einige Hirten, bie febett im Sinter ober gar im oor*
angebenben ^erbfte 23(ätter entmicfeln, mie ber fd'toarge .pollunber (normal am
17. Jänner), ober bie tatarijehe epeefeufivfd;e (normal am 28. fsebruar, in milben
SBintem jd;on am 21. Secentber fiel) belaubenb). Sen ©dtluf) ber Hoelaubnng bil=
ben bei unS bie Rohren, bie erft in ber jmeiten .pälfte bes 9)iai 3111’ Saubentmicf*
(ung gelangen.
Sie Entlaubung ber Säume unb ©träueber tritt in Söien sti>ifd)en bem 25. ©ep=
tember unb 10. Secember, jehoeb jo ein, bah bie gröjde 3abl ber entlaubten Hirten
Smifchen ben 1 bis 15. fftooember fällt. 3« ben am frübeften fid) entlaubenben.pokern
gehören bie Johannisbeeren, 311 ben fpäteften Ulmen, Higufter unb Serd'entannen. Eine
nid)t unbeträdf;tliche 3al)l behält ihr Kaub bis 311m Eintritt bes SBinterS, mo eS erft,
burd) ftarte Jröfte getöbtet, abfällt ober mtrcdfnenb bis 311m grübliug auSbauert.
©ol<he ^flan3en hüben ben Uebergaitg 3U ben immergrünen.
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276
BefonberS praftifch für beit 23etanifer fiitb bie Blüthenfalenber. 3Bäl)renb
matt fi<h früher begnügte, amiähernb nad) 9)ccnaten bie 33 lütt>cngeit gu beftimmen,
fann man gegenwärtig bei nieten fpflangcn ben Sag angeben, an welchem fie bet
unS normal gur erften 33 tütf»e gelangen. So ftäuben 3 . 33. bie Ääjjdjen ber ^pafeU
nup bet mtS normal am 14. gebruar (mit einem mittleren gepleroon 18 Sagen);
baS Sdjnecglöcfcben blül)t am 2 . fDiärg (mit einem mittleren geiler non 13 Sagen),
wäprenb bie £erbftgeitlofe erft am 2 . September (mit einem mittleren gebier non
11 Sagen) ihre Blühen entfaltet. 3lber nidit nur baS SRovmalmittel ber erften
Btütf)e ift bei »ericpiebenen Spangen auperorbentlid) »erfdiieben, aud) anbere
SBlütEjennertjöltniffe finb fetgr mannigfach- 9)iand)e Spangen blüfen nur gang furge
Beit, anbere, inbem fie fefr ungleich gur Gntwidlung gelangen ober fiep me^rmal
auSfäen, faft baS gange Saljr; manche Snbtoibucn blühen im £erbfte unter günfti=
gen Umftänben gum gtneiten 9Me, unb manche Spangen entmidetn ihre Blühen
je nach ben SßitterungSperhältniffen im Spätperbfte ober im grühlinge.
@ang ähnlich läpt fich ein fpflaugenfalenber nach ber grudpreife gufammem
[teilen. SDa jeboch biefe GcntwicflungSphafe am fdjwterigften gu beftimmen ift, fo
ergeben [ich S er bie größten Slbweicpungen nom SRormalmittel.
@8 ip non jeher in ber fpftematifchcn 33otanif üblich, bei Betreibung ber
ehtgelnen ^Pangenarten bie 33 lütf)cngeit, bisweilen auch bie Seit ber grueptreife am
guführen, waS freilich fehl' unbeftimmt nad) 3Konaten unb SapreSgciten gefchieht.
3luf ©runblage pBänologifctjer Beobachtungen geftalten fich ^(cbe Angaben fo
präciS, bap fie baburep in bie {Reihe non 3lrtmerfmaleit eintreten unb gur Unter=
fcheibung nape »erwanbter Slrten benüpt werben fönnen. So bjabett 32jährige Be=
obacptungen hier in Söien gegeigt, bap bie gropblättrige Sinbe (3Saffcrlinbe, Sotm
merlinbe) bei un3 normal am 9. Suiti blühe; biefe 33lüthegeit tritt um 9 Sage
früher ein als bei ber fleinblättrigen Sinfce (Steinlinbe, SBintertinbe) nnb um 22
Sage früher als bei ber Silberlinbe. SUian faitn baper als einen wichtigen SIrt=
unterfepieb biefer brei Sinben anführen, bap (normal in SSien) bie gropblättrige
Sinbe am 9. 3uni, bie fteinbtättrige am 18. Suni unb bie Silberlinbe am 1 . 3uli
gut Blütpe gelangt.
fppänologifdje Beobachtungen berfetben fangen an »crfdpebenen Drten geigen
meift einen halb gröperen, halb geringeren Seitunterfdbicb in ber (Sntwicftung ber
^Pangen, ber offenbar oon ber Sage unb »on ben flimatifcpen 33erhättniffen ber
Drte abhängig ift. 3lbgciehen »on biefen urfädPidn'n Momenten, erfährt man burch
biefen 3«tunterfd)ieb bei gasreichen Beobachtungen ichon in einem 3apre, natürlich
»iel genauer nach mehrjährigen Mitteln, um wie »ief bie fpflnngcnentwidlung eines
OrteS ber Vegetation eines anbereit QrteS im Allgemeinen »orauSgeht ober nach*
folgt. Sepr lehrreich finb in biefer Begicpung bie SufammenfteUungen, welche
gritfeh über bie in ben 3 aprcn 1859 unb 1860 im Äaifertbume Defterreid) am
gefteHten phänologifdjen Beobachtungen »eröffentlidjte. 3m 3apre 1859 gab eS 62
phänologifche Stationen in allen Speilen ber öfterreidpfepen 9)ionarcbie gerftreut,
»on fepr »erfepiebener Sage unb pfjtjfifdjer Befcpaffenpeit. Vergleichen wir nun bie
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277
spflartjeneithmdlung an ben ertremften (Stationen in ben SOtonaten, Slpril, SJtat
unb Suni mit bet in Söien beobachteten, fo ergeben fief) folgenbe ©ifferenjen: in
bet norblichften Station (Sdwhl in 33öbmen) blühten bie ^flangen burc^fd^nittti^
17 Sage fpäter, in bet füblicbften (23i((a Garlotta am Gemerfee in ber Sombarbei) «
aber um 22 Sage früher, in ber hödjften (©urgl im Dejjtf)ale in Sirol, 5796')
51 Sage fpäter, in ber tiefften (Cnörg, 222 ') 16 Sage früher als in SBien. 9 tn=
nähernb berechnet fiel) Im’vaus mit Siücfftcbt auf 23reite unb ^böbe ein 5lorenunter»
fcf)ieb Bon 4-1 Sagen für einen falben Sreitengrab unb Bon 1 Sag für je 94 gufj
Gleoatioit.
SSährenb bie beobachtenbe ^flanjenpiiünologie fid) mit ber geftftellung Bon
GntwicflungSphafen U1, b mit ber Beobachtung beö (Eintrittes bcrfelben befchäftigt,
hieraus Stormalmittel ableitet unb biefe ju Slrtmerfmalen, glorenfalenbern unb jur
Berechnung Bon glorcnunterid'ieben benüljt, fud;t bie erflärenbe ^flanjenphdnologie
bie beobachteten GntwicflungSphafen mit ben norauSgegangenen ©itterungSBerhält*
niffen 3 U Berg(eid;en unb hieraus bie fCimatifdjen Bebürfniffe für jebe GntwidlungS*
pljafe 3 « ermitteln.
Selbft bem oberffächlichften Blicfe fann ?8 nicht entgehen, bah Söärme, geud)=
tigfeit unb Sidit jene brei gactoren finb, ohne bie eine gebeihlidje Gntwicflung
non fP flauen unmöglich ift Sonnenidjein unb Stegen (erftcrer als »Quelle ber
Suftwärme unb bcS Siebtes) gehören felbft nach ben Ülnlcbauungen beS SebenS 3 U
ben unentbehrlichen Bebingungcn ber Begetation im ©rohen. 51 u f gäbe ber SBiffen*
fchaft ift eS, baS 3 ur ^ernorbringung ber GntwicflungSphafen beftimmter fP flauen
notbwenbige SDtah non ©arme, Sicht unb geud)tigfeit 3 U beftimmen. Seiber finb
wir noch weit entfernt, biefeS SJiafj, ben fogenamtten flimatifd;en Goeffigienten einer
^flanjenart nollftänbig 3 U fennen. Siamentlidi ift eS ein frommer SSunfch, bie Sn»
tenfität ber Snfolation mittelft eines eittfprcchenben SnftrumenteS 3 U meffen. (Eben
fo ift man über ben Ginfluh unb baS SDJafj ber geudjtigfeit nichts weniger als im
Steinen. Sich Bon ber ©arme, biefem ^auptfactor beS ^flanjettlebeitS, ift eS ge»
lungen, bie ben Bebürfniffen einer jeben ^ffaxtje entfpredjenbe SDtenge mit befrie»
bigenber ©enauigfeit 3 n ermitteln.
5(nfänglid) hielt man 31 er Grflärung beS ©ärmebebürfniffeS einer fPflangen*
art bie tDiarima unb fBtiuima ber Semperatur für genügenb, welche an einet fo*
genannten ^ofargrenje berfelben ftattfinben. ©0 wie ein höherer Äältegrab nämlich
oiele ^)flan 3 en tobtet unb baburdt ihrem Borfcmmen unüberwinblid)e < 2 d;ranfen
ieft, fo bebürfen bie ^flangeit nad) biefer 3lnfid)t eines beftimmten Semperatur*
SDtapimumS 3 ur grud)treife. Allein folche Semperaturejctreme finb wohl Bon Gin»
fluh auf baS ©ebenen ber fP flauen, jebccf) für fiel) 3 U unbeftimmt, um als 91u8*
bruef beS SSärmebebürfniffeS einer tpffartje gelten 3 U fönnen. ©er Delbaum er*
friert regelmäfig in einer halb längeren halb führen fperiebe an ber 9 torbgren 3 e
feiner Gultur, ol;ne bah biefe baburch unmöglich Würbe. Gben fo giebt eS Wilb*
wa<hfcnbe 'Pflanzen, bie trofe ber bisweilen fic töbtenben Ungunft beS Älima’S fid)
hoch noch in einer ©egenb erhalten. Gben io finb wohl SemperaturSmayima 3 m
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.Öcrocrbringung maitd;er (fntwicflunggpbafen, g. SP. ^unt Defptcn mancher Blütben
crforberlicb. ST'L'd; bangt bic Arndttreife nicht non bem oft gufälligen Grreidnnt eineg
Beben SSärmegrabcg allein ab, ba fie nie! mehr als äßirfung einer Längere Beit an=
bauernben beferen B>ärtne fid; (leransftettt.
-Da Temperaturertreme gur (rrflärung bcs SSJärmefcebürfntffe8 ber Pflangen
nicht augreicbcn, glaubte £>umbolbt in ben mittleren Temperaturen beg Jabreg unb
ber einzelnen JabreSgeiten bag 9)laf; begfelben uitb baburd) ben ©runb ber oberen
unb polargrengcit ber Pflangett gefunben ju haben. Slber aud^biefe Dlmtahme ift
im Dillgemeinen nid;t fticbhaltig, wie febeu ber Umftanb geigt, baf; bie 'Pftan^en^
grengen gegen bie pole gu Weber mit ben Jfot beraten beg Jahreg, noch mit benen
ber einzelnen Jahrcögeiten gufammenfallen.
9tid;t mit Unrecht nergleid)t DUphoitS be Uaitbolle eine pflange mit einer
9){af<hine, welche unter bem Cfinfluffe ber !limatifd;en Tarieren (Sffiärme, Sid)t unb
Jeudjtigfeit) eine beftinunte Slrbeit, ihre (rittmicflung, gu nerriebten bat. Tiefe Dlr=
beit ift eine conftaute; fie läfjt fid) befdileunigen ober nergegem, aber ftctg nur
burcf) ein beftimmteg SOiafg 001 t Ärärten ausfübren. trg wirb baher aud; non bem
$auptfactor babei, ber SBärme, eilt beftimmteg 9)1 af; erforberlid) fein, gu bcffeit
ridgtiger Beftintntung aber nicht bl oft ber ©rab ber Temperatur, foitbern aud) bie
Sänge ihrer ©iuwirfung, bie Beit nütberürffiebtigt werben ntufg. Urft bag
Prcbuct ton Temperatur unb Beit ift ber wahre Dlusbvucf ber nerwenbeten 3Bärme (
bic eine beftinunte Sötrfung, f)‘ or eine Untwicfluugephafe, tjerrcrcgebreicht hat
©S haubelt fid) liier alfo nicht fo fehr um Temperaturgrabe, alg um SSärmemen*
gen unb bic Aufgabe ber Phänologie befielt barin, bie gur £>ernorbriitgung ber
Untwicftunggphaie einer pflange nötliige SSärmemenge aufgufänben unb ifr einen
paffenben DlugbrucE gu geben. Dl 11 gemein pflegt man biefe SBärmemcnge burd;
Summirung ber mittleren Tagegtemperaturen gu beftimmen. Tode berrfd)en über
bie Berechnung f old; er SSärmejummen nerfcbicbenc Dlnfidjten.
Buerft ift ber 3eitpunft, oon bem an bie Tagegniittet gu fummiren finb, ftrei=
tig. Bei einjährigen Pflaugeit tarnt man hierüber nid't im Bweifel fein; bie Sßärme
fängt auf fie oon bem DU 0 me nt bc8 .Reimen 6 gu wirten an, unb ift baher aud) oon
bem Eintritte beg Äeitneg an gu fummiren.
Bei ben augbauernbeit pflattgen unb Stgnofen bauert ber B>inter}d)Iaf nicht
gleichmäßig lang, io baft eine pflange früher, bie anbere fpäter 3eid;ctt beg cr=
wadjten Sehens gieht, bie fid) namentlich im Dlnichwellen unb Strecfen ber Änospe,
beren Sduippen baburd) lichte Benen erhalten, äußern. 9)cand;c pi;änelogen (wie
Quetelet, Babinet, ©aSparin, be Uattbolle) nehmen baher für jebe Pflange eigene
DluSganggpunfte (51utlpunfte) ber Gntwicflung an, non beren (Eintritte erft bie
mittleren Tagegtemperaturen iumntirt werben, währenb bie 3Särmemenge, bie ber
pflange oor biefeni Dcullpunlte gutarn, alg umtüp weggelaffen wirb. Tiefe 5ht(l=
punfte liegen nteift gwijeben Tagegmitteln non 4 bis -f- 7 ©rab -SR., he 1
manchen tiefer, bei anberen " höher. So fchwellen bie Änogpen beg Dlpfelhaumeg
fchon bei 2.2 ©rab, bie ber SSeiitrebe erft bei 8.5 ©rab mittlerer TageStem=
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peratur. SKatt^e Umftanbe fprechen jebod) gegen bie 2lmtabtne feiger Sßutlpunfte.
©ie finb oft nur fcfytrer wabrgunehmen unb unftdjer ju fairen; eS ift ferner ge=
wi§, bafg ber ©afttrieb, ber bcd) auch als Beiden be$ ermatten Sebenö gelten
mu§, fd)on früher ftd) fteigert, ehe bte Änoepen fd;wetlen; baju fommt, ba£ oft
lange unb nüeberfjolte Unterbrechungen nach ben erften SebenSgetchen eintreten.
f<heint basier mel gwecfntafuger, ftatt biefer probletnatifchcn $ftullpunfte einen faen
Beitpunft für alle auöbauemben ^flanjen gu nnfalen unb non biefem an bie über
0 ©rab ftcfj erbebenben täglichen Semperatnrmittel gu fummtren, wenngleich ein
üt^eil ber fo berechneten SBdrme für bie s }>flange unbenü^t berloren geht.
(Schluß folgt.)
S. SluSwetfe über ben auswärtigen Hanbel SefterreicpS im Sa^te
1861. 58ien 1863. Siefer goliobanb bilbet ben 22. Sahrgang ber großen HanbelS-
tabeUen, beren Sicbaction ltad) einer bierjährigen Unterbrechung nun wieber an bie Sirec»
tion ber abminiftrattben ©tatiftif übergegangen ift. 3>3ir lontmen auf baS Such noch
ausführlicher gurücb unb führen nur als Hauptergebnis an, bat) 1861 ber Sföerth ber
Einfuhr 248*4, ber 'DluSfubr 325*9 unb ber Surd;fubr 114*0 Will, ©ulben betrug.
Sie Einfuhr l;at ficb um 2*6, bie Surcbfuhr um 2*1 9MI. gegen ba$ Vorjahr ge¬
hoben, bie Ausfuhr einen Otticffcblag bon einer halben 9Mlion (Bulben erfahren. 3n einer
längeren SReit)e oon Sahren geigt ficf>, bafi bie (Einfuhr bte 1859 erlittene Ärife (fte
ging in biefem Sabre auf 269 9Jlitl. bon 308 im Vorjahre gurücf) noch nicht bollig
überwunben I;at, wabrettb begüglicp ber Ausfuhr baS 3al;r 1861 feit 1857 baS erftc ift,
in welchem bie ftetige Bunapme eine Unterbrechung erleibet.
* 9luS % gram wirb berichtet: 3u ber ffierlaffenfchaft beS beworbenen ©labiften
Safari! würbe auch bie aus 6 Folianten beftebenbe ©efdncbte ber fübflabifchen Sitte-
ratur borgefunben, worin bte litterarifdnm Seiftungen ber ©erben, (Kroaten, Salmatiner
unb ©lebencn, fo wie auch bie ©efepiebte ber glagolitifchen Sittcratur betrieben werben.
Siefeö 5Serf wirb bon v Herrn 3ofepb Sitecef berauSgegeben. Ser erfte 2l>eil er-
febeint unter bem Sitel: „©afarifs ©efchichte ber fübflabifchen Sitteratur. 1. ©laboni*
fcheS unb glagolitifd;eS ©chriftthum. s J)rag 1864, JempSfp". Sie 93erhanblung über bie
flabifche Sitteratur reicht bon ^rimuS Srubna (16. Sahrbunbert) bis gum 3al;re 1832
unb umfaßt im 1. Sbeile bie ^Biographien ber ©cbriftfteller biefer ©po(pe unb im
2. Speile bie mufterbaft gufamutcngebrachte ^lufaeUung ber litterarifchen ©rgeugniffe.
©ine ähnliche ©intheilung ftnbet aud) Inufichtli^ ber glagolitifchen Sitteratur ftatt.
©afarif hat in feiner im 3ah*e 1826 h cra uSgegebenen ©efdbid;te ber flabifchen
©praepe unb Sitteratur nur bie erften Hauptffiggen begeichnet, auf beren ©runblage er
fein umfangreid'eS 98erl über bie gefammte flabifche Sitteratur herauSgugeben bcabfichtigte.
Serfelbe begann mit ber fübflabifchen Sitteratur, welche er gang befonberS bephalb lieh
gewann, weil fte fernem ©enie ein weites gelb ber Jbätigleit unb ber gorfepungen ge¬
boten hatte, ©eine großen 93erbicnfte im 3luffuchen ber fübflabifchen Slltertbümer unb ber
©prache fmb im 3ountale beS bepmifepen 9JiufeumS, Sabrgang 1833, auertannt. 3u
biefem neuen ÜBerfc finben wir baS ^robuct ber aüfeitigen tiefen ©elehrtheit (SafarifS.
3n ben Siograppien wirb baS Seben unb bie ipätigleit ber flabifchen ©cbriftfteller be¬
trieben. Sie SKecenftonen über bie eingelnen SBerfe ftnb furg aber gebaltboll.
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D (33om beutfeben Such ermarft.) Atlmäfig frf^eint eg bocfe lebhafter $u Ser¬
ben auf bem beutjcben Sücbermarfte. Gg liegt ung aug ber lebten 38ocbe, 3 um Steile
bem inlänbifchen Sucbhanbel entftammenb, eine nid;t geringe iilnjat)! von Bonitäten not,
barunter gemig manebe Wertteile unb intereffante Grfdjeinung.
Uebcr wenige auf$ereuropäijd)e Öänbcr beftben mir eine jo reiddvtltige 2itteratur, wie
über Wejrico, biefeg munberbare, von ber Diatur je verfdnvenbcrifcb auggeftattete $?anb.
28ir erinnern nur an .'pumbolbtg berülunteg 39er! unb an bie neueren tüd'tigen Arbeiten
von Wüblenpfort, ©artoriug, Oriddbefen u. a. .frerr $>rof. geller in 38ien, ber bereitg
bie Sefcbreibung feiner nicjricanijd'cn Reifen in ben Sahren 1845 big 1848 veröffent«
liebte, fommt mit einer neuen ©chrift: „Wericc. Anbeutungen über ©oben, Älima, 2hier«,
> ))flan 3 en* unb Wineralreicb, Gultur unb Gulturfabigfcit beg Sanbeg" bem S3ebürfni^
berer entgegen, melden baran gelegen ijt, bureb eine gebrängte Sarftellung ber wiebtigften
SSerhältnifje ein nbcrftcbtlicbeg 23ilb beg jet>t ein jo bervorragenbeg Snterefje in Anfprucp
ne^menben Sanbeg gu erbalten. Güte anbere Wcnograpbic über einen americanijd'en grei*
ftaat erbalten mir in ben ,,Wittbeilungen über bao jociale unb fircf>lid?e 2 eben in ber
SRepublif Uruguay von Sr. D. 39opfd>". Ser Serfafjer (;ielt ftcb mehrere Sabre in
Wontevibeo alg evangelijd)er fPrebtger auf, unb ift eg jomit hauptfaddiep bag fachliche
Seben beg immer inepr aufblitpcnben greiftaateg, wclcbeg er rer klugen batte, jo enthalt
boep ber über 400 ©eiten ftarfe Sanb mehrfach intereffante Wittbeilungen über bag
übrige jociale Sehen ber Sa $>lata* Staaten.
©epilberungen eineg unjerem 3>aterlanbe ungehörigen, 3 tvar vielfach bejebriebenen,
bod> im Allgemeinen febt wenig befannten Sanbeetheileg enthalten bie: „Diorbmcftbeutjchcn
©Ü 33 en aug ben unteren ©egenben ber 39efer, Glbe unb Ging von 3. ©. $lebl".
Gine ©ammlung ber beutfeben ©prücpmörter im Wittelalter verbieg fd;on äMlpelm
©rimm in ber Ginleitung 311 „greibanf". Anbere Sejd'äftigungen hielten ben unetmüb*
lieben ©elebrten von ber Ausführung feineg ^Beginnen* ab. $e( 31 , nad> bem 2cbe ©rimmg,
bat £etr Sr. 3 gna 3 3>. Bingerle bieg 39erf von neuem aufgegriffen unb veröffentlicht
in: „Sie beutfeben ©prücbmörter im Wittelalter", eine reichhaltige ©ammlung ber ein¬
fachen, nur wenig geänberten, jefct ncd> gang unb gaben ©pvüd;mörter unb SebenSregeln.
3mei beutjd)e ©ingfpiele aug bem 17. Sabrluinbert ton Sc bann Duft: „Sag griebe
wünfebenbe 2 eutjd;lanb unb bag griebe jaudygeube Seutfcblanb", 3 mei intereffante Piecen,
beren Döertp burch bie Beifügung ber 2 cnfä($e beg CriginalS wefentlicp erhöbt werben
bürfte, erfchienen von ©cbletterer alg eine Grgä^ung feiner „@eidnd;te beg beutfeben
©ingfpielS". Sie ©ammlung ber: „Senfmaler beutfd>er Reelle unb $>rcfa aug bem 8 .
big 12. Sahrpunbert, perauSgegeben von Wüblenhoff unb 39. ©cberer", enthält paupt«
fachlich bie in früheren Aufgaben nicht veröffentlichten, 3U111 2heile erft burd; neuere
gunbe befannt geworbenen Ueberrefte ber altbeutfd'en Sitteratur unb in bem prcjaifd;en
Sipet! eine 311m erften Wale vcllftänbig geerbnete ©ammlung ber fatechetijchen unb pomi«
letifcben Senfmale big 3 um Seginne beg 12. Sabrbunbertg. 39ir ermähnen hier nsd?
einen Seitrag 3 ur ©efebidde ber beutfeben 2beologie unb ^Ppilcfophic beg Wittelalterg:
„Weiftet Gcfl;art, ber 4>ater ber beutfeben ©peculaticn, von Sof. Sad) 1 * unb eine
Sammlung portugiefifeber 3 ' 0 lfölieber unb Die mannen, aug bem Diad'lap Sr. G.g. Sellermanng
herauggegeben. Sern Criginalteyt ift bie in gleichem Sergman verfaßte beutfd;e llebertragung
beigegeben, ber fiep eine Sammlung portugiefifeber ©prüduvörter unb Äalenberreime anfd;lie§t.
©cplicnlid> futb eg noch einige Dieuigfeiten ber juriftifdum 9 itteratur, bie mir gu
ermähnen haben. Gg ftnb: Sr. 3. Saren, bie ©efammtrechtgverhältniffe im römifepen
JRedpt" unb ein Lehrbuch beg englifchen ^rivatreebtg von Sr. 3- ©unbermann in Wün*
epen, beffen erfter 2heil unter bem ©eparattitel: „Sefifc unb Gigentbum in Gnglanb"
bie Common law behaubelt. 39ir fd;liefen unferen Serid>t mit ber Gnväbnung einer
inlänbifchen Dlovität über einen noch jel;r wenig bearbeiteten ©egenftanb, einet Wono«
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graphie über ba$: ,,93Rofaifcbdalmubifche ©bereit mit befonberet SRücfftcht auf bie bürger*
lieben ©efe^e", oon bem SRabbiner Sr. 9!K. Sufcpaf.
P. (9?cm frangöfifeben 3?ücbermarfte.) Wir haben ttneber ein frangöftfe^ed
SRacbfchlagebucb gu ermähnen, bieSmal über bie technischen unb ^aturmiffenfebaften: „Dic-
tionnaire general des Sciences th^oriques et appliquees comprenant les ma-
th&natiques, la physique et la chimie, la m^canique et la technologie, Fhistoire
naturelle, la m&lecine et Feconomie rurale, par Privat-Deschanel et A Focil-
Ion“. Sie Anlage biefeS Wörterbuches, beffen Sejt mit fielen fehr pubfehen ^olgfcpnitten
gegiert ift, febeint fehr auSgebehnt. Ser erfte Jpeil gept im Alphabet nur ron A bis C.
©ine frangefifcf>e Abhanblung über 2effing, ben fflefampfer be$ frangöfifepen (Sin*
fluffeö in Seutfcblanb, ift intereffant genug. Sie peipt: „Lessing et le goüt frangais
en Alleniagne, par Crouslö“ unb befebäftigt ftch in einem giemlicp ftarfen Sanbe mit
ben Seftrebnngen tfeffingS, fe mie mit feiner ^ebenSgefcbichte.
9Recb l;aben mir ein SR eifern erf anguführen, baS mehl ein grofjeS ?efepublicum ftm
ben bürfte. ©s beifit: „16 OOO lieues ä travers FAsie et FOc^anie. Voyage exd-
cutö pendant les ann^es 1858—1861, par le.comte Henri Russell-Killough“.
Ser 5>erfaficr meist bon bemherein alle ^ratenficn guruct, bajg er ein geleprteS ober
miffenfcbaftlid'eS Such beabfichtige. (Sr miß nur bie reine Wahrheit erzählen bon bem,
maS er fab, unb gef eben hat er genug. Sie SReife ging bon p)aiiö nach Bonbon,
St. Petersburg, SQtcstau, Äafan, über ben Ural nach Weft*Sibirien, ScmSt, Jrfutsf, in
bie ©iongolei, nach ©pina, s pefing, bon ba micber gurücf gum Amurflufi, bann nach
Shanghai, 4>cngfong, 9teu-Seelanb, Auftralien, Snbien, über Sueg nach ©onftantinopel,
Gairo, Wien u. f. m. SaS Such ift bem (General 9JRuramieff*AmurSfi gemibmet, ber bem
Herfaffer bei feiner ©jrpebitien allen niöglid'en 3>crfcbub leiftete. ©raf JRuffelbÄiflougp
hat unter Anberem auf feinen Steifen auch bie ©rfaprung gemacht, bafj ber ©nglänber
allein unter allen 3cnen unb 5>erpältniffen unveränbert in Sitten unb ©emopnpeiten bleibt,
mahrenb ber grangofe unb Staliener ihren Gharafter berlieren, ber Spanier halb gar
nicht mehr gu erfennen ift, ber Seutfche aber — graufam mirb!
P. (9?om englifcpen Such er mar tt.) Ser Aribiteftingenieur be§ $)afcpa oon
Serufalem, ßrmete pMerotti, hat acht Sabre lang ben 23cben ber p. Stabt burepforfept,
um bie Dtefte jübifcher unb ehr iftli eher Ard;iteftur an baS Sag es licht gu bringen. Seine
amtlid;e Stellung ermöglichte ipm ba grünblicpe Stubien, mc man fonft ben gremben
nur einen furgen Aufenthalt geftattet. Sae SKefultat ber Arbeiten ^ierotti'S liegt nun in
einem ^raeptmerfe bot, melcheö in ?onbon unter folgenbem 2itel erfcf?ien: „Jerusalem
explored ; being a description of the ancient and modern eity a . 9Dtel;r als pun*
bert Jslluftrationen gieren bie gmei ftattlichen £}uartbänbe, melche fiir ben Archäologen unb
4>iftorifer, fo mie für ben ©ibellefer bon großem Sntereffe finb.
©in pübfcpeS 9)cemctrenbucb ift: „Court and society in England from the
reign of Queen Elizabeth to the reign of Queen Anne, by the Duke of Man¬
chester“, 2 33anbe. Ser ©egenftanb gehört gu ben angiepenbften aus ber englifchen
©efepiepte; auch foü baS sBuch eine gitlle vmn £ofanefboten u. bgl. enthalten.
sticht minber intereffant, menngleid; für einen gang anberen SeferfreiS, ift folgenbe
Schrift: „The Cotton trade, its bearing up the prosperity of Great Britain and
commerce of the American republics, considered in connection with the System
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of Negro slavery in the Confederate States, by Mc. Henry“. Sie grcne Saunt*
wcllenfragc mir* Her ziemlich grünblich nicht allein mit allen ftatiftifefeen 9iacbmeifen,
fonbern auch mit SRaifeitncmentö über bie ©flauenfrage abqcbanbelt. Ser ©erfaffer ift
Gnglänbcr nnb fbmpathifirt auS „baumwollenen SKürfftcMcn" mit ben Genf eberirten, fo
wie mit ber ©flabcrei. Sie je oft een ben 9Jiäitnem beS ©übenS aufgeftelltc ©ebaup*
hing, bie ©flauen in ben nerbamericanifcben SRepublifen feien bie glücflicbften Arbeiter
in ber ©>elt, finbet auch in bem ocrl iegenben SHerfe ihren AuSbrucf. Ohne ©flauen feine
erbentliche Sauntwellc nnb cl)ne ledere Ototb an allen Gcfen unb Gnben! Sie ©üb*
• ftaatlicfyen Ratten alfo hoch recht, als fie ucr ©eginn beS ÄriegeS in ihrem Uebermuth
erflarten: „Cotton is king!“
Ueber baS britifc^e SReid? in 3nbien erfebien eine SReihe non ©riefen, bie, in. einem
Sanbe gufammengefaßt, ben Jitel führen: „The Empire of India: letters from Ma¬
dras and other places, by Evans Bell“, ©ie jtnb tt>eilö befchreibenber, %ils friti»
fc^er 9Ratur.
Schließlich bürfen mir nid;t »ergeffen baS uielgenannte unb berüchtigte ©u<h non
SMa^hem 3 U ermähnen: „Life and manners in Germany as observedin Saxony“.
93Ran feilte eine berartige Arbeit nicht ungelefen taffen. GS läßt fid> ©ergebenes barauS
lernen, 3 . ©. auch, wie fid> bie beutfefce SBelt in gewiffen englifd;en Äßpfen wieber*
fpiegelt, benn ber ehrenwertbe 9ftr. 9)iap bem fleht mit feinen Anficbten namentlich h eu t*
3 utage, tue alle Jage bie auSgejuddefteu 'Artigfeiten 3 U uns h n 'ü ber ballen, gewiß nid;t
allein. 58aS ©osbeit unb Unuerfchämthcit anbelangt, fo wirb WanbewS ©>erf mufter*
gültig bleiben für fcbriftfteflernbe ©entfernen unb feiche, bie eS werben wollen.
f Am 16. gebruar b. 3. ftarb in ?eitmerij ber bortige ÄreiSgericbtSpräftbent
ffik^el Heinrich ©eit, gej’bäfct als Gompcnift. Gr gehörte ber 5Dtenbelöfcbn’fd;en 9Rid;*
tung an. ©on feinen äßerfen ftnb 53 tl)eilS im Srncf erfebienen, theilS auS zahlreichen
effentlidjen Aufführungen befannt. SaS uen il;nt geführte ©erwicbntß feiner Gempcfttie*
nen bürfte noch in feinem ')Rachlafje eine große Ai^abl uen ©tubien unb Gntwürfen ent»
halten. Gr uerfuchte ftch in allen germen, felbft 31 m Dper wellte er ftch wenben. AIS
if)m bie AuSficbt 3 U Jbeil würbe, baß eine ÄrönungSoper für baS 3abr 1836 uon fei*
nen Gompofttionen 3 m: Aufführung gelangen tonnte, war er bereits mit einer felchen
(„Sie ©chweben uer ^rag") befebäftigt; bcch würbe bie 3 bee wieber fallen gclaffen.
Außer 3 ahlreichen ?iebem, Sallaben unb ©eealquartetten in beutfc^cr unb bohmifcher
©prad;c fchrieb er 4 Quartette, 5 Quintette, 1 Jrio für ©ieline, Gelle unb $>ianc,
bie ©pmphenie, bie große 9)leffe unb mehrere ©rabualien unb Qfferterien, bie grofje
Gantate (Sehmenö ©ergfegen), welche bei Grcffnmtg ber ©taatSbalm im 3:Beater auf»
geführt würbe, unb baS £eitmerißer Äircbeubuch. ©eine lepte Gempofttion war baS bei
ber Ginweihung ber Äarelinenthaler Äird;e 31 t ©eher gebrachte Je Seum. Gin nieljähri*
geS ßungenleiben, uerbunben mit einer franfpaften 9teruenaffecticn, nebft bem ©erlufte
uen öier Äinbern trübte bie lebten 3al;rc feines fonft glücflichen Sehens.
* Ser ©erwaltungSauSfcbitß beS 9DRufeuntS beS ÄenigreidKS Sehnten Btdt
am 13. b. 93R. unter ©orftß feines $)räftbenten ©rafeu Glam*9Diartinic eine ©ifcung,
welche belle uier ©tunbejt in Anfprucp nahm. 3n berfelben brachte unter Anberem Sr.
$)alacftj bie Anlegung eines ArchireS für behmifebe SRufifccmpefitienen in Grinnerung,
wobei Sr. 2(mbreS mit SRatl) unb Jhat behülflich wäre. Gine anbere 'Angelegenheit,
welche in geige einer Gingabe beS $>rcf. Ä. Jicftnmf gut ©erl)anblung fam, betraf bie
grage, auf welche 2 öeife bie Qlrchiue im Sanbe uor ©erberben gewahrt werben feilten.
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Sr. ^ N alacfp fcf>ilbertc mit warmen ® orten ben traurigen 3uftanb ber Arfioe unb Be»
gcidmcte alß baß einige noch ftd;ere ©tittel, bie ©fäpe berfclben wenigftenß für bie
SSiffenffaft gu retten, baß Gopiren ber Ürfunben in ben Heineren Arfioen. Siefeß
SRittel l;at auf bereite ber ©Rufeumaußjfufg ergriffen, inbem er gu biefent Sehufe eine
beftimnite Summe anwieß. Gine eigene Gommijfion, beftehenb auß ben Herren Sr. $Pa*
lacflj, Arfioar Grben unb §)rof. Seme!, wirb im Ginoemehmen mit bem ?anbeßarfi»ar
Sr. ©inbcf bie betreffcnbcn Arbeiten leiten, ©f lief;lif würbe ber Antrag beß «$ofraf eß
.fraibinger, baß ©iufcum möge fif an ber .£)eraußgabe einer ©tebaille gum fünfgigjahrigen
Soctorjubüäum feineß ©l?renmitg(iebeß Sr. ©iartiuß in ©tünfen beteiligen, ba^in er»
lebigt, ba§ ber $)rdfibent erflärte, er werbe eß felbft im Konten beß ©tufeumß tun.
©i$ujig«&erid)te.
;&u5?tt0 aus tont flrata kalte
ber 1. Sipung ber f. f. Gcntralcommifficn gur Grfcrffung unb (Erhaltung ber ©du*
benfmale, welche am 7. Sdnner 1864 unter bem ©orfifce Sr. Gjrcelleng beß £erm
5>rdfibenten Sr. Sofepl; Alejanber greferrn u. eifert abgel;alten würbe.
Se. Gjrcelleng ber ^räftbent eröffnet bie ©ifcung mit ber ©Jitteilung, bafc
er bie 6l;re gehabt habe, Sr. !. !. apoftoliffen ©iajeftät ben lebten 3af)*gang * cr
$)ublicationen ber Gentralcommiffion perfcnlid; gu überreifen, unb bafc er ©r. ©iajefiät,
Aücrbcf ftwclf e baß überreifte (Exemplar bnlboonft entgegengune^men geruhten, bei bie*
fern Anlaffe Ginigeß über ben ©tanb unb bie ©erl;dltniffe ber (Eommiffion bärge*
legt habe.
Saut einer 3uffrift beß £erm ©icepvdftbenten ber !. Atabemie ber SJiffenffaften
unb ?)räfeß ber philofophifffiftcriffen 6 (affe, Sr. ö. Äarajan, würbe anftatt beß
oerftorbenen ffiegterungßrafeß Sitter ». Arneth ber Guftoß an ber !. !. £ofbibliotbe!
&err Sr. (Erneft Sir! gum ©ertreter ber !. Afabemte ber Jöiffenffaften in ber Sen*
tralcommiffion ernannt; baß neue ©titglieb Sr. Sir! wirb non bem £erm ^raf 1 ^' 11 * 611
ber ©erfammlung oorgeftellt unb begrübt biefelbe bierauf mit einer furgen Anfpraf e.
©leifgeitig mit biefer (Ernennung, wirb ber Gommiffion ber Sücftritt beß biß^eri*
gen ©Ritgliebeß $)rof. Sub. u. (Eitelberger befannt gegeben. Sie begüglife 3uffrift
$)rof.». ©itelbergerß wirb mit ©ebauern gur Äenntnifc genommen, unb ber ©effluf;
gefaxt, bemfelben für f e * ne Sfdtigfeit alß Gommiffionßmitglieb, namentlif für feine leb*
hafte ©ef eiligung an ben litterariffen Unternehmungen ber Gommiffion ben wdrmften
San! außgufprefen unb bamit baß (Srfufen gu oerbinben, bicfe feine ©efeiligung ben
^Publicationen ber Gommiffion auf fernerhin nift entgiehen gu wollen.
Sie Angeige beß bisherigen ^Pfarrerß im ©ioUfale £erm 3t« ®* Aber mann,
ba§ er naf ©larhofen im Secanate gelbfirfen überfefct worben fei, wirb gur Äenntniß
genommen unb auf baß gletfgeitige Anerbieten beß £erm ^farrerß, auf in feinem
neuen Amtßorte gu 3wecfen ber Gommiffion thdtig fein gu wollen, bantbar eingegangen.
Saß f. !. Äriegßminifterium eröffnet, baf; ber bisher alß !. !. Gonferoator ber
croatiff*flaoonifd;en ©iilitärgrenge beftetlte ©lajor Sofeph ^laoßic anläfclif feiner
9)enfionirung bie Stelle eineß f. !. Gonfcroatcrß niebergelegt habe, unb baß an bcffen
Stelle ber beim Sgluiner ©rengregimente bienenbe £auptmann Sohann Ürnßti gum
Gonferoator ernannt würbe.
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284
86 wirb befchleffen, bie erfcrbetlichen Ausfertigungen gu öeranlaffen.
£err Gcnfcrvator $>. Segbefa in $)ifef ^etgt an, bap er näd;ften$ bie Sefcbret*
bung bei alten Stabt« unb Secanatfircbe gu fPifef, nebft ben bagu gehörigen 3etdnun*
gen einfenben werbe, unb bafj er ton bem Gonfcrvator für Sehnten grang ©rafen von
&I; un ermächtigt werben fei, benfelben in bem eines GenfervaterS entbel)renben Sub*
weifer Äreife gu bertreten. Bngleic^ bittet er, bie Stabt $)rachatip mit einem Seitrage
gur SReftaurirnng beS bortigen alten fRathhaufeS gu unterftüpen unb beruft fid? babei auf
etnen bieSfallS an ben ©rafen grang Jhun erftatteten Seridd. Sie bezügliche Stelle in
biefem Seriddc ift in Abfd?rift einer gleid^eitig bcrliegenben Relation beS leptgenannten
GenfervaterS für Sehmen angefddeffen, welche mehrere ©egenftänbe berührt.
gftrS erfte verfpricht bet £err ©raf bie balbigc Ginfenbung beS £RefultateS ber mit
©enehmigung ber Gentralcomntifficn ben bem Gorrefpcnbenten Schmitt in feinem Auf*
trage unternommenen Sereifuug beS gretden 3heiles beS Sunglauer unb eines SheileS
beS Äntiggräper AreifeS. Sann legt berfelbe ein Gjentplar beS gebruct'ten ©rlaffeS ber
f. !. Statthalterei in s ))rag bem 8. Auguft b. 3-, 3- 43.193, ber, welcher über fein
Anfuchen an fänuntliche Segirfsbeherben beS Raubes erflog, unb mittelft weld;em biefe
Seherben angemiefen mürben: „von allen in ihren Segirfen vorfemmenben ©efal;ren, welche
einem bert berhanbenen älteren Saubenfmale eher beffen Appertinengien, ober einer bort
befinblichen transportablen Aunftreliquie brohen feilten, fe wie bon jeher borfemmenben
Gntbecfmtg alter ©rabftätten unb bon allen anbenoeitigen gunben unb Ausgrabungen
jebeSmal fefort ben £errn Gonferbator birect unb amtlich in bie Acnntnig gu fepen" unb
„bie ©emeinbeverfteher gur geeigneten ^ORitwirfung hiebei anguweifen".
genier bringt ©raf $hun gugleid' baS gnufchen ihm unb bem Gonferbator 6erm
9). Segbefa getroffene Abfemmcn gur Aentitnig ber Gentralccnunifficn, gufelge beffen
er biefen letzteren fchriftlich ermächtigt hat, über bie Grhaltung ber Saubenfmale im Submeifer
Äreife an feiner Statt gu machen unb biefeit ÄrciS nach 3nlag ber 3eit gu burd;f erfreu, unb
benfelben gugleid? erjudde, bie hierüber gu erjtattenben Sericbte behufs ber weiteren Sor*
läge an bie Gentratccmmiffion an ihn gu richten.
©raf iljun fommt am Sdduffe feines SeriddeS enblich aud' noch auf baS An«
finnen beS ty. Segbefa, betreffenb bie Setbilligung eines SeitrageS gur Seftaurirung
beS alten SRathhaufcS in $)racbatip gu fpred?en, unb obwohl er einfieht, bafj bie Central*
commiffion Weber bie Mittel, noch ben Seruf hat, ähnliche Seiträge unb Unterftüpungen
gu gewähren, fo glaubt er hoch, baij biefer Gcntralcommiffion wenigftcnS für bie brin*
genbften gälte für ähnliche 3wecfe bie notigen Mittel gu ©ebote ftel;en feilten.
Sie Gentralcommiffion nimmt bie bcrliegenben Sericbte beS ©rafen grang Sbun
unb beS Gonferbatovs bon $)ifcf gur Aenntnig unb befch liegt, ben Grftgenannten begüglich
feines lepterwäbnten 'Antrages auf feine Stellung unb 2-hätigfeit als SanbeSauSfcbug gu
betweifen, mit bem Semerfen, bag es in gälten, wie ber baS StathhauS in $}rad>rtip
betreffenbe, bor allem Sache beS £anbeS unb ber PanbcSoertretung fein bürftc bie SDiittel
gur würbigen Grhaltung ber einheimifchen Sentmäler gu beschaffen.
Mehrere bereits früher eingelangte Sericbte unb Angeigen waren bem Gorrejpon«
benten £)erm GuftoS Sr. Aenner gur vorläufigen Segutad;tung überwiefen worben, bie
bon bemfelben hierüber abgegebenen ©utachten liegen nun vor;
Següglich ber ÜRittheilung ber f. f. Statthalterei für Salmatien, bag ber ©pmnaftal*
lebrer Sr. 2 an ga gum Gonfervator beS 9)(ufeuntS in Spalatc eniannt worben fei unb ber baran
gefnüpften neuerliden 'Anregung, bie Ausgrabungen in Salona fertfepen gu laffen unb
gu biefem 3^ecfe eine Sctaticn gu bewilligen, fpricht Sr. Aenner feine Anftcbt bal>in
auS, baß bie gertfepung jener Ausgrabungen wohl fehr gu empfehlen wäre. Sie Gen*
tralcommiffion hat längft bie SSichtigfeit ber gortfepung ber Ausgrabungen in Salona
anerfannt. ÜRachbem fie felbft aber nicht bie 'Dattel gu äl;nlid;en Aufgaben befipt, unb
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285
bie ©rljaltung unb 2luffinbung bon Senfmälem 3 unätbft im Sutereffe unb SSortfyeile bcr
Räuber liegt, in benen fie ftcb berfinben, {c wirb befcblcffen, ben £errn Statthalter
für Salmatien gu erfuchen, bie geftfepung einer entfpredwnben Summe gum ©egenftanb
dner SRegierungeborlage für ben näcbften Öanbtag 3 U machen.
Ser bon bem ßonferoatcr «Perm !. !. pauptmann Siballic eingefenbeten 21b*
bilbung eines in 93iitrobic gefunbenen romifeben ©rabfteineS wirb bon Sr. Äenner
mehrfaches Sntereffe flugefprcchcn unb bie barauf beriitblicbe Snfcbrift neu bentfelben als
ein 9iad)tuf einer grau an ihre ©efebwifter ober Äinber erflärt, unter welchen als paupt*
perfon ber betrauerten ber ^rebiantmeifter ber II. Legio adjutrix erfchcint, welche leß*
tere feit bem Sabre 70 n. (5br. in 9Iiebci*?)annonien ftatienirt war. Behufs angemef*
jener $>ublieaticn tiefes intcreffanten gunbeS wäre jebcch bie genaue s 33iatjangabe biefeS
Steines, bann ein 9>apierabflatfcb ber Snfcbrift nad\$utragen. Schließlich fragt Sr. Äen*
ner noch, ob unb wie biefeS 93icnument etwa non bem !. f. s 33ätng* unb 9lntifencabinet
acquirirt werben tonnte? Sollte biefe ?lcquifitien untlmnlich fein, fo wäre ber* ©rabftein
wenigfteitS bor wetteren llnbilben 3 U fänden.
Sie ©entralcommiffion befd;ließt, bie (Eingabe beS pauptmannes Siballic im
Sinne ber non Sr. Kenner abgegebenen Üleußerung 3 U erlebigcn.
be 3 Üglich ber ?(n$eige beS ©onferbatorS in Salzburg, perm Süß, baß fich in
paüein 3 Wei aus einer gelfenwanb herborfpringenbe, romifd;e bruftbilber barftellenbe gelS*
blocfe bon 6 Älafter pobe befinden, empfiehlt perr Sr. Äenner borerft, bem bor»
fchlage beS perm ©onferbatorS gemäß, eine gute Photographie Aufnahme biefer angeb*
lid;en bilbwerfe in großem SJiaßftabe 3 U bewcrffteÜigen, um in bie 2 age 3 U fommen, ftch
ein Urtbcil über biefelben 3 U bilben.
©S wirb befcblcffen, bie 9ln$eige beS perm ©onferbatorS Süß in biefem Sinne
3 u erlebigen.
be 3 Üglich ber boin ©onferbator Sd;ciger borgelegten Betonungen ber in ©illi in
ben Sut;ren 1862 bis 1863 neu aufgefunbenen romifeben Snfchriftenfteine erflärt ber
mehrgenannte «perr ©orrefponbent, baß fid; biefe neu aufgefunbenen Steine ben bort im
3al;re 1859 gefunbetten an Sntereffe unb bebeutung anreihen, inbetn burd? biefelben
bie bisher befannten 9canten ber $)recuratoren bc^ 91oricum$ bermehrt werben unb bie
3eit ihreß UrfprungeS beftätigt wirb (192 bie 217 n. Gbr.). ©ben fo werbe burch
biefe neu aufgefunbenen Steine bie feben bon Slrnetb bermuthete 9iäbe eines 3upiter*
Stempels beftätigt. ©tner biefer Steine fei außerbem burd; bie SSßibmung an Celeja
sancta intereffant.
Sie ©ommiffion tritt biefem ©utad;ten in allen Steilen bei.
Ser bon bem ©onferbator Steiger borgelegte ©efchäftsbericht für baS 3Weite
Semefter 1863 wirb 3 ur dtenntniß genommen.
Ser Dberbauratb perr ban ber s 31ül( fpricfyt ftch über ein bemfelben 3 ur Sleujje*
rung übergebenes ©efchäftsftücf beS f. !. StaatSminifteriumS, Slbtheilwtg für ©ultuö unb
Unterricht aus, niittelft welchem baS ©utaebten ber ©entralcommiffion über baS berboU*
ftänbigte $)roject 3 ur Umftaltung ber Secfe beS SSorfaaleS Maggior consiglio im $)a*
(0330 Sucale in 53enebig abberlangt würbe.
Ser perr Referent ertlärt fich mit ber borlicgenben 5leußerung beS minifteri eilen
SepartementS für pod;bauten, welkes baS erwähnte ^project gutl;eifjt unb nur bie 93or*
ficht empfiehlt, bie Arbeit burch bewährte >J)rofeffioniften unb Zünftler ausführen gu
Iaffen, boHfcmmen einberftgnben.
©S wirb befchloffen, baS berlangte ©uta^ten in biefem Sinne ab 3 ugeben.
piemit würbe bie Sifeung gefchloffen.
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286
€. fi. $eoU»0tf^e Urt^sonpult
©erfammlung vom 16. gebruar 1864.
$err !. !. Sergrath gran 3 SRitter v. $auer im ©orfifc.
9Jlittheilungen von £errn f. f. £ofratl; unb ©irector SB. Jaibing er werben
vorgelegt.
,,©e. !.!. Slpoftolifche 9)lajeftät haben laut 3 [Herl;cc^fter Sntf^ließung vom 6 . b. 9)1.
bie mit bem ©eridjte ber !. !. ©irection vom 15. v. 9)1. anher vorgelegten ©rucf»
fünften unb Äarten alß weitere ©rgebniffe ber verbienftlicben SBirffamfeit ber geologi»
fc^en Dleichßanftalt mit SBohlgefatlen aüergnäbigft entgegengune^men geruht.
gereicht mir jum Vergnügen, bie !. !. ©irection non biefem fchmeichelhafteu
©rfolge ber Seiftungen wätyrenb beß 3^l;reß 1863 in Äenntnift §u fepen.
SBien, am 12. gebruar 1864. Schmerling m. p."
9 Jiit biefem fo wohlwollenben 6 vlaffe ift nun ber Slbfc^nitt ber Arbeit beß ver¬
soffenen Satyreß gewi§ in rühmlicbfter SBeife für unß gewonnen. Sunigft treueß ©an!»
gefugt ergebt unß, in unferen ferneren ©eftrebungen ben 6 vwartungen möglicpft ju ent»
fprechen, wie fte in Se 3 ug auf bie unß in ber ©rünbnng betriebenen Arbeiten unb bie
immer neu fid) barbietenben ©eranlaffungen vorliegen mögen. ©rfolg ift bie reichfte Sin»
regung.
£err ©irector SB. Jaibing er gebenft feiner SBabl 3 um außwärtigen correfpon»
birenben 9Ritgliebe ber ungarifcben Slfabentie ber SBiffenfhaften — Magyar Tudo-
mänios Akademia — in ber ©ection ber 9laturwiffenf(haften, welche am 20 . Sänner
ftattgefunben.
SBir verbauten £erm !. !. ©ectionßrath 9. SRitter v. £eufler 91adnid)t über eine
ftarf eifenhaltige £}uetle, welche irn^ verflcffenen ©omnter 1863 im glifcerttjale, einem
©eitenthale bei ©iHneß unweit Älaufen, entbecft würbe unb feitbem „glifcerwaffer" ge¬
nannt wirb. 6 ß ift aber bieß nicht etwa eine !oI;Ienfaurel;altige Duette, fottbern baß
©ifen, überhaupt alle ©afen, jtnb an ©chwefelfäure gebunbeit. ©ß ift eigentlich eine
©ifenvitriolquelle. ©ie entfpringt auß einer 6 rbabrutfd?ung, welche crft vor etwa fecbß
Sauren entftanb, nach einem gewaltigen JRegengug unb einem etwa 500 gu§ langen
©eröHe am ©nbe beß $h a k$/ n&h e ber ^ol^gren^e. Stuß biefem ©evötle von verwittern»
ben Shvnfchiefern rotfpringen nun brei ^Quellen, weniger alß armbicf, bie mittlere orange»
gelb, bie beiben übrigen t;etlgelb, bocp flar unb von böcbft wiberlichem, tintenartig 3U*
fammen 3 iel;enbem unb fauerlicbem ©efcbmacf. ©ie übe^iehen bie ©teine im ©allein mit
roftfarbigem 9tieberf^lag, ber ©efc^mad ift nahe bei ber ©inmünbungßftetle in ben ©iH»
nöfer Sach tintenartig 3 ufammen 3 iel;cnb. £err 9Rag. $Ph arm * ^ eer f an b ^ em
bie fd;wefelfauten ©al 3 e von Äupfer (fel;r wenig), ©ifenojrpbul (fchr bebeutenb), Äalterbe
(nic^t fe^r viel), Sittererbe (bebeutenb), bann ift noch fwte ©chwefelfäure unb eine ©pur
von ©al 3 fdure angegeben, vielleicht an 91atron gebunben unb bei 14 ©rab ein fpeci*
fifcheß ©ewicht von 1*264, offenbar 3 U gro§, ba fecpß Un 3 en 9Rebicinalgewicht nur
15 1 /* ®ron fchwefelfaureß ©ifenojrpbul unb 20 ©ran fd;wefelfaure 9)lagnefia, rcjpeetive
1*5 unb 0*87 p©t. enthalten.
$err Operateur ©r. Sofeph Siebl in ©ri;cen gab obige 91ad)richt in 91r. 99
beß ©ofcner ,,©üb»©iroler ©olfßblatteß" von ©amßtag ben 30. Sänner 1864, nebft
©erichten über mebicinifche Slnwenbung.
3 n geologifcher Se 3 iehung ift bie 6 ntftel;ung beß @el;alteß ber £}uetle in bem
©erwitterungßvorgange innerhalb eineß neuen ©rbftu^eß gatt 3 augenfällig.
3ch lege hier ferner einen älteren ©eparatabbrucf vor auß ben Schriften unterer
!. Slfabemie ber SBiffenfchaften, einen ©ortrag, gehalten in ber ©ifcung vom 15. 3uli
1858 über bie ©ißverhältniffe ber ©onau, namentlich nach 9Jlittl;eilungen beß £)errn
!. !. Sanbeßbaubirectorß in Ofen.
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£errSr.9teuß tfjeüt bie ©rgebniffe feinet Unterfuchungen ber goratniniferen beS Siliere«
non ßttnang mit. SiefeS ©cftein (aßt fi cb nur fdnrer fddemmen unb ift im Allgemeinen
arm an goraminiferen, bie überbieS burd) ihre ungemeine Kleinheit auffaflen. Sie 3&hl
bet Arten, bie untergeben werben fonnten, beträgt 21 , unb unter benfelben ift bie ga*
milie ber Griftellibaribeen am reicbften vertreten. Beinahe alle biefe Arten ftimmen mit
feieren au$ bem Segel beS Wiener BecfenS bei Baben uberein, ber bernnad; unjweifel*
haft mit bem Schlier in parallele geftellt werben muß; übrigens läßt ftch aus bem Ber*
walten mehrerer bei Baben feiten ncrfemmeitben gönnen unb aus bent geilen anberer,
bie bei Baben jehr l;äufig fmb, wie namentlich ber SPolbftcmellen, ©Iebigerincn unb and?
ber Bri^oen auf eine Ablagerung beS SchliereS in g regerer SNeereStiefe fchließen.
Leiter giebt Neuß einige Nachrichten über bie juerft oon Nlünfter aufgeftellte
©attung ©umultyora, bie ben ben fyäteren Sdniftftellern theilS 3 U ben Antf^oen ge*
(teilt, theilS ganj überfeben würbe. Nach H’inen eigenen Unterfuchungen gehört fte aber
gan 3 entfehieben 3 ur Glaffe ber Bn^oen unb ift burch einige Arten in ber Cligoceit*
formation, bann aber auch burd) eine neue fcfecne Art in ben ©Jiocenf Richten bon gelfe*
Ja^nbi in Siebenbürgen bertreten.
£err Sr. ©. ?aube legte eine Suite bon Bacelitenfchid'ten bon B 6 hmifd;*Samni^
im nörbliihen Sfyik ^ l'eitmerifcer ÄreifeS in Böhmen bor, beren Unterfu^ung unb
Beftimmung er burebgefübrt hatte. Ser gunbort, fdwn feit längerer 3?it befannt unb in
ben SEßerfen bon ©einiß unb Neuß erwähnt, lieferte bei ©elegenheit ber geologischen
Setailaufnahme burch ^ en verewigten Solei 9 ein gwar nicht fel;r wohl erhaltenes, aber
reiches SDlaterial, fo baß £)err ?aube barin 60 berfchiebenc Arien unterfchei^en fonnte,
eine gauna, bie gunäd>ft mit ber ber Bacelitenfcbichten beS Saa 3 er ÄreifeS im nerbweft*
liehen Böhmen, bann in 3 Weiter £inie mit ber ber Äreibefd;ichten bon ^irna unb Streb*
len in Saufen, bann ber ber oberen Äreibefchichten bon Hemberg unb etwa auch Aachen
eine nähere Berwanbtfchaft 3 eigt.
£)err Bergingenieur A. Nücfer übergab eine für baS Sahrbud; ber f. !. geologi*
fchen NeicbSanftalt beftimmte Abbanblung über bas 3mner3borfommen bon Schlaggen*
walb. Ser 3innftein fomrnt bafelbft auf Stccfwerfen unb auf ©äugen bor. Ser erfteren
fennt man brei, ben £uber*, Schnöben* unb Älingenftccf; fte beftehen aus fogenanntem
3iimgranit, welcher ftd? bon bem ©ebirgSgranit burd) feinen geringen £alt an gelbfpath,
burch lichten ©limmer, bcrwiegenbeS Auftreten bon gelbfpath unb gül)rung 3 ahlreicher
accefforifcher Beftanbtheile unterfcheibet. SaS Sinnen fomrnt barin theilS fein eingefprengt,
theilS in Schnüren, Neftem unb $Pußen vor.
Bon ©ängen treten brei Sbfteme auf: 1. bie ©änge ber SNaria S<hönfelb 3 eche
füböftlich bon ben Stccfwerfen im grauen ©neig, 2. bie fogenannten gälle 3 unächft am
£uber* unb Schnöbenftocf, 3. bie ©änge beS fogenannten £ahnengebirgeS, bie fd;on (an*
gere 3eit außer Betrieb fmb.
Sie Stocfwerfe ftnb jünger als ber ©ebirgSgranit, fte flehten in ber Siefe 3U«
fammen 3 uhängen. Sie ©änge berbanfen il;ren ©qgehalt bem 3inngranit her Stotfwerfe
unb werben in größerer ©ntfemung bon biefen taub. Ser Schlaggenwalber ©angbergbau
hat baher feine Hoffnung auf ein Sieberaufblühen, wenn ein folcheS für bie bortige ©e*
genb je 3 U erwarten ift, fann es nur burch ben Stocfwerfsbau geichehen.
£err f. f. Schi^tenmeifter ©. greif;err b. Sternbach gab eine Schilberung beS
bem £erm g. BSicfhoff in Ste^r gehörigen SteinfohlenbaucS nächft ©roß*Naming in
£)ber*£)efteneich, in bem burch baS Buch*Seitfntal befannten ^echgtaben. Stt ben mit
grauem, glimmerreichem Sanbfteine wechfelnben Schieferthonen beS unteren SiaS treten
mehrere Steinfohlenflöße auf, welche burd) ben in öftlicher unb füböftlicher Nietung ein*
getriebenen gran 3 ftoUen aufgefd;loffen würben. SaS erfte unb zweite erwiefen ftch jeboch
als nicht abbauwürbtg. Sn bem SHegenbfchiefer beS 3 Weiten glößeS treten h änfij 2,h on *
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eifenfteinmugeln mit $)flanzenabbrücfen auf. Sag britte glcp mirb abgebaut, hinter bxe*
fern tritt in einer Kntfemmtg ocn 5 unb 6 Älaftern noch ein oicrteg unb fünfte» glcfc
auf, auf melden jebcih auch nicht gebaut mirb. 33ei ber meftlichen Slugrichtung beg britten
glöfceS feilte ftd; biefeg in ber 36. Klafter aug, morauf mebmtalg oerquert unb enblid;
ein bei 9 guß mächtigeg fchiefrigeg gieß erreicht mürbe, in meld;em bie Äoble bei 5 biß
6 gu§ unb ber Schiefer bei 3 big 4 gu§ mächtig ift. Sie Ächte, ocn guter 33efchaf*
fenheit, ift jebod) fet;r afchenreich, giebt bei 60 pKt. Kofeg unb liefert bei 71 Sßärme*
einl;eiten.
«£)err Äarl bitter o. &auer machte eine Wittbeilung über SBertl;beftimmungen
ber alpinen Steinfoblen beg Krzherzcgtbumg Qefterreich bezftglid; ihrer 33rennfraft unb
beziel;unggmeife ihrer d?emifd?en Kcnftitution. Surd) bie Unterfuchungen ber Slufnahntg*
fection I mürbe neuevlichft bargetfjan, ba§ biefe alpinen Äcblenablagerungen nid;t aug*
fchlieflid; bem 8iag angeboren, fonbem auch theilmeife in ber Jriagformaticn (Äeuper)
eingebettet finb.
Sie Unterfuchungen £errn o. £auerg bezmecften nun baquthun, ob biefe geolo*
gifc^e ©lieberung auch il;ren Slugbrucf in ber Qualität ber Äob len fiitbe. Slug bem
Surchfchnitt zahlreicher einzelner groben I;atte fich ergeben, baß bie £iagfoblen biefeg
Jerraing 6641 Kalorien, bie Äeuperfohlen hingegen nur 6262 Kalorien (berechnet für
afcpen* unb mafferfreie Äohle) liefern. 6g ergiebt fid; baraug, baß bag Wifdmnggoerhält*
ni§ ber elementaren SSeftanbtheile in ben Siagfoblen ein giinftigereg für S&ärnteleitung
ift, baß fte burchfchnittlich reicher an Äoblenftcff unb ^Baiferftoff unb ärmer an Sauer«
ftoff finb.
Unb ba fte- außerbem im Wittel einen Schalt oon 89*2 p6t. brennbarer Sub*
ftanz, bie Äeuperfohlen einen folchen ocn 86*5 p6t. ergaben, fo mirb il;re beffere Qua*
lität bei ber praftifchcn 5>ermenbuug noch in erbchterem Waße l;eroortreten.
6tne meitere Wittheilung £erm o. 6 au erg bezog ftd) auf bie Wineralquetlen bei
Slpatooec in Kroatien. 6ine Anzahl barauf bezüglid;er Slctenftücfe erhielt bie f. f. geo*
Iogifcf)e 9leicl;ganftalt burcb ben £erm f. f. Qberfteu o. Sero ent, Kommanbanten beg
SBaragbiner Äreuzer ©renzregimenteg s Jlr. 5 in 23elooar. Siefe Wittbeilung ift oon um
fo höherem ^Berthe, alg bie gebauten Sauerbrunnen in ber balneologifchen £itteratur noch
nicht aufgeführt morben finb, mäf;renb non Seite bee ©renzregimentgcommanbo'g nicht
nur Kinrichtungen für ben ©ebrauch berfelben, fonbem auch mannigfache 6rf;cbungen in
miffenfchaftlicher Beziehung längft eingeleitet morben maren. 9iacp einer Slnalpfe, melcpe oon
Sr. 9taggfp im Sabre 1847 auf SSeranlaffung beg SRegimentgccmmanbo’g auggeführt
mürbe, ftnb bie Quellen, beren zmei ocrbanben finb, ftarf alfalifche Säuerlinge, beren
SBaffer an fijem SRücfftanb in 16 Unzen 49*059 ©ran enthält. Sefcterer beftel;t aug:
28*464 ©ran fohlenfaurem Patron,
3-389
II
„ Äalf,
2-365
II
„ Wagnefta,
0-046
II
„ ©ifeno^pbul,
15-667
n
Kblomatrium,
0-513
n
Äiefelerbe,
0-610
V
Shonerbe, 6ptractioftoff (i^erluft).
Sin freier Äohlenfäure fanb er in ber gleichen SBaffermenge 12*72 Äubifzoll.
gür bie mertl;ootle Wittheilung, bie vorläufig nur augzuggmeife angeführt mürbe,
ift jebenfatlg bie f. f. geologifche 3tod;ganftalt bem &erm Qberften o. Sero ent zu
hohem Saufe oerpflichtet, ben ber 23ortragenbe glaubte im tarnen ber Sirection aug»
fprechen zu bürfen.
lenrntvartitihtr IStbarUur Dr« Cenfwl* SQmttiin. flriufcmt btt tu MHmr JtiUmg.
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$ie SJerfjattblungeit int Qefeügektiben Körper granfreidjs über .
bie Sirfuugeu bet Bollreforniett beö 3fll)reö 1860.
SBeun c@ ein Sanb gab, in welchem bie 3(itf;änger be§ SpftemeS ber (Sin«
fuf;rverbote unb .ftochKhufcsölle ihr Sbeal vcrwirTtie^t finben fonnten, fo war eS
Sranfreidf). ©am;, ber ncuefte SBortführer bicfcö (Elftem®, -erfennt biefe Sfatfad^e
auöbriicf(id> an unb auch fonft überall wie 8 man gegenüber jebem Singriffe bet
SRänner liberalerer 3(nfid;ten auf ben Bdltarif Aranfreid;S unb bie Bunafime be 8
SBohlftanbeS f)in, bie fein fteter ^Begleiter fei. Unb tvirflid;, wa 8 nur immer eine
unerbittliche Sogif au 8 bem principe beö 3cllfd>ujte8 berjuleiten vermag, in Aranf*
reich toar e § entwicfelt unb 31 er Slnweitbuitg gebracht werben. ©e 8 3 vllfd)u^e 8 hatte
id)on bie Urprobuctioit [ich 31 t erfreuen, in bem Piafie, al 8 bie greife be 8 ©etreibeS
unter ein beftimmteS Pcinimum hcrabfanfeit, erbebte fid; fein (Sinfu^rjell, ba 8
5 Rinb=, ba 8 Stedwieh unb bie Schafwolle waren betcfnUd, bie ©iitfubr beö SRof;*
eifenS »erboten, felbft jene ber Steinfot;le war nicht unbebeutenb beftenert ©enau
in bem ©rabe, al 8 ber 3icbfteff burd) weitere Verarbeitung ber fertigen SBaare
ficb näfierte, wuchs ber Pcrceiitcniajc beö 3ot(e8 auf bn 8 gleichnamige ©rseugitif)
beö Sluölanbeö, man freute fich nicht »er Vervielfältigung ber Sariffäfse, wenn e 8
galt bem ©runbfaf}e treu 31 t bleiben. 3um Schufte ber verfertigten SSaaren enblich
muf;te, wo ber 3oll nicht auSreichte, bie Prohibition aitö^elfeit. 3ur Sortierung ber
einheimiid;en Arbeit bienten and; hohe SluufnbrjöKe unb Sluefuhrverbote für ©e=
treibe, wenn beffen Preife eine beftimmte .£>übe übet ba 8 SOiittelmaf? erreichten, für
.§ 0(3 unb .^olsfcble, .fjabern u. bgf. n». ©antit bie Sd;ijffahrt nicht unbefchü|t
bleibe, Würbe, abgefe^en von einer Ungalil Slbftnfungen in ben Sec* unb .’öafen»
gebühren, bie SBaare etwaö weniger hoch beftenert, bie auf franscfifchen ftatt auf
fremben Schiffen, artö beit UrfpruitgSläitborn ftatt artö enropäifdjcn GntrepotS ein*
geführt würbe, ©amit burd; bie Vertheiterung ber SBaare in ftolge biefer Sd;u(i=
3 ölle ber Raubet mit bem SluSlanbe, ber Schiffbau unb bie giieberei nid;t leibe,
würben SKücfjötle unb Prämien für auSgefübrte SBaaren unb auSgcrüftete Schiffe
ertheilt, unb bamit enblich ber Vürgcr, ber im Preife ber SBaarejt alle biefe Schuf}*
jolle 3 U besohlen, hatte, fich biefer Saft nicht burd; ben Schmuggel eittsiebe, wur*
ben an ber ©rense unb im Sintern Gontrelen über ©ontrolen gehäuft unb ein
.'peer von Siuanswacfien unb Bettbeamten, eine hoppelte 3olllinie, bie brücfenbften
Sefchränfungeit beö VerfehrS im ©reitjbesirfe, ein SBuft von 3ottur!unbctt, Söaaren*
ftempeln, ^ausburchfucbungcii, Strafen, sur Slufredjthaltung beö Si;fteme 8 aufgeboten.
©ie größten StaatSumwälsmtgen, vom SRationalconvent burd; ba8 ©irec*
torium, ba8 ©onfulat, ba8 erftc Äaiferreich, bie SReftauration, bie 3uliu8bt;naftie
hinburch bi8 3 Ut 3 Weiten IRepublif unb bem 3 Weiten Äaiferreiche, hatte biefeö
S>o$en($rfft 1864. »anb III. 19
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290
©t)fiem ungefäf)rbet überftaitbeit, faimt baß fite unb ba ein merjd) geworbenes Cr«
nameni oon bem ftofgen Palafte fiel, wie g. 5B. als burd) bie Verträge oeit 1822
unb 1826 unb bie 23erorbttuttg eont 10. 9)lai 1834 gegenüber ber Gtnfubr auS
• Gnglanb unb 5Rorb«2lmerica ber Uuterfcbieb in ber SBcfteucvuitg gwifdjen ber Gin«
fuhr auf frangöfticbett ©djiffett unb beit ©d)iffen biefer Sänber aufgehoben würbe;
ba — burd) beit jpanbelSoertrag mit Gnglanb oont 23. Sämter 1860 —
ohne eorbergegaitgetie Gnquete, ja, ebne baß über bie SScrbanbluug felbft irgenb
etwas in weitere Greife gebrungeit war, faitf bie Prohibition unb bie mobite
©cala, würben bie 3bile für eine SOicnge Dich* unb ^uffsftoffe unb ipalbfabricate
auf ein SKinimum herafcgefejjt, entfiel für manche wichtige Diobftoffe bie hohe«
Belegung ber Ginfuhr auf fremben ©d)iffett unb feilten felbft bie Bolle für gabri«
rate fortan nid;t 30 oGt. beS SfiJertheS ber leßterett überfteigeit.
Groß war ber ©ebreef unb ber Grimm jener gabricautctt, welche unter bem
Schule beS Sollt!)[tems fid; ontwicfelt unb nie an bie 9)iöglicf)feit ber Piitbewer«
bung beS SluSlattbeS auf bem fratigöfifcbcit Piarfte gebacht heilten. Sie fabelt im
Geifte ihr Slbfafcgebiet mit englifd;en Grgeugitiffen überfebwemmt, il;re Arbeit ein«
gefteHt, ihr Vermögen gu Grunbe geridjtet. Siu’r ftärfer flagte uub gitterte, ber
Heine unb ber wenig intelligente Grgcuger, ber felbft bie Goitcnrreng beS SnlaubeS
fdjwer beftanben fiatte, ober ber große unb wohlgcrüftete, ber bie nach Dielen
Kämpfen errungene 2>orl)orrjchaft, bereit SBorlbeil er genau gu fdiäjjen wußte, auf
einmal neuen ©türmen preiSgegebett fühlte, ift fdrtoer gu jagen Slber nod) war
S3eiben eine Hoffnung geblieben, eine Gnquete, bei weither auch fie gehört werben
feilten, hatte barüber gu beraten, welche Sö'lle innerhalb jenes PiujrinutmS oeit
30 pGt. für bie gabrirate in 33irflid)feit feftgefe^t werben feilten; bod) — biefe
Gnquete fiel nid)t gu ihren Gunfteit auS unb bie 3ölle, wie fie bie uad;trdgliche
Gonoention oom 12. October 1860 fejtichte, betrugen bui'dtid'uittlid) 10 pGt. beS
3Bertl)eS ber SBaaren.
©eit jenen Sagen finb mehr als brei Saßre oergangett, jette burdjgreifettbeit
©oftentänberuitgeit haben Seit unb Diaunt genug gehabt, alle ihre Söirfungen gu
üben. GS ift nun bie Uitterfuchung möglich geworben, ob fie bie Subuftrie, wie
man fürchtete, gu Grunbe gerichtet ober bod) abgejchwäd)t, ober ob fie fie gehoben
haben. SDiefe Unterfucbuitg hat für unS in Cefterreid) gerabe jelgt ein eigentbüin«
lidjeS Sntereffe, ba burd) bie proßcfilteneit mit 10. Juli 1862 ber Sollanjcbluß
an bett bentfehen ScUocrcitt unb eilte bttrcbgreifeiibc Grmäßiguitg nuferer Jlußettgelle
in SluSficßt ftel;t, unb felbft, weint jette SBorfcblugc ihr Siel nicht erreichten, gegen«
über bem greihanbelmflein, weldjeS in biefetn gälte in allen 3cad;barftaaten lättgS'
unferer gangen SBeftgrenge gur ^erriebaft gelangt, bie 2leubcruug uuferer Jlußengelle in
bem angebeuteten ©tittte nicht wirb umgangen werben rönnen unb ein in biefer 9iid)»
tung ausgearbeiteter Sarifentwurf ber öffentlichen ^Begutachtung bereits übergeben ift.
3öir fönnten behufö biefer Unterfudjuttg einfad) bie uttS gu Gebete ftcbeitbeit
Siffent ßwechett laffett, allein ber größeren Sebeitbigfeit wegen unb um beit ahnt«
fachen auch beit Sßieberßheitt, ben fie in bie eingefiteit betheiligten ©chichlen ber
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291
©eoölfenmg werfen, an bie Seite jit fejeen unb neben beit Biffem auch bie in
anberer gorm fiel) barftcflcnben Grfd;einungen jur Geltung 31 t bringen, tfjeilen wir
in bieten SBlättern eine lleborfidit ber Sebatten mit, welche über bie SSitfungen
ber Bcllrerorm SranfreicbS iit ben Si(}ungen be3 gefehgebettben Aörper 8 cont 15.,
16. unb 18. Sänttcr b. 3 . ftattgefunben l;aben unb bie, wie uttS fcheint, bie §rage
pollfommeit erfchcpfen.
Sic 5(bref;comtniifion biefer Aörperfcbaft batte oorgefchlagett, in ber Slbreffe bie
Slttetfennung au 8 $ufprc<bcn: „Saft ber Aaifer 9led;t gehabt habe, auf bem SSege
ber inbuftriellen unb commcrcicflcn grei^eit ber öffentlichen Stimme ooranjueilen.
Sranfrcicb, baS lange an fidf gcjmcifett, habe, wenn aud; itidjt ofme 5lnftrengun*
gen unb Dpfcr, ©tauben an feine Ara ft gewonnen". Gegen biefett SSorfcbtag brach*
ten 11 Seputirte, an ihrer Spike ^oupe^Quartier, ber größte Sßebewaarenfabri*
cant $ranfrei<h3, unb in ihrer 9)iitte St)ier 8 , ber nicht bei biefent Slntaffe feine
frühere Uebergeugung als einer ber SSorfämpfer bcS ScbubjoUfpftemS oerleugnen
mochte, baS 5fmenbement ein. e3 möge jebc -Slitbeutung, baff bie ^Regierung Siecht
gehabt unb ba 8 S5olf feine 5 lu|’id;t geänbert h a be, weggelaffcn, unb bloff ber Dpfer
unb Slnftrengungen erwähnt werben, welche ber einheimifd;en Snbuftric ber Äantpf
mit ber fremben SOiitbewerbuug fofte 5113 Socumente, weldje über bie Gr folge ber
Reform 5 luffcf)(u§ geben feilten, lagen bem getetgebeubeit Aörper bie betaillirten
unb reoibirteit 32aarcnocrfcbr3au?weifc ber Sabre 1859 bis 1862 unb bie fum«
marifdjen unb oorlänfigctt ber erften 11 9)ionate beS SabreS 1863 cor. Sin 3abre
1861, bem erftett, ba3 gang unter ber .GerricbaG beS Vertrages mit Gnglanb Der«
laufen, trat baS plojjfiche Ginftrömeit ber citglifchcn SSaarett auf ben fraugöfifdjen
SKarft, bie SSirfung ber taufenb,' 311 m grojsen Sheile oergeblichen SSerfu^e, bie bei
Gröffttung neuer 5(bfafwegc gewagt werben, fid'tlicb beroor, int Sabre 1862 mar
biefe Giufubr auf ihr natürliches 5) lafj jurücfgcgangen unb in biefent Salme, fo wie
1863 batte fich afltttältg bie 5lu3fuhr fsratifrcicbS in bem feiner ^robuction ent«
fprechenben SOiafjc entwicfelt, io baff 1863 als baS ber 33ürbigung ber Sleform
günftigfte erjebien.
^)ouper=Duartier alS 5lntragfteller batte bau erfte 2'oort. Gr appetlirte an bie
alten ÜBorurtheile be3 gefe|gebenben ÄorporS, inbem er herrerhob, bah biefer fo oft
baS tpochl’cbuhgollfpftem al3 ba§ unantaftbare ^allabium ber SSoblfabrt fjranfreichS
oertheibigt unb nur mit Unmutb bie Sarifrefornt als unoernteibli^e Solge beS com
Aaiier au3 eigener 9Kad;tootl!ommenheit gefddoffenen $anbel3ocrtrage8 mit Gnglanb
angenommen habe. Sie twh c SSerfammlung möge nicht mit fid; felbft in 23iberfpru<h
treten unb jejd, wo noch feine auSreicfienben SBewcijc oorlägen, bie ^Billigung
beS greihanbelfpftemS au3fpred;cn, gegen ba 8 fie fo oft ft<h erftärt habe. Sie Gr»
gebniffe bc3 SatireS 1863 feien noch nicht genau befannt, bemt bie barüber mit*
getheilten 5lu§weife feien nur bie oorläufigen, einer ^Berichtigung bebürftigen, bie
Grgebniffe ber Sabre 1861 unb 1862 feien aber nichts weniger als günftig für
bie Reform. 3nt Sahte 1859, alfo oor bem £>anbel3ocrtrag, habe ber Sßerth ber
5lu3fuhr §ranfrei<h$ 2266 SOtiH. ffr., im Saftre 1860, in beffen tejjtem Quartal
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erft ber Vertrag mit (Jnglanb gur Weitung fam, 2277 9DM. betragen, 1801 fei
fie auf 1961, 1802 auf 2243 9DM. gefallen, ingbefonbere fcie Slugfuhr itad; (Jng=
lanb, bic Den 1850 big 1860 nett 381 auf 598 9DM. £r. fiel) erhoben fiatte,
fan! 1801 auf 456 9DM. gurücf unb blieb 1862 auf 019 9Diil(. ftebeit. Sie
Bortheile, bie man non bem $anbel 8 vertrag für bie Sluefubr non Sßein, Bräunt*
wein, ©eibenwaareit gehofft, Batten ficb nicht vermirflid;t. Sie Slugführ von
frangöfifd)cm Sßeitt unb Branntwein nad; (Jnglanb Babe 1859 70 9DM., 1802
nur 62 9DM. gr. betragen, bie ©oibeitwaavenaiigfubr 1859 103 9DM., 1802
152 3DM. fjr. Wan ,3 im Wegentfyeile Babe bie BDaarcneiniubr (Jnglanbg nach granf*
reid; von 278 9DM. im Sabre 1859 unb 308 9DM. im Sabre 1860 auf 438
90M im Safyre 1801 unb auf 525 9DM. im Sabre 1802 fid; gefteigert. 91 m
ärgften feien über bie Söirfutigctt beS äbaubelgvertrageg bie ©cobäfen cuttäuicbt
werben, welche ftetg fe eifrig bie »atcrlänbiidjc Snbnftrie befämfft unb beit At'ei=
banbel vertbeibigt Ratten. 9Dcit Slugnufjme DDcurfeille’g, wcldiem bie Bewbiffung ägvp*
tiidjer Baumwelle eine neue (Jrwerbgquelle creffnete, Baben alle Seebären gelitten.
Sie eitglifdje flagge in beit frangefifeben tjpäfeu bat feit ber Sauer beö .'Bauteil
vertrageg 500.000 Sennen an brachten gewonnen, wäbrenb ber gange 3uwad)8
beg Srangperteg unter franjC'fifcBer glagge 25.000 Sennen betrug. 9iod; 1800
gäblte bie frangefifdie 9Diarine 997.000 Sonnen Sragfäbigfeit, 1802 war fie auf
983.000 Sonnen gefallen. Dianteg bat burch bag Slufbereu ber Bvllbegünftigungen
für ©diiffe langer Aabrt fo gelitten, bafj bie bertige ^aubelefamnter, vergweifelnb
an bem BMUett unb ber Ä'raft ber Siegieruug, Slbbülfe 311 gewähren, in 9Diaffe iI re
(Jntlaffung nahm. Sn ,j?avre finb 1802 aug (Jnglanb 1080 ©dtiffe mit 220.000
Sonnen eiitgelaufen, worunter nur 50 mit 5000 Seltnen fraitgefifdje, in Sieoi'C
waren unter 1140 ben Berfebr mit (Jnglanb nnterbaltenbeu Sdriffett mtr 47 frait*
gefifebe, in Boulogite unter 1244 ©duffen 3. Äein B>utiber, wenn unter fold)eit
Umftänben bag Bevbältnif; ber CJinfitBr cbler 9DietalIc gur Sluefubr berfelbeu, tueldjeg
feit 1848 big 1800 in jebent Sabre 1111 b felbft bann, alg 300 big 400 DDiill. av.
für Wetreibe an bag Sluglanb gegablt werben mußten, 311 Wnnften AianfreidiS fid;
geftellt batte, feit ber Bollrefcrm bereitg gweimal, 1801 unb — wie wenigfteng
bie vorläufigen Slugweife geigen — 1803 gmn Dcacbtbeile besfelben ft cf) abicblef;
beibe Satire finb um 80 big 100 9Diil(. Ar. itiebr aitg= afg ciugefübrt worben.
Uiur in einem Subnftriegweige, jenem ber SSebe* unb BDirfmaaren, Iiabeit fid; bie
gehegten Befürchtungen nid;t beftätigt, bie englifdieit (Jrgeugniffe Baben beit fran*
gefifdEjert 9Dtarft nicht überfd;wentntt: allein bieg ift eine Sclge ber Baumwclltrife,
(Jnglanb ergeugt weniger unb tbeurer alg verbeut, ber für bie Sluefubr erübrigenbe
Ueberfchuff ift baher geringer unb finbet geringeren 'Dlbfaft.
3m Berlaufe ber Sebatte ergriffen unter beit llntergeidmern ber 'Petition noch
Brame im 5Ramcn ber gabricanten von Dioubair, Baron Sefferut int 'Diaiitcu ber
Jpocbofenbcfihcr ber £)ber=©aoite, unb Slitcel, fPräfibent ber .vtanbetgfaminer » 01 t
£avre, bag SSort. Ser (Jrfte geftanb ein, bie Subuftrie, bie er vertrete, genieße
eineg Sßohlftanbeg, wie nie guvor, allein eg werbe biefer auf Äoften ber feieruben
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Vaumwollinbnftrie errungen. 2>aß ©teigen fcer Slußfußr, auf baß bie 33ertf)eibiger
ber Steform ßinweifen, fei gum Sßeile ein fd;einbareö, bureß bie Vegünftigungeit,
Welche bie Gifenbaßnen gegenüber bem inläubijckn SSerfef>re ber ©urdifußr bieten,
rerantaßteß. Gß (ebne g. V. Söaareu, bie aus granfreieß nad) Stalien beftimnit
wären, nad) Vetgien gu fenbeit itnb ron ba burd) granfreieß bureßfüßren 3 U laffen.
3 )er .Ipanbelßminifter muffe am beften wiffen, wie riete jt lagen eiitgetner äpafen*
orte, Snbuftriegweige u. bg(. fid> bei ißm Rauften, bieg fei gewiß fein Beüßen eineß
Weit verbreiteten SBoßlbeßagenß. Sefpetut leugnete nicht, baß feit bem ^anbelßrer*
trage neue Gifenroerfe entftauben, bie befteßenben ficb vergrößert Ratten, meßr Gifen
uitb Gifeitwaaren «Iß früher erzeugt würben; allein man muffe aueß beamten, mit
wie riet fteinerem Gewinn fieß begnügt werben müffe, wie mancher Sau ron Gifen»
werfen u ccf> in ber Beit ror bem .vpanbelßrertrag begonnen, maneße Vergrößerung
nur um bie auf baß eingetne Grgeugitiß faltenbe Duote her Vetriebßfoften gu rer*
minbern gewagt worben fei. Gß gebe riete Giienbiftricte, unb jener ber Dber=©aone
fei einer berielben, welche bie Goncurreng nießt 3 U hefteten rermögen unb wo
riete Gtabliffementö gu ©runbe gingen. Stncet rertßeibigte 3 War ben ^anbelßrer«
trag im Dl [(gemeinen unb [teilte bie Hingabe, baß bie .^anbctßfammer ron Stanteß
abgebanft habe, atß auf einem 93iißrerftänbniffe berußenb, atß unwahr bar, allein
er fprad; ron bem leibeitben Buftanbe ber frangöfifeßen 9)iarine, welche baß ißr
rorßer außfd;ließcttb ober boeß unter feßüßenben ^ririlegiett gefieberte ©ebiet, ben
Verfeßt mit bett frangöfifeßen Goloitieen unb ben trapßatlantifcßen Urfprungßlänbem,
nunmehr mit fremben ©duffen tßeiten müffe. S)ic Hlbßülfe fud;te er übrigenß in
ber Slufßebuitg beß auf beit frangöfifeßen ©cßiffern unb ©cßiffßbauem laftenben
Bwangeß ber ÜJlarineinfcription, erleicßtcrter 9iaturalifation frentber ©cßiffe unb
rationeller Slbftufung ber Buefergölle.
Unter ben Vertßeibigem ber Bettreform ragten Sluguft Gßcralier, ber Vtuber
beß berüßmten Utationalöfonomen unb Unterßänbterß beß Vertrageß mit Gnglanb,
gorcabe la SRoquette, Vicepräfibent beß ©taatßratßeß, eßematiger ©eneratgotlbirector,
unb ber ©taatßminifter Üioußet ßerror, unter bem atß qpaubelßminifter jener Vet=
trag abgefeßfoffen worben war; aud; ?lrman unb fPagegp, bie Vertretet ron Vor»
beaujc unb Gette, unb felhft ein 9Jiamt ber Cppofition, ber Vanfier Sarai, fanben
treffenbe SSorte gur Vertßeibigung ber freifinnigen Maßregel ber ^Regierung.
©ie ßohen ror allem ßerror, ber gefeßgebettbe Äörpet trete nießt mit fieß in
SSiberfprucß, wenn er anerfeitite. baß bie Boltreform eine gweefmäßige gewefen.
Sßatfaeßen ßätten ißtt 1860 beftimmt, ißr bie Bnftimmung gu ertßeilen, Sßatfaeßen
bewiefen jeßt, baß et unb bie Regierung ßiebei reeßt geßanbelt. Von 1856 biß
1859 ßabe ber außwärtige Raubet granfreießß ron 4587 auf 4900 SRiU. gr . 1 fieß
1 SKant^e 2lbt»eid)ung biefer 3ablenaugaben üoit beiten ^ou^er*Duattier0 l)at barin i^ren
®nutb, ba§ lefcterer bie actuetten 3Bertt;e b. i. bie burdjfdjmttlid^en be$ betreffenben an*
führte, roafyreitb tyiet bie cfficietfeit SBert^e, b. i. bie feit 1826 $ur SBergleic^ung be$ ©efammt*
»erfefyrä rer|cfyiebenet Sa^te feftgefe^ten gu ©nuibe gelegt finb.
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getyo&ett; ungeachtet beS SBürgerfriegeS in 9torb«3lmerica, »elc^er bem £anbel fo
fettere ©unben gefcf)(agen, habe er »on 1859 bi§ 1862 auf 5500 SOtiOL fi<h er«
höht. Sie Ginfuhr gum inneren 33erbrau<he fei »on 1859 bis 1862 um 531, bie
Ausfuhr frangöfifcher Grgeugniffe um 534 SDtill. Sr. geftiegen. Sie 3luSführ nach
Gnglanb, bie im Surchfchnitte bcr Sabre 1857 bis 1859 nur 4Ö7 SDtill. betrug,
habe 1862 fd)on auf 619 SOtill. fi<h belaufen unb habe in ben erften 11 SDtona»
ten be9 SalmeS 1863 fogar auf 706 SDtill. fid) erhöht. Sie Ginfuhr auS Gngtanb
fei aHerbingS im SBergleid) beS SalmeS 1862 mit bem Surchfchnitte ber Sah«
1856 bis 1859 »on 287 auf 525 SOtill. gemachten, allein man bürfe nicht rer«
geffen, ba§ 1860 in Sranfreicb bie Prohibitionen unb prebibiti»en 3öße megfielen,
melche bis bahin bie Ginfuhr auS Gnglanb hinberten; beffemmgeadjtet beträgt bie
3uitahme ber SfaSfulm auS Sranfreich 300, bcr Ginfubr itadi Sranfreich 170 SDtill.
Sr. Stoch günfHger für Sranfreich fteden fich bie SBerhältniffe, wenn man auf bie
Glemente beS SerfehreS mit Gnglanb Siücfficbt nimmt. Sie Ginfuhr auS Gnglanb
fefct fid> auS 300 SOtill. JRohftoffen (hierunter 33aummoHe 73 SöliU., ©eibe 114
SDtill., ©ihafmolle 41 SDtill.) unb ^.25 SDtill. £alb» unb ©angfabricaten, bie 3lu8«
fuhr auS 380 SOtill. Stohftoffen unb 325 £afb- unb ©angfabricaten (hierunter
©eibenmaaren 154 SDtill., ©otlenmaaren 65 SDiiU., Sebermaaren 42 SOtill.. Pofa»
mentir« unb äfrätnereimaaren 32 SOtill., ©djmucf* unb Pur-fachen 20 SOtill.) gu»
fammen. Sranfreich führt mehr ©eilen» uitb £eittenmaareit nach Gnglanb als Gng»
lanb nach Sranfreich, unb in ber gegenfeitigen Ginfuhr »on SOaummollmaaren hat»
ten fi<h — menigftenS jefct, unter bem.Srncfe ber SOaummotlnoth — beibe Staaten
faft baS ©leichgemicht. Sn gemiffen Gattungen »on Gifenptatten imb Seinengarnen
hat Sranfreich bie englifdjen Grgeugniffe fogar »om englifd>en SOtarfte »erbrängt.
3ln ©ein mürben — um auf bie »on Peu»er=IDuartier tyeciell herrorgelmbe*
nen ©aarengattungen eingugef)en — 1857 bis 1859 burd)fchnittlicb um 17 SOtill.
Sr. unb 1860 bis 1862 um 28 SOtill. nach Gnglanb auSgeführt unb bie 3lbge»
orbneten ber ©einbaubiftricte im gefet?gebenben Äörpcr priefen ben .panbelSoertrag
als eine SOtaffregel, mdcfje babnvd). baff fie bie Prohibitionen gegen bie Grgeugniffe
beS SluSlanbeS aufhob, lejctereS auch 3 ur 3lbmiitbenitig bcr ben Slbfajj ber frangö»
fifchen ©eine hemmenben Belle beftintmte.
Sie SluSfufm an SOraitntmein itadj Gnglanb hat, meint man — mie eS
Poui)er«Suartier tbat — auSfdiliefseitb baS Sabr 1859 als 3luSgang8punft nimmt,
allerbingS abgenommen, beim bieieS Sah» mar in Gnglanb eine SOtifjerntc, bähet
Sranfreich bamalS um 100 SOtill. ©etreibe unb um 50 SOtill. SBranntmein nadh
Gnglanb auSfübrte. Sn ben näcbftcit Sabren »er 1859 betrug aber bie ©etreibe»
aitSfubr nach Gnglanb nur 15 SOtill. unb bie SBraimtmeiuauefubr 16 SOtill., unb
biefer festeren gegenüber geigen bie Salme 1860 bis 1863 mirflid; eine ©teige«
ruiig^auf 32 SOtill. Sie SluSfuhr »on ©eibenmaaren nach Gnglanb beträgt burd)*
f^nittlich in ben Sabren 1856 bis 1859 124, in ben 3ahren 1860 bis 1863
150 SOtill. Seiber hat bie burd) Gnglanb »ermittelte 3luSfuhr frangöfifdher ©eiben¬
maaren nach ■ Storb»3lmerica bur<h bie älriegSmirren faft gattg aufgehört, fonft märe
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baS Steigen etu freit BebeutenbereS gefrefen. 5n jenen SStrren unb bet baburch
»eranlafften Saumwcllnoth liegt and) bet Gnmb be§ »eränberten -SSerhältniffeS in
ber Gin= unb ülnefitfyr eblet fDMalle; bie 23aumwotle, aelt^e man ben 9lorb*
Slmericancrn mit Söaaren entgalt, muff ben Snbiem unb Üürfen mit Barem Gelbe
begatilt werben, baß 2ltftremen fceS eblen föietalleS ift feit bem Kriege in fftotb*
SImerica eine allgemeine eurc^viifd;e Grfd)einung.
©od) nid)t bloff ber Raubet mit bem SluSlanbe, aud) ber 8lBfa{j im Snnern
unb ber allgemeine Söoblftaitb haben feit ber Sollreform gugenommen. ©afür geugt
ber fteigenbe Grtrag ber inbirecten Abgaben aud) in jenen 2lbgabegWeigen, fro ber
Steuerfaff berfelBe geblieben, bie leichtere Ginbringung ber birecten Abgaben, eine
Steinfohlenförberung reit 10 9)lil(. Sonnen troff ber wacfffenben Bufuffr englifcfjer
unb Belgijd)er Kofile, bie Steigerung ber Gifenprobuction non 8,600.000 metr.
Gentnern 9ief)= unb 5,250.000 Gtr. gefvifd;ten GifenS in ben Sagten 1858 Bi8
1859 auf 11,200.000 unb 7,030.000 Gtr. in ben Safjren 1862 Biß 1863.
MerbingS IjaBen nur jene GtabliffementS gute Gefd;äfte gemacht, freite mit hin»
reidjeubem Gapital außgerüftet waren unb bie ncueften SS erb efferutt gen bet Gin»
ridjtungen unb fDietljoben angenommen hatten, unb ber 'Preis beß Gifenß ijt ge»
fallen; allein bieS ift ja eben ber Bwecf jeber »olföwirthfdjaftlichen Reform, bie
greife ber Sßuaren gunt SRitffeu 2111er, bie ihrer Bebürfen, gu ermäßigen unb jeber fd)led)ten
unb ungeitügenben Grgeugung gu Gunfteit ber oorgefd;rittenen ein Gnbe gu machen.
©ie 33erf)ältniffe beß SeeffanbelS unb inwieweit auf biefelBen ber tpanbelS»
»ertrag oortfjeilfyaft ober unoortl;eifbaft eingewirft hat, Bebürfen einer ausführlichen
©arftellung: granfreich h a * eine Kriegsflotte, welche auffer 33erhältniff gu bem
Stanbe feiner HanbelSmarine fteht; um fie gu erhalten, wirb ein auf legerer noch
oon GolbertS Betten her ruhenber Bwang beibehalten, bie fPiarineinfcription 3eber
Sd;iffer, gifdjer, Schiffsbauer, Hafenarbeiter ift »erpflid)tet, fo oft unb fo lange ber
Staat ihn ruft, auf ber Kriegsflotte unb ijt ben Schiffswerften beß Staates fi<h
»erweichen gu taffen, ©iefe 2lrt ^rcGnbienfte oerminbert ben 3ubrang gu ben bem
Seehanbel gewibnteten Gewerben unb nötigt ben 2lrbeiter,. fidt) bie auf ihm
laftenbe Gefahr unb bie 2lrbeitSunterbred;ung im greife feiner Slrbeit begabten gu
laffen. Sie frangöfifche Sdjifffabrt arbeitet baljer theurer als ihre fOtitbewerber, unb
um fie concurrengfähig gu erhalten, war jenes Softem »on ©ifferentiatabgaben,
»Böllen unb Prämien gu ihren Gunften nöthig, beffen wir am Gingange biefeS
SluffaffeS erwähnten. Ginige biefer 23egünftigungen, wenn auch nicht »iele, finb burch
ben HanbclSoertrag mit Gitglanb gefallen, allein attbererfeiiS haben bie hohen 3ölle
unb Ginfuhroerbote auf bie Gegenftattbe beß SchiffSbaueS, biefe anbere Urfache bet
theuren 2luSrüftung ber frangöfifchen Schiffe, aufgehört. GS fonnte barum nicht
geleugnet werben, baff ber Buftanb ber frangöfifchen HanbelSmarine ein gebrüefter
fei, allein eS war ber 9iad)wei8 möglich, baff nicht ber HanbelSoertrag unb bie
3oHreform, fonbem gang anbere 33er£)dltniffe an bemfelben Schulb tragen.
GS würbe barum erwähnt, bie Slitgahl ber Skiffe, namentlich jener »on
groffem Sonnengeffalt, habe fi<h, angelocft burch b* e h°^ en Scad)tpteife. währenb beS
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296
ÄrimfriegeS, in ben Sauren 1854 bis 1856 bergeftalt übet ben 33ebarf gewöhn«
liehet B^ten erljölit, bafj uoffjwenbig nad) 23ecnbigung beS Äricgeö eine Keacticn
eintreten rnufste. ©iefc fei aber fdjon 1853, alfo lange »er bent Hanbelßoertrage
bemerlbar geworben. @8 bjabc nämlid) ber Sonnengehalt ber frangöfifdjen HanbelS«
marine betragen 1857 1,052.000, 1858 1,049.000, 1860 996.000, 1862
980.000. UebrigenS t>at ber HaitbelSüertrag bie Umftänbe gutn 23efferen gewenbet
unb bie Kheber gewinnen Hoffnungen für bie Bulunft. ©ie frangcfifche flagge
hat 1859 2,338 000 Tonnen unb hierunter auf langer gaftrt 513.000 Tonnen
»erführt, 1862 betrugen biefe Bälden 2,635.000 unb 797.000 Sonnen; 1859
Würben nur 638 Segelfd)iffe mit 34.000 Sonnen unb 15 ©ampffcf)iffe mit 2600
Sonnen gebaut, 1863 831 ©egelfdfiffe mit 42.700 Sonnen unb 32 ©ampffdjiffe
mit 9700 Sonnen, ©er SBertl) ber gur See ein* unb angeführten SBaaren h°t
burehfdmittlich 1857 bi8 1859 3669 9M., 1860 bis 1862 4122 SDliQ. %x. be*
tragen. Üludj ba8 23erhältnifj, in welchem bie fran^öfifcfjc glagge an bem SSerfetyr
gwifd)en grattfreid) unb Gnglanb fid) beteiligt, ift burd) ben HanbelSoertrag oon
1860 fein anbereS geworben, als wie e8 fiel) burd) bie Verträge »on 1826 unb
bie SSerorbnung oom 10. SSJtai 1834 geftaltet hatte. 1859 hat bie Schifffahrt
gwifetjen Gnglanb unb granfreid) 2,685.000 Sonnen bewegt, Worunter bie englifdje
glagge 2,065.000 Sonnen, bie frangßfifd)c 620.000 Sonnen, 1862 tyaben biefe
Bälden auf 3,056 000, 2,330.000 unb 726.000 Sonnen fi<h gefteKt, bie fran*
gßfifdje glagge ift alfo oor wie naef) nur mit einem 33iertf>eil beß 95erfef>r8 bet^ei=
ligt geweien (genauer 1859 mit 73 2 pGt. unb 1862 mit 76'2 pGt.). ©ie Ur=
fad)e biefeS ÜDcifwerljältniffeS liegt barin, baff bie frangßfifebe glagge bie burd)
©ifferentialgßHe befdjüjjten Kenten oorgieht unb jene ber freien Goncurreng gerne
ben frentben Schiffen überläßt. 2Iud) in Harre uitb ©ieppe f)at fid) burd) ben
Hanbctöoertrag baß SBerljältnif) ber beiben flaggen im Sßerfefjre gwifcl)cn Gnglanb
unb granfreid) nidjt geänbert, bort liefen 1858 993 engltfctje unb 48 frangoftfdje,
hier 1100 englifdje unb 48 frangcfildje Sdjiffe ein, ber ©runb ift in ben 2 bis 3 eng»
lifdjen fPcrfoncnbampfjdjiffeu gu fud;en, bie bort verfefiren. ©iefe werben bei ihrem
jebeSmaligen Grfd)einen in bie Siften eingetragen, fo ba§ fie für fid) allein in bem
Hafenoerfe^r als 700 bis 1000 Sdjiffe figuriren. ÜltlerbingS leibet bie Schifffahrt
oon Hante bet ncueften Beit gang befonberS, allein bieS ift geige ber Unter«
bredjnng bcS tßerfcbreS mit Korb=2lmerica, beffen Haupt plaj) jene Hafenftabt ge«
wefen. ©ic Kegicrung bat übrigens 1863 burd) 33efd)ränfung ber Saften ber
SJlarincinfcription einen Sl;eil beS ©rucfeS ber HanbelSmarine bei)oben unb ba8 in
33erl>anblung bcfinblicf)e Bucfcrfteuergefej) (welches in bie Bottreftitution für ben in
granfreid) raffinirten Koljrgucfer ben ©ifferentiatgoll gu Saften beS au8 euto«
päifchen GntrepotS begogenen BucferS nicht einbegie^t, alfo inbirect ben SranSport
au8 ben UrfprungSlänbern begünftigt) wirb baS Ucbrige tf)un.
SKandje Semerfung im Saufe ber ©ebatte war gegen jene KeminiScengen ber
alten $)rohibitionS= imb H 0 ^f<h n ^J D üt^ C0r i e gerichtet, welche aufgufrifchen bie 33er«
theibiger beß 2(menbement8 nid;t gu unterlaffen oermocht hatten, ©er HanbelSocr«
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297
trag ift eine SDiaffine, tagte Sluguft Gepalter, bie burfgangig bie greife um
10 pGt. ermäßigt, wollt tt)r bie Ginführung ber SRaifine »erbieten ober tabeln,
weit fie einigen Ptenffen ben SBerbienft fchmälert? SJtontpellier, ergäljlte Pagesp,
hatte emft eine blüfjenbe ©aumwollinbuftrie, fie ift burf jene »on fRouen gefdtta*
gen Worben, aber beffenungead;tet hat fif fein SBohlftanb gehoben, ift feine S3e=
»ölferung pon 30.000 auf 52.000 geftiegen, benn e 8 h a t natürlicheren GrwerbS*
quellen fif jugewenbet, ähnlich werben bie Söirfungen beö $anbel 8 »ertragc 8 fein.
Saron Sefperut batte gemeint, man batte für bie benachteiligten Snbuftrieen (5ifen=
bahnen unb Ganäle bauen, wohlfeiles (Kapital fchaffen, ben gewerblichen Unterricht
perbeffetn unb erft bann ben Sarif reformiren foUen, hinauf entgegnete ber ©taat 8 =
minifter; 9Jian muff beibe§ gleichseitig thun, jebeS bietet bie Plittel, ba 8 anbere
jum Biete 31 t führen, hanbelt man anbcrS, fo fommt man nur 3 U leicht in bie
Sage, grojje Soften an unhaltbare GtabliffementS 311 »erffwenben. — Plan »er=
anftalte eine neue Gnquete, forberten bie- .£)o<hf<huh 3 Öllner; er perfenne nicht ben
Stollen unparteilicher Untetfufungen por ber Slusfühntng großer Plafjregeln, er=
wieherte bet Ptinifter, aber leugnen laffe fich nicht, bah Gnqueten oft in ber Hoffnung
»erlangt werben, Jbie gtofje Piaffe ber Gonfumenten unb bie Ptanner ber SBiffen*
fdhaft würben wie gewöhnlich fi<h ftiHe »erhalten unb bettjenigen, bie an Slnfredhthaltung
ober SBieberherfteHung be 8 PlonopolS betheiligt feien, ba 8 alleinige SBort laffen.
2 >er @d}(uft bet Debatte war, bah mit grober Mehrheit ba 8 Slmenbement ber
iDppofition abgelehnt unb bie Paragraph« ber Slbteffccommiffion angenommen würben,
allein wir legen hierauf bei bet 2 trt ber Bufammenfejjung be 8 gefdegebenben Äörper 8
fein ©ewidjt; e 8 ift 3 ur ©enüge bafür geforgt, bah bie ^Regierung ftetS bie Plehteit
behaupte. S3on grober SSebeutung ift aber ba 8 Urtheil, weites bie Gommiffion gur S3e«
ftimmung ber in bie 33erfehr8au8weife aufsunehmenben actueUen SBerthe ber Söaaren,
bie befanntlich au 8 ben erften Plättnem be 8 £>anbel 8 , ber Snbuftrie unb ber SBiffem
fchaft sufammengefeht ift 1 , über bie Grgebniffe be 8 3 ahte 8 1862 in ihrem 3 al;re 8 *
berichte niebergelegt hot: „©ewiffe 3 nbuftrie 3 Weige, bis baljin bur<h Prohibitionen
ober übermäbige Hölle bcfc^ü^t, waren in Unfcnntnih ihrer Seben 8 fäf)igfeit unb ber
Piaft ihrer SpülfSquetlen; in unmittelbare ^Berührung mit ber §rembe gefef.t, haben
fie gelernt, auf fiel; felbft 3 U sählen unb ben Äampf mit ihren ©egnem fiegreidh
3 U beftehen. Ptuhten fie ben fransöfifdjen SERarft mit ben bi§ bahin »on bemfelben
au 8 geffIoffenen Grseugniffen be 8 3(u8lanbe§ theifen, fo hat fi<h bagegen ihnen burd;
ben £>anbel 8 »ertrag unb bie batin ftipulirten Bugeftänbniffe bet anberen Nationen
bet frembe Ptarft in reiflichem Ptafje geöffnet. Sille haben gewonnen, bie Gonfum»
tion burf Grmdhiguitg ber greife, bie 3nbuftriellen burf bie wohlfeilere Probuc»
tion, eine golge bet SSerbefferungen ihrer GrseugungSmethoben unb Slpparate, ber
$anbel burf bie Grweiterung bet Äteife feinet SEjätigfeit." £>t G. %. £>.
1 2Bir nennen einige betfelben: ©atblap, 31. Suranb, ©raf be Äergolap, SfJtoU, le Jeliier be Safojfe,
Semoine, 9tat. Sicnbct, 33ertui, 31. ©obatb, .freimequiu, #ermer, Papen, perfoj, Salianbrouje be
Samornaif, fauler, ©hriftofte, p. §irm. Sibot, ©$. ©arnier, £>cncn, Sebuc, limitier, ‘J'atUottet.
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298
$ie ütoberne ättufeenfrnge in Sejug auf ©efd)idjte, fuitft unb
fuiiftinbiiftrie.
SSctt 3« heb ^Füllte.
(Schluß.)
SiefeS gefammte Sünbcnregifter, rote e8 fid) in bett festen Sahrgcfmten t;cr«
auSgebilbct hatte, tag rnttt auf ber großen Soitboner Ausftellung t?on 1851 not
aller Augen. 33a8 ftd) l'orher tu feinem ifolirten Grfd;einett ber Aufmerfiamfeit unb
33ead) tung entgegen t;atte, trat hier in ber SKaffcnhaftigfeit an ba8 helle Sid)t.
2Ber Augen Batte, gu leben, unb rocr nur ein biedren ©efüljl unb 33erftänbniß,
-£>erg ober 3ntereffe für bie Sache mitbrad;te, fonnte oor ber allgemeinen Sroft*
lofigfeit ben 2?(icf nicht »erfcbließen.
Sie allgemeine Sreftlofigfeit fagett roir. 33i§l;er Ratten fid) in ben Singen
be8 ©efcfjmacfeS bie gtangofen beö StufeS erfreut, bafj fie eine ercmpte Nation
feien; roa8 nett granfreid; fam, ba8 galt bei ber großen 9)?enge ber 33ornef)wn
unb ©ebilbeten, bie fid) ja barauf rerfteben mußten, einte weitert'8, roa8 ben ©e*
fdjmacf betrifft, für unfehlbar unb eittgog fid) bamit ber Ä'ritif. epier auf ber Au8*
fteHung mußten bie grangefen aber in ber IBölferconcurrettg ber Äritif fteljen.
AHerbingS erlangten fic ben $>rei8, aber ein gut Sljeil il;reS StufeS, bie SDceinung
»on ihrer Unfeblbarfeit, ging bennod; babei eerloren. ©8 geigte fid), bafj fie genau
an benfelben Uebeln litten, bie wir al8 bie allgemeinen foeben gefcßilbert haben;
e8 geigte fich, baß it>r funftinbuftrielleS Schaffen, toie e8 war, rer foliben Äunft*
principien burd;auS nid)t Stid) galten fonitte. SöaS fie oorauS Ratten, ba8 war bie
ererbte Srabition beS ÄömtenS unb 9Jtad)en0, bie überfommeue, nicht an8 ber
Uebung gegangene Sßerfatiliät in ßrfinbung unb Arrangement, ©efd)icflid;feit uttb
gleiß, bie Singe fertig gu tnad;en, roa8 eine große Sa die ift, unb enblid) ein
großes Salent, ben SSerfen ißrer £änbe einen geroiffen Sd;itf, ben Sd;ein ber
©legang gu geben, Woburd) fie einen angenehmen, ba8 Auge bcftecf>cnben Steig ge»
»innen, ©ewiß fittb ba8 SBorgüge, aber bod) nur äußere SBorgüge, burcE) welche
bie innere ^elillteit unb 93erfet)rtf)eit bis baljin nur gleißnerijd; »erfüllt waren.
Sen Staub ber Singe fonnte jeher erlernten, aber bie ©ngtänber waren bie»
jenigen, welche eine Sehre barauS gegogen unb bie Sehre fid; gitituße machten. Sie
waren fic^cvlid) nidjt ben grangefen in ihren funftinbnftriellen ©rgeugniffett am
nächften, fie haltfit im ©cgentheile ben continentalen Stuf ihre8 UngefdjmacfeS ge»
red)tfertigt. ©8 war ein großer Abftanb groifd;en ihnen unb ben grangofen, aber
ba fie fehen mußten, baß biefe ebenfalls auf mfehrtem Söege waren, fo mujjte
ihnen bie Uebergeugung werben, baß ihren ©encurrenten auf bern rechten SBege
gleid)gufommen war, ja, baß fie überholt, bafj ihnen bie $>atme entriffen werben
fonnte. @8 fam hier ber grofje Sporn beS materiellen ©ewittneS hmgu, ber ein*
mal naturgemäß in ber Snbuftrie regiert unb regieren feil: gelang e8 ihnen, e0
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299
auch im ©cfchmacf beit Srangofen gupor* ober minbeftenS gleich gu thun, fo muffte
cüt großer Sl^eif ber SJtillionen, bie alljährlich für gujruSgegenftänbe nach Start!»
reich ^ineitiftoffen, feine Dichtung über ben ©anal nehmen unb ©nglanb bereichern
Reifen.
Sie gonboner SluBftetlung Bon 1862 hat gegeigt, baff Die ©ngläuber fiel) nicht
getäufcht Ratten; fie hat auch segeigt, wa§ bie ©nergie einer Station in ber Äunft
gu leiften nermag.
Sa§ Hebel hatte Wölfl bie erfte SluSftellung gur !laren ©rfennhtih gebraut,
aber bie Stage war, wie ihm abguhelfen fei. Sie Aufgabe war, ben ©efeijmaef auf
gang anbere ^rincipien, auf bie fprincipien einer oernünftigen Slefthetif gu grün«
ben. SDiefe ^)rinctpien mufften aber erft gefunben werben. 2Bat baS gefcbet;en, fo
mußte weiter bei bem inbuftrieHen Zünftler unb Slrbeiter ber cfjibn^eitefinn ge«
werft, baS 33erftänbni§ ber S^rm unb ber Sarbe erfd>Icffen werben, unb waS fpe»
eiell ©nglanb betrifft, fo war erft baS tecfmifche können gu lehren unb bie gehret
fanben fich nicht Bor; enblich muhte auch bahin gewirft werben, bah t m publicum
ber gleite ©imt geweeft würbe, bamit baS ©ute, WaS nun geraffen werben
fotlte, nicht etwa auS SRangel an 23erftänbnih ungefauft bliebe.
SBir fonnen auf alles baS, WaS bie ©nglänber gu biefem 3wecfe in baS geben
riefen, nicht näher eingel;en, ba wt8 nur eines baren als ©egenftanb Borliegt, baS
Äunftinbuftriemufeum. Snbeffen, um bie Stellung unb ^Bedeutung beS lederen be«
greiflich gu machen, ntüffen wir ©inigeS anbeuten.
Ser mangelnben Sedjnif würbe gunächft baburch einiges ©enüge geleiftet, bah
man gehrer unb Slrbeiter auS granfreich fommen lieh- Diit biefen aber hatte man
im günftigften Salle nicht weiter gelangen fönnen, als bahin, wo bie^ Srangofen ftan«
ben, unb baS war, wie wir gefeiten haben, ein Begehrter ©tanbpunft; nur baS
Ueuhere fonnte man Bon ihnen lernen, unb bie Stufgabe war eben eine gang anbere.
Sa man lernen wollte, baS ©ewerbe felbft wie bie gange Station, fo muhte
man fi<h nad) denjenigen Singen umfehen, auS benen man bie richtigen ^rincipien
abnehmen, an benen man Sorm unb Sarbe ftubiren unb ben Sinn bafür bilden
fonnte. Sa bie ©egenwart fie nicht lieferte, fo muhte man fich an die Vergangen«
heit und ihre erhaltenen Äunftfchäjje wenden, @o führte die einfa<hfte ©ebanfen»
folge mit abfoluter Stotfiwenbigfeit auf ein SOtufeum für Äunftinbuftrie.
Sah die Äunft ber S3ergangenheit auf bem ©ebiet, baS hier in Siebe fleht,
wirftich ©djeneS gefdjaffen hatte, darüber herrict)tc allgemeine Uebereinftimmung.
SRan ftritt nur, welcher ©til baS SSeftc geleiftet hätte, man ftritt, welcher bet
©egenwart gur Slad;ahmung gu empfehlen fei. Sa eS aber gang rergebenS gewefen
wäre, hierin auf irgend eine ©inigfeit gu rechnen, ba man nach ©inigung bet
Äünftler auch die deS ^ublicumS hätte ergielcn müffen, fo lieh man fluger SSeife
diefen gangen unnüßett und Abrichten ©treit oßllig bei ©eite. SJtan fagte fich: ein
jeder ©til hat fein ©uteS gehabt und in feiner 2trt ©choneS geleiftet; fammeln
wir non einem jeden, waS in feiner 2lrt gut, oortrefflich und <harafteriftifd) ift,
und gwar für alle 3weige inbuftriellen ©Raffens, fo weit mir irgend eine fc^öne
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Sotm unb SScrgteruttg baBei in Stage fommt, io werben wir ficßcrlitß baS fRctßfe
nicßt oerfeßlen.
@o gefcßaß eS, unb mit ber Gnergie, welche biefer Station eigen ift, unb
mit ben großartigen S3citteln, welcße ihnen 511 Gebote fteßen, war alsbalb baS
©outß=Äenfington Sliufeum, honte ber ©tolg GnglanbS, gefcßajfen.
$iebei aber blieb man nicßt fteßen. S3ian wartete nicht bie SBirfung ber
neuen ätunftfcßäße ab, fonbern fuchte fie burcß bie Seßre, burc^ Verträge unb
©cßrift bem Arbeiter unb bem publicum oerftäublicß 31 t macßen. S3tan ßopulari»
firte gugleicß bie SSiffenfdjaft, fo weit fie 3 U ber Snbuftric Begießung hat, io baß
binnen Wenigen Saßren faft ein neuer ßittcvatnr^weig entftanb. Gnblicß übe^og
man baS gatt^e Saub mit einem organifirten Sief oon 3ridmen= unb S3lobellirjd;nlen
für allgemeine ober fpeciellc Äunftinbuftrie, oerauftaltete SluSftellungen oon 31 Item
unb Steuern, ftellte Prüfungen au, rief Goncutreitgen ßeroor, oertßciltc greife,
fur 3 um, man fdjuf neues Sehen auf neuem SSege unb braeßte bie ganje Ämtft=
iitbuftrie iu Umfd;witng.
©tc golge biefer Slnftrengungen ift gewefen, wie bie SluSftellung oon 1862
bewiefett ßat, baß Gnglanb in bem furgeit Sritraume oon cilf Saßren ben 3 lbftanb,
um weldieit cS hinter ben erften Stationen im Gcjdnnacf gurücfftanb, oollfommen
überwunben ßat, baß eS je Id ben Srangofen minbcftenS gleichberechtigt 31 er ©eite
fteßt. Sn biefen ßweigen ber Äunft ßat eS feine Gcncurreng mehr 311 freuen, um
fo mehr, als bie ©eftvebungen mit gleicher Gnergie fortgeßen unb bie fruchte erft
gu reifen beginnen. ©d)ou fiitb bie Srangofeit aufgeießreett auS ißrer fiegeSficßeren
Stuße; iticßt oereiigelte ©tintmen, fdjoit ein gait 3 er GßoruS erfd;aflt, fie würben in
ißrer eigeittlidjen, feit Saßrßunberten erbberechtigten ©omaine oon ben Gngläitbent
überflügelt unb gefcßlagen. ©ic ißrerfcitS rufen nun nach S3iufecn unb allem, WaS
biefelben mit fid; füßren, naeß Umfd;affuug ber Äunft= unb Äunftinbuftriejcßulen,
benn eS gälte fortan feinen SSetteiier mehr, fonbern einen Äampf auf Job
unb Sehen.
SBenn wir nun aueß nid;t fageit wollen unb fontten, baß biefc Grfolg allein
auf bem ©outß=Äenfington SSiufeum berußt, fo muß man bod) bemfelben infoferne
bie ^anßtwivfung gufd;rciben, als oßne bie 93citßülfe feiner SJiufter gar nießts er=
reießt worben wäre. GS ift baS aueß, fo oiel uitS befannt, bie allgemeine Slnficßt
in Gnglanb felbft. ©aS ©outß=Äenfington ÜDiufeum finbet burd;auS feinen ©abler,
feinen Gegner, obwoßl an feinem fpianc unb an feiner Slnorbnung maitdierlei auS=
jufeßen wäre, hingegen wirb ber DrganiSmuS ber Beicfnienicßulen 001 t ben compe»
tenteften ©timineit angegriffen, oerworfeit unb ißr Grfolg gäit 3 li(ß in Bwcifel
gegogen.
opiemit ift bie 23ebeutung, bet Stußen eines ÄunftinbuftriemufeuniS bitrd; bie
fcßlagenbfte ©ßatfaeße oon ber SSclt oollfommen außer Srage gcfteUt; eS ift übet»
flüjfig, noeß ein SSort weiter barüber 3 U oerlieren. Gin ioldieS S3tufeum ift aber
aueß bereits für jebeS inbuftrieKe Saitb, baS für ben SuruS arbeitet, eine Stotß=
Wenbigfeit geworben, benn feit ben leßten geßit Saßren ßat bet Gejdjmacf ange=
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fangen, fid; von jenen ätruiitbcitögnftänben, bic U'ir gefcbilbert fabelt, auf einen
HäuteruugSproceß eingulaffeit; eine neue 3 tid;fung bat Begonnen, unb gwar mit
fetter ©ntfebiebenbeit, baß man fie burtbauS nicht mehr verfemten faitn. SBer rndjt
barauf eingeben null, muff gurücfblciben unb wirb bie geige alSbalb in niaterieflem
5ftad;tl;ei( vcrfpüvcit. Sicfc neue 3cid;tung [tüljt ftd; aber auf bie Schönheiten unb
Gigcmthümlicbfcitcn beffen, lvaS bie vergangene ober frentbc Äunft unS gewährt,
nicht infofern als fie, wie eS bei ttitS bie bccorativen latente machen, ihre ver=
fchiebenett unb verfd>iebenartigen demente in einem Hepenfcffcl gufamntenbraut,
fonbern iniefern als fie an ihnen Schönheit ber gönn unb ber garbe unb bie
richtigen Kritteleien, wenn man wiß, in einer gemiffeit gelehrten SÖeife — eS ift
heute einmal nicht anberS — lernt unb fiel) 31 t eigen macht. Sa alfo fortan, ntin»
beftenö für eine gute 3cit, ber ©efcbntacf von beu 9)citteln eines fßtufeiimS abl;än=
gig fein wirb, fo bleibt gar nichts übrig, als in aßen Sanbett, wo man felbftftän*
big arbeiten will, folcbe SDiufeen iitS Heben 31 t rufen. C s X’fd;ierit eS nicht, fo begiebt
man fid) in bie Sklaverei anberer unb flügerer Bnbnftrielnttber, wirb folglich ftd§
im Hintertreffen bleiben unb muß jenen auch beit Höweuanthcil ber Veute über»
laffeit.
0o rajeb, Wie bie Singe heute gehen, ift aber aud; teilte Beit bamit gu ver»
lierett, beim ein Vorjpruitg Hlnberer, ber bereits gefd>c^en, ift fchmer wieber gut gu
mad;eit. Hlußerbem muß mau tiidit glauben, baf?, fobalb baS DJcuioum fertig, ber
©rfotg unb ber 9tuf?eit fofort auf platter £anb lägen, ©rftenS pflegen wir flein
angufangen, auch ift nicht gleid) alles beifammen, waS ntan braucht. Sann werben
©ewerbe unb publicum fid; erft au bie neue Sache gewöhnen wollen, bevor fie
heimijeh bei ihnen wirb, unb fie jelbft fiel) barin gu Haufe fühle'«; c§ foß ferner
burch Söort 1111 b Schrift unb wiebcrbolten Slnblid baS Verftäitbniß erft erfddoffen,
baS Hluge gebilbet werben; cS muffen bie Schaue burd; Vervielfältigung Verbreit
tung finben, unb cnblich muß baS Söerf burch c '" e 3ieil;e von 3eid;nen= unb 9)le=
beflirfchulett, überhaupt Äunftinbuftriefd;nlait, gefrönt werben, unb biete fittb teineS=
wegS in erforberlicher Hirt vorhaitbctt, ja eS fehlen vielleicht noch bie Hehrer bagu.
©ut Sing will Virile haben. Hlud) baS Äenfingtott SOiufeum hat feine Saßre ge*
braudjt, bevor nur bie Heute 31 t ihm tarnen. Hl ber bann ging cS mit ßiiefenf dritten.
Bunt guten ©lucf ift and; aller ßrteit mit verhältnismäßig geringen Mitteln,
mit weit geringeren wenigftenS, als 31 t einer Vilbergalerie gehören, bie fDiöglichfeit
gu einem folctjcn SOittfeunt gegeben, beim hier läßt fid; mit (5-opieen, freilich «ißd
Hl ließ, aber bod; viel erreid;en. SÖir werben barauf wieber gurücttcmmen, wißen
aber erft, wie wir cS bei bent ©efd;id;tSmufeunt gemacht haben, bie grage bcant»
Worten, welche ©egeitftäube gehören in ein Äunftinbuftriemufeum unb wie finb fie
am bcfteit gu orbnen?
Shir geflohen cS gu, bie HS Örter „Äunftiubuftrie" unb noch mc h r »Äunft*
gewerbe" finb fcwol;l in 33egug auf bic Vebeutung, wie in Vcgng auf ben Um»
fang fef)r unbeftintmter Hirt. ©8 giebt Heute, bie fdjon bie äßörter nicht leiben
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302
foulten Snbeffen fiaben wir feine befferen, unb wenn wir bie „Äunftinbuftrie" nur
fdjarf anf affen, fo werben wir fefiett, baf; wir bamit auBfommen.
Sie Snbujtrie fdjafft biejenigen ©egenftänbe, welche gum ©ebraud) bienen,
Welche einen 3wed Ifaben, bie Äunft foldje, beren Biel allein bie ©d)6nljeit
ift, fclglid) begießt fic^ bie Äunftinbuftrie auf ©egenftänbe, welche einen nä^tir^en
Bwecf ^aben unb gugleid) auf ©djCutbeit Stnfprucfy machen. Sie 33erbinbuitg
beiber, beß BwecfeS unb ber ©djünlfeit, ift bie d^arafterifttiefje unb Wefentlidje
6igentl;ümlid)feit aller funftinbuftriellen ©egenftänbe.
£ieburd) fiaben wir bereits gwei widrige ©rengbeftimmungen erhalten, uad;
eben wie unten. Stad) eben ift bem principe nadj bie gange Äunft au8gcfcf)loffen,
beren 3wl b lofi bie ©cbcitljeit ift, alfo bie freie Äunft, wie man fie im ©egen»
fajj gu ber bitrd; ben Bwecf gebunbenen nennen fann; nad) unten Ijin alle bie»
jenigen ©egenftänbe, Wecfje auf @d;ßnf)eit unb Sd;mucf gar feinen Slnfprud) er»
$eben, foubern lebiglid) ifjrem nü^lid?en Bwecf, bem ©ebraudje bienen foHen.
©8 würben bemnad) alle Serie ber gefielt Äunft, welche um itirer felbft
willen ba finb, bie it)ren 3wecf in fid> fiaben, au8 unferem SJtufeum fiinweggu»
fallen haben. Unb ba8 ift bem principe nad; aud) gang fo in ber Drbnung
©8 ift aber aud) baß SBerfyältnijj ber f)of>en Äunft gut Äunftinbuftrie anberS
aufgefafjt worben. 50?an fagt: „forbert bie gtofje Äunft unb il;r liebt bie fleine",
wa8 ebenfowof)! für ba8 geben wie für ba8 ÜDtufeum ©eltung l>aben foff. Sa8 ift
gang gewifj nidjt unrichtig, allein e8 fcfyeint un8, wollte man fid^ hierauf beidjrän»
fen unb ben ©rfolg abwarten, ein großer unb nod) bagu fef>r unfidjerer Umweg
gu fein. SOtan fann bie fjobe Äunft mit allen SOiitteln befßrbern wollen, unb ber
33etiud) fann bennod) oollftänbig mißlingen; wir fyaben fjiet eben ba8 ©elingen
nid^t in unferer ipanb. 3lu§erbem ift biefer 38eg wegen feiner Äoftfpieligfeit fielet
Drten niefjt möglich 68 fdjeint un8 bafier, gumal ©efabr im SSevguge liegt, weit»
au8 richtiger, ben geraben unb probaten Seg gu geben, nämlidi bie Äunftinbuftrie
oor allem im Slugc gu bemalten, ©inb bie fötittel gegeben, ober liegen fonjt locale
©rünbe oor, fo ftel;t e8 frei, an ba8 SJtufeum für Äunftinbuftrie ein ÜJtufeum für
Äunft angitfcfyliefjen, wa8 fic^erlicfy für feneS unb feine 3wecfe nur »ort§eill)aft fein
fann. ©8 läfft fid) aisbann in ber fpftematifdfen ©lieberung eine 33erbinbung bei»
ber fycrftelfen, fo baff fie wie ein SOtufeum erfd;eincn.
©erliefen wir aber f'ier, wo e8 fief) um ba8 fPrincip Ijanbcft, bie freie Äunft
noit unferem SRufeum au8, fo finb wir bod) nicfjt fo engfiergig, oon if)r bort, wo bie
©rengen gwifdjen Äunft uitb Äunftinbuftrie fid) »erwirren, aUe8 wieber tycreingu»
gieren, wa8 nur möglich ift. Ueberall, wo bie ©culptur unb bie ÜMerei beftimmt
becoratio auftveten, g. 33. in SBanbmalereicn, in ©iebelfelbern, ba fallen fie aud)
un8 wieber anheim.
Stacfy unten f)in, Ijaben wir gefagt, fdjliefjt bie bloße Bwecfmäfjigfeit ofjne
SSerbinbung mit ber ©cfwnljeit gang oon unferem SJtufcum au8. Sie oollftänbige
©üte beß 9Katerial8, bie genauefte, oollenbetfte ted)nifd)c 2fuBfü£)rung für fid) allem
fomten feine ^Berechtigung gur Slufnafmc gewähren. Stur ift e8 allerbingS noty«
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303
wenbig, bafj alle 9lrten bet !2ecf>nif, welche in bem dmftiitbuftrieKeit Schaffen vor»
fotnmen, auch im SDiufeum vertreten finb, unb infofem ift and; auf bie £ed;ttif
unb it;re 2(n3führung, fo tute felbft auf baS Material unb feine Gigenfdjafteit, non
beiten ja aud; bie Stiliüif mit al 1 hältst, 9iücffid;t 31 t nehmen.
2öir baten noch weitere Grengeit 31 t sieben. 35 ir wiffeit, bafj bie Schönheit
unb bet 3'üecf bie 23ebingungen für einen dmftiitbuftriellen Gegenftanb finb; für
baS ÜJiufeum aber fcmint nod) binju, bafj biefe Gegenftänbe föcufter if;ver 21 r t
finb, eine 23eftittiiuuitg, beten (Sttlfc^eibttttcj ben fnnjtgelebrten SSorftättben ber 2ln=
ftalt überiaffetr bleiben muß. 2 Se{;lgcmerd, fie entfdjeiben nicht, wa$ abfclut SÖiufter
ift unb abfclut itachgeahmt werben feil, foubcrn waS feine 91 rt ntcejlic^ft gut
certritt. GS feilen ja eben, wie fdictt eben gefagt, alle Stile uttb Äuuftweifen im
SDiufeiim vertreten fein; fie fetten bttrd; 23erg(eid;nng unb Stubinm jur liebte bie»
nett uttb bie Gntidicibititg beS sudutftigeit Stils bem großen fünftlerijchen Genie,
baS bie 25eltgeid;ichte leitet, übevlaffeit bleiben. GS ift auS biefettt Gruttbe auch
uotftwenbig, bafj &nnftgelel;ite ber ?(nftalt cerftefien- uttb uid;t Äünftler, eS fei
bemt, bajj biefe jufällig Gelehrte in ber .fl tut ft feien, au» welchem jufdlligen Um»
ftaitbe alSbann ihre 23erechtigung fief? l;ertcitet.
35 'ettn wir fagett „föiufter in feiner 9 (rt", fe meinen wir bamit nicht gerabe
^raditeremplave, wie man leid;t mifmerftänblid; beuten Kumte. GS banbeit fid; bei
bem gegenwärtigen Untfd;wuitg itt ber ÄuujKnbnftrie, bei ber angeftrebten 23effe=
rung beS Gefd;ntacfe§ nid;t bloß unt bie liebelt '-Umgaben, fenbern gang ebenicwebt
um bie (leinen, ttm baS, WaS bie SKengc, waS baS bürgerliche .GauS bebarf. 2Öenn
ber Geichtttacf nicht hier geändert wirb, fe ift alles übrige 33emühen umionft. GS
finb alio neben ben fPrad;iwerfcn, welche als (eucbtcitbe, anipontenbe 9)iufter beS
bed'fteu Schaffens itothwcnbig finb, gerabe fewetil jene einfacheren, ja gang ein»
faetjett ©egenftänbe 31 t fammeltt, weld;e in if;rer tJlnffmichSlofigfeit für baS, waS fie
fein feilen, als gelungen 31 t betraditen finb. Uttb hier vermögen felbft bie Sübfee»
infulancr if;rett Beitrag git ftellett. Gien fe finb aud; feld;c Gegenftänbe itid;t ju
überfehen, welche, wenn aud; fonft vie(leid;t fehlerhaft, hoch nad; einer ober meine»
ren Seiten hin, 3 . 23. in 23egttg auf garbe bei mangelhafter $orm, sur Sehre
bienen Knuten unb baritt als fd;en atterfannt werben müffen. lieber biefe unb ahn»
ltd;e fragen ift, wie gefagt, ben SJcrftänben bie Gntidicibititg 31 t überlaffett.
23er baS Gebiet, baS (;ier in ?iragc ftel;t, einigermaßen überfddagen fatttt,
wer bett langen Heitraum ber Äuufteittwicflung uttb bie SÖiettgc ber Stilarten er»
mißt uttb febatttt bie fölannigfaltigfeit ber Gegenftänbe felbft nach Stoff uttb
Bwecf bebend, unb waS ttttS alles von ber Sergaitgettheit ttocl; übrig geblieben ift t
bet Wirb leicht einfehett, baß eS viele SSattfcnbe von Singen finb, bie, troß unferer
23ejchväitdtttgen, beut ilunftinbuftricntufeum anheimfallen. Satnit unS bie -Dlettge
nicht verwirre uttb erbrüefe, bamit burd; 3ufammenftellnitg beS Gleichartigen baS
Stubium erleichtert werbe, ift c3 unumgänglich uethweubig, bajj ein beftimmteS
St;ftem, eine vernünftige ©lieberuttg • uttb Gruppiruttg, ba hinein alles paßt, lieber»
ftd)t unb Drbnuttg in baS Ganse bringe.
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304
©8 bieten fiep un§ Betriebene ©eficptgpunfte bar, au8 benen fiep ba8 frag*
liepe ©Aftern conftruiven liefjc, nämliep nacp bet cpronologtfdpen Slufeinanbetfolge
ber Stile, naep SBebeutung unb Bwecf bet ©egenftänbe, unb brittenS nacp bem
Stoffliepen.
©er erjte ©efidptSpunft wäre entfliehen Borgugiepen, Wenn ba8 SWufeum einen
äpnliepen gelehrten Sweef patte, wie ba8 ©ei(ptd;tgmufeum, wenn feine Aufgabe eine
funftgefepidptliepe, funftarepäologifepe wäre. Slbet bie Aufgabe ijt eine praftifcp«äftpe=
tifepe; ba8 Erben, bie gegenwärtige Äunftinbuftrie follcn ipren Sinken barau8 gie»
pen; ber ©cwinn, ben bie SSiffenfdpaft itocp aufjerbem baten gu paben termag, ijt
immer nur ein Nebenbei, weites auf;er ber Slbficpt liegt. 68 folgt alfo, bafj ein
praftifeper ©efieptSpunft für ba8 Spftem ^ er entfepeibenbe fei, unb pier enipfettten
fiep bie beiben anberen ©cfieptSpnnfte.
Slber beibe finb niept gleicp gwcefmäfjig. Sollte man eine ©intpeilung naep
ben ©egenftänben burepfüpren, fo würbe man eine foldpe SDtenge fleinet, gleidp*
bebeutenber ©ruppen erhalten, baf; man fcplieflicp ein ©ictionnaire bafür anlegen
müfite. ©ine ©Iteberung nacp ben Stoffen hingegen ergiebt eine nid;t gu grofce,
bequem gu überfepenbe 5lngapl größerer ©rupfen, weld;c fiep bann wicber nacp
Stilen ober Beitepocpen, pie unb ba and; nad; ben ©egenftänben in Unterabtpei*
lungen gcrlegen laffen. ©iefe ©intpeilung t>at gugteiep, wa8 ipt befonberer Vorgug
im gegebenen Sali ift, ba8 ©igenc, baf; fie fiep am mciften ben beftepenben unb
gefdpidptlibp geworbenen Verpältniffen anfepmieqt, benn auf ben Stoffen beruht bie
Scpeibung ber ©ewerbe unb gunt guten Steile ternunftgemäf 3 Sorm unb 33etgie=
rung. SOtit abfoluter Strenge freiliep wirb auep fie niept burcpgufüpren fein: man
wirb pier gut Vereinfadpung bei äpnlidper Verarbeitung ein paar Stoffe gufammen*
nehmen müffen, anberSmo einen Stoff um Betriebener Vermenbuitg willen au8ein*
attber gu legen paben. 3m ©angen aber werben wir mit biefem ©efidptSpunft am
beften unb bequcniften auSreidpcn.
©a wir eine giemlidpe 2litgapl Stoffe paben, fo wirb e8 niefjt einerlei fein,
mit welchem mir anfangen, mit welkem wir äußeren. Sßir folgen gern bem SBege
Bom ©infadpen gum Amperen unb wollen ipn aud) pier befd;reiten. ©a8 £>opere
würbe bann ber 3lnfd;lufj an bie reine Äunft fein, welche fid; babutep in uttfet
Spftem leiept eiitfügen liefje. 2lud) laffen fiep, piemit in Uebcreinftimmung, brei
groffe ©attungen Bon ©egenftänben fdpeiben, in benen wir, opne un8 inbeffen ftreng
batan gu galten, nad) einanber auffteigen lönnen; ba8 finb crftenS bie ©egenftänbe
ber tergierten ebenen S'läcpe, bie in ber £öpe an bie üMctei ftofjen; fobaiutgmei*
ten8 bie ©efäfje, beren Äunftfpipe bie Sculptur fein würbe, unb brittenS bie @e=
rätpe, welche mit bem größeren $auSmobiliar fiep ben fPrincipten ber Slrdpiteftur
oerwanbt geigen. Sßie gefagt, audp pier ift Strenge niept nmglicp, unb wir werben
baper biefe brei ©attungen nur ftittfcpmeigenb gut Unterlage nehmen.
9Jiit ber gläcpe alfo beginnenb, ftellt fiep un8 als ba8 ©infaepfte ba8 ©e«
fie dpt, bie ©runblage ber Sßeberei, bar, fei e8 nun au8 Strop, SBeibe, Vaft
u. f. w. Scpon piet müffen wir Bon unferer ftiUen Unterlage abweidpen, benn wir
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muffen itothmenbig bamit ba§ Äorbgefled't oerbinben. Sllöbaitn folgt fofort bie
grofse ©ruppe ber tejrtilen Äunft mit ihren SRebengweigen, bie wir ftofflid) nad)
58ode, Seite u f. w. ober na di Stilen uub Äunftepodien (mittelalterlich, orien*
talifd), mobern, b. h- feit 1500) in Untorabtheilungen gerlegen tonnen 3118 SReben*
gmeige fd)lief;en wir barait bie ©pißen, bie ©ticfereien, bie $ap i ff erien
((Gobelins nnb ÜHöbelübergüge), ferner bie Papiertapeten unb bat beffinirte
Rapier nebft allen allgemeinen Drnanientgeichuungen, bie für feiere 3läd)enpergie*
rnng heftimmt finb, wie Füllungen, SBorbüren u. f w.
3n ber rtlächenformation fortfebreitenb, nehmen wir alt britte ©nippe bie
8acfirarbeitcn, fobann alt inerte, fünfte unb fed)ßte bie oerwanbten Äünl'te,
©mail, 9Jt o f a i f unb ©lat in a (e r e i, bie fid; nad) ihren Äunftepoc^eit, wie nad;
ber Scchnif gerlegen laffeit.
i'on ber ©laßnialerci gehen wir gur fiebenten ©nippe, gur fOfalerei über,
liidd ju bieier freien Äunft überhaupt, fonbern infofern alt fie alt Sßanbntalerei,
fei fie nun ornamental ober figuralifdi, ober in älntlidicr beftimmter 2>erwenbung
einen becoratioeu (.'barafter bewahrt. Sogleich müffen wir hier bie verfdiiebenartige
ü£ed)nit in groben oertreten hoben. eöieber gehört benn auch bie 'Pergamentmalerei,
fo weit fie fid) oou ber Schrift trennen läßt.
SRit letzterer, ber Schrift, berühren wir ein anberet gelb. Sie Schrift alt
SdjreibeTunft bilbet mit bem Srucf unb ben grapl)ifd)eit Äüitften bie achte
©ruppe, welche bemnad) Schriftproben aller Seiten mit ben entfpredienben Snitia*
len unb SBergierungen, Srucfproben unb tppographifdje SSergierungen unb Ptufter*
proben oou allen tedmifeben SBerfabrungßweiien in ben graphifchen Äünften gu um*
faffen hot.
Sßentt fiep biefe ad)te ©ruppe auf ben formellen Snlialt ber tBüdfer bezieht,
fo tommen wir mit ber neunten auf ihr 2leufiereß unb nennen fie bie äußere
23 ü d) e r a u ß ft a 11 u it g. töiemit finb wir fd)on einen Schritt über bie S’Iädjc hin*
außgegangen, thun mit ber gehnten ©ruppe einen Stritt weiter unb tommen gu
ben Seberarbeiten überhaupt (mit Ülußfchluff beß 23ud)einbanbeß), alt 8eber=
tapeten unb Uebergüge, Seberfaftcn unb Sebergcrätl?, Üeberplaftif.
9Jiit ber eilften ©ruppe fchlageit wir einen neuen 28eg ein unb weitben mit
3 U ben ©efäfjen. 28ir nehmen guerft bie tleinere ©ruppe ber ©laßgcfäjje, bie
fich nad) ben Äunftweifen eintheilett läßt unb oerbinben bamit gugleid) baß ©laß*
gerätf), wie Seucbter uiib Spiegel. Sarauf folgt ginn gwölften bie grofe ©ruppe
ber Shottgefäße, weldie auch baß Per gell an in fid) begreift unb tf)eilß nad)
bem »erfdnebenen Piaterial, theilß nad) Stil unb ©ntftel)ungßort in eine Ptenge
Unterabtheilungen, auf bie wir mtß fm' 1 «fehl weiter einlaffen wollen, gerlegt wer*
ben muh- SEBie baß im ©ewerbe felbft meiftenß ber Sali ift, müffen mir an bie
Ühongefäßc auch bie -Sbonprtaff if aitfcblicßcn.
9tun laffeit wir alß breigehntc ©ruppe, bie jpolgarbei ten folgen, begitt*
neitb mit ben gebunbenett Arbeiten beß 23öttd)erß unb auffteigenb gur figuralen
Sculptur in becoratioer 23erwenbung; bagwifd)en faßen bie Arbeiten beß fDrecpß*
1864. $?anfc III. 20
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306
IcrS unb ba§ gefammte Äirdjengerätl) unb ber £)augrath, fo weit fie au0 $otz
beftehen. Sine tierzefmte ©rappe Bereinigt mehrere Stoffe, bie jumeift Sierarbetten
liefern, $orn, Sein, ©Ifeitbein, Sßacf)§, Steigmaffen u. bgl. ©a eg fich
hiebei, wag bag Äünftlerifche betrifft, eorjuggweife um ^Maftif banbeit, fo fdhliefjen
wir alg nächfte ©ruppe bie Arbeiten in ©tein, in SJtarmor, Sllabafter u. f. w.
baran, ©efäfje, ©erät^e, wie becoratioe ©culpturen, hoch nehmen wir bie ©tein*
mofaif, alg jur fünften ©ruppe gehörig, bauon aug.
SDtit ber fet^Sgefjnten ©rnppe haben wir ung ju ben 5RctaiIen gu wenben,
auch hi« bie fleinfte ©rappe an bie ©pifce ftetfenb, bie Äupfer*, SJieffing*
unb Sinugefäfje, baren ung bie Icßte Seit beg SSJtittelalterg unb bie Utenaif*
fance »orjuggweife Seifpiele liefern, ©ine rielumfaffenbe ©taffe folgt fobann mit
ben ©ifenarbeiten. ©ie begreift bie SBerfe beg Äunftfd)miebeg unb Äunft«
f^tofferg, Sef^läge aller 9trt, ©cl;lof 3 unb ©cflüffel, ©itter unb ionftige ©infaf*
fungen, Campen, Ceucfter unb eiet anbereg ©eräth; fobann bie Äunft beg SBaffen*
fchmiebeg, wag ben @chuj}, wie ben Singriff betrifft, fo weit eg fi<h babei um
©ifen alg bag ^auptmateriat banbclt. Sin ben SSaffen ift eg aud), wo befonberg
bie terfchiebenartige Äunfttedmif beg ©ifeng, bie ©amageirong, bie Saufdjirarbeit
u. f. w. in fünfter Slütfe ^eroortritt, wefhalb wir fie baran anfdjüefien. -Rad)
bem ©ifen mögen ©locfen unb Uhren aig achtzehnte ©rappe eine paffenbe
©teile finben, unb barauf folgt alg neunzehnte bag grafe ©ebiet ber 33 1 o n z e,
weicheg wir dhronologifch nad) ben Äunftepodjen unb ©tiien eintheilen. ©benfo
machen wir eg mit ber z^anzigften ©rappe, ber ebien @olbfct)miebefunft,
alg ber Serwenbmtg ebier SOietalle unb mit ber einunbzwanzigften, ber 33ijou=
terie ober bet Serwenbung ebier ©teilte, bie fich oon ber ©otbfd)miebefunft faum
trennen läfjt. Sejjt ift ung nur noch eine ©rappe übrig, bie Äunft beg ©ra*
oeurg im Stelief; feine Slrbeiten finb SDiünzen unb SRebaiiien, wohin wir auch
feine ÜJJobeHe in SBacfg, £olz, ©tein rechnen müffen, ferner bie ©iegel'ober ©ie*
gelftßcfe unb britteng bie geichnittenen ©teine. 2Rit biefer zweiunbzwanzigften unb
lebten ©rappe unfereg ©pftemg reifen wir wieber in bie reine Äunft hinüber.
©o hätten wir bie rielartige, faum zu überfchauenbe SOiaffe in eine ©liebe*
rang. gebrad)t, bie, wenn fie auch nicht faarfd)arf einem principe folgt, boch für
SWegfRaum hat unb fich, wie wir glauben, bureb praftifche ©iufarf)f>eit, Serftanb*
liebfeit unb leiste Ueberficht augzeid;net. Sßtr ntadhen mit biefem ©pftem feinen
Unterfchieb, ob bie ©egenftänbe Originale finb ober nicht, benn wäfwenb in einer
Silbergalerie ©opieen eigentlich z u gar nid?t§ nüjje finb, ift eg hier ganz anberg.
Sßenn man nur baran benft, worauf eg anfommt, fo rnufj man zugeben, baf in
Dielen gälten fefarfe ©ppgabbrücfe faft rollen ©rfafj geben, in anberen man butch
?)hotngraphieen ober burd) getreue Slbbilbungen anberer Slrt riel erreichen fann.
©ag Äunftinbuftriemufeum hat alfo allen ©ranb, auf beibe Sitten ron ©opieen
tolle JRücfficht zu nehmen. Sei ber Slnorbnung unb Slufftedung würben wir bie
©ppgabgüffe ober bem ähnliche plaftifche ©opieen rötlig ben Originalen gleichhal*
ten unb unter fie rangiren; bie Slattcopieen, an welche fich Äupferftiche,
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307
Originale! dmun gen u. f. w. anfchliefen würben, Ratten natürlich in SÜtappen eine
befonbere Sammlung 31 t bilbett, bod) würbe fte ein unb berfelbe Äataleg mit ben
Originalen unb ©ppßcopieeit unifaffen. Selbftoerftänblich rnufj bei ben Gopieen im
Äataleg bie Slrt ber 9tacbbilbung angegeben werben, eingekeilt aber würben fie in
jene ©ruppe, wohin ibr Original gebürt.
Sa, wie erwähnt, Jlbbilbuitgen für baß Äunftinbuftriemufeum »on großem
äöertbe finb, io ift bamit jiigloich eine fBibliotfief ber betreffenben Äupferwerfe
nebft anbereit theoretifdien ^>ülfsbüttjern 3 U »erbinbeit. Siefe fBibliotbef wäre alph flI
betifeb in gewöhnlicher Sßeife 31 t fatalogifiren, nicht aber nad; bem aufgefteUten
Softem, ba weitaus bie meiften SBerfe lieh auf eine größere ober geringere 3aht
ber ©ruppen bi '3 toben, feiten aber auf eine einzelne ober gar eine Unterabteilung
berfelben.
Sa ferner bas fJDiufcum, wie ebenfalls fchon gelegentlich angebeutet worben,
feine blojj auf fid» bentbenbe, paifi»e Sammlung fein foll, fonbern eine Sehr- unb
Slrbeitßanftalt; ba baßjelbe nicht warten foll biß man fomme eß 3 U benähen unb
feinen Snhalt 311 »erflehen, ionbern mit reforntatorifdjer Sen ben 3 bem publicum •
unb bem ©ewerbe fid> aitß .^erg legt, fid? aufbrängt; io ift eß nötig, baff aud)
bie Sehre felbft »on ibui auegebe. ©ß finb baber an bemfelbeit Verträge über äße
©egenftänbe, Söiffenfc^aften unb Äünfte, bie mit feinen 3 mecfen in 33 ejie£>ung
fteben, 3 U »eranftalten. SSir enthalten unß aber, für bießmal näher barauf eiitju*
geben, ba wir ohnehin icbon baß unß felbft gefteefte 9ftafj überf«^ritten haben.
Gbettfo wollen wir noch einmal in Äüqe baran erinnern, baff auch mit bem
SKufeum unb ben Verträgen noch nid)t 3llleß gethan ift. ©ß mug fein ©uteß burch
Seroielfältigungcn, tureb gilialaußfteßungen über baß gange Sanb »erbreitet wer«
ben; eß ift »or allem neben bent SSerftänbitif, auch baß Äontten 3 U bilbeit, unb 3 U
biefem Sniccfe müßten funftgewerblid;e €01 u ft er f di u l en errietet, unb enblicb ein
5Reh » 01 t 3cich»en= unb SDiobeiliricljulen, aber »on rechter 3lrt, über bie fProoingen
anßgebrcitet werben. Gift bann wirb man auf rauhen unb außgiebigen ©rfotg re<h«
nen fönnen unb enblid) bie ©enngthuung haben, fich felber 311 fagen, bafj man mit
bem angelegten, »erhäUnifcmähig geringen ©apital nicht blofj ben ©eidjmaef unb
bie Äunft befürbert, fonbern auch ben äßolflftanb unb mit bem Söohlftanb bie
SBilbuitg beß SSolfeß unb bie fDiadjt beß Staateß »ermehrt h^be. Saß
mögen fi<h biejenigen gegenwärtig halten, bie berufen finb, hier «in entfkeibenbeß
SBort mitgureben
Uefier ^flanjenfjpuologie.
33on Sr 31. ißoluirng.
(Schluß)
9lbet auch für bie ^Berechnung ber SBärmefummen (thermifd)e ©onftanten)
würben »erfchiebene gormeln aufgeftellt.
20 *
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308
Bouffingault hält bie einfache Summe ber mittleren Sageetemperaturen
für ben genügenben 9luebruc! ber SBärmehebürfniffe einer $)flan$e, eine 9lnficht,
bie Bereits oon JRe'aumur uitb (Sette auögefpred;en würbe unb gegenwärtig immer
allgemeiner 3tnflang ftnbet.
Qu et eiet glaubt, baf? bie SBärme nach 31 rt ber lebenbtgen Äräfte auf bie
fPflauen einwirfe, unb baf; ballet ihr Ginfluf) nici;t nach ber einjeluen Summe,
fonbern nach ber Summe ber Quabrate ber mittleren SageStcmperaturen abju=
fd;ä£en fei. UeberbieS gel)t er Bei auSbauernben 'Pflanzen ton eigenS ju Beftim*
menben fftullpunften ber Gntmicfliutg auS unb abbirt 3 U ber fo gefunbenen
Summe ned) eine Quabratfumme, welche ifjrer SSirfung nach ber im vorigen Jahre
Bereits erreichten Gntwicflung gleid;fcmnit. 9 lehnlid;e gormeln würben von be ©aö*
parin, Babinet unb gritfch aufgeftellt.
3ur Beurteilung ber 9ücf)tigfeit bicfer gormeln, fo wie ber ganzen 9)Jethebe
unb Sljeorie l ' on SBärmeconftanten gieBt eS ein untrügliches 'Prüfuitgö mittel. Jft
eine gewiffe Sßärmemeitge jur Aperoorbringung ber Gntwitflungophafen einer 'Pflanje
in ber Sl)at unentbehrlich, gieBt eS alfo thermijche Genftanten, unb ift unfere Be*
redjnungSmethobe bie rid;tige, fo müffen alle Beobachtungen berfelben s Pflaitje, in
oerf^iebenen Jahren unb an Berfd>iebenen Qrten berechnet, nahezu gleiche 9leiul=
täte liefern. 9Jtan mu§ fi<h hier mit naheju gleichen Stefultaten Begnügen, ba ab*
folut übereinftimmenbe Bei ber 93tenge von ftörenbcn (Sinflüffen nicht ju erwarten
finb. S)od) laffen fich manche berfelben eliminiren, wenn j. 33. berfelbe Beobachter
ein ^)flanjeninbwibuum burcf) mehrere Jahre Beobachtet. 3luf ©runblage folcher ge*
nauer Beobachtungen im Botanifchen ©arten $u 3Bien hat gritjd) ben Sßerth obi*
ger Formeln geprüft unb gefunbeit, baf; nur bie gormeln oon be ©aSparin unb
33abinet ertraoagante gehler geben, währenb bie 33erechnungen nach Ouetetet,
gritf<h unb Bouffingault viel Heinere, meift innerhalb ber ©rennen ber Beobad;*
tnngSfehler »on ± 3 Jagen eingefcbloffene gehler enthalten unb bat)er hiureichenb
grofjc Sicherheit gewähren. Bor allem empfiehlt fich BouffingaultS gormel jur
33erechnung bet 3Bärmeconftanten, als bie einfaebfte unb mit ben Heinften gehlem
behaftete.
9lach biefer SOiethobe hat gritfeh bie thermifd;en Gouftanten ber gaubentwief*
lung bei 218 Bäumen unb Sträuchern unb bie ber elften Blühen unb grüßte
bei 889 ^flanjenarteit, theilS Äräuteru, theilS $)oljgewächfen, Berechnet. Sie Sicher*
heit biefer Beftimmungen ift fel>r befriebigenb, ba 3 . B. ber mahvicheinliche fehlet
ber Blüthe^eit Bei 90 p(St. ber Beobachteten fP flachen nur + 1 Bis 2 Sage unb
ber wahrfcheinlidje gehler ber Berechneten Genftanten Bei 97 pGt. ber Beobachteten
fP flauen nur ± 1 Bis 3 pGt. ber Berechneten Summe ift.
Jn neuefter Seit hat .sperr Q>rof. 91. Somafdjef eine noch größere Ueberein*
ftimmung, als bie SSärmenfnmmen barbieten, in ber pofitioen 9Jtittelteniperatur ber
©ntwicflungS 3 eit ber flankenptjafen. gefunben Sliultiplijirt man biefe 93titteltem=
peratur mit ber Gutwicflungc^eit, fo erhält man naheju biefelbc Semperaturfumme,
wie Bei ber gewöhnlichen Berechnung ber Gouftanten. So ergiebt fich &■
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309
Somafcbef für bie 33lütbe beS ^lieberS eine tägliche SJlitieltemberatur Den 45® ±
01 ® für ben Seitraum een 100 Sagen, mag unter 33orauSfepung einer gleicb=
madigen SSertfjeiiung ber SBärme einer SBärmefumme een 450° ± 10 ® entiprid)t,
mähren b bie birect auS ben täglichen SDritteltempcraturen abgeleitete Summe für
ben 6 . SJiai ± 3 Sage (an melcbem Sage ber ^lieber in SBien ju blühen be=
ginnt) 424® ± 20 3° beträgt Sei ben SSJlitteltemperaturen hat man ben 5Bor=
ttjeii fleinerer 3eit;fen unb SDifferenjen (bie ftärffte ©ifferenj beträgt 0-5®) unb
grünere Uebereinftimmung in ben einzelnen Sauren.
Saf; cenftante SBärmemengen jur £errorbringung ber EntmicflungSpfjafen
Don ^flanjen erforbertirf) feien, läfft ficb nicht nur auS Seeba^tungen ju Derfd)ie=
benen Beiten unb an eerfdnebenen Drten beregnen, fonbem eS ergiebt ficb bieg
auch auS üßerfudien. Sringt man .^afeinu^meige mit unentmiefeiten Slüt^enfä^djen
in ein gemöfmlid) temperirteS 3 intmer unb lägt fie fertDegetiren, fo beginnen fie
genau jur 3 eit 3 U ftäuben, me bie gu ifjrer Sntmicflung nötige Söärmemenge im
Bimmer erreicht mirb; biefe Erlernung tritt bafier um fo früher ein, je größer
bie ©ifferenj jmiid'en ber mittleren 3 immertemperatur unb jener im freien ift.
©ärtner fomten befanntlid) tage*, ja modjenlang bie Entmicflung Don Stützen be=
tcblauitgen ober oerjogern burd) entipreebenbe Siegelung bet Semperatut beS i)tau=
meS, in bem bie ^flangen fid) befinben.
Sie Ermittlung Don SBärmeconftanten für bie $)flan 3 enentmicflung ift bie erfte
fixere Errungenfd)nft auf bem ©ebiete ber erflärenben ^Phänologie. Sie barf in
if)rer 28icf)tigfeit als erfter Stritt 3 ur SJleffung ber flimatifdjen Sebürfniffe bet
fPflanjen nicht unterf<bäpt merben. SDiag aud) in ^Beobachtung unb ^Berechnung
noef) 9 Jiand)e§ 3 U eerbeffem fein, fo ftef)t bod) fchon jept als allgemein gültiges
fRaturgefep feft, baff jebe ^flanje 3 ur ^eroorbringung iljrer EntmicflungSphafen
ein beftimmteS unb beftimmbareS 90?a§ Don SBarme bebarf. Sa§ biefeS Siefultat
bereits erreicht ift, oerbient DoHe Slnerfemmng, menn man bebenft, mie Diele ftörenbe
Einflüffe bie Erfenntnifi bteieS SRaturgefepeS erfebroeren unb ein fepeinbar regellofeS
Eintreffen ber Eridminungen ^erDorrufen fönnen. Sie Subjectioität beS 23eob=
ad)terS, baS Sdjmanfenbe in ber §ijrirung ber EntwitflungSpfwfen, bie Serid)iefcen=
f)eit gleichartiger flauen naef) Bnbtoibuen unb Slbarten, bie mitunter, befonberS
bei Eulturpflanjen fetjr gro§ fein fann, ber Einfluß beS StanborteS unb bet übri=
gen flimatifcbcn gactoren — bieS alles finb febmer 3 U eliminirenbe unb oft nur
ferner 3 U beurtbeilenbe Storungen, meldje in ihrer ©efammtroirfung berücffid)tigt
merben müffen, um fid) nid)t oberflächlich burd) bie ^Beobachtung mancher fc^em»
barer SluSnabmen oerteiten 3 U taffen, bie @efepmä§igfeit gut beobachteter ppano*
logifcper ErfMeinungen felbft 3 U be^naeifelrt.
(Die Äenntnif; tbermifdjer Eonftanten an s j) flauen gemährt eine SOienge
theoretiid) unb praftifcb micf)tigcr Sortpeile. Sie fpftematifebe Sotanif geminnt eine
neue Äategoric oon SSJierfmalen 31 m Unterfd)eibung ber 9trten. 2luS glorenfalenbem
mit SBärmeconftanten läfjt fid) in jebem laitfenben Bahre täglich bie fPftangenenri
mieftung DorauSbeftimmen, menn Don ©egimt beS SaftreS bis 3 U bem betreffenben
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310
Jage Semperaturbeobacbtungen torliegen. Obere ititb Polargrenzen ton pflanzen
ermatten, urie icbon 21. be Ganbolle rtarf;iveiöt, fofern fie rein flimatiieb finb, bureb
Wärmefummen ihre befriebigonbfte Grflärmtg. Gultur* mtb 2 lcclimatifirungßoerfucbe
ton Pflanzen föunen mit einiger 2 lußfid)t auf Grfolg nur an Orten unternommen
»erben, wo bie ju it;rer Gntwicflung nöthige Wärmemenge regelmäßig binnen ber
SSegetaticnSperiobe erreicht wirb. Umgefclnl zeigt baß SSorfommeit unb bie Gnt*
widluttg einer Pflanze, bereu Wärmebebürfniffe befamtt finb, bie t^ertnifdjen 23er*
bäftniffe beß Stanbortcß an. Wenn frautartige pflanzen iit einer Gegenb an tcr*
idiiebcncit Stanborten 51 t febr reriduebenen Beiten ju blül;en beginnen, fo ift bieß
nid;t etwa eine 2 lußitabme tont obigen $Jtaturgeieg, fonbern tielmebr ber fyrecf>enbfte
SBeweiß, wie terjd;ieben baß Älima einer Gegenb nach ®tanbörttid;feiten fein fann.
Gin furjer Bwiicbcnraum trennt oft Socalitäten, bie in ber pflanzenentwicflung
um Sage, ja jelbft um Wochen bifferiren.
©iefe unb ähnliche gofgeuntgen, gletd) wid)tig für Sbeorie unb prajriß, taffen
fi<h auß ben bißberigett Seiftungen ber 'Phänologie ableiten. Gß gereicht mir jur
befonberen 23efriebigung, hier auf bie 33erbienfte unfereß 23aterlanbeß im Gebiete
pbänologijcbet Aortcbungcn fmtmeifen ju fönneu Oefterrcicb E;at im legten ©ecen*
nium bie umfangrcidjfteu unb wiebtigften 'Arbeiten auf biefem Gebiete geliefert.
9)iait terbanft bieieß Siefultat oor^üglich ben ^Bemühungen eitteß Pcamteß, Aperrn
Äarl gritfeb, 23icebirector ber f. f. meteorologifd;eit Gcutralanftalt in 2Bien, ber
mit unermüblid;ct 2lußbauer feit 1828 juerft in präg, jobamt in Wien fwtbft
forgfältige $>fwnologijd;e 23eobad;tungcn anftcllte unb gegenwärtig bie nad; feinen
3nftructionen unb auf feine 2 lnreguitg an jahlveidjen Stationen beß dtaiferftaateß
gemachten 23eobachtungen leitet unb beren Grgebttiffe in einer 3 icil;c ton 2 lbbanb*
lungen teröffentlicbt. Ptöge bie rege S:E)eilnal;mo, welche bie ^^äuelo^ic in Oefter*
reich gefunben, noch lange fortwähren unb gleich erfreuliche unb ehrentolle §rüd)te
bringen.
2)a$ (Etborinm im stifte ffofterneufiurg.
G. H. ©aß erfte unter ber Stebaction beß §errn ?lnton Siittcr ». Perger
erfchienette £eft ber „SDtittheilungen ber f. f. Gentralcommiffion jur Grforfd;ung
unb Grbaltung ber 23aubenfmale" enthält einen ton Aperrn 2llbert Gamefina
gezeichneten Slump über baß Giborium im Stifte Älofterneuburg unter SBeigabe
jweier wenig gelungener garbenbrucftafeln unb mit 2 lngabett über bie Gntftehungß*
Zeit ber einzelnen Sheile biefeß Giboriuntß, welche unß baburch z u einer Grwiebe*
tung aufforbent, bah fte ton ben früher in ben „Piittheilungen" auf gefteQten
33ehauptungeu wefentlich abweidjen.
epen Ä. Weif) h a * nämlich in einem im 3af>re 1801 in benielben erid)ienenen
längeren Slufiage über ben Scbag bieieß Älofterß auch baß erwähute Giborium gum
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311
©egenftanbe feinet Sorfcfjung genommen, bie 2(nficf)t auSgefprochen, baf) baSfelbe
bem 14. 3af>rf)unbert angefjöre unb in biefer Begebung bie Anfertigung beS gan»
3 en ©efäfjeS bet ©poche beS fnnftliebenben f|)robfte 8 ©ierenbotf (1317 bis
1335) jugefdjtieben.
3ut Berichtigung biefer Angaben nun fcheint oorjugSweife bet eingangs et*
mahnte Auffah gcfcbrieben 3 U fein. ©S roirb bie Behauptung entgegengeftetlt, bah
biefeS ©efäfj 3 mei perfchiebeneit Äuitftepochen, unb jmat Äuppa unb Sedfel
bem ©nbe beS 13. ober bem Anfänge beS 14. SahrhunbertS angehören bürften,
inbem ihre $auptformen noch etmaS an bie Gnbjeit bet tomanifchen Äunftepoche
erinnern, mährenb bet gan 3 e ©tänber mit feinen entfchieben gothifchen ©lementen
in bie erfte $älfte beS 14. SahrhunbertS falle, ba ein fo bebeutenb flachgebrücfter
gufj bei älteren Äird)engerätben root;i nicht oorfomme; „biefe neue Raffung" erhielt
baS ©iborium mithin höd;ft mahrfcheintich unter bem tropft Stephan 0 . © ieren*
borf, benn eS heifjtin ber fteinen (Sl;rontf oott Äloftemeuburg bei bem Sah« 1324:
„Sie ©olbfchmibt malten baS fchöne 3 ibarn barauff unfer frauenbilbt
mitten in ber eeren barin."
SKit biefen Singaben erhalten mir eine in h^h {m ®rabe befrembenbe Beridh*
tigung ber bisher in mtffcnfdjaftlichen Greifen 3 ur ©eitung gefommenen Anfichten.
Äein miffenf^aftiich gcbiibeter Ard;äolege — er mag auch in feineren Stagen bet
Äritif feine eigenen Anfd;auungen haben, meidjt non ben bis nun feftgefefcten ©runb*
lagen ber ©hronotogie fo meit ab, bah er ben Anfang beS 14. SahrhunbertS unb
baS Jahr 1324 als petfd;iebene Äunftepochen begeici^nen mürbe. Nebenher
bleibt mtS ber Berfaffet bie Eingabe fchulbig, mie meit nach feiner Anfid)t ber Be*
ginn beS 14. SahrhunbertS reiche? ©tma bis 1310, ober 1320 ober 1325? @8
ift barüber altcrbingS unter ben Ardjäologen noch nicht 3 U einem »oßen Berftänb*
niffe gefommen, meil in biefer 85>iffenfd;aft, mie in allen übrigen, auch ber gefunbe
9Jienfd)enperftanb fein 9led)t behauptet, unb eS entfpricht bem lederen, bem Be»
ginne eines SahrhunbertS feine SJtitte ober feinen ©d)luh entgegen 3 ufteHen. SBenn
nun bet Berfaffer sugiebt, bah bie Äuppa biefeS ©efäheS bem Beginne beS
14. SahrhunbertS feine ©ntftebung perbanfe, mährenb ber ©tänber auS bem 3ahre
1324 ftammen foll, fo behauptet er eigentlich nidf)t 8 anbereS, als bie ©lei<h*
3 e itigf eit ber ©ntftehung beiber Sfwk — unb bie Bermeifung berfelben in 3 mei
oerfebiebene Ännftepochen ift baher ber AuSfluh einer archäologifchen Sein*
fd;mecferei, mel<he mir mit ben jugenblidjen 2(nfd)auungen biefeS AuffafjeS faum 3 U
pereinbaren miffen. Senn als fold;e müffen mir bie gatt 3 e (fh ar afteriftif bet ©mail*
barftellungen ber Äuppa begeidjiten, mcld;e feineSmegS, mie ber Berfaffet meint,
ber gothifd;en ©pod)e fo ferne liegen, fonbent fomohl in’ben ©emanbungen, mie
aud) in ben ar<hiteftonifd;en Selberabfchlüffen ber 3eitfteUung entfprechen, mel^e
Sßeifj für biefeS ©efäf) angenommen bat. @8 liegt baher nicht ber geringfte ©runb
für bie Behauptung ror, bah mit biefem ©efäfje um 1324 eine Umgeftaltung oor*
genommen morben fei, mogegen auch bie angeführte ©teile ber ©tiftScfjronif fpriebb
bie eben nur ben 3eitpunft ber Anfertigung angiebt, ton einer folchen Umgeftaltung
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312
jebod) nichts weife. «'patte eine iol<he ftattgefuubcn, fo märe fie beftimmt in irgenb
einer SBeife angebeutet werben, ba hoch biefelbe ©tiftSd;ronif ber Erneuerung an
bem SSerbuner Altarwerfe auobrficf(id;e Erwähnung macht. SBemt aber ben Ber*
faffer feine Ännftanfcfyanungen nötigten, einen fc fühlbaren Unterfcfeieb in ben
Sheileit biefeS ©efäfeeS 31 t betonen, fo lag einer unbefangenen Anfcbaumtg bie SBer-
mut^ung tiel naher, bafe beibe Shcife, wie fie jum Shcile rerfduebene ted;nifchc
Bcitaf;ntngSweifen aufjeigen, and; gleicbjeitig non vertriebenen Äünftlern feien an=
gefertigt werben, non melden ber eine nad; ber Anficfct beS SBertafferö non alteren
Srabitionen [ich leiten lief;, wäfyrenb ber aitbere mit toller Suft ben neu auftau-
d;enben Anregungen fid) fjingab. (Sine fold^c Bermuthnng — nur beftreiten inbefe
aud; bie SRottywenbigfeit berfelben — läge bod) nie! näfyer, als bie abnorme 33 e-
hauptung, bafe ein im Anfänge bei? 14. 3af>rl>unbertö angefertigtes ©efäfe bereite
im Safere 1324 auS Äunft* uitb Stilrücfficfyten umgemobelt worben fei. SBir be*
gnügeit nnS mit biefen Ausführungen unb mellen auf bie jeber Begritnbnng er=
mangelnbe Behauptung, bafe „ein fo flachgebrücfter Snfe bei älteren Äirchengerätf;en
nid;t norfommt", nicht nä(;er eingefyen, nod; aud) wollen mir mit jenen ©d;lufe=
morten redeten, in melden in ergoldichcr SBeife baS Umfcfymiebcn ber 'Plattenbar-
nifdje im 15. Saf;rbunbert nad; ben geänberten 9Jtafmerl;ä(tniffen ber Befifeer als
ein Beweis -- ber BeränberungSfuch t ber SJienfcfcen angeführt erfdheint. SBir
wenigfeeflS wollen irgenb einem JRitter beS 15. Sat;rhunbertS, ber tielleicht um 3 mei
©deutle fürder auSfiel, als fein Ergeuger, feinen Bormitrf barauS machen, bafe er
Anftanb nal;m, feine ©eftalt in ber über ihn meit fjinauSragenben Siüftung, bie
ifyrn als Erbteil gttftel, in bauernber SBeife l;erum 5 ufcbleppen.
h. £aS torjährige Suliheft ber afabemifchen ©ifcungSberichte philcfophifd^hiftorijd'er
Eiaffe, baS eben auSgegeben mürbe, bringt unter bem Jitel: „2Me Allianz $wifcben Ä'aifer
^Jtajrimilian I. unb Bafilji Stanotic, ©refefürfteu ton diuülanb, ton bem Sabre 1514,
ton 3« Sieb ler", fcbäfctarc Beiträge unb Belege zur ©efcbid'tc jener benfmürbigen
Samilienterbinbung ber «Käufer ^abeburg unb Sagiellc, welche bie bauernbe Begninbung
ber cfterreid;ifd;en Blcnarcbie §ur Solge hatte. ®aß Bünbnif; bee ÄaiferS mit bem ruffi*
tpen ©refefürfteu gegen geleit ftanb eigentlich blefe auf bem Rapiere unb geriet!) auch
ba fchon bei feiner Aufteilung aus ber gaffung. £ie „Allianz" mar eigentlid' blofe ein
politifd'er ©ebaebzug, ber einen heilfamen 2 )rucf auf Äcnig ©igiSmunb ton fielen aus*
üben follte, unb in biefer Beziehung war bie biplematifdje Action ton ben heften Er¬
folgen begleitet. TarauS erklärt fiep auch ber Eifer, mit welchem bie föniglichen Brüter
©igtßmunb ton speien unb SBlabißlauß ton Ungarn unb Böhmen zu einer 3ufanunen-
fünft mit bem Ä'aifer brängten. Siefelbe fanb entlieh am 16. Suli 1515 an bem
Salbe „£art" unter freiem* «frimmcl ftatt unb führte 311 m Befnche ber beiben Äcnigc in
SBien imb zur Trauung ber beiben Äinber SBfatielaus mit ben beiben Enfeln bee Äai*
ferS im ©tephanSbome am 22. Suli. Schwieriger warb eS, ben ruffifchen BunbeSgenoffen
ton ber golgerid4igfcit aller Eenfequengen 3 U überzeugen unb ihn nad; feinem Siege am
$ntepr 3 m Einteilung ber geinbfeligfeiten gegen 9 ) 0 len 311 bewegen. Erft nad; bem
Jobe beß Äaifcre 93iap gelang eS feinen Enfeln 1526 einen Saffenftillftanb auf fünf
Sa^re gwifc^en ben beiben norbifchen Nachbarn l;erbei 3 ufüEren.
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313
©ropen fyiftcriid'en 9Scrtl> haben unftreitig bie Slctenftücfe beö f. &au8arcbme$,
tvelcbe Her ba$ erfte 9)cal in ben Vere ; ch ber gcrfcbung gesehen werben. Siejelben finb
in ben Beilagen cmftg unb genau biö auf bic 2itel unb crtftcgrapl;ifd>cn 3ufälligfeiten
abgebrueft, darunter befinbet ficb auch in autbentifebem 9(bbrucfe jene erfte Vertragt
uvfunbe beö ©rofifürften Vafilji Sßaucmc mit ber golbenen Süße, welche ^eter bem
©reijen einen biftcrifcben $Präcebengfaß bei 9lnnahme beö ÄaifertitelS bet. Siefe urfunb*
lieben Beilagen fußen trep ber Heineren Settern 50 Seiten; auf ebenfeiuel Seiten ge(;t
benfelben ein 2e;rt man, welcher ihren 3nl;alt reprobucirt, erläutert, nerbinbet unb gu
einem Shittbeil bed SHaumed een (5itaten auö ben Beilagen unb anberen jQueßenwerfen,
namentlich ben Actis Tomicianis begleitet wirb. 3ur Sad;e bemerfen wir nur, bafj
Iteberfefeungen, wie: „Maiestas Caesarea illi . . . amplius nullum auxilium vel
favorem prestare debeat, directe vel indirecte, per se vel submissas per¬
sona s“ (S. 2GH) bureb: „foß ibm ber Äaifer . . . feine .£)ülfe eher Vegünftigung
gewahren, Weber- birect noch inbirect, Weber perfonlid; noch burep unter ber £anb ge*
febiefte ^erfonen" (S. 211) bei folcben profanen Slugen, bie gufäßig fchon Urfun*
ben gefeben haben, auf einigen SSSiberfprud; ftoüen bürften.
S. Sed^felfeitige Vran bfebabenoerf ieperun göanftalt in $Sien. £er
ucn Sr. (Sjrceßeng bem £errn Staateminifter al$ ©eneralbirector ber Slnftalt in ber
3 aT;re£fitumg am 22. Senner 18(14 erftattete Vericpt liegt nebft ben 2)etailnacpmeifun-
gen über bie 1803 erfolgten Vränbe unb Vergütungen nunmehr gebrueft m. 9tacp
bemfelbcn würbe bie Slnftalt oen 382 Vräitben betroffen, für welche an 1117 2peil*
nebrner eine ©efamnttmgütung bon 530.924 fl. gu leiften war; bie 3apl ber Schaben*
feuer, bureb bie ungewöhnliche 2;ürre be$ Sommere begünftigt, übertraf jene beö Vor*
japreä um 101, obwohl feben ba$ 3apr 1^02 gu ben minber glüefliepen gablte. Von
ben geuerebrünften 1803 entfallen 310 mit einer Vergütung bon 449.573 fl. auf
Viieberöfterreicp unb hiebon 43 mit 19.118 fl. auf ©ien. S)ie erpeblicpften Vergütun¬
gen waren beim Vranbe bon £ber*Saa mit 31.250, bon Slberflaa mit 19.192, bon
Sangntannereborf mit 15.859 fl., bom Vräupaufe in günfpauä mit lö.tOO fl. unb
bon 9ti£borf in Ungarn mit 15.315 fl. ;>u leiften. Saß fiep ungeachtet ber burch bie
auüerorbentlichen Staben bermgerufenen Steigerung ber VeitragSquote um 10 pGt.
(bie Vranbfcbäben beziffern fiep um 20 p(5t. höher) ber SSSerth ber berficherten Objecte
um mehr al$ 2 SJlillionen ©ulben gehoben pat, fptiept für bie reeße ©ebaprung be$
Snftituted.
h. ©vfreulicpe Symptome ber wadfcnben 2 heilnah me beö ö ft er r e i cf) i feben
(5-lerud für fircbliche Äunft ftnb populäre ßrfcheinungen, wie: „Anleitung für ©r*
forfebung unb Vefcbreibung ber fircblicpen Avunftbenfmäler. Verfaßt bon $). gl. V>. Sing
1803" unb „Veitrage gur ©ntwicflungogcfcbicpte ber fircblicben Äunft in 2irol, bon
&. 91., VMtpriefter. ©abe beä cpriftlicben Äunftbereinö in Vogen. 1863."
* £ie Sehrmittelfammlung ber tedmifd>en Sehranftalt am lanbfcbaftlichen 3can*
neu in in ©rag mit Schluß be$ Stubienjahred 1803 beftanb in golgenbem: Sie
Viblirthef enthielt 21.490 Serfe in 47.002 Vänben unb 11.330 heften; bie Viine*
ralienfantmlung 16.030 Mineralien unb Wiebeße; bie geognoftifepe unb paläontologijcpe
Sammlung 9720 ©ebirgearten unb Verfeinerungen; bie botanifd;e Sammlung, unb
gwar ber botanifebe ©arten 8800 Specietf unb ba$ Herbarium 23.000 Specieä; bie
gcolcgifd'e Sammlung 10.756 Viuntmem; bie phpftfalifcpc Sammlung 724 SRummem;
bie Sammlung für praftifche ©eometrie 37! 'Jiummem; bie epemifebe Sammlung 800
Hummern; bie Sammlung für barftellenbc ©eometrie 604 dummem; bie meepanifepe
Sammlung 1043 Hummern; bie Sammlung für Vauwiffenfcbaften 558 dummem; bie
lanbwirthfd^aftliche Sammlung 1512 Hummern. Sn biefen angeführten 3&hkn finb auch
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814
bic Südjer unb fonftigen Srucf* unb Silbmerfe unb litterarifc^cn Schelfe bcr Bei jeber
8 el;rfanael Beftel;enben hanbBibliotfyef ntitBegriffen.
* Sa 8 „SDIagajtn für bic Sitteratur beö 31u8lanbe8 w , BerauSgegeBen non
3ofep() Seemann, t;at mit biefem Satire feinen 33. SaBfftcmg Begonnen. 2lu8 beut
reid^altigen £efte, baß unß »otliegt unb bic im Sännet erfetyienenen 5 dummem um¬
faßt, Ijeben mir folgenbe Sluffäße alß Befonberß intereffant ferner, bie mir ber Slufmerf*
famfeit unferer 8 efer Ijiemit empfehlen:
Seutfd?lanb unb baß 5lußlanb. 3 u>ei SieBlinge beö beutfe^en SSolteß. — Sn*
miemeit ift Süb-Jirol italienifdf? I. 9iatürlicbe unb pclitifd^e ©rennen. II. Saß Seutfd)*
t^um mefyr unb me^r non ben Si'älfcfyen nerbrängt. — (Sn glaub. 9teue Slnmenbung
ber eleftrifd?en £elegrapl)ie. 3eitfugel, llbrencontrole unb Stabtyoft. — 3B. 3DJ. Styacferap.
— 2)ie 9)ublicationßfaifon in Sonbon. *— Sie englifctyen $)enn 93 eitungen unb halb*
pennpjoumale. — Stalien in ber mobernen Unterl;altungßlitteratur. — Sie 8 onboner
©efeflfcfyaft unb il;re moB(tt;ätigc ©elbftl;ülfe. I. The Charities of London. —
gtanfreid?. Slrmanbe Sejart unb 9Miere. (Sine litierarf)ifterifd>e Sfi^e. — Sie
neueften (Sntbecfungen $)afteurß auf bem ©ebiete ber p^pfloicgifd;en K^emie. Ser ©älj*
rungß* unb Sermefungßproceß. — Sie gegenmärtige religicfe Semcgung in granfreid}.
— Saß Subget unb bie 9Runictyafoermaltung in $Pariß in ben lebten gc^it Sauren. —
91 erb *31 merica. Sie Slnmenbung bcr $pi;otograpI;ie $u pt;pfioIogifd;ert unb praftif^en
3meefen, auf Sd)lacbtfelbem, in Suftballonß, auf Stemmarten unb in ber ©eiftermelt. —
Sitterarifctye Stiefe auß 9tem*?JorF. I. 91id)t alleß ift £)umBug. II. Sie 9lftor*23ibliotl)ef.
— Seutfcfye Sritppen im americanifcfycn Sefreiungßfrieg. — $)olen. 93(ictyael ©ra*
Bomßfi. — Saß Äönigreid) ?>olen. — ©riecfyenfanb. ©ried;ifd)e unb atbanefifc^e
9Rärd)en. I. Sage, 93iärd>en unb @efd)id)te. — 3 1 aCien. 9teuer 5 lufjcbmung ber ita*
Iienifd;en Schaubühne. — Ungarn. Ungarifd;e Sprad;e unb 8 itteratur. — Säne*
rnarF. Sänifd?e Äriegßlitteratur. — Portugal, ^ring £)einricB ber Seefahrer unb feine
3eit. — Sftußlanb. Sie öffentliche 23iblioil;eF in Jifliß.
Äleine litterarifc^e SRetme unb litterarifd?er Spred;faal.
5öö(^enili(^ erlernt eine 9tummer non jmei Sogen in Quartformat.
@i$ung$I)crid)te.
Hatferlidje äbataitie iicr Dipitfdjaflfit.
©ifcung ber pfyilofof^ifd)-tyiftorifdum Klaffe »om 3. geBruar 1864.
(Sß merben ber Klaffe oorgelegt:
1. eine 9tote beß 1). F. !. Staatßminifteriumß öom 19. Sännet b. 3-;
2. eine 9tote beß lj. !. f. ginanjminifteriumß Dom 23. Sänner b. 3- \
3. eine 3u[d?nft beß £erm Sürgermeifterß ber Stabt 9£icn Dom 15. Senner b. 3»;
in melden baß am 10. unb 15. Sänner b. 3* gefteUte 9lnfucben ber Klaffe bat;in Be*
antmortet mirb: baß ben barin namhaft gemachten 93citglicbem ber non berfelben ein*
gefeßten Kommiffion für ^crauögabe non SBetätl; ürnern Qefterreid>b bie Senüßung ber
21rchit>e jener SJlinifterien unb ber Stabt 3£ien 3 U biefem 3wect'e geftattet merbe.
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Sr. @. SR o c#1 er (egt ber: „3ur Sefcbichte ber unteren Scnauldnber. II. Sa«
toorrcmifdpe Sacien."
3 m 9lnfd;luffe an bie fvüfycre Arbeit beßfefben 25erfaffer6 über bie ©cten unb il)re
9iad;barn wirb in biefen quellenmäßigen Unterfucpungen bie ©efd;id?tc ber Sacier biö gu
bcm pclitifcben Untergange biefeß tapferen Selfeß (106 n. 6l;r.) abgebanbelt unb ben
3 uftänben ber berwanbten Helfer in Sbracicn, namentlich ben wäprenb biefeß Seitraumeß
»eilig erlcicbenben ©eten eingebenbe Slufmcrffamfeit gewibmet. Snßbefcnbere fuebt au$
bie Sd:ilberunq ber Sitten unb Gultur bei ben ©eten unb Saciem auß bem fargen
9 )<aterial ber überlieferten s 3tacbiicpten ein mcglicbft »oUftänbigeß S3ilb »dt bie 9lugen
gu ftellen.
Sifcung ber pfyilofopf>ifc§.fyiftcrifd?en ©laffe »om 17. gebruar 1864.
@ß werben ber ©laffe bcrgelegt:
1 . ein ©er! beß £erm Scbann 9RüI)lbauer unter bem Xitel: „Seift unb SORa-
terie im Staatlichen", mit ber Sitte, eine Unterftüfcung jum Srutfe beßfefben ben ber
9lfabemie $u erwirfen;
2. eine ben £emt Sr. 5teitbcf eingefanbte Slbfc^rift beß ^antbeibingö bon
Äönigßwieien in s 3iiebercfterrcicp;
3. eine 9(bl?anblung über bie ?age Slicnö unb beß ffäifcpcn Jfyorcß, au« einem
3Reifebaid;te beß f. f. ©encralccnfulß in St?ra, £errn b. £al>n;
4. ber Sluffafe beß £erm 3. S. ©oeblert: „3ur ©efd;icbte ber SBaljl gerbt»
binanbß JI. $um Äcnige ben Ungarn im 3abre 1618";
5'. £errn Sr. griebrid; 0Dt ü11erö Slbbanblung: „Sie Sprache ber Sari, ©in
Seitrag $ur africanifcben Singuiftif."
Sie J(b(;anblung ift grcßtentfceilß nach ben ben ben beiben Mifftcnären P. Änob»
leeper unb Ucberbacfcet Mnterlaffenen Materialien gearbeitet. Sie gerfdUt in bret
£I;eile, weben ber elfte eine ©rantntatif ber Sari*Sptad;e, ber gweite eine 9lußwaljl
ben ?efeftücfcn unb ber britte ein ©leffar, fewebl Sari»Scutfd\ alß auep Seutfd)«Sari
umfaßt. ^
Saß wirflicbe SKitglieb, f. Statfy b. 531 ei Iler legte ein gweiteß bon il;m »erfaßte«
SRegeftenwerf cor, betitelt: „Regesta archiepiscoporum Salisburgensium inde ab
anno M.° C.° VI.° usque ad annum M. CC. XLVI. a Sie Stegeften ber Saig-
burger CSrgbifd;cfe Scnrab I., 6 berl;arb I., Äcnrab II., Slbalbert, Äcnrab III., 9lbalbert
unb ©berl;arb II. ben 1106 biß 1246 gefammelt, gufammengefteHt unb erläutert
bon — k .
Ser Serfaffer entwicfelt in .fiürge ben 3ufamntenl;ang beßfelben mit feinem frühe¬
ren SRegcftenwerf über bie SOcaifgrafcn unb £ergcge Cefterrcicfcß auo bem £aufe Saben»
berg, inbem er auf bie »cn weilanb Gbntel, alß ^Referenten ber (;iftcrifd;en Gcmmiffion
ber ©laiie, für bie bcr*l;abeburgifd'e ©efduebte Cefterreicbß ned) gu leiften begegneten
Arbeiten binwieß, in beren erfte Oteibe Gl;mel eine Otegeftirung beß biß(;er bereffent»
lid;ten biftcrifdwn 53iaterialß für tiefe 3eit ftellte. Gß feilte biefe *Regeftirung fürß erfte
in biererlei 5iid;tungen untememmen werben, nämlicb:
1. für bie Urfunben beß Sanbeefürften,
2. für bie beß SMctrcpcliten unferer ©egenben, beß ©rgbifcbofß »on Saigburg,
3. für bie beß Siecefanß berfelbcn, beß Sifcbcfß ben $affau, unb enblicp
4. für bie ber ber^üglid;ften ©belgefcpleddcr jener 3dt.
Sie Oiegeften für bie erfte biefer Slbtbeilungcn l;abe ber Serfaffcr in feinem eb*
erwähnten SSßerfc im 3al;re 1850 ber eff ent liebt. Sa ficfy nun feitfyer für bie Slegeften
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ber übrigen 9lbtbcilnngen fein Bearbeiter gefunbcn, fc bäte berfclbc, ba(b nach' ßpmelö
2ob, ben Cynt]cbtuf? gefaxt, bic Begcftirung ber Salzburger Urhmben in Eingriff zu
nehmen. Ser Berfaficr eutwiclelt fcbin in Äürje bie SDictire, welche ibn bcftimmten, bic
Begeftirung mit (Jr^bifcbof Äenrab I. zu beginnen unb mit ©rzbifcbof Grbcrbarb II. zu
fcplietjen. 3m Begleiche $ii beni früher genannten SRegeftentoerf über bie öfterreid?i|cben
Sanbeöfürften fei baö numcrifcbe SRefultat ber borliegenben Sammlung ein viel reicbpalti*
gereö. ©äbrenb cö bau Berfaffer bcrt für ben 3citraum bom Sabre 970 biö 1246,
alfo für 270 Sabre, nur gelungen ift, ^Iflce in Eitlem 732 Hummern geben zu tonnen,
ent(;ait bicfc für bie 3cit oom $abre 1100 biö 1246, alfo für 140 Sabre, bie 3apl
non 1187 Begeften, wozu übrigen® zum Sbeile ber llmftanb beigetragen pat, baj? in
bie toerliegenbe SRegeftenfammlung aud; fämmtlicbe einfcblägigc ßptcnitftellen aufgenoni*
men würben
Sifcung ber matpematifcp-naturwiffenfchaftlichen Glaffe
üont 18. gebruar 1864.
Saö wirf liebe BRitglieb «£)err ^)rof. «fr. £)lafiwefc unb .£)err ?. Barth berichten
über einen neuen intereffanten, bem Srcin fepr äpnlid;en Äerper, baö 3Reforcin, welchen
fie im ©efentlicben nach bem, in ihrer lebten Unterfud;ung über baö ©uajat (f. Sifcungö*
berichte ber f. Slfabemie ber ©iffenfepaften, Sännerbcft 1804) eingefd'lagenen Berfapren
auö bem ©albanum unb bem «£>arz beö XHmmoniafgummi'ö erhalten haben.
Siefer jtorper tbeilt mit bem Crcin ber gled'ten bie meiften ppufifalifcpen (?igen*
fd?aften, unb biefe, zufammengebalten mit feiner gcrmel, ber Differenz ber Siebepuntte,
feinen SReactioncn unb feiner gäl;igfeit, mit Brom ein bem Bromcrceib analogeö Sub*
ftitutionöpr ebnet zu liefern, beftimmen fie, eö mit biefem alö homolog zu betrachten.
9)Ran h&t bie Beziehungen:
C| 2 H 6 0 4 3Rcfercin,
C u E* 0, ßrcin.
Sie Berfaffer behalten fich ber, bie Bermuthung burep Berfuche zu beftätigen, ber
Äcrper flehe im nahen 3ufaminenhang mit bem Umbelliferon C !8 H 4 0 4 unb bem $)plero*
glucin C ti H«, 0*.
Sic gebeuten ihre Unterfuchung auch auf anbere £arze auözubehnen, unb fanben
bei ber Biprrpa bereitö SHnbeutungen für einen entfpred;enbcn (Erfolg.
Sa® wirtliche 9)iitglieb «Sperr $>ref. Sr. 9lug. (?m. 3Reuf?, legt eine 'Jlbbanblung
über foffile Jepabiben bor. Sie 3ab( ber befannten geftielten Girripebicr ift überhaupt
nicht grof?. Sarwin führt in feiner Bicncgraphie 48 lebenbe Wirten auf, weld;e in 11
©attungen bertpeilt fmb, unb bie 3apl ber Höher befebriebenen foffilen Specieö beläuft
fich auf nicht mehr alö 52. Bon benfelben geboren 51 ben jept noch lebenben ©attun*
gen Scalpellum unb ^ollicipeö an, nur eine ber auögeftcrbenen ©attung £oricula. Sie
Sepabiben fdu’incn unter ben (Mrripebiem zuerft in ber iReipe ber orgauifchen ©efen auf*
getreten zu fein; brei $>ollicipeö*3lrtcn tauchen fehen in ben 3urafdncbten auf. ©abr*
fcpeinlicp finb fie aber noch m einer biel früheren 3eitperiobe zum Bcrfcpein gefommen,
benn bie an ber bopmifchen Silurformation begrabene ©attung Plumulites Barr, bürftc
wopl ebenfallö ben ?epabifcen beizuzählen fein, unb zwar in bie Bähe bon $?cricula z u
fiepen fommen. Sen «£>cbenpunft ihrer ©ntwicflung erreichten bie ?cpabiben aber in ber
«Sreibepericbe; ben ben erwähnten 52 foffilen Wirten fallen 44 in bicfc C^pocpe. Schon
in ber 2ertiärperiobe jinft ipre Anzahl auf 5 (3 Scalpellum, 2 ^cllicipeö) herab unb
auch m ben jefcigen SOReeren leben nur 6 Wirten ben Scalpellum unb ebenfcbiele
bon SPollicipeö. ®ie übrigen lebenben germen geboren inögefammt neuen, in ber Borwelt
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nicht vertretenen ©attungen an. STrdc^t man nun neben ber Seltenheit fcffiler Sepabiben
überhaupt noch beut Umftanbe Bcd;nung, baß tiefeiben faft burd;gehenbß feiten unb nur
an ei^elnen guntftätten vcrfemnten unb wegen beß 3 wf allend in il;re einzelnen Älappen
beinahe fämmtlich nur unvollftänbig gelaunt finb, fo erfd>eint jebe Bereicherung ber feffi*
len gauna in biefer Dichtung fe^r erwünscht.
Sie borgelegte Slbbanblung, bie hauptsächlich baß im !. f. ^efntineraliencabinete be*
finb liehe ÜKateriale 3 um ©cgenftaube bat, . liefert einen nicht gan .3 unbebeutenben Beitrag
3 ur Äenntniß ter fcffilen Sepatiben, inbem fie 7 neue Slrten tennen lehrt unb von 5
anberen Slrten genauere Setailß unb neue gunberte namhaft mad;t. Sie verfallt in vier
9lbfd;uitte. Ser erfte beschreibt 3 neue Specieß auß ben mittelcligecenen Jertidrfdmhten
von Söllingen bei 33raunfd;weig, nämlich Scalpellum robustum Reuss., bem fchon
früher von mir auß bem Dberoligccen von Prefelb betanut gemachten Sc. Nauckanum
Reuss. venvanbt unb vor allen anberen Scalpclluntarten baburd; außge^eichitet, bap tt*r
oberhalb beß Schcitelß ber Äielflappe befindliche Vappeit mit ber Vängsajce beß .paupt*
theileß ber Parina nidü, wie fonft überafl, einen ftumpfen, fonbern einen fpipen ober
t;öd;ftenß rechten Eintel hübet; ferner ben Pollicipes interstriatus Reuss., helfen
bisher allein befannte Scutalflappe burch ihre hod^breieefige gönn auffäflt unb entlief)
eine Garinalflappe, welche [ich burd; ihr auß|d;lie[;lid;eß Sacbßtl;um nach oben fogleid;
von Scalpellum unb ^ellicipeß unterfd;eibet, jugleid; aber burch bie Breite beß oberen
Pnbcß, bie baß £nneinfcbieben ^wifchen bie beiberfeitigeu Jergalflappen nid;t geflattet, fo
wie burd; bie Slbftupung beß unteren CSnbeß (ich von XHnatifa entfernt unb fid; am ineiften
ber freilich noch nid;t mi gefü^uftanbe gefunbenen ©attung Pcecilasma Darw. nät;ert
(Pcecilasma dubia Reuss.j.
Ser zweite 9lbfd;nitt behandelt einige Sepabibeurefte auß ben miocenen iertiärfchid;*
ten, auß weld;en fold;e bisher noch nid;t namhaft gemacht worben finb. Sie wenigen
bißher publicirten tertiären Slrten finb faft burd;gehenbß eocen, oligocen ober pliocen. Bor*
erft wirb baß auß bem englischen Prag befannt geworbene Scalpellum magnum Wood,
auch von Salleß bei Borbeaujt befchneben; fobann 3 Wei unter einanber unb mit Polli¬
cipes interstriatus Rss. verwanbte neue Slrten, P decussatus unb undulatus Rss.,
aufgeftellt. Beibe grünben fid; auf ctnjelnc, aber fel;r wohlerbaltene Scutalflappen, bie
manche Analogie mit jenen beß P. Guascoi Bosq. verratben unb auß bem miocenen
Segel von Bieberleid in C efterreich ftammen. Bon hohem Sntereffe entlieh ift eine ifo*
lirte Sergalflappe von ^objartow in C^aligien, ber erfte unjweifell)afte goffilreft ber @at*
tung 9tnatifa, beren febr fur 3 er gebogener Unterranb eß mabrfd;emlicb ntad;t, baß fie von
einer Specieß jener ©ruppe l;crrübre, bie Sarwiu unter bem Barnen ^Pcecilaßma 3 U
einer befonberen ©attung erhoben l;at. Sie ift mit bem Barnen Pcecilasma iniocae-
nica belegt worben.
Ser britte Slbfcbnitt bespricht bie Sepabibenrefte ber bol;mifchen Äreibe, bie 3 War
von bem Berfaffcr fchon früher in feiner 9Honograpl)ic ber Berfteinerungen ber bebau*
fchen Äreibegebilbe fcerütfficbtigt, aber 3 Utn 2 heile irrig gebeutet unb wenig entfprec^enb
abgebilbet worben finb. Sie bejebränfen fid) hauptsächlich auf brei Specieß, von benen
Pollicipes glaber Roem. am hdufigften unb verhreitetfteu ift. Bon bemfelben finb fchon
beinahe fatnmtliche Älappen gefunben worben. Sagegen ift von Pollicipes conicus
Rss nur bie wot;lerbaltene Garinalflappe, von Scalpellum quadricarinatum Rss.
fegar nur eine nicht gan 3 vcllftänbige, aber 3 m Beftimmuitg genügenbe folche Älappe
befannt geworben. @ingelne Jergalflappen auß bem planer von £>unborf bürften viel*
leicht bem Pollicipes Bronni 3 U 3 ured?nen fein, worüber ftch aber vor ©ntbeefung ber
anberen mehr d>arafteriftijd;en Schalen fein entfd;eibenber 9lu8fprnch thun laßt.
Ser vierte 9lbfd;nitt ber Slbhantlung entließ giebt eine Sd;ilberung ber tfepabiben*
refte ber oberen Senonmergel von Bago^ani in ©al^ien. Sn benfeiben fcheint Polli-
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cipes fallax Darw. bo^uwalten, eilte Specieö, bie einet weiten ©erbreitung fiep er*
freut. Sie ift früher f(pon in ben gleicp alten Schichten oon ?iutburg, Serien, Eng*
lanb, Streben unb Hannober angetroffen werben. ©on berfelben fmb beinahe alle
Etappen in SSieprgapl borgelegen. Sn iprer ©efetlfcftaft fommt, jebecb feiten er, ber fepon
früher genannte P. glaber Kcem. oor, beffen ©erbreitungöbe 3 irf noep großer ift, inbem
er fepon naep ben jetzigen Seobacptungen außer ben früher genannten üänbern noep ©3eft*
ppalen, ©opmen unb Sad;fen umfaßt. Selten bagegen fepeint eine neue Specieö, P. Zeid-
leri Rss. $u fein, beren allein borliegenbe Scutalflappe große Analogie mit jener non
P. Darwinianus Bosq. oerrätp.
Sämmtlicpc betriebene goffilrefte ftnb auf brei ber 9lbpanblung beigegebenen litpo*
grappirten Safeln abgebilbet.
Saö wirfliepe SJiitglieb $Prof. 6 . Subwig überreicht eine oen ihm gemein*
fepaftlid; mit ^erm Sr. 8 . S b i r p verfaßte lUbbanblung: „lieber ben Einfluß beö Hals*
marfcö auf ben ©lutftrom."
33 e 3 e l b pat an Äanincpen, bie mit mcglicbft fleincn Sofen ben Eurare vergiftet
waren, fepr bemerfenöwertpe ©erfuepe angeftellt. Er ercffnetc bei biefen Spieren bie 33ruft-
pcple, bunpfepnitt bie Stämme ber N. vagi unb sympliatici am Halö uttb beobaeptete
bann bie ^ei'jfcbläge unb ben Slutbrucf in ber a. carotis, unb 3 War ber unb naep ber
Surcpfcpneibung beö Halömarfeö, ober wäprenb ber Dielung b cd feiten. .£>iebei fanb er
golgenbeö: 9tacp Surcpfcpneibung beö Halömarfeö swifepen bem 1 . bis 5. Halswirbel
würben bie He^fcpläge fcpwäcper unb feltener, ber ©lutbruef in ber a carotis fan! fepr
bebeutenb biö auf 20. ÜJl. 351. Hg. ab, bie größeren ©enen, namentlicp bie vena cava
inferior füllten fiep ftropenb. Sßurbe barauf ber peripperifepe Stumpf beö 55iarfeö burep
elefftifcpe Stpläge geregt, fe begann alöbalb baö H ^3 rafchcr, biö 3 U 320 9)ial in ber
SDiinute, 3 U fcplagen, ber Umfang unb bie Stärfe jeber einseinen ^Bewegung warb bebeu*
tenber, waö fiep fcwepl burep bie garbenänberung oon ber Spftole 3 U ber Siaftcle, wie
burep bie größeren Sepwingungen ber eingefteeften H a ’ 3 n abol unb ben größeren ©3ertp
ber negativen Sd;wanfung beö eleftrifcpcn H^ftremeö $u erfennen gab. Sie prall ange*
füllte 9lcrta fepeb baö H^ ben ber oberen ©rufteffnung naep bem 3 w erd; feil pinab
unb ber ©lutbruef in ber Earctiö flieg immer fepr bebeutenb, 3 uweilen um 150 35t. 9Jt.
Hg. empor.
Snbem 33e 30 Ib biefe Erfcpeinungen 3 ergliebert unb mit einigen anberen am ©lut*
ftrom beobad;teten sufammenpalt, weiß er eö fepr waprfcpeinlid) 3 U maepen, baß ber ©runb
berfelben in einer Anregung beö H^cnS liege, welcpe bcmfetben burep bie tont SRücfen*
mar! perfommenben Werten 3 U Speil werbe; ipre automatifepen Erregungen werben, fo
meint er, burep bie Surcpfepneibung beö Halömarfeö entfernt unb burep dicigimg beö lefc*
teren werben bie fpinalen H er 3 nerl?cn in gtoßere Erlegung bevfeßt.
©ebor wir unö mit biefer 9lnttapme einoerftanben erflären tonnten, pielten wir eö
für geratpen, birecte ©erfuepe an 3 uftellen; bapiit 3 äpltcn wir
1. baß wir ben 3uftanb beö H er 3 en ^ toie er am vergifteten Spiere wäprenb ber
Siebung beö bureptrennten Halömarfeö beftept, mit bemjenigen vergleichen, weld;er eintritt,
wenn man burep einen borübergepenben ©erjepluß ber aorta thoracica ben ©Mberftanb
ber arteriellen ©lutftromung in wirtfamer 3Seife erpopt, wäprenb man gugleicp burep einen
einmaligen Srucf auf bie 8 ebergegenb bie veua cava inferior gegen baö H^ pin ent¬
leert. ©3ir fanben, baß eö in beiben gälten (bei ber Oie^ung beö Halömarfeö unb ber
S^eugung träftiger ©Mberftänbe) 3 U gang bemfelben SRcfultate fommt.. Saö linte H ^3
füllt fid; bebeutenb an, fo baß fein ©orpof ftropenb emperfteigt unb fup bie Üängöfiird'e
ber Kammern Beträchtlich naep red;tö oerfdnebt, unb baß wäprenb ber Spftole feine fepr
mertlicpe Entleerung beö linfen H^ r 3 onö ftattfinbe; sugletd; fteigt in beiben gäHen ber
Srudt in ber Earotiö annäpetnb gleicp poep. — Siefe Uebereinftimmung würbe eö er*
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319
lauten, bie geigen ber Kücfenmarfßreigung in einer bebeutenben Grbcbung beß ©iber*
ftanbeß im arteriellen Strem gu finbeft, wenn eß
2 . gelang, nad> 3 erftcrung fämmtlid;er finaler unb cerebraler £>ergnerven burd?
Setaniftren beß Kücfenntarfeß auch bie früher beebaebteten Grfcheinungen mieber gu er*
geugen. Kacfebem mir burd) sorgfältige ^räparation ber £)ergnerven beß Äaninchenß und
mit ber Anatomie berfelben vertraut gemacht batten, vergifteten mir Jbiere mit Gurare,
burepf Quitten unb reiften baß Oiücfenmar! unb beebaebteten 3 abl unb 2 lrt ber £>ergbeme*
gungen unb beftimmten gugleid? ben 23lutbrucf. Darauf gerfterten mir an bemfefben Jbiere
galvancfauftifch fammtlicbc rarai cardlaci, fe baß bie nad) eben emporbringenben 55enen
unb Arterien ringsum frei lagen. Darauf reiften mir baß Kücfenmarf von feuern unb
fanben nun alle Grfcheinungen genau fe, mie mir fie vor ber 3erfterung ber «£>ergäfte
gefeiten Ratten. Da mir nur felcbe gälle als brauchbar anfaben, bei benen bie nachfcl*
genbe fergfdltige 3 erglieberung eine vcllfommene 3 crftcruitg ber .frergäfte bartbat, fo bal*
ten mir unß für berechtigt, gu behaupten, baß bie ven 93 e 3 c 11 > beobachteten Gtfcheinun*
gen unabhängig ftnb von ben Kernen, bie auß ber Gcrcbrcfpiitalajre gum feigen geben.
— £iettach lag bie Mitnahme nabe, baß in geige eineö geftetgerten ©iberftanbeß im
33lutftrcm baß linfe &crg ftd; füllte, baß bie geflaute 33lutmaffe einen Keig auf baßfelhe
übte, unb baß bie unter bem beben Drucf gefüllten 3t rangart erien bem 5 >er 3 eine erbebte
SReigbarfeit ertbeilten. Diefe Unterredung barf man alß enviefen annehmen, menn eß ge*
jingt, bie ©iberftanbßurfad)e aufgubeefen. 3u biefem Gnbe unterfud?ten mir
3. ben 3uftanb ber Heineren Arterien, mäbrenb baß Jbier vergiftet unb fein burd)*
jehnitteneß Siüd'enmar! gereift mürbe. Sc oft mir bie fleinen Arterien ber Unterleibßein»
gemeibe, ber 93aud?* unb SchenfelT;aut bloßlegten, fanben mir, bag in bem SNaße, in
meinem ber Drucf in ber art. carotis unb bie güdung im £ergen ftieg, ftch auch bie
fleinen 3 lrterien aller Crten biß 3 um 3Serfd;minben ihrer £id)tung verengerten.
Da nun auch bie Urfache eineß ©iberftanbeß aufgefceeft ift, ber 3 um minbeften bem
SSerfdjluß ber aorta thoracica gleichfommt, fe flehen mir nicht mehr an, bie von 33 e*
gelb mit fo viel Sorgfalt beobachteten GrfMeinungen in erfter 2 inie auf eine Stauung
beö arteriellen 33lutftromeß gurüefgufübren unb bie ant bergen felbft auftretenben Vorgänge
alß eine golge berfelben angufehen.
£err Sofeph Fopper legte eine mathematische 3lbbanblung vor, betitelt: „©eonte-
trifche DarfteUung ber unenblichen Cpetationen".
3 n biefem äluffafee mirb vor 3ldem eine allgemeine gormel mitgetheilt, bie bagu
bient, jebe beliebige guncticn in ein unenblicbeß $l)robuct 3 U vermanbeln, alfo ber Saplor-
fchen gormel im Gebiete ber 3Reil;en ccrrefponbirt. hierauf mirb eine geometrifche Dar-
fiedung ber unenblichen Oiei^en gegeben, unb baß erfte fid; barbietenbe Problem, näm¬
lich: bie Gntfd;eibung über Gonvergeng ober Divergeng jeber beliebigen SRei(;e burch ein
atlgemeineß Gcnvergengfriterium gelößt; ber Sllgcritbmuß, ber bei bemfelben 3 U befolgen
ift, !ann gang elementar burchgefülnl merben ober auch mit £>ülfe ber Differentialrech¬
nung; eß ftnb l;icgu bloß gmei Differentiationen nethmenbig unb bie gmeite giebt gugleich
an, melche Äategorie bet Divergeng bie betreffenbe 9teil;e aufmeißt. hiebei mirb ber 93e-
griff ber l;atmonifchen Divergeng unb Gonvergeng aUßeinanbergefept. 3unt Schluß menbet
ber SSerfaffer baß Gonvergengfriterium bagu an, um burd) gmeintaligeß Differentiren gu
entfeheiben, ob jebeß vorgelegte beftimmte Sntcgral einen ettblichen ober unenblidjen ©erll;
habe unb auefy auf biefem ©ege b.e ©ertl;e ber Parameter gu erforfchen, melche ein be*
fonbereß Sntegral enblich ober unenblid? geftalten.
©irb einer Gommiffion gugemiefen.
&err Dr. Steinbacpner, Slffiftent am f. f. goologifchen SDcufeum, legt eine 3lb-
hanblung vor, betitelt: ff 3chthpologifche Kotigen". Die bafelbft neu betriebenen Slrten
flnb folgenbe:
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1. Centropomus affinis nov. spec. gunbort: 33rttif^*©uiana.
Spina analis secunda altitudinem corporis longitudine superans et multo
longior et fortior quam spina tertia pinnae analis: squamse in linea laterali (abs-
que illis in piuna caudali) circ. 47—50; squanne inter lineam mediam ventris
et spinam primam pinrne dorsalis antenoris 17—18.
2. Heterognathodon Petersii nov. spec. gunbort: 3an$ebar.
Longitudo totalis ad illam capitis = 4 1 3 : 1; altitudo corporis' V/ 6 c. lon-
gitudinis totalis; oculi diameter Vs longitudinis capitis adieqtians; lobus Supe¬
rior pinrne caudalis profunde excisae in lilum productus; fascia fusca obsoleta
lougitudinalis inter oculi marginem posteriorem et basin pinnae caudalis.
3. Pejnpheris Schomburgkii Müll. Trosch. gunbort (5uba.
Longitudo totalis ad illam capitis = 4:1; altitudo corporis ad longitudi-
nem totalem = 3:1; squamse in linea laterali absque illis in pinna caudali
circ. 57, postice valde denticulatae.
4. Platyglossus (Leptojulis) dubius n. sp. gunbort: 3an$cbar.
Spiuae dorsales et anales appendicibus filiformibus instructa», oculi dia¬
meter Vs capitis longitudinis adaequans; longitudo pinnie ventralis V 5 longi¬
tudinis totalis adsequans. D. 9 12 A. a / 12 L. 1. 29. Lin. transv. */Vu.
5. Mugil Güntheri nov. spec. gunbort: 33ritijl)*©uiana.
Altitudo corporis longitudinem capitis adajquans; oculi cute adiposa max.
ex parte obtecti diameter y, 5 capitis longitudinis; in squaime in linea laterali
absque illis pinna caudali 46—47.
6. Pimelodus altipinnis nov. sp. gunbort: 23riti|>@uiana.
Caput valde depressum 3i/ 2 in longitudine corporis absque pinna caudali;
oculi diameter 4 1 / 5 in longitudine capitis. Pinna dorsalis priina et pinna cauda¬
lis valde elongatae; pinna? adiposa? longitudo 2 1 4 in longitudine corporis abs¬
que pinna caudali; pinna ventralis apice basin pinna? analis attingens.
7. Corvina biloba Cuv. Val.
gehört in baß @efd;ted)t Pachypops Gill unb brei jarte Sinnbarteln.
SÖirb einer (Sommijfton gugenriefcn.
2)ie (klaffe beftimmt folgenbe Slbbanbtungen $ur Stufnabme in ihre ©ifcungß*
beriete:
• a. „Ueber ben 3ujainmenbang beß SKagnetißmuß mit ben Cßciüationen beß Satte»
rieftrcmeß", non £erm S. $!'. Änocbenbauer in Meiningen. (Borgelegt in ber ©ifcung
nom 19. s Jloncmber 1863.)
b. w 2(uffteUung einer neuen ^enbelformcl mit ^Darlegung einer 9)iethobe, auß ber
2änge beß ©ecunbenpenbelß in nerfcbi ebenen Breiten bie glich traft unb bie gorm unb
@roßc ber @rbe $u bcftinunen“, non £errn gr. 11 nferbinger. (Borgelegt in ber
©ifcung nom 17. 2)ecember 1863.)
c. w ?)t)n]iclogifcb^emiicbe Unterjuchungen über ben (Sinflnf; beß ©Iauberfal$c0 auf
einige gactcren beß ©tofftrecbjelß w , non £>errn $)rof. 2)r. ©. ©eegen. (Bergelegt in
ber ©ifcung nem 4. gebruar 1864.)
(Berichtigung.) 3n bem Slrtifel über baß „Belgijd;e Äunftbubget für 1864“
unferer norigen Stummer folt eß in ber erften 3eile heij^en „Aichig“ nicht „Veibnifc“.
•ermitnjortildfer Vetarteur 9r« Cropolk Sdpne^cr. ürmheret ber k. Wiener Leitung.
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Sncbrtrf) § c b b e l.
i.
R. Z. ©ie SBunbe ift noch frifd», welche bcr Job gr. £ebbclä feiner gamilie,
feinen greunben, ber Litteratur feineä 23 elf eö gefchlagcn I;at. ©eine geiftige Ära ft,
ungebrochen bunt) ^wftfdjcä Selben, febien eben erft auf ihrem ^ötiepunft äuge«
langt ju fein, als bad ©rab ihn hinwegrijj. (Sr gehörte nidj)t 3U Seneit, welchen
ald Lieblingen bet ©otter bie Natur ihren Lebensweg leicht gemacht; ihre ebetfte
©abe, baä Nlafi, h fl l ex ih r - <»18 geidtjätje es wiber ihren Söitlen, mit jäher 'öluß-
bauer abgerungen. SBie ber Stamm, bem er entiprojj, feine fruchtbaren Ncarfd;en
bem eiferfüd)tigen Nleere bitrd; hcijje Arbeit unb mächtige Kamine abgewinnt, fo
war eä ihm nicht gegeben, bie reife grucht ber $>ecfie wiberftaubäloä unb wie im
Staunte mit fixerer $anb »om Saume ju pflüefen; er follte erft nach manchen
föhnen Fehlgriffen unb marfoevjebrenber Llnftrengung fehen gegen baä (Snbe beS
©afeinä bem golbeiteit 2lpfel fid> nähern.
^ebbelS ©ebnrt, ben 18. Niürj 1813 >, fällt in baä beutfdje Sefreimtgsjahr.
©en üielleicht noch immer nicht lebten Äampf um bie Befreiung feiner nächften
Lanbäleute, ber Sd;leäwig=£)o(fteineT, erlebte er nicht mehr; er ftarb am 13. ©e*
cember 1863. Sein ©eburtäort SBeffelburen, ein Stäbtchen im norbweftlichen
^elftem, gehört jum Lanbftridbe ber ©ithmarien, bie ihre uralte Sauernfreiheit im
Norben, wie bie Schwerer Wirten im Süben, big auf bie neuere Beit (1559) be»
wahrten unb gegen bie „fchwarje ©arbe" ber ©änenföttige nicht minber mannhaft
wie biefe gegen bie Nitter unb ©bien ber graften ren Defterreid) ftritten. Seine
©item waren Lanbleute; feine (Srjiehung war bie bflrftigfte. ©ie Sibel blieb lange
3eit hinburch baä einzige Such, baä er fannte; fpäter tarnen bie Solfebücher non
ber h- ©enofeoa, nom gehörnten Siegfrieb hinju, beren ©eftalten, wie er im
Prolog ju feinen Nibelungen fagt, ihn non ba auä bmd;ä Leben begleitet haben,
©ie Lectüre non ©oethe’ä „Sauft", non bem cä in SBeffelburen nur ein cinjigeä
©rem^lar in ber 33üd)criamntlung beö fPaftorä gab, ertaufte er für eine Nacht ba=
burdh, baff er fid) herbeilieh, einen Sefannten in baä Jpauä feiner ©eliebten ju
begleiten, welcheä biefer allein nicht ju betreten wagte, Sümjclut 3nl;re alt warb
er Schreiber beim Äiröhfpieloogt feiner £>eimat, wo bie gührung ber ©ebratä* unb
1 9!ad? 5lnbereit 1815, bodj ffteint obige Eingabe bie richtige. $3ergi. ben reid’fyaltigen 9lr*
tifel „Hebbel" in SÖurjbacbö „£eftfrr. biogr. VIII., 164, too auch Ciulleu imb Ur*
tfyeile für unb über beo 52>ic^)terö £eben unb SSerfe $u;ammengefteUt finb. hoffentlich werben bie
^cTautfgeber feineö litterari^cu Diaddaffee ee an einer autbentifdjeu Ccbeuoffi^e nid^t fehlen laffeit T
©PCbcnförift. 1864. ©anb HL 21
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322
©terbcregifter fammt ber Sobtenfdjau fiebert Sah« fang bcn 33etuf beS fünftigen
tragifdjen ©id;ter 8 au§mad;te. Gin paar ©ebidfite, bie er ber befannten Sugenb«
fchriftftellerin Amalie ©cfwppe geb. SSeife für ihre „fOiobejeitung" einfanbte, machten
biefe aufmerlfam auf ben poetifdjcn AmtSfdweiber. ©ie (ub il;n ein, nach Hamburg
31 t fommeit, l»o er, fcfwit 22 5 af>re alt, unter bem ©bbuf}e freunblieber ©enner
unter welchen SarnbagcnS ©diwefter, bic ©id;teriu 9tofa SJiaria, grau beS
©r Affittg itnb Ghamiffe’S, Seuque'S unb Anbeter Sugenbfreunbin obenanftaitb
feine AuSbilbmtg begann. Stad) wenigen Sauren war er fo Weit, baff er bie Jg>ccf)=
fdjule begießen formte, ^rterft itt £cibelberg, bann in 9)tünd;en. Gr ftubirte ©e=
fd)id)te, beutfcfjc Sitteratur, in SDiümfjen rcnie^mltd; ^Mjilofopfyie unter ©djelling.
58on feinem Aufenthalt in biefer „finftern ©tabt" enthält baS ©ebicf)t „©eburtS*
tag auf ber Steife" Stadiflänge, welche beweifen, baff in bem „Keinen .fbaufe", baS
if>it bort beherbergte, fpätere ©idjtertbaten reiften. 3 m „ÄßitigSgarten", wo er nad)
feiner bis iitS Alter bewahrten Gewohnheit bidjtenb umhcrjufdjweifen pflegte, geigte
fi<h ihm „wie ihm Sraume" bie Snbith; unter einem Sannenbaunre fah et ben
„Srfdhlerfehn" (and ber SJtaria SJtagbalena, beren 3bee ein üßorfall in bem ton
ihm bewohnten £>aufe gab), ©enofeoa’S au 8 ber Äittbheit h f rübertäd;elnbe ©eftalt
winfte ihm leife mit ber -£>anb, unb ben „©iarnant" fanb er „in beet S'ieibevS
Greife", ©ennocl) fam eS barnalS noch nidht gur Ausführung biefer bramatifchen
Gntwürfe. Stur einige nooelliftifche 'Arbeiten, bic G^äljlung „Anna" (1836), welche
im „SJtor genblatt" erfd;ieu bie „Stad;t im Sägerhaufe", „©er ©duteibermcifter
Schämt Stepomuf ©djlögcl auf bet greubeujagb", „*})aul 8 merfwürbigfte Stacht"
unb ber St 0 man „©dhnoef" in feiner urfprünglid)en ©eftalt fallen in bie ff'eriobe
feines ^eibelberger unb SJtündnter ©tubentenlebenS. 5Rad;bent er an legerem Orte
©octor bet 9>h»l«W e geworben, lehrte er (1841) nad) Hamburg jurücf. .Spier,
in Solge einer SBette unb tom fünften Acte auS begonnen, bem bie tier anberen
hingugebidf)tet würben, entftgnb noch üt bcmfclben Sabre binnen 14 Sagen bie
„Subith".
©ie war bie erfte Gruption eines unterirbifd;en §euerl)erb 8 , beffett geheime
3 uflüffe mit beit weitterbreiteten Urfachcn jufammenbhtgcn, welche unter ben güfsen
ber lebenben ©eneration eine erneuerte Grberfd;ütterung ^erbeiguführen fid) anfd;icf=
ten. ApebbelS Gntwicflung fiel in bie retofutionäre 9>eriobe ber neueren beutfd;en
gitteratur, Weld;e ber Suliretolution nachfolgte unb ber gebruaruntwätyuug vorher«
ging, ©er Äampf ber Stomantifer unb Glaffifer im neuen bourbonifdhen granf«
reich, bie fodhenbe ©ähmng, weld;e bie Süitgcr 33prottS unb ©hcllep’ 8 , fo wie ber
©aint=©imoniften, bie Bieter ^ngo, bie ©anb in bie ©emüther warfen, rief bies=
feitS bt’S 9iheinS ein jungeS ©eutfcblanb hertor, baS mit bem alten im Surttrocf
unb chriftlidh=germanifd;en Apembfragen nid;tS mehr gemein haben modhte. ©ie fic«
bcrl;afte Aufregung ber frangöfifd^en Station befdhwichtigte fein ©pnafticwedcfel fein
befheibeneS SJieljr an politifd;er Freiheit. ©aS fantaftifdie Sbcal ber jungen beutfebeu
©eifterwelt fd'cf; über bie SSieberherftcllung alter beutfdjer Apcrrlid'feit im Äaiter=
thum ffcptifd) fpottenb hinaus. Sticht bie Gnteueruitg eines beftanbeneit, ber Steubau
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be 8 gefatnmten gefeöigcn BuftanbeS ber SJienfchheit war ba 8 Biel, ba 8 ben Berebten
33orfämpfem bieöfeitö unb i'enfcits bet Dlbeingrenje uorfchwebfe. ©ine neue Dteti*
gion, eine neue Söiffenftftaft unb Äunft, eine neue ©eiellfcfjaft, grunbtet)Rieben non
bet altett, feilte juerft erfunbett unb bann auf ben Stummem bet früheren in 8
Sehen eingeführt werben. Ser Saint=Simeni3mu3 in fuanfreid;, baS Junghegcl*
t^um in Scutfchlanb würben bie ©oattgelicit ber Beit. Sie feciale «rage warb wie
ein feuriges 9)ieteer au 8 bent Ärater ber Julireoolution plöjdich am Igelten Sage
in ben Schoofj ©utopa'S gq’djleubert.
Sie junge Schule im Slflgemcitteit hatte junächft fein anbereS ©cfejt, als een
Stillem, wa 8 bie alte getban eher 31 t thun gefefuenen hatte, baS Olegentheil ;u thun.
.patte jene SScrfelmung geprebigt, fe eerfünbete fie Bwicfpalt; hatte bie alte gebun*
ben, fe brdngte bie neue gut Stuflöfuug; hatte jene im Verbieten ihre Stärfe ge*
jucht, fatib fie biefe im (Mauten. Sem ©ewiffens* unb Settfgwang fefde fie
fchranfcnlofe Diebe* unb Srucffreibeit, wahrer eher erheuchelter ftirddichfeit titanifd>en
Unglauben, ängftlidu’t Scheu rer bent Städten wilb fprubelttbe Sinnlichfeit ent*
gegen. Ste allgemeine Grmaitcipation feilte ttidjt blofj bent ©cifte, fenbern and) bem
Sleifbhe jugutefemmen.
Sie Sitteratur, giterft baS Sieb, bann ber Dictttan, julept baS Srama, warb
baS Spradgrehr biefeS auffdtäumenben Sturmes, ber Sälen, baS 33citbeit, gulejjt
bie Sdjaubüfme fein ©che. ©leichjcitig mit bem Unifcbwung, ber an bie Stelle
einer ibealiftifchen s J)l)ilefepf)ie bie ©rfahrungswiffenid)aften, an bie Stelle einer rige*
iftifchen Sitten* unb 9ied;t3* eine cubäntoniftijche ©efcllidjaftSlehre fepte, heb auch
bie Sichtung ftatt ber geiftigen bie Slaturfeite beS 9)ienfd;en fH'n'or, ging rott ber
rerfchenembett 31 t bcr grell fd)ilbentben SJianier ber Sarfteflung über. Sie Situa*
tien bet Stürmer unb Srättger beS rorigen JahrbunbertS wiebevhrlte ficb, nur bah
bie bamalS grimmig befämpften granjofett jefd auch in Scutfd)laub ben Steigen
führten. Jn bet poetijehen Sßelt, in ber Schciuwett ber Sßretter würben bie geffeln
jerriffen, weld;e bie jungen ©rbeitföhitc ficft rermafjett, bereinft in ber wirflichen ju
Bremen. Ser reroltirenbe ©ereilt fdntf ficb reroltirenbe dornten: wie in ben 3eiten
ber Seffing, Seiiewiü, Älinger, Seng, ber Jugeitbbrattten öoetlje’S unb Schillers nahm
bie ungebunbene Dtebe im Schaufpiel wieber ben jpiaft ber gebunbenen ein; wie
Seffing einft gegen bie hanbmcrfSmäfügcn Siachabnter ber Smngofcn, fo tobten bie
Jungen gegen bie tragifchen Jambenfchmiebe, ben ©chafjteften non Sillen, „bie
Sattb* unb Älippeninfel Dtaupach".
Sluf ben Sramaturgen Seffing, welker bie 9Nittclmäf$igfcit b a Ü^ e , waren bie
jungen ©twi-führer gurüefgegattgen; ben Sramatifer Seffing, wcldjer baS mittlere
SERaf; empfahl, nahmm nur wenige ftef) jum SJtuftcr Sie reoolutionären Sramen*
bichter junger Schule, bie ©rabbe, .pebbel, ©eorg 33üdmer u. 91., oett gerechtem
Bunte gegen ba 8 SScittelmäfjige, rott welchem bie 33üfnte unb ba 8 publicum Be*
herrfdjt würbe, üBermaitttt, juchten Sd)u^ bagegen im SRafjlcjett. 9luS Sßiberwillen
gegm blofe äußerliche gomtooUenbung griffen fie jum Unförmlichen; ber Uebcrbtuß
am ju oft ©ehörten trieb fie jurn Unerhörten; bie Slbgefchmacftheit beS ©ewöhn*
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324
lid)m führte fic gitnt ©efucbten ©er fafg* unb fraftlofen ©runbfupbe ber©ramen
ber ©eftaurationögeit festen fie berb überpfefferte Äcft, ben wie nach ber ©ebnut
gugefebnittenen gigurcit, alltäglichen SSer^ältniffert unb uniformirten Süfjnenpfyrafm
abionberlicbe ©cftalten, pifante ©ituationen, ftarf gewürgte 9iebenS= unb ©entarten
entgegen, ©ie überholen feie ©atur, um nicht wie Sene hinter berfelben gurücfgu«
bleiben; um nicht Kein gu fein, würben fie ungeheuerlich; um nicht inö glacbe unb
glatte gu verfallen, ritten fie lieber wie irtenbe ©itter auf brnmatiidfe ©iefett= unb
Si>inbmüt?fcitfämpfe au§.
©tan ift c§ fd;on gewohnt, fagt Smmermaitn von ©rabbe, biefem bramatifdjen
näcfften ©eifteöverwanbien $ebbelö, bafj bie beutfeben ©ichter unmäfjig ober über»
mäfjig anfangen. 23er nid)t gu viel fiat, fagt Hebbel felbft in einer feiner ©nomen,
t>at alö ©idder nicht genug, ©ie ©länget ber gorm, fährt Senet fort, werben in
ihren ©rftlingen überbeeft von bem gäfjrenben fo^enben ©ebalt, bet feine ©teile
unter bett gormationen ber bewohnten Seit erft fud;t. ^ebbel vergleid;t irgenbwo
bie Äunftregel ber Äette, bie granflin erfunben: „fie beidn’tfe baä £au§, aber fie
verfd;lucfe auch beu 23lip". ©egen ba§ ©baoö, tttelrfjcS in ©rabbe’8 Grftlingöwerf,
„©rieb pon ©ett;Ianb", über ©Geburten brütet, verfrf;winbcn itaef) 3mmermann8
Sliiöbrud alle ©jrceffe ber „©äuber". ©ie ©baraftere ber ^ebbel’fb^en „3ubitb" bat
©Knefwif puppenfemöbienhattc Äarrifaturen, gemein, ecfelbaft unb wiberwärtig ge*
nannt. 23fi jenem, meint 3wmennaun, tonnte man fid; verfugt füllen, auf bie
SSerntutbung gu fommeu, ber ©übter fei von ben fjhobucten ber frangofifeben 9to=
mantifer angeregt worben, wie Sied: nach ber Seetüre bee „©ctblanb“ auf ben
©influfj ber „blutigen Jugenbarbeit ©I;afefpcare'ö", beö „Situä 2litbronicu8", ge»
ratben bat. ©ine revolutionäre ©runbftimmung, bie in ber ©oefie wie im Seben
Slßeä auf bie ©pijjc füllt, finbet Snimermnnn au8 ©rabbe’8 Anfängen hervor*
leuchten. ©ie .fuitifer 4?ebbe(8, wie ©ottfdiatt, haben ibn einen „fittlicben ©evo*
lutionär" genannt unb feinen ©iftlingöarbeiten, ber „3ubitb", ber „©taria ©tag=
balena", ber „3ulia" „moralifd;en 3acobini8mu§" vorgeworfen. Sejdereö fidler mit
Unrecht. Senn ber ©ichter gegen eine wiberftttlidie ©itte feine Bontftimme erbebt,
fo beteibigt er nicht, fonbent vertl;eibigt bie ©ittlid;feit. Semt er gegen bie auf
äufjere ©onvention gegrünbete ©dbeinebe nach bem Sluöbrucf ©ottfcballä „bialcf=
tijd)e S5wenta{jen Ä febrt, fo tfut er bieö im Sntereffe ber Wahren, auf freier inne=
rer unb äuferer Eingebung berubenben fittlicben Gbe, von ber jene nur baö Slfter*
bilb ift. ganatifd; gegen bie ©itte, ift er bod; eben ein ganatifer ber ©ittlicbfeit
unb er bat eher ba§ Sabre getroffen, wenn er in einem feiner ©pigramme, baö
„©elbftfritit" überjebrieben ift, von feinen ©ramon fagt, fie feien „gu mornlifcb".
©ie ©ciguitg gu ©rtreincn bat er mit ©rabbe gemein, unb auf fie haben
febon 2(nbcre vorher, namentlich Sf;eobor ©iunbt unb ©ettfefjaü, Sejjterer in au§=
fübrlidfer, meift treffenber parallele, Seiber Serwanbtfcbaft begrünbet. ©ut bat bie
ernfte Anlage beö bebädjtigen ©itbrnarfenftammeö, bie eljrenfefte ^äuölicfjFeit, au8
welcher ber ©id;ter entiprang, unb baö tiefgreifenbe ©tubium ber ^^itcfcptiio feiner
3eit, welches bie Duette jene? „gu ©toralifeben" geworben ift, gr. ^ebbel bewahrt,
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bie frühe gügellofe ©ntfaltung einer norbifch recfenhaften ^antafte au§ ber ©i<h*
htng in8 äufere Sehen gu übertragen nnb baran phpfiich unb geiftig wie ©ft, ©rabbe
gu ©rttnbe gu geben. ©rabbe’S, beS Ungefcfmlten, moralifch SBerwahrloftcn ©ich*
hmgen bringen bis an fein BorgeitigeS ©ttbe ber SBilberfülle gunt £ro|3, bocb nur
ben ©inbrucf Bon 3 erfbreuten ©enieblihen untevbrocbener Sturmnächte h erD M\
JpebbelS, beS nicht minbet rei(b SBegabten, aber raftloS Qlrbeitenben, anfänglich wilb
burcheinanber gefd^üttette Schöpfungen Hären fid) int weiteren Fortgänge beS 2Bir*
fenS gu immer berieten unb burchfidjtiger gegtiebcrten Äunftgangen auf; feine nr=
fprünglidfe Sigarrerie erfcbeint gulefd nur mehr als unrerwifcbbare ©igenthümlich*
feit eines im ©enfen unb ©id;ten originell gefärbten ©eniuS.
Snnerhalb biefer ©ememfamfeit war aber ©rabbe gunt ©pifer, St- <!pebbel
Bon Natur gunt ©ramatifer geraffen. Setter befa& nad; SmmermannS SBorten
eine unenbliche ©jrpanfiottSfähigfeit, aber nicht eben fo [übereile ©nergie; Don
Jpebbel läfft ficb behaupten, bafj bei geringerem Umfange feines Stoffgebietes bie
3ntenfität ber SBehanblung befto größer gewefen fei. ©rabbe wählte mit SScrltebe
grofje, weitläufige Vorgänge in ber SRenibenwelt, in beneit ber ©ingelne in ben
Niaffen auSlöfcht, am liebften Schlachten, bie faft in allen feinen SSerfen Borfom*
men; ber Sänbere griff erft in feinet lebten an bie Deffentlicbfeit getretenen ©ich*
tung nadh einer breiten ^Begebenheit als 2bema ber ©arftelfung, nicht ohne auch m
ben Nibelungen bie Siaffe Bielmehr Bor Sitter Slugen auS bem ©ingclnen fich h er *
auSgeftalten, als nach ©rabbe’S SJlrt ben ©ingelnen in ber Nienge untergehen gu
taffen, ©em ©id^ter beS „^annibal" unb „Napoleon" ging, Wenn man bem fd)ar*
fen 33licfe feines ©ramaturgen trauen barf, fo halb eS an baS energifche Silben
fam, ber Slthem auS; ber ftarfe .fjaud; beS Segdercu wufste aud; feinen abnormften
©eftalten fd^einBar täufchenbeS Sehen eingubtafen. ©aS fertige unb ©eworbene,
fagt 3ntmerman treffenb, war ©rabbe'S ©omaine; SBerben unb 2öad;fen fonnte er
nicht gefehlten. Bunt SBefchreiber, gunt Schiiberer, gunt ©rgäf)ler war er beftimmt;
bie Schlachten feines „Napoleon" finb Bon „wunberbarer Originalität". ©inen
„SBlieber ber Spoefie" nennen ihn bie Niemorabilien, aber eben bie Sdjlacht ift
eigentlich „epifcher Natur". Sn ber Schlacht fämpfen Niaffen; ber ©ramatifer löst
fie in fed^tenbe ^jelbenpaare auf. Selbft baS einige Sd;(ad;tenbilb in feinen fämmt*
liehen SBerfen, ben Äampf ber Hunnen unb Surgunber, hat .fpebbcl hinter bie
Scene nerlegt, Bon obigen Neigungen ©rabbe'S geigt er faft bttrcf ntS baS ©egen*
theil. Sh« läßt baS fertige unb ©eworbene falt; baS Sterben unb SJachfen ift
feine ©omaine. Nicht bie 2tufeinanberfolge beS Späteren auf baS frühere, baS
geitliche, bie SluSeinanberfolge beS Serurfacften aus bem Serurfadtenben, baS cau*
fale Serhältnifj ber Segebniffe gieht ihn an, ber nämliche Äernpunft, in welchem
nach Schillers claffifchem SJBort bie wahre ©renge gwifchen epifcher unb bramatifcher
©arftetlung gelegen ift. ©ie erflärenbe Äunft ber ÜNotirivung, bie attS ber Üiefe
fteigt, nicht bie berichtenbe ber ©rgäbluug unb Sefd)retbung, bie in bie Sange unb
SBreite geht, geichnet JpebbclS Segabung auS, unb baS Sewufttfein ber feltenen
SSirtuofität, bie ihm in biefer wie ©rabbe in ber f<hilbemben Nietung eigen war,
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326
Bertocfte, ber reoolutionäreit ©runbftimmung ihrer ^)^onta[ie cntfpred)enb, biefen
nur gu häufig, auf weltgeid;ichtliche, jenen, auf pipchologifdje fflbenteucr auSgugeheit.
Sie ©eele eine« gefül;luollett unb gugleidj fchanihaften 2BeibeS, weites bem
Beinbe feineö 93aterlanbeS, um if;it gu niorben, feine leeiblid;e Gbre hingiebt, bietet
ein pfnd)oIegifd;eS 9iätf)jel. 2Ber Ineritt weiter nid;tS fetten wollte, als einen flieh*
tenconflict, in weld;etn bie Ä’eufcbtieit als niebere, ber 23aterlanbSliebe alö böberet
gum Dpfer gebrad;t wirb, eerrietfie wenig Äenntitifj bcS weiblichen .'perjeuö. ©o
eben unb glatt, wie ber bereebneube fWobabilift, lö«t baS fturmbewegte ©eniütb
eines ^eroifdten unb tugenbljaften, aber echten SBeibeS baS Problem niefit auf. 23er
ber gigantifeben ©röße beffen, ben fie bafjt unb gu tobten inS Säger getummelt ift,
beugt fid; ber weiblichen 9iaturbc|’tiinmtf)eit gemäß ihr eigener ©eift wiber SBillen,
unb ihr SnnereS entbrennt in unwilliger Siebe gu il;m. SBeitn fie fid; ifjm jeßt
ergiebt, timt fie eS nicht mehr wie bem Hobfeiub, um ihn fo fixerer gu Berberben,
fonbent wie bem ©eliebten, bem ©ebieter, . bem Scanne ihrer SBaßl auS freien
©tücfen als gefiorfame mitevt^änige Siagb. Äautn ift bie Eingabe erfolgt, fo er*
wacht fie wie auS bem SRatifd;. 3war ift nichts anbereS gefcheljen, als waS fie er*
bad;t unb gewollt bat, aber eS ift anbcvS gefcbebcit, als fie bac^tc unb wollte. 9iid)t
rne^r auS fatter Ucberlegung als Siittel 311 m löblichen 3wecf bat fie ihre ©h re
üerfchenft; auS weiblidher ©d)wäd;e, auS Siebe für ben Siamt, ben fie Raffen ioH,
ift fie gefallen. Sicht mehr bie $od;ter beS jübifeben 23ol!eS gegen ben Belbherrn
SlffprienS, baS SBeib empört fid; in ihr gegen bie SBeibeSnatur, unb inbem fie bem
triumpf)irenben 3eugen ihrer Sieberlage baS epaupt abfchlagt, rächt fie nicht mehr
ihr 23olf, räd)t fie fid), ihre ©h re , räd;t fie baS SBeib an bem Scanne. Ser lieber*
Winber ift wohl tobt, aber bie Ueberwinbung bleibt; mit bem Scanne ihrer Siebe
3 ugleid; ihre Siebe gu bem Slanne 3 U erfd)lagen ift fie aufjer ©tanbe. Ser ©ewinn
ihres befreiten SBolfeS ift ihr SBerluft; feine §reube ift ihre Srauer unb bie 23e=
wunberung Wie ben Sanf ihrer SanbSleute für biefe SEiat ftößt fie oeiachtungS»
Boll »on ficf), beim für biefe ©chaar Bon Schwächlingen I^t fie ben cpelbeit, für
biefe ©tamrneS* unb fBlutSoerwanbten ben Siamt ihrer ©eele nicht geopfert. Bür
biefe tiefinnerfte SBunbe reid;t feine äußerliche Teilung auS; bie Slbfolution ber
Slelteften il;reS 23olfeS, welche fie feierlich Bon ber 23erleßung ber Söitwenfeufchheit
loSiprechen, faitn fie bod; nicht Bon bem SBorwurf ber inneren ©ünbbaftigfeit be=
freien, bafj fie, baS freie, mit feiner ©unft nach SBiIIfür oerfügenbe SBeib Bon ihrer
Roheit abgefallen, Born Saturgug überrafcht, ber ©efd;lechtSbeftimmtheit erlegen fei.
SaS unfelige ©d)idfal beS SBeibeS befteht barin, ben eS am meiften liebt, aud) am
meiften fwffeu, weil in ihm fid), felbft, feine eigene ^erfönlidjfeit aufgeben itnb fich
Bon ihm als ©ad;p gebrauchen taffen gu muffen.
SaS feciale Problem, bie OiepolutionSftintmuug, aber aud) bie felbftgerftörenbe
Sialeftif ber ^h'l°! c Vhi e ber Seit fpiegelt fich fl l' in bem 23ilbe. SBer an bie
■spebbel’fche „Jubith“ ben Siafiftab eiiteS ^iftoiifcficu SrauerfpielS legt, fiitbet feine
Segnung nicht; bie ebräiidjen 23olfSfcenen, bie man in biefer Söegieljung herBorgu*
heben pflegt, finb nicht mehr als Sebenwerf. Siefe fatnf=fimoniftifd)e apelbin ^at
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327
gerabe fo öiel ober fo Wenig 9lebnlid;feit mit ber frönen SSittwe beS SJtanaffe
afö beg Sidtterg junghegclifd) blagphemirenber £olofem mit bem Selbhauptmann
bcö Stebufabnegar. Sie oerwtcfelte Seelempfinbung bcS gugleidj fyaffeitbcn unb an»
betenben SSeibeg pricfelt bc§ Sicbterg pfpchologifd;e 3evgliebenmg§funft, bie ihre
Stärfe gugleicp auflfebenbe unb auSmacfyenbe Sd;wädje beg weiblidjen Staturetlä
forbert beffen gefetljchafttichen Söeltfchmerg bcrauu. Ser uralte @efd)leihtggegenfah
beö SDtanneg, beffen Starte feine Sd>wäd;e, unb beS Söeibeg, beffen Schmähe feine
Starte ift, tritt in cinfdmeibenber Schärfe aug Sageglicht. Sem inneren Söefen
nach frei, ff'erfon, unb bod) feiner äußeren (Srfc^einuitg nad) unfrei, für ben ©e=
brauch ^ 2tnbern beftimmte Sad)e gu fein, ift ein innerer SBiberiprud), welchen
bie bem ©efdjlechtggug gum Starten unterliegenbc SBeibegitatur cinfchliefjt, unb ber
feiner Ueberlegenbeit fich bebieitenbe SJtaitn 3 U feinem 33ortt>eit augbeutet.
Ser alte Äant bat für biefen feine anbere Soiung gewujft, alg baff, wie bag
SBeib in ber ©efd)lcd)tgnereinigung feine Werfen gur Sadje herabfeßt für ben SJtamt,
fo auch biefer bie feine alg Sacf)e aufgebe für bag Söeib, fo baff Sebeg im ülnberen
feine $)et)üitlid)feit wiebererlange. Sie wahre moncgamifdje Grh c r tu welcher ber frei»
willigen innern »on beiben Seiten bie eben fo freiwillige gängige äußere £>in»
gebung felgt, macht jenen Sßibetfprud) fchwinben. Saff ficb ber bloff plnififd) ftarfe,
aber meralifch fcbwache SDiann, een weld;em bie bie gange innere unb äußere
Eingebung an eine Serien »erlangt, währenb fein pt)Vtfifcf)c 8 äfermügen für mehrere
au 6 reid)t, gegen biefelbe auflehnt, ift eben fo erflärlich, wie baff bag pbpfifd) fchwache,
aber moralifch ftarfe SScib gegen bie 3umutbuug feiner Statur, ($igentf)um eineg
Stnbem 3 U werben, fid) empört. Sener gebraucht biefeg alg Sadje ( währenb eg bod)
Werfen ift; biefeg erfennt unb achtet fich «lg ^erfon, währenb eg alg Sache ge»
brauet wirb. 3n biefem anberg alg in ber @h c unlögbaren .Kampf jwifc^en Statur»
beftimmtheit unb Freiheit müffen beibe an einanber nothwenbig 3 U ©runbe gehen.
^oloferaeg unb Subith ftetfen ben realen ©egenfaß beiber ©efdjlechter bar,
ohne beffen ibeale, nur in ber oellfommenen < 3 f)e gebotene SSerföhnung. Serfelbe
wirb baburch tppijd), baff bag phhfifdfe Ueberlegenheitggefühl auf ber einen unb bag
moralifd;e ^o^gefüpl auf ber anberen Seite gu einem ^öl;egrab gefpamtt wirb,
auf welchem jeneg ber Ungeheuerlichfeit, biefeg ber Spißfinbigfeit napefteht. ^ier
angelangt, fchlagen beibe leicht in ihr ©egentfjeil um unb haben barum ber Sra«
»eftie willfomntene Slnfnüpfunggpunfte geliehen. Sag SBeib gewinnt infofem, alg
bag Unrecht, bag fie burd) Eingebung alg Sache an ihrer fPerion begeht, f$olge
ihrer Staturbcftimmtheit, beg bewufftlofen 3ugeg gum Starten, alfo fein Unrecht ift;
ber SJtarat oerliert infofem, alg bag Stecht, bag er burch 9lnnaf)me ber Jpingabe
über ihre *})erfon augübt, nur aug feiner Staturbeftimmtheit, aug ber bloff phpfi*
fd>en Uebcrmacht entfpringt, alfo fein Stecht ift. Seneg bemitleiben, biefen fürchten
wir; bort ift Unglücf ohne Schulb, ^ier ©lücf, bag gur Scpulb führt; beibe aber
tragen bie folgen ihrer realen ©efchledhtgnatur, Subith ben glud) ber weiblichen
Schwäne, £>olofemeg ben glud; ber mänulid;en Stärfe.
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328
Sa fie nun Beibe augenfd)einli(h an ihrer eigentümlichen ©e[d)(echtSnatut un*
fcf)ulbig finb, fo Büfjen eigentlich Beibe. wo fie nid)t gefehlt Baben. Ser ©egenfafc
ber ©efchlcchter ift ein Diifj burd) bie SDtenfcB^eit, ben biefe fdien mit auf bie 2Belt
gebracht Bat. ©in Unglücf für fie, aber eilte?, baS fie nicht änbern faitit. Siefer
@e]d;led)t§gegenfah ift felBft ein glucb, ber auf ber SRenfcBBcit laftet, ein 3Ser^ärtg=>
ni§, ein gatum. Sie einzelnen ©lieber ber getrennten Hälften faden bem Bwiefpatt
jum Dpfcr; fie tragen ba? &ain?$eid)en ber männlichen ober ber Weiblichen Statut
ich eit non ©eBurt an ber (Stirn. 23eibe erliegen bieiem ©eidjicf unb finb infofem
Beibe gleich tragifd); Beibe erliegen fcbulblo? unb finb infofente trcfjl gleid) un*
glüeflid), aber auch gleich untragiidj. 9tur fommt Bei bem SSeiBe Btnjn, bafs feine
Schwäche e? rübreitb, Bei bem föcaitne, bafj feine Stärfe tfjn fürchterlich erfcheinen
läüt; über ba? Schicfial Bin an? aber ift nid;t? mehr .pC'Bevc? ju benfen.
33eibe ©ejchlechter, je treuer fie ihren ©efchlechtScharafter Bewahren, finb um
befto fixerer unausbleiblichem ©lenb geweiht. 911? ©eift ohne ©efdjlecht Beginnt
mit ber burch bie SSerleibli^ung herbeigefübrten ©efcblechtlichfeit bie Sd)eibung in
männlichen unb weiblichen ©eift unb bamit ber glud;, weldtem jeber abgefonbert
jum Dprer fällt. Sie SBerförperung felhft ift ber ©runb ber Spaltung, beö gluche?
unb be? Untergang?; mit bem Sdaturwerben be? ©eifte? Beginnt fepon bie Stuf*
hebung ber SRatur. Sa? 9lnber?fein ihrer fclbft, ohne welche? bie 3bee nicht jum
©eifte, ber ©egenfajj, ohne wetten bie anfang? bewufjtlofe ©inheit fich nicht jur
Bewußten ju erheben »ermcc^te, ift al? Statur ba§ Grfcheinenbe jwar, aber ba?
ÜJtichtfeinfodenbe, jur iPentidttung Beftimmt, welche burch Setbftaufhebung in ben
©eift jugleid) jur Sßerflärung werben fattn. Ser Untergang ber SRatur am ©eift
ift bie grofje Sragöbie, bie fich Untergange be? männlich ober weiblich gearteten
©eifte? an feiner mänulid) ober weiblich beftimmten ©eidilechtönatur, in £>oloferne?
unb 3ubith, al? beren fpmBolifd;en Dlepräfentanten wieberljolt.
Dcficrreidjs ^ctfjeiltgmtg Qm SeÜljanbeL
3>on ^rof. Sr. ßlitn.
I.
IBon bem befannten ScbiffSrlieber Dritter o. dteooltella in Strieft ift eine
Srucffchrift unter bem Sitel „^Beteiligung Sefterreich? am SBelthanbel" erfebienen,
welche fowohl burch bie fadjgemäfje unb freimütige Sarftedung be? gegenwärtigen
Staube? be? au?wärtigen ^attbel? Defterreich?, al? auch burch bie auf reiche ©r=
fahrung unb tiefe Äenntnijj be? adgemeiiten Gultur* unb 33erfehr?leben? bafirten
93tittel unb SSege, unfere 33erfebr§Be$iehungen nach aufjeit ju erweitern, in aden
betheiligten Greifen bie gerechte Slufmerffamfeit auf fich geteuft hat. 3Bir fehen hier
n ber 2hat einen praftifchen ga<hmaitn, ber fich bie Hebung unterer materiellen
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329
Serljältniffe gut Aufgabe fteflt, unb fern 23otutn ftimmt mit bent aller Beionneneit
9Jiänner übereilt, welche nicht non evfünfteiten fProjecten itnb ©pftemen ober von
gentaten (SomBinaticnen eine Sefferuttg beS volfSmirt&Kbaftlidon 3uftanfce8 in itn*
ferem 33aterlanbe erwarten, ienbern nur in einer gefteigerten fPvobucticn, im gröfe*
ren .SanbelSverfeBr, in Arbeit unb ©parfamfeit eine bauernbe SBcfferung beS an
Sßaturfchäjjen fo überreichen Dcfterreicf) in Segug auf feine matcriette Sage erBtirfen.
Aufjer biefer Srofdjüre Qievoltella ’8 erhielt ich burd) bie ©üte beS f. f. 5Dlini*
fterialrat£)e 8 greifjerrit v. (Sattanei unb be§ f. f. ©cctionSratheS ©derer (Sin*
fid)t in ein fProject, welcf)e 8 mit Otevoltella’S $)ropofitionen in einem fadilidien 3u=
famment)ange ftetjt. Stäubern mir nod) ©e. (SjeceKenj v. .ipauälab bie nßt^i*
gen Äartenwerfe, £err Gonful (S. Sauer in Srieft einige ©etailangaben unb ber
(Sonfulargerant $err Dverbecf gu .^ongfong (in 6 t)ina), ber fid) mehrere Sage
in SBien aufhielt, AuSfünfte über bie mercantiten allgemeinen unb fpia|vethältniffe
ber bebeutenbften Drte .fpinter=Afien 8 mitget^eitt hatte, war id) im Sefifce ber er*
forbetli^en 3)iateriatien um mit ©rünbtid)feit bie von 9teuolieQa angeregte grage
gu ftubiren unb bann einige Sorträge in ber !. f. geograp^ifdjen ©efettfe^aft bar*
über gu galten, beren Snfjatt id; in mßgtidjft gebrängter Äürge hier vortege.
<58 ift eine allgemein anerfannte SBa^rfieit, ba§ bie Serbinbungen ber Mittel*
punfte ber fßrobuction mit ben Abfa£gebieten bie ^auptbebingungen be 8 Serfe^reS
eines 33olleS ftnb, biefe finb bie ©djöpfer ber Snbuftrie unb be 8 $anbel 8 unb ge*
hören fomit gu ben wid)tigften Srägem unb «erberem nationaler SBofiffa^rt. 2 )a 8
„volferverbinbenbe" unb für utt 8 nidjt mehr ba 8 „länbertrennenbe" üfteer ift bie
einfachfte unb biHigfte Serbinbung. hiebei ift bie Äüftengliebemng von l;ßd)fter
SSidtigfeit. 3e mehr ein Grbtfeil ober ein Sanb burd) SA'eerbufen unb Suchten
eingefdjnitten ober „gegliebert" ift, je mef)r Sntefn längs ober vor ber Äüfte lie*
gen, befto mehr fünfte finb an bie grefe ©träfe be 8 Serfel;r 8 hinauSgerücft, wo*
burcf» fowofjl ber Scrfefr ber Sewobner ttad; auswärts als bie Suganglic^fcit ber
einlangenben ©duffe erleichtert werben. (Sine reichgcglieberte Äüfte ift im Allgemeinen
bie Sorbebittgung 31 t günftiger ©eftaltung beS ^anbelS unb ber (Sulturverfiältniffe
eines SanbeS. Sänberftrecfen, beren langgeftrecfte Äüfien faft gerabe Siitien bitben,
finb fcfjwer gugänglich, alfo bem auswärtigen Serfebre wenig förberlid). (Sin Slicf
auf bie Äüftengeftaltung von ©riedjenfanb, Guglanb, bie Cftfüfte von 9torb*Ame*
riea, bie ©üboftfüfte .pinter-AfienS unb 9teu=£>el(anb§ beweist gur ©cnüge, baff
gerabe biefe eS finb, welcfe im Alterthum ober in ber Sefctgeit mafgebenbett (Sin*
ftujj auf bie (Sulturentwicflung unb ben 28cltverfef)r bet SDicnfchbcit auSübten ober
in ber 3 ufunft auSguübett berufen finb. 23etrad)te man bagegen baS faft glieberlofe,
maffenhafte 2 Ifrica; biefer fchwer gugängliche Äolcf wirb nod; lange ein verhülltes
©eheimnif bleiben; warnt aber wirb er einen (Sittfluf auf bie 3’ortentwicflung ber
übrigen (Srbtfjeile anSüben? ©lücflich baS Sanb, baS eine Äüfte, ittSbefonbcre eine
gut gegtieberte Äüfte fein eigen nennt! ©ine ©rofjm ad)t ohne maritime Sebcutung,
ohne eine Äüfte, ift nicht benfbar.
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330
DWcbft bcm SOieerc finb in unferem Beifutter non börbftor 23ebeutung bie
Gifeitbulntcn, über beren Sßichtigfeit gu jpved>en tue bl unitetl;ig ift. SI;re eigentliche
SJebeutung erhalten jcbcch bie Gifenbahneit ohne Bwcifcl erft bann, wenn fie auch
entferntere 23inuenläitber mit bcm 9 ? teere in fßcrl'inbuitg feßen; benn bann ergän=
gen uttb eereollftänbigen fie beit Seeoerfeln', bie Seele beö SBerfehrcS eines groben
Staates Sßemt man beit Verbrauch een Seife, een Gifen, een Steinfehlen u. bgl.
als ben ©rabmeffer ber (Sulfur ciiteS SBclfeS anjniu’bmen beliebte, fo loivb ohne
Bweifcl bie SSefchaffenhcit tutb Senüßung ber ®erbinbungen in einem ßanbe alS
ein leeit fiefjerer ©rabnieffer ber (Snltür 31 t betrachten fein. Sn bief'er dpinfidtt er*
laube ich mir auf 33. StreffleurS oortrefflidje Slrbcit über bie Straffen in £>efter=
reich binjineeift'n.
3)iit bent Sßachfen ber Kultur eines SSolfcS aber eerntehrt fi<h bie 33 eoölfe=
rttitg, baS teicfjtigfte Capital, bie erfte ©runbmaebt eines Staates fetbft. Sßcitn wir
geitweilig eine „33ilang ber SSeeelfernng" sielfen, je wirb baS Crgebnib ein unfehl=
barer -Diapftab für beit gortfehritt ober ben Stillftanb (ber übrigens fdjon ein 5Rücf=.
febritt ift) eines SSetfeS fein uttb ber gegenfeitige Ginflufj swijehen fftatur unb
fÖiettfch Wirb in ben Sicfultaten, in ber (Sulfur fid> au 8 fpred)en.
S3etrad)ten wir Defterveid). SDefterreid) hat eine Äüftc een mehr alS 250
beutfcheit SDieilen, gumeift gut gegliebert; Cefterreicb hat ttabe^u 800 bcutfcfic 5Rei=
len an Cif'cnbabnen. 68 hat alio 310 ei .fpauptbebingungen einer regen 33etheiligung
am SBelteerfehr, wenn wir eS aud; nidft »erlernten bürfen, baft jebc berfelben für
fich, alS auch baS Sueinanbergreifen biefer beiben ^actoren noch füian^eS wüit=
fd;en laffeit. fDaS 9lbriameer, tie mittlere, am weiteften gegen Sterben einfchncibenbe
Sucht beS SDlittelmcereS ift für Defterreich unb (Sentral=Gutopa een Sßid; tigfeit
für bett Scrfefir mit ben Säubern am 9)iittelmeere. Allein baS SJtittelmeer hat feine
welthiftorifche Sebcutung 311 m grofjeit Steile verloren; im Sllterthumc ift eS ber
Sßcltmarft gewefen, an beffen Äüften bie reid)ften, höchftcultieirten Stationen gelebt
unb gewirft hatten. 3ej}t ift ber Sltlantif bie grofje Strafe beS SßeltoerfehreS, unb
jene Staaten unb Stabte, wcld;e entweber unmittelbar an bentfelben liegen ober
burd) glufjläufe unb Sd;ieneitwege mit bem SMtlantif ecrbunbett finb, haben eine
noch größere Sebeutung. Siete fantt unb wirb nur bann theilweife abge|diwäd)t
werben, wenn ber Seeweg auS bem tübriameere in baS rotf)e föteer unb baburch
eine fürsere SBerbtnbungSlinie mit bem überreichen Sitbien, bem SDieffa ber hanbel»
treibenbeit Helfer feit Sahrtaufenben, erftellt werben wirb. Ülud) bie 6 ifettbahuen
hatten für Defterreid; eine, »erhältnifimätug geringere 3Bid;tigfeit, weil bie 33erbin=
bung früher mit fretnben, als mit eittheimifchen ,£>äfen hergcftellt war. SaS lag
jeboch in ber eigenthümlidjen 33cfd;affent;cit ber Monarchie, beren itt Urprobuction
unb Snbuftrie am meiften oorgefchrittene Sänber im nörblidien Steile beS 9tei<heS
liegen unb naturgemäß itacl) Diorben unb 9torbwcften graeitiren, gum Steile auch
in bem nicht wegguläitgnenben (sinfluffe ber Siorbfec für (SeittraU unb 9tcrb=
Guropa. Sn biefer Sßeife hatte ber dpanbel einen 3Beg eingefchlagett, neu bem er
nur allmälig abgelenlt werben fatttt. Sft and; gegenwärtig bie 23erf>iubung ber
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331
99tonar<hie mit ihrem bebeutenbften £afen beegeftellt, fo gicBt eS bod; »tele ©rünbe
bafür, bafj bei öfterreichifebe Seeoevlebr bis jent einen entfd;eibenbeu ©inf'lug auf
bie spebung ber ruta'läubijdu’it $*robuction noch nicht auSüben tonnte.
©8 ift aufjer aller grage, ba§ ber auswärtige üßerfelir DeftcrreihS »ielfadj ben
©haratter ber ©ürftigfeit trägt. ©aff bie Gfinfufjr in bem ©ecennium lSf>2 bis
18G2 na^eju ftatienär geblieben ift, beireifen bie BotTcrträgniffe, Welche in biefer
ganzen $)eriobe jäbrlid; nur jirifd;en 14 bis IG 9JiiU. ©ulben betragen, währenb
in Gmgfanb, gruufreid), im Brflrcrcine u. f. W. bie Befloinnabmcit in ber gleichen
fPeriebe ungemein geftiegen finb. 9iid;t beffer fteft eS mit ber ÜluSfuhr. ©3 liefe
fidj fauni ein 9lrtifel neunen, mit welchem ©efterreich maffenbaft im SSeltfianbel
auftritt, ober ber auf auswärtigen fDtärften eine erftc SR eile fpiett ober ber bem
öfterreidufhen Crrportc im Seltrerfe^re eine beftimmte Stellung anwiefc. SDRit
9Red)t fällt alfo Sieooftella baS allerbingS hart fdieinenbc Urtheil: „©efterreich treibt
aud) en gros nur Äleinbanbel". Sh mag mtd) hier in eine ©etailfcbilberung ber
Urprobuction unb Snbuftrie DefterreidjS nicht eintaffen; id) will nid;t eintreten in
bie greifjafem, 3rlltarifS* unb SnbuftrieauSftcliungSfrage; aber bie 9lrt unb SSeife,
wie biefe gragen in unferen inbuftriellen Greifen befprechen werben, fcheint beweis
3 U fein, baf ber öfterreidt)iid;en Snbuftrie if)r bisheriges ©ebiet 31 t enge fclieint unb
nur befhalb poftulirt fie ©rmeitenmg beS SlbfapeS bitrch bie heimiidjen Seehäfen.
9118 SRefultat biefer ^Betrachtungen (teilt eS fief) heraus: a. ©efterreich muff
auS feiner bisherigen fPaffii'ität in hanbelSpolitifdier Stegiehung fu’rauStreten, b. bie»
feS ift nur möglich, l »emt f'h ber auswärtige Bericht ©efterreichS in ben bisher©
gen, fdjon ausgetretenen ©elcifcn nid;t fort unb fort bewegt, unb enblich c. eine
grünbliche, anbauentbe Seffcrung unb Teilung ber ginai^ocrhältniffe ift abhängig
oon bem 9luffchwunge in ber fProbuction unb bem bamit im Bufamnteuhange
ftchenben auswärtigen iBerfebr. 9tlTe Schritte, bie im Sntereffe eines biefer gactoren
gemalt werben, finb thatfädjlidje gortfdgritte unfercS äkterlaubeS, fie Iräftigen unb
ftärfen ben 23oblftanb im Snnern, ben ©influfj unb bie $DRad;t nach aujjcn. • ©h 3
feit ben lejjten brei Bahren eine Sßenbung 3 um Sfcfferen in ©efterreich eingetreten
ift, muffen felbft bie beftigften ©egner — beren 3ahl unb 33ebeutung ohnehin in
tapiber Abnahme ift — 3 ugefief)cn, unb wenn wir mitten in ber großen poIitifd;en
Bewegung, welche fdjon manche fehr erfreuliche ©rgebniffe im Snnern 31 t Sage
förberte, auch & er £anbelSpolitif bie uollfte 33ea<htung 3 uwenben, fo wirb man ben
SRuf, ©efterreich möge feinen hanbelSpolitiicbcn ^origont erweitern unb fich nach
Äräften am 3Mtt)anbel beteiligen, fich erlich C ^ en f c berechtigt, als wahrhaft pa=
triotifd) nennen muffen.
©ie erfte grage ift hiebei: nah Welker SRicbtiutg, nach welchen Säubern feilen
wir unfere 23licfc wenben? wo finben wir ein auSgiebigeS, fruchtbringenbeS gelb
für unfere commer 3 ielle ©hdtigfeit?
Unfere 3Rachbarftaaten bieten unS hierin wenig Hoffnung. Srojc ber 3 ut;lreichen
SDiebaillen, ©rben unb 9 lu§ 3 eidmungen, welche unfere ftrebfamen, waeferen Sitbu«
ftrieHen als glaitjcnbc Beugniffe für bie SeiftungSfähigfeit unb ben gortfehritt
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£efterreid;§ uoit bcn perid: [ebenen „SluSftcrtungcn" in i fyc Saterlanb fieimbracbten,
bemalen nur bocfi faft feinerlei praftndx Grfolgc bicfer Siege im internationalen
Kampfe. Sir pertcnnen burdwuS uid't bie inbnftrielle unb mercantite Sebeutung
bieicr SeltauSftcßungcn, baten jcbod) bcn geiftigen ober ntoraliidjeu ©influfj ber«
feiten jcbergeit tont materieften unterfrfjieben, unb ber le^tgenannte ift für Defter«
reich bis je£t leiber reit noch fetr untergeorbneter Sebeutung; benn gerabe nach
bem Sterben unb Seften ©uropa' 8 , oon mo mir fteg= unb rufjmgefrönt ^etntfe^r*
ten, fiat fid> ein namhafter ©rport öfterreiefufcher ffnebucte nod) nid)t temerttar
genta d;t. Dtujjlanb fcbliefst fid) mit einem ftavren ^)roI;ititioii;ftem gegen un§ ab
unb uerfdjärft bei jeber Gelegenheit feine SJtafjregeln, um bebeutenben Ütrtifeln mt*
fereS ©emerbSfleifjeS ben Gingang gu reriperren. 3 n Starten „ftefen politifdje 2Ser»
bältniffe unb eine in arten Gebieten fd;arf ausgeprägte 5RebenbuI>Ierfcf)aft im Sßege".
Sie ofterreicbifdje fPofition in ber Secante ift eine feb>r febmierige gemerben, ber
früher burcf) Defterreicb ccrmittette Bmiidjenfanbel fiat feit unb in ffclge beS Ärirn«
friegeS faft gan 3 aufgefmrt, granfreief) unb ©nglanb haben birecte Serbinbungen
angefnüpft. Ueberbied ift, man mufj eS gang offen befennen, biefeö ,£)anbel 8 gebiet
f<bon fefjc auSgebeutet; bie ütürfei befinbet fidf> in politifdjen unb »olfSmirtfifcbaft«
lieben Buftanben, uoit benen ein 2 luff(t)mung unfereS lenantrnifdfjen JpanbelS nicht gn
ermatten ift. Sollen mir nod) »on ben Unterhaltungen unb Stioalitäten mit bem
beutfdjen Bofloereine unb bem (Sinfluffe beß eoentuerten $anbelS»ertrage 8 mit §ranf*
reich fpredjen?
SSticfen mir in bie Seite, benn ba 8 ©ute fdjeint nicht aflgu nahe 3 U liegen.
Sa fehett mir, mie fid) im fernen Dft=2lfien ©reigniffe nett faft melterfchütternber
Sragmeite oollgiefien. ©bina’S fÜbgef^Ioffenfieit ift gebroden, baS alte ftarre Spftenj
ift in Begebung, „auf ben Stninen beö faiferlic^en $>alafte 8 ber SJtanbfcfju finb Ser«
träge befiegclt morben, melcfie bem $anbel aller Stationen" bie gaftlichen ^)äfen
öffnen, eine neue, bie europäifd)e ©ultur mirb einjichen in ba 8 „himmlif^e 9teicf)
ber SJtitte" mit feinen mehr al§ 400 SJtitlioncn ©inmofmem. $lu<b Sapan mit
feinet gemerbfleifsigcn, aufgeflärten Seoölferung, ber eultioirteften in $lfien, melche
ich »bie ©nglänber SlfienS" nennen möchte, beginnt bem äufjeren Slnbrange gu
meinen unb mufj au 8 feiner ülbgefcbloffenfieit berauStreten. Sie blühenbe ©apcolo*
nie, ba 8 überreiche Snbien, ©eplon unb Singapore, baS „Stellbichein aller Stag»
gen", Siam unb Gochincbina, bie mofilgeorbneten ©olonieen im inbifd)en Archipel
unb in Sceanien — bie alle meifen einen $)robuctenreicbtf)mn, eine SRatmigfaltig«
leit unb 2eben8fütte, bie ben Sticf permirrt. ©nglanb, Ülmerica, ^ranlreicf), Stuf)*
lanb, §ollanb, Schmeben unb Sänemarf, alle Stationen beeilen fich, Pon biefen
Umgestaltungen Stufen gu gieficn; fPreuf;en fdjicftc eine ©ppebition 3 m Slbfchliefjung
001 t JfSanbclSPcrträgen unb Serbinbungen bortfin, unb bie Keine Scbmeig miethet
ein lielläubijdjeS Sdjiff, um ebenfalls an ben hinterafiati|d;en Äüfteu fi<h bemerf«
bar 3 U machen. Sei biejer fieberhaften $aft, mit melier ©uropa bie günftige Um«
geftaltung 3lfien8 auSgubeuten fich beeilt, fleht nur ein Seid), baS grofje, mächtige
Sonaureicf) JDefterreicf) — beffen Stame bebeutungSred nach bem Dften meist,
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333
außerhalb biefer SSeltftrömung, eg fdtjcint fpröbe, faft lt>te abfi erließ einem füßit
angelegten, großartigeren ^lane au§ 3 uweicßen. 33ont „SSeltverfcßr" ßört man nur
in ©eleßrtenftuben ober in öfterreicßifcßcn (£d;uljimmern fprecßen; ber Kaufmann,
Säße an bem verblaßten „SSleibe baheim unb nähre bicß reblicß" ßaltenb, bchicßelt
füßne Entwürfe ober e§ feßlt ißm baö 33erftänbniß bafür. Grft bie jüngere @ene=
ration be 8 öfterreidufcßen ÄaufmannSftanbeS, bie außer „Sefen, Schreiben unb
fRecßnen" nod; etwas anbereS lernt, wirb befähigt, jene 33aßnen 31 t betreten, welcße
bie übrigen .Jpanbelsvclfer Guropa’S feit langem jd;on waitbeln. (Gegenwärtig ift bet
£>efterreid)er faft überall ein grembling unb mit vollem Siebte fann Dievoltella
jagen: „man fann bie SSelt umfegeht, unb außerhalb ber SDteerenge von (Gibraltar
nid)t einen einjigen bftevveichiidien ^anbelSmaun ober and) nur einen .IpanbelSagen«
ten fiitben, welcher mit bem fDiutterlanbe in Sßerbinbung ftänbe!
33 etracßten wir weiterS ben großen Söebarf an Golonialartifeln, bereit viele
heute nid)t nteßr ©egenftänbe be§ Suyitö, fonbern beö täglichen 2 ?ebarfeS finb, bie
vielen j>-ärbe« unb ApülfSftcffc unferer Snbnftrie, bie wir mit nnferen Schiffen ab«
ßolcn fönnten, ftatt fie auö gweiter unb" britter £anb 31 t begieben; wie manche
SBaaren enblicß werben gegenwärtig unter englifeßer, frangöfijeßer ober l;anfeatifd>er
girma unb Gtiquette bort verlauft, bie in Defterreicß ergeugt würben, ©eben wir
unS and) feinerlei SHufioneit unb fanguinifeßen glatten f>tn, fo viel bürfte boeß feft
fteßen, baß ein befeßeibener Slnfang sur Jlnfitüßfung von ^anbelSverbinbungen ge«
macht Werben feilte, baß berfelbe fid;erlicß loßnenb fid; geftalten wirb, wenn auch
meßt fofort „bie Sd;äße beiber Subieit" maffenßaft nach Ccfterreicß ftrönien werben.
£ier wären wir nun bei ber gweiten §rage, beim praftiießen Sbeil unferer
23etracßtung angelangt: SEßelcßeS wären bie SÜiiitel unb SSege, fßerfehröbegiebungen
nach außen gu eröffnen ober 3 U erweitern?
Ueierfidjt itöer bie (Meinungen ber fetbo=croQtifd)en $itterötur
timljrcnb beö 3obreö 1863.
5 )r. B— 6 . SSenn wir bie 3 ?or 3 ü.glicf;Feit ber litterarifeßen 9(rbeiten berücffich«
tigen, welche und bie IRagufaner fd;on beä 15. unb 16. SaßrßunbertS ^intertaffen
haben, unb wenn wir auS ber neueren Seit auf bie bei Giitßcimijcßctt unb ftremben
gleißt berühmten ferbifeßen 93olfSlicber hinweifen, glauben wir mit 9tecßt beßaup«
ten 3 U fönnen, baß bie Sübflaven in nid;t ferner Beit in ber Sage fein werben
aud) toa§ iß re poetifeße unb wifjenfcßaftüdje Begabung betrifft ben Söettftreit mit
ben gebilbeten Stationen Guro^a'S auf 3 unchnien. 2)aß gleichwohl biefeö Talent erfi
in ber Gntwicflung begriffen ift, ja baß io lange ßrit hinbnrd; von einer eigent«
ließen fübflaviicßen Sitteratur überhaupt nicht bie 9 iebe fein tonnte, baran finb
mancherlei, au§ ber ©efd;id;te be§ 53olfeS erflärlicße Untftänbe Scßulb, beren 5luf*
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334
gählung unS ton unferem Sorfjaben' gu weit entfernen würbe; wir muffen unö
hier mit ber auf bie pctitifdhe unb fir<hlicfie ©efdnd)te gegrünbeten Semerfung be=
gttügen, bafj faft bei feinem anberen Seife in Gurepa alle fecialen unb moralifchen
Segiefmngen in fe entfliehen ungünftiger Steife gegen eine crganifdje Gntwicflung
gufammeitwirften.
Subeui wir nun an bie 2lu3fül;rung unfereS Vorhabens gelten, bie Grieben
innigen ber ferbc=creatifd)en Sitteratur im Sal;re 1863 3 U befprechen, geigt ficb un*
fere Aufgabe als eine nach 9taum unb Beit befcfyräitfte; in erfterer Segiebitng laf=
fett wir bie litterarifdien Seftrebungen ber beiten anberen fübflat?ifd;eit ©tämrne,
ber ©leociten unb Bulgaren, ncrberhanb unbevüdfid)tigt; in lejjtcrer £inficht
wellen wir gunädift nnb eergüglid) bie Grgeugitiffe beS jüngftoerfleffenen 3al;reS
inS Äuge faffeit. SBeitn wir nid;t 8 befteweniger, bie räumliche ©rcnge feftbaltenb, mit
Diüdfidjt auf bie 3ett unS eine fteine 2(u3]d;reitung erlauben unb über bie feinc3=
wegS alte SSiebererwecfung ber unS befdjäftigenben Stationallitteratur einige Stetigen
eerauSfRiefen, glauben wir el;er bie Buftimmuitg als ben Sabel ber Seiet gu rer=
bienen.
©egen baS Gnbe beS nötigen Sa^i'fuuibertS, als bei ben Kroaten auf bem
gelbe ber Sitteratur noch eine eoUftänbige Setfjargie herrfd;te, trat unter Den ©er=
ben ein 3)tann auf, welcher in ber Sitteratur biefeS SolfeS benfelben Ginflufj ge*
wann, wie peter ber ©refje in jener ber 9tuffen. ©iefer SJiann war © 0 i i 1 1; e u 8
Dbrabeoic. 28ie Peter war and; ©ofitheuS ber erfte, ber litterarijdbe unb wiffeit=
id;aftlid)c ©egenftänbe in ber SelfSfyradie gu bebanbeln unternahm, mit SluSfchlujj
beS 2(ftjloeenifd;en, welches bis babiit bie alleinige ©pradie nid;t nur ber SSiffen*
id;aft, fentern and) ber Verwaltung unb Äird;e gewefen war. Stur Gin Unterjchieb
beftanb gwifchen tiefen beiten Vetfäm^fern einer \'dfe'tl)ümlid;eu Sitteratur, nämlich
baß bem Senteren nicf't fe wie beni Grfteren BwangSmittel 51 t ©ebete ftanben, um
aud; Sintere gut Statbfelge auf bem een ibm creffneteit SScgc gu beftimmen; aber
and; ebne tiefe SDtittel gewarnt fein Seifpicl alfmäfig größere ©eltung, inbem fein
Sorgef;en, obgleich wie jebe Steuerung een S)}aitd;eit angefeinbet, gleichwohl een
Sielen nad;geabmt würbe. 2118 jebed) ber eerbienfteelle Suf ©tefanoeic
Ä a r a b 2 i c im Sabre 1815 feine ©aminlung een Soffsliebern eercffentlidfjte, in
welker gugleicb auf eine Serbefferung ber ©rtbograßlne ^inegeavGeitet würbe, ba
begannen faft 2lHe, bie fidj mit SSiffenfc^aft ober fcfjöner Sitteratur befd;äftigten,
in ihren publicationen fich ber Selfe>f^'rad;e gu bebienen, unb fchliefjlid; fam eS,
gum glüngenbeit Srium^'be ber eon ©ofitl;eu 8 angeregten Sbee, babin, bafj ber
Gebrauch beS 2 lltfleeenifd;en febiglich auf bie fird;licheit gunctieiten befebränft würbe.
2)ie Kroaten bagegen, erbrüeft een ber magearifirenben “pelitif, welche ba*
malS in allen Siebenlänbent ber ungarifchen Ärcnc berrfchenb war, begannen erft
im Sabve 1835 baS gelb ihrer nationalen Sitteratur mit Gifer unb Grfetg gu
bearbeiten. Sutern fie halb gur Grfenntnifs farnen, bah ber ©iateft ber StofaOcUScfaeci
ber reiebfte unb Ijarmenifcfjfte fei, ein ©ialeft, beffeit fid; fd;oit bie alten ragufani*
fdjeit Schriftftellcr faft au 8 jd)(iehltch bebient t>atten, unb inbem auch fie gunächft
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auf bic Berbeffermtg ber ©rthographie ihr SlngenmerF richteten, zeigte fich fdjon
im Beginne btcfer litterarifchen Bewegung jmifdjfit ber ferbifcheit uitb eroatifcben
©cbriftfprad;e wenig Verfcbicbenheit, bie füh eben auf einige i'roi'incialisitten nnb
bic ©tyntajr befcbränfte, welche lejjtere aHerbingS mit bern ©eifte ber Sprache nidjt
fein übereinftimmte.
SSäl;renb folcfiergcftalt bie ©erben nnb (Fronten auf ber Buhn ihrer geiftigen
GrittwicFlnng rüftig vorwärts ftrebten tutb baS gelb ber Sitteratur immer reichere
grüdite ju oerfpredwn begann, geviethen bie politifeben Berhältniffc in immer greisere
Verwirrung, fo bafj ber 33ritd> ettblid) utmermciblid; würbe, unb bie Grreigttiffc beS
SalircS 1848 finb, wenn nicht gerabe als baS ©rab ber nationalen Sitteratur, fo
hoch alö ber Schlaft ihrer elften SlcftaurationSperiobc anjufehen. ©enn als 9iach=
wirfung biefer Gcreigitiffe traten jene ber nationalen ©elbftftäubigfeit feinblichen
Seitbeugen auf, welche felbft bie litterarifchen Sleufjmmgen berfclben erichwerten, wo
nid;t unmöglich machten; eS würbe in allen Beziehungen beS öffentlichen unb pri=
raten SebenS jene Uniformität angeftrebt, welche jebe charaftcriftifcf)e Cfigenthiintlidj»
feit ber einzelnen ©tämine 31 t befeitigm beftimmt war. 9)iait wirb fich bef;l;alb
nicht witnbern, baff bis 311 m Sabre 1800, b. i. bis zur SBiebertierftetlung ber na*
tionaten ©elbftftäubigfeit, auf bent ©ebiete ber ferbo=croatifcben Sftteratnr, nur wenig
£»errorragenbeS publicirt würbe.
Äamn war aber bie alte ©onftttution zurücFgegebeit unb bie 3Rationalfprad;c
in baS öffentliche lieben eingeführt, fo zeigte fich auch auf bent erwähnten ©ebiete
eine rege SI;ätigfeit, nnb bamit begann für biefe junge Sitteratur eine neue IwfH
nungöoetle fPeriobe. Scamentlid; würben, obgleich uod; mandjerlei .hinberuiffe 31 t
überwittben waren, bie fchon früher begonnenen Begebungen 311 einer ©inignng
ber Sprache fortgefe^t, unb in biefer Beziehung machten bie ©erben nnb Kroaten
feiche gortfd) ritte, bah >h ve Schriftjpracbe gegenwärtig als eine unb biefelbe ange*
fehen werben faitn; ja ber einzige Untcrfdjieb, ber nur für ein bloft an ber 9 lufjen=
feite haftenbeS Singe oorhanben ift, nämlich bie 33erfcf)iebenl;eit ber ©djriftzeichett,
geht immer mehr unb mehr verloren, feitbem bie heften ©djriftfteller angefangen
haben cpritlifdje unb lateiuifdw Settern abwed;ielnb anzuwenbeit .'pienüt finb wir
am ©chlnffe unfereS einleitenben SiücfblicfcS angelangt unb wollen nun 311 t Befpre*
chnng ber litterarifchen CSrgeugniffe beS abgelaufenen Sal;reS übergehen.
SßaS nun bie ^Reihenfolge ber Befprechnng betrifft, fo bietet unS baS 3ahlen=
oerbältnif; ber erfchieneneit Seiftnngcn beit heften KintheilungSgruub bar, uitb wir
werben zuerft bie bellctriftifcben, bann bie wiffenfduiftlichen unb 311 leid bie perio*
bifd;en $)ublicaticnen anzuführett haben, ©enn entfprechenb ber ©batfad^e, bah >>t
allen jungen ober verjüngten Sitteraturen bie Belletriftif mit Vorliebe gepflegt wirb,
fo wie als natürliche geige ber »orzugsweife poetifdjen Einlage ber ©laten erfcheiut
biefer Sitteratnrzweig aud) in bem j ütt g ftv er ff 0 ff eit eit Saljre bei ben ©erbo*Groaten
am reichften vertreten, ©od) ift biefeS Uebergewicht nur ein äußerliches, in ber
SJteuge ber ©rfd;einungen beftefjenbt'S, ba Hofs bic Seiftungen jener SDiämter, Welche
fich fd)on währenb ber elften SBicbererwecfung ber SRationallitteratur einen fRamen
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gemacht Ratten, über bie ©eWopnlidpfeit peruorragen, Wäprenb bie gleüpartigen ^u*
Bittationen bet jüngeren ©eneration nur in geringem Sföafje ber Grwäpnung wertp finb.
2Bir Beginnen bie SlufjdHung ber eingetnen Benetriftiftpen Grfcpeinungen mit
bem talentooKen Scan Srndfi, beffen ©ammlung Ipriftper ©ebitpte unter bem
Sitel „Kriesnice“ (Sopannidwürmcpen) ein wapred 3uwet ber neuen ferBo*croati*
fcpen Sitteratur ift, ba fie fowopl bem Snpatte, ald ber gorm natp gu ben cor»
güglicpften Grgeugniffen ber nationalen Sprit geregnet werben mufj. 3n biefer
©ammlung ftnben fid> ©tüdfe, bie wegen iprer ©cpönpeit ed »erbienen würben, in
frembe ©praßen überfept gu werben. 2lucp bie Segenbe non ben ©laoenapofteln
unb einige SBaKaben bedfelben SBerfafferS finb nicpt opne SSerbienft, bo<p werben fie
burd) bie Sortrefflicpfeit feiner Iprifcpen ©ebicpte gänglicp oerbunfelt. .
$)eter $)rerabooic, ber fiep burcB feine „Prvenci“ (Sie Grftlinge) nocp in
ber Beit bed SHptidmud ben 3iuf eined oorgüglitpeit Siditerd erworben, jebocf) Be«
rcitö feit einer 9ieipe oon Sauren gefcpwiegen Batte, gab und im Saufe btefed 3apred
einige fcpöne ©ebicBte, wel<Be in BeHetriftifcpen Beitfcpriften »eröffentlidjt würben.
Sie 9Jiu|e be§ Befannten ©rafen 9)iebo ^)ucic, ber im 3npre 1862 gu
Äarlooac eine oon ber gefamntteu Etcimiidien Äritif poepgepriefene ©ammlung Don
Gehupten erftfjeiuen liefj, war in biefem 3aBre nid;t feBr prebuctio, inbem fie mit
Sludnapnte einiger ©elegenpeitdgebitpte nid'ts weitered gu Sage förberte. ©egen bod
Gitbe bed Sabred jeboep tröftete ber 5Did)tec bie ^teunbe ber nationalen Sitteratur
mit ber Slnfüubigung ber nabe BeoorfteBenben fpublication bed [prüden ©ebiepted
Cvieta (glora), beffen ©d;önpeit und ein in otiger ©ammlung gebrudted 33rucp=
ftüd bedielten oerbürgt.
•2lucp Slija Dfrugiö geBört unter bie Veteranen ber fPoefie unb amp et
gab in biejem 3aBre eine ©ammlung feiner (prüden ©ebicpte peraud unter bem
Sitel »Sriemska vila“ (Sie fftpmppe oon ©prmium). Ser 3nBalt ift grojjtentpeild
patriotifcB unb politiftp, bie ©pradje fcpön unb fliefjenb.
2lnton Äagali, ber fepon bur<p feine „Zlatka“, bie auep ind 3talienif(pe
üBcrfejjt würbe, befannt ift, gab und in biefent Sapve ein epifdped ©ebitpt „Grobnik“,
beffen ©egenftanb ber ©ieg ber Groaten über bie SMongolen auf bem gleichnamigen
©cplatptfelbe bilbet. 21 ud; biefed ©ebiept würbe feBr gelobt; nid;t bie gleiche 2luf=
naBme fanb fein (prifeped ©ebidjt »Glas iz pustinje“ (Sie ©tirnme aud ber SSüfte),
obgleidp ed pin unb wieber idöne üitb originelle Sbeeit cntpült.
Sad ©ebid;t „Trnule“ oon Sjubeoit 23ufo tinooi <3 foll nach bem 2ludfprucpe
einiger Äritifer feinen großen SSertp befigen, boep fepeint und biefed Urtpeil etwad
gu ftreng.
Gin fepöned ©ebid>t im fBerdmafje ber 23oIfdlieber unter bem Sitel „$erge*
gowina wäBtenb bed neungepnjäprigen SSegiratd bed £ali fPaicpa", oon einem un=
befannten $ergegowiner. bad auf Äofien eined in Söien woBnenben pocpgeftellten
unb oerbienftoollen creatifcpett Patrioten bafelbft peraudgegeben würbe, giebt und
ein getreued SBilb bed traurigen Sofed ber GBriften in ber .pergegowina. Ser Sicp«
ter, ber ein nicpt gewepnlicped poetifeped Salent unb eine feltene SOteifterfdjaft in
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ber 33ehanblmtg ber Sprate beweist, nutzte, um fein ßeben nidjt einet fixeren
©efabr auSgufeßen, feinen tarnen oerjd)weigen.
33on ben jüngeren Sdwiftftellern gab SEJiitcrab $) o p o t i c äaböanin gu
33 elgrab ben elften ©pfluS feiner ©ebicbte beraub, unb Sßlabimir fflifolic Der«
öffentlid;te bie feiitigen unter bem Sitel „Bräljani“ (©pheu); beibc würben non
ber Äritif alb mittelmäßig begegnet.
23on 3offim 'Jiotic würben gu s })efth auf Äoften bet Matica Srbska 3 wei
epifdje ©ebicfjte publicirt, ton benen bab eine, „DuSanija“, bie merfwürbigften 33 e«
gebenf)eiten beb ferbifdien Äaiferreid'eb, bab anbcre, „Moskovia“, jene beb lebten
ÄrimfriegeS gum ©egenftanbe bat. gorm unb OJietrum finb bie ber ÜBolfSgeiänge,
bot bieten beibc ©ebidde, mit Ausnahme ber @efd)icflid)feit tm 58er$bau, bur^aub
nid)tb 33cmevtenSwertf)eS.
Unter ber großen 3a|)l Iprifcber Sichtungen, weldie f)ie unb ba in betletri*
ftif^eit Journalen gerjtreut ton noch jugenblic^en unb ungeübten Gebern herrühren,
finben fiel) nur wenige Stücfe, bie nicht mit blofcen abgebrofdjenen ^)h ra f en unb
hpperpatrictifchen ©rgüffen überfüllt waren.
23on ben Sammlungen jener ©ejänge, bereu Urheber ber befte Sichter, bab
33ol! felbft ift, evidueit eine gu fHeufaß unter bem Sitel „Banatske piesme“ (Sie=
ber auS bem 33anate) unb eine anbere würbe alö gu ©etinje im Srucf befinblibb
angefünbigt. Sie leßteren ©ejänge belianbeln bie jüngften Kämpfe ber ÜJionte»
negriner unb jpergegowiner gegen bie Sürfeit unb feilen größtenteils ton bem ©rof}=
woiwoben föiirfo 'Petrooic, bem 93ater beS regierenben dürften, terfaht worben
fein, ©üblich würben auch ^aljlreidie IBolfögefänge teils in belletriftiften Bei©
(driften, teils in neu eridjtenenett AlbumS abgebrucEt.
SSaS nun bie bramatifd;e fPoefie anbelangt, fo geiegt fit aud; in biefer 33e=
giehung baS Streben nat nationaler Selbftftänbigtcit. Um für biefeS Streben eine
©runblage gu fdßiffen, hohen bie bebeutenbereit Stabte eS fit gur Aufgabe gefteHt,
paffenbe ßoeale für eine einheimijdje (Bühne hergufteHen, unb biefe finb entweber
fton eingerittet, wie in 31 gram, ober in ber ©inrühtung begriffen, wie in 33eU
grab unb 5Reuiaß. Bugleit hohen fit in biefen Stabten bramatifte ©efellfcbaften
unb in ben Heineren Crten Silettantentereine gebilbet, um bie Sarftellung natio»
naler Stücfe tergubereiten unb auSguführeit. 3?ei atlebem finb jebot biefe 33eftre*
bungen ton gu frilt cm Saturn, als baß fic bereits gu ausgiebigen ©rfolgen hätten
führen fönnen, unb eS ift fonadi nicht 311 wuubern, bah bie bramatifte Sittung
im terfloffenen Jahre not wenig 33ebeutenbeS ober nur Annehmbares hertorgebratt
hat. ©inige neue Originalftüde mud)ten tollftänbig gtaSfo, unb in ©rmanglung
ton befferen muhte man ,511 Ueberfeßungcn unb 311 Sittmigen älterer Autoren
feine 3uflutt nehmen. Sot ift unter jenen als ein bebeutenbereS 310er! hertorguljeben
bie Sragebie „Propast srbskoga Carstva“ (Ser galt beS (erbitten ÄaiferreitS)
ton fDiilotan (Buöfotic, ein Stütf, baS nitt bloß wegen feines fünftleriften
SBertheS, fonbent aut wegen feines ©influffeS auf bie Üitteratur ton Sßittigfeit
ift; eS erhielt ton ber bramatiften ©ejeüjtoft gu Agram ben (Preis. ©benfo würbe
djrfft 1864. Bant in. 22
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feflä ©rama „Seoba Srbalja“ (©ie fliieberlaffung ber ©erben) be§ @eorg Safäid
Don ber Matica Srbska burcb 2Serleibmtg eines greife» au&gegeicbnet Siitcfc baS
Suftfpiel „Sucurica i Subara“ (fPelgrocf imb fPelgmüt-e) dd« JDfrugid würbe
trojj f)tn unb wiebet tortommenber tedmijcfyer ÜRängel beifällig anfgenommen.
Hebet baS ©rama „Nemanja“ ton ©ubbotid bat fidi fcbon bei feinem elften
©rfdjeinen bie Äritif gum großen 2lu - üe günftig auSgeitvocben; wir tömicn nun,
ba eS in neuer fünf tage reröffentlidjt würbe, nur bie ©emerfung beifügen, bafj bie
bemfelben gefpenbeten SobeSerbebungen opUfontmcn gerechtfertigt Waren.
, ; Unter ben Ueberfejjtra frembet ©ramen ift bejonberS ©unbedid tn Sara
angufitbren unb auS leinen, Seiftungen torgüglicb bie Uebertragung ton Sllfieti’S
„©aul": beroorgubeben. (Sine ton Sofepb Somic gelieferte Ueberfelumg ton ©<f)ib
lerS „3ungfrau ton ©rleanS" erhielt tjoit ber bramatifcben ©efeltfd^aft in Ülgram
ben erften ^)rei3. i
£aben wir nun bei 23etprecbung ber iramattfcben @ebtd;te bie 33emerfung
gemalt, baf) bie fReubett beS ©egenftanteS bem ©ebalte ber ^robuctionen nach*
tbeilig War, fo muffen wir biefelbe bei ©eurtlieilung ber ergäblenben ©idjtungen
wieberbolen. 2lud; tyet geigt fid) bie Grfcbeinung, baft bie Stiftungen ber neueren
®<3^riftfieller fid; !aum über bie ÜJltttelmäfjigfeit- erbeben; unb aud; liier glauben
»ir ben Uraftanb brrtorbeben gu fallen, bafs bieicr Sitteraturgweig, wenn wir ben
talenitolleu 33ogotid auönebmen, bisher nod; gar nicht gepflegt würbe. 2lu8 bie»
fern ©runbe wollen wir aucb bie einzelnen ^ublicationen nur furg berühren.
3n (äffegg erf<bien ton fßlabimir i f o l i d baS erfte ,f>eft einer Sammlung
ton SRoteHen, bod) bieten alle gehn barin enthaltenen ©tücfe nid;t8 23emerfen6=
wertes. „Simun Posavac“, eine ton ben ©eminnriften gu ©iafotar berauägege*
bene ßrgäblung, welfbet, wie es jdieint, bet frangßfifd;e „Tdlemaque moderne“
gum SJiufter biente, ift nicht gang ohne iBerbienft. ©er Sioman „Milan Narand-
2i6“ ton Safob Sgnjatetid ift in bet Einlage giemlicb gelungen, bie ©pra<be
aber ift gerabegu gemein gu nennen. Sn ben belletriftifcben Seitidiriften unb in ben
Feuilletons ber politifdjen finbet ficb eine giemlifh bebeuteitbe 3at;l ton tbeilS ort*
ginalen, tbeilS überfefjten unb bearbeiteten 3ioteilen unb fliomaneit, aber fie finb,
mit febt wenigen Ausnahmen, nicht ber Siebe wertb- ©üblich würbe für baS laufenbe
Saht eine ©ammlung ton Ueberfefmngen frangofifd;er fRomane unb überbieS ton
ajlitoSlat Ära!jetid ein h umiJ riftif<her Driginalroman „©er ©tubent" ange*
fünbigt.
; 3lm ©chluffe unferer 23efpvedmng ber nationalen 3?elfetrifttf wollen wir noch
bie gwei im terfloffcnen Sabre erfchienenen 9llbum8 erwähnen. ©aS eine trägt ben
©itel „Nis bisera jugoslavenskoga“ (Sübilatifther $>erlenfrang), ift ton '©rettu er
herauSgegeben nnb enthält eine ©ammlung belletriftifd;er Ülrbeiten ton terfcbiebenen
je^t, lebenbeu SBerfaffern, wie fBogoric, ätagitadie, Ülobopid, ©emeter, 2lmta SSibo*
tid, ©tojanotic u. 31.; bofb finbet fid) barin aucb ein bit-feer nod) ungebrudteS
©raina (©er Äarnpf beS 3ljar unb UlpffeS um bie 23agen bcS 3ld;ille8) ton bem
befannten fRagufaner ©ic^ter SuitiuS $)almo tid auS ber erften Hälfte beS
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17. SaprpunbertS. ©vif gweite würbe bei ©elegcnpeit beS 1000jährigen SubiläumS
ber Slaoenapoftel (Jtirill unb Pletpub in Slgram oeröffentlicpt unb pat ebenfalls
einen pcrgugsmeiie belletriftifcpen Snpalt.
SaS bie zweite ©laffe ber gu befpredjenben Stiftungen, bie ir»i|fenfd>aftlid)en t
betrifft, fo [toben fie wohl an 3apl ben belletriftifcpen nach, ragen aber, abgefeben
pon bem Snpalt e, baburcb über biefelben perncr, tat; faft alle erfcbieitenen Slrbeiten
für bie Ulationallitteratur non 93ebeutung finb. Unter ben einzelnen 3*»^iflen ber
Sßiffenfcpaft finb, wenn wir bie Sdjulbücber auSicplieffen, befonberS bie üpeologte,
©eicpid;te unb Philologie pertreten.
Sin tpeologitcpen Serien, pon botten wir nur bie £ite( anführen, finb fol=
genbe erfd)ienen: in Sieufap bie britte Sluflage eines pon ©erafim Petranonic,
perfekten ©rbauungSbucpeS, bie prebigten beö SergiuS ÄacanSli unb eine fer=
bifepe Ueberfepung ber Propheten beS alten SeftamentS Pom 23iicpof piaton 91 ta=
naSlonic; in 91 gram bie auf bem SBüpmifchen überfepten prebigten beS 33ifcpofe8
Sir fit unb ein ©ompenbium ber Äatecpetil pon PilolauS SBogootc; in 33el*
grab baö Serl „Mudri Iguman“ (©er weife 9lbt) pon bem bortigen PJetropo»
Uten PI iebnel. ©afclbft würben auch gwei erfte opefte einer tbeologifcben 3eitfd>rift
„Bogoslov“ (©er Ideologe), rebigirt ron ben Sögliugen bee bortigen Seminars,
berauSgegeben
Unter ben piftorifepen Slrbeiten finb por allen bie beS uncrmüblidben Ä u f u U
jevit SafcinSli gu nennen, ber trop beS hoben PoftenS, ben er einnimmt, baS
gelb ber Sitteratur uid't oernaddaifigte. Sw pergangenen Salm' .publicirte er einen
23anb ber „Mouumenta historica Slavorum rucridionaliura“, welcher Slctenftüde
enthalt, bie in creatifcbcr Sprache mit glagelitifcpen 3ei<pen geieprieben finb unb
pon benen einige bis itte 13. Saprpunbert reidnut. ©iefer 33anb ift ein wahrer
Schap fowohl für ben © c f ein dg t s f e r f cf> e r als für ben Philologen unb ben 3lecpt8=
gelehrten. UeberbieS rebigirte er ben 6. unb 7. 23anb beS Slrcbii'eö für bie ©e=
fchichte ber Sübftapen, in weld;en iöänben, wie in ben oorpergepenben äuperjt
wichtige gefcfjic^tlidje ©ocumeitte enthalten finb. ferner peröffentlicpte er eine auS=
gejeiepnete SWonograppie über bie grage, ob bie mongolifchen gerben in ber, ©pat
pon ben Kroaten im 13. Saprpuuberte auf bem gelbe pon ©robnil gefcplagen
würben, ©nblicp ftellte er eine croatiicpe ^Bibliographie gufammen, pon welker ber
erfte, bie gebrudten Serie entpaltcnbc ©peil fepen gu @nbe beS SapreS ericpie=
nen war.
©er tüd)tige ©efcpicptSforicper ©r. Oiacli, pon bem eS ^ei^t ba§ er an
einer allgemeinen ©efepiepte ber Sübflaren arbeite, feprieb eine portrefflicpe 5Bio=
grappie ber Slapenapoftel ©pritl unb Pietpub. Unter ber iRebaction beS genannten,
©eleprten foU in 9lgram eine Seiticprift perauefommen, bie fid; mit ©efcpicpte (
Philologie unb 5Raturwiffenfd)aften befd;äfligen wirb unb pon weld;er, ber 9ln=
lünbigung gufolge, gu Dleujapr baö erfte Jpeft oeroffentlicpt werben füllte. Slucp baS
glagolitifcpe Pianufcript, baS ben Slariften unter bem Parnen Evangelium As ie-
manni befannt ift, würbe non bemfelben gum ©rüde pergerichtet.
22 •
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340
SBoit 3oan £!alüi<5’ ©ompenbium ber creatijchen ©ejchichte eiferten ju Slgram
bie zweite SluSgabe. ©aS SBerfdjen, bas nid?t§ anbereS ift, al6 eine ©ompilation,
leiftet jebod) alg ©lementarbud) bet @e(chichte in ben SRaticnatidjulen vortreffliche
©ienfte.
Sluch im „Glasnik“, bem Drgane ber litterarifchen ©efellfchaft in 33elgrab,
Bon welchem ber 14. unb 15. ÜBanb auggegeben würbe, finben fict) intereffante ge*
fc^i^tlic^e Stuffähe unb ©ocumente, unter biefen ein ©iplom bee ÄatferS Stephan
©u§an, worin er bie ©rünbmtg be§ ätlofterS Prizren anorbnet unb bemfelben eine
reiche ©otation verleiht 3m „Glasnik“ würben auch bie Bon 3anfo Safari! im
ÜlrdjiBe ju SBenebig gefunbenen, auf bie ierbifcfie ©efd)icbte bezüglichen ©ocumente
abgebrueft.
©er Profcffor am Spceum ju 23e(grab, Pantaleon Sredtooiä, ber an
einem (Sompenbium ber 38e(tge]d)id)te arbeitet, veröffentlichte bereits bag erfte 33ucb
begfelben. ©ie Äriti! bezeichnet eg alg vorzüglich geeignet für bie Plittelfchulen.
2SaS Ueberfejjungen Bon hiftorijd?cn SSerlen anbelangt, fo etjdnen im Bergan»
genen 3ah re e * tte f e h r gelungene Uebertragung Bon PiignetS ©ejchichte ber franjo*
fifchen ^Resolution, welche Sjubomir 5R enabooi6 befergt hatte.
©er britte wiffenfchaftlidje Bweig, ber in bem befprochenen Beitraume oor=
juggweife cultisirt würbe, ift, wie wir oben erwähnten, bie Philologie, unb zwar
lebiglich bie ftanifche. ©leidjwie nun Plitlofid) in bem allgemeinen Umfange biefer
SBiffenfchaft ben erften piajj einnimmt, fo ragt im befottberett ©ebiete ber ferbo*
croatifchen Philologie ©aniCic über feine Piitarbeiter auf bieiem gelbe hersor. SSon
beffen ausgezeichneter ferbifdjer ©rammati! (ber gormentef)re) erfdjienen in biefem
Bahre zwei SluSgaben unb eine britte mit lateinifchen Settern wirb Borbereitet.
SBon feinem 2ßörterbud)e ber in ben alten ferbifchen Sdjriftbenfmälem norfommen*
ben SBörter würbe bag 5. Jpeft auggegeben.
gür bie ©pmnafien beg gürftenthumS Serbien gab 33labimir 33 u i ö eine
©rammati! heraus unb ein anberer Prof eff or in 33elgrab, Sonn SBoSfonid, be»
arbeitete in einem Weinen 33anbe einige ©h e ^ c her ferbifchen ©rammati! mit Bieter
Sad)fenntni§.
Unter ben jüngeren, in PiiflofidjS Schute gebilbeten Philologen ift lobenb zu
erwähnen ber Profeffor in Slgram, SB. Sngic, ber einige, Bon nicht gewöhnlichem
Philologien Söiffen unb Sdjarffinn zeugenbe Ülrtifel seröffeittlidjte. ©erfelbe würbe
auch zum Seiler ber Philologien Stbtheilung jenes neuen wif[en|d)aftlid;en Sour*
nalS beftimmt, beffen tpauptrebacteur, wie bereits gejagt würbe, ber hiftorifer ©t.
fRaöfi ift. Sind) Prof. Pi ah nie, welcher gleichfalls ber PlifloÜeti Schule
angehßrt, Berbient erwähnt zu werben, 6t gab eine gute Pionograpfne über bie
Quantität im Slltjlooenien herauf
©aS in trieft erfchienene illt)rifd)=italienijd;e SBörterbud; eineg gewiffen Sura*
§ i 6 jeigt wohl bie empirie Äenntnifi ber Sprache, zugleich aber auch ben Plangel
jeber Philologien 23ilbung, unb ielbft für ben auSfdjliefi pra!tijd;en ©ebrauch hat
bag S3u<h wenig SBerth-
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341
©etradden wir nun nod> bie anberen wiffenfcfsaftlichen 3 ®eige, fo finben wir
biefelben int »ergangenen Sah« beinahe gänzlich oernachläffigt. Sir haben in biefer
©e^iehuitg nur foigenbe Serfe anjufüt)ren: eine Heine Slrbeit oon Gugen Äoa*
ternif, bie 311 2lgram unter bem ©itel „Hrvatski glavnidar“ (©er croatifc£>e
Gapitalift) auögegcben würbe; ben 3 U ©eigrab erfd)ienenen 15. ©anb bet ©efefj»
fammlung für baS gürftentfjum ©erbien (Sbornik zakonika uredba i uredbenih
ukaza u knjazcvstvu Srbskoniu); ferner eine ©tatiftif beßfetben 8 anbe 8 (Diiavo-
pis Srbije), enblich ertcfjien nod) gu Sigram eine 5Raturgefc^icf)te ber ©äugethiere
unb eine Ueberfeßung ber ©ibaftif beS 9 lmo 8 GomeniuS.
Senn wir fdjliefslich, ber angeführten Gintheilung gemäfj, noch ber periobi»
fchen Stiftungen Grwähitung thun, fo müffen wir biejenigen ©d)riften, bie einen
überwiegenb ober bod) ttjeilweiie wiffenfc^aftltcfjen 3 nf)alt haben, Don ^ en eigent»
liehen Journalen unterfcheiben. 3 n jener ©egiebung h e ^ en lüir junädjft einen ©anb
ber „Srbski ljetopisi“ (©erbifdhe Slnnalen) heroor, bie feit ungefähr 38 Jahren
ju ff)efth auf Äoften ber Matica Srbska herauöfommen. 3« berfelben ©tabt publi»
cirten bie ferbifdjen ©tubenten unter bem ©itel „Preodnica“ (Seitftem) eine
©ammlung oon h'ftorifd);pht(o(ogiidicn 2luffä£en, in welcher jebod) aud) bie 33eHe=
trifti! oertreten erfefjeint. 3n 3ata würbe baS Jahrbuch „Srbsko-dalmatinski Ma¬
gazin“ h e raußgcgeben, beffen $)ublication feit ungefähr ‘20 Saften fortgefefct wirb,
©er 3 nhalt beö oortiegenben ©anbeS ift, einige ‘iluffäfce über »aterlänbifrfje @e«
fchichte unb ©tatiftif ausgenommen, grofsentheilS bettetriftifeb. ©leiden Snhalt hat
auch baä jweite £eft beö Jahrbuches „Licejka“, welches oon ben ©tubenten beS
SpceuniS in Selgrab rebigirt wirb. 23on bem SXrd>i»e für bie ©efdljicfjte ber ©üb»
flauen unb 00 m „Glasnik“, bem Drgane ber litterarifchen ©efeClfdjaft ju ©eigrab,
haben wir bereits oben bei ben ftreng wiffenfchaftlichen Serien gefprodjen.
SaS bagegen bie eigentlichen Soumale anbelangt, fo fßnnen wir felbftoer*
ftänblidj in eine ätritif bet einjelnen Seiftungen niept einge^en, fonbem müffen
uns mit ber 2lnfüf)rung ber ©itel unb Slngabe bet Siebacteure unb ©erlagSorte
begnügen.
Sir oerjeiepnen fxe unter fofgenben Glaffen:
a. $)olitifcpe.
3n Ülgram: „Pozor“, rebigirt oon fPerfooac, unb „Narodne novine“ (offi»
cieH); in 3ara: „Narodni list“, eine Sodjenfcprift unb Beilage beö oon Siobilo
in italienifcper ©pradfje rebigirten ©latteS ,11 nazionale“ unb bie officieHe 3«*
tung „Glasnik Dalmatinski“; in Sleufafc: „Srbski Dnevnik“, rebigirt oon ©jor»
gieoid, unb „Napredak", rebigirt oon SJtebafooid; in SBelgrab: „Srbska Narod-
nost“, rebigirt oon ÄacanSfi, „Svetovid“, rebigirt oon 2(nbrid, „Srbske No¬
vine“ (officied), „Vidov-dan“ (officioö), rebigirt oon fPopooid.
b. ©elletriftifcpe.
3» 9lgram: „NaSe göre list“ (KreSid), „Danica ilirska“ als Socpenfchrift
unb Seilage ju ben „Narodne novine“, oon ©aj rebigirt; in Äarlftabt: „Glaso-
noäa“, rebigirt oon Sufäid; in $)ofega: „Slavonac“, rebigirt oon Äraljeoid; in
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3ara: „Zviezda“, rebigirt von Sunbeöic; in fReufaß: „Daniea“. rebigirt non
$)cpotd(;, unb „Javor“, rebigirt von Sooanovitf.
c. SDibaftifcb=ßäbagogifche.
Sn Slgram: „Napredak“, rebtgirt von SRevotni, „Torbica“, rebigirt von ben
Stubenten ber JRecbtSafabemie; in fReuiaß: „Skolski list“.
d. SReligiöfe.
3n Slgram: „Katolieki list“, rebigirt von Vorrat; in Selgrab: ber tebon
oben ermähnte, von ben bortigen ©eminariften rebigirte „Bogoslov“.
e. 3«i'ibifd)=f olitifebe.
3n jfiumc: „Pravnik“, rebigirt von Saranicani=©obrinovi<5; m 2lgram:
„Gospodarski list“, rebigirt von Sulef; in SReufaß: „Seljak“.
f. .pumoriftifebe.
3« fReufaß: „Konuuac“.
Seit ben eben angeführten Sournalen haben im Saufe beS Sabre? ju erfchei*
nen aufgehört: „Pozor“, „Javor“, „Zviezda“ unb „Pravnik“.
Somit mären mir mit ber Stufjäl’lung ber middigen ©rid)einungen, bie baS
verfloffene 3aßr in ber ferbo=croatifd)en Sitteratur gebracht, ju ©nbc Ssir muffen
hier nur nochmals bie Semerfuitg Idntidügon, baf; man hei Seurtbeilung jnter
Setjhmgen nicht blot} bie ©egenmart, fonbern auch bie Vergangenheit unb Sufunft
inS Sluge faffen müffe; erftere, um fid) bie mannigfachen pinbemiffe gegenmärtig
ju halten, melcbe bent Stuftreten unb ber ©ntwid'lung einer nationalen Sitteratur
entgegenroirften unb beren ©ittflüffe jurn Sbeile nod' heutzutage in SSirfiamfeit
finb; ledere aber, um ber Statur ber Sache gemäß bie ©egenmart lebiglich als
UebergangSperiobe ju betrachten, bie fid) um fo hoffnungsvoller geftaltet, je reich 5
haltiger unb rühriger fid) bie allerorts hevridjenbe Sßätigfeit bemaf)rt. ©abin redj=
nen mir bie vollftänbige fReform beS ©nmnafialmeienö in Serbien, bie fReorgani»
fation beS SpceumS in Setgrab mit ber ©Weiterung feines 2s3ivfung8ireife8, bie
Semühungen ber C'fterreicbi'cben Serben bezüglich beS SnSlebentretenS einer fRedjtö-
afabemie in SReuiaß, bie ©rünbung ber 21 labende ber SMffenfdtaften in 21 gram
unb bie Schaffung ber fDtittel für eine nationale Univerfität, beren Statuten he»
reitS jur höheren ©enehntigitng vorgelegt mürben. SSenn mir entliefe nod) barauf
hinweifen, bah oin bebeutenber Shcil ber Nation noch unter bem Suche ber Süden
feufjt unb mit Sebnfucßt einer ©ntfebeibung ber immer ernfter h<roortretenben
orientalifchen «frage entgegenfieht, fo mie baff bie ©ebitbeten unter ben öfterreid)i=
fdf)en Sübflaven fid) eifrig mit ber politifdten Sage beS SanbeS unb ben gur Jie»
gelung ber vermorrenen Serbaltniffe gemad)ten Slnftrcngungen befd)äftigen, bann
roirb mau einfeßen, baß in ber ©egenmart baS öjf entließe Sehen beinahe gänzlich von
ber $)olitif abforbirt ift, unb wirb eS begreiflich ftnben, baß bie SluSbeute auf bem
litterarifdhen Selbe nur eine verhältnismäßig gelänge fein fonnte.
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34a
D. (©om beutfchen ©ücbermar?te.) 3StT waren wohl p voreilig, wenn
wir in unferem lebten ©erichte-ein'regeres Sehen auf bem beutfehen ©üßermarft begrüß
ten; aus ben jüngft vergangenen Soeben liegt unö für unferen heutigen ©erid)t ein mit
geringes 93iateriat vor. 3. (£. 9)iorifofer, befannt bureb feine febwei^mfebe Sitteratur*
gefd;id)te be3 1*8. Sahrhnnbertfy l?at bie firchlicbe ©efchichte feinet ©atertanbeS junr
©egenftanbe einer neuen Arbeit erwählt. Sie „©über au$ bem ürdjlidjen Sehen brr
©d;weiz" enthalten, von bet ©runbitng ber cfyriftlicfyen £ird;e in ber ©cbweiz auSgehenb,
eine Steife febr.fleißig gearbeiteter SarfteHungen unb gerfebungen über ba$ 6(;riftentl)um
bei ben ©urgunben unb Alemannen, über SRubelf von £ab6hurg, 3ürich unb 3wingli,
©enf unb Galvin, fo wie an$ neuerer 3eit ©togravhieen unb Gfyarafterifttfen $agebont0,
Savaterb unb ©inetS. (Sin weiterer ©eitrag zur Äinbengefchidtfe be$ SDlittelalterö: „Aftro*
logie unb Dleformation, von Sr. 3vh* griebricb", benmbt ftd?, ben 3nfammenhang ber
{Reformation mit ber Sitteratur bcö aftrologifd^en Aberglaubens unb ben (Sinflufj berfeiben‘
auf bie ©ntftehung beS ©auernfriegeä nad^uweifen, beleuchtet fomit eine ©eite bet {Re*
formation, welche bis jefct nur geringe ©eachtung gefunben hat. ' * -
©bn $Prcf. 6aruS in SrcSben, ber ungead;tet feines I;oT)en Alters noch ungefchwach*
ter Thätigfcit fiel) erfreut, erfchien eine neue ©earbeitung feines „AtlaS ber ßranioffopie".
3unächft al$ ©ilbevwcrf für bie „©Emboli! ber menfcblicben ©eftalt“ beftimmt, enthalt
er auf 30 febon angeführten litbcgraphifchen Tafeln Abbtlhingen von ©fabeln befamt*
ter ©erbred;er unb aus ber reidwn ©ammlung beS ©erfafferS bie TobtenmaSten berühnt*
ter SDlämter, woburch er auch für ben Saien von Sntereffe wirb, ©>ir finben in bemfelben
©oethe’S voflenbet febbne ©eftcbtSzüge neben benen feines fürftliehen greunbeS, 9tapcleonS
gewaltiges £aupt, bie Tcbtenmasfen von Sutber, &ant, ©ect(;oven, Cfen, Arnbt n. 9t.
Sie zahlreichen SReifebefdircibungen, ©riefe unb Tagebücher über Stalien. vermehrt,
5R. ©ottfd)all buicb feine „SReifetilb.cr aus Stalien". ©ie beginnen, ba ber ©erfaffer über
Ccfterreid; nad; Stalien ging, mit einer ©efebreibung unterer ©tabt. „©erlioz, Drd)e-
fterabenbe, 'muflfalifche Novellen unb ©enrebilbet", enthalten alb zweiter ©anb feiner
©driften eine Anzahl unterl;altenb gefebriebener geiftreid;er geuitletonartifel. 6ine anbere
©ammlung znrn großen 2 heile febon gebruefter furzer Auffäße, erhalten wir von S^h*
©cberr. „©lijreb^ictleS“ nennt fte ber ©erfaffer nicht unpaffenb, faft fämmtlicb fmb fie
fet;r ftarfe ©atiren unb Eingriffe in ber befannten rabicalen Tenbenz il;reS ©erfafferS.
9(10 Novitäten beS Snlaubeö liegen vor zwei neue bramatifebe Arbeiten granz
9liffelS, ba$ ©olfSbrama: „Sie 3auberin am ©tein“ unb baS Trauerfpiel: „Stbo“.
P (©om franzofifeben ©ü chermarft.) 9tad) einet längeren $>aufe ift wiebet
ein ©anb von ©uizets Memoiren erfd>ienen: „M^moires pour servir ä Fhistöire
de mon temps, par M. Guizot, Tome s»xieme tt . 6r enthält bie politifche, h®^*
fachli^ bie biplomatifd;e @efd;ichte ber Sahre 1840 bi$ 1842 unb befd)äftigt ftch in
fünf 9lbfchnitten' mit ber Diücfbringung ber Jlfche 9tapoleon0 von ©t. Helena, ber ©e*
feftigung von ^)ari0, ben tür!ifch»ägpptif4en ^änbeln, mit bem Surchfuchungörecht unb
ben weniger htrvorftechenben inneren unb äußeren Angelegenheiten jener 3eit. 3eitung0*
lefer werben fid) noch ber großen Aufregung erinnern, weld;e bie eben genannten gragen,
über bie unterbeffen ganz anbere (Srcigniffe hinweggefchritten ftnb, verurfachten. 9ßir
machen babei bie ©Wahrnehmung, baß im Anfänge ber ©terziger Sabre bie Siplomatie
noch einen ziemltd) ftarfen ©dreier über ihre Arbeitern warf, währenb jejt alle ©chwie» ;
rigfeiten unb ©knblungen viel rafcher z»r allgemeinen tfenntniß gelangen. Sie allgei??
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344
meinen 3üge ber 5>otiti! ber verriebenen Staaten finb gmar längft bcn Leuten, melcbe
ftcfy mit berfelben befchäftigen, befannt; aber über gemiffe Setail« finbet man bocb in
©uigot« Memoiren Auffcblüfje von großem Sntereffe, ferner Aetenftücfe, treidle von bem
fünftigen ©efcfncbtfcfyreiber unferer ©poche nid;t igitorirt merbeit fönnen. Sen bcn Sou*
verainen unb bebeutenben biplcmatiichen s Perfönlicbf eiten, bte in bem fatsten Sanbe ber
$Remoiren ©uigot« eine Spotte fpielen, finb mit Ausnahme ber Äönigin Victoria unb
ihre« SDlinifter«, Sorb ^ßalmerfton, alle theil« geftorben, theil« non ber großen SJeltbühne
abgetreten. Sa« fPalnierfton anbelangt, fo mar er febon bamal« in ber ^Diplomatie eine
gefürchtete $>erfcnlicbfeit, meld;e namentlich ben grangofen manchen bitteren Becher cre*
benote. Sie Sage ©uigot« al« confervativer fran^efxfdbcr fPreinierntinifter gmifd,'en bem
brangenben frangöftfcbmationalen @6rgei$ unb ben granfreid) mit Mißtrauen unb Unruhe
beobachtenben, immer gu einer (Koalition bereiten Kabinetten ber anberen ©rcßmächte
bitbet ben ©runbton be« ermähnten Sanbe«.
Sie non rieten ©efchichtSfchreibern ber frattgöftfeben Revolution fo grünblich ber*
(eumbete Königin 9Jlarie Antoinette finbet jeßt immer mehr Sertheibiger, je mehr So*
cumente au« ber 3rit an ba« $age«lid;t treten. 3m abgelaufenen 3abre finb nicht meni*
ger al« ein halbe« Sußenb frangöfifeber Sücher biefer Art publictrf morben. Sa« jüngfte
heißt: „L’intrigue du collier; episode du regne de Louis XVI. par L. Seubert“.
Sefanntlid? mar in ber befannten .£>al«banbgefcbid?te bie Königin auf ba« fchänb*
lichfte verleumbet morben, bie fd'amlcfe Urheberin ber Sntrigue aber bie ©räfht Sa
9Dtotte, melche auf SebenSgeit gut ©aleere verurtheilt mürbe. 3u ber Revolution
glaubte aber ba« revolutionäre publicum, bie Sa OJictte fei ein unfchulbige« £>pfer, bem
Ruf ber Königin gefallen. K« ift jeßt ermtefen, baß burd; ein große* ©emebe von
Sügen bie öffentliche Meinung getäufeßt mürbe. Sa« ermähnte Serfcbeit fcbließt: „Sir
mollten unfere Vttlbigung bem Anbenfen an eine Königin bringen, beren Jugenb unb
Anmutl) auf bem 2h rDnc ' ^ cren in ber ©efangenfehaft unb auf bem Schaffet
eine ber ergreifenbften, burch ben Scbmerg unb bie Serleumbung geheiligten Kpifcben in
ber ©efchichte bilben".
©i$unö«berid)te.
fiaiferltrije ^Umöemie kr WfJenfdjflflrn.
Sißung ber pbilofophifch‘h ift orifd;en Klaffe vom 24. gebtuar 1864.
güt bie von ber Klaffe eingefeßte Kommiffion für bie Verausgabe öfterreiebifeber
ffiei«thümer finb folgenbe 3ufcf>riften eingelangt:
a. Som nieberöfterreicßifchen Sanbe«au«fchuß bte Angeige: „baß ben OJiitgliebem
berfelben ba« I;ierortige Sanbeöarcßiv gur Rachforfcßung unb eigenen ßinfiebtnahnte von
Sei«thümem mit größter SereitmiUigfeit geöffnet ift 1 '.
b. Son ber Sirection be« hiftorifchen herein« für Ärain bie Aufforberung, auch
in biefem Äronlanbe für ihre 3wecfe Rachf errungen vorgunehnten.
Verr ^)rof. Ävtcala in $)rag legt vor: „©eiträge gur Äritif unb ßrflärung be«
SophofleS".
Verr Sr. Vermann Saermalb in Serltn überfenbet ber hifbwfd^ 11 Kommiffion
gur Verausgabe fein Serf: „Sa« Saumgartenberger gormelbuch. ßtne @efd;ieht«queUe
be« 13. Sahrhunbert«, gum erften 9Jtal h«flu«gegebett unb erläutert".
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345
Herr 2)r. Aloid Willi er liedt: „Pdmun. Pin ©eitrag 3 m Wbtholcgie bed orten*
talifcben Alterthumd".
Psntun entfpricht bent Aeflepice. Pr tritt gewöhnlich ald „ber klebte" gebeutet mit
Nürfficpt auf bad femitifche 3ahlwort. Nacbbem bet SSerfaffcr tiefe Prflärung einet ein*
gebenbat Äiitif unte^ogen unb ald gan 3 unhaltbar nachgewiefen, gebt er 3 ur geftftellung
ber mcglid'ft wahrscheinlichen Ptmnologie bee Namend über, ©eftüßt mm auf bie anbere
gernt „Aftm", welche und bie große guneralinfcbrift bed Äönigd Pdmuneser, ber ben
Pdmun fo 3 U fagawld feilten Namendpatrcn berehrte, bietet, erflärt ber 23erfaffer, auf
©elege geftüßt, ben Flamen Pdmun ald „ber @län 3 enbe" unb in übertragener ©ebeu»
tuttg „ber Weitere, Spelte, greuitbliche", belebe ©ebeutung auch treffenb 3 um ^Befen bed
Heilgotted patjt. Serfelbe ift in ber ursprünglichen ©orftelluttg eine Wanifeffation ber
Sonne, unb 3 trar biejenige, welche im ©anjen nid;t fchäblicp, fonbem irol)ltbnenb wirft
auf bad ©efd)affene, auf bad phüfifdw Scheu ber Preaturen, bereu gertbeftehen unb @e*
beiben nur bann möglich ift, wenn bie lernte jette tarnte ilmen fpeitbet, bie ber ©e*
bittguttg eined gefunben gortbeftanbed unb einer fräftigen © 3 eite:bilbung entfpricht, wenn
bie auf fte einwirfettbe Suft jene gefunbe Temperatur t;at, welche im Allgemeinen Äranf«
feiten ferne halt unb ©cblbefinben unter Wcnfcben unb 2I;ieren l^errorbringt. Aber nicht
blctj bad ©efteben unb ©ebeiben backte ber Naturmenfch im Allgemeinen bon ber Sonne
fid> abhängig, fonbertt .auch bie Sittberung unb Teilung ber Sd;nter 3 en, Äranftwiten,
Seiben unb Qualen, ron benen bie geraffenen SÖefen beimgefud't werben. Petitun ift
alfe jene straft ber Sonne, weld;e gortbeftanb unb ©ebeiben, ©enefung unb Heilung
berleiht, welche webl unb gefuttb erhalt, aber auch wieber gefuitb macht — er ift bie
perfcnificirte ©efunbheitd’ unb Heilfraft ber Sonne, bann ber Heilgott überhaupt. Aid
fclcher ift er eine ber brei s J)erfonen, ber bret perfcnificirten Hanptfräfte, welche in ber
ald eine SSefenheit gefaßten Sonne enthalten finb: (©aal) — ber P^euger; Woloch,
ber ©erberber; Pdmun, ber Prhalter, ober bad 3 eugenbe, bad berberbenbe unb bad erl>al»
tenbe ^rincip. — Außerbem werben non Cent ©erfaffer nod; biele anbere wichtige fünfte
ber orientalifchen fcwobl ald auch claffifchat Wpthologie bebanbelt.
£ad witflicpe Witglieb Herr 2)r. ^figmaier legt bor: „Sie Unternehmungen bet
früheren gegen bie fübweftlicben grentbgebiete".
©leich bem ga^en Sitben bed fpateret eigentlichen Witteltanbed war auch ber jefct
bid 3 U ben Warfen non 5übt unb Hinter*3nbien borgefchobene Th c ^ biefed ^anhed in
früheren Seiten bon gafilreiepen fremblänbifchen Stämmen bewohnt, welche 3 unt Sheile
noch ein 38?anberleben führten, im Allgemeinen jeboef) fchon Stabte befaßen unb eine fehr
bebeutenbe Änjabl fleiner gürftenth inner gegrünbet hatten.
$iefe ©egenben, ungefähr bem h^btßen 2 )ün-nan unb bem {üblichen Theile non
Sfe*tfchuen entfprechenb, unb burch einen bon Tfu (etwa 333 bor unferer Betonnung)
audgefanbten Heerführer entbeeft, blieben ungeachtet ihrer Pntbeclung, ba ber erwähnte
Heerführer burch bad bamald non SSeften tcrfchreitenbe Jhfin abgefchnitten würbe unb
mit ben Seinen ald Anftebler in bem fernen Sanbe jurücf$ubleiben ge 3 trungen war, burch
längere 3 eit gän 3 ltch unbefannt.
Prft gegen ben Seginn unferer Berechnung würbe Han, tDelc^ed einen möglicbft
nahen 2öeg nach ^ em Sanbe S(bin*to (Bnbien) gu fuepen bemüht war, auf biefe ©egen»
ben auftnerffam gemalt, unb trachtete fofert burep Abtiefung oon ©efanbten, ©erichtd*
beamten unb 3 ulept bon Äriegdl;eeren Pinfluß 3 U gewinnen unb feine ©ewalt über bie
betriebenen, bidl;er unabhängigen Stämme 3 U befeftigen.
$ie borlicgenbe Abhanblung befd;ränft fiep auf bie Wittheilung ber Nachrichten bon
# ben Unternehmungen ber früheren £an gegen bie genannten grembgebiete, beten Unter»
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tterfmifl inbeß nid^r voliftänbig gelang, inbem bie 33emchner gti mieberhclten Skalen ftch
empörten, unb bie $ur ffiefämpfung ber Slufftänbe entjenbeten älriegSbclfer von «£>an, auf
ben entlegenen unb unmirtbbaren Strecfen gegen einen an ficb aller! tng$ menig furcht*
Baten geinb entfcpieben im fUacbthcile 4 in großen Mengen ben Äranfheiten unb Seuchen
erlagen.
©er lebte in ber 3lbhanblung ermähnte weitverbreitete 5Jufflanb, ju beffen Unter»
brücfung Wang*mang vergeblich ein £eer von 200.000 Kriegern aufbet, erreidde fein
@nbe erft mit ber ©riinbung be$ Kaufes? ber fpäteren £>an.
St^ung ber mathemattfcb'-naturmiffenfchaftlichen ©taffe
vom *25. gebruar 1864.
£mrr ^rcf. ©r. ?l. b. Waltenhofen in JnnSbrucf überfenbet eine 5lbl)anblung:
„Secbad;tungen über bie ?)elarifaticn cenftanter Äetten unb beren Einfluß bei Span*
nungöbeftimmungen nach ber ©ompenfaticnSmetbobe".
©ie Slbhanblung enthält zahlreiche genaue WJeffungcn ber eleftromotorifchen Äräfte
mehrerer cenftanter betten, bie bi eh er n cd) nid't näher unterfu'cbt morben mären. —
©abei mtib inäbejenbere ba$ cleftremetorifche Verhalten ber fegenannten „©aöfchle" bei
2lnwenbung verfebiebener SabungSflüffigfeiten mit jenem beS ^MatinS forgfaltig verglichen.
— Unter ben unterfuchten ?abung$flüffigfeiten befinben ftch namenttid; -aud? jene, welche
in lebtet 3eit ben ©ering unb bem 9?crfaffer felbft alf$ ©rfa^mittel für Salpeterfäure
b erg eich lagen morben finb. ©ie erfteren finb fofungen ben falpeterfaurem ätali ober 9ia»
tren in Saljfäure, bie leideren finb 9Jiiubungen ben Salpeterfäure mit Sdnoefelfäure.
©ine Aufzählung ber 3«hlenrefultate mürbe ben aitgemeffenen Umfang eines 9lu$*
Zuges überschreiten. ©8 fei bah er nur furz bemerft, bat) bie ©ering’fchen glüffigfeiten
bei Ächle unb Platin in ihrer elefhcmotcrifcben Wirffamfeit mit ber Salpeterfäure
nahezu übereinftimmen, berfclben jebech in ber ©auet bet cenftanten Stremintenfität
nad)ftehcn, unb baß bie bem SSerfaffer borgeftf'Iagenen glüffigfeiten in beiderlei Äetten
eleftremeterifcbe Ätäfte entmicfeln, meld;e bie einer ©robegehen Äette um 6 bis 13pGt.
übertreffen. — ©abei hat ftd> bie ©aofol;le in ben meiften gäflen etwaß wirffanter ge¬
zeigt als Platin.
©en £auptgegenftanb ber Ülbhanblung bilben übrigens anbere golgerungen, meiere
fich auS ben angeführten ^Reifungen ergeben unb in mehrfacher ^Beziehung widrig fmb.
©ie SReffnngen fmb nach ber GcmpenfatienSmethebe, unb zwar in her zweifachen
3lrt angeftellt worben, baß bie unterfuchte ccnftante Äette (ben ber eleftrcmotorifchcn
Äraft E) baS eine fDial zur ©empenfation einet ©anielffchcn (ben ber eleftromoto*
tifchen älraft D) rermenbet, unb baS anbere 9J!al felbft butch eine Säule ben brei ©a*
ntell’fchen ©lementen ccmpenfirt mürbe ©er erfte erfuch ergab unmittelbar ben Werth
E
D
K, f ber zweite gunäd^ft ben £}uetienten
3D
E
zi q unb heraus
K*.
— Wenn nicht nur bie ccmpenfirten Werten, ben benen man bieö mehl annehmen barf,
fonbern auch hie ccmpcnfirenben ihre ursprünglichen eleftromctorifd?en Äräfte unberänbert
beibehalten hatten, fc müßten bie Wertpe K! unb Ko merflicb gleich ausgefallen fein;
bie ©rfahrung hat ahet gezeigt, unb zwar in mehr als hunbert SHcffungen ebne 9luö*
nähme, baß bie Wertbe K, regelmäßig größer maren als bie Wierthe K,, obgleich e8
burchauS nur conftante Äettcn maren, barunter namentlich auch ©rcbe’fcpen,. meld;e
mit bet ©aniell’fd;cn verglichen mürben, unb mäl)rcnb bie zusammengehörigen Kj unter
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ft<$, fo wie auch bie K 2 unter ftcb trefflich übereinftimmten. —* Uebrigen« war ber bt*
faßte Untcrfdneb bet ben fJMatinfcttcn riet behm-btlichcr al« bet ben Ärhlcnfctten ben
gleicher güllung.
(£« wirb fefort naebgewiefen, bap biefe Jbatfadwn in einer ^elarifatien ber com*
pentirenben Stromquelle ihre bcflftänbige (Jrflcirung ftnben, unb bap eben bepl;alb im
E
SBergleicbe mit bem wahren Serhältniffe v bie Scrtbe K, immer $u flein unb jene
K
K» bagegen immer 3 U grep fein muffen.
hierin liegt ba« für bie ©albanemetrie njicbtige (Srgebnip: bap jene« 9Serfat;ren
ber Gcinpenfatieußmethebc, weld;c« ba« Spannnngßberhältnip ber beglichenen Äetten au«
ben in ber ccntpenfirenben Stromquelle unb in ihrer 9lebenfcftliepung t»orl;anbenen SSSiber»
ftänben ab (eitet, bie Äraft bet compenfirenben Äette im -Vergleiche mit ber cempenftrten,
ftet« 31 t flein angeben muffe; bat) bagegen baß anbere Verfahren, wekbe« bie eleftro»
motcrifcbe Äraft ber compeitfirenben Stromquelle burd? baß 5>rcbuct ben Strcmintcnjität
unb Siberftanb in ber 9u‘bcnfd'liepung barftellt, bon ber in ber s ])otarijation ber com*
penfirenben Üettc Uftebeubeit gehlerquclle unabhängig fei. (Ter Scrfaffer macht auch auf
baß 3 utreffen bc« ©efagten bei ^teffmtgen anberer fpiwftfev anfmerffam.
2 >ie 9lbweicbung 3 Wifd'cn K, unb K* betrug bei ben untevfudden ^Matinfetten
burdMdmittlicft 8 p(5t. f im 9Sa;rimum 17 pGt., unb bei ben Aoblenfetten burcpfcbnittlith
4 pßt., im 9Jiaximuni 8 plit.; fie ftnb baber einerfeit« fo bebeutenb, bap bie gelgerun*
gen, welche baran« abgeleitet würben, nid;t unbeachtet bleiben tonnen, unb laffen anberer*
feit« in ber geringeren ^clarifationßfabigfett ber Acftlenfetten einen wefentticben Sorgug
berfeiben erfennen.
9lebft ber @ompenfaticn«nietftobe bat ber Serfaffcr auch bie w 9Jtethobe ber großen
SBiberftänbe" (auf beren 9 >rincip gcd'ncv« „langer SKultiplicator" beruht) angewenbet
E
unb bamit für 3ablcn erbalten, weld;e in ber Siegel jwifeben ben bebreffenben K, unb
K 2 liegen. — (Tiefe Sachweifung empfiehlt bie „SJletftcbe ber grepen SSiberftanbe" al«
eine für conftante Äetten giemlid; berldplkhe in jenen gaffen, wo e« ftd) nur um rela*
tibe 9)kfniugen, unb nicht um jette fPräcificn banbeit, welche namentlich ba« zweite Ser*
fahren ber ^oggenborfffdten (5ompcnfation«tnet(;obe bor allen anberen ausgeidmet.
Sirb einer ßemmiifion gugewiefen.
$>err $>ref. 3lbolf Seit) an« ?anbei g übermittelt eine Arbeit, unter bem Sitel:
,,Unterfucbungen über bie ( 5 utwirflungßgcfd;icbte be« garbfteffe« in ^flangcngcflen".
(Ter Serfaffer bat an einer Seihe ben s }>flan$en beffen (5ntftel;en unb ßntwicflung
oerfolgt unb fein Verhalten 31 t ebetnifeben Seagcntien waljrcnb biefe« Vorgänge«, fo wie
feine ©eftaltnngßberhältnifje fcftgefteflt unb e« bat jieft barau« ergeben: 1 . (Tap bie Sil»
bung be« garbfteffe« in einer unb bcrfelben 3 etle faft immer auf 3 Wei ober mehrere bon
etnattber oerfchiebcne ?(rten erfolgt. 2 . (Tap bie Vilbmtg beßfelben nicht eine Seubilbung,.
fonbem lebiglicb eine Umwanblung be« Pigmente« auf bleibender Unterlage genannt wer»
ben müfie. 3. (Tap man bie Urfacfte biefer garbenwanblung in einer bureb bie Vorgänge -
beö Seifen« beränberten (Tiffuftonßtbatigteit bcrfelben 3 U fud>en habe. 4. (Tap nebftbem
glcid;geitig eine gweite Silbung«art be« garbfteffe« auftrete, burd) weld;e im Sunem eige*
ner (viementarergane (Vlä«d;en) berfclbe birect au« ber ftictftcffballigen 9Juiterie bcrfelben
entfteht. 5. (Tap bie fertigen garbfteffgebilbe an ihren (Süden favblofe SdUeiuifäbeu er¬
halten, bie oft mehrere oerbinben unb ba« ^robuct einer Umwanblung fein dürften,
welche bie Unterlage be« garbfteffe« erfahrt. G. (Tap bie garbfteffgebilbe fddieplicb, inbem
il)r Pigment immer bläffer wirb, in ihre (Jheile (Unterlage, Pigment) ficb gerlegen. Cr«
hat fid; ferner au« biefen Unterfucftungen hcrau«geftellt, bap im Snnern bon Sellen eine
Sfrt oon (Slementarorganen oorfommt, bie au« einer Membrane unb einem oon i^r fc^arf
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getrennten, flüifigen Snhalte beftetien, in ober ou$ welchem ftcf> im ©erlaufe ü;reö hebend
9lmp(um, Gf;forepf;i>H unb garbftoffe hüben fonnen. $)rof. ©kiü nennt ftc im 9lflgemei-
nen ©läckben unb unterfd;eibet Gf;lorcpf;pHblä3d)en, ^mptumMdöcpen, FarbftoffbläScpen, je
nacbbem in ihrem Snhalte Ghlcrcpbpll, 9(mplunt ober garbftoffe norfommen. 2)aö Gnt-
ft eben unb bie GntmitflungSgefcpicbte tiefer Glementarorgane ift ebenfalls in allen Sta*
bien beidmieben.
3Birb einer Gomntiffion gugemiefen.
£err 35r. 9t. ©oue lieet über bie ®ecgettie ber ßRanbel-, ©latter* unb $)ub-
bingfteine.
£err £)ofratl) ^>rcf. 3. $)prtl überreizt eine 9lbbanblwtg: „lieber 5öirbelaffimi*
tation bei 9lmpf)ibien", mit einer Safel.
©enn ber erfte ober lebte Jöirbel einer beftimmten Drbnung feinen Gfyarafter als
fetter aufgiebt, unb jenen ber näcbft rerbetgetjenben ober nädftfolgenben Drbnung an¬
nimmt, ift ©Mrbelaifimilation gegeben. Sie mar als fyalbfeiiigc ober boppelfeitige bitter
nur am menfcblicben Sfelette befannt. ©cvliegenbc 9lbf;anblmtg fd;ilbert il;r ©orfommen
bei ben 9(mpbibien, in melier Glaife fte eben nid)t gu ben großen Seltenheiten gehört.
9tur bei ben Batrachia anura taut fte bis je§t nicht gur 9(nficbt. 3n ben übrigen Fa¬
milien betrifft fie bie tyalbfeitige 9lffimilatiün beS erften ©ecfenmirbelS an bie ?enben*
mirbel, unb bie compenfirenbe, balbfeüige 9tffimilation beS erften GaubalmirbetS an bie
Secfenmirbel mie bei ben Saurii unb Gbelonii, — bie hafbfeitige 9lffüuilation beS leb¬
ten SRuntpfmirbels an bie Gaubalmirbel bei ben Dphibii, unb bie afpemetrifche SuSpen»
fion bes ©ecfengürtelS, an entgegengefe(?te Querfortfape gmeier hintereinanber folgenben
Wirbel bei ben Batrachia urodela. ®ie ©attungen ber Saurii, an melden fte hier
betrieben mirb, ftnb: ©rammatopbora, Sophttra, Otcnebon, GhrpfolampruS, CpluruS
unb $PjeubopuS. ©on ben Gbelonii trerben $)pxiS, Jcftubo, GlentmiS unb Gfyerftna, non
ben Cpbibti: SacbeftS, GrotaluS, Jrigonccepbalus unb 9lSpi$, non ben gefepmängten ©a*
trachicrn: ©ienopoma gefd;ilbert. #
£err ®r. 2. Jbirp fpriept über eine neue Wlctpcbe, ben Sünnbarm gu ifoliren.
gür äße F^flen, bie [ich auf bie Functionen beö fDünnbarmS beheben, ift eS notf;*
menbig, ein ifolirteö IDarmftücf für bie unmittelbare ©eobad;tung gugättglicp gu machen.
9Rancpe ber bisper in biefer Dichtung ausgeführten ©eifudm haben baS norgeftedte 3^1
gmar erreicht, aber unter Umftdnben, in meldben meber baS ©efamntttpier, noep baS ifo-
lirte 2)armftüd für längere 3?it unoeränbert erhalten merben ?onnte. Sch lege im F^*
genben eine neue SDtethobe nor, bei melier bie bisherigen Uebelftänbe nermieben ftnb.
SJiit £)ülfe berfelben bürfte eS moglid) fein, nicht allein bie 9RecpaniSmen unb $)rcbucte
ber 9lbfonberung unb ber SReforption beS ©ünnbarmS, fonbern auep bie ©eränberungen
in ber SBärmebilbung, im ©lutgepalt unb ber SReigbarfeit aufgupetlen. Scp pabe mid) in
biefer erften ®ittl;eilung auf bie Unterfuc^ung bed Sarmfafteö unb bie ©ebingungen
feined Gntftel;end befd)ränft.
Saö ©erfahren, meldet bei .^unben gu bem beahficptigten 3iele geführt hat, ift
folgenbeö: 9!achbem man bei biefen Jhieren bie ©audü;öhle in ber lin. alb. eröffnet
fyatte, trurbe eine Sünnbarmfchlinge t;eroorgegcgen unb auö biefer ein 10 bid 15 Gent,
langeö Stücl herauögefdmitten, jeboch fc, bai$ baöfelbe mit bem DJlefenterium, feinen ©e-
fäpen unb Dieroen in ©erbinbung blieb. 91un mürbe ba6 TOagen* unb 9lfterenbe bcS
Sarmed mit gemcl;nlicher 5)armnat;t bereinigt, fo ba^ alfe baburep bie Gontinuität beö
Sarmro^reS mieber rollftänbig I;ergcfteßt mürbe. 2)ab ifolirte ©arntftücf bagegen mttrbe,
an bem einen Gnbe mittelft ber gefreugten iTarmnaht rerfdüoffen, mieber in bie ©auch*
l;6t;le gurüefgebraept unb mit bem offengebliebenen Gnbe in bie ©auchf;öf;le eingenätjt.
^Diejenigen Öuitbe, melde in F 1 ^ biefer Dperaticn nidü an ^eritonitiö gu ©runbe
gingen, erholten fic§ fehr halb, bie Gmä^rung ging gang ungeftort oon ftatten unb nach
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349
etwa 14 Sagen, weld;e 3eh $ur Vernarbung pinreicpte, fonnte mit beit ©jcperimenten
begonnen werben.
(Sine folche ©arnififtel, mit aller Sorgfalt unb Verfielt angelegt, fann bei einiger
Schonung ÜJionate lang gebraucht werben. Auch ift, wenn man bie £)unbe nach längerer
3eit (6 biß 12 Sechen nach ber Operation) tobtet, an bem ifelirten ©armftücf auf
feine Seife irgenb eine franfpafte Veränberung 3 U finben.
gür gewöhnlich bemerft man, baß bie Sectetion ber ©armbrüfeit faft gleich 9luU
ift, geringe mechanische 5Rei$e aber finb leben im Staube, bie Abfenberung fofort in ©gng ju
bringen unb bnreh ftarfe mecpanifd'e Steife fann bie Secretion auf ihr Wiajrimum geftei*
gert werben. (Sin ©armftücf, wekpeß eine Sd'leintpautoberfläcbe von 30 Ouabr. (5ent.
befaß, fonberte im ©lajrimum 4 ©r. ©armfaft in ber Stunbe ab.
Anbere tReige treten gegen ben med'anifd;en fepr jurücf unb id? fonnte nur noch
burch HCl ton 0*1 pGt. eine reicplid;ere Abfenberung erliefen, ©agegen batte ttatür»
lieber, ton einem anberen £unbe aufgefangener 5)iagenfafr nicht bie gleiche Sirfung unb
eß barf baber behauptet werben, baß im 9 tcrmal 3 uftanbe bie Secretion beß ©armfaft eß
nur burep bie mecpanifche SRei^ung beß Speifebreieß eingeleitet wirb.
©er reine ©armfaft war bünnflüfftg, pell weingelb, geigte eine ftarf aifalifd;e Sie»
action, braußte mit Säumt unb enthielt einen eiweitjartigen, auß bem fd;wa<p angefäuer*
ten ©armfaft burch (Stpißen fällbaren Äörper. Sein fpecififcheß ©ewiept unb feine 3u*
fammenfeßungen waren unter allen Umftänben conftant. (Sr enthielt nämlid) bei einem
fpedfifepen ©ewid;te ton 1*0115 in 100 Speilcn 0*8015 Eiweiß, 0.7337 fonftige
organifepe SOcaterien, unb 0*8789 feuerbeftanbige Sal 3 e.
©er ©armfaft l;atte feine terbauenbe Sirfung auf Amplum unb gelte (33utterfett),
bagegen loßte er gibrin. Auf anbere ©ißweißferper fepeint ber ©armfaft beß ftunbeß niept
3 U wirfen, namentlich niept auf geronneneß (Siweiß unb auf frifepe gleifd;fafer. ©ie 26*
fung beß gibrinß fann ton bem Alfali beß Secreteß nicht abgeleitet werben, weil jeneß
ton ©armfaft in tiel fixerer 3eit gelbßt würbe, alß ton einer gleichtiel Alfali palten*
ben Ülatronlcfung.
Sirb einer (Sommtffion 3 ugewiefen.
£err Unferbinger legt eine gertfeßung feiner Abpanblung übet bie Aufteilung
einer neuen ^Penbelformel tor, unter bem Sitel: „Vergleidutng ber ^)enbelforntel mit ben
^Beobachtungen", ©iefe gormel hat tor ber empitifepen a + b Sin ben Voqug,
baß fte ben phpfifalifcpen 3ufammenpang barftellt, welcper 3 Wifcpen ber ©röße, gorm unb
9 iotationß 3 eit ber ©rbe unb ber 2änge beß Secunbenpenbelß beftept. Snbem fo bie Sir*
fung alß eine gunction iprer Urfacpen erfd;eint, bat fiep ber Verfaffer 3 unächft bie Auf*
gäbe geftellt, 3 U unterfuepen, inwiefern man im Stanbe ift, bie bißper gemad;ten S3eob*
aeptungen burch biefe gormel bar 3 tiftellen, unb 3 war mit benjenigen ©aten für baß 6 rb*
fphäroib, welche Veffel attß 3 Wolf ©rabmeffungen abgeleitet pat. ©ie bei biefer Ver*
gletd;ung 3 urütfb(eibenben Abweichungen B — R 3 eigett ftep fo unregelmäßig unb fleht,
baß fte, innerhalb ber ©ren 3 en ber ©eobacptungßfepler liegenb, wefentlicp nicht weiter
terringert werben fennen.
Sirb einer Gfommiffion 3 ugewiefen.
Ueber Antrag beß Secretärß wirb eine ßommijfion gewäplt, welcpe über bie 3uer*
fennung beß burd? bie 3g. 2. 2ieben’fcpe Stiftung begninbeten ^reifeß an bie ßlaffe
3 U berichten hat. ©iefer freiß' beftept in bem, naep Ab 3 ug ber Verwaltungßaußlagen ter-
bleibenben reinen breijäprigen 3utereffenbetrage beß Stiftungßcapitalß ton 6000 fl. ü. S.
unb ift bießmal für bie auögegeicpnetfte Arbeit auß bem ©ebiete ber $Pppftf mit Subegriff
ber pppftfalifdjen ^ppftologie fceftinnnt. ©ie ©rtpeilung finbet in ber feierlichen Sißung
am 30. 9Kai 1865 ftatt
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Sluf tiefen s J>rei^ baten vor allem felcbe Arbeiten au$ bem gebauten ©ebiete Sin-
fprueb, weld'o bureb neue (Sntbecfuitgen bie SBifienübaft bereichern ober in einer Dieibe be¬
reite befanuter 2 batfachen bie gefepmäf;igen Vegiel;linken aufhellen, währenb (Scmpilationen
unb Arbeiten, bie blof; bem Bleibe ihren Urfprung verbanfen, mir au o nahm Sw ei je einen
Slnfprud? auf ben i'reiS begrüitben.
Sei ber 3iwrfcnnung werben nur folcte Serie in Setrad)t gegogen, beren Verfaffcr
geborne ober naturalifirte Sefterreid'er ftnb, mögen biefe Serie übrigens wo immer, jeboefy
nicht vor bem beginne bes Sabres 1862 unb nicht nach bem 31. SecembcT 1864
veröffentlid?t ober ber Slfabcmie im 93ianufcripte übergeben worben fein.
Ser Slfabcmie ber SBiffenfcbaften bleibt eS Vorbehalten, nach Umftänben, wenn feine
voUfotnmen prciSwürbige Arbeit vcrlicgt, ben ^>reie entweber gar nicht gu erteilen obeT
benfelbeu unter mehrere Verfaffer eingelner wertvoller Slrbeiteit gu vertheilen.
Ä. C gcöUjgifdif UnrijsaitßaU.
©itjung am 1. 9Rarg 1864.
.frerr f. f. Sergratb grang Dritter v. £aucr im Verftp.
£>err f. t £>cfratb unb Sirector SB. paibinger wibmet einige anerfennenbe
Sorte bem am 20. gebruar verewigten $)rcf. Sr. Gbriftian SlnbreaS 3ipfer in 9lcu-
fohl, in feinem 81. Lebensjahre, geboren gu Siaab in Ungarn am 25. November 1783.
perr f. f. Refrath legt fobann gUT Slnftd't einen ©cbabelreft vor, eingefanbt von
pera Sergmeifter 93i. ©imettinger, gefunben in einer Äalfftcintrümmerflnft bei s Par-
fcblag in ©teiermarf, von £>errn f. f. Refrath p r11 als einem 93iurmeltbiere, Arc-
tomys Marmota Gmel., angetörig erfannt, ber vielleicht Sal;rbunberte lang in ber Grbe
gelegen. SaS ©tuet ift für baS fDiufcum für vergleid?cnbe Slnatomie beftimmt. (Ss folgen
noch einige Stetigen über bie gegenwärtige Verbreitung bei* Sliurmcltlüere in ben Slipon
unb Äarpatben.
«perr ©imettinger batte nod> einen Sericbt über Scbrungen gut (Srphürfung
von Sraunfol)lenflöOen im 3alaber (Scmitat eingefanbt, welche er für ben öerru ©rafen
v, Sattl;panpi in ©gt. ©rbtl) unb £>errn SDiajc Witter v. i11 0 nt in Äoppanp im
verfloffenen ©onimer untemomnien, bis nun ebne IcbnenbeS (Srgebnitf, aber welche beeb
hoffnungsvoll nun fertgefefct werben feilen.
£crr $Prof. g. v. £cch ft etter übergab bie von ihm währenb ber s 3tovara*9ieife
für bie f. f. gcolcgifdje 3ieid>Sanftalt acquirirten foffilen Änocbenrefte unb ©vpSabgüffe
auS Sluftralien unb s 3ieu-©eelanb, welche bisher in bem 9iovara-93iufeunt aufgeftellt ge*
wefen waren unb nun mit ber Sluflcfung biefeS SDiufeumS gleich ben übrigen bort ver¬
einigten Sammlungen an ihren VeftimmungSort übertragen würben.
Siefe IHefte fiub: baS ©feiet von Palapteryx ingens Ow., gu ben von ben
(Singebornen s 33ioa genannten unb erft in ber jüngften jQuartärpertcbe auSgeftcrbenen
ütiefenvogcln 9teu*£eelanbS gehörig. (Sin ©efd;enf ber iruftee'S bcS 93iufeumS in Steifen an
unfere Slnftalt. Sie Oieftauration unb 3ufammenfteÜung beS ©feleteS befolgte Jpen Sr.
@. Säger, ber gugleiitj, nad)bem baS f. f. 9Diarinecberccmmanbo bie bagu nbtbigen
©elbmittel bewilligt batte, taefelbe in ©upSabgüffen vervielfältigte, ganer ©vpSabgüffe
ber bbd)ft mertwürbigen foffilen 9iiefenbeuteltl;icre aus Sluftralien, Diprotodon australis
Ow. unb Notothcrium Mitchelli Ow, ein ©eichen! ber JruftceS bcS SJiufenmß in
©ihnen; baS erftere biefer 2l;iere fam an ©rege ungefähr bem (Stephanien, baS leptere
bem 91aSl;om gleich*
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55>ct $>erftpenbe banft im tarnen ber Slnftalt ben hochgeehrten ©ehern, welche unfer
9Dßufeum mit fciefen feltenen 3 wvben bereicherten, fo wie £errn fpref. v. £> c dMtetter,
ber unß biefe ©efchenfe »ermittelte unb beute in einem fo anregenben Vorträge erläuterte.
JOerr g. tBabanef gab eine f 111,30 Schilberung ber neuen ©augauffchlüffe von
6 ule in Nehmen, welche er mährenb feiner Sienftleiftung in ^rgibram fennen 3 U lernen
©elegenheit batte.
3 u Anfang biefcß Sabrbunbertß batte baß 9)ientanärar ben bertigen Bergbau in
Angriff genommen unb eß mürbe im Sorfe Stubene ein ^auptfehadd im £>angenbcn beß
Scblciergangeß biß auf DO Klafter Siete abgeteuft. Vite ficb nun mit ber gunebmenben
Siefe ber ©afferanbrang vermehrte, mürbe eine Söafferhebefunft im 3 ampad;cr Jbale pro»
jectirt unb fpäter ber alte ä\*eitgel*StcIlen mieber in Angriff genommen, welcher tbeilmeife
bem 31>engcl*©ange nad 1 ging, fpbann benfelben verlief; unb querfd'lägig gegen ben nach
unb nach biß auf bie Sohle bee Rubc(fi*Stotlcnß außgetränften ftauptfcbad?t geführt
würbe, @r hatte nebenbei ben 3*vetf, bie ©clbgäitge im Siefbau aufgufd?liefjen unb 3 U
prüfen, Siefer neue Stellen l;at eine üänge vpn 745 .Ulafter erreicht unb es finb mit
bemfelben mehrere fchmadn’ ©äuge verguert werben, beten Slnßfüllungßmaffe berber Quarg
mit eingeiprengtem gclbführenben ßifenfieß unb tbeilmeife auch berber Kalffpatb hübet,
wie bies an bem im vorigen Sabre überfahrenen l 1 2 Sun mächtigen Schleiergange 3 U
fel;en ift. Ser ©clbgehalt beß Kieieß ift nad; ben groben, bie un SPrgibranter $>robir*
gaben außgefübrt mürben, nur gering. Sämmtlidw ber überfahrenen ©änge befinben freh
in einem feften gelfitporphvr, ber bie SMagnctnabel mehr ober‘weniger ablenft.
Reben ben ©äugen, bie in biefen fPerphvren aufiipen, femnten auch f c ^ c ror »
in ben hier ftar! entmicfelten llrtbcnfcbiefern auftreten unb welche leptere vorgugömeife ge*
biegen ©olb fuhren.
^)err Submig ftertle erläuterte bie geclogifcheu 3>erl;ä(tniffe entlang bem Surch*
fd;nittc von Steg fübmeftlich von lülteitfelb in bie Srabigtftgegcitb füboftlich von Kird?»
berg an ber ^ielach. Heber bem burd' fcffile ^flan^fn unb Kohlenflöze d;arafterifirten
Keuperfanbfteine von Steg folgen in regelmäßiger Reihenfolge Dolomite, Kcffcncr Scbid;*
ten, fiaßfletfcnmergel unb juraffifche Schiefer, melde bie Sehe beß ben s J>ringbach unb
3ögerßbad;graben trennenben Satteiß einnehmen. 3>cn hier weiter mieberholen ftch biefel*
ben ©efteine in umgefebrter Reihenfolge biß mieber 3 um Keuperfanbftein. Leiter im
Rorben, im Reitgraben, tritt ein gweiter Santfteingug auf. 6 err bettle fchilbert nun
fpecietler bie SSerbältniffe biefer 3üge, auf bereu, wenn aud; nicht mäd;tigen Kohlenflöze
gahlreide Sergbaue beftchen.
&err hinten Rüder bringt bie von il;m gufammengeftellten unb berechneten baro*
metrifdien £öhennieffungen, meid;e im Sommer 1863 von einem 5Sl;ctle ber DRitglieber
ber gmeiten Secticn unter Leitung beß £crrn f. f. S3ergratl;eß gr. gcetter le in ben
Keinen Karpathen außgeführt mürben, jur Vorlage.
Sm ©angen mürben mit ben ^Barometern ber f. f. geclcgijchen Reid)ßanftalt im
©ebiete beß 5>ref;burgcr Reutraer unb Srencfiner ßcmitateö 81 »erfd;iebene fünfte ge*
meffen unb biefe fämmtlich bei ber ^Berechnung auf bie meteorolegifche Station $Pre$burg
mit ber Scehche von 74*7 Seifen = 76*7 Wiener Klafter begogen.
Sie S3ered;nung gefdab mit jpülfe von h9Vfomctrifcfccn Safeln von £errn 9)rof.
Karl Koriftfa unb finb bie eingehten fünfte in chronolcgifcher Reihenfolge georbnet.
£err f. !. ©ergratl; g. go etter le legte bie verfloffenen Sommer von ber gmeiten
Section ber !. f. geologifchen Reichßanftalt außgefül;rten geologifchen Specialfarten vor.
Sie umfaffen baß ©ebict gmifchen ber cfterr.*mäl;r. ©renge, bem SBaagfluffe, ber Sinie
?)reZburg*Sel(pe unb bem Klanefchnipathale. Slujjcr 4>en*n g 0 etter le maren an ben
Slufnahmen bie Herren Sectionßgcologcn £. 58olf, g. greiherr ». Slnbrian unb
Ä. |)aul beteiligt unb wurben von ben Herren SDlontaningettieuten g. S3abanef f
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352
91. £orinef unb 91. SRücfer begleitet. Saß gan^e ©ebiet $erfattt in 3 wei geologifcb
wie gecgrapt;ifcb nerfchiebene «fremptgruppen. Sie eine, bie fleinen Ä'arpatfyen, baß weipe
©ebivge, baß ©re^oüaer unb fRe^egebirge, beren geologifcbe 23cfcbaffcnbeit in bem füb*
lid)en 2 heile bereits £>err ^aul in Der (Einung am 1. gebruar befprad;, befielt in
ihrem novtlidwi 3beile auß Äreitefalf unb Solomit, nur am Srienowifcaberge bei 93er*
bene werben biefe non Surafalf unterlagevt. Sie anbere £>auptgruppe, Der bic 9M;ol;en
3 Wifd;en Sobotift unb 93 $in 3 e unb baß ©ren^gebirge angeboren, beftebt auß Äcffcner
Scbidden am 93ranc Juralufa unb ©iiawa, ferner auß Siaßfantftein unb glecfenmcrgel,
Surafalfen unb 9ieccommcrgeln, welchen ftd) ber Äarpatbenfanbftein im Serben anfcbliejjt.
3 n ber glcid;fam tiefen 93itc^t jwifeben tiefen beiten £auptgruppen finben fid; jüngere
Äreibe* unb eecene unb miccene Jertiärablagerungen.
£>err Sr. ©. Stäche berichtet über bie im nerfloffenen Sommer non il;m unter
SRitwirfung ber Herren Sr. (5. £ cf mann unb 93. 38in!I er burd;gefübrten geolo*
gifeben 9lufnabmen beß 3nonecgebirgeß $ttM|cben bem SSaagflup unb N )teutraflu§ in Un¬
garn. Saß gan$e ©cbict befiel; t geclogifd; im 38efentlid;en auß Drei größeren Abtbeilun*
gen non ©efteinen: 1 . auß alten frpftallinifcben Scpicbt* unb 9Jiaff engefteinen; 2 . auß
Sebimentgefteinen ber paläogeifc^en unb mcfo 3 eifd;en 3cit; 3. auß Ablagerungen ber
fänojeifeben unb antt;ropo 3 oifcben geriete.
Sie frpftallinifcben ©efteine, welche ben jpeeieüeren ©egenftanb beß 3>ortrageß bil*
beten, fepen ben Äern beß Snonecgcbirgeß mit bem 554 Älafter heben Snonec felbft 3 U’
fammen. Saß gan 3 C non frpftallinifcben ©efteinen eingenommene ©ebiet 3 erfällt im 38efent-
licken in ein grepereß 3 ufammenbangenbcß norbweftlid;eß ©neipgebiet unb ein fleinereß in
brei 93erggruppen abgefenberteß ©ranitgebiet. Ser ©tteip erfd;eint in Drei nerfebiebeneu
Arten ber Außbilbung. Sie centrale $auptmaffe beß ©ebirgeß wirb non birfem, grob*
florigem biß fduftigem ©netjj mit weitem ©limmer unb rötblid?em gelbfpatf; gebilbet.
Sie fübcftlicbe glanfe unb ©ren 33 cne gegen bie ©ranitgebiete 3 eigen feiitfornig fdmppi*
gen ©neijj mit fcfcwa^em ©limmer, welcher nielfad; nen ©ranitgängen turd;fefct wirb.
Sie norboftlicbc ©ehangfeite ift burcty 3«>nen non falfreicbem cbloritifcbem ©nei§ mit
fparfamem weitem ober grünlichem ©limmer ausgezeichnet. 3>on accefforiuben Seftanb-
maffen erfebeint im ©neipgebiet beß Suonee, jeboeb gleicbfallß nur feiten, Ampbibolfcbiefer.
Ser ©ranit ift ocrl;errfcbenb ein flein* biß feiuforniger echter ©ranit, welcher faft
überall febwa^en unb weitjen ©limmer enthalt.
£err g. greit;err n. Anbrian legte bie Setailfarte beß non ihm im lebten Som*
mer begangenen Jerrainß (^repburg*9Jiard>egg*^)erncct*9i'artberg) nor unb beiprevb bie 3 U
beiben Seiten ber fleinen Karpathen fteb anlegenben jüngeren Sebimentärbilbungen. Snt
Söeften beß ©ebirgeß f fließt ftcb, non 5l;eben biß $>entecf ftreichenb, eine SRcibe niebriger
$ügcl an, welche auß ben marinen Schichten beß Wiener Secfenß analogen 33ilbungen
befleißen. £)err 33aron Anbrian legte auß tiefer 3one eine Suite non 9>etrefacteu non
3 um Sl;eile neuen gunberten nor, weld;e bureb £>errn Sireetor Sr. £criteß, £wrm
$Paul unb ben 3>ortragenben beftimmt würben, unb theilte bie 93emerfungen mit, welche
il;m bureb $>erm g. Äarrer über bie goraminiferen eineß biefer 3 ene angeberigen Je»
gelß 3 ur Verfügung geftellt l;atte. C5eritl;ienfd;icb?ten fehlen in biefem füblicben Jbeile ber
9 Jiarcbebene, Gengerienfcbicbten treten in Spuren unter bem baß Gentrum ber Gbene be*
bectenben Silunialfanbe berncr. Unter ben 2ertiärfcbid;ten liegen liaffifcpe Äalfe unb
Schiefer, non benen bie le^teren unter bem kanten ber ®}arientbaler Sacbf^iefer be*
fannt fmb. Sie Äalfe lieferten einige cbarafteriftifd;e SÖracbicpoben, wcld;e non £>errn
?)rof. Sr. ^eterß freunblicbft beftimmt würben. Auf ber Cftfeite beß ©ebirgeß ließen
ficb ebenfaflß marine, bradifebe unb limnifebe Scbidden bunt $>etrefacte naebweifen.
pcrantworUtcber ^tbarteur fflr. Ceopolt IDruiätret ber k. UJirner Rettung.
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9W e n c o.
Slnbeutungen über ©oben, Älima, Sttjier*, ^ßangen» unb fDlineralreitfy, Kultur unb
©ulturfäfyigfeit beS 8anbe8.
©on fiori ß. geller.
(SBiot 1864. ©erlag eon Äarl @etolfc6 ©o^n.)
SSte aud) bie mejricanifcfye §rage enbgültig gelöst werben mag, fo bürften fid)
für Defterreitfy auS bet neuen ©eftaltung ber ©ertyältniffe »teilest bo$ mancherlei
©ot%ile ergeben, wenn eS bem ÜRanne, bem bie Reugeftaltung beS tief gerrütteten
unb gerflüfteten SanbeS gufallen wirb, gelingt, Ru^e unb Drbnung auf bie Stauer
gu begrünben. Seit 1821 ift baS 8anb ber ©ptelbaH ber oerf^iebenartigften ^ar=
teien, welche in biefem gefegneten JpünntelSftricf), ben bie SRatur oetfd)roenberifd)
außgeftattet, eine gefunbc ftaatli^e ©ntwicflung nid)t auffomnten laffen. Sie fpa»
nifdje {Regierung f)at allerbingS oiel »erfd;ulbet, inbem fte bie ,£)ülf8quellett beS
&inbe8 nid)t auSgubeuten oerjtanb, aber alle republicanifdjen Regierungen, welche
feit 1821 im bunten SSirrworr aufeinanbet folgten, l)aben aud) nid>t bie Begleit
befeffen, bie Uebelftänbe unb Stäben gu bcfeitigen unb gu milbent, baS ©ute gu
förbem unb jenen ©ebieten bie Stellung gu oerfdjaffen, welche fic eingune^men
berufen finb.
2)er ©erfaffer ber oorliegenben Sd>rift, wel^e wir red)t warm empfehlen,
f»at fid) bie Aufgabe gejtellt, in einfadjen 3ügen ein naturgetreues ©ilb »on ber
p^fifdjen ©ef^affen^eit SRejrico’S gu entwerfen. @r war ^iegu um fo mcfyr be*
fätjigt, als er längere 3«t in bem Sanbe felbft gelebt unb fid) eine genaue Äennt»
nif) beSfelben »erfdjafft f)at. Sie fleme Sdjrift gewinnt baburd) ein bebeutfamereS
3ntereffe, ba fie auS bet ffütle eigener Slnfdjauung fd)öpft.
Ser ©erfaffer entwirft ein flateS überfic^tlidjeS ©ilb ber orogropl)if$en unb
^btogrop^if^en ©er^älhtiffe unb fdjilbert mit üppigen, glü^enben Farben bie
.„fPljpfiognomie" beS 8anbe8, bie Gultur* unb Rufcpftangen, baS S^ier* unb ÜRine«
ralreid) u. f. w. SBir haben gwar nichts abiolut ReueS gefunben, aber baS bem
©ebilbeten ©efannte ift in folcfj’ abgerunbeter fform wiebergegeben, bafj niemanb
baS ©ütblein ohne inneres ©e^agen auS ber Apanb legen wirb. 2Bir haben nur
©ineS gu tabeln, baf) ber ©erfaffer bie wirtl)f^aftlid)en 3«ftänbe beS fcanbeS nic^t
einer ausführlichen Sd)ilberung untergogen f)at. Senn eS unterliegt feinem 3weifel,
bafj unter einem weifen £>errfd)et bie Stellung SRejrico’S in bem wirthfd)afttid)en
©etriebe ber ©egenwart eine anbcre werben wirb unb muff. SRejrico ift, wie ber
©erfaffer gang richtig bemerft, baS wichtige ©erbinbungSglieb gweier großer 3Mt=
1864. Ciuk m. 28
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354
meere mtb ihrer angrenzenben Grbtheile unb wirb fitfjcrlfdj ber Guropa unb 9lfien
nerbinbenbe ©tapelplaj) werben gür De ft erreich, weldjeS bi8l;er an bem £>aubel
mit 50ieyico nur geringen 2(nt(;ei( nahm, eröffnet fid; b>ier ein neues gelb ber
Sfjätigfeit, welkes Gnglanb oorzüglich auSzubeuten oerftanb. ©ie OJianufacturinbu*
ftrie beö Sanbeö ift eine unbebeutenbe unb faft alle ©egenftänbe, bem Vebürfniffe
unb bem 8ujru§ bienenb, muffen au8 Gurcpa eingeführt werben. Sene Uebelftänbe,
Welche bisher einem intenfineren ^canbelSbetriebe ^emmeitb im SBege ftanben, wer»
beit gewijj non einer erleud;teten Oiegierung liinweggeräumt unb baö 3oÖfhftem
einer tief eingreifenben Slenbernng unterzogen werben.
2Sir erlauben uitö über bie JpanbelScntwicflnng ber lebten ©ecennien einige
Sfotijen beizufügen, welche wir bem tüchtigen, not einigen Salären eridjienenen
SBerfe Oiidjtfjofenä entnehmen, ©ie ÜluSfuhrartifel be8 8anbeS finb: ©olb unb ©il«
ber, Vlaufwlz, ©elbfjolz, Vrafil» unb 5)ia^agom^oIz, Vanille, Godjenitle, ^)urga
‘ be Salappa, ©affaparitla, Ddjfen» unb Biegenfelle. Unter ben Ginfuffrgegenftänben
nehmen Vaumwotlwaaren bie erfte ©teile ein. Gnglanb b>at in bem ^anbel mit
biefen Slrtifeln ba8 Uebergewidjt, bod) fjat aud) ber BoHüerein in jüngfter 3eit
nicht unbeträchtliche Grporte bahin gemacht. Vornehmlich werben auSgeführt:
©ingham8, ©amafte, Sfößbelfteffe, ©taempfwaaren, orbinäre Vänber unb orbinäre
baumwollene Sucher, $ofenftoffe au8 ber ©egenb ton ©labbach, SOiouffeline auö
Glberfelb. Su gebrueften ©toffen befeitigt Gnglanb jebe Goncurrenz, SuruSroaaren
liefert hauptfächlich granfreiih, aber nur in fehr fleinen fj)artieen, ba ber Verbrauch
fidj blofj in ben höheren Glaffen eingebürgert hat ©ie ©c^weig fenbet über epaore
Weijjgefticfte unb brod)irte SBaare. ©eit ben lebten Salden h a ^ en ©eutf^lanb
unb Gnglanb einen bebeutenben Goncurrenten an Velgien erhalten, ©er ©ebrauch
Bon Seineitwaaren hat wohl in ben lebten Seiten abgenommen, feitbem Vaum»
wollenzeugc eine immer weitere Verbreitung erhielten, aber immerhin ift ber Gonfum
berfelben noch immer bebcutenb. ©ie beutfdien deinen, welche in früherer Seit hi«
auSfchliefjlich bominirten, finb burch irlänbifche oerbrängt worben, unb e8 ftcht ju
befürchten, bajj ba8 beutle $)robuct oom mejcicanifd;en 93iarfte gänzlich Berbrängt
wirb Sn SöoDwaaren gewinnen bie beutfdjen Arbeiten eine immer weitere Ver»
breitung. Sie feinen Südjer au8 bet Vheinprooinz haben bie frangöfifchen unb
engliiehen gabricate faft ganz »erbrängt; auch ber Gonfum ber fiarfen Süd)er auö
©örlifj, ber fächfifchen GaffinetS, SOierino’ö, wollenen SKöbelftcffe nimmt zu. Glbeuf
liefert leichte unb orbinäre fogenannte SRouoeauteeö z u ungemein billigen greifen,
©er Verbrauch Bon ©eiben» unb ©antmtftoffen hat in ben lebten Sahten abge¬
nommen; oon ©amint fenben Grefelb unb Glberfelb bie wohlfeileren, mit Vaum»
Wolle gemachten Ülrten, bie fchwereren werben au8 granfreich bezogen. Gine größere
fSuöbehnung hat ber Verbrauch größerer unb fleinercr SRctaHwaaren oon ©tahl,
SÖieffing, Gifen, Vronze, Äupfer u. bgl. gewonnen; Sferlofm, Olemf^eib, ©olingen
unb Verlin f^iefen ftarfe Soften. Sn SDiobe», ©olb» unb ©ilberwaaren, 9lippe8»
fachen, ^-'appfachen concurrirt £>anau unb Pforzheim mit ^)ariö, Welches jeboch baö
Uebergewicht behauptet. Von ©lad bleibt bchmiicheS noch & a 8 gangbarfte, obwohl
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355
bie englifche ©oncurren^ wäd)ßt. Sn fPo^ellan fiat ©eutfchlanb baß _ Uebergewi<ht,
ba baß dpinefifche ^orjetlan eine Seltenheit ift; in ©teinjeug ©nglanb. Spanien
liefert Branntwein, ©ein, Del, Düren; Branfreicb Borbeanj-säöein, (Sliam^agner,
©arbinen, weifieß SBacfiß.
fDian fielet, weld)eß gelb ficfi ber öfterreidnicfien Snbuftrie eröffnet, unb wir
bürften gegenwärtig jebenfciflS in ber 8 agc fein, mit ben anberen europäifdjen 9fa*
tionen erfolgreich concurriren 311 föitnen unb unteren ülrtifeln ein neueß Slbfaßgebiet
ju erfdpliefjen. Breilid) muf; bafiei bie angefpanntefte Ühätigfeit unterer Snbuftriel»
len unb bie regfte ©orgfalt ber (Regierung jufammenwirfen, aber baf) h* er Erfolge
erlangt werben fönnen, ift gweifelloß. 31. B.
ftriebrid) $eHtl.
u.
R. Z. Saß feruale Profilern, beffen tragifdje 9Retapfi^fif bie „3ubith" in
f)eroifcf)en fvormen jur 3luicfiauung brachte, trat in bem bürgerlichen Srauerfpiel
„fDiaria SRagbalena" (1844) in fleinftäbtijd)cm ©ewaitbe auf. ©aß ©titcf rerbanft
feine ©ntjtchung einem Borfall in ber ©dpreinerfamilie, bei welcher ber ©idpter
wäfjrenb feines fDiündpener 2lufentfialte§ jur SOiietfie wohnte. ©er ©ohn beß ©ifcf)»
lerS geriet!) ohne ©runb in Berbacfpt, geftolplen ju haben, unb würbe barauf hin
rierunbjwanjig ©tunben lang in £>aft gehalten. (Rad) feiner ©ewolpnheit hat jpebbel
biefen ©toff io lange gebrefit unb gewenbet, biß er für fein füieblingßthema eine
braudjbare ©eite bot unb in Böige baren ift ftatt beß SDifc^lerfotjncS bie gefallene
©ifcfilerßtodrter jur ^audtyerfon geworben. ©eit unrerhohlenen 3 wiefpalt jwiföben
giebe ju bem ©inen unb ©l)e mit bem Clnbem hofft baß beredjnenbe 3Seib fo 3 U
fchlichten, baf) eß bie ©eele (bie Reffen) bem fernen (beliebten rein bewahrt, ben
8 eib (bie ©aefie) bagegen bem Ungeliebten hingiebt, um ihn befto fid>erer an fi<h
ju feffeln. ©er Berfucb mißlingt: ber freier, bem fie fid) nur alß ©ad)e gegeben
hat, behanbelt fie bemgemäß alß fold)e, bricht fein ©heoerfprechen unb will fie jur
bloßen ÜRaitreffe hrrabfeßen; ber rücffehrenbe ©eliebte .aber, bem fie nur bie ©eele
bewahrt l;at, rerfchmäht bie förderlich ffRipraudpte, bemt „barüber fann fein
fOiann weg".
©er Unterfdpieb gwifchen biefer unb ber gefcbled>tli<hm Eingebung ber Subith
liegt nun barin, baf) biefe nur ntn beß ©eliebten, jene bagegen um eineß Ungeliebten
willen ihre Werfen wegwirrt, baß SBeib ron Bethulicn bem (Raturgug jum
©tarfen, bie beutfefie £>anbwerferßtod)ter bagegeit einer al^u fchlauen Beregnung
folgt, bie ihr 3 U einem bürgerlichen ©bemann rerhelfen fotl. Subith wirb über¬
mannt ron ber ©röfje beß SRantteß, bem fie fid) wiUenloß ergiebt; bie SRaria
ÜRagbalena überliftet ben (JRann, bem fie abficf)tlich i u 3Bitlen ift, um feiner fi<he«
28 *
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356
ter 31 t fein. Seite ift baS SBeib ohne 3 ufa| 3 , biefe baS fpiehbürgerliche SBeib, beffen
höchfteS 3iel bte „SSerforgmtg" um jebeit ^>rei@, unb, wenn bie Siebe nicht 3 ur
6 h« führt, bie ©h e auch ohne öebe ift. ©aburd), baff ber S3nfd)lag beS [enteren
na<p beiben ©eiten In« »erunglüeft, wiberfährt ihm, waS ihm gebührt; man fönnte
lachen barüber, wenn e 8 nicht fo entfejjlid) traurig wäre, ©enn fo leichtfertig fie
fdjeint, fo ernft hat fie eS gemeint. Sh r ganzer ©inn ift auf eine anftänbige Jpei*
rath gerietet, fo baff fie, um biefer gewijf 3 U fein, felbft fid> nicht bebaut hat, ihr
ÄojibarfteS aufguopfem. 33or bem ©ebanfen, al 8 bürgerlich Entehrte fortguleben,
entfett fie fi<h nach erfahrener ©äufebung bergeftalt, bah fie lieber ihrem geben
freiwillig ein Grnbe macht; »or bem ©ebanfen, fich freiwillig gum ©igenthum eines
ungeliebten Sänbem, alfo ohne ben ©laubeit, bie aufgegebene eigene in ber $)erfön=
lichfeit be 8 Slnbem wieber 3 U erlangen, herabgufefcen, ihrer ^erfon fich 3 U berauben,
»or ber moralifchen Entehrung ift fie nicht erprobten Schein ift ihr wie ©ein,
©cheinehe wie wahre @h e < fie h fl t ben (Kahftab ber ©inge »erloten, ihr ethifcheS
Urtheil ift hülfloS »erfehrt. ©aff aber folche 33erfehrmtg bc 8 richtigen ©efichtSpunf»
te 8 , welche ba 8 Unterfte 3 U oberft unb ba 8 Dberfte 3 U unterfi fe^t, möglich, ja
baff fie als SluSbrucf bürgerlicher ©h te wirtlich, bie SBelt wie fie nun einmal ift.
eine »om ©tanbpunft bet ethifchen Sbee au 8 umgefchrobene SBelt ift, ba 8 ift ber
fchneibenbe £whn, ber reoolutionäre SBeltfcpmerg, welker au 8 biefem ©ebilbe be 8
©ichterS her»orbri<ht, unb nur in ber ©elbftoemichtung beS auf bie ©eltung be 8
Scheines gebauten planes jenes SBeibeS einen Stimmer oon SluSficpt auf bie
ähnliche ©elbfiaufhebung biefer fich für bie motalifche auSgebenben wiberftttli^en
SBelt übrig läfjt.
©d)on SRofentrang bat bemerft, baff baS ©tücf eher ben Gh ara ftet einer Äo*
mßbie als eines ©rauerfpielS habe. ©aS 3tel r um baS eS fich breht, fcheint fo un=
bebeutenb, bie SBerwicflmtg in jebem Slugenblicf wie ein Äofcebue’fcheS guftfpiel in
eine #eirafh nach ber einen ober ber anberen ©eite hin auflösbar, ©ie grofje SBelt
ift ber @h en ohne Siebe unb ber Sieben ohne @h e fo gewohnt, bafj fie »iellei^t
nicht begreift, wie man, um nicht (Kaitreffe gu heilen, inS SBaffer fpringt, noch,
wie man nicht barüber hinweg famt, bah bie SSraut SOiaitreffe gewefen ift. ©er
©ichter bat feine $cmblung in jene fleine SBelt »erlegt, in ber, waS in jener nur
belacht, noch gefürchtet wirb, ©er großen SBelt ift ihr Schein auch nicht mehr als
©<hein, ben fie »orfd)üfct unb fallen läfd, ohne fich 8 U echaufjtren; ber fleinen ift
eS auch mit ihren SSorurtheilen h°h er moralifcher ©rnft. SBenn ihr auch bie blofj
äufjere ©he eben fo »iel wie bie innere gilt, fo gilt ihr boch jene fo »iel, bah bie
©ntehrte fich baS geben nimmt, wenn ber Schein ihr geraubt wirb.
©emweh ift baS ©tücf wiberlid). ©aS feurige ©emperament einer ©irne, bie
fich wegwirft auS guft, läht fich noch eher ertragen, als baS fühle (Raffinement beS
pfiffigen SBürgermäbchenS, baS fich preiSgiebt auS Sntereffe. ©aS SOJoti», eine honette
grau 3 U heihen, famt eine ^anblung nicht abein, burch welcpe baS SBeib ben Slnfprud)
»erwirft, eS 3 U fein, ©ie Mtäglichfeit beS 3wecfeS fteigert bie ©emeinheit beS
SKittelS 3 U »erboppetter ^ählichfeit.
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357
©erabeju efelfjaft wirb bie Sebecfmtg ber tnnetltc^ bohlen burch ben ©ed»
rnantel bet Scheinehe, wenn jener ^ebantiömuS ber Keinen SBelt, welker ben ©ob
ber @<hanbe oorjieht, ber gefälligen Büge ber großen weicht, bte fi<h auS ber Stuf«
rechterhaltung beS äufjem Scheins noch ein nicht einmal öom SBillen abhängiges
33erbienft macht. 3« ber „Sulia", welche, obgleich erft 1851 erfd^ienen, beutlich
bie ©pur einer 3ugenbarbeit beS ©ichterS trägt, hat eine ©rafentochter fiel) mit
ihrem ©cfiebten, ber unter ihrem ©tanbe ftebt, heimlich »ergangen; fte entflieht,
unb bamit ihre ©cfjanbe nicht offenbar werbe, giebt ihr Sater fie für tobt auS
unb läfct einen leeren ©arg feierlich beftatten. ©er ©raf Sertram, ber ft<h but<h
SluSfdjweifungen jur @h c untüchtig gemacht hat, thut ein „gutes SBerf", inbem er
bie oon einem Sintern ©chwangere öffentlich unb gefefjlich fi<h antrauen läfjt,
heimlich aber mit SBiffen uub SBillen ihrem früheren ©eliebten überläfjt. SBemt
ber ©ichter bie ganje ©cheuflichfeit einer Bornehmen SlnftanbSehe recht grell f^il«
bem wollte, fo hat er biefen Bmecf ohne Bweifel erreicht; bie Stage ift nur, ob
wir unS für bramatifche ^erfonen, bie famnjt unb fonberS bem Sorbett entlaufen
fchetnen, genügenb intereffireu fönnen.
©er heroifchen SBittwe, bem heiratf)§füchtigen ©^reiner» unb bem buhlenben
©rafenKnbe fte^t in ber ^faljgräfin „©enofeoa“ (1842), bem mafellofen Silbe
auS bet Änabenjeit beS ©ichterS, baS romantifche 3beal eines ehelichen SBeibeS,
einer anberen ©rifelbiS gegenüber. Söie Subith baS hanbelnbe, ift ©enofeoa baS
bulbenbe SBeib. 3ene will bem nerftorbenen ©emahl bie innere ©reue bewahren,
nacf>bem fie um eines üermeintlich h»h cren i beS patriotifChen 3*»ecfeS willen bie
äußere gebrochen; biefe läfjt, um bem abwefenben ©atten bie äufjere unb innere
©reue ungefchmälert ju erhalten, Serfuchung unb ©rohung, ja felbjl bie unter»
biente Einrichtung wiberftanbSloS über fich ergehen. Subith töbtet ben ttttann, ber
bei bem SBagjtücf, ihren Beib im h»h en ©P>el einjufehen, ihr auch bie ©eele ent»
riffen hat; ©enofeoa fleht für ben ©ottfopf, ber, weit er ihr E er S nicht ju gewin»
nen oermag, ihren E fl lö anS Schwert liefert. Seiben SBeibern gegenüber mißbraucht
bet männliche ©heil feine beoo^ugte Stellung; aber, währenb ber ©itan Eolofer»
neS burch feine natürliche ©rofiheit bie ©eele beS ihm entgegentretenben SBeibeS
wörtlich unterjocht unb erft baburch ihren Beib gewinnt, fucht ber unnatürlich über»
reijte Änabe ©olo burch fünftlichen BiebeSjauber oergebenS bie ©inne ber Singe»
beteten ju beftriden, um ihre ©eele ju erobern, ©ie (Srfte, ba ihre ©chwä<he nur
auS ihrer ©tärfe, auS ihrer eigenen Sewunberung für baS ©roße ftammt, gewinnt
ihre ©tärfe wieber unb rächt fich fd&ß5 Sweite, bie ihre ©tärfe nur auS ihrer
©chwäche, ber echt weiblichen Ergebenheit für ben ihr Setmäßlten gießt, muß ber
Eimmel rächen, ©er befriebigenbe SluSgang ift bort baS SBetf einet ©hat, Ijta
nur baS eines SBunberS. .
©utbenben SBeibern gegenüber fällt bie ©hatfraft bem SWarate gu; bamit
aber bie leibenbe ©Chwäche fiarf erfCheine, muß bie thätige ©tärfe felbft fcßwacb
fein ©elbft eine Subith befiegt einen E°f°f ern mit im Schlafe; ©enofeoa hat wie
EalrnS ©rifelbiS einen ©Cßwächling gum ©egner. ©er finnlofe ©olo unb ber
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eapriciöfe Percioal finb beibe (Stiemen bet Beibenfdiaft. 3ener nimmt gum 3auber,
biefer gut @infd)ü(hteruug feine 3*<flud)t; bem aubharrenben SBeibe gegenüber finb
beibe meratiid) impotent.
©ie oier weiblichen £auptcbaraftere ber Jpebbel’fchen Sugenbbranten, bie Söittwe,
bie ©raut, bie wahre unb bie Scheinfrau, finb mit ber Symmetrie einer logifch
erfdjöpfenbeit ©int^eilung angelegt. Subith, bie i|r ©fittwen*, bie Sftagbatena, welche
if>r ©rautgelobniff plipfifcb »erlebt, finb infofern mit einanber oerwanbt. Snwie*
fern jene ber inneren bie äußere Eingebung folgen, biefe bei ber äußeren bie
innere, bei biefer feite oermiffen Kifft, bilben bie beiben einen ©egenfaß. ©enofeea
unb Julia bewahren übereinftimmenb bem Pianne il;reb £ergcnb bie rolle geiftige
unb ßhpfifcf)e ©reue; aber ber ©atte ber 2'aabl ift nur bei ber erften aud) ber
angetraute ©emahl, ber Gfjemauu ber gmeiten geiftig unb phpfifcf) ein Sdjcingatte.
SBie Subith auf bie Seelen* auch bie ©eicbledjtöoereinigung gewährt, bie Plagba*
lena beibe trennt, fo fällt bei ©eitofeoa ber Apergetib* mit bem Gljebunb gufammen,
bei ber Sulia aubeinanber.
©enofeoa unb Subtil) bezeichnen jebe auf ihre SBeife ben ^öc^ften, 3u(ia uub
bie SJiagbalcna ben tiefften Punft, welchen tue SBeib alb ©ermäl;lte unb Unter*
mahlte einguneftmen oermag. ©af; ber Siebter bie erfteren beiben ber ©ergangen*
l)eit entnahm, leßtere beiben ©eftalten in bie OVgenwart oerlegte, geigt, wie er oon
biefer bad>te.
Subith unb föiagbalena benteifen, baff fein reoolutionäver ©roll ber Eingebung
ohne Steigung, ©enofeoa unb 3ulia, baff er ber ©h e t^ne Siebe galt. Sein 9)io*
tio ber ©erherrlidjung, wie baß ber Verachtung beb Söeibeb ift ein wefentlich litt*
lid)eb. Sie ftanblung ber 3ubith legt bar, baf, wa§ bie Sßelt Unfitte negnt,
immer noch fittlich, bie Situation ber 3ulia, baß, was jene Sitte tauft, tief un*
fittli<h fein !ann. ©er fittlidjen Uufitte ber 3ubith fte^t bie fittliche Sitte ©eno*
feoa’b, Sulia’b unfittlicher Sitte bie unfittlicbe Unfitte ber Piagbalena gegenüber,
©ab fociale 'Problem ber Stellung beb SSeibeb gum Ptanne ift mit bem Scharf*
finne beb Sogtfcrß nach ber ©afel möglicher ©egeniäße burebgearbeitet.
©iefer focialen ©enbeng im ©ereine mit feiner berbrealiftifd)cn ©eftaltungb«
fraft oerbanft ber ©ramatifer Hebbel feine erften Grfolge. ©i# ©mancipation beb
SBeibeb tag gleichfam in ber Suft; er würbe ein ©eorge Sanb ber ©üljne. ©ie
glängeitbe fSufnahme ber 3ubitf) trug bem ©idjter ein bäniieheb Steifeftipenbium
ein, wie eb einft cor ihm Dehlenfcbläger genoffen hatte. 2luf einem Slubfluge nach
Kopenhagen machte er beb Beßteren ©efanntfehaft unb iah bei ihm, wie er in bem
tief empfunbenen ©ebicht „Spaziergang in parib" ergäblt, eineb ©ageb ©horwalb*
feit, „angufchau’n, alb hält' er felbft fid) aub bem ftelb gehau'n", ben er „unge*
nannt" erfannte. ©em Sieuting, ber bib bahin, wie einft ber Karlbfcßüler Schiller»
fDlenfcben gemalt hatte, ehe er fie fannte, erfddoff fich oon nun an eine ungeahnt*
Sffielt. ©on Parib, wo er bie „SOtagbalena" ooOenbete, begab er fich nach Stalien'
wo er faft ein 3uhr lang blieb, nad) feinem eigenen ©eftänbniff, nicht um gu
lernen, fonbern um gu leben. 3n 3Rom oerfehrte er meiftenb mit Künftlem, inb*
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befonbere mit Stahl unb feinprn fiotftein’idjen 8anb3manne 8 . ©nrlitt, Den Sd;rift*
fteHern mit Slbolf Staf)r COiit bem Gntfdjluj), fid) bet afabemifchcn ?anfbat)n 3 «
wibrnen, fef)rte er übet SBenebig nad; Sentfchlaitb jurütf « 11 b traf im grühjahr
1846 in SBien ein, wohl ol;ne 3 U alfnen, bafj bie 8 von nun an fein blcibenber
Aufenthalt werben foHte.
2Sie bie SBanbersüge nad) Italien in bet ©efchidjte bet germanifd)cn Stämme,
fo 1’ilben feit ©oetf)e italieniiche Steifen Söenbepunfte im Scben fo manches beutfcfyon
Sid)terS. Sämmtliche not Jpebbelä Aufenthalt in Steapel unb Siom gefd;ticbene
Sugenbbramett haben, wie ba 8 1842 in Hamburg entworfene, obgleich erft fpäter
Deröffentlid;te fogenannte Suftfpiel „Set Siamant" einen barbarifd;en gamiliensug,
ber fie als red)te Stadjfcmmen bet au 8 ben Schneefelbern 3 ölanb 8 unb StorwegenS
in bie frieb(id)en Gbenen (jerabgefticgcnen 23crferfer evfennen läfjt. (H;arafteriftif$
genug, finb fie, mit Ausnahme ber „©enofeoa", burcbgeheitbS in $)roia Derfafjt;
feit feiner Stücffehr au3 Stalien bebiente et fid), mit Au 8 uahme bet „AgiteS 23er*
nauerin", ber gebunbenen Siebe, ©oettje fd;rieb in Italien befannt(id> „Saffo“ uub
„3pf)i gerne" in 23erfe um. Sie gemeffene gorm wirb auch bei £>ebbe( als 23eweiS
gelten büvfen, bafj bet Anblicf ber Alten unb einer milberen Statur beit ungejügel«
ten geuerftrom in ein fanftereS 23ett geteuft habe. Sa3 fociale Problem be 8
2ßeibe8 bleibt aucf) je(}t noch fein 8iebling3tl;ema; aber „§erobe3 unb fOtariamne"
(1850), ,,©pge3 unb fein Sting" (1850), „Agne 8 S3ernauerin" (lt-öü), unb „Sic
Stibelungen" (1862) 3 eigen e 8 in gereinigten 23ilbent. Sie grobe Schlacfe bet
Sinnlid;feit, welche in „SDtagbalena" unb „Sulia" ba3 SBeib in Sd)mu(c uerfenft,
unb ben Stamen ber &)e 3 um fDtantel ber Süfte entweiht jeigt, ift fid;tlid) ge*
wichen. Sie Seele be 8 2 Beibe§ erfdjehtt in ber „SJtariamne" unb in ber „Äcnigiit
Don £t)bien" als bie empfinblidje glädie eines fein gefd;liffenen Spiegels; wie
biefem ein flüchtiger £auch, wirb jener ein Schatten unlauteren 33erbad;te8 fd;on
Derberblich.
gür feine fPerfon hatte ber Sichter bie richtige Söfung feines Problems in
einer glütflid;en @h e gefunben. AuS ber Seetüre feiner Äinb(;eit war il;m bie Sage
Don Siegfrieb Dertraut geblieben; in ber Stolle ber CSljriont^ilb (in Staupad; 8 ,
„feine 8 SoffnS Apollo'S", Stibelungenhort) trat ihm juerft für immer beftimmenb,
wie er felbft im Prolog feiner ihr gewibmeten „Stibelungen" fagt, feine fünftige
grau entgegen. (Stjriftine ©ngehaufen (geb. 31 t 83raunfd;weig ben 9. Februar 1817),
unter bem tarnen ©nghauS bamal 8 , unter bem feinen nod; hc’»de eine Bwrbe be3
^ofburgtheaterS, würbe bereits am 26. SDtai 1846 be 8 Sid)ter 8 ©attin. ?n wel*
chem ©rabe £>ebbe(, ber felbft einet bürgerlich ehrenhaften gamilie entipnmgen,
für bie ect;t beutfdjen £au 8 freuben empfänglich war, baoon legen sahireiche 23eweifc
feiner Anhänglid)feit an SSetb unb Äiub unter feinen @ebid)ten ein rül;renbe 8
3eugnif) ab. An feinem ©ebnrt 8 tag Don ben Seinen abwefeitb, feiert er „auf ber
Steife", „ba 8 tljeure $)aar", bie „innigfte ber grauen", bie ihn „ftärft" unb ftüjjt,
ba 8 entfernte „$)arabie 8 ", ba 8 ihm 3 um £>eile il;n halb hoppelt beglücfen fofl. Unb
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360
in bem (Sonett, baä er an feine nadf^erige grau oor ihrer Setmäblung rid>tete ;
rief er au8:
„2Bc treu unb feft ftd? Wann unb ®eib umarmen,
Sa ift ein Ärei«, ba ift ber Äreifl gcfcf^Ioffert,
3n bem bie bö<t)ften ®tenfd)enfreuben »ebnen."
Sa8 rofige 8fd)t feiner ^äuSlic^fett warf einen bitteren ©rfjimmer auf feine
Poetiken @<f)öpfnngen. ©er nicht mehr, wie bis bahin, oom ©ebatte feines reoo«
lutionären $)atbo8 faft au8fcblie§li<h erfüllte Siebter gönnte ber funjtgere<btcn gotm
nicht nur auf feinem eigentlichen ©ebiete, bem Srarna, fonbem auf bem mannet
anbeten Sichtgattungen, barunter auf bem ibm febetnbar femftliegenben be8 ibpU
lifcben (5po§, immer freiere Entfaltung (Selbft bet enblid^e AuSbrncb ber lange
uotber angefünbigten Umwätjung fd>ien, melleic^t in golge ber ©eenen, non welken
bet Sinter in feiner näcbften Umgebung Beuge war, nicht im ©tanbe, bie einft
fo boebgebenben gluten feiner friegatbmenben Swgenbftimmung wieber aufjuwüblen.
©8 gab eine 3«it, wo ber Siebter tro£ feiner conftitutionöfreunbli^en ©efinnung,
bie er m einer S^eifje oon Artifeln für bie „Allgemeine Beitung" nieberlegte, bei
2Ran<bem in ben Serbacht ber Abtrünnigfeit gerietb, weil er fidj nicht, wie manch’
anberer fein wottenber SerufSgenoffe jum ©trafjenrebner brcabliefj. Al8 er nach
einet langen $)aufe mit feinem feit „©enofeoa" erften Srama in Serfen „$erobe8
unb SJtariamne" wieber »or baBfelbe publicum trat, beffen erbitte ^b an ^ a P e ben
fhneibenben ©arfaSmen feiner „Subitb" unb „SJlagbalena" jugejaucbjt batte, war
inbeffen mit ihm eine SBanblung ootgegangen, welche ba8 leitete, ba8 in 4perobe8
einen neuen $oloferne8 erwartete, anfänglich nicht begriff.
Dejierreidjs Beteiligung am Söelt^anbcL
Son ^>rof. Sr. filmt.
n.
@8 ift nidbt ju läugnen, ba§ UntemebmungSgeift unb HJhttb eben nicht ju
ben b«®orragenben Eigenfdbaften be8 öfterreidbifchen ÄaufmaratS* unb gabricanten*
ftanbeS geböten; biefer Au8fpru<h mag etwa8 unfteunblich Hingen, aber wahr ift
et. Sei aller SBürbigung jener £inbemifje, beten Aufjäblung lanblduftg geworben
ift, unb bc8 permanenten ^rügelfnaben — ber „Salutaoerbältniffe" — wirb man
bo<b nicht umhin fönnen, einjugefteben, bafj nicht feiten ber bersjerreifjenbe Stuf
nah i»©h u & ber inlänbifdben Snbuftrie" unb nebenbei einige Heine ©peculationen
auf „Salutafdbwanfungen" u. bgl. bie Summe be8 SBijjeS unb be8 UntemebmungS»
geifieB in fo manchen Greifen unb Sereinen bilben. Alles foU „bie ^Regierung"
tbun! Sie „Stegicrung" foU für fie benfen unb banbeln, fpeculiren, combiniren,
eyperimentiren, bie möglichen Serlufte tragen u. f. w.; ift enblidb bie Üafel gebedft
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unb finb bie ©peifen aufgetragen, bann fejjt man fich behaglich gut roden Safel
unb geniest frö^tidj unb banfbaren ©emütheg bie reifen grüßte! Sa8 aber geht
im großen Söfferleben nicht an. 9Ran mufj felber arbeiten unb wagen, wiil man
gewinnen unb geniefjen; l;i(f bir felbft, unb — bie Regierung wirb bir Reifen, io
halb fic bir freie £anb gu beincn Unternehmungen Iä§t, unb bir feinerlei .spinbet*
uiffe bei ber Entfaltung beineg geiftigen unb materiellen Eapitalö in ben SBeg
legt. Einen erften oorbereitenben Schritt gum Sefferwerben in biefer {Richtung ^at
bie {Regierung burd) bie ruhmooll gu ©tanbe gebraute unb beenbete 5RoDara*Ejc*
pebition bereits getf)an; biefeS Unternehmen ift nidbt b(c§ in wiffenfehaftiieher $in«
ficf)t, fonbem auch in Dolföwirthfchaftlicher unb hanbelöpolitifchet Don nicht gu uuter*
fehäfjenber Tragweite unb mit Spannung fehen wir ber $>ublication beS hanbelg*
ftatiftifchen Sheilfö bureb ben gelehrten unb in folgen Stagen praftifd) erfahrenen
Sr. o. ©dherger entgegen. 9lQerbmg8 bleiben ber {Regierung noch grofje Aufgaben
gu löfen, als: bie {Reoifion mehrerer mit europäifeben ©taaten abgefchloffeiteit
£anbel8* unb @<hifffabrt8üerträge (g. 33. mit Spanien) unb bie Slbfchliefjung neuer
auch aufeereuropäifeben Staaten (Ehina, Sapan, ©iam, ©anbwic^)S=9Crd^tpcl
u. f. w), bie {Regelung unb £>rbnung be8 Eonfularwefeng, bie Hebung bet Kriegs¬
marine gum ©<bufce ber jpanbelgmarine. Sluffer biefen Aufgaben giebt eg noch
mancherlei innere Stagen, als: bie .§erfteHung ber Safuta, eine liberale {Reform
be8 BoDtarifg, bie Seroollftänbigung ber Etfenbahnterbinbungen gwifchen ben Sin*
nenlänbem unb ber ©eefüftc u. f. w., welche einer Erlebigung bebürfen. ÜRan
muh f‘4> nur bombet flar werben; wag fann unb foU bie Regierung thun, —
wag aber ift Aufgabe unferer Snbuftricllen unb Äaufleute, um bie Serfehr8begie»
hungen ;Defterrei<h8 na<h aufjen gu erweitern unb gu heben?
Slug allen biefen Stagen hebe ich uorberhanb nur jene hetoor, welche ich bie
äußere nennen möchte.
Sie {Reoifion bet beftehenben unb bie Slbfchliefjung neuer ^panbelg* ober
. ©dhifffahrtgoerträge, ein ©egenftanb ooit bßh et Sebeutung, mit bem fich in neue»
fter 3eit ingbefonbete bie Sörfebeputation unb bie {panbelgfammer in Srieft ein*
gehenb befchäftigen, wäre ©egenftanb felbftftänbiger eingehenbet Sefprechungen unb
fann nicht nur fo nebenbei behanbelt werben. 9Rit {Recht hebt bet ungemein thätige.
eben fo erfahrene alg für Erweiterung unferer augwärtigen Segnungen begeifterte
Eonful unb Sirector be8 Istituto tecnico in Srieft, ^perr Ebmunb Sauer, in einem
Sriefe an @e. EjrceHeng ©rafen {Rebberg hettor:, wag ^anbelgfchifffahttgtractate
anbelangt, ift Defterreicb nicht nur Don allen großen ©taaten, fonbem fogat Don
©taaten wie Sänemarf überflügelt worben unb gäljlt bie öfterreichifche Slagge gu
ben wenigfi begünftigten in ben trangoceanifchen Sänbem, welker frtac^theit aitf
unfete {Riebet gurücffäHt unb gum Sau neuer Skiffe wahrlich nicht ermutigen
fann. Defterreichifche ©c^iffe müffen fich häufig ohne $anbel8tractate, ohne Eon*
fulate ben SBeg fuchen, unb empfinben h ar ^ biefe {Rachtljeile gegenüber ©Riffen
anberet {Rationen. Unb bennoch freugen gegenwärtig mehrere Schiffe oon Sriefter
SRhebem (alg ber „Slttila", „3Rabaga8car", „Erghergog Serbinanb 9Rar") in ben
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3G2
oftaftatifchen ©ewäffem. £err Sauet Befürwortet gtmächft bie 5Tbfd)ließung eines
3>o|t« unb ©d;ifffahrt8nertrageS mit ben reifen Sa= s Pfata-©taaten (mef)in jeßt uit*
garifdje SSeine mit Grfolg gefenbet werben), ferner mit Japan, Gfiina, ©iam u. f. w.
©od), wie gejagt, biefe grage ber ,,.£)anbelSnerträge" erforbert eine JelBftftdnbige
Veleud)tung.
Jn Vegug ber Grritfjtung neuer unb ber Siegelung ber Beftefienben Gonfulate
ift fcßon ungemein i'iei getrieben worben. Dfne in eine 5(ufgäl)lung ber mehr
ober minber begrünbeten Klagen ber gegenwärtigen Sonfularuertretung mid) eingu»
taffen unb mtr „negatine Kritif" gu üben, folge id) ben praftifeßen Votfdjlägen
uon SleBotteHa’S Srofcbüre, bie gerabe in biefem fünfte eine fo grüublidje ©ad)*
fenntniß Beweist unb in furgen, aber prägnanten Bügen einen DrganifationSentmurf
ffiggirt, wie it»n nur ein fetjr erfahrener, genialer unb patriotifdjer ©eneralconful
gu entwerfen in ber Sage if+. gür Jebe ©ruppe ber weiten £anbcl8gebiete foH ein
leitenbeS unb organifirteS Gonfularamt eingerichtet werben, wäbtenb für bie übrigen
$anbelsl)äfen #onerarcenfu(n mit au8reicf)enber Unterftüjjung genügen fonnen. 5118
ijwnbclSmittelpunfte bou VerfeßrSgruppen, wo eine nationale Gonfularnertretung
unerläfjlid; ift, werben Begeidmet: ein (noch näher gu Beftimmenber) ipafen bet
SJntiHen, Val)ia, 9lto be Janeiro, fPoint be ©alles (auf Geplon), ©ittgapore,
Vatauia, ©pbnep ober SRelbourne, (nach abgefchloffenem £anbelSoertrage)
©hanghai (Glnna) unb ©ibraltar. 2)er Koftenpunft wirb fein übergroßer, wenn
an Orten, wo eine bipfomatifihe Vertretung bereits Befteht, neben ber biplomati-
fchen auch eine Gonfularfanglei eingerichtet wirb; wenn ferner gu Gonfuln fPerfön»
lid)feiten auS ber Oieifjc bisponibler, auf ©artegelb gefegter Gonfularbeamten, fo
wie nod) rüftige unb befähigte penfionirte ©tabS* unb Dberofficiere ber Kriegsmarine
ernannt werben; enblid; würben fid> bei Bunabme unterer auswärtigen Verbinbungen
auch öfterreidnfehe Kaufleute an einem ber begegneten ^auptpunfte etabliren,
welchen bie Siegierung gegen Gntgelt ber KangleiauSlageit bie Gonfulate prouijorifch
anBertrauen fönnte. gür ^onorarconfuln wären nur JpanbelSleute gu beftetlen, benen
je ein Gonfulareleoe beigegeben werben fann. ©ie Verwenbung Bon Gonfulareleoen
wäre nur eine Grmeiterung beS für bie Gonfulate in ber genante fd)on beftehenben
©pftemS, unb biefeS wäre eine ^flangfchule Bon Scannern, wie fie ber Gonfular*
bienft unb bie Seitung bet ^anbelSichijffahrt fo bringenb benötfngen.
Veoor jeboch an bie Grlebigung biefer beiben Garbinalpunfte — ^anbelSoet*
träge unb Gonfulatwefen — gefchritten werben fann, unb fotlen alle SJlaßregeln
gur Grweiterung unb Hebung unfereS auswärtigen VerfehrS in einen Bufammen«
hang, in ein ©pftem gebracht werben, fo ift tot allem nothwenbig: bie Veran*
ftaltung einer öfterreichifchen maritimen Grpebition nach ^ en überfeeifchen £)anbel8»
gebieten.
$ier mären wir beim Kempunfte Bon OienolteHa’S Vrofchüre angelangt, welche
einen giemlid) betaiHirten fpian für bie Grpebition unb beten Shätigfeit oortegt,
auf welchen id) h« r einfad) binweite. Jft matt fich über ben 3uftanb unfereS gegen»
wärtigen auswärtigen ^janbelS bewußt, hat man bie Uebergeugung gewonnen, baß
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eß „fo nicht bleiben famt, nid)t bteitcn barf", wenn unteren noff§wirtf)ft{)aft(id)en
Sntcreffen grünblid) unb awscjtcbig geholfen werben fotl, billigt man bcn Enbgwecf
unb bag 3iet ber Abf)ülie, fo wirb man baß in Sorfd;lag gebrachte fDiittel gut
Erreichung biefeß 3ieleß fidjerlich nicht alß eine „hanbelßpolitiiche Schwärmerei“
bezeichnen, fonbem »on ber ttoben Stufgabe Defterreichß begeiftert nnb burd>c\lü^t
ben aHerbingß fübn fd;einenben Sorfcplag nur acceptiren fönneit. 3e ruhiger unb
fälter man ben E.rpebitionßplan betrautet, beffen ©etailß ftnbirt, beffen wahr*
fcheinlid;c Erfolge mit ben barauf oerwenbeten 5Diitteln abwägt, befto entfliehe*
ner unb ielbftbewuffter wirb man für benfelben einfteben, man wirb baß fProjed
im s ])rinci^e genehmigen unb beffen ©urchführung fann nur mehr eine „Brage ber
3eit" fein, ©af) ber gegenwärtige Moment, bie jegige politifdje 2age Europa’ß
unb Cefterreid;ß Eingreifen in bie wichtigen europäifchen Brägen bet ©egenwart
wenig geeignet finb, an bie Ausführung beö fProjecteß fofort ju fchreiten, — wer
wollte biefeß längjien? Allein eben fo gcwifj ift eß, baff biefct ©egenftanb ber
grünblichftett Sorftubien nnb Sorarbeiten würbig ift, baff biefe »on einer hieju er*
nannten Eommiifion in Angriff ju nehmen finb, bamit im gegebenen 3eitpunfte
ohne 3eitvertuft an bie SCuöfüttruug gefcf>ritten werben fann. ©aß ift eß, waß wir
im gegenwärtigen üJiomente aufß wärmfte empfehlen unb befürworten.
Stuct) ber Äoftenpunft ocrbient Erwägung. Dlercltella oeranfchlagt bie jur
Ausführung ber Erpebition erforberlidum ©efammtaußlagen auf brei üJtiHionen
©ulben. 9iach ben ^Berechnungen, wie fie mir ber tperr Eonfulargerent Doeibecf
Ziemlich betaitlirt »erlegte unb bie er mit großer Sacgfenntniff unb geftügt auf
bie Außweife ber preufjifchen Erpebitiou nach Dft=Afien mir beleuchtete, bürften fich
bie Äoften auf fwcbftenß ein unb eine halbe SSJiillion ©ulben — alfo auf bie
£>älfte ber non flieroltella angenommenen Summe belaufen, ©iefer Setrag ift im
$inblicf auf bie groffe Stufgabe, auf bie 22af)rfd)einlid)feti fc>eß ©elingenß ber Unter*
nehmung, auf bie Erfolge für unferen außwärtigen ßanbelsuetfehr für einen ©ro§-
ftaat wie Defterreich wahrhaftig ein fo unbebeutenber, baß man ben Äoftenpunft
fidherlid) nicht alß ein £inbemig ber Ausführung ber proponirten Erpebition be»
trachten fann.
©eben wir weiter in bieier Brage. 3BeIct>eß ift ber legte 3»ecf ber ^ter be*
fprodtenen maritimen Erpebition'? Offenbar nur: Errichtung überfeeifcher, befonberß
auf ben ©ütertranßport berechneter ©ampffchifffahrißlinien.
©ic Errichtung birecter ©amprfcbifffahrtßBerbinbung ift in Defterreicf) fdjon
wieberholt befprodjen worben, ©egenwärtig finb eß jwei .pauptrichtungen, welche
in Bad)freifen erörtert werben: a. eine tranßatlantifche, jut Serbinbung Srieftß mit
Eentral* unb Süb=America, inßbeionbere ben Antillen, Sfleerico unb Srafilien;
b. eine zweite, »ftafiatifdje, oon ©rieft über A(eranbria=Suej, baß rot^e SJteer,
nach ben inbifchen unb chinefüctjen ©ewäffern.
©ie erftgenannte Stiftung fann erft bann oon Sebeutung für Defterreid) wer*
ben, wenn baß „^aiferthum SRerieo", regiert oon einem fPrinjen unfereß Äaifer*
haufeß, in birecten Serfehr mit Defterreich tritt; bann aber bürfte bie 2Bi<htigfeit
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tiefer 33erbinbnng eine otef größere werben, als man im Allgemeinen biefefbe ber»
malen anjunebmen beliebt. SSorberhanb nimmt jeboch biefe ©ampffchifffahrtSlinie
nur beit zweiten tftang ein, wäljrenb bie oftafiatifche in ntefir als einer Sejiebung
mächtig unb aufforbemb an unS ^erantritt, unb bie ich in Äürje beleuchten will.
©aS „Project JierolteHa" erhält erft bie rolle Sßebeutung unb prafttfd>e 3Bid)=
tigfeit burch ein zweites project, weites bie sperren Ptinifterialrafh 33aron Eat*
tan ei unb ©ectionSrath © dj e r e r entworfen unb ausgearbeitet h^ben. Bwet Ptän»
ner oon fo umfaffenbcm, grünblichem SBiffen unb ber betaillirteften Äeimtnifj nicht
blofj ber öfterreicbifchen maritimen fßer^ältniffe, haben biefe Angelegenheit einem
reiflichen ©tubium unterzogen unb ein Elaborat geliefert, baS fich nicht b(o§ burch
Seftimmtheit unb Klarheit beS BwecfeS unb ber Ptittel, fonbern auch wegen ber
33erücffid)tigung unferer oolfSwirthfchaftlicbcn Buftänbe unb burch feine praftifche
©urd;führbarfeit auSgeichnet. ©aS fünfte unb genialfte Project hat einen nur höchft
Zweifelhaften SfBerth, wenn ihm bie praftifche ©urchführbarfeit, bie ©eele unb ber
Äempunft eines ProjecteS fehlt.
Eattanei=©chererS Project empfiehlt bie Errichtung einer öfterreidhifc^eit 9)oft»
unb SBaarenbampferlinie oon ©uez nach ©banghai. ©iefeS Project ift noch md)t
oeroffentlicht worben, unb ich halte eS für nothwenbig, auf baSfelbe ausführlicher
einzugehen.
Ueber bie Sebeutung tpinter=AfienS für ben Sßeltoerfehr unb inSbefonbere für
Europa brauche ich nicht z« fprechen; eine mehr als taufenbjährige Erfahrung hat
barübet bereits ihr 93otum abgegeben. Bwei SBege werben auS Snbien nach Europa
befahren: ber SBeg um baS „Eap bet guten Hoffnung" wirb z u *tächfl für ben
SBaarentranSport benüjjt; auf jenem über Aben, baS rothe Pleer unb ©uez wirb
ber SranSportbienft für poftalifche Eorrefponbenzen, Paffagiete unb werthoollere
SBaaren oon geringerem Umfange oerfehen. ©ie Entfernung oon SBombap nach
©outhampton beträgt um baS Eap 10.550, über ©uez 6100 ©eemeilen, oon
Sombap nach ürieft um baS Eap 13.000, über ©uez nur 4200 Seemeilen, ©er
Poftbienft oon 33ombap nach ® ue J wirb oon ber englifchen Peninsular-Oriental-
unb oon ber frangöfifchen Messagöries imperiales ©ampff^ifffahrtSgefellfchaft oer»
fehen; ber SBaarentranSport ift auf biefem 3Bege ein oerhältnifsmäfjig geringer, ©o
lange ber grofje SBaaren trän Sport um baS Eap nach Europa gelangt, ift Englanb
im entliehenen SSortheil gegen ben gefammten Eontinent, inSbefonbere gegen bie
um baS Ptittefmeer liegenben Staaten; biefer 33ortheil fd)lägt fich jeboch auf bie
©eite oon Defterreid), Stalien unb granfreicb, wenn ber ^auptoerfehr über baS
rothe Pleer feine Dichtung einfehlägt, ©iefe 2hatfa<he ittuftrirt fcf>on an fich b' e
Dppofition EnglanbS gegen ben ©uezcanal unb bie protection beSfelben oon ©eite
SranfreichS; Englanb befinbet fich Z ul ©uezfrage in einer ähnlichen 8age, wie im
16. Sahrhunbert baS mächtige SSenebig gegenüber bem SBege um baS Eap. 9toch
ein zweiter Punft fommt in betracht, ©ie auS Snbien bei ©uez anlangenben
Schiffe tonnen wegen ber geringen PteereStiefe nicht bis an bie ©tabt gelangen,
fie müffen in einer Entfernung oon mehr als einer ©tunbe anfern; h**w werben
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bie Äiften unb ^afete auf £i<ßterfcßiffe um gefaben, roeldße fobann ben fangen
fcßmaten Ganal hinauf bi8 jur «Stabt unb in bte SRaße ber ton ©uej über Äairo
nacß Sllejanbrien füßrenben Gifenbaßn fahren, wo bie SBaaren junt jweiten 9Rale
umgelaben werben. Sie Soften biefeg gweimaligen 9lb= unb 2(uf(aben8, fo wie bcö
Sran8porte8 felbft finb, abgefeßen oon fielen anberen ungünftig einwirfenben 3wi>cßen=
fällen, bebeutenb unb »erneuern feßr ben ganjcn Sranßport. Sie Messag^ries
imperiales bauen nun eine 3weigbcißn oon ©ue.j über bie große ©anbbauf, bie
3 Wif<ßen ber ©tabt unb jenem Ufer, oor welkem bie ©cßiffe oor Sinter geßen,
liegt, unb am Gnbpunfte wirb ein S3affiit mit großartigen SocfS angelegt, ©inb
biefe Sauten beenbet, wa8 oßne Bweifel im Saßre 1865 eintritt, fo fommen bann
bie SBaaren oont ©cßiffe unmittelbar auf bie Gifenbaßn, welche fie fofort nacß
Stleranbria beforbert. Saß Saffin mit ben SocfS wirb für bie ©cßiffe aller 9Ra*
tionen jugänglicß fein. Sie 3äcßnung biefer Sauten nebft ben Äoftenocranfcßlägen
unb fonftigem Setait ßabe td> ber geograpßifcßen ©efeßicßaft oorgelegt.
Grwägt man nun, baß ber ©ue 3 canal erft in 5 bis 6 Saßreit beenbet fein
fann, wäßrenb fcßon im näcßften Jaßre bie eben bargelegte SerfeßrSerleicßterung
eintritt; baß oon biefem 3eitpunfte an ein ungemeiner Sluffcßwung im Serfeßr
mit Snbicn eintreten muß, baß nicßt bloß Gnglattb unb grattfretcß baran parti*
cipiren foUen, fonbern Italien biefe Goentualität bereits in8 Sluge gefaßt ßat unb
bie Gifenbaßn oon Slncona nacß Srinbifi oerlängem wiH, um Statten, bie ©cßweij
unb ©üb=Seutfcßlanb in fein ^aitbelßgebiet einjubejießen; baß Srieß, SDefterreicß,
ber fRorben unb Dften Guropa’8 gar leicßt ju fpät auf bem ^Maße ertcß einen unb
3nbien8 ^robucte au8 Stalien ober Gnglanb ßinfort beließen müffen, inbem ber
£anbel bie einmal genommene SerfeßrSricßtung nur fcßwer »erläßt: fo wirb man
begreifen, baß ßier feine 3eit ju oerlieren ift; ßier muß bei Bäten oorgearbeitet
werben, foUen un8 bie neuen Serßältniffe nic^t unoorbereitet treffen, e8 müffen
Sotfeßrungen ftßon jeßt getroffen werben, wenn Defterreicß mit allen ißm ju ©e*
bote fteßenben Sortßeilen rechtzeitig unb woßlgerüftet als ein tbätiger, feiner 9Racßt*
ftellung würbiger gactor auf bem jenfeitS bet Sanbenge oon ©uej gelegenen SBelt*
marfte etfcßeinen fofl.
Sieb iß bie ßeutige Sage; wa8 nun tßun?
Sie Antwort' be8 ^)lane8 Gattanei=©cßerer lautet: bie al8batbige Drgani*
firung einer ßßerreicßtfcßen s Poft= unb SBaarenbampferlinie jwifcßen ©uej unb ben
afiatifcßen ©eeptäßen, mit ißren £auptpunften auf Genien, in JDftinbien unb Gßina.
SI18 3lu8gang8punft nimmt ber ff)lan ©uej, al8 Gitbpunft ©ßangßai an; bie
ganje gaßrlinie wirb in eine ^auptlittie unb in meßrere 3weiglinien eingetßeilt.
Sie $auptlinie wäre: ©uej*9lben (436), Qlben^oint be ©aße8 (712), (Point be
©afle8*$)enang (auf SRalacca, 404), $)enang=@ingapore (127), alfo ungefäßr 1680
©eemeilen.
3weiglinien würben taufen: ^)oint be ©afleS über 9Rabra8 nadß Galcutta,
oon ©ingapore nacß Sataoia, oon ©ingapore über #ongfong nacß ©ßangßai, oon
(Point be ©aße8 nacß Sombap, oon Slben nadß (Reunion unb 5Rauritiu8, oon ©in*
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366
gapore nad) Ptanila mit ©crührung oon Saigon. ©ieje 3weigliiticn. mürben erft
in ber §olge, nad) nnb nad) eingerichtet »erben, ©er mir oorliegenbe plan füf>rt
bei jebem fünfte bie ©rünbe an, auS melden er in bie ©erfebiSlime einbegogen
warb, bod) faitn id) midi fn cr in 3 U greifeS ©etail nicht einlaffen. Sn biefem
©ienfte müf;te ber ©harafter eines corgugSweife für Saarcntranßport beftimmten
Unternehmens feftge halten unb ber io enorm foftfpielige poft* unb Paffagierbienft
nur in gweiter Stnie berücffidjtigt werben. ©ben baburdjt würbe fid) bie cftervcicftifd;e
Unternehmung oon ber englifchen unb frattgöfifcben unterfd;eiben, welche, wie be=
reitS erwähnt, gunächft ben poftbienft oerfebcn. ©a8 f dt lüfte jeboch nid)t and, bah
bie öfterreichil’chen Schiffe wegen ber baran ficb fnüprenben in« unb audlänbifcfen
©ortheile gleichfalls als „Pofticbiffe" qualificirt werben unb Briefe, pafete, 3ei=
tungen, ©elber u. f. w. übernähmen, ©er ©ienft wäre bitrd) 8 Schraubenbampfer
(bie eine Hälfte gu 2000, bie anbere gu 700 bis 900" ©ernten) gu oerfebcn, welche
im 3nlaitbe gebaut werben, nur eine geringe l'lngahl (Sabinen ohne jeglichen HuruS
enthalten unb jährlid; 12 Steifen (£>in= unb SJüdfabrten) machen, ©er ©au ber
Schiffe unb Ptajd)inen in allen ©etailS, fo wie ber ©etrieb beS gangen Uitterneh*
menß würbe oon StegierungScommiffären überwacht werben.
@3 ift faum nötfjig, auf bie Sßi^tigfeit unb ©ragroeite beS gangen Unter*
nehmend oom politifdjen Stanbpunfte ^ingubeitten, unb wie lehr baSfelbe geeignet
ift, baS Sittichen unb ben ©influt; DeftcrreichS inßbefonbere in ©eutfchlanb gu
heben unb gu förbern, göge ja boch auch ©eutfchlanb auS biefem Unternehmen
grofje ©ortbeile.
Sch faitit nicht id’liefjcn, ohne einem Ginwanb gu begegnen, ber fo häufig oor*
gebracht wirb. Selche Slrtifel feilen wir intportiren ober erportiren? unferc Slrtifel
finb nicht „exportfähig" u. bgl. Dbne auf bie ©infubrartifel unb beren Plengeim
©etail eingugeben, genügt ein ApittWeie auf Seibc, Baumwolle, Steid, ©bee, Sn*
bigo, Äaffec, 3ucfer, alle ©attungen ©ewürge unb Plebicinalien, bie wir jejjt gum
größten ©heile aud gweiter ober britter Apatit begieben unb wooon bie meiften nicht
mehr „Surudartifel", fonbent Slrtifel beS täglichen 3Sebarfe8 finb. Sie fchtteH fich
ber Slbfah oermehrt, mag folgenbed ©eifpiet geigen ©ie diittefifdje Seibe finbet in
©uropa immer mehr ©ingang. Sm Sal;re 1852 begog Hpoit baoon nur 20 ©allen
im Sertbe oon 246.000 §r.; im Sahre 1862 bagegen 3000'©allen im Serthe
oon 90,000.000 §r. ©a§ ber ©erlebt - bureb einen entfpredienben ©rporthanbet
ebenfalls eine Steigerung in $luSficbt ftetlt, ift gweifelloß; wir finb nid)t ober nur
im geringen Piaffe „exportfähig" gegenüber oon ©nglanb, ©elgien, granfreich
u. f. w., aber gegenüber oon £>ft=2lfien, trefj ber ©encurreng mit ©nglanb unb
ftranfreid), gang fid) er in fo matt dien Hlrtifeln, indbeionbere wenn uitfere Snbu*
jtriellen nicht nach ihrem eigenen ©efehmaefe fabriciren, fonbern ben ©efdimaef unb
bie Sebürfttiffe ber ©onfumenten — hier jenen ber ungählbaren SeoölfermtgSmaffen
Slfiend unb ber Snfeln — in ©erücf fiebtigung gieben.
©ine weitere ffrage ift bie: wer fotl biefeS Unternehmen ins Heben rufen, ber
„6jlertetchif<h e ßlopb" ober eine neue „iäctiengcfellfchaft" ? ©er oorliegenbe Plan
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plaibirt für bot „ öfterreichifcben Sfotjb" unb erörtert einen 33ertrag8entwurf jwif^ett
bet ©taatboerwaltung unb bem öfterreid;ifcben Sloijfc. Heber biefeit s }Huift will i<h
einstweilen jtiQid)weigenb hinweggehen.
Grwägt man beibe Arbeiten, jene be 8 ^perrn ». Leooltella, fo wie bie bet
fetten 23aron Gattanei unb o. ©d;erer, fo ergiebt fitf> eine Lothwenbigfeit: (58
mögen SSoreinleitungen jum Swecfe ber Slbfenbmtg einer Grpebition, bie au 8 Si*
plomaten (gut 2lbid;liefutng non Verträgen, Grridjtung »on Gonfulaten u. bgl.)
unb au 8 mercantilen gad;männern (gum ©tufcinm bet ^lajjocrhältniffe, ber 23e=
bürfniffe, ber ccmmerjiellen ißerbinbuitgen u. f. w) hefteten full, getroffen werben.
3 n 6 befonbere wofle bie Slufmerffamfeit auf bie Ginridjtung be 8 üBerfebrb auf bem
rotfyen SWeere gelcnft werben, bamit wir ooit Grcigniffen nicht überleit werben.
Sie fofortige 3 nfammenieluing einer Gomutifjion 311 m ©tubium allet einfdjtägigen
fragen unb biefer hier erörterten 'Projecte aber ift bie erfte, oorberhattb wid;tigfte
Stufgabe. Liöge bie ganje (Angelegenheit grünblid) jum 9luhme unb jur 3öoi)lfal'rt
JDefterreid)§ geleitet unb ertebigt werben!
$te ^erjogin (£ltfaktl) oon £adj|en=©otl)a, geborne ^falj=
gräftn am fflljein.
Sie Sefer ber „Slugbb. Sltlg. 3tg." verharrten in beren Beilagen ju ben Lum=
ment 30 biö 33 bem -penn Sluguft Älucfh°h n ein intereffanteb „SebenÖbilb
einer beutfdien Sürftin au 8 bem 16. Sabrhunbert" in einem Verträge, beti biefer
Gelehrte im d>emifd)en ©aale ju Liund;en am 15. Sännet gehalten hat. Sa biefe
gürftin, nämlich bie .perjegin Glifabeth, ein treues Lhifter el;elid;er Siebe unb Sreue
gegen ihren unglüdlichen Gemahl, bem fic in 8 Gfenb folgte, um ihm e 8 3 U lim
bem unb mfyutragen, in Defterreid; ihre SebenStage beichloffen hat, wollen wir in
biefen (Blättern noch Ginigeb über biefelbe unb ihren Gemahl mittheilen, wie auch
auf ihre Gebenltafel 3 U Söin 3 enborf unb ihre Lcebaille hin weifen, erlauben un 8
aber, um jenen, welche etwa Ferrit ÄtucflwhuS intjaltreidien Vertrag nicht gelefen
haben, flar 3 U werben, in Äürge Lad;ftef)enbee rorau^ufdjicfen.
Glifabeth, ältefte Tochter beb mit geh« Äinbent gefegneten 'Pfalggrafen non
©immern unb nad)l)erigen Äurfürften grtebrich III., 1540 geboren, warb im Sahre
1558 mit Sohann griebrich II. ober Leittieren, pe^og gu ©ad?fen*Gotha ver»
mählt, älteftem ©ohne 3ol;ann griebrid '8 1 ., beö Grofmtütbigen, ber befannlich in
gofge feiner Lieberlage bei Lcuhlberg (24. Slpril 1547) feine greil;eit fammt ber
Äurwürbe oerloren hatte, weld;’ leitete feinem (Better pe^og Liorig, Stlbertinifcher
Sinie, oon Äaifer Äarl V. verliehen würbe.
Sohantt griebrich II., ber feinem SJater 1564 nad;folgte, hatte bie Partei
beö wegen Grmorbung beb Sbifdjufö Ltel^ior 0 . 3obel 3 U äöürjburg (15. Stpril
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1558) unb (Storung beö SanbfriebenS angeflagten ftäntif^en ©belmaitneö SBil^elm
». ©rumbadh unb beffen 9ln^angc8 $u beiber 33erberben ergriffen.
©er £erjog, welker ben ferneren 33erluft beö ÄurtyuteS, ben bisher bie altere
©tneftimfcf)e Sinie beö £)aufe8 ©adljfen getragen hat, nidjt »eridhrnerjen tonnte,
nahm ben geästeten ©nunbad) in feine ÜBefte ©rimmenftein ju ©otfya auf unb
»cvfiel, inbem er, gegen jegtidje SDia^nung bemfelben feinen ©thujj ju cntjie^en
taub unb blinb, nid)t geholte, im Satyre 1566 gleichfalls ber 3tei^8ad^t ©iefe
»ollftrecfte fein 33etter, beö im 3af>re 1553 geftorbenen ^perjogö äüorij jüngerer
33ruber unb SRadjfolger, ber Äurfürft Sluguft. ©ie Sjefte würbe belagert, nad) hart*
nädfigem SBiberftanb am 4. 9lpril 1567 übergeben, ber tperjog gefangen unb
©rumbad) ju ©reeben »erurtheilt.
©er jgjerjog, ju ewiger ©efangenfdjaft »erurtljeilt, warb erft nad> SBien, barai
nach 3Biener=9Reuftabt in bie bortige faiferlidje 33urg, »on ba auf einige Beit auf
baö ^)refjburger ©chlofj unb hierauf wieber nad) SReuftabt jurücfgebra^t, wo feine
ebelmüttjige ©ernannt ©lifabetl), nadybem fie ben Äaifer SJiajrimiliatt II. um beffen
Befreiung mehrmals, wiewohl »ergebene angefleht i ^atte, fent »on ber Heimat
unb ihren $wei ©ebnen, »om Saläre 1572 biö ju iljreS gebenö ©nbe (8. Februar
1594) bie ©cfangenfdjaft mit ihm feilte.
3m lebten Sa^re feineö 8eben8 würbe ber A^erjog wegen beö auögebrodjenen
StürfenfriegeS, ber 3Biener=3Reuftabt bedrohte, nacE) ber ©tabt Steuer geführt, wo
er naef) 33aleittin ^rauenfjueberS „Annales Styrenses“, Nürnberg 1740,©. 311,
anfangs im $irfcf)’id)en £aufe wohnte, bann aber auf baö bortige ©cfjlofj gebracht,
in welkem er im ©cffel fi^enb am 19. SOcai 1595 »erfd^ieb.
©eine ©ingeweibe würben beim Hochaltar ber dortigen fPfarrfitdje begraben,
ber Leichnam aber jur 33eftattung neben feiner treuen Sebenögefäljrtin nach ©oburg
abgeführt.
©eine ©eüife waren bie fünf 33ocale A. E. I. 0. V., bie nach ber SDtebaiUe
»om Satyre 1595 bebeuteit: Allein E.vangelion I.st O.ne V.erlust. 53efanntlid)
finb biefe fünf 33ud)ftabcn bie ©eoiie beö Äaiferö griebtich III., ber jene 33utg ju
3Biener=3Reuftabt erbaut hat. 3n &6f)ler8 „£iftorifdf)en SJlünjbeluftigungen“, 33anb
III., 170, lefen wir »iet 3 ig 9lu8legungen biefer 33ocale in lateinifdjer ©pradf)e in
alp^abetifd^er Drbnung. ©ie !. f. Ülmbrafer ©ammlung »ernährt »on biefem Äaifer
einen filbemen 33ecf)er mit fünf frt)ftaflenen SBänben, jwtfdjen beren jeber ein
£erolb einen ber 33ocale fjält mit beigefügter gleichzeitiger ©rflätung: A.quila
E ius I.uste O.mnia V.incet.
©ie ©ingeweibe ber ^erjegtn würben in ber anderthalb ©tunben »on 3Reu*
ftabt am ©ebitge gelegenen *})farrfirche ju SBinjenborf, baö damals bem prote*
' (Der Äaifer war, wie mau fagt, ju beö £>erjo,)8 lebeite läng lieber ©efangenljaltung burd)
baö Jöort gebunbeu, bas er bem fiurfürften ätuguft, ber feinen Setter nur unter uitmürbigen,
eon ibm aber mit männlichem Sinne jurndgewiefenen Sebingungen frei wiffen mellte, gegeben
hatte; aud) nach de« Äurfürften "lebe (1686) warb er liiert frei geiaffeu.
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fhmtifdjen ^reiberrn d. ©eufet gehörte, beigefe^jt, ber 8 ei<bnam aber nach ©oburg
geführt unb am 30. ©ecember 1594 jur ©rbe beftattet.
©ine 6 Sötener b°b e unb brei Suj) breite, auf ber ©piftelfeite beS
^reSbpteriumS bafelbft eingemauerte ©ebäcbtnifitafel Don bunfelrot^em 9Rartnor
enthält eine Snfcbrift Don 16 Beilen, bie in ben „SSiener 3afjrbüd)em ber 8 itte*
ratur", Sanb CXII., im 3tnjeigeblatt ©.16 mitgetbeilt ift.
©ie ©erife ber eblen, gottoertrauenben ^erjogin war H. H. H. H. H, welche
bebeuten: H.ilf H.imlischer H err. Höchster H.ort, nach beren 55Rebaitfe Dom
Sabre 1576, welche in Äßfylerö „Apiftorifcben SJiüngbeluftigungen", Sb. XVI.,
137, abgebilbet ijt. ©iefe SKebaillc ift um fo wertvoller, ba baS ©remplar im
f. SKünjcabinet auf ber Serben'eite bie (5f>iffre AN: AB:, b. i. beS berühmten
SfteifterS Antonio 'Äbonbio auS ber 8 ombarbei tragt, ber ungefähr Dom Sabre
1567 an am Jpofe Äaifer ÜRarimiliaitS II. unb Äaifer JHubolfö II. gearbeitet bat,
unb nach bem ©obtenbucbe bei ©t. ©tepban in SBien am 12. ÜJtai 1591 ge*
ftorben ift. Sofepb Sergmann.
$tc £emperabilber be$ $erbnnet Altars in tfofterneuöurg.
5lu8 ben ©rgebniffen ber jüngfteu artbäcfegiidjeti Serfcbungen in Defterreicb
fennen wir bie ©efdfji^te beb fogenannten Serbuner ältavS. ©ie pracbtcoHen
©mailtafeln, urfprünglicb im Sabre 1181 unter bem feisten tropfte SBember Don
SifolauS au 8 Serbun jur Sefleibuitg eines 3lmbo angefertigt, würben fpäter
unter bem funftfinnigen tropft ©tepbatt d. ©iernborf (1317 bis 1335) au 8 Sin*
lafj eines im Sabre 13*2 im Älofter ftattgefunbenen SranbeS reftaurirt unb tbeil*
weife erneuert unb hierauf 31 « SluSfcbmücfung beS Äreu 3 altarS Derwenbet. Db 3 ur
Sefleibmtg ber 90?enfa al 8 ülntipenbium ober alb Stltarauffaj}, barüber waren bis*
ber bie Meinungen getbeilt. Sei biefem 3lnfaffe gefcbab e 8 auch, baB bie Siücffeite
be 8 2 lltar 8 mit oier auf $ 0(3 angebrachten ©emperagemälben geicbmucft würbe.
Sit fo lange ber 5l(tar auf feiner urfprünglicben ©teile ftanb, war bie Siücffeite
bequem — teiber 3 U bequem ! — 3 ugängli<b unb erft bei ©elegenbeit ber im 3 abre
1833 Dorgenommenen Slufftellung beSfelben im alten Gapitelbaufe, welcbe 8 , gegen*
wärtig 3 ur 8 eopolb 8 =©apelle umgeftaltet, ficb bem oftlidben Slügel beS Äreu 3 gange 8
anfcbliefjt, geftalteten ficb We räumlicben Serbaltniffe fo ungünftig, bafj Don ber
SRucffeite nichts wabrgenommen werben fonnte. SBieberbolt besagten tief Äunft*
forfebet unb Äunftfreunbe, welche ficb bem b°b fn Äunftgenuffe ber ©mailtafeln
biitgaben, biefe 3(norbnung, weil einerfeitS bie nicht unbegriinbete Seiorgnifj oor*
banben war, baff bie ©emperabilber ber SRürffeite, welche wabrfcpeinlid) bie
älteften, ficber batirten ©afelmalereien DefterreichS finb, bem ©influffe
ber Seit fotglog pteiSgegeben werben, anbererfeitS biefe fo willigen ©emälbe bem
!5o<6cnt<trift. 1864. Sanb HI. 24
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Äunftftubium ber ©egenwart entgegen waren. 9(11 e8, wa8 man bisher baoon wufjte,
befchränfte ftd^ auf eine furge un b, wie fid) nun geigt, aud) tbeilweiie unrichtige
Seichreibung, Weiche ba8 ©tiftSglieb ©tot) in 9lrnetf)S „Niello-Antipendium“
(2Bien 1844) »eröffentlieht hatte. 2Bie tonnte fich aber bamit bie gegenwärtige
Äunftforfchung begnügen, welche feit gwangig Salden gerabe in Segug auf ba8
3Rittelalter gu »eränberten unb theilweife gang neuen fRefultaten gelangt ift.
lieber Anregung ©r. ©pcelleng be8 Aperrn ©taa tSminiftcrS Witter ». ©d)mer=
ling »erfügte ber $err Prälat be8 ©tifteS Älofterneuburg im grühjahre 1863,
ba§ ber Serbuner 9lltar »on feiner gegenwärtigen 9lufftedung entfernt, bie fReftau*
ration beSfelben, unb gwar »orgugSweife ber Temperamalereien ber fRücffeite cor =
genommen unb eine neue, ber urfprünglichen SInorbnung annäherungsweife Se=
trönung be8 9lltar8 ^erejeftetlt wirb. 9Rit bem lebhafteren Sntereffe würbe
allfeitig biefeö ©reignif; begrübt, unb gewifj mochte e8 »or allem bem liebenSwür»
bigen unb fein gebilbeten .£)iftoriographen be8 ©tifte8 Äloftemeuburg, glorian
Tfjaler, bem treuen unb forgfältigen .püter ber reichen Äunftfchäfce ber alten
Sabenbcrger=©tiftung gur innigen greube gereichen, baff noch »or feinem tief be=
tlagten SebenSenbe ba8 Äleinob be8 ©tifte8 ber 3utunft erhalten bleibt. SRachbem
früher ber 9tath unfereS in Segug auf Silberreftaurationen erfahrenften ÄünftlerS,
be8 t. ©aleriebirectorS Sngertf) eingeholt war, würbe ba8 fchwierige unb oerant=
wörtliche 3Berf ber SReftauration ber Temperamalereien bem fötaler © d) 6 n b r u n=
ner übertragen, einem StRanne, oon beffen ©ewiffenhaftigfeit unb Äennt=
niffen bie thunlichfte ©chonung ber ©emälbe erwartet werben tonnte.
Setrachten wir oorerft ben Inhalt ber ©emälbe. Sie betannt, befteht ber
Serbuner 9lltar au8 einem breiten fDtittelt heile unb gwei fchmäleren ©eitenflügeln.
©iefer 9lnorbnung entfprechettb, ift bie fRütf feite mit i'ier Silbertafeln gefchmüeft,
»on benen gwet ben glächenraum be8 föiitteltheileS unb bie übrigen gwei jenen ber
ginget einnehmen. 5)a nun bie beiben ginget gu gewiffen firchlidjen SahreSgeiten,
wie in ber gaftengeit, nad; »orne gu gejdjloffen würben, fo haben auch bie 2)ar=
jiellungen barauf Segug, wäfweitb bie gwei ©arftellungen be8 SRittelftücfeS für fich
gu betrauten finb. 9luf ben beiben ©eitenflügeln feben wir (Sfniftnö am Äreuge
unb ba8 Noli me tangere, an bem SRittelftüde ben Tob unb bie Ärönung SOia=
rien8 bargeftellt. ©teich bie ©onception ber erften ©eene hat einige bemerfenSwerthe
SRerfmale. (SfjriftuS ift mit ftart nach linfS gebogenem SDberförper, ben Äopf in
bie Sruft gefentt, bargeftellt, ba8 Slut au8 ber ©eitenwunbe unb ben Apättben
ftrßmt ftrahlenförmig in Welche, welche »on in ben Säften febwebenben Siegeln ge»
tragen werben. fRechtS »om Ärcuge flehen in tiefer Trauer bie »ier grauen, lints
SohanneS unb hinter biejem in einer etwa8 phantaftifdjen JRüftung ber ^auptmann
ber ÄriegSfnechte mit au8geftrec!tem 9lrme auf ©hriftuS h' ] " l 'cifenb unb einem
©pruchbanbe, worauf fotgenbe SBcrte gu lefen finb: Vere filius Dei erat
i8te. 2lu§er biefen brei gewöhnlichen ©ruppen tniet aber gu ben güfjen be8
ÄreugeS, auß benen gleichfalls Slut ftrßmt, eine flehte SRßndjSgeftalt in bem
mittelalterlichen ©ewanbe eines ©horherrn mit gefalteten Apanfcen, »or fid; ein
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©prucbbanb, worauf btc SBorte: Miserere mei deus fielen, ©ie ift gang ähnlich
jener (DlöncbSgeftalt, welcher wir wieberbolt auf ben auS ber Beit beß 9&ropfte8
Stephan o. ©iemborf berrübrenben ©laSfenftem beö .KteuggangeS, bann aucf) auf
ber befannten (ebenen (Patene bes ©dia|eÖ, oon bet wir auS einet ©tetfe ber
Keinen Äloftemeuburger ©bronif wiffen, ba (3 fie gleichfalls oon bem gweiten ©tif»
ter, wie bie (Stjroniften ben tropft ©tep^art wegen feiner unermübeten ©orgfalt
für ben ©lang unb ben Sluffcfjwung beö ©tifteS begegnen, f)errüfn.'t. Sßürbe eS
nun febon burd? biefeS Bufamntentreffen oon Umftänben naf)e liegen, wer unter
biefer (DlöncbSgeftalt gu oerfteben ift, (o werben alle Bweifel bureb bie SBorte:
„Stephanus praepositus“ gelöst, welche neben ber ©eftalt in oerticaler (Richtung
gu lefen finb. ©ie finb ber untrüglicbfte SeweiS, baf; auch ^>ier unter bem (Dona»
tor ber Silber jener (Kann gu oerfteben fei, welker ber Kunft in feinem ©tifte
eine fo reiche Quelle beS ©cbaffenS in ber erften Hälfte beS 14. 3abrb«nbertS er»
öffnete, unb cS ift babureb bie ©ntjiebungSgeit ber Silber ungweifelbaft feftgeftellt.
9luf bem gweiten glügelbilbe — ber Segegnung ©brifti nach ber ©raberftebung
— erblicfen wir recbtS bie brei (Diarien oor bem leeren ©rabe unb auf bemfelben
einen ©itgel fi^en, baS Seicbenhub in ben £>änben baltenb; UnfS ftebt GbrifluS auf
einem Seifen mit ber SluferftebungSfabne unb oor ibm auf ben jtnieen (Dlagba*
lena mit auSgeftrecftem Sinne, um baS ©ewanb beS .peilanbö gu berühren, ©igen»
tbümlicb ift bei biefer (Darftellung bie 9lrd)iteftur ber erbebten SEumba — eine
(Dc'if^ung oon antifen unb rontanifeben (Dlotioen, bie gu bem ©(bluffe oerleiten,
ba§ bem Äünftler Stalien nicht fremb war. (Dagegen tritt unS auf bem
britten Silbe — ber Krönung (DlarienS — bie ©otbif in ben reinften, ber grub 5
periobe entfpreebenben geraten entgegen. Stuf einem oon gwei ©ngeln getragenen
©ebile fißen ©briftuS unb (Dlaria, Seibe belrönt. 3u beibeit ©eiten biefer (Datflel*
lung fteben in (Rifeben rechts Bobanneg,. mit ber £anb auf bie ©ruppe weifenb,
unb linfS eine bifeböfliebe ©eftatt (©t. Stuguftin?) (Die (Jtifcben b fl t ,en bie gorat
oon fdjlan! auffteigenben gotbifeben ©apellenabfcblüffen mit b°b en i öon Sierpa§=
(Dlafjtoerf burcbbrodienen genftern, unb finb in Serbinbung gebracht mit ber Sir»
ebiteftur beS SDbrortftuEjlt'ö. 9luf ber oierten Safcl liegt (Dlaria auf einem hob*”
Sette, beffen Sebnen gleichfalls mit Sierpäffen gefcbmücft finb, mit gesoffenen
Slugen unb gefreugten Strmen. Sor ihr ftebt ©briftuS, bie ©eele (DlarienS in @e»
ftalt eines gefrönten KinbeS auf beni Slrme tragenb. 91 n bem Kopfe unb gu ben güfjen
ber Serftorbenen fteben bie 9lpoftel mit einem Äreuge, einem Seibrauebfaffe unb
brennenben bergen in beu (jpänben. Uebcr bem Sette febweben in ben 8üften gwei
©ngel, einen 2b ron ftubl m it ber Krone in ben tpänben tragenb,* welche fie für
(Dlaria in Sereitfdjaft bitten.
SßaS nun ben Kunftdjarafter ber (Darftetlungen anbelangt, fo ift berfelbe un¬
gleich- ©inige ber ©eftalten geigen einen eblen, tief empfunbenen geiftigen 9lu8brucf<
ungeachtet ftrenger conoeittioneller gormen; bei anberen überwiegen lejjtere fo jtarf,
baf) baS Üeben ober bie £anblung in nur fcbwacben äußerlichen Bügen beroortritt
3n bet Haltung ber la nggegogenen fdjmalen ©eftalten unb namentlich ber .Köpfe,
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in beit etnfacf) angeorbneten, wenig gebrodenen Ratten ber ©ewänber unb ben ungefomt*
ten unb unau8gebilbeten $änben unb fsüjien erinnern bie Silber lebhaft an bie
©arfteHung8weife ipätromanifder SKiniaturen, wie überhaupt bui'd einen eingehen-
beit Sergleid berfelben mit ben Silbern ber .pebwigS-gegenbe ober fetbft ber ©la8=
malereien im ©tifte walirfdrinlid mande intereffante Analogien nadguweifen fein
werben. Sn Segug auf Gompofition bürfte ber Ärengigung unb Ärönung 9Rarien8
wegen ihrer tabellofen impofanten 9lnorbnung unbebingt ber Sorgug oor ben übri¬
gen Silbern eingeräumt werben, ©ämmtlid« Silber fabelt ©olbgrunb, welder in
punftirten 8inien mit äufjerft gart unb fdbn gearbeiteten Ornamenten gemuftert
ift. ©ie Ornamente hefteten au8 ftplifirtem Slattwerfe in oier oeridiebenen 9lb=
änberungen; bei bem Silbe bie Krönung SJtarienS finb in ben oberen ©den mit
berfelben Sednif aud gwei ftilifirte ©raden angebradt; bei ben ©eWänbertt ber
Figuren ift rücffidtlid ber föarbe grün unb rofa oorbervfdenb.
2Sa8 bie Sednif anbelangt, fo finb bie Apolgtafetn oollftäitbig mit Seinwanb
bebecft. ©iefe würbe mit Sergfreibe unb bann mit Solognefer treibe überzogen unb
erft auf bieient präparirten ©runbe begann man bie SBafferfarbeit aufgutragen.
9(18 bie tafeln im September 1863 gunt Sondern tarnen, waren fie in
einem gwar oerwahrloSten Suftanbe, ber Berftörungeprocef; febod glücflidermeifc
nod nidt fo weit oorgefdritten, baff an einer oollftänbigen äßieberf)erftellung ber¬
felben gegweifelt werben tonnte. Si8 auf ben Äopf be8 Susannes bei ber Ärönung
SJfarienö waren bie gigureit, ungeadtet be8 ©dmujgeS unb IRaudeS gu ertennen
unb bie ©ontouren ber 3ridnung aufgufinben. 9lm beflagenöwertlteften geigte fid
ber Sanbali8mu8 in bem Gintri^eln von 9tameu, womit nad alter übler Ge¬
wohnheit Sefuder ber Äii'de fid oerewigen wollten. A^unberte oon tarnen, tf>ei!=
weife mit bem ©atunt ber 9(nwefen^eit ber 'Perfouen — bie ältefte SabreSgeit
war 1502 — bebeetten bie unteren Steile ber Safeln, unb e§ gefdah bie8 fo
energifd, bafj bie tarnen oft in ber Siefe einer tinie eingefraüt erfdienen. Bum
Steile hatten aud ‘ 5ie tafeln fetbft SRiffe unb Sprünge, bieie jebod waren nidt
io weitgreifenb, um ben ©daratter ber Beiduung gu beeinträdtigen.
©ie 9lufgabe be8 DieftanrateurS war e8, mit ooUftänbiger ©elbftoerläugnung
moberner Äitnftanfdauung an8 SSert gu idreiten unb ftrenge an bem ©Ijaratter
ber Beiduung unb be8 ©oloritS feftgubalten. ©8 fdeint uns nidt ofme Sntereffc,
ba8 Serfa^reu befannt gu madett, weide« SKaler ©düubvunncr bicbei beobadtet
bat. ©ie Reinigung ber Silber oon Sdwujj unb fHaitd gefdah mit feiner
Saumwotle, weide mit oerbünntem ©alniiaf (*/ s SBaffer, >,4 Salmiaf) benefct
war. fRadbem bie8 mit fo glütflident ©vfolge gu ©taube gebradt war, bay Weber
bie' Beiduung, nod bie gavbentöne gelitten, wmbe bie an einigen ©teilen oem
epolgc abgelö§te Seinwanb mit einer s Ditjdung oon Seim unb Serpentin nieber-
gefleht unb oorfidtig geglättet unb bie grofie 3af>l Heiner Otiffe unb ©prünge mit
Solognefer Äteibe au8gefül(t. SRad bieten Sorbereitungen fdritt ©dönbrunner an
bie eigentlide Oteftauration ber Silber unb führte fie mit Semperafarben burd-
9Jur an ben unteren Steilen ber gwei Silber Ärönung unb Äreugigung mußten
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$argfarbm angewenbet »erben, weil erftere fcuvd) ftcncbtigfeit ftarf gelitten Ratten,
©er ©olbgnntb würbe tbeilß mit s )\latt-, tbeilß mit 9J?ufcbefgolb an ben fc^abtjaften
©teilen außgebeffert.
9Iuf biefe Slrt ift mm ein Äunftwerf ber Bufunft erhalten, »eldjeö für bie
©efd^i^te ber Malerei- in ©eutfcblanb neu größter Sebeuhmg ift. hoffen wir, baß
bie 9teftauration beß Slltarß, beffen JRücffeite biefe merfwürbigen Silber fehmüefen, in
bem ©eifle bollcnbet wirb, in welkem fie im oerfloffenen Sa^re begonnen würbe, unb
ber 2ütar einen $)ta$ angewiefen erhält, ber, feiner hohen fünftlerif^en SBic^tigfeit
entfprecbenb, Äünftlent unb Äunftfreunben nach beiben ©eiten Ijin jugcingfic^ ift.
©ß fc^eint mir, baß baß ©tift mit bem Sefiße be@ foftbaren @d)ajje8 auch bie
Verantwortung gegenüber ber ganzen gebifbeten Seit für eine forgfältige ©rhal*
tung fytt Äarl Seiß. *
S. ,,©ie Staaten ©uropa'ß unb bie übrigen Sanber ber ©rbc. Sergleicbenbc Sta-
tifti! ben ©r. %. Sr ad)eil i, 0 . o. i'rofeffor am pcl^tec^nif^en Bnftitute 3 U SBien.
3weite, burchauß umgearbeitete Sluflage". Sriinn 1864. 1 . Lieferung. Sin ftatifttfe^en
?ebrbü<hem ift in ber jüngften 3 eit fein 9)iangel, um fo weniger, alß foldje ©qeugniffc
einen fleinen Seferfreiß ftnben, namentlich burch bie ©tubirenben ber ©tatiftif geraffen,
wäbrenb baß größere publicum firf; mel;r ben angemeineren $ülfßbücbem, ?anbeßfunben
unb 4)anbbücbem ber ©rbbefchreifrung 3 nwenbet. ©ß erregt baher eine günftige Stimmung,
wenn ein ftatiftifcbeß ?ebrbit<b ftcb in bem 9J?aße Sahn bricht, baß nicht lange nach ber
erften Sluflage eine 3 weitc notf;wenbig wirb. Unb biefeö @efül;l, mit welchem wir $r.
Sracbeüfß „Staaten ©uropa’ß" in ^weiter Sluflage gur £anb nehmen, wirb bei näherem
(Singeben noch weiter gefeftigt. @0 ift baßfelhe fein Sicberabbrucf beß oor einigen Sau¬
ren erschienenen Suchet mit ©meuerung ber 3 ifferangaben, fonbem in ber S^at eine
»ollig neue Slrbeit fomol;l bur<h bie 2 lu$bet;nimg alß bie gdnglid; geanberte Sebanblungß*
weife beß Stoffeß. 3ftit rielem ©lüefe unb ©efe^iefe bat ber Serfaffet bie fo oft ge¬
nannte, aber feiten angewenbete uergleichenbe SRetbobe gewählt, giebt bei jebem Slbfcbnitte
fammtlicbe Staaten in Setracht unb geigt bie cf?arafteriftifcf?en Unterziehe, welche ftcb nach
JRace unb Silbungßgrab, p^öftfe^en unb intellectuellen ©igentbümli<bfeiten geigen. £ie-
bureb gewinnt bie ©arftellung ungemein an Slnfcbaulicbfeit unb bem Schüler, ber.ficb
bei anberen Süchern mftbfam baß ©leichartige anß ben einzeln bebanbelten ?änbem b*r-
außgieben muß, fteht hier, wie auf einer guten Äarte, ein allgemeiner Ueberblicf über
jebe ftatiftifebe ©rfebeinung bon allen Staaten 3 U ©ebote. Um ein Seifpiel 3 U geben,
war eß lange befannt, baß fich bie 3al;f fcer männlichen unb weiblichen Seuolferung, baß
Sejmaloerbaltniß, in ben ein 3 elnen Staaten fel;r nßrfcbieben beranßfteflt. ©ie atlmdligen
Uebergange beß Uebergewicbteß üon einem 311 m anberen ©efcßlecbte aber berf^wanben burdj
bie abgerißene Sebanblung. Sra^efU nun giebt biefe ©rfebeinung eben fo fur 3 alß ge-
biegen, inbent er bie Sebotferung nach bem ©efc^lec^te in fdmmtlichen Staaten auffübrt,
bie fejcuale ^>crcentgiffer angieht unb fo bie Stufenleiter barfleßt, auf weither baß Ueber-
wiegen beß weiblichen ©efcblecbtcß in ben Rorbreicben aHmälig beim Sorrüden nach bem
Süben 3 m: ©leiebbeit abfdtlt, unb bei ben füblichften Sdnbern einer Ueber 3 abl beß männ¬
lichen ©efchlechteß $)laß giebt. ©ine fol<he ©arftellung prägt ftcb leicht unb lebhaft ein,
unb felbft wenn ber Schüler bie abfolute 3tffer eineß ?anbeß bergißt, wirb eß ihm auß
ber SReibe, welche baßfelbe in ber Stufenleiter einnimmt, leicht, baß ©rgebniß wiebet 3 U
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befiimmen. 3)aS Sud? umfaßt in gmei Abteilungen, bercn crftc ©uropa, bie gmeite bic
außereuropdifchen Sauber entsaft, Sanb unb Solf, pbpnfcbe unb geiftige Kultur, 3nbuftrie
unb £anbel, ©taatSüerfaffung unb Sermaltung. ineoon bringt bie erfte Sieferung bie
©runbmacht (Sanb unb Soll) ber europdifchen Staaten, bie oro* unb bpbrograpljifdjen
Serhdltniffe, bie Seoolferung nach ©efammtgahl, Didjtigfeit, @efd?lecht unb ©chnorten,
Nationalitäten unb Religionen. 9Nit bem ganzen ©erfe aber mirb ein Such geraffen
fein, meines bem ©tubirenben eine unerläßliche, aber häufig trccfen erfc^einenbe Ooctrin
in neuem, intereffantem Siebte geigen unb auch über biefen ÄreiS binaud burch gebiegene
Sehanblimg ftd> Anerfennung oerfdjaffen mirb.
* 3m naturhiftorifchen SanbeSmufeum gu Älagenfurt ^telt am 19. ge*
bruar $err ©pmnaftalprofeffor p. Äarlmann gier einen Sortrag „über bie römifchen
©ottheiten, bie auf 3nfd)riften in 9Rittel*Noricum (tarnten) oorfommen." ©r mahlte
gum ©egenftanbe ben Spanen-, 3ftö* unb N^pthraßcultuö unb mies überall burch glücflich
gemalte Seifpiele bie geheimen gaben nach, melche bie Religionen beS Altertums mit
ber h^rfth^^ *> er ®egeittüart »erfnüpfen, unb burch welche manche ©elebrte unb Äir*
chenodter betrogen mürben, ben Reiben bie ©ntftellung ber mähren Scbre unb eine Nach*
dffung ber religiöfen ©ebrduepe ber Sftaeliten unb ©Triften rorgumerfen. 5)ocb gingen
bie ©eiehrten humaner gu ©erfe, inbem jie barin ein h&h ere * Sebürfniß' ber ©ebilbeten
unb mohl auch Sorbilber au$ ber Uroffenbarung erblidten.
* Unter ben ©erfen beS AnbreaS ©rpphiuS, biefeS fogenannten „SaterS beS
beutfehen ®rarna’S", geboren gu ©logau am 2. October 1616, geftorben bafelbft als
gefronter ^Dichter am 16. 3uli 1664, mirb unter anberem eines mit bem Stitel „Oli-
vetum“ ober „S)er Oelberg" aufgefüt;rt. 3)och mar biefer Sitel auch baS einzige, maS
man baoon fannte; baS Such felbft galt als rerloren, Niemanb hatte eS gefeiten, unb
fo mar eS benn eine bloße Setntuthung, baß man meinte, baSfelbe habe eine 3ufammen*
ftellnng geiftlicher Sieber enthalten, ©rft gang neuerbiitgS bat ftd? unter ben Spaßen ber
— befanntlich ber f. Sibliothef gu Serlin -einrerleibten — Nieufebach’fcben Sibliotbef
ein ©jremplar beS rerloren geglaubten Sucres oergefunben, unb barnacb h at uun Prof,
griebrich ©treffe, ber oerbiente Siograph oon Martin Opiß, eine Ueberfeßung rer*
fertigt, melche unldngft unter bem Sitel: „Olivetum, ober ber Oelberg, SateinifcheS
©poS beS AnbreaS ©rppljiuS, überfeßt unb erläutert ron gr. ©trehlfe", bei Söl^an in
©eimar erfebienen ift. ^Darnach ift baS „Olivetum“ feineSmegS eine Sammlung geift*
lieber ©ebichte, fonbem rielmehr ein religiöfeS ober noch genauer ein biblifcheS ©poS,
ben Aufenthalt ©hrifti anf bem Oelberge unmittelbar ror ber ©efangennabme burch bie
Unechte beS ÄaiphaS, fo mie biefe ©efangennabme felbft barfteüenb. 2)aS ©ebicht, in
meinem biblifche unb h^ibnifd?e SNpthologie ftd; auf eine für unferen heutigen ©efeßmaef
etmaS anfteßige, bamatS aber burchauS unrerfdngliche ©eife retmifchen, gehört fomit in
jene Reihe ron ©hriffologien, bie mit ©aniel 4>einftuS, beS berühmten Philologen „Sob*
gefang aus ©hriftuS" (fchon im 3ab rc 1619 non Opiß überfeßt) beginnt, um enblicb
faft anberthalb 3ahrhnnberte fpdter in ÄlcpftocfS „Niefftabe" auSgulaufen; eS ift in la-
teinifchen ^Wametern gefchrieben unb umfaßt brei Sü<her een gufammen ungefdl;r 1800
Serfen. ©aS bie ©ntftehungSgeit beS ©ebicbteS anbetrifft, fo fallt bicfelbc, mic ber £>er*
auSgeber nachmeist, allem Sermutl;en nach in baS leßte 3al;r t?on ©rpphiuS’ Aufenthalt
in Sepben, alfo in bie leßte £dlfte beS 3ahreS 1643 unb bie erfte beS SahttS 1644.
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©ebrucft würbe e« guerft in gloreng, trcTauf ber SPerfaffer e« am 9. SJlai be«felben
Satire« in feierlicher 9lubieng bem Senate ber SRcpublit Venebig überreizte; ein gweiter
bem Äurfürften gri ebricb Wilhelm von Sranbenburg, bem fpäteren großen Äurfürften
unb ber springeffin (Slifabctb, $Pfalggräfin bei Olbein, fpäterer ©emablin ©eorg« IIL,
£)ergog« 311 Siegnifc unb Vrieg gewibnteter Slbbrucf erfc^ien naZ ber SRücffehr be« 5)iZ*
ter« naZ ^Zleften 1648 in Siifa, unb naZ biefem ift bie oorliegenbe Uebertragung ge¬
fertigt, unb gwar mit bem gleiß unb ber Sorgfalt, oon melier ber gelehrte Verfaffer
fZon fo manZe erfreuliche ^)robe geliefert bat. (SZL 3 tg.)
P. (Vom f rang ofif du'n VüZerntarf te.) ©er ad;tgigjabrige ^Bibliophil*
Srünet fcl;eint noZ ben SZluff bei neuen (fünften) Auflage feine« berühmten SBerfeö:
„Manuel du libraire et de l’amateur de livres“ gu erleben. ©aöfelbe ift bereit«
bi« gum (£nbe be« 91'lpbabet«, b. b. bi« gum SZluß beö fünften Vanbe« gebief;en unb
entl;ält in ber lebten gerabe erfZicnenen 9lbtbeilung bie SuZftabcn T bi« Z, fo wie
eine „Notice sur les heures Gothiques imprimees ä Paris ä la fin du 15me
et dans une partie du 16me si&cle“ unb eine Sifte ber VuZbrucfer, beren tppo*
grapl;ifZ e Seichen in bem 33uZe borfentmen. ©er feZ«te unb lepte Sanb ift noZ für
fciefc« Sabr oerjprcZen unb wirb Sufaße unb Verbefferungen, ferner bie alte Vorrebe
mit ber nötigen Vermehrung, ba« große DJlaterienregifter unb ein VergeiZnifc jener
38er!e enthalten, bie niZt gefuZt ober feiten, aber boZ für ben ©üd;erfreunb immerhin
üon Satereffe finb. 9Tcit bem V>erfe ©rünet« unb ber auZ il;wt Vollenbung entgegen-
gehenben neuen Auflage oott Scwnbe«’ „bibliographers manual“ l; at bi* SBibtiothef«*
miffenfZaft eine Vereiterung erfahren, bie treß gewiffer gehler unb Unbollfommenheiten,
irelZe man beiben ©üZern nach weifen fann, nicht gu unterfZäßen ift. Seiber fehlt eö
aber fewcbl in granfreiZ n?ic in ©nglanb noZ immer an einem oollftänbigen ©üZer*
fatalog, ber einen größeren 3eitraum umfaßte unb naZ 9lrt ber beutfZen Arbeiten biefe«
gaZe« terläßliZ wäre. 5)ie grangofen haben in ihrer „Bibliographie de la France®
etwa« einigermaßen rcllflänbige« für jebe« 3al;r; aber bie Snglänber fteefen in biefet
^injtZt noZ in ben Ainberfdml;en unb fmb in ihrem bequemen SZ^nbrian fo feftge*
fahren unb inbolent, ba§ fie not lange feine orbcntliZen Äatalcge haben werben, rieh
leiZt fogar nie über einen gewiffen rerflcffencn Seitramn, weil eben alle bibliographtfZ tn
Vorarbeiten fehlen, auf beren ©runblage fit ein genauer Katalog rerfertigen läftt.
Von ber „Biographie universelle des musiciens et bibliographie gdndral
de la musique, par F. J. Fetis“, gweite Auflage, ift ber feZ«te ©anb erfZienen,
welZer ba« 9llpl;abet oon M bi« Pe führt. 3 n bem ©uZftaben M fteefen bie inter*
effanten Flamen ®(enbel«fchn, 93 teperbeer, 93icgart unb im P $)aganint, ^ergolefe k.
3n £)inftZt auf ba« JhatfäZliZe fdwint ^ 33er! non geti« giemliZ au«führliZ- 2Ba«
ba« mufifalifZc Urtbeil anbelangt, fo bürfte e« in manZer $inftZt niZt gang auf ber
£che ber gegenwärtigen Seit flehen. VerfZiebene« längft abgetane wirb mit breiter
9lu«fül;rliZfeit bel;anbelt, währenb 9lnbere«, ba« fiZ im Saufe ber 3eit al« eZt bewäl;rt
hat, mit einer furgen $Ph ra f e erlebigt erfZeint. 9Jtan lefe nur bie &rtifel „9ftercabante",
„9Jlenlel«fohn" unb „DJieperbeer".
Unlängft fam ber 14. ©anb ber großen „Correspondance de Napoleon I.
publid par ordre de l’empereur Napoleon IIL - l;erau«. ©erfelbe enthält auf etwa
600 Seiten lauter SZtiftftücfe au« bem riermonatliten 3eitraum rom ®ecember 1806
bi« 9)iärg 1807. Sa« £>auptereigniß tiefer 3eit ift bie SZl&Zt 9W«ffe
be« in bem erwähnten SBerfe angefammelten 93iaterial« ift in ber Shat eine ungeheure
unb gang ber gigantifZcn SLtjätigteit Viapoleon« angemeffen. ©er uorliegenbe 33anb gäl;lt
wieber über taufenb ©ocumente unb bie le^te Ütummer berfelben ift 12.248. 3e weiter
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bic „Correspondance“ bei ber $>nblication betjdneitet, bcflc mehr t;duft fic fi<h mit
ber Zunahme ber Segnungen Napoleons. 9)lan tann wohl fagen, taft eine Llrbeit Straft,
wie bie beS ÄaiferS, mit fclcfyen 3(ufgaben unb 3u'ten nie bagewefen ift. Die ©rief*
fammlung giebt barüber ein berebteS 3eugnib\
V. (Sem tyoüänbifcben Süchermarf t.) Die lebten 9)Jcnate beS terfloffenen
3ahreS waren'natürlich febr reich an Schriften über bie ^Befreiung ber 9iieterlanbe ton
ber frangoftichen .fterrichaft im Sabre 1813, Denffd'riftcn, geftgebiebten, 3>clfSlicbem :c.
gu ber im Olotember begangenen Jubiläumsfeier, 3luncrbem finb gu ermähnen: „Stati¬
stisch Jaarboek voor het koningrijk der Nederlanden“, I;erausgegeben tom # Depar-.
tement beS 3unem, .£>aag; — @. SB. SSreebe’S „Beiträge gur ©ejehichte ber nieber-
länbifcben Diplomatie" (Iuleiding tot eene geschiedenis der Nederl. dipl.) mit bem
Doppeltitel: „©efchidjte ber Diplomatie ber batarifeben 9iepubli! w f 1. Jbeil. „33om ©in»
gug $)id)egruS in £ollanb bis gur ©rbcbmtg SJonapartee am 18. Srumairc — Sännet
1795 bis 9lctember 1799". Utrecht, griiber end^ien {eben Inleiding etc. bis 1618,
2 33änbe. — 3ob. Kiggs „Dictionary of the Sunda language of Java“ (als
29. S^eil ber $>erhanblungen ber batarifeben ©efellfcbaft für Äunft unb SSiffenfc^aft)
Sataria 1862. — 3ur Stättcgefchicbtc: „Stammelman Gljericr, 3nrentarium beS ©e-
meinbearchireS ton Serben, 1240 bis 1644", (1. 34>eil Leoben); unb Huberts, „Chrono»
logifcheS Stegifter ber Urhmbcn im ftäbtifc^en Slrthi» ton 3utfen", (2. SI;eil.) — Der
erfte 2heil erfchien 1854 ton 3t. SB. Sabama. — ©crarb Heller, „Steife in Spanien
unb Portugal" (Eenzomer in het zuiden).9lrnbeim. — „NederlandscheKlassieken“,
herausgegeben ton Dr. ©clco 2>crwijS. I. i'onbeis „Leeuwendalers“. Leuwarben,
(Sooft ran ben Hontet, ©pifer, Satirifer, Dramatiter, 1585 bis 1679). — ©nblich
ton gortfepungen: r ,$epcgrapbifd;c Äarte OeS «Königreiches ber Tiietcrlanbe", aufgenemnten
ton ben Officieren beS ©eneraiftabes, im SScrhältnip ton 1 : 50.000, SSlatt 9: gelber,
©latt 14 : SSJiebemblicf, ©latt 49: Sergen op 3com. .f>aag, Herlag beS ÄriegSminifteriumS.
— Äraraen, „Leben unb SBcrfe ber bolläntiid'en unb rlämifchen fflialer, Hilbhauer,
Äupferftccher unb Haumeifter ton ben frübeften 3eitcn bis auf bie ©egemtart". (6. Styeil,
4. Lieferung.) -Jlrnfterbam. (DaS ^auptwerf ift l;iemit beenbigt, bod) trirb noch ein 9ln-
hang in gwei bis brei Lieferungen angefünbigt.) — SKiquel, „Annales musei Lugduni
— Batavi. Tom I. Fase. 3. Amstelodami. — Museum d’histoire naturelle des
Pays-Bas. Revue mEthodique et critique des collections dEposEes dans cet Eta¬
blissement“. (Rev. mEth. et crit. de la collection des oiseaux par H. Schlegel.)
4. Livr. Leyden.
Die bicSjähtige grc£c ÄunftauSftcllung in Scrlin ton Serien leben-
ber Äünftler beS 3u* unb 3luSlanteS wirb am 4. September eröffnet unb am 6. 9tc*
tember gefchloffen. Dem Programm entnehmen wir gclgenbeS:
9iur bie ton ben Äünftleru felbft ober auf bereit Heranlafjung angeinelbeten SBerfe
werben gur Slusftellung gugelaficit, was auch bann gilt, wenn biefelben nicht mehr im
Hefifce ber Äünftler ftnb, intern Weber bie ©chtbcit ber Arbeiten, noch bie Heftimmung
bcrfelben für biefe 3lnSfteÜung gweifelhaft fein barf.
Die fchriftlid;en 'Knmelbungcn ber auSguftcllenbcu Äunftwerfc müffen tot bem
16. Suli b. 3- bei bem Snfpectorat ber Slfatemie eingegangen fein unb au§er Stamen
unb 2Bchnort beS ÄünftlerS bie Slngabl unb Äunftgattung ber eingufenbenben Slrbeiten
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377
nebft Slitgabe bcr bargeftellten ©cgenftdnbe, fo »ie bie S^emerfung enthalten, ob baS
Äunftwerf fduflicp ift ober nicht. S£iebcrpeltc Slnmelbungen eines unb beSfelbett SScrfeS
ftnb unguläfjig , auep fbnnett mehrere Äunft»erfe nur bann unter einer Slummer begriffen
»erben, »enn biefelben in einem gemeinfchaftlichen SRapmen bcftnblicp ftnb.
Um bie reeptgeitige Slnfertigung beS ÄatalogeS unb SCufftcUung ber Äunfhoerfe ntög*
liep gu maepen, muffen bie leiteten bis fpdteftenS Samstag ben 13. Sluguft b. 3* bei
bem Snfpectcrat ber Slfabemie mit g»ei gleichlautenben Singeigen, »ooon bie eine als
©ntpfangSbefcpeinigung geftempelt gurüefgegeben »irb, abgeliefert »erben. Spater ein«
gepenbe Äunft»erfe fonnen nicht in bie SluSftellung aufgenommen »erben.
Sebeö 28erf muß an einer fteptbaren Stelle mit bem Flamen bcS AünftlerS, »enn
auep nur burep Slnpeften einer Äarte, bezeichnet, unb bei ©egenftdnbeit, »o eine 55er*
»ecpSlung moglicp ift, als $}rofpecten, ?anbfcpaftcn, 33ilbniffen ic., ber 3npalt ber Sar*
fteüung auf ber SRücffeite beS SSilbeS furg angegeben »erben. /
Slnonpmc Slrbeiten, ©opieen (mit SluSnapme ber 3eicbnungen für ben Äupferfticp),
muftfalifepe Snftrumente, fo »ie nteepanifepe unb Sftkuftriearbeiten aller Slrt »erben niept
gur SluSftellung gugelaffen.
3Sor gdnglicper 33eenbigung ber SluSftellung tann niemanb einen auSgefteüten ©egen«
ftanb guriicferpalten.
SranSportfoften übernimmt bie Slfabemie nur für Slrbeiten iprer OJiitglieber. Aunft*
»erfe non unge»opnlicp fernerem ®e»icpt aus ber gerne bürfen auep non biefen nur
naep uorgdngiger Slnfrage unb ©enepmigung ber Slfabemie gur SluSftellung überfanbt
»erben. Sille anberen ©infenber paben bie Aoften beS $in* unb 3RücftranSporte$ felbft
gu tragen.
Sie Vermittlung beS Verlaufes ber Äunfhrerfe unb bie Seiterbeforberung berfelben
an anbere ÄunftauSfleßungen, nebft ben beSfaßfigen 23efcrgungen unb Gorrefponbettgen,
fönnen niept non ber Slfabemie übernommen »erben, fo »ie auch bie ©inrapmung non
33ilbem, Aupferfticpen k. non ben ©infenbem beforgt »erben muß.
©egen ©efepdbigung ber ©egenftdnbe »dprenb beS .£>er* unb SRücftranSporteS fann
bie Slfabemie niept in Slnfprucp genommen »erben; bagegen forgt biefelbe für Verftcperung
gegen geuerSgefapr »dprenb ber Sauer bcr SluSftellung.
Unangemelbete Senbungen »erben uneroffnet gurücfge»iefen.
©tyuitööberidjte.
♦
fiatferliriic ber
Sifcung ber ppilofopbifcp«piftorifepen ©taffe norn 9. SORdrg 1864.
Sie ppilofoppifcp*piftorif(pe ©laffe ber f. Slfabemie ber ©iffenfepaften bat bie £er*
auSgabe eines naep ftreng ppilologifcper SORetpobe gu bearbeitenben ©orpuS ber lateinifepen
AircpenfcpriftfteHer befcploffen unb gur SluSfüprung biefeS UnternepmenS eine ftdnbige
©ommiffion ernannt.
Sie ©bitionen, aus »elcpen gegen»drtig bie Äenntniß ber lateinifepen Vater ge«
fepepft »erben mu§, ftnb »eher fo gugdnglicp als gu »ünfepen, noep ge»dpren fte bie*
jenige fritifepe Sicperpeit unb Verläßlicpfeit, »eld;e bie tpeclogifcpe, »ie bie piftorifd;e
unb ppilologifcpe gorfepung erpeifept. g. SRitfcpl in feiner Slbpanblung de fictilibus
litteratis auf eine Stelle bes StuguftinuS gcfüprt, lepnt beren Venüpung mit ben ©or*
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878
ten ah: — „si mihi de fide scripturse satis constaret: quod quäle sit ne alii
quidem scire prius poterunt, quam illorum librorum non theologorum tan-
tum sed philologorum in usum parata recensio in promptu erit“. giir mehrere
ber umfangreid'ften Äitthenfd'riftfteller, wie Slmhrcfut«, Hieronpmu«, Üluguftinu« u. 21 .,
ift man heutigen Jage« noch immer faft auSfcfeließlicb auf bie im 17. Saferfeunbcrt burcfe
bie 23enebictinacongregaticn rcn 3t. SJiaur gu Staube gebrauten 2tu$gaben angelriefen,
unb tiefe fteigcn befanntlicfe rcn Jabr 31 t Safer berart im greife, baß fte fcfecn jeß 1
felbft für bemittelte prirate unb bie ineiften 53ibiictfecfen, treidle fte nid?t au» Äleftem
überfemmen haben, faft unerfcfewingticb finb. Sdnraa wiegt bie Jfeatfacfee, baß bie rieh
gepriefene 23enebictinerleiftung bem heutigen Stante ba fritifcfeen gorfdmng nicfet mefer
entfßredwnb ift. £aß bie 23enebictina 3 . 23. beim 2 luguftinu« rcn ben heften -£ndf«*
mittein ber italienifcbeu 2 Mhlictfeef'en nid*t« gewußt, unb ba«, wa« ifencn mitgetfeeilt wer*
ben, nid;t genügenb benüßt haben, fpriebt, bei aller Slnafennung ber s 3Rauriner*2lrbeiten,
ber (Sarbinal Ülngelo SKai in ba* 2 >crrebe 311 m erften 23anbe feiner „Bibliotheca
nova patrum“ ‘ unrerfeofelen au«: um rcn rielen feiefeergefecrigen 23emafungen eine an*
gufübven, fc fefereibt er, naebbent er anbere« rcn ben Sencbictinem überfeine erwäfent
hat, p. XVII: „Quid? norme et iliud grammaticale opusculum, artes inscrip-
tum, modo item a nobis editum, ignoravere Maurini, quamquam in vetus-
tissimo palatino codice, nunc vaticano, Augustini # nomen aperte prae se fe-
rens? — — Eidern videlicet, laudatissimi licet, oditores non excusserunt
archiviorum in monasteriis italicis vel in cathedralibus ecclesiis Codices,
neque neapolitanos, casinenses, Horen tinos, bononienses, veronenses, venetos,
taurinenses, mediolanenses denique in bibliotheca ambrosiana, ubi inediti
aliquot mihi olim visi sunt Augustini sennones. — Omnino ditissima harum
opum Italia a Maurinis propemodum pnrterita fuit.“ Allein rtid>t hieß bie
s 3licfetbenüßung erreichbarer hanbfchtiftlicher Mittel, and) bie mangelhafte unb unerläßliche
9lu«beutung be« wirtlich herange 3 cgencn SJiatcrial« wirb ihnen nicht mit Unred;t Schult
gegeben. Heber ben Hiercnnnm« ba 23enebictiner fefereibt 2>allarfin« in feiner 2lit$gabe
tiefe« Slutcr«: „mss. exemplaria diligenter in uno quoque opere a capite ad
calcem omnino non contulit (Martianmus), sed tan tum vexatis aliquot locis
in consilium adhibuit: fieri enim nullo modo potest, ut nunquam aut per-
quam raro tot falsarum lectionum, quse veteres editiones deformant, ab iis
moneretur aut moneret ipse lectores suos: variantes vero usque adeo raras
offenderet, ut multo plures in parvo libello occurrerint, quam ille in prse-
grandi nliquo volumine adnotaverit e. q. s. w 2Marftu« felbft aber, ber rcn 1734
ab ben Hiercn^mu« neu herauf gab, feat 3 war für bie (Srflarung be«f eiben riel brauch*
bare« gufammengetragen, aber für bie* tritifefec Hafteflnng te« Jette« befaß a weba ge»
nügenbe ©eleferfamfeit, ncch fefte methebiiebe ©runtfäßc. Unb fc ftnb benn gerate bie
beiben Äclctfc unter ben lateinifd'en patres am wenigften in einer 2 >afaffung, welcfec
einen rerläßlichcn Gebrauch tafelten, 3 umal für philclcgifdw unb hiftcrifcbe 3 wecfe a*
mcglicht, Stotn ba« hier in«bcfcnbere fühlbare 23ebürfniß fann burcfe ba« rcn Wiigne
in Pari« in ben riesiger Saferen in« 23er t gefeßte Unternehmen nicht al« befriebigt a-
aefetet werben. SMefe Sammlung ift ^umcift nur ein 2lbbrucf älterer 2lu«gaben, mit eina
5lu«lefe rcn Slnmerfungen früherer Herausgeber unb fc riel neuem banbfcferiftlichen 501a»
terial, al« ber 3ufaft barbet. — Ungünftiga ncch ftefet e« mit anbaen Äird;cnfd;rift»
fteüem, welche bie 23encbictinerfammlung nid't umfaßt, wie 3 . 23. £actantiu«, für ben bie
leßte nennenswertfee Seiftung rcn 23ünemann 1739 erfefcien: unb beefe fehlte« gerabe
für ifen nid?t an alten unb rer$üglid'cn Hantfcferifien, wie ein neefe nid;t auSgebeuteter
Gebejr be« t». cber 7. Sabrfeunbert« in 23clcgna: unb wie riel felbft mit utinber alten
Hanbfcferiften in ber JeyteSrecenfion tiefe« cferiftlicfeen Gicerc 3 U erreichen ift, 3 eigt eine
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379
Neil)e »on groben, bie ©. £ a l m in ber Abhanblung übet ©iceronifcbe gragmente »er*
cffentlicbt bat. — (Einige wenige &irdwnfchriftfteller, wie 3 ertullianuß, ArncbiuS nebft
NcinuciuS gelijt unb ©»prianuß, ftnb atlerbingß bureb neuere ©eatbeituitgen »on gr. Deh¬
ler, &ilb ebranb, ^rabinger mehr »erbreitet worben, unb leicht gewinnt man auß
biefen Arbeiten bie ©inftebt, weldf reifer ©rtrag für bie ^erftellnng biefer Sejrte auß
ber metbobifchen ©enüßung guter £>anbjdmften noch gu gewinnen ift, allein fowobl in
anberem als befonberß in ber fdnuerfälligen Aufhäufung beß Materiale fönnen auch biefe
Aufgaben nicht als Niufter bienen unb bie Neubearbeitung auch biefer Sexte ift nid;t
»om Ueberfluß. — ©>eld/ erheblichen BuwacbS enbltch bie patriftifche iüttcratur burd) er *
neuerte ©rfcrfdmngen ber ©ibliothefen erfahren, bafür mögen bie »on Ang. Ntai guerft
publicirten Stücfe beß AuguftinuS, Hilarius ^Picta». u. ». A. in ber „Bibliotheca
nova patrum tt unb ben übrigen greifen Sammlungen Ncai'S, fo wie bie »on §)itra
unb feinen ©encifen in bem „Spieilegium Solesmense“ befannt gemalten ©rgän-
jungen su ben cbriftlidwn Siebtem ©ommcbianuS unb 3u»encuS u. A. sengen, ©erei*
cberungen, bie erft ihren »ollen Akrth erhalten, wenn fie in Aufgaben biefer ©ater auf*
genommen, allgemein sugänglicp gemacht fein werben.
Siefe nur beifpielßweife gegebenen Anbeutungen mögen hier, wo eS auf eine bi*
blicgrapbifcbe Ueberfiißt nicht abgefehen ift, genügen, um 3 U geigen, baß eine nach feften
£ritifd;en ©runbfäßen unternommene Neubearbeitung aller lateinifd;en ©äter eine lol;nenbe
Aufgabe »on großartiger Nüßlicbfeit ift. Sa aber bereu glücfliche unb ben Anforberun*
gen ber SBifienfchaft entfpreebenbe £öjung bie Kräfte beß C^ingelnen weit überfteigt, fo
hat bie pbilofophifch*biftcrifcbe ©laffe ber !. Afabemie ben b J)lan gefaßt, baß Unternehmen
mit ihren Nütteln, unter Niitwitfung bewährter ©eiehrten inS $i>crf 3 U feßen unb nach
Äraften $u ferbem.
gitr bie wiffenjd;aftlicbe Ausführung beß planes werben im Allgemeinen folgenbc
©efteßtspunfte maßgebenb fein. Se Sammlung foll alle lateinifcben ©äter bis in baß,
7. Sahrhunbert hinein umfaffen, ihre Bearbeitung nach benfelben metbobifchen principien*
wie auch in allem Aeußerlicben nach einer gleichartigen Norm erfolgen. — Sie ©ear*
beihing hat lebiglicb ben 3»?ecf, tritifch gu»erläffige SexteSrecenfioueu berguftcllen: bie ©“re
gefe ber ©äter, fowobl bie tt;eolcgifcbe als aud' bie hiftorifd^phiiologifche, liegt außer ben
©rennen biefeß Unternehmens. Um aber bie SexteSgeftaltung auf ficberer ©runblage auf*
Surichten, ftnb »or allem auß ben »orhanbenen 4)anbfcbriften ber einzelnen Sdjriftftellcr
ober ber einseinen Schriften eines Autors bie älteften unb heften 3 » eritiren. Sn »ielen
gätlen wirb ftch baS fritifche ©efchäft mit einer ober wenigen ^anbfdniften sur ©enftge
»ctlsiehen laffen, unb wo £)anbfdwiften aus bem 9. ober 10 . S^hrhunbert s u ©ebote
ftehen, bebarf eß nicht bie »ielen beS 14. unb 15. su unterfueben. Um aber fieper su
fein, baß bie echte banbfcbriftlicbe ©runblage gewonnen ift, werben erneute Nachfcrfchun*
gen in ben ©ibliotl;efen Seutfd^lanbS, granfreicbß unb btfenberß Stalienß nethwenbig
fein. Sie !. Afabemie ift bereit, bie biefür crforberlichen Anftalten $u treffen unb über¬
haupt bie sur Sefchaffnng »on .£>anbfcbriftencellationcn nötigen Nüttel 3 u gewähren. —
Se mel)r aber baß fritifche Niaterial fich »ereinfadrt, um fo mehr wirb »ollftänbige Nüt*
theilung ber Lesarten auß ber einen ober ben wenigen bem Sext su ©runbe gelegten
^anbfehriften sur unerläßlichen ©ebinguitg. ©in noch f° guter Sext wirb unbrauchbar,
wenn ber gorfcher nid;t in Staub gefeßt ift, bie ©runblage beßfelben auf jebem fünfte
SU contrcliren. ©in fnapper, aber methobifch angelegter unb ccnfequent burßgeführter
apparatui criticus ift baher bem Sexte beisufügen. Sagegen ftnb N?ittf;eilungen auß
anberen als ben sur SexteSrecenftcn bienlidwn £>anbfdriften unb »cllenbß ber ehemals
beliebte ©ariantenwuft auß alten Ausgaben außsufchließen. ©ine bünbige ©erseiebnung ber
benüßten £)anbfcbriften nebft ben sur Abfchäßung if;reß fritifeben Sertheß bienlichen No*
tigen ift als wi^tigeß Subftbium für ben richtigen ©ebrauch unb bie ©eurtheilung beß
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380
JejrteS in ben Borrebeu vorrtnzuftellen. Sagegen finb eiuge'henbc gcrfcfeungen über bie
Berhältniffe ber .$anbfd;riften 31 t einanber, fo wie überhaupt über bie biplomatifche
©runblage be$ 2 e^ted mtb beffen ©efehiebte, wie fie voraueficbtlich bei erneuerten £anb*
fd;riftenunterfu(hungen fid> ergeben werben, von ben 3(u$gabcn felbft 31 t trennen; für biefe
unb ähnliche SluSführungen wirb in ben Schriften ber f. 21 fab ante ein befenberer $)lafc
berart eingerdumt werben, baß bie lleberficf>t ber auf bie patriftifebe Sitteratur bezüglichen
SRittbeilungen jeber^cit ermöglicht ift. — ferner finb in einer befonberen, von bem fri»
tifc^en Separate getrennten adnotatio bie von ben Tätern angeführten Stellen ber h-
Schrift unb ber claffifchcn 2lutcren z u verzeichnen, unb enblicp ift jebem Äirchenvater
ober bei ben mehrere Bänbe umfaffenben jebem einzelnen Baubc ein breifad;er Snbejr
anzufügen ber citirten Stellen, ber Flamen unb Sachen unb ber SSovte. 9luS ben Snbicee
ber einzelnen Bänbe je eines &ircpenfd;riftftellcv$ wirb iich nad) 3lbfchluß be$ ©anzen
ein ©eneralinbejc z u hem ganzen 8 lutor je nach SBcbürfniß jufammenftellen laffeit. —
Snbem über £>onorirung ber Slitarbeiter, fo wie über bie Srucflegung ber SluSgaben bie
p^ilofopI;if(^*hif^ r tfch« Siaffe ftch bie ndf;eren Beftimmungen Vorbehalt, wirb nur noch
fcemerft, baß Srucf unb SSerlag ber ©bitionen in SBicn fein, unb baß man ohne Beein¬
trächtigung anberer SRücffid>ten baraitf Bebaut nehmen wirb, baß burep mäßigen $reiS
bie Berbreitung biefer 3(utoren in weiteren Äreifcn möglich wirb.
Sie Gontmiffion für Verausgabe ber BkiStbümer erhält folgenbe 3ufeitbungen:
a. Bon bem löblichen oberefterreiepifchen SanbeeauSfcpuß, Schreiben mit ber (Srflä*
ruitg, bie Swecfe ber ©ommiffion auf baS bereitwilligfte unterftüfcen zu wollen.
b. Bon bem wirtlichen SSJiitgliebe ^erm Sr. Olitter v. Äanbler in Srieft, 3u*
fchrift mit ber Beinerfung, baß ihm in Sftrien bisher feine SBeiStpümer vorgefommen
finb. 3nm Beweife beffen fcpließt er ein ©jremplar ber von il;m perauSgegebenen Samm¬
lung iftrianifcher Urfunben bei.
c. Bon £)erm Sr. 3Intcn Vafferl in Sambach, eine 3lbfd;rift bcS ©pepaft-Sfcpei'
bingS von 91eibparting in £)ber-£)efterrcicp (SraunfreiS).
Sann werben ber ©affe vorgelegt:
a. Bon Verrn Sr. SPtajr Setterid, baS SJianufcript feiner pcbräifcpcn Umarbei¬
tung von ©oetpe’S „Sauft", mit bem ©rfuepen, für ben foftfpieligen Srucf beSfelben
eine Unterftüfcung von ber 2lfabemie zu erwtrten.
b. Bon Verrn 9 >rof. Slbolf SRuif afia, „Monumenti antichi di dialetti
volgari“.
Sie enthalten eine fRei^e altveroncfifcher ©ebichte religibfen 3upalteS, welche einer
bem ©nbe beS 13. Sa^r^unbertö angehbrenbeit Vanbfcprift ber DRarcuS-Bibliotpef in
Benebig entnommen ftnb unb ein wiüfommeneö Seitenftücf z u heut von B eff er per-
ausgegebenen „Bonvesin“ hüben bürften. Sem Sejrte geht eine (Einleitung voraus, in
welcher bie Vanbfcprift befd;rteben, ber Snpalt ber zu veröffentlichenben Stitcfe unb einige
Slnbeutungen über beren Quellen mitgetpeilt, enblid; bie Saut- unb gormenverpältniffe ber
9Runbart ausführlich bargeftellt werben. Sie Slnmertungen geben SRecpenfcpaft über bie
Bepanblung beS SejrteS unb erflären einige fchwierigere SteHen. Sen Schluß macht
ein ©loffar.
© i u n g ber matpematifcp-naturwiffenfcpaftlichen © l a f f e
vom 10. 5Rärz 1864.
Verr Vofratp v. 3luer, Sirector ber f. f. Vof* unb StaatSbrucferei, übermittelt
eine Slnzapl gebruefter 5luffäfce über bie 9Rai$faferprobuction unb labet zu ber in ben
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381
?ocalitaten biefer ?(nftalt ftattjrnbenben ÄuSftellung ber au 8 ber SfJiaiSpfla^e gewonnenen
fProbucte ein, weiche bie 0tefultate ber 3 U Scfclcglmühl burch brei Sa^re fortgefepten unb
nun beenbigten ©erfucpe bejüglicl; ber ©erwerthung ber ®toi$fafer gur 21 nfchauung bringt.
Ser ©erwaftungSratf; ber SampfjcbifffahrtSgefeHfchaft be$ w Ceften*ei^ifd;en Slopb"
$u trieft erflärt fub mit 3uf^rift nom 3. SJiar^ in golge ber ©erwenbung ber !. 2tta*
bemie ber 3®iffenfc^aften bereit, bem correfponbirenben SDcitgliebe £erm $)rof. Sr. Äari
Meters auf feiner beabftrf?tigten SReife nach ber Sobrubf^a unb beu oftli^en ©alfan*
gegenben, in 33erücfficbtigung ber SBicfytigfeit biefer wiffenfc^aftli^en Unternehmung, bie
freie 9>affage auf ben Sampfern ber ®efettf<haft 3 U gewahren.
£)err Sr. 3 . ©ieSner banft mit Schreiben bom 10. SJJJar^ für bie ihm $u
feinen Unteijuchungeit über bie Berfterung ber ^ötyi an ber 2ltmofphare bewilligte Sub*
rentien bon 200 fl. b. SS.
£err £wfratb ^rof. 3. £ 9111 übermittelt eine für bie Senffchriften beftimmte
2lL'hanblung: „lieber normale unb abnorme ©erhaltniffe ber ©chlagabern beö Unter-
fthenfelö".
Sa3 wirtliche 9)iitg(ieb $)rof. ©ottlieb berichtet über bie bon ihm aus¬
geführte 9(nali;fe ber Älaufenquette nnb ber ßonftantinS-JDneÜe 3 U ©leichenberg in Steier*
ntarf. Sarnach enthalten 10.000 ©ewicbtStheile
(Souft. Quelle jUaufenquelle
EinfacMchlenfaureS Äati . . .
0*5603
—
„ „ 9tatrcn . .
25-1216
01464
„ „ Sitbion . .
00491
—
ScbwefelfaureS Äali ....
—
0-0695
„ Patron . . .
0-7950
01100
9)ho$Ph or faure$ „ ...
0-0170
00148
©blowatrium.
185131
00019
©infach-fohlenfaurer ©arpt . .
00021
—
r, „ Äalf . . .
3-5436
0-2357
„ „ ©ittererbe
4-7420
00590
„ „ Eifenojrpbul .
0-0343
01037
„ „ ©langanoppbul
00063
—
9 )bc$pheiiaure Sbonerbe . . .
00079
' 0 0098
Äiefelfäure.
0-6343
0-7127
Summe
540266
1-4635
©efammtuienge ber Äohlenfaure .
52-0531
190910
Spuren bon Strcntian. — Spuren bon SSRangan, ©arpt, Strontian unb organifchen
Subftai^en.
^)rof. Schlotter bat biefe beiben Quellen feben bor 30 Satyren, als fie noch
ungefaßt waren, uuterfuebt unb für bie £>auptbeftanbtljeile, wie für bie Siebte biefer 9Ri*
ueralwaffer nal^u biefclbeit Bahlen gefunben. ©3 ift bieS ein neuer- beweis für bie ©e»
ftänbigfeit ber 3ufammeufelmng jener Quellen, bie auS großen liefen an bie ©rbober*
fläche ftrömen.
Sie Herren 31. unb ©. Sd; Ubach unb 9)iüller in Srieft überfenben eine 31b*
hanblung, betitelt: „Sa» ^enbelabuahmegefep“, n^bft einem 3 U biefer Ermittlung gehöri¬
gen Apparate.
£)err Refrath äö. «paibinger übermittelt eine 21 bhanblung beS £erm $E. ©ut-
3 eit in Diiga über Bwilliitge beS ÄupfetfiefeS.
©orftebenbe jwei 2 tbhanblungen werben je einer ©ommiffiou 3 ugewiefen.
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382
£err ©irector b. 8 tttrotr überreicht eine äbpanblung beß £errn ©peobor Op*
polier über (gnttuicflung non ©ifferentialformeln gur Serbefferung ber berechneten Sahn
eineß £)immelßfcrperß nach geometrijcbeit Orten.
©er 3>erfaffer giebt gwei mit ber ©ifaprung außgegeid;itet fc^cu ftimmenbe Sal;n*
beftimmungen, bie eine beß nacp feinen früheren Siechnungen wieber aufgefunbenen Pla¬
neten Angelina, bie anbere beß erften Äometen bon 1861, unb nimmt babon ©eiegen*
I;eit bie gcrmeln 31 t entwicfeln, nacp melden er beit ©influß ber Slenberung eineß Sahn*
eletnenteß auf ben geometrifcpen Ort 3 U beredmen pflegt. ©iefe germein führen auf Diel
für 3 erem ©ege alß bie biß her gebräuchlichen 3 um 3 tele unb erleichtern fc menigftenß einen
©peil ber weitläufigen Arbeiten, bie 3 ur Serbefferung einer borläufig gefunbenen Sapu
erforberlicp jtnb.
£err ©r. £). 8 eitg eb übergiebt eine Slbpaublung: „Ueber tugelfcruiige Seither-
bicfungen in ber ©urgclpütte einiger Orcpibeen".
©ie unter ber ©urgelpülle gelegene 3ellfcbid)te, bie Den Dielen gorf ehern für bie
©pibermiß ber Suftwurgeht gehalten würbe, aber, wie Schacht unb fpäter Oubemanß
3 eigte, in ber primären 9Rinbe gelegen ift, beftebt immer auß 3 Wei Wirten Den Sellen,
langgeftreeften unb meift biefwanbigen unb flaueren immer bünnwanbigen. ©ie biefer
Scpid;te anliegenben ©änbe ber Sellen ber ©urgelpülle jtnb immer in cigentpümlicpcr
©eife Derbid't, unb ber Sau biefer Serbiefungßfcpicpten ift an ben über ben bünnwanbi¬
gen 3 eflen gelegenen ©änben in ber Siegel wieber anberß außgebilbet, alß an ben ben
langgeftreeften 3 ellen anliegenben. 9(n jenen laffen fiep nicht feiten mehrere übereinanber
tiegenbe Schichten erfennen, bie bei mehreren ber ©attung Sobralia angepörigen pflan*
3 en eine folcpe SJläcptigfeit erlangen, baß fie bort gientlicp große, oft faft bie gange 3 eöe
außfüllenbe Äugeln bilben. Oubemanß, ber biefer Äugeln guerft ©rwäpnung tput, b?ält
fie für-freinbartige Äbrper; nad; genauen anatomischen Unter]ud;ungen, wie auch nacp
ihrem Verhalten gu Sieagentien, rnüffen fie aber alß gehäufte Serbicfungßfcpichten ange-
fepen werben, waß auch bureb ihre @ntwicflungßgefchid]te wie burch Sergleicpung mit
anberen ähnlichen Silbungen auf baß ungwcifelpaftefte feftgeftetlt wirb. — 2 luß bem
Umftanbe nun, baß biefe Äugeln burch bie Uebereinanberlageruttg eingelner Serbicfungß*
fepidden entftepen, beren jebe ein auß bielfacp fid; burd>freugenben gafern gebilbeteß Step*
wer! barfteüt, rnüffen wir ihnen eine poröfe Sefcbaffenheit guerfemten, in welcher ®gen-
fepaft waprfepeinlid; auch bie pppfiolcgifche Sebeutung berfelben gelegen fein bürfte. 3 n*
bem fte nämlich alß poröfe Äörper bie gähigfeit halben, fiep beß burep bie ©urgelpülle
conbenfirten SSafferß gu bemäeptigen, felbeß längere Seit feftgupalten unb allmälig an bie
barunter liegenben fegeiförmigen (bünnwanbigen) Selten abgugeben, erpalten fte gewiffer-
maßen bie Sebeutung Don ©afferreferbeiren, bie tiefen pftangen gur Stctpwenbigfeit
werben, ba fte niept in ben feuepten Urwälbern, fonbent auf freiem gelbe in oft außge*
bepnten Scftäitben Degetiren unb an ber Oherf(äd;e beß fanbigen Sobenß ipre ©urgeltt
außfenben.
©irb einer ©omtniffion gugewiefen.
4>err ©r. Seanber ©itfepeiner legt bie Don ipm im f. ?. pppfitalifepen Snftitute
außgefüprte „Seftimmung ber Srechungßquotienten einer Söfung Don falpeterfaurem ©iß*
mutpcjrpbe" Der.
©ie ©taffe beftimnit fclgenbe 9lbpanblungen gur Shtfnapme in ipre Sipungßbericpte:
a. „Gentralprojection ber Linien gweiter Orbnung", Don £crrn Ä. oßpammer.
(Sorgelegt in ber Sipttng am 4. gehruar 1864.)
b. „3d;thpologifcpe Zotigen", Don £emt ©r. g. Steinbaepner. (Sorgelegt, in
ber Sipung am 18. gehruar 1864.)
c. „Sergleicpung ber penbelforinel mit ben ^Beobachtungen", Don £errn gr. Un-
ferbittger. (Sorgelegt in ber Sipung am 25. gehruar 1864.)
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383
d. „Beobachtungen über bie fMarifation conftanter betten unb beren ©influß bet
Spannungöbeftimmmtgen nach ber Gompeniaticnßmetbobe", von .foervn $rcf. Sr. 31. v.
Söaltenhof en. (Borgelegt in bet Sißung am 25. gebruar 1864.)
flfrfmnmlung bn fe* k. j00l00ifdj-b0tomfrij^n CSefeiirrfjafl
am 2. Sföärg 1864.
Borftßenber £>err $)rof. Sr. Otubolf .Rn er.
Ser Secretär £>err ©eorg Stiftern. grauenfelb ercffnete bie Sifcung mit ben
erfreulichen 3tacbricbten, baß Se. 9)iajeftät ber Äaifer gerbinanb, fo wie Sfire taiferlicben
Roheiten bie Herren ©rghergcge Stephan unb Scfeph ber ©efellfchaft jährliche Subven-
tionen allergnäbigft gu wibmen geruhten; ferner mürbe vom h* Staatäminifterium bie
bisher bcmittigte Subvention für weitere brei 3al>re bewilligt.
©iner ©inlabung be$ .frerrn Bcrfifcenben fclgenb, brücftc bie Berfamntlung ihren
San! burcf) ©rheben von ben Sißen au$. Unter ben gabireichen SHitgliebern, weldje ber
©efeflfcbaft im Saufe beö versoffenen SJlonatd beitraten, [inb befcnberö hervor,guheben, bie
Herren: Se. Surcblatubt ber regierenbe gürft Sohann von unb gu Siechtenftein, Se.
©rnineng ber ©arbtnal Cthmar Stifter v. 3t auf eher unb Stnjelm greiherr v. Stotp»
fchilb.
Sn golge mehrfacher Anfragen beicbloß ber SluSfcbuß in feiner lebten Sißitng, gu
erflären, baß bem Gintritte von Samen in bie ©efellfchaft nach bem SS ortlaute ber
Statuten burdjauß fein £unberniß im SBege ftel;e, baß bie ©cfetlfcbaft fd>en Samen gu
SJtitgliebern gable, unb baß eö fe'hr erfreulich wäre, wenn biefelben an ben Sipungen
theilnehmen würben. Sie Berfamntlung I;atte in geige beffen fchon ba8 Vergnügen, unter
ben neu eingetretenen SKitgliebem mehrere Samen gu begrüßen.
Bon bem -Sberra $Präfibenten giirften ©oIlcrebe*33iann8felb würbe gu jeinern
Stellvertreter für biefeä Satyr £>err Sirectov gengl ernannt.
Sie Steihe ber wiffenfcbaftlicben Borträge ercffnete £err Sr. 4>. 98. Oieicbarbt,
welcher eine von £errn $)rof. .ipaßlinäfp eingefenbete ^Ibtyanblung über bie Urebineen
ber Äarpattyenflera vorlegte. Sn biefem Sluffaße werben nach einigen allgemeinen Berner-
fungen über bie notbwenbigen Stefcrmen in ©ebiete ber DJivfologie 80 3lrten aufge*
führt, bie fuh auf 15 ©enera vertheilen, gerner befpracty Sr. £>• 38* 3teicharbt bie
Stefultate von mehreren brvclcgifchen Ausflügen in bie Süpen Steieunarfä. ©8 würben
befugt: ba8 ^ad;crgebirge, ber tyvh c 3mfen bei Secfau, ber Oteictyart, bie Subenburger
Sllpen u. a. nt. Bon biefen 2Upen bat bei weitem ber Secfauer 3infen bie reiebfte
33too8flcra, benn nebft vielen feltenen, ben UrgebirgSalpen eigentümlichen gormen beher¬
bergt er auch nctbifche 3(rten: Aulacomnion turgidum unb Hypnum arcticum.
4)crr griebricty 33 rau er berichtete über bie währenb ber 2Beltfabrt ber faiferlicben
gregatte Stovara gefamtnelten Sleurcpteren gu beren Beftimmung unb Bearbeitung er von ber
faif. 3lfabeniie ber 2ßiffenfd;afteu aufgeferbert würbe. 3m ©angen würben 107 3lrten
gefammelt. Borläufig werben gwei neue ©attungen au8 ber gamilie Libellulidse (im en¬
geren Sinne) Gomphomacromia unb Agrionoptera näher ctyarafteriftrt, bie erftere
fchließt ftch an Cardulia unb enthält eine 3lrt G. paradoxa au8 ©hilc, bie festere ift
au8 Libellula insignis Ramburs gegrünbet.
£err 3- Stifter v. Sehrcfinger*9tcubenberg legte «£)erm Sctywarg v.
SRotyrenftern 8 33icncgraphie ber Oiiffoiben vor unb befpracty biefe8 28er!.
£err ©eorg Stifter v. grauenfelb fpracty über bie 28anberung unb ben glug
ber Bcgel. Sie Beranlaffung gu biefem Bortrage gaben einige von bem Secretär ber
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384
Soci4td vaudoise des Sciences naturelles eingefenbete gragen über bie ^Richtung, in
welcher bie ©d;walbengüge im $erbfte 38ien »erlaffen, fo wie über ben ©nflufj, melden
Temperatur unb Söinbe auf bie 3*it be$ SlbflugeS auSüben. Ser SSortragenbe beantwor¬
tete biefelben batjin, baß für bie Schwalben bie Bugricfytung vorherrfchenb ©SO. fei, bafj
Äälte aßerbingS frühere« 3irf; en bebinge, ba§ SBiube feinen befonberen ®inf(u§ Ratten.
3ln biefe Säten anfnüpfenb, teilte £err v. grauenfelb bie Sefultate feiner Beob¬
achtungen über ben glug ber Stlbatroffe unb Sturmvogel in ber ©übfee mit, bie Wochen»
lang mit unermüblicper SluSbauer ben ©Riffen folgen, unb giebt nach Saparb bie 91a<h*
rieht über bie Slnfunft ber ©chwalben am 6ap ber guten Hoffnung.
®nbli<h legte $>err v. grauenfelb neue icpt^ologif^e Mitteilungen von $erm
Sr. ©teinbacpner vor. Ser £err Berfaffer weist in benfelben nach, ba§ bie von
4>efe l in ben fprifchen giften aufgefteßten gwei Slrten Scaphiodon Capoeta unb
Scaph. socialis gufammengehöreit, unb nimmt ben erfteren ßlarnen h^fu* an. 3ugleich
betreibt er eine neue 9lrt biefer ©attung, Scaph. Sieboldii, welche £err Mann von
3lmajta im 3al;re 1860 mitgebracht l;at. gemer eine neue Slrt Chromis Dumerilii
von 2Beft»9tfrica, wogegen er Chrom. galiUeus von ©üntt;er ein^ie^t, ba berfelbe
nad) feilten Unterfudjungen 8 U Chr. niloticus Cuv. gehört. Bon Chr. latus Güntheri
giebt er eine ausführlichere ergängenbc Beitreibung. ©c^lieglic^ ei wähnt Sr. ©tein-
b ad;iter eines Serranus, ben er angustifrons gu nennen gebenft, ba biefer gifcp nur
fehv zweifelhaft gur 331 o d>'fd>eti 3(rt ongus gebracht werben fönnte.
£err Surafcfa befprach einen von Sr. SuliuS Milbe eingefenbeten 9luffafc über
einen neuen garnbaftarb, Aspleuium dolosum. Sie ©tammeitern beSfelben fmb A. Tri-
chomanes unb A. Adiantum nigrum, gwifcpen welchen ber Bleebling am Äücbelberge
bei Meran wuchs.
Schließlich machte ber £err $)räftbirenbe baS Stefultat ber in biefer ©ifcung vor¬
genommenen SBahl non gwölf neuen SluSfcbußräthen befannt. ®S würben gewählt, bie
Herren: ^rof. Sbuarb ©uefc, ?)rof. Stuguft 9leuß, SRitter v. &od;el, Sr. ©uftav Säger,
v. Cetocba, Sr. Sofeph ?oreng, SuliuS ginger, $)rof. Sofept; Äolbe, SReichSgeolcge Sie«
npS Stur, Michael ®bler v. ©affenbauev. ©uftav Machbiaf, ©raf 9luguft Marfchafl.
UngÄrifrisf ^CkttkmU.
Sn ber am 7. b. M. abgehaltenen ©ifcung ber Philologinen unb beßetriftiften
CSlaffe hielt $err gogaraffi einen Bortrag, in welkem er bie für bie Philologinen
gorfchungen fet>r wichtigen Momente erörterte, welche in einem ©emeinbebeftluß ber
©tabt ©ajto-$t.-^)eter aus bent Sat;re 1403 enthalten iinb. SaS öriginalmanufcript
bat 9>aul Saßai fehr forgfältig copivt unb in ben von ber Slfabemie h er auSgegebenen
©prachbenfmälem veroffentlid;t. 9(uf Eintrag ber Herren ^)aul £unfalvp, Tplbp unb
Bai lagt würbe befd;loffen, baS ßriginalmanufcript beS erwähnten ©emeiubebefchluffeS
für bie Manufcriptcnfammlung ber Slfabemie gu erwerben. .
„©ürgöitp" bringt bie Melbung, eS fei eine faiferlicpe ßntfchließung h cra ^fl c I an 8^
weld;e ben vom ©rafen ®mil Seffewffi; angeregten unb von ber ungarifchen £of-
fanglei unterftüfcten Eintrag, wegen Srfolgung von 15.000 fl. aus ben SReften beS un-
garifcben ?anbeSfonbeS vom Sal;re 185L52 als Beihülfe gur ßrgängung ber Bibliothef
ber uitgarifd;en Slfabemie ber SBiffenftaften unb Slbaptirung berfelben in einen eigenen
Sefefaal genehmigt.
VeranturortUitjer Hcbartcur iJr. Cropolb Sriiurcifcer. örurturef ber k. Wiener Jeitunp.
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$ r a nt a 1 1 f cf) e s.
1. 3. SB au er: SBdt @ottfd>eb bis ©Ritter, ©ertrage über bie daffijebe 3eit bei beutfdjen
Srama'S. ^rag 1863, #. 'Biere«. '
2. 3- $• Sei^mannS, ». f. p. £>. jc. , Pittcr.uitd'cr SSiatblaü, berauägegebeii »oit 3. Singel-
ftebt Stuttgart 1863, 3. Gutta.
Ucber S3ai)cr8 23urf) f>at bie erfte SZummer biefer „2Bochenfchrift" eine furge,
ber „Softemia" entnommene 9Zotig gebraut, unb wenn mir beffenungeachtet auf
baSfelbe gurüeffommen, fo wollen wir bamit nur bie Skbeufung beö ?DZanne8 unb
feiner (Schrift befräfttgen. 3a, wir fagen gerabegu, wären biefe brei Sänbe un8
oor etwa gwangig Sauren oorgelegt worben, wir Ratten fie al3 ein (Sreignij? ben
litterar^iftorifdfjen 9>ublicationcn ®ujtfow$, 9QZunbt3, gaube’8 angereiht. fo fe^r weht
un8 bie geijtteid)e Suft bc3 jungen ©eutfchlanbS barau8 entgegen. Sßtr fönnen auch
für Ijeute 23aqer8 23ertrage über bie bramatifefje gitteratur ber ctaffifdjen 3«it
©eutfthlanbS einem feilt großen unb nicht gerabe bem fdjlechteften publicum, ba8
fich gerne elegant informiren läfjt, al8 eine intereffante 2ectüre anempfehlen. Unb
jelbft eine ftrengere Äritil wirb eö IjerBorljeben müffen, wie in mannen ^artieen,
g. 23. ber über @ettf<$eb, über SeffingS 2Birffamteit, über bie bramatif^e SJlitbe*
Heiligung ©d^itterö an ber ©turm= unb ©rangbewegung ber beutfdjen &itteratur,
ba8 SRateriale einstig bargelegt würbe.
2Benn wir beffenungeachtet unfer au8 bem allgemeinen (äinbruefe refultirenbeS
2ob etwa« gu mobificiren genötigt finb, fo wollen wir babei otyneweiterä guge=
fielen, ba§ biefe SOZobiftcationen einer gangen SZtchtung gelten, als beren fe^r be=
gabter DZepräfentant un8 23a^er entgegentritt, an welkem wir mehr als an Bielen
Slnberen bie 23efäljigung, unb gwar in ber jefct bestochenen Schrift gefunben
haben, angewöhntc SDZanieren für eine felbftftänbige 23el>anblung8weife ber ©inge
aufgugeben. 2Bir tonnten 9Wc§, wa8 wir gegen bie Bon 23atjer8 33uc^e eingehaltene
Stiftung gu fagen hätten, -furg barm gufammenfaffen, bafj e8 un8 um gwangig,
fünfunbgwangig 3«h te » er fpätet erlernt. Allein mit einem fold&en 2fa8fpruche
würben wir felber in bie abguweifenbe Dichtung einlenfen, nämlich in bie Äraft*
prätenfion bloßer 9Zebewenbungen.
Unb ba8 ift e8, wa8_ wir in erfter unb lefcter Snftang gegen bie SZidjtung
be8 23udje8 gu fagen hoben; e8 wirb ba8 Uebergewicht in bie gotm nerlegt unb
ba8 Stoffliche nur al8 SDZittef nebenher benüjjt. 2118 bie Äunft berTieutf^en $rofa
ftd> falonfähig erweifen follte, al8 mit äfthetif^en gelbgügen bie gormfüHe be8
wirtlidhen 8eben8 gegen bie gormeln jene8 „Ärug, in welchem fi<h abgeftanbeneS
Äant’fdhe8 23ier befanb", butchgufefcen war, al8 bie beutle Sittetaturgefc^icfite ihr?
W»4. Saib m, ?6
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386
©benbürtigfeit mit ber ber Wriecfyen, JTiomer, Cfngldttber u. f m. burdp fc unb fo
oiet mitte(a(terlid)c Stylten ju enoeifett tyatte, ba mochte man alle (Sffecte be$ Stifö
jur Gewinnung beo fernftebenben s Pnblicumo in 2 (ntoenbung bringen. Sa modele
man e$ and) nicht fo ftreitg barnit nehmen, ob man feine Materialien unmittelbar
bei bem Urprohicenteit ober beim Mleinoert'dnrer geholt habe, obtoofd unö noch
oon bamatö her ber (Kommentar in beit Cbreit fiintmt, mclcber bie (finfüljrung ber
„malcdicta* tilia* (anftatt tilim) juxta viain positm“ begleitete. SÖentt nur ber
$racf courfäbig iah, loer ivollte [ich ba um bie Scbiteiberredmung befümntem.
•Öeilte aber febeint e$ uns feb>r an ber 3 ^'it 311 ieitt, 3113111 eben, iocr in bem
ftraefe fipt. 2 i$h haben feit JHefenfran.z her io viele ^cidttrofenfran^e gebulbig ein
unb au* paifiveit taffen, baß man uno einer breibdubigen Monographie über eine
jiemlidb fttrje Mit gegenüber 100 hl bie laitbldufige Arage paffiren (affen fann: ma§
giebfü bennSRenee? Sie Ara ge fliugt oie(leid)t parabo.r, mit 10 e Uber man in einem
neuen SSerfe aud) ttadi einer neuen Arbeit oerlaugt; allein ber isragefteffer toivb
bbcbftene von ber ober jener litterariicben C>oterie nicht oerftanben merben motten,
ber mivflichen Ji'elt, in loelcber Millionen 001 t So Karo unb .‘Jaufenbe oon Men«
fcfcenlcbeit für bie felbftftdnbige Arbeit gegen bie Slrbeitauebentung eingefeßt merben,
mirb feine isorbermtg gemiß nicht unzeitgemäß crfcheiiten.
£0 viel muß man 53 aoer jugeftebeit, bah er ©eroiituö unb 33 ifcl^er, epillebranb
unb fernes, Äoberfteitt mtb v J>ruh, Sanjel uttb A>omteifter tt. f. 10 . febr gut *u
citircit uttb uueitirt 31 t benüneit oerftebt, trofc einem ber ihm io fehl* mißliebigen
§>rofeffovcn (:•»., 1 KO), bereit „Aatbeber eben ttidd auo einem .^olje gejimmert ift,
bae auch auf bem j N inbuo ober ^antah lodebot, unb um beifeit Söurjelit bie
Cuellett ber Milieu rauicbeit". 2>on bem Viebe aber: „2lit ber Quelle faß ber
Änabe", febeint er ielbft fein beioitberer <s*reuitb 311 fein; loenigfteno fanben mir
tyit feiten att beu Urquellen, ionbent alo einen recht fleißigen Schöpfer an bett
Safferleituitgen. Unb iinoiefent bie ^erftellung einer neuen, reibt bübjch leobaren
Kompilation aito aitbereu (Kompilationen immerhin nicht gaitj mühelos ift, muffen
mir feine 2 i$ovte (23orrebe V) beftätigeu, auch er „habe guten Seebieuft gethait".
5Rnr gerdtb babei bao Schiff boch zutoeilen iuo Sriuoanfeii, meint es 3 U fet>r unter
ber Leitung frember ^ootfeit fielt fortbeioegt. Jn idt lichte 'JJroia übevfeßt toilf bae
Reißen, wenn mau and) in i\ti)ero SJitcbc nicht felber nur bie 2 htfid)ten mieberfänbe,
bcneit man in attbereit Büchern begegnete, fo toitrbe bie ftellemueife Unfidjetyeit
be§ 23 er f aff er 0 oerratheu, loie eo ihm nur um eine neue Aormirung unb nicht um
eine eigentümliche Krgrünbuitg unb ^eftftellung ber Sache 31 t tbun loar. Man
toivb oielleicbt eiitioeitben, baß über Reifing, Schiller, ©oetbe fdnoevlid} etwa» Sfteueo
oorgehradd werben tattu, ltadtbem bieie Ibemeit überreichlich burebgciprochcn mur=
ben. Router, Saute. Sbateipeare finb aber feit längerer 3 eit ttegenftditbe ber
^orfebung unb bod) ift ttodt febr viel ^iemo ait ihnen 31 t entberfett, gerabe loie
an ben bentuhen Klaffifent. Unb mir weiten uns felbft am Schluffe uttferes J)ie=
ferateö bie tfreißeit neunten, auf einen febr iittereffanten, oon 23aper faum geftretften
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387
Stonbpunft aufmertfam gu machen, auf bem ein 33u<h über bie „clafftfche 3eif
beß beutfd^en Stama’ß" ein felbftftänbigefi geben gewonnen batte..
Soch wir haben oon einet fteflenweifen Unficherheit beS SBerfafferS gefprochen,
unb haben gunäcpft baß ©efagte gu begrünben. 2Sie g. 33. fann man (2., 283)
com Scpicffal fprechen unb gleich barauf (2., 285) bie S<hulb Har begegnen?
3Sir Ratten geglaubt, biefe beiben [djlöffen fid) contrabictortfd) auß, ober ifi baß
etwa ein Scpictia!, wenn man com (Stfenbafynguge überfahren wirb, weil man fiep
auf biefe beftimmtc Scpienenftelle feptc, um gemütlich bie Sanbfcljaftßanficht gu
genießen? Ober wie fann bet „@h r ü e 4 m ferner oerwegenften Senn" (3., 28) für
ben SJtittelpunft ber £anblung außgcgeben werben, wenn bocp nicpt b(o§ an bet
einen ©teile (3., 212) com gelben getagt wirb, ba£ er bem entfc^eibenben 3a
ober Stein außweicbe. 2öir haben bißber gemeint, bie 33erwegenheit jeneß (Sptgeigeß,
welket bie Scpulb bcß erften ober auch lefcten Schritt eß um feinen Preiß über»
nehmen will, fei ebenfowenig ein Superlatio, wie bie Sapferfeit beß fRauferß, bet
fiep nach rücfwärtß gu flehentlich bittenb wenbet, man möge ihn an ben 9tocff<hbf}en
recht fefthaltcn, währenb er nach oome gu bie fccfftcn SBorte oerfchwenbet. Unb
gang fo läfgt fiep SBaKenftein an, wenn er bem Dctaüio Piccolomini ben wichtig*
fiten Sluftrag ertheilt, weil er oon feiner 23ebäcbtigfeit bie Stichtausführung beßfelben
erwartet, nachbem ihm bie Scpwefter, bie Wahrlich nicht eine btofje „(Srgängung
feineß ©hrgeigeß" (5., 218) heilen fann, burep bie beleibigcnbften Sßenbungen bie
Ueberctlung abgerungen hat, welche er fogleicp ben Sternen anheimgiebt. Sabci
wirb noch biefer 'Sternglaube (3., 175) alß ein „ibealeß Element" begegnet,
wäprenb er einige Seiten weiter (3., 203) recht gut alß „eine heimliche Slußflucpt
ber Unentfchloffenheit" erfannt wirb. Sobann wogu füllen bie fteten Stcflerionen
auf baß -Jpiftorifcpe ? (2., 282, 3., 112, 3., 186 u. f. w.) eß ift Wahrlich ni<h
nothwenbig, ben Sichter (3., 258) mit einem: „fieht man oon ben gerichtlichen
33egiehungen ab" gu entfcpulbigen: benn bie äfthetifebe Üütalpfe unb bie hiftorif<het
gorfepung finb eben gwei fehr oerfc^iebene Singe Sie festere fann bet ©eficptß*
punfte nicht genug gewinnen, um baß eine gactum auß feinen 3ufammenhängen
abguleiten; bie erftere bagegen hat alle Seitenblicfe gu oermeiben, nachbem fie auß
ben (Stieb niffen beß Sicpterß unb auß ben Slnfcpauungen feiner Beitgenoffen fich
bie Aufnahme unb eigenthümliche 33ehanblung beß gactumß erflärt hat. Unb wenn
unß 33aper auf bet einen Seite gu oft fagt, waß bie Sichter auß biefem Stoffe
hätten machen fönnen, wenn fie ihn mit unteren Slugen angefeben hätten ober
hätten anfehen wollen, fo bleibt er unß eben fo oft bie Sarlegung beß ^ijiorifcpett
fcpulbig, wo eß gut Gcrflärung bcß SSBerfeß nöthig wäre, unb um nicht gu fehr
inß Sßeite gu gehen, fo wollen wir nur barauf pinweifen, bah bie (Sntftepung beß
„Sauft" (2., 334) oiel erfichtticher würbe, Wenn nicht bfofj oon bem Puppenfpiele
(1773) in granffurt, fonbem auch oon manchen anberen (Srlebniffen ©oetpe’ß, unb
noch beffer, wenn oon jener Sltmofppäre weitläufiger ergählt würbe, in welcher auch
Älingerß, Älingemannß, ÜJtaler SKüHerß „gauft" (um nur bie heroorragenbften gu
en neu) erwuepß, unb ber fi<h auch 2effing niept gu entgiehen oermo^te. So wäre
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e'8 Bet ber 33orliebe fftcö ^>tflort[<f)c and) erflärlidter, wenn bie fnftorijcbe 33ebeu=
tung ber polemifd;en Sramen (^oetbc’8 mein - ttnb bie ber jatprifd;en überhaupt
nur gewürbigt werben wate, ba§ finb bod> litterarifcbe gacta, alfo [acfjlid;e 2lnfcr=
berungen an bett Sdmftftcller über eine „Seit".
Sod) eS ift eben für biefe gange Slidjtung ebarafteriftifd;, bafj fie fid? bes
Stofflichen nur als eineö PiittclS für bie ßntfaltung ber Otebefünfte bebient; fe
wirb bann Weber für bie Uncrfd)ütterlid;feit feld)er ^Begriffe wie Sd)icfia( ttnb
Sdjulb Sorge getragen, ttod; and; eine Sd)eibung beb ber Sad;e @igentljümlid;en
unb beä grembartigen feftgeljalten, ttnb cS entfielt jette Unfid;erf>eit ber SarfteUung,
wctdje bent publicum gwar feinen befottberen Senfgwang gumutt;et, aber bett Sen»
fenben um fe weniger befriebigt. Plan will eben allen Ülttfidden gerecht werben
unb geweint fid; barüber, bie eigene 2lnfid)t nur im 33ergleid;Soerfaf)ren gu retten.
SSir l;aben feiten in einem, weint and; populären wiffenfd;aftlid;eit SBerfe fo oielen
„©leiebfam" begegnet, burd) weld;e bie litterarifdje SoneurSmaffc müglidtft nieten
Partice tt gugewiefen werben feil, alb in bem befprocfyenctt 33ud)e. „Sie Sichtung
muffte gleidtfam non fid) felbft gebren" (1., 3). „Sn „Patbatt" wirb ber (Seift
ber Hejfing’f<|en Sialeltif gleicbfam felbft perfonifteirt" (1., 141). „2Bir haben
gleidjfant unfer ©efüfjl für bie £alb= unb SBierteltene ber Iprifdjett Stimmung
gefd)ärft" (1., 281). „5m 6la»igo wollte ®oetl;e ben Stoff eitteS SntriguenftücfeS
gleidjfam in ein Seelengcntälbc umfd;reiben" (2., 241). „Sagegen wttrbe bie 6g»
mont=Stimmung in bem ©enietreiben ber elften wilben S33od)en non SBeimar
gleidjfam ittS Heben übertragen" (2., 280) „Sie Sage felbft fjattc jene SeutungS»
fäf)igfeit, gleidjfam jene 6lafticität" (2, 327). „Sie Stelle ber 33erwicflung er»
fejjt gleidtfam ntel;r anbeutenb baS fo bebcutenb gebadete Scblnfjgetpräd) gwifctycn
SBater unb Sofjtt in ben Piccolominis" (3., 188). „Sie 6pifobe non Ptar ttnb
S^efla gleid;tam eine Sragöbie ber pflid;t unb Hiebe" (3., 217). „Sie d;rift=
lief) romantifdje gärbmtg feilte ben gang antif gebauten Stoff nur lcid;t coloriren,
gleidjfant bie fef)lenbe HebenSwärme eiuigermafjen crfejjen" (3., 220). Sreintal brei
Gitatc reichen wofjl für brei 23ättbe aus, bödifteuS fönnett wir nod; l;ingufitgeit,
tnaS uttS einer folcbett figura coniparationis gegenüber immer entfällt, ttämlidi
aud) ein ©tat attS 6icero: ..liomo quid sit, intelligo, quid quasi homo, non
intelligo“.
23aper bat es fünoabr nid)t nütf)ig, fid; burd; berartige Stilfünfteleien jenen
Süngelcben angureiljen, welche nid;t genug gu fräl;en wiffett, fo halb il;nen ein
Saft gelingt in einer „Sprad;e, bie für fie bicf;tet uttb beitft". Unb nod; mel;r
müffen wir Bebauern, il;tt auf blofjen 6ffectl;ajd;ereien gn betreten. 2t)a8 fofl g. 33.
bie pi;rafe (1., 280): „6S ift befrentbeitb, weil eS ttid;t redjt el;rlid; ift", wefd;e
ben Sd;(itj 3 ber Plitfbciliing bilbet, bafj Sd;iller nad; ©oetl;e's 33erfid;erung Sei*
fingS 'Arbeiten itid;t liebte unb bod; benüüte, bafj ifnn ©uilia fogar guwiber war.
Un8 fdjeint, baj) bei aller 33ewunberung ber Heffing’fd;en Secbnif felbft firmiere
SRaturen als Sd;ilter über ben aitwibentben punft in „©nilia ©alotti“ nid;t l;itt»
überfönnen, an Welchem bie vollberechtigte potestas patria beS alten 93irginiuS
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burcß bie Beitoerlegung 3 U einem cjctttelSnlicfjcn Sftorb umgeftaltet tuirb. Sobamt,
wenn ßeroorgeßoben wirb (2., 198), wie anregeitb ju ®oetße ber Straßburger
fünfter mit feinen „Strebepfeilern unb hinten" fpracß, fo galten wir non bicfet
Spraye nießt gar oiel; benn Strebepfeiler unb Rialen oon außen, Beranferungcn
von innen finb nid;t gerabe bie gtanjenbften ©ocumente für bie „ßoßcn ©enfmalc"
ber gotßifcßen Baufunft; fo »iel wir wiffeit, war e§ aueß norjugSweife ber Xßurm»
bau, ber ©oetße’g ßod;fteg Sntereffe weefte unb leitete. 316er „Strebepfeiler unb
Rialen" Hingt fo roll, alg fei eg einem (Salberon’fcßen ©ranta entnommen ober
fteße unmittelbar ßinter: „Srauernbtief faß ©on ©iego". Gnblidß, um bei ber
©reijafjl 3 U bleiben, wie entftellt (um ba§ milbefte SBort gu'braueßcn) ift (3., 2
big 4) bie Söaßrßeit in ber ganzen (Stjäßlung oon ©oetße'g unb Scßillerg erfter
Begegnung in ber Äar(gfd;u(e! Um nur einen Punft 3 U marfiren, fo war ber per=
30 g Äarl iluguft nießt alg 23arort Sßebel, fonbern mit bem ©bcrforftmcifler oon
äßebel unb mit ©oetße alg feinen Begleitern bei ber Scßulpriifung. Slber freilich,
wenn nicf)t alle bie übrigen falfdjen Sicßter 3 UOor wären aufgefteeft worben, wie
tonnte ber Scßlußeffect erreicht werben: „©oetße batte 31 t oiel mit Sereniffimug
31 t tßun, mußte ifm beffen oerfid;crn, wie inftructio unb nterfwürbig ißm ber 9luf=
enthalt in Stuttgart fei — ba fomtten fieß bie Slugen ber beiben ©ießter nießt
treffen". Scßabe, baß aflebem nicht noch ßh^ugefftgt wirb: unb boeß war ©oetße
fur 3 suoor bei Saoater in Büricß unb ßätte fieß bort SRatßg erßolen tonnen, wie
man bei einer Scßulprüfung ben fünftigen Berflärer ber Scßwei 3 ang feinen jeßt
rotß unterlaufenen Slugen 311 bioiniren im Stanbe fei.
Plan oe^eiße ben Unmutß, aber er wirb ertlärlicß, wenn einem bag 311 m fo
unb fooieltenmale wiberlegte Pßrafengetlingel nocßmalg alg SRcuigfeit oorgebraeßt
wirb. Ueber bie oon ißm fo unnüß oerfeßwenbcteit rßetorifeßen Äunftftücfe wolle
fieß Baper bag wieberßolen (affen, wag Picpßifto 3 U perrn profefjor $aitft fagt:
„Saß ©u bag bem perrn fRaeßbar SSauft!" (Sr bebarf ja beffen nießt, benn bort,
wo er fieß bitrdß bie Sad;e felbft beftimmen läßt, gewinnt aueß fein Bucß bie volle
Befriebigung beg Seferg, nur wo er um ber Ptobe unb beg Publicumg willen ein
Uebrigeg tßun 3 U feilen glaubt, bort bleibt oiel 31 t wünfeßen übrig, ©ie Sacße unb
nießt bie Spratße ift bie pauptfadje in einem Bucße, felbft wenn biefeg ein folcßct
SBunberbau beg Stileg ift, wie pnmbolbtg 5Raturanfid;ten. t’lber and) bie gan 3 c
Sacße foll eg fein! Unb ba femmen wir 311 bem leiden Punfte beg Diefcrateg.
©er Xitel oon Baperg Bud) bered;tigt ung nämlicß barin etwag 31 t fueßen,
wag faum ßic unb ba berüßrt wirb, benn eg werben Borträge über bie „claffifdße
Beit beg beutfeßen ©ranta’g" oeriproeßen, feinegwegg bloß Borträge über brama*
tifeße Sitteratur. 3(ber aueß felbft bei bicien würben wir eg alg einen Ptangel be 3 cicß=
neu, wenn ber Buftanb ber beutfeßen Scßanbüßtie gar nießt befprod;en würbe. Bei
cpiftßen unb (prifeßen ©ießtungen ßaben wir woßl beinaße feßon oergeffen, baß fic
00 m lebenbigctt Bortragc unb 001 t ber Sprabegleitung ben Flamen erßielteit, bag
reeßte ©rama unb barum aueß feine Befprecßung fann eben einer Berücffießtigung
ber ©effentließfcit nießt entbeßren. Sei bie Seßanbüßnc bie Blütßc ober fei fie bet
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(Srfafc be@ ßffentlicpen SebenS, immer Bleibt fie ber SDrt, an welkem man niCpt
blofl bie Sntetligeng, ben ©efCpmacf unb bie Senbengen einer befHmmten Beit, fen*
Pent auch unb noch mehr bie ©afficität ber Sitteratur baburcp erfennt, ba§ ber
SiCfter feine ©runbftimmung, inbem er fie erft an bie panbelnben, bann an bi«
barfteUenben fPerfonen wegleipen muff, als wahrhaft lebensfähig unb als eine ÜRacpt
erweist, „ben ©efien feiner 3e«t genug gu tpun". Sßer bemnacp auch nur bie bra*
raatifCpe Sitteratur einer befiimmten 3eit Aarafterifiren will, wirb nicpt umhin
fßnnen, gugufepen, wie ihren ©affifern bie Schaubühne gönftig ober pinberftch
war, ober ber ©oben würbe, an beffen IReformirung fie felber heranreiften, ©ol*
lenbS aber, wenn man, wie ©aper, unternimmt, bie „claffifCpe 3eit" felber gu fcpiB
bern, in welker „baS beutfc^e Srama" unb nicht blofc bie bramatifcpe Bitteratur
lebte, bann ifi eine eingängigere ©efprecpmtg fowohl ber Aufführungen als ber
©cpaufpieler unausweichlich, weil erft fo erlannt wirb, wie bem publicum biefer
3eit baS ©erftänbnifj ber ©aifirität Bon bet ©upne auS erleichtert ober er»
fcpwert unb an bem ©rabe biefeS ©erftänbniffeS ber Sichter felbft gefräftigt ober
entmuthigt würbe, ©ottfcpebs C5orrectt>eit bei ber ©epanblung bet Spemen 9 f pt
mit ber Sreffur unb 3«At ber ©cpaufpieler nnb Scpaufpielerinnen non ©eiten
ber grau SReuber $aitb in £anb, Seffing, ©oetpe unb ©epilier finb nicht blo|
litterarifche ©aififer, fonbern ©üpnenpraftifer im anteiligen unb eminenten ©inne.
Sie ©<haubüpne hat fiep alfo auch ron ©ottfcheb bis ©epilier als ber ^)unft er*
wiefen, an weichem bie ©affifer unb ba§ publicum biefer 3eit im Beben beS
Srama’S fich begegneten. Unb wenn ©aper biefer faßlichen Sorberung beS Srama’S
genügt hätte, fo hätte er, naChweifenb, wie oon einer gearteteren ©tellung ber
$)rincipalfcpaften unb Sanben unter bet ©euberin burch bie ftabiliftrteü Sruppen
bis gur ©lüthe rerfdjiebener ©ipulen eines beutfchen SftationaltpeaterS bie ©ühne
fich parallel gur Bitteratur emporhob, wirtlich ein epochemachenbeS SB er! über bie
claffifche 3eit Seutfcplanbg bringen fönnen.
SBenn ein tüchtiger ©efcpäftSmann, fei eS auS eigenem, fei eS auf fremben
Antrieb bie gebet gur £anb nimmt, um feine gratis in einem ©efammtbilbe gu
oergeichnen, fo wirb feine Arbeit nicht blofs für bie gacpgenoffen, fonbem auch für
ben ferner ftehenben jibjooretifcr erfolgreich Grftlicp, Weil feine Süchtigfeit
barauf beruht, bafj er fiep ben gorbetungen ber ©aepe unterorbnet unb barum ipre
Berfcpiebenen ©eiten fennen lernen muff, um ihnen gerecht werben gu fßnnen. ®o=
bann Weil jebeS ©efepäft um fo richtiger betrieben wirb, je mehr bie Umftebt alle
fremben Umftänbe unb ©egiepungen gugleicp gu benüpen unb auSgufd)liefjen Ber*
fiept, ©aepgemäppeit unb Umfiept werben aber für benjenigen, ber fiep gerne be*
lepren läfet, reiche gunbgrubett, ntepr als bei fepr Bielen anberen, bei jenen ©e*
fcpäften erfd;lie§en, bie fiep auf bie Bcitung ber ©Chaubüpne begiepen. Sa rnufj bie
ibeale Haltung beS SicpterS gum ^raftifepen gewenbet, ben ©timmungen beS
^ublicumS ©eepnung getragen, für bie AuSftattung geforgt unb ben Sarfiellem
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baß jufontmenbe (Gebiet eröffnet, entlieh bet altem «Steine bev IBeridnoenbung bie
Sluffübrung 31 er ©Köpfung beß (Gewinnes geftaltet werben.
Darum bat fid> Dingelftebt, tnbent er ieicbmanns litterarifcben fJiad>la§ pu*
btidrte, ein nicht 311 unterfebäbeubeß Serbienft nicht bloic bei beseitigen erworben,
welche eine angenehme geetüre gerne nachhaltig »erwerben, fonbem and) benen eine
böcbft erwünfebte (Gabe gebraut, welchen bie unmittelbare 33efd;aftigung mit ber
gitteratur jur Aufgabe gefegt ift, ber fie fich nur bann halbwegs gewachfen glau*
ben, wenn fie bie (fntftcbungßbcbingungen beß (Getriebenen im wirflit^cn geben
ju entbeefen unb ba^ulegen im Staube fiitb. Valentin 2eid;ntann (geboren am
20 . Sännet 1791 in (Berlin, bafelbft geftorben am 16. Suli 1860) ift eine fo
anfprucbßloie (Srfdjeimmg, baf er fich bie ihm bei (Gelegenheit feine© Dienjteßjubi»
läitmß (1856) jugebaebte @hre, 311 m geheimen .hefratb beförbert 31 t werben, »er*
bat, „über bie er — bieß feine eigenen Sorte — angefidbtß fo fielet über ihm
ftebenber nnb mittber bocbgcftellter geute nur 311 errötben haben würbe" (7). Ütber
er war ein GJtann auf feinem plane; ein „wahret» ((abinetßftücf non Original
unter biefen Ülmphibien beß .ftiutftler« unb SJeutntenelemeittcß", welche oon ben ge«
beimen (Räumen ber „Schreib» unb (Xaffeftuben, ber .pölle ober beß Schnürbobenß"
(4) aitß für bie Schauluft beß publieumß 311 feigen haben. Jlnfangß ber Beamten»
laufbabn augebörig, aber oon berfelben nicht befriebigt, weil ihm baß ibeatev ale
„bie Sphäre einer ebleren ihätigfeit unb freieren (Bilbuitg" (5) evfe^ien, oon
(Goethe abgewiefen, bei beni er um gluftiabme in bie Äünftlerprariß bes Seimarer
Jbeatere gebeten batte, erhielt er 3 iierft im prioattieufte, bann bei ber (GeneraU
intenbantur beß (Grafen (Brühl jene Schulung, auß loeldier er alß eine CGeftalt
heroorging, oon ber eß in allen .Greifen beß 3?ülnienlebenß hieb : „ber .Ipofratb
muh *8 wiffen", „ber nofratb wirb eß oortrageu", „idi weitbe mich an ben Jpof»
rath“. 3m h<roorrageubften Sinne gilt oon ihm Dingelftebtß mafjgebenbe Sd;itbe=
rang folcf»er auf eine* febr befebränfte Sphäre angewiefener (Dlittelßperfonen: „fie
finb bie lebenbige Cibronif ber (Bühne, mit ber fie förmlich oerwaebfen, unb erlan»
gen bureb Hebung unb Erfahrung ein Urtbeil, um baß fie mancher (Dramaturg
oon ’profeifion beneiben barf, unb eine ßwanbtheit in (Bebanbluttg ichwieriger
'Perlenen unb (Dinge, bie einem gewiegten (Diplomaten 311 ratbeit giebt" (4).
Daß (Bud) felbft hat brei (llbtbeilungen, bereit erfte unb lebte bie artiftifchen
unb öfonontifchen 3 ufammeubänge ber Schaubühne mit bem 'öffentlichen geben
barlegt, bereit mittlere höd'ft intereffante (.'cbensbegichungen beß Scbriftftellerß mit
ber Schaubühne eröffnet. Dem Herausgeber fühlt man fich nod; baburd) befonberß
oerpflichtet, tan er btirch Scblagworte int Siil'gltsoeigeid'uiu für ein fdjttelleß Sich*
3 urecbtfinben in bem reichen (Material Sorge trug.
Die erfte Slbtheilnng beß (Budieß enthält unter bem Ditcl „(iigeues" ,,.pun=
bert Sabre auß ber (Geichidite beß töniglidtett (Theaters in (Berlin (1740 biß
1840)" in fünf Olbidmitten, coit benen aber nur bie festen 3 wei auß Deicbmatmß
©rlebniffen ben Stoff erhielten, wäbreitb bie elften brei auf fremben Daten he=
ruhen. (Bon einem fömglicben beutfehen Dh ea * er fattn eigentlich wäbrenb ber erften
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9?egierung8jaßre ffriebrid? n. gar nidt unb wäßrenb feiner Röteren SRegierurtgS*
jeit faum bie Siebe fein, ba 8 »om £ofe befugte recitirenbe Sdnufpiel war fran*
3 Öfifc^ f bie Oper italienifd). ©er Äöitig »erläugnete aud in biefent fünfte feine
©eringfdäßmtg be 8 ©eutfden nidt, bie fo weit ging, baß er nid)t einmal glauben
wollte, eine ©eutfde tonne italienifd gefault werben, benn al 8 dm ber Directeur
des spectacles, ©raf »on 3ierotin*8ilgenau (1771) bie berühmte Sängerin, SJltle.
^c^tneltng, fpäter 9 Jtab. SOiara, 3 m: Slnftellung Borfdjlug, foU er geäußert ßaben:
,©a 8 foUte mit fehlen, lieber mochte id mit »on meinen ^ferben eine Slrie »ot«
wiehern laffen, als eine ©eutfde al 8 ^»rimabonna meiner Dpet befißen" (S 8 ).
' ©iefe jarte 5lnfdauung8weife wirb faum burd fine anbere übertroffen, weide et
bei ber ©ntlaffung berfeiben Sängerin auSfprad: „®a 8 Söeib ift wie ein 3 agb»
ßmtb, je meßt gefdlagen, befto anßänglider wirb Jie" (S. 9). UebrigenS währte
ba 8 Urteil über beutfde ©efangSfunft lange über griebrid U. ßinauS, benn „al 8
am 24. gebruar 1795 ©lud 8 „Spßigenia in ©auricS" gegebeu warb, war ba 8
$au 8 überooH, weil ber Betfud, eine tragifde £>per mit beutfden Sängern bar*
ftellen ju wollen, in allen ©efellfdaften befproden unb meift mißbilligt würbe.
9lud ?>rin 3 ^einrid ßatte »orßct geäußert: ,,©a will id bod ßeute ßineingeßen,
um mid einmal redt fatt 3 U laden". fPrinj $einrid tackte aber nidt, fonbern
ließ ftd 3 um ©rjtaunen Silier für ben großen ©enuß beim SJtufifbirector SBeber
Bebanfen" (55). ©od batf man über folde Slnfidten be 8 bamaligen befferen $)ubli=
cum 8 nidt 3 U fdroff aburtßeilen, benn fie berußten größtentßeifö auf (Erinnerungen
»on gejlem. „ 2 M 8 3 U ber 3eit, wo griebrid II. ben ©ßron beftieg, beftanb ba 8
beutfde Sdaufpiel nur au 8 33utle8fen, ejrtemporirten Stücfen, fo wie §aupt= unb
StaatSactionen ... ©denberg, ber fogenannte „ftarfe SDtann", ricalifirte 3 U biefer
Seit mit $)eter ^»ilfetbing, welder unter bem Flamen ^antalon bi SBifognofi Be*
fannt war". 3nt 3 aßre 1742 fam 3 Wat Sd»nemaitn »on Lüneburg mit einet bet
beften wanbernben ©ruppen bamaliger 3eit nad Berlin. @r gab 3. © SdlegelS
„©anut", ©ottfdebS „Goto", bamalS ßodberüßmte Stüde, neben Ueberfeßungen
ber fran 3 ofifden claffifden ©tarnen, aud ßerie man an „©er ©eufel ift I 08 " 3 um
erften Söialc eine beutfde fomifde ©per. Slber er gab halb uidt bloß ba 8 berliner
llntemeßmen, fonbern bie SSüßnenBefdäftigung auf, unb bie ißm folgenben beiben
Sd«d 8 i SÖater unb Soßn, welder leßtere (16. SJiai 1764) bie Gonceffion für
ba 8 llmßeqießen feiner ©ruppe in gan 3 Preußen erßielt, bradten troß eine 8 fut 3 en
3 nterme 33 o’ 8 , ba 8 bie Sldermann’fde ©ruppe madte, bie 3 »ten* unb ^)offenwirtß*
fdaft be 8 £an 8 wurfl 3 ut 9Meinßerrfd a ft-
©rft ©obbelin, „ber erfte Slcteur, ber in 3amben beclamirte", »ermodte burd
fein ©alent ber ©ingenommenßeit 33erlin8 „gegen Sille?, wa 8 beutfd ßeißt", fteg=
reid entgegen 3 utreten, unb übet bie 3 «ftänbe, bie er »orfanb, ßört man ißn am
beften felber e^äßlen: „9118 id im 3 aßre 1766 nad Berlin fam, fanb id bie
Büßne in einem eigenen Suftanbe; .'panSwurft unb wieber jpanSwurft unb alle
Sage panSwurft; wie erftaunte id aber, als id aud SWfofa», hantier, 9Jtenöel8=
foßn, Sefftng unter ben 3 ufd«uern fanb. 2 Sie, Jagte id 3 U Seffing, 3 ßr, bie
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Schöpfer, bie ©äulen be 8 guten ©efdjmadeS, tonnt ba 8 mit anfeben? S)?a<bt ’8
feeffcr, wenn 3 h r fßnnt, erwieberte Seffing. ©a 8 wif( ich, verfemte id), in vier
SBodjen feil ber £>elb herrfchen unb ber JpaitSwurft vertrieben fein, ©amt fein* id)
Such eine ©^renfäute, erwieberte Seifing." Unb biefe AneTbote, fo oft fie ©öbbelin
erjäljlie, fehlofj er jebeSmat mit ben SBorten; „3<b ^abe SBott gehalten, I;abe baS
Sweater gereinigt, ben £)an 8 murft vertrieben; aber Seffing ift mir bic verbrochene
©fwenfäute fdjulbig geblieben, ©och glaube id) mir fclbft fie baburch gefegt 3 U
haben, baff ich feinen „Slathan ben Reifen" auf bic Sühne gebracht habe" (16).
©a 8 Publicum, vor welkem biefe „@h re nfäule" am 14. April 1783 aufgeftellt
würbe, machte freilich noch ein ctwa 8 fonberbareS @efid)t baju, wie c3 bie „Sitte*
ratur» unb Sfwkrjeitung" vom 13. 3J?ai berichtet: „©er erfte Sag war bem
Stüde günftig. ©8 bjerrfdjte eine feierliche ©title, man bef(atfd)te jebe ritbreitbe
Situation man munfelte allenfalls von ©ottlichTeiten, welche biefeS ?el)rgebid)t be=
lebten, man glaubte, unfer publicum würbe ba 8 $au 8 ftürmen, aber baSfelbe blieb
bei ber britten SorfteHung „StathanS" h e ' na h c 30113 unb gar ju .'öaufe. ©ie
3 ubenfchaft, auf bie man bei biefem ©tüde fel>r rechnen fonnte, war, wie fie fid)
felbft verlauten lieh, gu befcheiben, eine Apologie angul)üren, bie freilid) nicht für
bie heutigen Suben getrieben war, unb fo fanben fid) nur wenige, betten „Siatban"
behagen wottte" (34). Db bann aber nur von bem bamaligen ^Berliner Publicum
gilt, wa 8 biefelbe 3citung fagt: „Unfere PublicumS fittb nun einmal fo geftimmt.
©a 8 finb ihnen bie willfommenften ©cbaufpiele, in betten fie lachen unb weinen
Tonnen, ohne gu wiffen, warum? 3« benen fie ihren Serftanb itid)t 31 t fe^r an*
3 uftrengen brauchen unb in benen fie ba3 eble SerbauungSwerf abwarteit fön*
nen" (32) ?
SebenfallS war man hoch nac h unb uach fo weit gefommett, baf; halb nach
feiner S^hronbefteigurtß Äonig Stiebricb Sßilhelm II. baS feit bem Stuf hören ber
franjöfif^ten SorfteHungen (1778) leerftebeubc £>auö am ©enbarnieitntarftc, eS 3 UIU
„föniglidjen Stationaltbeater" erhebenb, ber ©öbbelitt’fchen ©ofotlfcbaft übergab, eine
©eneralbirection, beftehenb auS bem geh- Dberfinangratbe v. Sepor unb ben 'Pro*
fefforen Stornier unb ©ngel, ernannte, bem Prof, ©ngel bie artiftifebe Leitung mit
bem ©efeW<haft 8 birector ©öbbetin al 6 Siegiffeur unb aITe 8 , wa3 fid) auf bie
AeufjerliebTeiten bet Aufführung bejog, bem SE^oatertnfpcotcr 1*0113 anvertraute
(42). ©0 begann mit bem Safjre 1787 eine neue Phafe ober eigentlid) ber Sin*
fang eines beutfeben föniglicfton SbeaterS mit einer au 8 ge 3 eid)neteit ©chaufpieler*
gefetlfchaft unb einer eben fo trefflichen Settung. Ueber bie @efelltd)aft finbet man
(48) einen inftructiven gleich 3 eitigen SBeridtt; bie Leitung würbe fpäter in ihrem
artiftifchen Steile bem Siegiffeur Sied (1790) unb nad) @ngel 8 Abgang (1794)
bie 6 fonomifd)en Angelegenheiten bem geh- ÄammergerichtSrathe v. A?arfing, bie
litterarifthen bem Prof. Stornier übergeben. 9118 ©onberbarTeit mag (net benterft
werben, baf; bie JpinricbtungSfcene ber Ptaria ©tuart (in bem Srauerfpiete von
©biefe) „auf ber Sühne vor ben Augen be 8 PublicumS" (42) erfolgte, unb bah
SBarfing ber Sttthm gebührt, „wenn bieS ein Stuhm ift, für ben äu&eren ©lang
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her tßülfne mehr atß feine Vorgänger getban 3 U baten" (55). 3m fetten Satire
ber tcnigtidien St)eaterregnlhung (1787) erfctien Sdiifterß ,,©on Garlcß" unb
würbe am 22. November (in fProfa) gegeben ©aß Stücf „f^iette non 5 Ubt biß
tjatt 11 llbr Slbenbß. föteljrere Sceueu waren fo ermübenb, bafj riete 3 ufcbauer
fdjon cor ißeenbigung beß Stiicfeß nad) .saaitfe gingen. Gß fettet fomit nichts an-
bereß ütrig, atß Verfüllungen eintreten 311 taffen; ater ungeachtet baß Stüdf ftar!
unter bie bramatifcte Scbeere gefommen war, wollte eß bennccfe fein recbteß 3ug=
ftücf werben, bie SSorftetlungen fettefeen, ielbft wenn fie (Eonntagß ftattfanben,
leer* (46). ©agegen eroberte fid) SPiogartö ,,©on 3uan" ( 3 um elften SJtate am
4. Stooember 1787 in 'Prag gegeben) fdmell bie Wuuft and) beß berliner 'Publi--
cuniß, „baß Stiicf würbe (feit bem 20 . ©ecember) in 3 ebn Jagen fünfmal gege=
ben unb niad'te ftetß ein volteß .jpaus" (50). 2tud) ber „Bauberflcte* ( 3 unt erften
SJtale am 12 . ?Oiai 1794 gegeben) warb ein „aufevorbenttidier Grfolg, wie er noch
nie in Verlin ftattgefunben batte". (Schluß folgt.)
& ö it i g ö « mto o U c".
(rin Vertrag con Jtbolf fiter.
I. fiie fianmmollr proburirenben Staaten.
ÜJian bat ben gefammten Umfd)wung, weldier feit bem Gnbe beß vorigen
Ja^rtiunbertß burd) baß Sluftcmmen beß 9)iaid)iueuweienß in ber Jnbuftrie eintrat,
mit bem 9iauten . „inbuftrietle Diecotution" gefem^eidmet. SnberJ^at giebt eß in
ber meltgefd'iietlichen Gutwicfluug ber Hölter wenig Grcignüfe, welche im Saufe
3 Weier DJienfcbenatter fotcb tief eingreifenbe Vcränfccruttgen 3 ur ftolge batten unb
auf bie Umgeftaltnng fociater uitb politif^er SBer^ättniffe in fotcb bevccrragenber
SSeifc einwirrten, wie jene bewunbcrungöwürbigeti Gntberf'ungni, welche in Gngtanb
baß Genie einzelner 90ianner machte. ©ie inbuftrietle ^Revolution colt 3 og fic^ in
Gngtanb gleid^eitig mit jenen politiicbcn Aämpfen, welche baß übrige Guropa
mehrere ©ecemtien befebäftigten unb 30 g fobann audi bie anberen Nationen in
i^ren Ärciß.
©aß enfcfieibenbc llebergewidit ber 9)iafd)ine über bie ' 3 )ieu'd'enbanb ebaraf«
terifirt bie meberae Snbuftrie. ©aß gefammte $)robuctionßiuftcm ber SRenjeit ift
in einer ooltftänbigen llmwanbtung begriffen, bem fid) fein Aabricationß 3 Weig auf
bie ©auer entyetjen fann. Jroei SSiffenfcbaften finb eß vornehmlich, welche bie
Gntwicfetung unb Slußbilbuitg ber mobemen Snbnftrie in nachhaltiger SSeife beför«
beiden; bie Gbemie unb bie 'Pb l )f'f- pflege berfetbeu begann wobt fd'on in
früherer 3 eit, aber erft im vorigen 3 abrl)nnberte erlangten fie einen grßfjern, bebeut»
jamern Ginftuf; auf baß jnaftifdje geben unb erhielten mit einem Schlage bie
größten unerwarteten fRefultate. ©er ©ampf fanb bei ben weiften Snbuftriegwei*
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gen (Eingang unb bie nötigere Grfermtnif) beö 33erbrennungSproceffeS, anfangs
blofj ber Ptetallurgie gugutefommenb, trug gur af(mä(igen AnSbilbung bcv chemi*
fdjen 3nbuftrie bei, welche in unferem 3ahrf)unbert einen nie geahnten Aufichroung
nahm. (Durch genauere Jbemttniß ber Staturgeieße würbe man in ben Staub ge¬
fegt, bie „heroorbringenbe Äraft" ju ftcigem unb gu erböten unb gewann nette PUt*
tet für bie menfchlicße St^äticgfeit. „Snbem ber Pcenfch", fagt Pt. (Sheoalier, „bie
Äräfte ber Statur feinem SSillen unterwarf unb fie gwang, fid) gu feinem Pußeu
3 U entfalten, h°t er fid) gur Ausübung ber Äünfte eine fRüftfammer gefchaffen»
weld)e täglich burd) neue ©erzeuge bereichert Wirb unb in weither fid) neue Äräfte,
gleichfam neu erworbene Sclaoeit, gu feiner Verfügung ftellen. 'Me biete fo gu
fagen gegähmten unb gebänbigten Äräfte erfparen ihm bie Anwenbung ober wenig»
ftenS bie Anftrengung feiner eigenen PtuSfelfraft. Seine SDhätigfeit beftebt mehr
in ber Ueberwad>ung als in ber unmittelbaren perf6nlid)en Bewegung ber Apparate
nnb itt bem Ptafee, als er mit feinen ©liebmaßen weniger arbeitet, bringt er mehr
hervor“. (Durd> bie Äennhriß ber medjaniidjen, chemiid)en unb ^ttfifefeen Äväfte
wirb eS bem Ptenfchen möglich, feine Kräfte beffer gu oerwertbeu unb für bie
Ausführung jener Arbeiten aufgu'pareit, welche für Ptaicßinen, bisher weitigftenä,
ungugänglicß fmb. Siefelbe Summe Arbeitstraft ergiclt, unterftüßt buvcf) bie be»
wunberungSwürbigen £ülf8mittel ber Acdmif, weit größere SRciuttatc gaft alle
fortgefeßrittenen (Kulturnölfer haben gu ber Ptaffe von ßrfinbungen unb ßntbeefun»
gen, welche in faft allen 3weigen beS inbuftrieHen ^Betriebe gu Dage geförbert
Worben ftnb, ihr (Kontingent geliefert. (Eine Angaßl neuer Jnbuftriegwcige ift
gefchaffen worben unb mancher Ä'örper, ber unferen ©roßoätern noch unbetannt
War. wirb gegenwärtig auf bie vertßcilhaftefte SBeife rerwertbet, bietet Dau'cnöen
SBefcßäftigung unb bilbet bie ©runblage beS (Reich thums großer Stabte, bie auf
wunberbare SS eile im Saufe mehrerer (Deceunien aus bem Stifts emporiebießen-
(Der Ptenfd) hat burch feine geiftige Sßätigfeit bie in ber Statur fchluminernben
Äräfte geweeft unb gut (Entfaltung gebracht, fid) gur Sefriebigung feiner Sßebürf»
niffe neue £ülf8mittel gefchaffen.
Sie heutige Jnbujtrie ftellt bie faufmännifdje Speculation an bie Spiße;
ber gabricant ift genßtßigt auf ffiortatß gu arbeiten, währenb baS qbanbwerf im
Allgemeinen fi<h auf SöefteElung befchränft, b. ß- anf bie nächften Piittel gu Abfaß
unb 93erbienft. (Dort. überwiegt baS (Kapital, hier bie Arbeit. (DaS Princip ber
ArbeitStheilung tarnt fid) natürlich nur ’ n auSgebehntem Ptaßftabe bei bem gabrifö*
betriebe einbürgern, ober bod) in bebeutenberer SSeiie oeroollfommnen. Sie Ptafcßine
arbeitet beffer unb, waS oornehmlich in S3etracht fommt, wohlfeiler; erforbert aber
auch, Mm ^tußen 3 U gewähren, ein größeres (Kapital. 5)er Aabricant muß baS
höcßjtmöglichfte probuctionequantum im Auge haben. (Durch bie eintretenbe (Kou=
curreng Wirb natürlich ber Preis ber SSaare ßerabgebrücft, ba ber probucent gu
ben möglichft niebrigen Preifen arbeiten muß, um bie toloffalen Quantitäten bet
ergeugten SBaaren abfeßen gu fönnen (Die größeren ßrperiinente, welche gur S?et*
oolTfömmnung ber Snbuftrieartifel fo oiel beigetragen haben, finb nur in gabrifen
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möglich- ©agegen gebietet ber gabricant auch übet bebeutenbere Gapitalien, weit bic
gewaltigen .fpülfSmittel beS GrebitS, Santen unb Sßechfel ihm in weit größerem
SDfa^e gu ©ebote ftchen, als bem £)anbwcrfer. 33a8 ber Gingetne mit feinen 93iit=
teilt burebgufübteu nid)t im Stanbe ift, wirb burd) tllffociation, bunt) bie Sereini*
gung öoit Gapital crjielt unb bie englifcfjc Snbuftrie t)at eben babureb einen grofjen
Sorfpruttg erlangt, bafs ein möglichft angespannter Setrieb burd) foloffale Unter=
nebmuitgen ermöglicht würbe.
©a8 ^rincip ber SlrbeitSthcilung, fdjon non Slbattt Smith als ber bebeutenbfte
^ebet inbuftvieller Gntwicflung erfannt, hat fid> in beit lebten ©eccmtien faft allcnt*
halben in ber $)rajri8 Sahn gebrochen, ©ie Shilling ber Slrbeit finbet entweber
in einer gabrif ftatt, ober eine Sabril befchränft fid> nur auf einen beftimmten
ÜlrbeitSgwcig unb überläßt alles anbere, WaS gur Grgättgung eines SlrtifclS nöthig
ift, anbere« gähnten, ©ie gabrifett haben hwr unb ba eine bebcutenbe 2luSbeb=
nung erlangt, unb ber £>au§inbuftrie, welche fid; bisher, wenn auch nur ntühfam
in eine Goneurreng mit ihnen eingulaffett wagte, ben lebten Stoff verfemt. ©ie
fleine Snbuftrie uermag, waS Silligfeit ber greife unb Gtleicbmäfjigfeit beS $)ro=
buetS anbelangt, ohne Slnwcnbung ber SRafchincn nicht mit ber grofjen Snbuftrie
in bie Scbranfen gu treten. Unb felbft bei Senüljung ber .pülfSmittcl ber mober*
neu Sed;nif hat eine auSgebehnte gabricationSmetbobc grobe Sortheile oorauS, na*
mentlich ein Grfpamif? an ben ©eftehungStofteu, woburch allein fie febon im Stanbe
ift, baS Sabricat wohlfeiler gu liefern. ©aS gabrifSfpftcm in feiner je^fgen Se*
beutung unb 'OlttSbchnung ift baS Diefultat großer Jlnftrcugungcn, bie in beit lejcten
©ecennieit gemacht worben fiitb, eine ber charatteriftifchen Gigcnttnuulid)feiten tut*
fereS JahrbunbertS. Siele Snbuftriegwcige, bie noch oor furgem als .<pauSgcwcrbc
betrieben worben finb, haben eine fabrifSmäfjigc SluSbilbuttg erlangt, unb felbft
jene ©ewerbe, welche als ein auSicblicftliibcö Siottopcl ber .s)anb angefehen wurbeu.
So g. S. wirb bie 9J?afd)iue bei Grgeugttng 001 t Stiefeln, Äleibem u. f. w.
angewenbet. Ueberall wirb bic ntenfcblichc 5)iuSfelfraft burd; bie mcd)anifd)c ’Jta*
turtraft gurütfgebrcmgt unb befeitigt.
©ie erfte Grftitbung, welche eine burebgreifenbe Seräitberung ber Snbuftrie
anbahnte, war bie Sonnt) beS SBeberS SamcS ^argreaueS gu Stanbhill bei
Sladbum in 5Jiorb=Sancafbire 1764; bie id)on früher 173S erfunbeitc Spinn*
mafd)iite (spinning-framc) Sohn SSpatt’S erlangte in ber gratis feine Sebeu*
tung. SiSher l'crfpann unb verwebte man ben Dioliftcff burd; .öaitbarbeit. Stn bem
^anbfpinnrabe befaitb fid) eine Spinbel; bie Sonnt j würbe gwar ebenfalls bureb
bie .Jpattb in Sewcgtmg gefegt, hatte aber IG—18 Spinbeln, bie von einem 2lr*
beiter getrieben würben. Gütige Sabre fpeiter erfattb ein Sarbier auS ^reffen
JHicharb 91 rfw right bic spinning-throstl, bei ttttS Äettenftubl genannt, ©urch*
Sereiniguttg ber Settttt) unb beS ÄettcnftublS febuf Samuel Gr out p ton auS gir*
woob bie SOittle 1785, unb 9lrfwright erfanb bie GarbiS unb Sorfpinnmafcbine.
©urch bic Ülnwenbung ber Sßaffcrfraft erhielt bie gabrieatiott neue Smpulfe. Dioch
einflußreicher war bie Grfinbung ber ©ampfmatchinc. ©ie rotircubc Seweguttg,
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welche 5Batt berfefBeit gab, ermöglichte tfjrc 2 (nwenbung i» beit verriebenen gabrü
cationßgweigett. Sd;on 1785 würbe ber cvftc SBerfud; bet einer Spinnerei gemacht.
Sie Slttwenbnng ber 9)iafd;ine blieb ttid;t auf bie Spinnerei befdprätift, man
mar cifrigft bemüht, fie aud) bei ber Söeberei in ©etrauch 31 t bringen. Ser nted>a=
nifd^e SBebftn^l Sr. ©bmmtb (Sartwvigbt'ß, bem eß nad; mannigfachen [augjäf;ri=
gen 33etfttchcn gelang, eine anwenbbare fDlufdnne 31 t eenftruiren, brachte eine
totale {Revolution hierin hervor. Sie von ihm errichteten mcd;anifd;en Siebereien
hatten jebod; nicht gcwünid;ten ©rfolg, erft bie im 3 - 1801 von 9)tonteitl;
errichtete Sieberei mit 200 folgen Stühlen brachte einigen ©ewinn. Sie einige
Sahrc ipäter von 9)1 obreren getneinfam erfunbene Schlicbtmafdjine machte bie 8 (n*
wettbung von ^owerloom’ß erfolgreich- 3n bem erften Secemiium unteres 3 af;r=
fjunbertß tvurbe bie 5Bebemajd;ine bttrd» bie erfolgreichen ^Bemühungen §orrecfß
jtt Stocfport wcieutlid; verbeffert, itnb beffen SBebftühle blieben and), mannigfache
Säuberungen abgerechnet, im ©ebrauch- Seitbcm folgten bie ©rftnbuttgen rafd;
aufetnanber unb brachten mannigfache Skrbeffcrungen in ber 2 Rai<hinenweberei
l;ervor. Saß praftifche ©enie ber ©nglanbcr, bie erfinberifebe Shätigteit ber gram
jofett, bie beharrliche Slußbauer ber Seutfchen waren fortmährenb auf 3Bereinfad;un«
gen bebaut unb faft in jebent 3 ahrjebnt erlitt ber gabrifßbetrieb mannigfache
Umgeftaltungen. 23cfonberß einflußreich waren bie ©tfinbungett Otobertß in 9)ian=
chefter, Saqttarbß unb Sofue <£>cilmannß.
Sie Ülnwenbung biefer SRafchinen bat feit bem ©ttbe beß vorigen Saljr»
l;unbcrtß tefenberß einem Snbuftriejweig'eine foteffafe 2 lußbehnuttg gegeben, ja
benfelben gleidjjam neu gefchaffen. Sie 33 aummollinbuftrie ift eben feine neue.
Schon in uralter Seit verfertigten bie im {üblichen unb mittleren 2 !fielt wohnenbeit
Sßclfer SBaumwollcnftoffo. Sie SJaumwollpflanje war in Oftinbien unb 2legppten
ein befannteß ©ewäd)ß, welche® mannigfache fRupanwenbuttgen erfuhr. Unter ben
gahllofen 8 lrtifeln, welche baß Äaufvolf bcö 3llterthumß par excellence, bie 4 Ph™t*
gier, bett am tnittellänbifd;en ÜReereßgebiete wohnenben Üblfern juführten, werben aud;
baumwollene Stoffe namhaft gemacht. Sie Araber, wohl baß tüd?tigfte Snbuftrievolf
Währenb ber erften Sahrhunberte beß 9)titte(alterß, befchäftigten fid; mit bem
©eben unb gärten ber ÜBaumwollmanufacte in 3lleranbria, am fdjwargett SOieere, in
ben Jpauptftvibten 31fiettß, welche unter amtlicher .'perrfd;aft ftanben; in manchen
griechifchen Stabten, befonberß in Äonftantinopel, befanben fich gabrifen, welche
biefen Snbuftriegweig pflegten. Araber brad;ten bie 23aumwol(eitcultur ttad; ©uropa,
unb verbuchten ben 8 lnbatt« ber Staube in Spanien unb bett unteren ©egettben
Stalienß, auf Siciliett. Sie gabrication verbreitete fich, ttachbem bie Setenßbebürf*
niffe ber SSölfer fich gemehrt, nach SBrabant ttnb glattbern, nad; granfreid;, ben
rheinifchen ©ebieten ttnb in bem lebten Srittel beß 10 . Sahrfmnbertß ttad) Gng=
lanb. Sie ©ntbeefer ber neuen SSelt fanbeit bafelbft bie SBaumwollenftaube ttnb
unter ben ©egeitftänbeit, welche nach Spanien von ben ©roherem SRerico’ß ge*
fetibet würben, glänjten bie baumivoHenen ©ewebe. Probnction unb ©onfumtion
nahmen jeboch in ben Sahrfmttberten feit ber Sluffittbung beß Seewegeß nach £>ft 5
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tnbien nicht erheblich gu. ©rfl uitfetem Jahthwtberte War eS Vorbehalten btefen
^rebuctioitSgWeig gu einem Bisher ungewohnten Umfang auSgubilben.
Stuf bie ©ultur ber SSaumwollenftaube ^aben 33oben unb .Klima einen großen
©influfe. Ser fchwargc 23oben ber füblrc^en (Staaten SRorbamerica'S, bejonberö reich
an fich gerfejjenben organifchen Stoffen, ift vorgugSweifc für bie ©rgeugung ber
feinften langfaferigen 33aumrootle geeignet. 5Rorbamerica ift auch für bie ©ultut
ber 33aumwoUpflange baS £auptlanb. SaS prebuctionSgebiet berfetben reicht Bis
gum 35. 3?reitengrabe in ben atlantifchen Staaten, unb bis gunt 27. Sreitengrabe in
ben weltlichen am DJtiffifippi gelegenen ©ebieten. ©efdzränfter ift ber Siftrict ber
langftapeligen Sea=Jelanbjorte. Ser Same biefer 33aumwoKenart fam um baS
Jalcr 1785 von ben 23abamainjeln in bie ©egenb von Savannab; fie gebeizt vor«
itehmlich an ber Dftfuftc Utorbamerica’S von 25° 10' bis 32® 40'. SBirghtien,
5J?arvla:tb in SRorbearolina, ehemals wichtige probuctionögebiete ber fßaumwotle,
ergeugen gegenwärtig nur nnbebeutenbe Quantitäten. Unter ben Staaten, welche
bie meifte Saumwolle in ben £anbel liefern, fteftt Sllabama obenan; fobann SSRifft»
fippi, ©eorgia, Sübcarotina, Senneffee, 8ouifiana, SlrfanfaS, SejaS unb gloriba. Sie
letztgenannten brei Staaten befifen ein beträchtliches Serrain, weites Bisher noch
nicht gur Ausbeute h etatt 3 c S c 9 en »«rbe Sie Arbeit würbe befanntlich butch
fRegerfclaven verrichtet, beren Sa^ * n her Union ungemein gunahm. Sie Sclaven»
frage gehörte wähtenb ber letzten Jaljrgehnte itt 5Rorbamerica gu ben brennenbften,
welche faft alle Sitter eilen abiorbirte unb fc^licftltdi gu jenem Sürgertriege führte,
welcher bie Union feit brei Jahren gerjleifcht unb baS ftolge ©ebäube in Srümmer
gu werfen broht. Sie Slngafzl ber Saumwcllplantagen belief fidj in ber SKitte beS
vorigen SeceitniumS im ©eiammtgebiete ber Union aul 77000, bie Probuction
nahm in riefiger SSeifc gu; fie fteigerte fich in ben Jahren 1825—45 faft um
baS Sreifactze, unb bie ©rate non 1856 betrag beinahe baS Siebenfache beS
JahreS 1825. Sie immer gunehmenbe Sclavenarbeit liefe natürlich eine rationelle
©ultur beS ©ranbeö unb SobenS nicht auffommen; Dtaubbau war unb Blieb baS
herrfchenbc Spftem. SiefeS führt aber nothwenbiger SSeife gur ©rfchöpfung beS
SebenS unb bie politif beS SclavenhaltenS war baher auf §luSbehnung bet
Scfaverei gerichtet, um in ben neu gewonnenen Sänbereien einen ©rfajz für bie ver«
brauchten unb auSgefaugten Streifen, beren ©rnteertrag von Jahr gu Jahr fanf,
gu finben. Safe bie Sclavenarbeit eine unbebingte 5Ret^wenbigfeit für bie Saum«
mollenprobuctiott fei, ift längere Seit vielfach behauptet unb ben Süblänbetn nacf>=
geiprcchen worben; bcutf<be ©inwanberer in ScraS haben gegeigt, bafe fich Bet
3(nbau biefer pflange bitrch freie Arbeit lohnt unb in einträglicher SSeife bewert«
ftelligen läfet, 3lucf) in 3llabama unb SJliffifippi Beftnben fi<h über 120,000 freie
weifee Arbeiter, ©in rationeller ^Betrieb mit freier Arbeit würbe allerbingS feine
iolch rapibe Steigerung bet föaumwollprobuction gur golge gehabt haben, aber
bie Stefultate beS DiaubbaueS unb SHegericlavenfpftemS finb feine bauemben, fon«
bern irnr ephemerer SRatur.
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SKmertca am nad;ften fllebt 3itbten, wo feit 3a$rtau?enben 33aumWo(le # für
häusliche ftabricate verwenbei wirb. Tic $ortfd)ritte in ber Sßaumwotlencultnr
waren in biefem ?aube biS auf bie Brit cngliuber Aperrichaft unbebeutenb. So weit
unicrc 9cacbrid)ten reichen, führte man im Bahre 1 783 jum erfton 9Rale 33aum*
mofle ans Snbicit nad) Gjrofj&ritanuicn ein. -Die Bemühungen ber* oftinbifeben
Gompagitie waren auf Berbeffenntg ber Qualität unb Berntebnmg ber Quantität
gerietet. 9){an iebiefte verbeffertc BaiunwellrciuigungSmafcbincn nach Bnbien, nnb
feit bem Bahre 1793 jeigte aud) hier ber Örtert einen ftarten JlitwachS. Taft
bie oftinbiiebe Saumwolle mit ber americantfchen auf bem engliuhen 9Jlarfte nicht
concnrriren famt, liegt in ihrer qualitativen Snferiorität. Sie Reifer ber oftinbifeben
Baumwolle ift fürder als bie ber americantfchen, auperbem beftebt ber vierte Jf;ei(
ans 2lhfaH r Sanb, Sdjnuifc unb Blättern. Tas Giitfammeln wirb in Sitbien auf
höcbft nad;läffige Seife betrieben. Tie Steinigung ift unvcUfommcn. Ter iubiiebe
Pflanzer ift meift ftarf vcrfchulbet unb bcöbalb gezwungen, Boridutffe auf bie
Gnitc anzunehmen. Ter Tarleiher macht [ich tiefen Umftaub 3 unnVc f inbem er
ben moglubft niebereu preis erpreßt, unb babei mehr eine Quantität als eine
Qualität ftipulirt, unb ba ber Kubaner (Itvod) burebgängig feine Baumwolle ab-
giebt, ehe fte vom Samen getrennt wirb, unb fo ziemlich ben gleichen preis bafftr
erhalt, in welkem Buftanbe fte aud) fei, bat er feinen Beweggruub fie forgfältiger
$u pffücfen. Tie biöber reu ber eftinbi|d;en Gcmpagnic angewaubteu drittel, bem
burcbauS verwerflichen Snfteme ber 9)iittelsmäuncr ju fteuern, haben bisher ge*
ringe Siejultatc erhielt. Gin weiteres Hebet für bie Gulhtr ber pflanze entipringt
bem SJiangel eine« geeigneten SewdfjeniugsmftemS. Tie güuftigften Steile Bnbien?
für ben Baumwollenbau finb: bie s J>rafibentfd>aften von Bontbav unb StfabraS,
baS (Gebiet bes s Jiijam, unb bie Tiftricte reit Siagporc, wo mau bnreh Berbeffe*
rung ber Bemüf|cruitg?werlc, Saijerleitungcn, leidie eine Apebuug ber Saunte
woQencultur jit erzielen im Staube Ware. Tie vorhandenen Seife bieier 5(rt rühren
auS ber mobamebaniidjeit Beit, finb aber jeitber verfallen, unb bie oftiubud;c
Gcmpagnic hat nicht? gethan, bieielben in gutem Buftanbe ju erhalten. Gift in
bem leiden 3abr$el;nt, betender? feit 1853 , ift hierin theilweife eine Berbefferung
eingetreteu. 3u Voubou bitbeten fid) 311 biefem Belnifc Geie(lfd;aften von Privat¬
leuten, wie bie f; ^uih\w=Sewci|]enntgS- unb Ganal.G)efellfd;aft." Tie Gemmuni*
cationSwcge von ben Pflanzungen nad) ben BeridjiffuitgSbären hefinbeu fid) in
bem traurigften Buftanbe, roobureb natürlich ber Transport beS probucteS erfd)wert
tntfc verteuert wirb. Tie wenigen Straften, welche fid) in leider Beit in Bnbien
befanben, bienten um* militariicben Bwccfen, unb ber Ausbau ber Gifeitbahnen
erwies fid) ni;on aue biefem Gntitbe als gebieterifdie bUothwenbigfeit. Tie Baum-
wolle mupte auf Inmberte von cngliicbeu Steilen auf Cdneutarreu weitergefchafft
Werben, was natürlich bebeutenbe Tranßporttoften erfvrbert. 21 ud) bie .Güfcu .Gin*
beftanS bieten einen traurigen ?lnblicf. 3n ben leiden Baineu haben fid) mehrere
©efellfdbaften gebilbet, um bunt Gifenbahueu bie Gomniunication tes Buttem mit
en Seehäfen ju vermitteln, unb mehrere Stredeu werben jefd fc^vu befahren.
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SRoch ein ttmflanb »erbient h' er ©rwäljmmg: bet SRangel eines fejten Sanbbe«
fi$rcd)tce, inbern bie oftinbifche Compagnie ben au 8 fchlie§licf)en Seftfi be 8 ge«
fammten ©tunbeS «nb SobenS für fid) beanfprudjt. ©er Sebauer begabt eine
beftimmte ganbtajre, welche in einigen ©egenben jährlich, in anberen auf 30 3ahre
hinaus feftgeftellt wirb, unb beren Setrag nad) ber Qualität be 8 SobenS wechfelt.
©afj bei ber alljährlichen geftftellung ber ©are ber Pächter nicpt ba 8 geringfte
3ntcrcffe fjat, Scrbcffetungcit anguftreben, ift fiar, unb ber ©ewinn feiner Anjtren«
(jungen reicht oft faum hin, fein geben 31 t friften».
Auf ben weftinbifd)en Snfeln unb ©uiana hat bie Probuction in unferem
3 at;rl;unberte abgenommen, ©er »erberbliche ©influfj ber protection ber englifchen
Colonien, bie iditedite Leitung ber ©olonialangclcgenhcitcn, bie gäffigfeit ber Colo»
niften felbft, unb in ber lebten 3 t’it ber SORangcl an Arbeitskräften, f>aben gleich«
ntäfsig gu biefem fRüdgangc beigetragen. Crft feit einigen Sauren, ift man barauf
bebaut, eine genügeitbc Cinwanberung ton Arbeitern 31 t ergielen, unb in bet ©hat
fönnte man auf bem üppigen, fruchtbaren Sobcn ber 3ufeln aufjerorbentlid) günftige
Siefultate ergielen. SiSher entnahm ber weftinbifdje Pflaitgcr feine Arbeiter ben
Creolen, ÄuliS unb portugieftfd^en Anfieblern. Cine Aufhebung ber ©efefce, welche
bet freien Cinwanberung ©intrag tfrnn, ift eine bringenbe 5Rot^wenbigfeit.
©ie 3af)rc8probuction auf ben frangöfifd;en Seftytutgen SBcftinbicnS ift unbe«
beutenb, obwohl bie frangöftfcfjc fHegierung bie bisherige Smportfteuer unb in ge«
wiffcit fällen bie ganb* unb bircctcn ©teuern für einige Beit jenen erlaffen hat,
bie ficb auf bie Saumwollencultut »erlegen. Aufjerbem hat bie ^Regierung einen
anberen entfeheibenben ©chritt gethan. ©ie Autoritäten ber Colonien finb äuge«
wiefen worben, von ber gefammten SaumwoHernte bie guten Qualitäten, fowohl
in ben Antillen wie in ©uiana, von ben pflangem 3 U lohnenben Preifen an 3 u«
faufeit; bie 8 Probuct würbe bann en masso in granfreich »erlauft, unb bie Co»
lonial»©chafyfammcr würbe ben Untcrfd)ieb gwifd>en bem ©in« unb 33erlaufe«
betrage auSguglcidjcn haben. Bwei Colonien, ©nabeloupe unb ©uiana, haben bie»
fen Sorfdjlag mit Cnthufia 8 mu 8 angenommen. 33on ben fpanifthen Colonien führt
Portorico etwa 8 Saumwolle au 8 . ©ie englif(hen Anfieblungen in Saharna unb
©rinibab liefern ebenfalls unbeträchtliche Quantitäten. 3»t ber lebten Beit hat bie
probuction in 3 amaica sugenommen; man verwenbet hier ©hinefen unb oftinbifche
tfuliS gmu Anbau; bie contractlidj beftimmte ArbeitSgeit beträgt 5 —8 3ah tf - —
SDtejrico befifct einige für ben Saumwollenban treffliche ©ebiete; fo ba 8 ©hal »an
1 Platt bat amt) V’crfnd)t, aus americanifd)cm Samen in Snbien SauntrooUe ju gemiunen,
aber bic Pr'lanje liefert nur für fitrje 3fit ein Probuct, »eld)c3 an @ütc bem ametieaniidjen
glcükjeftcnt »erben fann. 3m Siftriet (Soimbatnr im Sefatt, in ben r'tila ©iraÄ feil bic ameri»
eanifdjc 33auinn.'eitcnferte i'crjü.jlid) forttemmen. 2er (Ertrag per Acre ftpaanft, et beträgt in
einigen (M'ietcn 70, in anberen 800 bis 600 Pfb. per Arte; im ©urepfepnitte bürfte man
100 Pfb. per Acre annebmen teuuen. ©ie gefanunte iBaummottcnernte bees brittijepen Dftinbien
lvirb auf 2 bis* 4 l'i'ill. fallen gejd)äpt, ber Scbarf befl Saubeo auf 700, nad) Anberen fogar
auf 3000 SDiUt. Pfb.
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5Rto=3Rofaö, am Stio gloriba, unb ju Urei in ©onora. 3m fübweftlicpen üpeil
»on ©uanajuota befepäftigt man 3nbianet. (Sin ^auptpinbentif; beb »eiteren gort»
fepritteb finb bie büftem politifcpeit unb fociaten ©erpältniffe, bie unjureicpenbe
Slrbeitbfraft. — 3n ©rafilien, »o bie Slubfupr ber ©aumwoKe ehemals eine Be»
beutenbe ©teile einnapm, ift in ben erften (Decennien unfereb Saprpunbertb ein
Stüdfepritt eingetreten, unb etfl in ben testen jwei (Decennien ift »ieber ein gort=
ftpritt nacpweibbar. „Gb giebt in ©rafilien unüberfteiglicpe epinberniffe für bie
Slubbepnung ber ©aumwoKencultur", fo p eifit eb in einem ©riefe beb ©ecretärb
ber ©cpapfammer an bab £>aub ber Stepräfentanten in Sßafpington im Sapre 1858,
„worunter toir bie ©erwüftungen ber Snfecten, Gigentpümliepfeiten beb Älima’b
unb bie Äoften unb ©dpwierigfeiten regnen, welche unjertrennlicp »on bem (Eranb=
l>ort aub bem Snnent jur Äüfte fiub". (Sine .ipaupturfacpe beb langfamen gort=
ftprittb ber ©aumwollencultur ift ber Stängel an Slrbeitbfraft, ba ber ©cla»en=
panbel im Sapre 1850 »erboten »urbe. Stur eine genügenbe (Sinwanberung aub
Guropa fönnte bem abpelfen. — (Die .pauptprobuctionbbiftricte finb $)ernamBuco,
Geara, ©apia, Staranpam. (Die ©aumwoKe ^)ernamBuco’b jeicpnct fiep burep Sänge
unb äßeiepe ber gajer, bie Staranpamb burep lange unb weifje gaben aub. 2lutfj
in ben anberen Steilen ©üb=3lmerica’b fiat bie Gultur ber ©aumwoKe, obwopl ber
©oben ba$u geeignet ift, fein gro^cb Serrain gewonnen, unb bie jäprlicpe ^robuc*
tion (1806—1848) ift eine unbebeutenbe. 3n Slegppten traf Stepemet tili geeig=
nete Siafjregeln, um bie Gultur ber SaumwoKenftaube ju beforbem. Stan führte
©amen »on langfaferiger ©aumwoHe »on (Dogola unb ©enaar ein, fpäter audj
©amen bet ©ea=3blanb=SaumwoKe. ©eit bem 3aprc 1823 pat bie Gultur ber
©aumwoHe in Slegppten grofje gortfepritte gemalt. (Dab Stonopolfpftem, welcpeb
erft naep bem $obe Stepemet Süi’b aufgegebeit würbe, war einer Weiteren 2lub=
beutung ber ©aumwollenftaube pinberliep, aufferbem au* ber lopnenbere Slnbau
»on Steib. 3m Sapre 1823 würbe bie erfte Quantität ägnptiicper ©aumwolle
naep Gitglanb gebraut, feitbem begiepen aucf; granfreiep unb Defterreiep »erpältnip=
mäpig beträ(ptli(pe Stengen.
Sn Algier fuept bie frangöfifepe ^Regierung feit bem Sapre 1850 ben ©aum«
wollenbau gu förbern unb ergielte in ber Stooing Drau einen guten Grfolg. (Den
Saumwodenanbauem würbe eine jäprlicpe (Prämie »on 20.000 greb. guerfannt unb
wenn niept alle 2lubfiepten täufdpen, gept bie Gultur ber Saumwolle in Sllgier
einer glängenben Bufunft entgegen. — 3m füböftliepen Slfriea finb burep bie an-
geftellten ©erfuepe feine großen Stefultate ergielt worben, weil bie Goloniften ben
(Änbau ber ©aumwoKe weniger lopiteitb finben, alb bie Grgeugung anberer 'Pro*
bucte. Grfreulicpet finb bie (Reiultate an ber africanifcpen Söeftfüfte. Dbwopl in
ber Umgegenb »on ©ierra Seone, (wo ber Gnglänber Glegg feit 1852 für ben
©aumwollenbau tpätig war), Siberia, Sagob, gernanbo So unb weiter im Snnem
beb Sanbeb feit unbenfli<pen Beiten ©aumwolle gegogen unb »erarbeitet wirb, fo
pat man biefeu Ülrtifel bo<p erft in ben lepten Satiren gu ejrportiren begonnen.
(Den ©emüpungen beb Gnglänberb Glegg »erbanft man eb, baff bie ©aumwoHen*
®c*tnicbrift 1864. Sank m. 26
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402
cultur in ben lebten Salven grofje gortfefritte gemacht bat, unb aUjäb)tücf> immer
Bebeutenbcre Quantitäten in ÜKandjefter anlattgen. Seit Sioingftone’ö Gntbecfungm»
reifen ift bie Slufmerfiamfeit ber Baumwotlconfumenteu mehr auf 3lfrica gelentt
worben, unb hier eröffnet fich bev euergiidk'n faufmänniieben Sbätigfeit ein geeig¬
netem gelb. SRod) ber 'Jlnfidjt einem ftennerm, müfjte Soango halb ein Baumwollen»
marft werben, ber 9iew»jDrleanm in nid^tö naebftünbe. Gin wichtiger Schritt für
bie intenfioerc Gultur ber Staube in biefeu Siftricten ift weht baburd) gesehen,
baff Gnglanb fid) bam ©ebiet ooit Sagom aBtreten lief). Sie europäifchen Sauber,
weld;e für bie Baumwollencultur geeignet finb, Spanien, Italien unb ©ialta, lie¬
fern Bimset gur ©taffe ber Baumwollenprobuction nur einen geringfügigen Beitrag.
Sod; ift bie ©robnetion gegenwärtig Bcbeutenber unb man hofft fie nach unb nach
auf eine nod) höhere Stufe gu Bringen.
$öS SBicncr «Strafecnpftofter.
Seid)’ ein ©etöfe in ben Strafen Sieitö! Äaum oernimmt man fein eigenem
Sort oor bem Äla^pern ber Oiäber unb bem Schlagen bet ©ferbefjufe auf bem
Barten ©ranite. Sebem ©efpräch ber gnf)gänger ift »ereitclt, bie gahvenben felBft
machen fich nur mit ©iühe oerftänblidj; ja mehr, felhft bie Bewohner ber angren»
jenben Käufer finb gezwungen, Bei geschloffenen genftern bie Gonoeriation gu füh=
ren, wollen fie ihre Snngen nicht übermäßig anftrengen. Unb wäre em auch nur,
um fie oor bem feinen ©ranitftauhe gu )chü(?en, welcher, oerhnnben mit ber ©iole»
cule ber thierifchen SlBfälle, bie Suft erfüllt unb .t ach ärgtlid)er Slusfage h*e»nptfäd)lich
unferer Dlefibeng gu ber traurigen Berühmtheit oerholfen h^öen foD, unter allen
^jauptftäbten Guropa’m bam größte Gontingent an Suherculofen gu liefern.
Unb aufjer bem ©etöie, anher bem oerberblicben Staube uitferem ©ranit»
pflafterm, noch welch’ befcbwerlidjem ©eben Bei naffem Setter auf ben fich glätten»
ben Steinen! ©rünbe genug, um hei bem mebernen Umhau unferer Diefibeitj auch
ber grage bem fPflafterm bie gchührenbe Slufmertfamfeit 311 fdjenfen.
Betriebene Berfuclje finb fd)on für Srottcirm fowebl alm auch für gahr*
ftrafjen angeftellt worben.
gürm erfte finb breite Saubfteinplatten ftatt ber biߣ>ec ühlid;en ©ranitwürfel
gewählt unb Gementmörtel ftatt bem früheren Sanbem in bie gugen gefchüttet wor»
ben. Gin Breiter Sanniftein fafst ferner bam Srottoir ein, hoffen Heine Grhöhung
bem gufjgäitger Schujj hietet oor jeher gu nahen Berührung mit ben rafch bal>in-
eilenben Sagen. Sein gujj läuft ehenfoweuig ©efahr auf bem ftetm raufen Sanb»
fteine aumgugleiten unb ber gwiidwn bie gugen gegoffeue ©iörtel Bewahrt ifn oor
jebem Sdmtuh hei foudjter Sitteruug. Sauter Borgüge bem neuen i'flafterm, welche
oon ben gasreichen gnfjgängern überall banthar Begrübt werben, wo fie ifm Be»
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403
gegnen, fei e8 in bem arten SBien auf bem Stephansplage, fei e8 auf ben breiten
©eftwegen ber eleganten JRingftrahe.
§ür 5vaf)rftrahen ift unfereS 2Biffen8 nur in ber Äärntnerftrafje ein SBerfuct)
gemacht werben, itnb jwar mit fd>ntateit, hocfifantigen ©ranitfteinen, Welche ftatt
beS gewöhnlichen SchotterbetteS auf eilte Unterlage een Seien gefegt werben finb.
68 ift fein 3weifel, baf) bie näher gerieften ftugen ber fcpmälereit Steine ebenfo
bem .puie beS s J)ferbee befferen palt bieten, als bie Setonunterlage ba8 ungleich»
mäßige Senfen unb Ütbnügen ber Steine, mithin bie häufigen {Reparaturen be8
$>flaftet6 eerl;inbern wirb. Sleibt nur nod; ju hebeufett, oh hei bem öfteren Segen
unb Umlegen ber unterirbiief>en ©a§= unb IBafferröhren ba8 Slufreifjen unb 8Bie*
berhetftellen ber foftfpieligen Setonichichte uid>t größere ©elbopfer erforbern werben,
al8 ba8 {Repariren beS altartigen ^flafterS.
©ineS weiteren Setiutpes finb wir nod) in mehreren Strafen ber neueren
Stabttheile gewärtig, weld;e, wie wir hören, macabamifirt werben folleit nad> 9lrt
ber *J)arifer Soitleoarbs.
SRun, wirb burd) biefe heiben Serfucpe ba§ heutige ©etöfe unferer Strafen
»ermieben, bie Silbuttg oott Stauh unb Sdmuig oerminbert werben? ÜRit nieten.
Sei bem ©ranitfteine wirb fo lange ba8 ©etöfe fortbauern, al8 nid)t Äautidjuf
ober ein anberer nicht tönenber Stoff an bie Stelle be§ ©ifenS für bie {Rabreife
gewählt werben wirb, unb hei bem SRacabant wirb jelbft»erftänbli<h bie Silbung
oott Stauh unb Ä'oth auf eilt SSRarimum gefteigert. Sen Seteg bafür hieten un8
bie Schotterftrahen »ott §>ari8 trog ber auhercrbentlich forgfältigeit ©Haltung unb
{Reinigung »on Seiten eines $al>lreid;en SSärtercorpS.
Ser itt warmen Jagen fich hilbenbe Stauh wirb nur burd; tägliches Slhfeh*
fehrett unb öfteres Sefprigen mit großen Saffermaffen Bewältigt unb ber bei
feuchter äßitteruitg gleid; einem Srei bie gange Slädje hebecfenbe Äoth fann Bei
bem großen Variier Serfehre nicht entfernt werben trog aller Slnftrengungen ber
jahlreicpen SantomtierS unb trog ber »erbefferten ©inrichtung ber mobenten ©anale,
beren Breite ©offenöffnuitgen unb »ertiefte {ReierooirS gttr unmittelharen ütufnahme
be8 StrafjenfotheS bienen.
2Sa3 h'^en wir unter foldten Serhärtttiffett für SBien gu erwarten? gür
&>ien, beffett S3affer»erfergung nod) lange eine ungenügenbe Bleiben wirb, beffen
©aitaligftem bie unmittelbare Aufnahme be3 Strahenfotl;e8 nicht geftattet. Siefer
muh in ber »on beit Sorfahren üherfommetien primitiuen Steife auf SBägen ge*
laben unb entfernt werben.
SSaS Bleibt un3 baher unter fo bewanbten Umftänben ju tt>un übrig? ©in
Surrogat $u wählen für ben Steinwürfel, welcher ©etöfe, unb für ben Schotter,
welcher Staub erzeugt. polj ober ÜlSphalt finb bie SRaterialien, weldje bie ge»
wünfehten ©igenidjaften bieten. Sa8 erfte t^t burch baS fötihglücfen ber »ielfadhen
in ©nglattb, Seutfdjlanb unb Ülinerica gemachten Serfud;e feilten ©rebit eingebühl
68 bleibt un8 baher nur noch ^töp^alt übrig, beit wir auS eigener 6rfahrung be*
reit§ fennen.
26 *
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404
©ie gasreichen aöp^altirten Sege auf bem früheren ©laciS fabelt fich bei
bem Umftanbe, als fie nic^t nur non ^uftgäugern, fonbern auch »on Hanbwägen
unb Schiebfarren benüftt worben fiub, treffiid» bewährt Uub bod) wirft mau bie=
fern SRateriale SRangel an Haftbarfeit unb (Elafticität cor unb giebt als SBeleg bie
Sprünge unb (Riffe an, welche bie 3tS^^altbede nad) jahrelanger Venüjjung h> e
unb ba gegeigt hat.
©ie Scfjulb an biefen Uebelftanben wirb jebod> mit Unrecht auf Äoften beS
SRaterialS gefchrieben, fie gebührt einzig unb allein ber Unterlage, welche auS
nebeneinanber gelegten Vacffteinen beftanb. ©er mangelhafte Verbattb berfelben mit
bem 3l8phalt, bie oerfchtebenartige sparte unb baher bie ungleiche Slbnüftung ber
Siegel, ihr ungleichmäßiges Sehen, bie baburd) auS ber (Ebene hervortretenben
(Eden unb Äanten berfelben boten lauter feinbliche Elemente für bie gleichartige
Snanfprudmahme ber StS^^attbecfe unb oerurfachten beren Sprünge unb (Riffe.
Seld)e Unterlage wählt man beim an aitberen Drten unb namentlich in
9>ari8, wo auf (SlSphalt gegangen, wo mit fchwerbelabeiten Steinwagen gefahren
wirb? (Sine Schichte auS Veton oßer feft geftampftem Scblögelfd;otter bient als
Unterlage, welche burd; ihre Vertiefungen unb (Erhöhungen ebenfooiele Halt* unb
Vinbepunfte bietet, als fie burd) bie Homogenität ihrer SRaffe jebeS ungleichartige
Se^en oerhinbert Ho* man noch bie Vorficht gebraucht, bei trodenem Setter unb
in mittelwarmer SaftreSgeit bie SlSphaltirung oorgunehmen, um ben burch ben
tafchen ©emperaturwechfel erzeugten Duerriffen »otgubeugen, fo ift jebe ©arantie
geboten für bie ©auer unb bie Ipaltbarfeit ber (ÄSphaltbetfe. So lehren wenigftenS
bie in 9>ari3 feit 1849 gemachten (Erfahrungen.
§ür ©rottoirS wirb SlSphalt faft auSfchlteftlicft angewenbet, feiner (Elegang,
feiner (Reinlichfeit feiner ViHigfeit wegen. Von ben Strafen finb fcbon fehr tnele
aSphaltirt unb felbft grofte (Pläfte erfreuen fich ber mobernen Vitumenbecfe, fo
la $)lace bu Calais SRotjal, fo la ^)lace St. ©ermain l’äluperrotS.
Von ben Straften nennen wir bloft la (Rue be ©renelle St. ©etmain, la
(Rue le pelletier (in ber fRäfte ber groften Cper), la (Rue be la Vanque (in ber
(Räfte bet Vanf), la (Rue (Richelieu (in ber (Räfte ber (Somebie franjaife), um ben
VeweiS gu geben, baft gerabe bie befaftrenften Straften gu ben gemachten Verfucften
gewählt worben finb. ©roh ber bebeutenben Srequeng biefer Straften, beren Ver=
feftr mit bem uitferer belebteften Hauptftraften concurriren faitn, h a ben bie SlSphaU
tirungSoerfuche hoch bie befriebigenbften (Refultate ergeben. (Ra<h 7* bis «jähriger
Venüftung beftnben fich biefe Straften noch ' n 3uftaube, ohne bebeutenbe
säuSbefferungen beanfprudjt gu hohen, unb ^eicfjnet fich beren Fahrbahn burch @e=
fchmeibigfeit, (Elafticität unb SOiangel an jebem ©etöie auS. Vei etwas hoh er
©emperatur ergeugen bie Stabreife, gleichviel ob ber Sagen in Vewegung ober in
(Rufte fich befinbet, leichte ©eleife, welche jebod) burch baS ©arüberfahren anberer
Sagen rafth wieber oerwifcbt werben, unb im $1(1gemeinen lehren bie gemachten
(Erfahrungen, baft bie ijlbnüftung ber aSphaltirten Straften in giemlicft fleinen ©reu*
gen fich bewegt.
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405
5Run eine furge ©figge oon ber 9trt unb SBeife tote in $)ari8 bei bem Segen
ber SlSpbaltbede Borgegangen toirb. Grbett toirb ein Trottoir aSpfjattirt. ©n eigens
confiruirter transportabler Ofen fteht auf ber ©tra§e unb ftßfit fc^warge ©ämpfe
auS feinem Äeffel auS, in welchen guerft ÜJtineraltfyeer gum ©dbmelgen eingebrannt
toirb. 3ft biefeS geitfjefien, fo toirb 9lephalt in fleinen ©tücfen gugefefjt unb nach»
bem biefe ©ubftangen ficb rollfommen miteinanber oerbunben, £>argßl unb ©anb
in bem Borgefcbriebcncn 93erf)5(tniffe beigegeben. (Sin Arbeiter feilte unS baS @c=
beimnif; ber SKengung mit, welche auf 7 1 f})fb. fDtineraltpeer 90 $)fb gepul*
Berten bituminöfen Äalfftein (SISpbatt), 2 >« $>fb. «karget unb 90 ^)fb. grobfßmi»
gen ©anb Borfcbreibt. ©aS #argöl toirb bauptiäd)licf) für ^af)rftra§en angewenbet,
um bie ©efdbmeibigfeit ber ©ede gu erhöben.
©aS ©cntenge beS tüchtig ange^eigten ÄeffelS wirb nun Bon einet ©djaufel
fräftig burtbeinanbergeriifjrt, welche mittelft Äutbel unb Ueberfefcung Bon gtoei 9fr*
, beitern bewegt toirb. ©iefe Operation bauert fo lange fort, bis an bet Oberfläche
ber -9Jtaffe ©ampfbläScben ficf? geigen, welche unter ißilbung eines fleinen bläulichen
9tau<bc8 gerplafjen. fftun werben auS ber breiartigen SWaffe (JMättcben gebilbet, biefe
unter Sßaffet abgefüljlt unb IBerfudjen über beten Sragfäfngfeit untergogen. 3Birb
biefe für binreidjenb befuttben, fo wirb gut ÜlSpfwltirung gefcbritten.
SSäftrenb beS ©cf)me(genS unb SötengenS beS 5l8pba(teS werben unterbeffen in
unmittelbarer 9tä^c fantig geflopfte ©d^otterfteine unb fjpbt.iulif^et SKörtel im
nötigen 33crbältniffe gemengt unb auf bie gu aSphaltirenbe ©teile in einer ©ide
oon 3 3 bH aufgetragen, um bie als Unterlage bienenbe ®e'tonfd)ufyte gu bilben.
Seoor biefe noch troden ift, toirb bie breiige äSpljaltmaffe mit großen Söffeln auS
bem Ofen gefefjopft, in Raufen auSgegoffen unb mittelft f)ßlgemen ©pateln in ^Mat=
ten Bon 2 bis 3 gufj Sreite abgeftridjen. ©ferne, auf ben Se'ton gelegte glact)«
fdbienen bienen ben ©pateln gut gülfrung unb fiebern ber ÜlSpfjaltbede eine gleiche
©ide, Welche */* Soll für SrottoirS unb 1 1 * bis 2 Soll für Fahrbahnen beträgt
©ie noch warme @df)idf)te toirb mit groben ©anbfernem beftreut unb mit breiten
fjölgernen ©djlägeln geflopft, fomo^l um bie ©ede bureb ben einbringenben ©anb
raubet gu machen, als auch um eine innige 33erbinbung gwifdben 9l8phalt unb
Unterlage b er oorgubringen.
©iefeS eben befdfcriebene Verfahren, nach welchem bie oben erwähnten ©troffen
aSpbaltirt worben finb, macht feit wenig 3ab ren einem neueren ©pfteme ^)(ah,
welches nerfu<böroeife an mehreren Orten gut (Knwenbung gefommen ift; nament*
lieh auf bem früher genannten geräumigen 9>laj?e ©t. ©ermain l'ÜlurerroiS. ©iefeS
©pftem befteht in Folgenbem:
9luf eine gleiche Unterlage Bon 23e'ton ober ftarf gepreßtem ©dhlögelfdhotter
toirb bet 9(Sphalt nicht in bidflüffigem, fonbem in trodenem 3uftanbe als ^uloer
in bünnen ©reichten aufgetragen, Bon benen jebe mit erwärmten eifemen ©tßffeln
geftampft wirb; eine Operation, bureb welche baS tSSphaltpuloer gefdbmolgen unb
in eine ftarf comprimirte unb baber wiberftanbSfähigere ©ede Berwanbelt toirb.
©ie umftänblidhe ^»anbarbeit wirb feit furgem bureb eine flehte, auf Bier JJtäbem
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406
bewegliche SDiofd^tnc erfe|t. Sie beftel)t auS 2 fReihen Bon je 5 Berticalen, mit
eifetnen Stöffeln üerfebenen Stempeln, welche äfinlid; inte bei einem ^odjtnerfe
gehoben »erben unb burd) if>r gallgewidht tnirfen. Siefe Stempel »erben Bon gwei
Arbeitern mittelft Äurbeln in Bewegung gefegt unb mit itmen ber gange Sagen,
welker fid) in geraber fRid)tung gleidjmäfjig fortbewegt unb bafjer, an bem 6itbe
bet gafirt angelangt, einen Streifen 3(8pf)altpufüet comprtmtrt fiat, welker bet
SBreite einer ©tcmpelreihe entfprid)t. Ser Sagen wirb nun umgefebrt, um bad
Spiel ber Stempel gu wiehernden unb fo lange fortgufefcen, bis bie gange gu
aSphaltirenbe gläcbe geftampft worben ift.
3118 6uriofum fei noch erwähnt, bafi bie erften 33criud)c ber 5(0pl»altpflafte=
rung in ^ariä (1836 unb 1837) mit funftlidjen Sürfelfteinen gemalt worben
finb. Sie würben au8 Sdilögelfdjotter unb hei&em 3l8phalt mittelft Sonnen ge»
bilbet, auf bie gewöhnliche Seife nebeneinanber geftellt unb ihre gugen mit feilem
SISphalt anSgegoffen. llnfenntnif) be8 nod) neuen Söinbemittelö f^eint bie Urfa^e
gewefen gu fein, ba£ biefer Skrfndb mi^glücft ift. 3n furger Beit febon waren bie
nach biefem Spftem gebauten Strafen nicht mehr befahrbar unb mußten neu t>cr*
geftellt werben.
Sluf Sien gurücffommenb, ift }<^lie§lid> ber 33eriucbe gu gebenfen, welche in
fester 3eit mit einer neuen 3lrt 3l8phalt, ber fogenannten lava metallica an rneh»
teren Orten gemalt worben finb. Sie fto^e Srücfe imb ber giaferftanb Bor ber
proteftantifcfien Schule auf ber Sieben, ferner mehrere Apofräume in ben neu ge»
bauten Raufern auf bem ©laciS finb nadf biefem Spfteme gepflaftert worben-
©einem bunflen 3lu8fef>en unb ber großen Aparte nad) gu fdhliefjen, fdjeint ber 318»
p^alt aufier mit Sanbfömem nod; mit gepuloerter Gifenfd)lade gemengt gu fein.
9iad) gewöhnlicher SM auf eine Jlieefdjidjte in bidfflüifigcm Buftanbe auSgegoffen,
wirb er gleichmäßig abgeftrid)en unb erhält fcf(ie§lid) eingegogene gugen, um bad
gewöhnliche fPflafter nadjguafmen.
Sie elegant, wie rein unb wie fdhön ift bas 3lu8fefien be8 3(epf)alt. Sie an»
genehm barauf gu gehen unb itod> angenehmer batauf gu fahren. Äeiit Stof) macht
ben Sagen ergittem, fein ©etöfe beleibigt unfer Dfr, ungeftört führen wir in unb
außer bem Sagen unfere (Sonoerfation fort, wie in bem ruhigen Sohngimmer,
ba8 wir eben neriaffen, fein Staub beläftigt unfere Sungen u. f. w. 6tn wahres
(Slborabo, welches unS entgegenladht gegenüber bem mannigfachen Unangenehmen
unfereS heutigen SteinpflafterS. Sann werben wir rntS in bem ©enuffe biefeS 61»
botabo’8 beftnbett unb auch nach biefer fRi^tung fm bem mobernen gortfdhritte
hulbigen, bem heute bie 6inrid^tungen großer Stabte untergogen werben?
g. SömcheS.
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407
9?otionalgaleric in Soubon.
T. 2Bir fxil'cn fürjlid) bie Subgetß jweier großer ^(nftalten in Sonbon, »eldje
bem l^ccretifchcn unb anfdjaulicbeit Äunftunterrid;te getoibmet ftnb, beß Sritiff) 1
unb beß ©eutfvÄenfington Siufeumß, betrachtet, reu weiten ba8 erftcre eine jäf)r*
tic^e ©otation Bon beiläufig 100.000 ^fb. ©t., baß festere non 33.000 biß
35.000 '])fb. ©t. bezieht.
©ie britte im Sunbe ber ^emonagenbften Äunftfammluttgeit ©ttglanbß ift bie
Siationalgalerie auf Srafalgar ©quare, beren Subget in ben lebten Sauren burd)»
fcTnittlid) bei ober über 12.000 $)fb. ©t. erreichte. 33on biefer ©umme ift burd)»
febnittlid) bie ^»alfte, nämlid) ber fire Setrag non 6000 s ))fb. ©t. jährlich für ben
Anlauf non ©emälbeit beftimntt. ©ine ©umme non 2000 s ))fb. ©t. ift für 0teife*
foften, 31gentien unb bergleidjen Sorbebingmtgen beß Silberanfaufcß prälminirt.
©er ©irectcr bezieht einen ©ef)alt non jährlich. 1000, ber ©ecretär non 750 ^Mb
©t.; ber Dieft ber ©etation entfällt auf ©uftoben, untergeorbnete Schienftete unb
9>olijei.
3n bem mit 31. ©ecember 1861 abgeicbloffenen Satire war bie National«
gaterie »egen ©auberftellungeit für baß ©tubium nur an 56 Sagen, baß ©outfu
Äenfington SRufeum aber, toeldieß eine Anjatil ber Silber ber SRation.tlgalerie
on loan auSftettt, breimal toöcbenttid» geöffnet, ©ie 3af( ber „students“ »ar in
Srafalgar ©quare 1812, in ©outf.Äeufington 8593. ©ie 3af)l ber @d|ület für
Delmalerei inßbefonbete .betrug nach ben Aufjeidinnngen 483; ber burcbfd)nitt(ic^e
tägliche Sejud) feitenß berfelben in Srafalgar ©quare 18, in ©outtnÄenfington
32 ©cbüler. güt bie Aquarellmalerei mären im ©an^en 105 ©djüler eingetragen
toonon burdjfdjnittlicT auf ben täglichen Sefucb in Srafalgat ©quare 14 unb
auf baß ©outfj.Äenfington StTJufeum 25 entfallen.
©ie Anjabl ber nerfauften .Kataloge ber SRationalgalerie ju 1 ©h, 4 ©.
unb 1 ©. (frembc ©cbulen) unb 6 ©. (brittifdie ©duile) belief fid; im ©an$en
auf 47c?8 ©tücfe unb ber ©rlöß auß benfelben auf 106 s J>fb. ©t. 1 ©I).
©et Sefut^ ber ^auptgaleric in Srafalgar ©quare unb ber im @out|=äfen=
fington SJiufenm aufgefteUten, auö ber SWaticnalgalerie entfernten ©ammlung fteDte
fi<h im Satire 1861 folgenbermafjen f)eranß:
SDlcnat Srafalgat Square S.-ßenf. TOuf.
Sänner ....
. geidjloffen
43.436
gebtuar ....
* II
43.604
DKärj ....
n
44.087
April ....
n
69.297
SJiai (oom 11. an)
. 101.961
57.214
Smti . . . , .
. 93.732
47.252
Sufi.
. 130.262
56.296
Sürtrag . .
. 325.955 '
361186
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408
ttflonat Trafalgar (Square <S.*$enf. ÜJhtf.
UeBertrag .
. 325.955
361.186
Slugufi ....
. 108.160
46.047
September . . .
90.411
57.516
DctoBer ...
. geföloffen
58.072
■JloDember . . .
. 70.753
35.404
SDecemBet . . .
. 74.278
46.325
Stotalfumme
. 669.557
604 550
3 ufammen .
1,274.107
©<hlief$li<h ift gu bemerfen baf) bie SRationalgalerie ihre ©emdlbe nicht nur
bem ©outh=ßenftngton SJtufeum in Sonbon, fonbent auch für bie @^ofitionen ber
Stotyal ©ublin ©odet^, fo wie für gleiche 3 wedfe nach ©binburgh leihwdfe über«
lä§t r unb gwat auß bem ©runbe, weil fie felbft bie SRäumlic^feiten jur Unterbrin*
gung berfelben nicht mehr befi£t unb eg oorgieht, ftatt bie Silber auf Soben unb
in Sftagagtnen aufgerollt oermobern. 3 U taffen, biefelben in ben ^rooingialhaupt*
ftdbten abwedhSlungßwdfe 3 ur ®<hau 3 U fteUen.
©0 wirb berfelbe Umftanb — SJJangel an Sidumlicbfeiten — ber an einem
Drte ben norfjanbenen @cha£ non Äunftwerfen felbft in ber ©ubftans angreift
anberwdriß Seranlaffung erweiterter Senüfcmtg unb tragt fo reichliche Stufen!
* ©r. griebrich kennet, (Suftoß beß f. t. SERüng* unb Slntifencabinetß, h öt fo*
eben eine alß ttflanufcript gebruefte bioQrapt^ifc^e <Stigge beß ©ircctorß 3ofeph
Sftitter 0 . Slrnetl; (geft. am 31. Dctober 1863) oeroff entlieht. 5öir tonnen biefe
Siographie allen jenen beftcnö empfehlen, bie ftcfy für ben ©irector 3. SRitter 0 . 9tmeth,
fo wie für bie ©efdjidjte ber 9lnftalt wdfyrenb feineß ©irectorateß intereffiren. 3öie atteß,
maß ©r. g. .Senner, einer ber acfytbarften unb ftrebfamften jüngeren ©elebrten Defter*
reichß, oeröffeutlicht, ift and) biefe biograpbifcfye «©figge, auß ber wir feinergcit einen 9luß*
gug mittheilen werben, fleißig unb gewiffenl;aft gearbeitet unb gang gut gefdwieben.
S. „Magyarorszäg helyn^vtära, Drtlqrifon beß Äonigreicheß Ungarn. £erauß*
gegeben oon B. R ", oerlegt bei 6mid), $)efth, 1863. ©cit Sipßfy’ß trefflichem, aber
fdjon 1808 t;eraußgegebenem Stepertorium ift ungeachtet mehrerer Serfucpe fein erfchopfen*
beß £)rtßoergeichni§ oon Ungarn erschienen, unb bie oorliegcnbe Arbeit um fo wittfomme*
ner, alß fte mit großem gleiße burchgeführt tft unb habet gur bochft erwünfchten Duette
für baß Sanb wirb, in welchem bie in lefcter 3eit gefchel;enen burchgreifenben Slenberun*
gen bie Drientirung fehl* erfdimeren. ©el;r gwecfmäßig tl;eitt ftch baß Such in gwei
Steile, beren erfter bie Sintheilung beß Sanbeß biß gu ben eingelnen Segirfen mit ihren
gugewiefenen Drtfcpaften, bie gericptlidje, fird;lidhe, militdrifche unb finangieUe ©ntheilung
beß 8anbeß, ber gweite aber baß alphabetifche Drtßlejrifon mit Angabe beß Drtßcharafterß,
beß Gomitateß unb Segirfeß, ber ©eelengal;! unb hetrfcpenben ©prad?e, ber ©iocefe, beß
©teueramteß, Grgdngungßbegirfeß unb ber testen $Poftftation enthalt, hiebei ift jeber £>rt
fo oft aufgenommen, alß er in ben oerfchiebenen Sbiomen tarnen t)at f ebenfo folgt im
erften Zweite ftetd eine beutle Ueberfefcung bem ungarifchen Sejrte, fo ba& baß Such
auch ff* ungarifchen ©pra<he nid^t Äunbige leidet benüfcbar wirb. Grwünfcht wäre
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409
eine 6 rläuterung gemefen, melcben Quellen bie 3 iffem ber ©inmohner entnommen mürben,
ba biefe von ber lebten 3 äplung burepmeg unb erheblich abmeiepen.
* 3 n ber leßtabgepaltenen ©ipung beß 2 (u^fd;uffe 0 ber ©efellfcpaft für Se¬
ichte unb fübflavifcpeß SHtertpum in 9lgram machte ber §)rdfeß ber ©efeflfepaft,
^)r. Snan Kufulj evi£*©afcinßfi, gmei Sorfcpläge, melcpe von bem 9lußfd;uffe emftim-
mig angenommen mürben.
3n ber Segrünbung mieß ber Ülntragfteller mißbilligenb barauf bin, baß bi« jeßt
in ©roatien bie arcbäclogifcpe gorfebung fiep außfchließlicp auf bie grieebifebe unb romifche
3eit befepränft unb baß für bie Kunbe ber nationalen ©efepiepte fo miebtige ©tittelalter
vemacpläffigt pabe, unb fufyr bann fort:
,,©ß vodre 3 medfmäßig, ben Anfang mit bem gorfepen nach ben ©rdbern unferer
croatifcpen Könige gu machen. 9luß ber ©efepiepte ©alona’ß (Historia Salonitana Cap.
XVI. beß 2craaß 9(reli, Diaconuß von ©palato), unfereß gelehrten ©efepid^ßfepreiberß
beß 13. SupTbunbertß, ift befannt, baß ber größere 3t)eil unferer Könige unb Königin¬
nen farnrnt bem großen König Kreftmir in bem Sorbete (Atrium) ber Kirche beß I;.
Stephan begraben mürbe, melcbe Kirche bie croatifcpe Königin Helena auf ben SRuinen
ber Stabt ©alona bauen ließ.
Die ermähnte Kirche ift nun fd;on laitgft jerftört unb man mußte bis jeßt nicht
einmal ben mähren f)(afo, mo fie geftanben. Sn neuerer Seit jeboch fanb man bei ber
9luffucpung römifcher 9lltertbümcr unter anteren verjdnebenen ©egenftdnben auch ^
gunbament einer alten fatpolifcben Kirche mit 9)tofoifen, 2luffd>viften unb Silbern, unb
maß baß michtigfte ift, auch Säulen im bügantinifc^en ©til: fomit flare Semeife, baß
hier ein fircpli^peß ©ebäube beß SJMttelaltcrß geftanben. 6 ß ift fomit alle 3Baprfd;einlicp*
feit vorbanben, baß pier hie Kirche beß k Stepban geftanben buhen mag. Sißper pat
niemanb bei bem gunbamente biefer Kircbe ober unter bcmfelben meiter gegraben unb baß
eben megen Mangel ber piegu nötbigen fficittel. S5?ir haben fomit ade Hoffnung, baß,
mettn hier bie Kircpe beß p. Stephan mirflicb geftanben, auch bie ©rdber unferer Könige
im Sorpofe erhalten ftnb."
6 r fchlug bentgufof^e vor, bie Statthaltern um Semillt'gung einer entfprechenben
©umme ©elbeß auß irgenb ^iner genbß- ober ^anbeßcaffe, baß Dalmatiner ©ouverne-
ment um bie ©rlaubniß gur s 3cacbfcrjcbung, bie ftättifd)e Scherbe von ©palato, bie Dal¬
matiner SJiatica unb ben tfefeverein in ©palato um anbermeitige Unterftußung beß Unter*
nehmenß 3 U bitten.
Der gmeite Sorfcplag betrifft ebenfaüß mieptige Slltertpünicr unb $)retiofen auß ben
3 eiten ber unabhängigen croatifchen £errfcper, namentlich gmei febr fchbn gearbeitete unb
reich vexierte föniglicpe Kronen, 3 tvei filbeme Kreide unb einen ftlbernen ©arg, melcbeÄoftbarfei¬
ten nach bem 3eugniffe beß ©efcpicptßfcbreiberß beß 16. Subrbunbertß, Domini! 3uvoreic (3avo-
reo), ber croatifcbe König 3*?vnimir ber ^Pcterßfircbe in 9Rcm gefebenft bat unb bie noch int
16. Suprpunbert fiep bafelbft befanben. Der Sorfcplag gel;t bahin, megen biefer ©egen*
ftänbe an baß ©prenmitglieb ber ©efellfchaft, £errn 9luguftin 2 b ein er, ©uftoß beß vati-
canifchen 9(rcbivß, unb an bie Domherren ber ©t. 4)ieronpmuß*K crcpe, ©teppan SÜclina-
ric unb S^hunn ©emöif nach 9tom 3 U fepreiben unb fte 3 U erfuchen, baß fie fiep be¬
mühen mögen, auf bie ©pur biefer für bie croatifcbe Nation fo mieptigen 9 tltertpümer
unb Koftbarfeiten 3 U fommen.
* güt ^ermann SWarggraffß $ in ter laffene h a * f lc P 1« Seipgig ein ©omite
gebilbet (Dr. 6 b. Srocfpauß, £>ofratp ©larbaep, f)rcf. 35>uttfe u. 91.) unb erläßt naep-
pepenben Stufruf:
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410
31m 11. gebruar b. 3. ift Hermann SJiarggraff in ber VodTraft feitteö ©irfen«,
crft 54 3al;re alt, in ^eip^ig gefterben. 3n i^m I)aben bie beutfcbe ?itreratur unb ber
gange beutfcbe ©chriftftederftanb einen ihrer getreueften unb eifrigften .£>üter unb Vertre¬
ter »erlorcn. Hermann 9Jlarggraff, ber ficf) burcb feine Iprifchen ©ebicbte unb Sadaben,
burd) humcriftiicfa Romane unb Sranten, »crgugßweife aber al« i'itterarl;iftovifer unb
Äritifer einen ehrenoollen, in weiten greifen geachteten tarnen erworben, batte e« ftch,
namentlich al« langjähriger £erau«geber ber „Blätter für litterarifd'e Unterhaltung", gur
?eben«aufgabe gemacht, bie beutfd;e £itteratur gu I)cben unb ihr bie 3(nerfennung gu er¬
ringen, auf welche fte ben geredeten 3(nfprucb hat. 2)afi Men, wcld>e« für ihn ein un*
auögefeßte« Gingen unb 9)iüben, Arbeiten unb © ergen war, ift ihm ben ?obn für fein
©treben fdutlbig geblieben: um fo mehr ift e« für afle, welche ffltarggraff« Vamen fen-
nen, gur El;renaufgabe geworben, an feine £intetlafjenen ben 3*d be« Sanfe« ab*
gutragen.
Hermann 9)Jarggraff bat außer feiner ©ittwe gehn noch fämmtlicb un»erforgte Äin*
ber, »on benen ba« jüngfte erft anberthalb 3ahr alt ift, fyülfloö gurü cf gelaffen. %mx
wirb bie © billerftiftung, beven geiftiger Schöpfer unb eifrigfter gorberer er war, ftch
feiner £interlaffenen gewiß in cntfpred;enber ©eife annehmen, aber felbft wenn ihre ©abe,
wogu gegrünbete ?(u*jid;t »orhanben, reid;lub auofällt, wirb bie 3ufunft ber gamilie ba*
burch allein noch nicht gefiebert, Sie« gu erftreben, ftnb in 2eipgig bie Untergeiebneten
gu einem Gcmite gujammengetreten, unb wie fte bereit« hier mit beftem Erfolg gu bie-
fern 3wecfe gewirft haben, richten fte auch an ade wchlwodeitben unb cbelbenfenben
Scanner im übrigen Seutfddanb bie 5luffcrberung unb bringenbe Sitte, fte burch Bei¬
träge in biefem ©heben unterftüpen gu wollen. 3ebe 3eitung«rebaction wirb folc^e gewifc
gerne gur Seförberung an un« entgegennebmen. (geigen bie Unterfd;riften.)
D. (Vom beutfdjen Süd;ermarf te.) Unter ben 91o»itäten ber »ergangenen
©od;en ftnb e« gwei, bie wir befonber« heroct heben mochten, ba wir auf ihnen bie
kanten gweier bcd^geachteter, unferer ©labt befonber« nabeftcljenber Dieter lefen. „Se*
ntetriu«, eine Sragcbie »on griebrich Hebbel", ift ba« lepte, leiber un»odenbete ©er!
be« »er furgem bittgefchiebenen Siebter«. Uriprünglicb eine Vodenbung be« ©chider’fd>en
„Semetriu«" beabfiebtigenb, ließ £ebbel biefen ©ebanfen halb faden, al« er ba« Srama
wirtlich in Eingriff nahm, um au« bemfelben Stoff ein neue«, adein il;m angehbrenbe«
Äunftwcrf gu bilben. ©ie traurig ift e« nid't, baß e« ihm nicht »ergonnt war, fein
©er! gu »odenbett, unb baß gleich K'inem urfprünglidkTt Vcrbilb auch Km ^Srama ein
Jorfo geblieben ift. Sie mit ber Vereffentlidning be« 9lacblaffc« Hebbel« »on ihm be¬
auftragten £>erau«geber, ^>rof. ©lafer unb Cfniil SXub, »erbienen ben lebhafteften San!
für bie talbi^e ^ublicaticn. Sie Einleitung enthält nach 9)cittheilungen, wie fte ftch in
Jagebucbaufgeicbnungen, Briefen unb inüntlich überlieferten $lu«fprüchen »orgefunben
haben, bie Entftebung«gefcbid'te be« Srama’«. 3n anerfennenßwertber Pietät »eröffent-
lichen bie £erau«gcber baß Srama in »odftänbig getreuer ©icbergabe be« 9)ianufcript«.
Sie Iragcbie, bie ftd; in ein Votfpiel unb fünf 3lcte gliebert, bricht in ber achten
©eene be« fünften 3lcte« ab, ift aber beefe fo weit »edenbet, ba£ wenigften« über bie
fünftige ©eitbung be« gelben !aum ein 3weifel befteben fann. Ein ©cbema für bie
weitere Slußarbeitung bat ftch nicht »orgefunben.
(5« erregte bie lebhaftefte grenbe unb Spannung al« »ov längerer 3^'it bie Jage«-
blattet bie Vctig brachten, baß nach jahrelangem' ©tillfchweigen 9lnaftafiu« ©rün mit
einer netten Sichtung un« erfreuen werbe. 3 fyt liegt bie fehnlich enrartete »or („SKobin
^)oob, ein Sadabenfrang nach altenglifchen Vol!«liebem »on 9lnaftaftu« ©rün") unb
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fü^rt unö in re^enben, ben altenglijcben ©effgliebern frei nacbgebicbteten Sattaben ba«
Seben bcd populärften ©clf$bdben 9llt»Gnglanb$, bc$ fiibnen 3äger$, beö Sauber« unb
S5ßilbfd>ütcn ecr. Sic ein Viertel be« ©ucbe$ umfaffenbe Einleitung enthält eine bifto-
rifebe Unterfud;ung über ba« Seben Otobin £>eob« unb bie Gntftehung ber ihn feiemben
©olf«licber.
Gailple« befannte „©iegrapbie griebricb« be« ©roßen „ erlieft eine gorifefcung
(©anb 7 unb 8 ber 9(u$gabe in SaucbniY Collection of british authors), welche
ben 3 lreiten febtefifeben Arieg, bie griebenSjabre 1746 bi« 1751 unb bie beiben erften
3 al)re be« fiebenjahrigen Aricge« umfaßt unb mie bie früheren ©änbe reich ift an ©vie*
fen unb 9lctenftücfen. Sie beiben ©änbe bilbett ben 700. unb 701. ©anb ber in aller
2Belt befannten Jaucbni^ „Collection of british authors“, eineö ber greßartigften
Unternehmen be« beutfd;en ©ud/banbel«, ba« nid;t unmefentlicb bie immer größere ©er*
breitung englifd^er Sitteratur in Seutfddanb geferbert hat.
©on größerem 2 £erth al« bie ungemein gaf>freicfv erfd^einenben fleinen Srefchüren
über bie fchleSmig-holftein’fd^e grage ift eine gebrdngte überftctotlicbe gejchicbtliche Sarftel*
lung ber bdnifcfc*beutfd;en ©evmictlung, bie mir een $Prof. @. 9Rajer in fteilbronn er¬
halten. ©cn ben übrigen 8 d;riften über benfelben ©egenftanb erregten bie nad)ftebenben
größere« 9luffebcn unb feien barum bi er eimäbnt: „JScncf, ber Aampf um Sd;le«mtg*
£elftein", „9lb. Sctmibt, <2d;lcewig*£»elftein« ©ef^ichte unb 9\cd;t“ unb w ^)rcf. $>änel,
bie ©arantien ber ©rc§mäd;te für Stbleömig".
P (©omfra^öfijchen ©ücbermarft.) 3- 3 anin, bet befannte geuitletonift,
fcfceint fuh am 9(benb feinet Seben« mit befenberem (Sifer bem ©tubium be« remifeben
Slltertbumö bingugeben. ©er menigen Sabren erfd;ien een ihm eine Ueberfc(jung be«
•t)cra 3 unb jeßt publicirt er: „La poösie et l’dloquence ä Rome au temps des
Casars“. 3n leid;tem geuiUetenftil ift l;iet reit -poraj, reu Srib, $piiniu«, Quintilian,
9)etroniu« unb Partial bie SKebe. Sie beebfte Sitteraturb lütte ber remifeben ©Jett ift
mit ©erhebe unb mit jenen pifanten ©emerfungen e^ählt, ebne melcpe ein berartige«
©ud> fein größere« Sefepublicum erlangen fonnte.
Eine neue „Histoire contemporaine“ l;at begonnen, beren ©erfaffer, 91. ®a*
bcurb — inen mir nicht — fdmn früher ftcb burd? Schriften über bie fran 3 Öfifd?e 9le*
rolutien befannt gemacht bat. Gr rertrat babei bem legitim ift inten ©tanbpunft, fcheint
aber in neuerer 3«t ben Umftänben ^Rechnung getragen unb fiep über alle Parteien ge»
ftellt 311 haben, um fein Urtbeil sine ira et Studio 3 U fallen. ©Senigftenö giebt er in
ber Einleitung bie Slbficbt funb, ftcb burch feine mie immer geartete SRücffxc^t beirren 3 U
laffen. Sa« Such fcfl ben 3eitraum umfaffen „depuis la revclution de 1830 jus-
qu’ä nos jours“ unb babei auch bie feciale ©emegung, fe mie jene in Aunft unb Sit*
teratur bciücfftchtigen. Ser erfte Sanb gebt bi« 1832. 911$ xHugenjeuge ber er^ä^lten
Greigniffc fcheint e« ber ©erfaffer nicht für netbig erachtet 3 U haben, Quellen ansufüf)*
ren, menn e« auch auf ber £anb liegt, baß ©u^ot« SRemoiren jebettfall« üiel Material
liefern mußten.
Ein neue« ©uch ben glouren« mirb een ben greunben ber 9baturmiffenfchaften
immer mit Sntereffe in bie £anb genommen. Sieämal haubelt e« ftcb um eine ©egen»
fchrift gegen bie Sheorie Sarmin« »on ber Sntftehung beT 9lrten. Sarmin« ©ehaüptim*
gen fanben befcmntlich eiele ©emunberer, bie menigften aderbing« unter ben eigent¬
lichen 3üülogen oon gach- Slouren« rüctficbttr« gegen Sarmin 3 U gelb unb ftü^t
ftch babei meglichft auf bie Specialmerfe befannter Zoologen. 9luch bie gdn^ration
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spontanee, bie namentlich in granfreich in jüngftcr 3 cit mehrere SSert^eibiger in bitf*
leibigcn Suchern gefunben, wirb als eine ^antaöma^crie 3 urücfgewicfen. 35er Stiel beS
glourens’fchen SucheS ^ei§t: „Examen du livre de M. Darwin sur l’origine des
especes.
3>on SpnballS berühmtem 3®er! über bie SSärme als bewegenbe Äraft erfc^ien eine
fran^cflfcbe Ueberfeßung: „La chaleur consid&ee comme un mode de mouve-
ment. Traduitpar Vabbe Moigno“.
3tt ber Sitteratur leichteren <Sd?lageö l;at ein 33anb ffanbatoofler ©nthüflungen unter
bem Sitel: „M^moires d’une femrne de chambre“ oor ben 3(ugen beS $)arifer
$PubIicuntS ©nabe gefunben. ©ine Äammerfrau, welche bie ©eheimniffe ihrer ©ebieterin
auSplaubert unb babei befannte unb gefürchtete ^erfonlichfeiten ber Äritif einigermaßen
hloßftellt, ift fein neuer ©ebanfe, aber ein ©ebanfe, ber oon ber Speculation non 3eit
3 U 3eit immer wieber mit ©rfclg in Scene gefeßt werben fann. Seifpiel: baS erwähnte
Such, baö in einer SBoche ficb bis ju biei Auflagen emporfchwang, in feinem 3leußern
Jeboch auch afleS vereinigt, um bem Stofffuchenbcn Sei^ gur Seetüre 3 U oerurfad;en.
Ser mel;r als 80jährige 61). ty. be Äocf publicirte iüngft in !ur 3 en 3wtfchen*
raumen wieber brei feiner nun fchon febr 3 ahlreichen SRomane: „Les enfants du bou-
levard“ mit ber gortfeßung „Les petits-fils de Cartouche“ unb „Les demoi-
sclles de magasin“. ©S wirb wohl nid;t halb wieber fcorfommen, baß ein fo hc<h*
betagter Wann fcrtwdhrcnb bie leicptfüßigfte 31rt oon Romanen cultimrt unb baß ber*
jelbe, treß einer fühlbaren Abnahme ber ©rfmbungSfraft, beefe immer noch Sefer genug
finbet.
©t$ungsberid)tc.
Xns?u0 aus tont tOrotalioU?
ber 2. Sißung ber f. f. ©entralcommiffion 3 ur ©rforjehung unb ©rhaltung ber Sau*
benfmale, welche am 4. gebruar 1864 unter bem Sorfiße Sr. ©jrceflen 3 beS £errn
^rdftbenten Sr. 3cfcph ^llejanber greiberm o. eifert abgehalten würbe.
Ser bisherige ©orrefponbent in Seutfcfyau, £err ®. Wer! laS, ift als ©pmna*
ftallel^rer nach $prag überfeßt werben unb erftattet htefcmt bie 3 ln 3 eige mit bem Grfuchen,
ihn auch in feinem neuen 3lmtScrte in feiner ©igenfehaft als ©orrefponbent 3 U betätigen.
Sie Gentralcommifften, weld'e £crm Wer!las ju ihren t^dtigften unb eifrigften
©orrefponbenten gct^lt, erflärt banfbar auf biefeS Grfuchen ein 3 ugel;en.
Sie Wittheilung beS h^chw. £erm ^robfteS beS Stiftes Älcfterneuburg, baß ber
erft für^ltc^ 3 um ©errefponbenten ernannte ©apitular, &an 5 leibirector unb 3lrd)inar beS
genannten Stiftes, Jperr glorian Sh all er, gefterben fei, bann bie gleichzeitig oorliegenbe
Steige non bem Sobe beS ©onferrators SürgermeifterS ©rüner in ©ger, werben unter
föinweifung auf bie Serbienfte, welche fich bie beiten Serftorbenen um bie Sutereffen
ber ©entralcommiffion erworben hatten, mit Sebauern 3 ur Äenntniß genommen.
Sie Wittheilung beS f. f. StaatSminifteriumS, baß bie Äcften für bie oon ber
©entralcommiffion angeregte SReftaurinmg beS Atriums an ber .ftathebralfirche in ^)aven 30
als außerorbentlicheS Sauerfoiberniß in ben Soranfcblag beS 3ftrianer SieligionSfonbeS
für baS 3ahr 1865 emhegogen würben, wirb mit großer Sefviebigung entgegen*
genommen.
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©er ©onferbator in ©ra 3 , !. f. ^Joftbirector ©feiger, berietet, ba§ bcr 33au*
3 uftanb ber fronen Heuberger Äird^e aßerbingd ein {«habhafter, mcbrfad;er Jperfteßungen
bebürftiger fei, unb beftätigt, baß bie ©ruft Otto bed groben früher allgemein 3 U*
gänglicb unb bie barin rufyenben ©ebeine profaner Serü^rung unb felbft ber ©ntfrem*
bung audgefeßt gewefen, meinem Unfuge jefet aber tureb bie Schließung ber ©ruft ab*
geholfen fei.
6 « mirb befcbloffen, ftcb wegen Sicberfteßung ber an ber Äirc^e 3 U Veuberg doi>
finbenben 33augebrecben an ©e. SjrceHena ben £errn ©tatt^alter für ©teiermarf ju
wenben.
©ie ßftittbeilung bed $Präftbcnten, baß er bureb ein an ©e. ©jrcefleng ben tyoebw.
£erm Sifcbof Don ©gat^mar, ©r. £aad, geriebteted ©^reiben bie Anregung 3 U einer
umfaffenberen ©arfteßung ber interelfanten ^ol^firc^en in £>ber*Ungarn gegeben habe,
wirb ucn ber ©ommiffion Dcrläufig §ur Äenntniß genommen.
Ueber Antrag bed £>errn ©ectiondratbed Witter d. euf 1 er wirb befcbloffen, an*
läßlicb einer ^1063 ber „Oefterreicbifcben Socbenfcbrift" ( s )ir. 5, 1864), in wcld;er auf
ben Verfaß bcr alten Äaiferburg in ©ger bingewiefen würbe, ben ©enferoatcr für 33öb*
men, ©rafen grait 3 Sbuit, auf ben 3 uftanb biefed b oc b ,ntere ff anten Saubenftnald auf*
merffam 3 U machen unb Don bemfelben Verist ab 3 UDerlangen.
$ienüt würbe bie ©ißung gefcbloffen.
Ä. Ä. 0foU»0tfdjf UftdjsanßaU.
©ifcung cun 15. SDiäq 1864.
$err !. !. 4?ofratb ©irector 3Ö. Jaibing er im Vorfifc.
©er Vorftfcenbe geben!! in ebrfurcbtöüotter Trauer bed erfebütternben 95erlufteö @r.
9Kajeftät bed Äönigd 9Jlaj:imi(ian II Don Vätern, bed Vefd;üfcerd ber äöijfenfhaften
unb görbererd indbefonbere. auch ber geologifcben gorfebmtgen.
9)?it ber Vorlage bed neueften (30.) Vanbed ber Verbanblungeit ber faiferlicb leo*
polbinijcb B farolinifcben beutfeben 2l!abemie ber 9Zaturforfcber Derbinbet föaibinger ben Verist
rübmlicbfter ©inwirfung bed gegenwärtigen ^äftbenten, gef;. fRatf;ed ©r. 6 . ©. ©arud
in Sredben. Unter feiner Vermittlung würbe ein $aud in ©redben eigentbümlicb für bie
$lfabemie angefauft mit befonberen ©rleicbterungen bureb ©e. Slajeftät ben Äönig Don
©aebfen, gur Sluffteßung ber wertbDoßen Vibliotbef, weld;e nun Don Vonn babin über*
führt wirb, ülucb beffen wirb rül;menb gebad;t, baß $>räfibent ©arud bie lefcte 60 tbe*
niud’fcbe SDiebaiße in ber ©rtbeilung nicht mehr an bie Sofung einer neu audgefebriebe*
neu 9 )reidfrage gefnüpft, fonbern biefelbe in männlid;er 3 uerfennung bed äöertbed einer
bereits geleifteten Arbeit an ben £errn $)rof. ©r. ©rnft .paetfel für fein wiebtiged
neued 3Ber( über bie Sftabiolarien (Verlin 1862, mit 35 Äupfertafeln) Derlieben bat.
©ie geologifcbe ©efeßf^aft in 8 onbon Derlief; ib re V>oflafton*©olbmebaiße biefed
3abr (©ifcung Dom 19. gebruar) bem bocbDerbienten gorfeber ©iv SRoberid! Sföur*
ebifon, Don bem auch bie f. f. geologifcbe SReicbdanftalt fo Diele Anregung unb
Slnerfennung erbalten, ©ad ©rgebniß ber 2 $oßaftcn*Stiftung würbe £erm ©edhaped
3 uer!annt.
Jaibing er wünfd;t ald ©egenbilb 3 U ben Dovbergebenben SDiittbeilungen, baß bei
manchen ©reigniffen in ber 91äbe bod; über bie wirtlich umfaffenben Arbeiten, welche
bureb bie SÖiitglieb er ber !. f. geologifcben ßieicbdanfialt audgefübrt würben, nicht fo gang
mit ©tißftbw eigen hinweggegangen würbe, wie unter Slnberem bei einem am 8 . SJlärj
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b. 3. in ber Sifcung beß nieberoftcrreicpifcpen ©emevbeoeretneß oon bcm ^räftbenten £erm
f. !. .pofratb Dlitter 0 . ©urg geftellten ^Intracxe „auf Abführung einer grünb lieben
Unterjud'ung «ber ben ©renmoeitp fämnitlid'er im ofterreichifd'en Äaiferftaate oorfommen*
ben fcffilen ©icnnftoffc", meid'er „mit allgemeinem ©eifalle gum ©efd;luffe ergeben"
mürbe, £aibinger erinnert baran, mie £err .pcfratl; Witter 0 . ©urg felbft DJcitglieb
ber C5enmriffien ber f. Slfatemie ber SSMffenfcpaften gu gleichem 3mecfe im 3apre 1849
gemefen, mie fpäter bie Arbeiten in ber f. f. geclogifcben Oieicbßanftalt felgten, unb mie
namentlich tnreb baß befannte unb m eit bin alß entfprecpenb anerfannte 35>crf beß Perm
3tarl [Ritter 0 . Raiter „Ituterfud; ungen über ben ©vennmertb ber ©raun* unb Stein*
fehlen ben ben nichtigeren gunberten im ©eretepe ber efterreiepifepen 9)Jenard;ie, nel'ft
einigen ftatiftifd'cn [Nötigen unb Angaben über ihre ?agerunge«erbältniffe\ bie grage be*
reitß fe oollftäntig erlebigt ift, baß mau eß heitre oiel begreiflid'er hinten muffen, menn
ber «spar ^'räfibent beß niebercftemid;i)d;en ©emerbeoereinß für perm Äarl [Ritter o.
p au er bie 3 uerfennung ber greifen ihrer Ebremnebatllen beantragt patte, alß jenen
eben genannten Eintrag 311 ftetten unb gur Annahme gu bringen, alß eh in unferem
Ceftetreicp tiefes gelb ber gevfd;ung ned; gänglid' unbearbeitet bagelegen batte.
Par f. f. fProf. Dr. &. i'cterß befpraep bie ©erfteinerungen ber Ärincibenfalfe
oon griblanb bei i'ilienfelb, auß bem 3 mbad;graben an ber Enns unb oon ©roßau,
meftlicp non Sft>aibl;efen an ber 5)bbß, meld;e bei ber oorjäprigen geelcgifchen Aufnahme
oon penn f. f. ©ergraip £ipolb gcfammelt mürben. (§0 ftnb größtenteils ©raepio-
pcben ber „pieilafcfcpicpten", fo mie mehrere Spccicö beß außeralpinen £iaß, bie auß
ben 2 llpen bisher nicht befannt mären. Diad' biefen leßtcren geigen biefe Sd;id'ten bie
innigften ©egiehungat gu bem mittleren £iaß ber außevalpineu [Regionen unb geftatten
ben Schluß baß aud; ber Aalfftein beß pierlaßbergeß feineßmegß außfcpließlicp bem unte¬
ren l'iaß gleid;gefteflt merbett barf.
perr f. f. Schieb tmeifter ©. greibert 0 . Sternbad; erläuterte einen geologifcpen
Durcpfcpnitt non ®rcß*5Raming an ber Ennß in nbrblid;er Dichtung biird? ben s Pecp*
graben. 2 llß tieffteß ©lieb treten in bem «erblichen Steile beß ^ecbgrabenß Sanbftein
unb Schiefer ber fcblenfübrenben, bem i'iaß angehörenben ©reftener Schichten gu Sage;
ftc merben von ben Sanbfteinen beß mittleren Waß mit Ammonites amaltheus unb
Posidoma Broimii überlagert; an einer anberen ©rucblinie, bei ber 3lfd;aa(pe, treten
nod; bie petvefactenreid'en pierlafcfcpicpten auf, mäprenb bie Sura* unb Ärcibegebtlbe,
namentlid; bem Dleocem angebbrig, in bem gangen ©ebiete unregelmäßig, mit «ielfacp
geftbrten tfagerungßoerpältniffen oerbreitet ftnb.
perr g. ©abanef legte mehrere ©angftücfe oer, bie ber f. ?. ©erggefepmonte
perr 3. 2£ala oon ^)rgibram an bie f. f. geclogifcpe [Rcid'ßanftalt eingefenbet hatte.
Sie finb auß einem ©rubenreoier ber fogenannten gmeiten Sd'iefergcne, oon mclcper
früher angenommen mürbe, baß in berfelben bie ©irfenberger ©änge nicht fertfeßen, fen*
bem fie ein eigeneß Softem oon ©äugen beherberge. Durcp bie neueren, oon perrn
SHala bei ber IMbalbert-DJiaria’örube oorgenommenen &ußrid;tungßarbeiten ift jebcd) baß
gertfeßen ber ©irfenbergeT ©änge pinter bie tfettenfluft, melcbe bie erfte ©raumarfengone
oon ber gmeiten Scpiefergone trennt, fomcpl auf mehreren «£>origonten mie in mehreren
©ruben außer 3'weifel gefegt morben. Die ©änge behalten auep in ber Scpiefergene ben*
felben (fparafter, aud) bleibt ber Silberbalt conftant. Durcp biefe neuen 5tuffd;lüffe ift
baß ^rgibramer ©rubenfelb bebeutenb ermeitert.
Ülucp geigte «perr g. ©abanef ein Stiicf beß SRineraleß ©reenoefit, einer ©er*
binbung oon Öabmium unb Sdnoefel ocr, ber im «ergangenen 3apte auf bem 9)iaria*
gange in ber 5lbalbert*[)3iaria-©rubenabtheilung in $>rgibram gefunben mürbe.
4)err ^rof. [Reuß bringt in Erinnerung, baß er biefe Specieß oon einem bet
^rgibramer ©änge bereitß oor mehreren 3 c*h ren befd;rieben l^he.
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£err I. !. Bergrath grang Stifter v. ftauer tl;eilt ben 3nt)alt einer für baS
3af;rl'ucf) beftimmten Mpanblung mit, welche £wrr Sr. Gerne! Ghpfer, Stabtpbpfifud
in Bartfelb, eingefenbet batte: „Heber bie 9)iincralqueüen beä Sarcfer GomitateS“. Alö
Grgcbniß eigener, burdiauö an £rt unb Stelle vergenommener Beobachtungen giebt ber
£err Ber fall er barin Berichtigungen unb Grgäitgungen beffen, waß in Betreff bce @e*
genftanbeö bisher veröffentlicht mürbe. 3m ©äugen galt er 60 verfdnebene Crtfcpaften
auf, in beren Umgebung fid) 143 SJiineralquellcn befinben. 9Diel;r al$ bie ftälfte berfcl*
ben entspringen im norbcftlid'cn 3Beile be$ Goimtated im Äarpatbenfanbftein, alle finb
falt; bie meiften Duellen finb Säuerlinge ohne Sd;wef elmaff er ftoff gebalt, ihnen gunäcbft
an 3al;l folgen fuße fd;mef elwatferftoffbaltige Duellen, bann Säuerlinge mit Sd;wefel*
wafferftoff, 3obquellen (Czigelka), enblid) Saigfohlen (Soovar).
Leiter legt £>err v. £auer eine SKeihe wertbvoller Ginfenbungen von ^etrefacten
vor welche bie f. f. geologische 3Reicb$anftalt im ?aufe ber legten Soeben erhalten patte.
Gine betfelben, vom Smitbfonian Snftitute in Washington, enthalt 44 Wirten auä ber
Äreibeformation von 9tew-3erfep unb au$ ber Gocen* unb 9Jtiocenformation größtenteils
von ©tarplanb; bie gweite, von £errn ^)rof. ©. Seguenga in 93ieffiua, enthält 164
Arten au$ ben jüngeren Sediärablagerungen von Sicilien; eine britte, vom f. f. Stegi*
mentSargt £erm £>. Stifcbanef in Bicenga, heftetet aus woblerpaltenen Gocen- unb
SriaSpetrefacten aus ben Benetianer Alpen. Men Ginfenbern fpricfct ber Bortragenbe ben
wärmften San! ber Anftalt aus.
$err f. f. Bergrath 93t. B. 8 ipclb erläuterte mehrere geologische Profile aus
bem Sraifentpale in ber Umgebung von Annaberg, Sürnip, ?ilienfelb uub Sraifen. G$
gel)t aus benfelbeit penwr, bat) bie im 3unern ber Äalfalpen befannten Steinfeplcnflope
ber oberen SriaSformation angeboren unb in Sanbfteinen unb Scbiefertbenen eingebettet
liegen, beren 93flangenrefte mit jenen beS &eupcrS übereinftimmen. 3m £angenben sowohl
als im Siegenben tiefer .Kopie führenben Ablagerungen finben fiep vonvaltenb falftge ©e-
bilbe, bie ebenfalls noch bureb eingefctjloffene ^ N etrefacte als ber oberen Sriaö ungehörig
ertviefen finb. Unter ber oberen SriaS folgt bie untere SriaS, beficl;enb aus ©uttenfteiner
Äalfen unb Solcntiten, SRaucpwaefen unb Werfener Schiefern, über ihr jüngere gorma-
tionen, Äoffener Sd?id;ten, £ia$ u. f. w. Sie Äcl;lenflege bagegen, bie am fühlten
Stanbe ber Wiener Sanbftein 3 one auftretcn, geboren bem älteren 1%S an.
£>err Heinrich Wolf legte Bohrproben aitS bem artefijdjen Brunnen in bem Gifen-
ba^nftationö^ofe in BoSlau vor, auf welchen er burd) eine bei £errn ©eneralmajor von
gligelp erhaltene Dtotig, fo wie bureb 9tacbrid;ten vom f. !. Ariegcommiifär £erra ?e-
toeba aufmerffam gemalt worben war. gür bie DJcittbeilung ber groben felbft finb wir
#errn Snfpector Sobann Saigmann unb .perra Sngenieuraffiftenten g. ©rünmalb
gum heften Sante verpflichtet. Ser Brunnen, beffen Bohrung am 2*. Dctober 1863 be¬
gonnen würbe, erreichte am 3. gebruar 1864 in einer Siefe von 505 guß eine Spring-
quelle, bie conftant in eine £cl;e von 8*8 guß über ber Sohle beö Brunnenl;aufeg auö-
flie§t. Saö Söaffer h^t Scbwefelwafferftoffgefcbmacf.
Söie bie Bohrproben geigen, ftebt baß gange Bohrloch in bem marinen (Babner)
Segel an, ber nur fel;r untergeorbnete 3wifd;enlagen von Sanb ober Schotter geigt unb
in ber Bohrung noch nicht burebfunfen ift. 3n bem anß ber größten erreichten Siefe gu
Sage gebrachten Segel würben bureb Sdnemmung gasreiche goraminiferen erhalten, bie
nach bw Unterfucpung von SReuß 25 verfd;iebenen Arten angeboren unb burepau« mit
fepon befannten gönnen beö Babner Segele übereinftimmen.
Bemerfenöwerth ift bie febr bebeutenbe 93cäd;tigfeit, welche biefer lefctgenannte Segel
benma^ erreicht; biefelbe übertrifft jene, ber in ben arteftfehen Brunnen in 5Bien nad;-
gewiefenen Segelahtpeilungen, beö $emalfer unb 3^3eröborfer SegeU gufammengenommen.
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416
Ser SSorftpenbe fpracp ben fänimtlichen pocpgeeprten üBortragenbcn feinen öerbinb-
licpften San! auß. Ser oorgerücften 3eit wegen würbe ber nocp angefünbigte SSorfrag
auf bie näcpfte ©ifcung oerfcpoben.
Itujarifrije äfcatemte.
Sie ppilofoppifcpe, recptßwiffenfcpaftlicpe unb piftorifcpe ©taffe pielt am 14. Märg
eine ©ipung ab, in weiter baß correfponbirenbe Mitglieb Sattpafar ^orbdtpmit einer
Snauguralbiffertation: über ben ©inftuß ber .ofterreicpifcpen Suftigreform auf baß rnora*
lifcpe unb materielle 2eben unferer Nation, feinen ©iß einnapm.
9iacp ipm pielt baß orbentticpe Mitglicb Sof. $Purgftalter eine ppitofoppifcpe
Slbpanbtung, in welker er gicpte’ß, ©cplegetß unb £egelß Stnficpten „über bie Sbealität
ber SBefen* analpftrte.
Sie ©ißung oerwanbctte fiep l;i^rauf in eine allgemeine, welker burcp ben $Prdft-
benten ©rafen ©mit Seffewffp bie erfreuliche Mittpeilung gemacht würbe, baß ©e.
Majeftät ber Äaifer gerupt paben, ber Sibtiotpe! beß Snftituteß bepufß ihrer ©omple-
tirung bie ©umme üon 15.000 ft. auß bem Sanbeßfonbe attergndbigft gn bewittigen.
SJepufß Surchführung ber ©ompletirung würbe eine ©ommiffton ernannt, beftepenb auß
bem ©rafen Seffewffy alß $Präfeß, bann ben SCRitgliebern grang Jolbp, ^Paul 33alogp,
©prill £orodtp, Jpeobor -Panter, ©uftao Senget, 3ofepp ©tocgef, Sofept; ©gäbe, Äarl
Stpan unb ben beiben 23ibliotpefaren.
Ser Äaffier geigte an, baß bie Stabt 9Di. i^ereftopel für ben Slfabeniiefonb
10.000 ft. unb für ben Stfabemiepalaft 5000 ft., unb bie ©rben beß SRaaber Slboocaten
Sofepp 3nießfdt, alß ein auf bem Sterbebette bon ipm oermaepteß 2egat, 3000 ft.
gefepenft haben.
Sie Mitglieber grang Äubinpi unb Sofeph ©gäbe werben erfuc^t, bie niept ge-
orbnete Mineralien- unb ©oncpilienfammlung beß 3nftituteß gu fatalcgiftren, woran! Hefe
Sammtungen bem Mttionatmufeum atß ©efepenf übergeben werben fetten.
Styling btt (Sfltyrten-G&fffUfdjaft in Ärnhau.
3n ber ©ißung am Stnfange beß taufenben Monatß oertaß $>rof. Micpael Äc-
cgpnßfi einen außfüptlicpen Stuffaß über bie pieftge afabemifepe „Bursa u in bem ©t.
33arbara‘©ebdube, wetepe feit fünf Saprpunberten beftept. 6r beginnt mit einer pifteri*
fepen Ueberficpt beß ©ntftepenß, ber ©ntwieftung unb beß altniäligen SSerfatlß ber früper
gaptreiepen wiffenfepafttiepen Snftitute biefer Slrt (Bursy, ©onoicte) in $)olen, erörtert
ben ©tanb iprer genbß mit genauer Angabe ber jQueflen, auß benen ber Slutor gefepopft,
erwdpnt auf ©runb amttieper Steten, wem baß ©igentpumßrecpt betreffß beß ©t. ©arbara-
Jpaufeß bient, gept bann auf bie Stngetegenpeit über, wetepe neuerbingß non ben Dlcgie-
rungßbeperben in ©etreff ber SHeorganifation ober ber Stufpebung beß Snftituteß entgegen-
gefeßten galteß angeregt worben unb fepilbert jcpließlicp ben gangen heutigen ©tanb ber
afabemifepen Bursa mit ^Beifügung non 33enterfungen über bie ^Reform ber Slnftatt gum
Sepufe iprer weiteren ©rpaltung in öerbefferter ©eftalt, allein immer in feteper gorm —
fcpließt baß in ber „©pwila" angegebene {Refumc — „in weteper ftc unß überantwortet
bie gotteßfüreptige unb aufgeftärte SBopltpatigfeit unferer ^orfapren. Sie $)ublicirung
biefer uüßliepen Strbeit wirb ungweifclpaft halb in ben „Saprbücpern" ber wijfenfcpaft*
tiepen ©ejellfcpaft erfolgen*.
9k imtatttlijfctr Porteur Hr« Ceupulfc SUnwtßtr. Dnufccrtt btr tu »tmr .Bettung.
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getoerblidje üDlujemn iu Trüffel unb befielt jüngfte
föeorganifation.
SSou ©r. K. Sonnborfer.
©ie SJlufeenfrage nimmt bereite feit einem 3 abre mef)r ober weniger ba 8
Sntercffe bet 3 nbuftriel(cn DefterreidiS in Sltttyrud;. ©a 8 f. £>anbfchreiben öom
7. üKätj 1863, weldjeS bie ©rünbuttg eineö eftevreidjifdien 9Kufeunt8 für Äunft
unb Snbuftrie anorbnci, I;at mit 3ied)t in ber inbnftrietlen Sßelt Defterreidjä bie
freubigften Erregungen ^eroorgernfen. Uttfere Äorußhäcn auf biefem ©ebiete, ich
nenne nur ^rof. o. Eitelberger, haben nid)t untertaffen, bind) Schrift unb 2Bort
auf bie ungeheure Sl'iddigfeit biefer Sdjopfung aufmerffant 311 machen, un 8 über
bie Sutentionen, bie berfelben 3 U ©ruttbe liegen, aufjuflären unb über ba 8 3 nS=
tebentreten biefer Schöpfung bas Diäbere mit^utbeilcu. 5DRit gekannter (Ecf)n)uc^t
erwarten wir baher ben jefit wobl icbott giemlid? naße gefommenen Seitpunft, wo
Wir bie erften fiebtbaren Steile biejer Schöpfung werben in 2 tugenfd)ein nehmen
fömten.
9tebft beit Beobachtungen übt'r bie Vscrtfcfiritte auf biefem ©ebiete in ber
Heimat ift es aber auch nettjwenbig, in ber Acnte fleißig 9tunbfd)au gu ^atten (
im 2iuSlanbe, um 31 t wiffen, welche Beftrebungen bert gemalt werben 3 ur Hebung
ber oaterlänbifcben Snbuftrie. ©ieS ift um fo mehr notßwenbig, weit unS baS
StuSlanb, namentlich) ^ianfrcid\ Englattb unb Belgien, in biefer fRidjtung längft
überflügelt bat, unb wir baßer tim io fiduuer aiinel)ittett ntüffen, baß 33erbeffc=
rungen in biefen Säubern, bereits geftüßt auf oieljäßrige Erfahrungen, uttS » 01 t
Stufen fein fönnen. ©eßett wir bieSmat nach betn gewerbStßätigen inbuftriellen
Belgien, ttad) feiner Apauptftabt Brüffel. ©aS bovtige, feßott feit vielen Saßrett be=
fteßenbe gewerbliche föiufetim wirb gerabe jeßt, in biefem Ülngenblicfe einer bebeu»
tenbeit Dieter in unteqogen, welche näher fettnen 3 U lenten für un§ gewiß oen 3n=
tereffe fein muß. Um bie Tragweite biefer Dieorgaitifation näher 3 U beurtheilen,
will idh folgettbe brei fragen ber Sieiljc nad) 3 U beantworten uevfudjen: 1 . wag
hat bicfeS SDiufeum big jeßt geboten? 2 . wa 8 waren bie leitenben fPrineipiett ber
Eommiffiott, welche ben DieorganifationSentwurf auSjuavbeiten batte, unb 3. waS
wirb baS reerganifirte SOittieum uttS bieten?
früher fei nur nocß erwähnt, baß ich 9Jinfeum in feiner bigßerigett 2 (n 8 -
behnung au 8 perfoitlicßer 2 lnfd;auung fettne, unb baß eine beftänbige Sorrefponbeng
mit meinem ^reunbe Jperrn 0 . ©roß, ^)rofeffor atu bortigen SOiufeum, mich über
bie jüngften $Reformpläne in ißrem gan 3 en ©etail oodftänbig informirte.
1804. Saut HI. 37
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I.
Gfye id; ein 33ilb 3U entwerfen verfudje über bie bisherige SlnSbefmung biefeS
gewerblichen 9JiufeuniS, mögen einige getchid;tlid)e Stetigen felgen. ©aS SDtufeum
fdjeint, wie id) einer Stelle beS mir iwrliegenben IReformprojecteS entnehme, burd)
föniglid;en S3efcblufj rem 24. September 1832 gegrünbet werben ju fein. Sn
biefem primitiven Buftanbe blieb eS bis gnm 7. ÜSpril 1841, wo ein gweiter fönig=
lidjer Sefdjluff beffen !)ieerganiiatien befiehlt, bamit ber Chitwicflung unb bem
Bortfehritte ber Snbuftrie 9ied;nuitg getragen werbe.
2Rad; biefem 23efd;luffe feil baSfelbe nun enthalten:
a. ein ©epot von hobelten unb 9)}aid)inen für bauten, fünfte unb bie
Snbuftrie;
b. eine Sammlung von Entwürfen unb fDiafd'inengeidnumgeit, weld>e ftetö
baS dienefte unb lu'Kfomnienfte auf biefem (Gebiete bringen, unb
c eine tcdmologifdie 3?iblietfef nebft einer Sammlung von gewerblichen
'Probucten.
23ir erleben baranS, taf; biehtreb faft ausicblicfdid) nur ber gewerbliche s 3)ia=
fdiinenbau berürffiebtigt würbe, lieber bie innere ©nrid;tnng, welche bie Slrtifel 3
bi6 10 biefer Töniglidren fBerorbnung auSeittanberfcjien, will ich weiter nichts er=
wähnen, als baff baS 'Pinieum unter bie Sluffid^t einer permanenten Gontmiffion
geftellt würbe, ber ein ©irector beigegeben war. ©iefe Gommiffion beftanb auS
neun vom Äoitigc ernannten SJittgliebern, bie ( auS ihrer SSiitte einen Präfibenten
wählten, ©er ©irector, ber ebenfalls vom .Könige ernannt würbe, war für fid)
felbftftänbig unb hatte nur jebeS Sabv bem -Dcinifter beS Suncrn unb biefer Genu
miffion 31t rapportiren.
3(uf ©ruitb biefeS föniglichen 2?eid; luffeS erlief; ber IDiinifter beS Suncrn,
9iotbentb, viergehn Sage fpäter, am 21. ?(pril 1841, bie ttothwenbigen 5>erfügun=
gen 311 r ©urebfübrung biefer 9ieo rganifation, unb eS währte nid)t lange, fowarfie
iuS Sehen getreten. Sn biefer 'Dluc-tebninig blieb baS fDcufeuni mit wenigen 91bän=
berungeit bis gum jeldgeu Ülugenblicfe, wo eS ncuerbiitgS einer bebentenbeit IWeor*
ganifation untergogen werben feil. Um nun beurteilen 31t föntien, waS biefeS ge-
werbliche Pcufeum tmS geboten bat, will id; meine periönlichoit '?(nfd)auungen über
baSfelbe ein wenig ffiggiren.
©aS hirgn cigenS erbaute ©ebäube ift febr gcichmacfvoll unb geräumig. Snt
elften Storfwerfe ift red;t« unb linfS von ber Haupttreppe ein grofjer Saal, ©er
eine enthält bie mathematifd;=phl)fifaliicl)e Sammlung, ber anbere einen Sl^eil ber
tedjuologi feben. ©er übrige Sl;eil ber ted;uologifd;en. Sammlung befmbet fid; in
beit fehr geräumigen Sälen 31t ebener fSrbe. Sin erfteu Stocfwerfe, in beit beiben
Seitenflügeln, befinbet fid; überbieS noch bie Sammlung von Entwürfen unb 3eid)=
nungen unb bie fefjr fdiöite, reidjbaltigc gewerblid;e 33ibliotl;ef. ©iefe Sammlungen
finb an einigen Sagen ber 3S>echc unentgeltlich jeberniaun geöffnet, an ben anberen
finb fie, nameittlid; ben Brembcn, gegen eine Heine Gntfd;äbiguug an bie ©attin
beS Portiers, bie gleid;3eitig bann beit erflärenbett ßiceroue ntad;t, immer gugäng*
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419
Kdj. 3 ur JDrieutirung bient ein fehr praftifch verfaßter Äatalog, welcher um beit
9JreiS von 1 gr. ju bcfemmcn ift. Um über bic ©reffe biefer Sammlungen ein
33ilb 31 t befommen, feien auS bem in frangöfifc^ent Serie verfaßten Äataloge bie
wid)tigften Säten angeführt.
Sie matt;ematifd;^Inififalifcbe Sammlung enthält 1254 Stummem, worunter
331 Apparate für bie SfH’orie beö £id>teS. Sief er Stjeil ift fe^r reichhaltig unb
bietet, wenn fich auch barunter viele veraltete Jnftrumente ocrfinben, boch auch
viel neue®, praftijcheS unb intcreffanteS. Sie vielen älteren pbr)fifalijchen 3nftru*
mente unb Separate, welche biefe Sammlung enthält, geben bem 33ejucher ©eiegen»
heit, ben ©ntwicflnngegang bieier 35?if|enjd>aft wenigftenS theilweife ju ftubiren.
Sie d)emifalii«he Sammlung ift fehr unbebeutenb, fie enthält nur 89 Stummem.
Sie techttolegifd)e Sammlung, weldie ttjeitö SJtafchineit unb ät'erfjeuge, ttjeilö beren
SJtobelle befind, befteht auö 018 Stummem. Sie bebeuteubften Slbtheilungen bar*
unter finb: a. bie 139 Stummem ftarfe Slbtheiluug ber oerjchiebenen SJtafchinen,
welche angewenbet werben in ben fünften, ©ewerben unb im häuslichen ©ebrauch;
b. bie Slgricultur» unb S)cüblenmaid;iuen, 109 Stummem u. m. a. Siete Samm¬
lung bietet viel intereffanteS; jo 3 . einige beehrt finnreuh conftruirte Stä^mafdji*
nen, eine Gopirmajd)ine a la miniature von SJiüiijeu u. bgl. non Hagener in
Berlin, Woi'on id; and; ein ©reniplar in ber 13. ©lafje ber preufufdien Slbtbeiluug
auf ber Sonboner äÖeltauSfteflung evponirt fat>. SJejenberS intereffant fdptcit mir eine
fehr nette Sammlung non S)iobellen ber rerjduebenften SSinbmühlconftructionen,
ferner bie oerfdnebenen 'pflüge ber Sanbwirthfdiaft, ungefähr 30 an ber 3a^l. Sehr
nünlich für jene 2Mnd;er, welche bort Stubien machen wollen, finb bie vielen fehr
hübfd) auSgeführten S\>anb 3 eichnungen, weld;e Slbbilbungen ber wichtigeren unb in»
tereffanteren SJtafchinenmobeffe biefer Slbtbeilnng barftelle«.
Sie ©iblietbef enthalt im ©aujeit circa 300 2 'ierfe über SJiathematif, 'Phvfif
©hemie, Sedjnolegie u. j. f. Slitfierbem bat fie noch faft alle erfd;einenben perio»
bifdten 3eitfchriften oon gewerblidjcm 3uhalte; fie hat 42 franjöfifcfjc, 23 beutfd^e
unb 10 eitglifche. ©eht man aber biefen Sheil beS ÄatalogeS genauer burch, fo
finbet man, baff foitberbarer SSeife feine biefer 3 eitid)rifteu complet ift. ©rösten*
theilS finb nur eingelne Jahrgänge rerbanbeu, unb 3 War faft burcbgepeitbs nur oon
ben Sahren 1841 bis 1845, auch her Jahrgang 1841 ber 3eitfd)rift beö nieber*
L'fterreichifdjen ©ewerbeoereineS befinbet fid; barunter. SaranS läjjt fi<h Wohl ber
fixere Sd)(uh 3 iel;eu, bah man < IU Jahre 1841, als baö SJtufeum reorganifirt
würbe, giemlid; großartig biefe Sadje in Scene fe(jte, bah «her fehr halb biefelbe
wieber fallen gelaffeit würbe.
SJtit biefem SJtufeum ftanb in ben lederen Jahren aud) eine ©ewerbS 3 eich*
nenfdjule in fBetbinbung, welche ben f^eciellen 3wecf hatte, junge üeute oon 15
bi§ 20 Jahren, bie bereits einige Jahre praftifcb arbeiteten, im SJtaidnne^eicbnen
3 U unterrichten. Ser ©urS bauerte 3 Wei Jahre unb eS würben nur immer 3 ehn 3ög*
linge aufgenommen (auS SJtangel an Siaum, fagte man mir), welche täglich oon 9
bis 11 Uhr seichneten. Sen Unterricht leitete mein oben genannter geehrter greunb,
27 *
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%>ref. v. ©rof; Sie Schüler lernen im elften Saf'ie bie einfachften geomdrtfehen
Gonftructienen, bann baS fäiotbwenbigfte bei barftellenbeit ©eometrie (natürlich
mehr auf praftifcbeni Shoege) nnb bie Genftruction bei 9)iafdiineittheile. 3m 3 Wei=
ten Jahre jeiefmen mtb conftrutreit fie bereits vollftänbige fDiaichineit; idtliefjlich
»erben fie noch unterrichtet int Ülufitehmcn von ÜDiafdtinen nad; liebelten, wo tftiten
bie ted;nologifd;e Sammlung lehr 31 t ftatten fontnit. Sie früher erwähnten Reich*
mtngeit ber tedmelogitcbeit Sammlung finb tficilweiie von ehemaligen Schülern
biefer S dürfe anSgefühvt.
?lit§ biefer furzen Sfiäje über baS föiufeum in feiner bisherigen SluSbefmung
ge^t wohl 31 a - ©enüge hervor, bah bastelte in feiner fliidjtung ben Dlnforberungeit
ber jehigen Seit entipradj. ('S war wohl bebeutenb beffer als feines unb wirb für
ein neues gemerhlid;eS ©iitieum, welches auf ber .frühe ber Seit fteben joU, fehl' ttiel
brauchbares O.'iatcrial liefern, aber rine Umgeftaltuug beefelbeit nuifste ciutreten, beffen
war man fidt flar.
n.
?(ufgeforbert 00 m 9Jiiui|ter beS Sintern burdt eilte Sepeidw vom 25. Detober
1S62, legte bie leitenbe (5ommiffion fceS bisherigen frfiuieumS in einem SBericbte
an baS fötinifterinm ihre l’lutchauungen über eine 3 eifgemäüe Dieorganifiruug btefeS
SnftituteS nieber, unb biete will idt nun fui '3 befpredtett, iubent bereit Äenntnif; für
unS von befottberettt Sntereffe fein mufi, ba wir bitrch fie einen jtemlith genauen
Ginbticf itt bie inbnftrielleu 33erbältniffe ^Belgiens erhalten. Sie leitenbe Gontmiffien
erwähnt iit ihrem Berichte 3 uerft, baf; fie bereits in mehreren Gingaben an baS
SDiinifteriunt bargethan bat, baf; baS IDlufcum ben heutigen 'Jlitforberungen ber Sn*
buftrie uid't mehr eutipiid-t, unb baf; fie baher um jo lieber jel;t ihre 35orichläge
mache. Sie erflärt fiel; mit bau SOiinifter vollfctmuett einverftauben, baf; eS nicht
nothweubig fei, am ■'linieum eine Sammlung von gewerblichen OJiajdjinen 311 bil*
ben, iubent biefe nur bann ihrem 3 werfe entfprid't, wenn ber grüfjte 2 heil ber
93uu'd)ineit arbeitet, unb wenn bie Sammlung immer burdt alle auf biefent großen
Gebiete gemachten Grfinbuitgctt unb H'erheffenutgen completirt wirb. SieS erforbert
aber eiiterfeitS lehr geräumige Idealitäten unb aubererieitS ein 3 U beträdttlidteS
fBubget. S'ou biefent Staubpunfte auS glaubt baher bie Gommiffion, eS wäre fogar
;werfmä|;ig, bie bis je(U ber Sorge ber 'Merbancomntiifien anvertrauten Slcf'erbau*
ntaidtinen in baS Suftitut nach Gtemhicur 31 t Iransporlirett, um bort gur Snftruc*
ticu ber rfegliuge vevwenbet $u werben. Sie Gomntiffioit fiubet und) reiflicher s j)rü=
fuug ben Sdtwerpunft ber fliecrgauiiaticu in folgenbett brei 'fünften; im ittbu=
ftriellen Unterricht, in ber Verbreitung ber tteueften Grfinbuugeu unb in nüflidten
ÜBerfud;en in ber Snbuftrie, unb auf bieie ntttf; fie baher näher eingelten.
Ser ittbuftrielle Unterricht, bie Gmtnbbebittgung ber frühe ber Snbuftrie eines
PattbeS, wirb fich erftreefen muffen au f bie sat)lreid;en Glaffeu ber fleitten Snbu*
ftriellen, welche nicht bie nülbigeit älenntniffe hefipen, ihr .franbwerf 31 t beurtheilen,
gefchweige beim. 311 verhefferu; ferner auf gahrifSleiter unb Ülrheiter, welche intel*
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ligent genug finb, mit bcr 3eit 99feifter m werben (Tiefer Untorrid^t nmfi bem»
gentäf; in ficf; begreifen: dürfe über ©eometrie, ^lodkuüf, ÜOlaid'iuenlchte, (S(e=
mentarphüfif, allgemeine 0 ’hemie, 2t'd'itolo^ie utib fjeu'crblicbeä 3eid?neit. Seite per»
fenett, welche fie 311 befucheit wünfd;eit, muffen fidi verpflichten, fcf>r fleißig 31 t fein
ttnb alten an fie geteilten möglichen gorberungon ©einige 311 leiften. Sic (iurie
hingegen muffen fo erganifirt fein, baß fie oon ben 'Arbeitern ebne 3c’itoerluft mtb
ebne erhebliche STpfer befudjt werben fönnen. 'An biefe dürfe batte fich ned) ein*
OurS über inbuftrietle Dcfonomic unb Cioiifereit.^en über bie drfolge in ben Jtiin»
ften unb ber Snbnjiric an 3 »»fd)ließen. 3ur Unterftüfutng biefee gewerblichen Unter».
ricbteS fiitb unbebiitgt notbwenbig: wiffenfcbaftlicbe Sammlungen, eine gewählte
©ibliotßef mit einem Abcnbö geöffneten Ueiecabinet, 9)fobclle ber wichtigften Sfta*
fd)inengattungen unb an ihrer Seite 3 ublreiche 3 eid;nungett ber bauptfüd)(id)ften ge»
werblichen fOtaicbineu.
£>ie jcbnellc Verbreitung ber neneften drfiubungcn unb Verbefferuugen ift ju
innig mit bcr itieblfabrt ber Jsnbuftrie verbunben, als tan cd ned' nötbig wäre,
über bie 9lotl;wenbigfeit 3 U ipedicn, biefent Oiegenftaub einen Sbeil ber SDtittel bcS
föiufeumS 31 t wibmen. Os fragt fid) nun, weldieS finb bie Büttel 311 m 3wecfe '(
AIS bie wirffamften muß bie dommiffien offenbar bie Anbringung einer guten ge»
werblichen Vibliothef, bie Vcröffeutlidnmg eines Journals unb bie drpertmentinmg
be 3 eid)nen ©ic Vibliothef, 3 U bereu ©rünbung ein großer Steil ber bereits jept
mn fDiufeum beftcf)enben Vibliothef oerwenbet werben fann, hatte fid) oor allem
mit gehaltoollen SBcrfen 3 U Dörfchen unb bann bafür 3 U fergen, baß fie nach uitb
nach n ^ e jene flrefton inbuftriellen 'Publicatioiten erhalt, welche für baö ©ebeiften
ber Jitbuftrie non großem drfdge finb, bie aber wegeu ihres ungeheuren preifeS
fich gewöhnlich nur in ben > 0 .inten einiger com Dieichthum beoo^ugten 'Perionen
befinben. Jtt biefer Diiditung immer coinpletirt, wirb fie ben unbemittelteren Ar»
beiter, ben fleinen ©ewerbömann bann immer in ben Staub feiert, fich über bie
in feinem Sache auftaucheuben Verbeffcrungeit 31 t infermireit unb fid) über bieS unb
jenes für ihn Sfcotljwenbigc 3 U belehren. !Taö 3 Weite ©littet, bie Veröffentlichung
eines Soumals, fönntc baburd) leicht bewerfftelligt werben, baß man baS bisher er»
fd)einenbc „Bulletin du Musöe de l’Inclustrie“ sweefmäßig unigeftaltet tiefes,
3 . V. als „Revue“ erfd;einenbe Journal hätte bafür 311 fergen, baff bie neueften
drfinbungen »mb Verbefferungen, weldie ber Snbuftrie von 9luhen fein fönnen, fo
fchneU als möglich in einer bem ©ewerbömaitne »erftänblid;eit gönn och ihr ge¬
bracht »oerben. Um cnblidi bie drpcrimentiruug möglich 31 t machen, muf) am ©iu»
feum ein großer Saal ejriftiren, wo bie ocrfchiebenen drfinber gegen gewiffe Ve»
bingungen ihre drfinbungen bem 'Publicum seigen fönnen unb ivo fie ihre neuen
unb verbofferten ©lafd)inen nöthigenfallS auch arbeiten laffcit fönnen. 3u le^terem
3wecfe müßte ben ©rfinbem eine (Tampffraft 3 ur Verfügung geftellt werben unb
htegu fönnte bie bereits am SJtuieum befinbliche unb erft fü^lid) in guten
Stanb gefegte ©ampfmafd)ine benüßt werben. ©a<h biefem 3 U urtheilen, wünfd)t
alfo bie dommiffion eine gewiß oon Sillen gebilligte permanente AuSfteUung üon'
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neuen unb verbefferten Ännftprobucteu, tnbem fie nod; ^ingiifügt, ba§ gleichzeitig
ben Babricantcn erlaubt »erbe, am SOiufeum and; eine permanente 'öluoftefluug vo n
HHanufactnrprobuctcn ju veranftalten.
©er britte punft, bie -Sluöführung ton mißlichen gewerblichen Unterjudmitgcn,
ift tljcilwcife fd)on itt Sf)ätigfeit begriffen, ©er bereits am ©iufeum angeftellte G(je=>
mifer bat oft Gelegenheit gehabt, feine wiffenichaftlid;cn Äenntnijfc ju ©unften
* ber Snbuftriellen in 9 tnwenbung 311 bringen, unb riete reit biefen rerbanfen if>m
3 tnah)fen unb 3tatbfd)läge, bie ihnen großen stufen brachten. Ge wäre atio nur
. notljwenbig, biefeö Laboratorium fo 511 erweitern, baf; jene perfoneit, welche ben
9 Jlanipulationen folgen wollen, benfelbcn beiwohnen tonnen, unb bajj man größere
Arbeiten auejufiibren in ben Staub gefeft wirb. Seiner wäre cö vielleicht gut,
folgen perfonen, welche fid) inbuftriellen Untermchungen, bie fie 31 t .fpaufe nicht
machen tonnen, untersten wollen, unb bie anbererfeitö burd; ihre Äenntniffe unb
burd; ihren Gbarafter bie nötbige ©arautie bieten, bie Pcittel unb tpülföquelfen beö
Laboratoriums 3 ut Verfügung 31 t ftellcn.
©iefe hier in Äürjc aueeinanbergefe^ten punfte fiitb nad^ ber Ülitficht ber
Gommiffion einer unmittelbaren 'llusrübrung möglich, fei eö nun mit bem Antrag
beS ©ouvemententS ober burch einen Gcncurö ber communaleit Ülbminiftration
BtüffelS. ©(eidzeitig erlaubt fich bie Gommiffion, ihre Dlufmerffamtcit auf bie
günftige ©elegenheit 3 U leitfeit, Welche fich bei einer fh'oorganifation beß PiufeumS
für bie Schöpfung ber fdieit längft projectirteu „inbuftriellen ©efellfdjaft" bietet,
obwohl rielleicht riete 3 nbuftrielie vorhinein nid;t alle jene Bortheile begreifen
werben, welche eine mehr ober minber enge Bereinigung ber großen Snbuftrieen
beß LanbeS mit bem SDcufeum gewähren würbe. (JSährenb bie Gommiffion biefen
Bericht ausarbeitete, würben näntlid) bie elften Schritte wegen ©rünbung einer
großen inbuftriellen ©efeflfchaft üt Brüffel gemacht.)
Bcjuglicf' ber ülbminiftration beö reorganifirten Pcufenmö fd>lägt bie Gom=
miifion bem fDiinifter 3 »ci Shfteme vor. ©aö eine, welches, wie man fich au ® ::
brüctt, mit ben conftitutionellen Sitten mehr im Gintlauge fteht, geht baljin, ba§
baS ©ourentement bie Leitung beS fDinfeumS einer Gommiffion von unabhängigen
unb aufgeflärten SWännem anrertraue. ©iefe würben vorn Äönige ernannt unb
wären unbefolbet; ihr mühten alle ^Rechnungen, Programme u. f. w. rorgelegt
werben. Gin ©irector flehe an ber Spifie beö SRufeumS unb functioitire unter
ber hoppelten Autorität beg ÜRinifterö unb ber leitenben Gommiffion. 3m 3 »eiten,
praftiieheren Spftemc wirb ein verantwortlicher ©irector in Borüblag gebracht,
©iefent wäre ein fRatf; von erfahrenen, unabhängigen fDiännern beigugeben, ber bei
allen fOtafregeln confnltirt wirb, unb ber von 3 eit 311 Beit bie Sammlungen unb
Gurte beö üRufeumö 31 t impicircn hätte, ©ic Gommiffion entfdjeibet fid; für baö
3 »eite Stiftern. ©ieö in ^ürge über bie leitenben pvincipien biefer Gommiffion.
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$ r a m o t i f dj e s.
1. 3- 53 eil) c r: ©en ®ottfd>cb biä »Spider, ©ertrage über bic clajjmbc 3cit be$ beutfe^c
Srama^. ^rag 1863, 9J?era).
2. 3- 5>. Seit^maniu\ ir. f. p. .§>. :c. , gittcrarifcbcr !Rac^(atj, t)crau?gcgcbcn bon $. Ringel*
ftebt Stuttgart 1863, 3- ©. Qotta.
(©cf) Inf;.)
©ie eigentliche ©langpcriobc be3 f. preufjifd;en l^eaterö begann aber bod) erft
unter ber Verwaltung 3fflanb3. (53 werben un3 (59 big G2) bie iämmtlid>en Sühnen*
fräfte, bie mit unb unter Sfflanb wirften, eparafterifirt unb bent pinjugefügt: „man
fap ©arftellungen ju biefer 3eit, fowopl im Ginjelnen a(3 im ©äugen, wie man
fie faum wiebet gefeiten pat". Sei aller Vorliebe SeicpmamtS für Sfflanb wirb
aber auep fein |d;äb(icf)er Ginflujs niept »erfepwiegen. „(Sin großer Uebelftanb war
jeboep wäprenb biefer unb fepon ber früheren Seit eingeriffen, bem ber ©ireetor
um fo weniger fteuern fennte, a(3 er biefem llnwefen felbft mit Seibenfcpaft ergeben
war; ncimlicp baö Steifen ber ©d;aufpieter unb ipr ©aftiren auf anberen Sweatern.
3fflanb war öfter» brei ÜJlonate im 3aprc abwefenb unb fc gefepap c3 natürlid),
bafj feine Untergebenen biefem Seifpiele folgten; nur glecf piclt e3 unter ber Sßürbe
feiner Äunft, batwn ©ebrauep ju machen" (86). ©iefe gerechte Vorliebe SeicpmannS '
für Sfflanb erflärt fiep baburep, bajj wäprenb 3fflanb3 Verwaltung (1796 bi3
1814) unb butep bie Vor^üglicpfeit iprer ^ciftungen ©eiepmamt uitwibettufltcp für
ba3 ©peater entfliehen würbe.
©arum ift aber auep in feinem Stacplaffe altes Sfflanb Setreffenbe mit ©org=
falt »erjeiepnet unb leidet fann man fid> au3 biefen ©atett mit 3upülfenapme ber
Sriefe biefeS Sucpeö ein noUftänbigeS Gparafterbilb be3 eigentpümlicpen SWanneS
entwerfen. Sei ber Sielfältigfeit feiner SebenSrid)hingen ftanb er ja mit bem $)u=
blicum, ben ©arfteifern unb ©intern be3 ©rama’3 in einem gleicpberecptigten
Verfepr unb e8 war fielet feine Älei nigfeit, babei ueep fid; aujugeporen. ©er Ginbrud
ben er auf ba3 Setliner publicum al3 ©aft am 27. Dctober 1796 machte, war
für feine Serufung gut ©irection entfepeibenb, wie baä ein bamaligeg Urteil au8=
fpriept: „Gr, wie fein ©epaufpiefer rot ipm unb fein befferer naep ipm, »erftanb
«8, bie »etf epiebenen (iparaftere, infoferne fie in bem Sleufjern be8 Äörper8 fieptbar
werben, burep ©ang, Stellung, Sewegung, fnrg burep ©eberben unb paffenbeS
Goftüm aubjubrüden unb ju malen, ©afi ibm bie8 aud; in Gparafteren, bie au8
ber romepmen ©efellfcpaft entnommen finb, rorjügtiep gelang unb gelingen mufjte,
wirb baburep begreiflich, bafj er aufjer feiner großen oon ber Statur empfangenen
©arfteflungbgabe einen fd;arfeti Scobaepfung8geift befap unb früpjeitig ©elegenpeit
erhalten patte, in ben vornehmen 3irfeln, felbft an fürftlidjen (pöfen wobl aufge=
nommen gu werben, um biefen Seobaeptung8geift immer mepr ju bilben unb ju
fepärfen. Gin folget Äünftler mufjte eine ungewöhnliche ©enfation percorbringen
unb bie VSünfcpe be8 ^)ublicum8 Ratten ipn niept allein jitm t^eatratifc^en 9Rit=
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gliebe, fonbern au* gum Sichrer unjcrer Süf)itc berufen, afö mau freubig remahm,
bafj ber Äönig ihn wtrflid) fregu ernannt habe" (56). Slber nicht blo§ bag große
publicum unb bic bamatige gebilbete SBelt Sterling war ren Jfflanb entgücft, aud)
eine fo »erwähnte Statut wie bic ©tael I>rt nur ©ewuitbcrung für ifm: „Gg ift
unmöglich, bic Originalität unb bie Äunft ber Gharaftergeidjtiung weiter gu treiben,
alg Sfflanb eg in feinen Stollen rerntag. 3d; glaube nicht, baß wir auf bem fran=
gcfifc^en 2f)eater jencalg ein mannigfaltigereg unb überraid)enbereg Salent, alg bag
feinige, nocß einen ©arftetler gefeiten haben, ber eg wagt, bie mit »ielfacfycn
Stängeln behafteten unb lächerlichen $)erfönli<f)feiten mit einem fo treffenben 9lug=
brutf wiebergugebeit. G§ giebt im frangofifefjen Suftfpiel feftfteb)cnbe Stuftet geigiger
SSäter, lieberlidjer ©ohne, rerfeßmißter Wiener, betrogener ükmnünber, aber bic 3ff«
lanb'fd)en Stollen tonnen, wie er fie auffaßt, in feineg biefer SJtufter, in feinen
biefer Siahmen gegwängt werben: man muß fie alle bei ihrem Stamen nennen, benn
eg finb Snbioibuen, bie fid) burchaug ren einanbet unterfdjeiben unb in benen
Sfftanb gu Hanfe ift. ©eine 3lrt, bie 'Iragcbie gu geben, ift nach meiner Steinung
auch ron großer SBirfung. ©ie Stuße mtb Ginfach t)eit in ber Stolle beg SÖallenftein
g. 33. fönnen aug bem Gebädjtniß nid;t fd)winben. ©er Ginbrucf, ben er ^crrcr=
bringt, ift ftufenweife: man glaubt guerft, baß feine fcheinbare Äälte niemalg bag
Heeg wirb bewegen fönnen, aber im Fortgänge wädjgt bie Bewegung mit einem
reißenben ftortfehritte unb bag fleinfte SBort übt eine große Stacht aug, inbem in
bem .f)aupttone beg 23ortrageg eine eble Stuhe herrfdft, welche febe eble ©ebattirung
gur Geltung bringt nnb hoch bie Färbung b C 8 Gljarafterg mitten in ben Seibern
jehaften bewährt" (102). Unb felbft ber in Slieaterangelegenheiten fo feßr beide
unb bamalg überhaupt fdjon ftarf referoirte Goethe fdjreibt (16. ©ecember 1800)
an Sfflanb: „gaffen ©ie unfere Hoffnung, ©ie wenigfteng in ber erften ,v>ilfte
beg nächften Saßreg bei ung gn fehen, bod) ja gebeten! ©ie wiffen, wie fehr wir
©ie fd)äßen unb in welch’ einen feftlichen 3«ftanb ung 3bre Gegenwart »erfe^t"
(236). Ueber 3fflanb8 poetiiehe s f)robuctionen fprießt fich freilich Goethe anberg
aug. 33öttiger tbeilt in feinen „litterarifchen Buftänben" Goethe’g Urtheil über 3ff*
lanbg ©cßaufpiele mit, bag hi« feine ©teile finben möge, ba eg im Mgemeinen
wenig befannt fein bürfte. ,,©ie haben alle gwei Hauptfehler: 1. Stile moralifchen
33 efferungeit werben in feinen ©tücfen ron außen herein — nicht ron innen her«
aug bewirft, ©aber bag Gewaltfame, unwahrjcheinlich 3ufammengebrängte itnb
Ueberhäufte in feinen ©tücfen; wie ber Gommiffär SSallmann in ber „Slugfteucr",
wie ber ©taatöcbirnrg Stccßter im „©cheinrcrbicnft". Gbeit barunt, weil ade Sto«
tire nur oon aufien herein, bloß gufäUig gur Haupteutwicflung wirfen, nicht aug
bem Gßarafter felbft ßerrorgeßen, braucht 'Jfflanb fo riete Stcbenfiguren unb nn=
nüße Sfugftaffirungen gn feinen ©tücfen, weil er burch fie ben 3lu8gang motirireit
will. 2. Gr fejjt überall Statur unb Gultur in einen falfchen Gentraft. Gultur ift
ihm immer bie Quelle aller moralifchen Sterborbenßeit, wenn feine SRcnfcßeu
gut werben foden, fo fehren fie in ben Staturguftanb gurücf; ber Hageftolg geht
auf feine Güter unb heiratet ein 3?auernmäbd;cn u. f. w. ©ag ift ein gang faljd;er
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425 —
GefichtSpuuft, auS welchem or affe Gultur verunglimpft, anftatt gu geigen, wie bic
Gultur »ett ÄuSwücbfen gereinigt, wiebelt mtb liebenSwürbig gemacht werben fönne"
(59). Gbenfowcnig wollten lieb Sad)founcr mit 3fflanbS ©irectioiisbefähigung mt-
bebingt eüwerftanben crfläreit, beim eilt Vrief, welcher int Saßrc 1811 von einem
ÜJtannc verfaßt werben, ber bic. grünblidjftc Äeuntniß ttttb baS gebiegeitfte Urt!;eil
über Sheatcr unb Sh^terwefen belaß,'Tlhfic’ßt fo: „Äurg id) wieberbele eS: er ift
eilt [ehr großer Sd>aufpielet in fomifdien unb ernft fentimentalen Sieden; überaff
aber, wo Äraft erferbert wirb, fowotd auf beit Vrcttern als bei ber ©irection, geigt
ftd) feine natürliche Schwache, unb folglich taugt er nach meiner Slnfid;t nicht gu
einem ©eneralbirector fämmtlicher Sd)auipicle" (103).'
©ie richtige üliitte über beit fDienfchen 3 fflanb bürfte weht au« bem hervor«
gehen, waS «riebrich Scßulg fchreibt: „Sfffanb war ein rectjtfdjaffeiter, aber auch
ein guter SÜiattit, waö man fe eigentlich einen guten DJiaittt nennt; fein Gemütl)
war weich unb beweglich. Gin guter ÜJiann wirb unb muß nur 511 oft feinen Gifer
unb feine Siebe für bie Äunft unb feinen Stbfdjeu gegen fDiißbräitche ber Schonung
gegen Verfetten uuterorbnen, bic ber Äunft Ghre machen, aber an 9)iißbrduche ge«
wohnt finb. Genug, tiefe Äenntniß unb weiter Gebrauch feiner ftraft war
bie Gigenthüinlichfeit feines Spieles als Scßaufpieler; Vcrjobulichfcit unb
SERilbe bie Seele feiner ©id) tungen, uub eben biete Gigeitfd;aften djarnfterifirten
auch i e > n e Verwaltung unb erhielten auch tyäter in äußeren Stürmen, bie bem
gangen Staate Gefahr brohten, bie Vühne aufrecht unb bie GeieHfdjaft beifamntett.
3fflanb wußte, baß Strenge unb Stacßgiebigfeit itt ihrem fleinften Uebermaße gleich
fchäbfidhe SBirfung auf eine Slnftalt machen muffe, bie auS fo oerfchiebeneit nn=
gleichartigen Glementen unb untereinattber fich wiberfpredjenben prätenfioiten 311 =
fammengefeßt ift" (62). So erfeßeint ba§, wa§ in bem vorigen Urtßeile gar ju
ftrenge gerügt Würbe, mehr als eine, jebent Seiter, ber GnprießlicheS leiften will,
nothwenbige SlccomobationSfäßigfeit an bie EOcenfdjen unb Verhältniffe, wobei ber
Äem beS SBirfenS gar nicht afficirt gu werben braucht. 3n ber ©bat finbeit wir
bieie Äentßaftigfeit bei Sfflanb, benn felbft bem hochverehrten Sdjiller gegenüber
fprießt er fein Urttteil rücfhaltloS aus, wo er fiel) oon feiner ©ebip=Vearbeitung
Wenig gebeihficheS verspricht: »GS ift mit ben griechifcßen Stücfen eine eigene
Sache, bie hoß £ Einfalt taucht bie leeren Äöpfe ootlenbS unter, unb bereu ift legio.
Sie Stürme ber Seibenfcßaften in anberen Stücfen reifen fie mit fort, machen fie
gu hanbehtbeit Sh £ M £lt unb erheben fie gegen SBiffen unb Söiffeit. ©ie Stiicfe aus
ber römifchen Gefehlte weichen wegen ber Slufterität ber Sitten, beS StarrfinneS
in ben Gßarafteren vollenbs gang gurücf mtb ich werbe blaß, wenn id) 'Plebejer.
Senatoren unb Geuturioitcn auf ben erften Vogen angefünbigt finbe“ (223). Gr
fennt feine vorgugSweife auf baS Praftijcße gerid;tete Steifung unb mad;t fie ent»
feßieben geltenb, wenn er auch gegen Sd;iller guoor fid> mit ben Stetßweubigfeiten
berfelben weitläufig rechtfertigt, ehe er id) ließt: „Sticht alfo, waS ich fühle barf icß
wollen, fonbern eS ift mein SBeg, als Kaufmann gu gehen, unb hoch nicht baburch
ben freien Sinn merflicß gu verfeßen" ( 221 ), Geringeren Geiftem freilich tritt er
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offener mit bet Berechtigung feiner $)erfonlid)fcit entgegen. ©o fertigt er einen
albernen ©rief >£. b. ÄleiftS über „.Sätliefen neu $eilbrcnn" gan 3 einfad) ab:
„3cf> f)abe feineSwegS, wie Sie mir fdjreibcn, bem .'öefratf) Jtemer gefagt, eS 3f»nen
mit ber Steuerung jurütfjugeben, eS gefiele mir nicht, ©amit würbe id) eine ©e=
meinbeit begangen haben, bie id; nullt erwiebere, au cf; wenn io lebe gegen mich ge*
braucht werben feilte" (271). So läfct er fid> burd) feine Berufung SSernerS im=
ponirat, feine „SBanba" aufs ciugefyenbftc tabehtb ju befpredjen unb feinen ©nt*
idieib fo su ferntitliren: ,,©aS Stücf fann burd) ©igenfieiten ,<perrn o. ©oetlje an*
ge 3 ogen fjabeit unb fann ba, wo er unb ©tlid;e in einem fleineit publicum Son
gebieten, auSljaltcn. 90iebr bat eS nicht bewirft. 93er einem grofjen publicum fann
eS nidtt auSffaltcn unb Sfflanb wäre SScrncrS Sfinb, wenn jemals „SBanba" in
Berlin gegeben würbe. ©ieS erfläre icf> bebaebt, entpfuitben unb mit Sreunbfchaft.
©eben Sic unS, wie Schiller, ©eid)id'tSftücfe, würjeit Sie biefe mit ber ©ewalt
erfjebenber ©cfüble, mit ber SÖeiSbeit ber ©rfafjrung unb ftetlen Sie bie Gfiaraf*
tere mit ben treuen feften Umriffen auf, wie Sic es fe fterrlid) Bermegen. ©attn
finb fie ber ©ichter ber Station "(325). 2lm präcifeftcn re^tfeirt er ben intriguanten
Söenbungen Äojjebue'S. ©a beifit eS: „Senn Sournalc auf pöbelhafte 2lrt fd)mäf)en.
io ift baS fein ©runb, weftf>alb Sie, wie Sie fagen, bem 33ergnügen entfagen
ollten, Sbre Scbauipiele unter meiner ©ircction auffübren ju feften. ©aS ©ine
unb baS Sintere ift ohne alle unb jebe 33crbinbung, wie ich felbft offne alle Bet*
binbung bin unb fein will" (334). Dbet: ,,3u feiner Seit würbe id) mid; auf
baS Begehren eingelaffen l^aben, aber jefit, nad;bem Sic biefem Anträge auf eine
fo beftimmte Seite SDiifffallen an meiner Bertbeilung — bemt 9Kifi trauen fofl id)
eS bod) nid)t nennen muffen — mausfarben, fann id) eS burd)auS nid)t, o^ne
eittjuräumen, bem mein bcffereS ©einbl unb Bewufjtfein witetfpred)en, ober als ©i*
rector eine 3 nconfequen 3 3 U begeben, bie ixnoerjeit)lid) wäre" (336). Dbcr enblid)
berb abweifenb: „Sic fönnen am beften wiffen, welche unb wie mannigfaltige 3tüd=
fid)ten einen ©irector leiten, hemmen, binbett unb führen müffeit. . . . 9 Ü 8 SJtann
tton ©l)re, bem bie deinen ©ef;olfe bcS SlecfenS unb UutergrabenS oerhafjt finb
müffen Sie wiffen, taf) ein SJiann oon ©bre fiel) baS nicht erlaubt, unb baff ein
uernünftiger Sltann baS Sd)led)te meibet, weil eS 3 um Schielten unoermeiblid;
führt" (339). %
©afj unter ber Leitung eines folgen SDtanneS, ber bie Sache, bie er gtünb*
lief) fannte, uubebingt 3 U behaupten nerftanb unb nur in bem einen Salle Bon ber
milbeften Scrm abging, wo if)m bie Sad;e felbft gefäf>rbet erfd>iexr, baS berliner
f. SdjaufpielbauS 3 U einer folgen SHujteranftalt würbe, wie eS baS SBienet £of*
burgtl;eater 'päter eine3eitlang war, begreift fidt. Sclbft ©id)ter genug, um nicf)t
baS 9icd;t ber fPcefie bem falfdten ©efdmtacf beS ^ublicumS aufsuopfem ober fal*
(eben ©ichterprätenfionen nad) 3 ugebcn, bei feinen Sorterungen in ben atlermeiften
Salten im Stanbe, fie burd) feine SchaufpielerprariS glängenb 3 U begrünten, lonnte
er, umfid)tig tic 5D(cnfd)en unb Bcrhältniffe in Diedntung briitgenb, eine fiöc^ft ju*
friebenftellenbc unb beinahe unbegreifliche SSirffamfeit entfalten, wie er berat Bon
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feinem Könige bie Aiterf'ennung erhielt: „inbem icb 3 bnen biernit meine 3 «frieben*
I}eit über 3h rc auf baS Softe biefer SInftalt gerichteten unabläfftgen Semübungeit
gu erfenncit gebe, übertrage i<h Seiten nunmehr als einen SemeiS berfelbcn unb
meines SertrauenS" je. (95), unb eS im 35ucf>e über it;n fjeifst: „fo muffen mir
geflohen, bafj man nietjt begreifen fann, weiter bcrfelbe bie Seit genommen, bie
fammtlicfjcn Otnfprüdte feines SBirfenS gewiffenfjaft 31 t erfüllen" (97).
5Dtit ber Leitung beS ©rafen 0 . Srithl (1815 bis 1828) unb bann beS
©rafen v. {Rebern befonimen SeidjmannS SERittheilungen ben SBerth auSgcgeidmoter
SRemoiren; ba mar ja Seicbmamt nicht blojj SDtitlebenber, fonbern SDtitwirlenber
im beften Sinne. Unb memt man bamit bie SJiitlfteilungen ApoIteifS in feinen
„Sßiergig 3 al;ren", namentlich über bie fpätere ^eriobe gufammenbält, befommt
man eine ©infidtt in bie Serlincr Sheatorguftänbe, an welcher Weber ber Sittera*
noch ber 9>raltifer etwas aitSgujeben fänbe. 3unäd)ft jebod) war bie Aufgabe beS
©rafen 0 . Sucht nad) einem immer Eebenflicfteu Interim feine gang leichte: ,, < Durcf)
3fflanbö langwierige Ärän!lid)feit unb gutmütige Sd>mäd)e war baS Serliner
Sbeater gule^t in vieler ^tinfidjt aud) in äftbetiiebom Söertlte herabgefoinmen. ©raf
23rüf)l fanb balter eine febwere Arbeit vor, welche if>n beinahe gmücfgeidu'ocft batte.
2>od) ging er mut^ig an feine reforniirenbe Aufgabe, unb SDanf feiner Shättgfeit
wie feiner Eingebung an bie Sache, brad) mit feinem Auftreten eine Seit an, bie
fieft ben gefeierten Süljnenleitungen jener Sage halb an bie Seite ftellen burfte"
(109). Salb nad) feinen, bie Aufführungen betreffenben, faum nod; burebgefübrten
{Reformen fonnte er ftdt ber freilich nur bureft ben Sranb beS alten Scbauf)'ie(=
haufeS (Mittags 29. Suli 1817) ermöglichten .fterfteflung neuer AuffühnmgSräunie
wibmen unb fo feine {Reform nach ®Hen Seiten hin geltenb machen. 3'3aö über
bie Seratbungen mit Sdjinfel, über bie lebt feierliche ©rnnbftcinlegnng, über bie
Senüjjung ber beften Kräfte beim Saue, enblid) über bie fomvöte Eröffnung beS
neuen SchaufpielhaufeS auf beni ©enbarmemnarfte (von 127 bis 140) evgatilt
wirb, verbient auch heute erwogen 3 U werben. Natürlich fonnen wir nicht baS febr
reiche unb mnftergültig gnfammengeftellte Detail biefer 3 Wei SorwaltnngSpcrioben
in beiten Seidtmann felber thätig war, weitläufig burebgeben, aber bie llrtheile
eines ^raftiferS über SergänglicbeS unb SleibcnbeS an ben ber Sühne übergebenen
litterarifdjen fProbucten, über Sefejjungen unb ©arfiellungen ber Stollen, über ©aft=
fpiele unb ftabile Engagements lefeu ficb um fo angenehmer, als Wir einer SSJiengc
von fRamen begegnen, wie ©riltyarger (125), SRetjerboer (135), Efdair (117),
Charlotte Sauer (151), Henriette Sonntag (157) u. f. w. f bie unS auS perfön*
liehen Einbrüchen befannt finb. 21(6 Euriofum möge allenfalls hier folgenbe 3ufam*
menftednng ihren ^(a(t fitiben, Weil fie ben jebt gelegenheitlid; feiner Sicgvapbie
viel genannten E. SK. v. SEDeter betrifft. Seichmann ergäfdt nämlich (145), wie
ber „greifchüjj" feit feiner erften Aufführung (18. Suiti 1821) bis gur gwei*
hunbertften (am 20 . Sccembev 1840) ungefähr 94.000 Sf)(v- {Reingewinn bet
Sheaterleitung brachte, unb biefem lebeitbigen Urtl;eil beS f))ublicumS gegenüber
fefrieb ber fcj)r gelehrte SKufifer Selter, Welcher SBeber fd;on in feinem „greifebüh"
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428
fdjwer angegriffen batte, gleich nach ber 3luffül)rung ber „Gurpanthe" an ©oethe:
„Sie SOiufif ber „Gurpantbc" feße icf) über bie beb „/>-reiid)üUen J * (ben ich frei»
lid; nicht aubftet;en fann), and; ift, wie in allen 2Sebcr’fd;en Gompofitioiten, oiel
gefuebteb, geprißeltcb, aub feinen £)üppd)en jujamniengcfeßteb, fdjwierigeb unb ftem»
beb bann. Grtrofjte Sebbaftigfeit unb bajwifd;en gute Stetten unb ein Sleiß, ben
ich mit Sd;recfen bewunbere, weilö ber ganje 23ettet nid;t cerbieitt" (154).
Sie zweite ^auptabtljeilung beb 2?ud;eb enthalt unter bem Sitel: „S'rembeb"
eine 3ieibe (112 Hummern) oon Briefen „ cla jft jeher Sid;ter unb Schriftfieüer unb
ber f. .poftbeateri'ermattuug in' SBerlin". Singelftebt bejeid;net biefe 23riefe alb
„Sttuftrationen jur oorau§gel;enben @efd;id;te" (197) unb giebt an, baß ber mit
Wenigen 3tu§nal;men hier jum elften Sftale erfcheiitenbe 23riefwed;fd juni SSI>etfe
aub 23enuäd)tniffen 2?rüblb an Seichmann, jum St;ei(e anb ben Streifen nicht
nur beb SB er! inet Sf)caterb fenbern auch heb f. preufjifdjen «<pofeb unb ©taateb
ftamme, welche eine aubbnuf(id;e SBerwilligung Äänig griebrid)b SBilf>etm IV. für
Seichmann auf fein 21 n juchen unb eine liebenbwürbigc Fürbitte Siecfb jugänglich
madjte. Sie 33riefrei(;e, obwohl fie wefentliöb bab in ber elften 2lbtl;eilung ©efagte
unterftüßt, hat aber aud; für fid; einen fet;r bebeutenben SScrtb. Sie bietet nämfid)
eine Gorrectur gewiffer titterav=t>iftcrifd;er Soctrinen, benen man nicht oft genug
entgegentreten fann, weit fie immer wieber aub ber günfteloerwäfferung irgenb
eineb Gompenbiumb alb neuefte Gntbecfung probucirt werben. So wirb j. 33. immer
Wieber auf ben überirbifchen Sbealibmub Sd;ilXerb recurrirt, wenn irgenb ein Sich»
terling fid) nicht auf Grben jurechtfinben fann, weit er nid)tb reeffeb gelernt tjat.
Unb ba hoben wir oierjig ^wifdjen Sd;i(ter unb Sfflanb (bem man bod> aud) nicht
alle poetijcf)e 33ered)tigung abfpreebeit fann) gewcd)fettc Briefe, barin aber feine
Spur i^ner hochtönenden *J)t;rafen, bie ben Sinter £'. im Salon 2). ober 3- jum
bewunberten Crafct machen 3war wirb bie „2Sallenftein=Suite" (200— giebt ben
richtigen Flamen für bie fogenannte Sritogie), „l'iarta Stuart", „Wilhelm Seit",
bie „Sungfrau von Srteanb", bie „33raut oon ©ieffina", „Sie SDiatthefer", „Su=
ranbot" nub „SDebip" befproeben, aber nur oon ben ganj praftifd;en, bem ^ubli»
cum jugewenbeten Seiten aub. Sen „SSallenftein" j. 23. will Schilfer nicht früher
in bie grentbe enttaffen. bib er ihm „bie möglicbfte theatralifche ©elenfigfeit unb
Uebhaftigfeit gegeben", W0jU er „bie Otepräfentationen in SBeimar" benüjje. £mt=
fichtlich beb Sagerb unterorbnet er fid; fogar mit ben SSßorten: „Sab Scanbat
wirb genommen unb nid;t gegeben, aber bab ift eb eben, wab ein foldheb Sßage*
ftücf bebenftich macht", — bet 2(nfidjt Sfflanbb, baß biefe Partie unter ben ba*
maligen Umftänben in SBertin nicht gegeben werben fönne (206 bib 208). Sie
Sccorationen (202, 224, 280), bie Sarftetter (204, 205, 211, 214, 215), bie
Gojtümirung (209, 210), bie Seitbauer (203, 210), bab Honorar crtbltd) ju wie*
berhotten SBialen, alfo lauter t;öd)ft äufierlid;e Singe, aber unerläßliche 33ebingun»
gen für bab Seben beb Srania’b unb aud) feineb Sichterb finb bie ©egenftänbe
beb 33riefwed;felb. 9tur bann unb wann wirb an bie poetijd)e SBebeutfamfeit erinnert,
wie etwa, wo eb fid; barum l;anbelte, ob SJiab. Unjelmann bie Stelle ber Sohanna
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übernehmen fett, Schiller fchreibt: „Sie flehte gigur, welche bie größte (Stowen*
bung bagegen fd;eiitt, t;at bei ber Sobauita, fo wie ich fie in bent Stüde genannt
habe, nid)t fo eiet gu bebeuten, weil fie nidd bitvd; förderliche Starte, fonbevn burd)
übernatürliche Söfittel im il'am^fe überwinbet. Sie fennte alfe, waß biefeß betrifft,
ein Äinb fein, wie ber £ bereu, unb beef) ein furchtbare^ SBefett bleiben" (214).
Unb felbft bort, we er feine poetifd;e Senbmtg accentuirt, [teilt Schiller fie in
feinen ©egenfafc 311 m wirfltd;en geben, fenbern will nur burd; nichtß anbered, als
bur<h fie ber S>irtlid;feit gerecht werben: „ 3 d; f>alte ee atterbiitgs für möglid;, baff
id; 3 wecfmäf;ige Stüde für baß Sbeater fd;reiben fönttfe, unb ba ich 9 »t ©elb
i'erfcieneit möchte alß ein glnberer, fo würbe id; gar nid;t gleichgültig bagegen fein,
(über h'tr einen 3 wed, ber auf,er meinem peetiid;en Sntereffe liegt, h a ^ e * 4 ' wein
geben lang nichts tl;un fönnett, uitb wenn id; mid; alfe, wie ich hoffe, tvünfd)e
unb will, in meinen fünftigen Sranien beit theatralifd;en gorbenutgen nähern fett,
fo ntufj bie Äunft felbft mid; bahin führen, betttt ein wirflid; vollfemnteneß bratna=
tifcfjeS SBerf ntujj nad; meiner Uebergeuguttg aud; bie (xigenfebaft haben, allgemein
unb fortbauernb gu interejfiren" ( 2 IG).
föiit bem Sbealißmuß Sd;il(erß, wenn er lanbläuftg einer vornehmen ©nt*
frembung »ein wirtlichen geben glcicbgefeft wirb, ift e3 bentnad; nid;tß. SSeffer
fcheint fid; ber eben fo oft 001 t Ö)oetl;e außgefagte Diealißmuß auch auß biefem
Suche erweifen 31 t laffett. Sn ber Sbat fiitbett wir in beit fünf Sriefett an off=
lanb unb itt bett fed;ßunbgmangig 3 wifd;ett ©cetfie unb bem ©rafen Srübl gewed;*
fetten Sd;reiben jene auf baß fcheinbar unbebentenbfte Setail eittgel;enbc @e=
wiffenhaftigfeit wieber, welche er alß „beß gebend ernfteß Sich reu" vom Sater
überfommen 31 t l;abett befennt. Saft aber babei „bie guft am Sabuliren" nicht gu
futg fomtnt, welche einft alle Schranfett ber S 5 irflid;feit nieberftümten wollte, unt
bem Srauge beß überrollen ipevgeitß guft 31 t ntadiett, erfennt mau auß beit 9(euf;e=
rungett beß Swctoitbficboitgigcrß. Sie fid; felber gettügettbe Scbaffensfreube beß
Sbealiftcn fel;eit wir in Selgeitbent: „Ülttd; bient eß gu größter Serul;igung, baf
id; in ber ftiflfteu Älanfe, fo weit vom lebeubigften geben entfernt, baßjenige gu
prcbucireit wujjte, waß bort in einem f)öd;ft bebeuteitben ÜJiomente fd;idlich unb er-
freulich werben feilte" (258). Unb bie ibealiftifcbe 3cid;tberüdfichtigung ber SSelt,
bie beit 2Sertl;er=©eethe d)arafterifirte, fiitben wir in biefett feinen fpätefteit Sagen:
„baff id; in älteren Sagen mich »»wer met;r nad; aitf;eit abfonbere unb nach innen
concentrire, wo ich bann bie <?reunbe wieberfittbe, mit betten ich, vor mehreren
Sahrett verbunbeit, iuand;eß ©ute unb Sdmne gewillt" (259). Unb ettblid; nod;
int ©reifeuaiter unb nad; fo vielen bitteren Erfahrungen, bie i(;m bie Schaubühne
eingebracht, nicht jener realiftifdje Guietißtuuß, ber atteß, waß wirtlich ift, vernünf*
tig finbet, tonbern im 76. gebettßjahre baß Selbftbefenntnif ibealiftifchen Umgeftal*
tungßtriebeß: „Selbft in meinen alten Sagen ba id; jeut mattd;iual baß Sheater befuche,
fühle ich einen ftittett Srieb unb SSunfch, hie u »b ba wieber eingugreifen unb mit
rvenigett glnbeutuitgen günftige Söirfung hervergubrittgett" ( 2 G 1 ). 9)can höre hoch
enblich einmal auf gu glauben, man hübe gange Scanner erfdöpft, wenn man fie
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mit @d)lagworteit Bewirft, bie man fid) ttofh baju in bcr Oiumpelfamntet trgenb
eines ^albphilofophen außborgett mitfite.
Unter einer minber güttftigen ^Beleuchtung präientirt fid) im 23riefwed)fel mit
Sfflaitb ein jweiteß 'Paar, nämlich ^ie Dtüinantifer 31. SB. ©Riegel unb 2. Sied,
welche über fich wenigfteitß eine eben fo gute SHeinuttg Ratten, wie über ©oethe
unb ©d;iller. Sen SHittetpunft biefeß 33erfel)reß. bcr fid) übrigettß aud) auf bie
Stufführung non ©Riegels „Sott ' 1 unb Sietfß „©enooefa" erftredt, bilbet baß
Suftfpiel „Saß ©l;amä(eon" oott 53ecf, in beffett perföulidjfeitett bie beiben SRo*
manttfer Pnrobtruugen ihrer eigenen 23eftrebungcit erblidten. Sie Gonoerfation bar»
über, ob in bie 3(ufführung beß Suftfpieleß cingegrtffen ober waß fonft bagegen ge»
fd;el;en folle, gef;t burch beinahe alle 14 ^Briefe biefer 9teil)e, biß enblich Sfflanb,
ber Sichterprätenfionen überbrüffig, fein Sirectimißtwußrecht gegen 8 . Sied geltenb
macht; „Unerhört ift eß, einen ©eijigen, einen SSerläumber, einen Sntriguanten
auftreten 31 t fef)ett, ber bem Sidjter unb Zünftler gururt: haltet ein mit ber Sar»
ftellung beß ©e^eß, ber Slerläuntbititg, ber Sntrigue, fie pafjt auf mich! . . . .
Sch foitnte ©ie itt biefent 3lugeitblide nur für franf h a ^en unb wünfd;en, man
hatte fie lieber an einen Slrgt, alß an mid; gewiefeit. Snbeffett be^anbelte id; ©ie,
wie eilten adjtungßwürbigen Äranfeit . . . ©ie l; a t" ,, i wich mifjoerftanbett. . . .
Slber waß id; Shwn vielleicht nid;t mehr fd;ulbig bin, fattn ich bod;, meiner felbft
willen, nid;t auß ben Slugen fejjen. . . . Sie 33ibliothet ber ^tefigen Schaubühne
würbe in einen leeren Diaum oerwanbelt werben, wenn jeber mifstrauifche Ptenfcf)
baß 9ied;t hätte, alle ©d;aufpiele barauß 3 U entlehnen, itt welken etwa ein eilt»
getner Bug Dorfomntt, worin er einige entfernte 3lchnlid;feit mit fich 3 U entlehne,
glaubt unb bie tl;eatralifd;cit 23ot ftellttttgftt würben 3 ute^t aufhörett, wenn lauter
iolche ©ebrediett bargeftetlt werben feilten, bie im gangen 8 anbe nid;t 3 U ipaufe
fittb" (290).
Slnt fd;timmften enblid; gestalten fich bie litterarifchen Slngelegeitheiten ber Dor»
lebten 3 mei, 3 U ihrer Beit fehr vielfältig genattitteu Perfönlid;feiten, auf welche fid)
ber 33 riefwed;fel erftredt. Buerft, wenn wir Äogebue'ß Süufelhaftigfeit auch ba
folgenbermafjen auftreten fel;ett: „Gß t^ut mir leib, bah ©ie meine Sofjanna (von
Piontfaucon) nicht brauchen föitttett. Sd; glaubte, bah, wo man eine „BauberjTöte",
„Piccolomini" u. f. w. barftellen fattn, für meine Sohanna auch Plnfc wäre" (333),
fo begreifen wir bie id;at'fe Slbweifuttg 001 t ©eiten Sfflattbß, welche wir oben bei
Sfflattbß ©h ai ' a ^teriftif anführtett. SBir fwbeit bort aucf) fd;ott feine Senterfungett
gegen 3 - Sßenter uorgebrad;t unb erhalten bereu 3led;tfertiguitg auß feinem 23rief=
wechfel mit Sfflaitb (17 (Hummern). Ser Platin gewinnt auß biefem litterarifchen
Jpaußard)iD nid;t an Sichtbarfeit in uttferen Slugen. SBir fehett factifch ein ©h am “ 5
leon Dor unß, fo rafd; wechfeln bie grellften Färbungen feineß ©h ava li cl 'ö- S)i<
©elbftüberfdhäbung, mit welcher er fein „Äteu 3 an ber Dftiee" ©chiKerß „SBaUett»
ftein" parallclifirt (300 biß 304), wirb oon bem Bvleiitmuth abgelßßt, mit welchem
et fich nad; einer Dom publicum uttgünftig aufgenomnteiten SarfteUuitg ber „Söhne
beß Sbaleß" äuhert: „bah entfd)leffeu bin, Weber für bie Berliner, tto<h für
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irgenb eine anbere ©üßne mcßr irgenb etwaß gu fchreiben unb tttid) bei einer oiel=
leicht [icb halb barbietcnben ©etanlnffuttg mißt nur auß ©erlitt, fonbcnt wo ntög*
lidß an 8 bem jeßt ro ertöte fett ©eutfcßlanb in irgenb ein ftilleß ©erßältitiß gu reti=
riren" (313). ©ie £eicßf fertigfeit, mit welker er einen vollftänbigen ©erufßwecbfel
betjanbclt: „ 3 ubem habe id; wenig ©ebürfniffe, feine ftrau, ncd; Äiuber unb ge*
funbc ütrme, verhungern werbe id; nidft! Mus miser est, antro ([ui elaudi-
tur uno!“ (314) fticfjt gar fef>r ton ber ßt)perbolifd)en 91 rt ab, bie er (291,
294, 295, 299) gegen Sfflaitb cinbalt, wenn er fein Sebenßglücf in ber brama=
tifdien ©ßätigfeit gefunben gu (jaben vorgiebt. Söettn baß alles unb namentlich
bic leidere Spanier Bfflaub fatt befommt, fo bereit wir, wenn and) inbireet unb
milbe, fo bodb beutlicb genug feine Meinung über SBernetß ©enebmeu auß einem
an ihn gerichteten Briefe: „ 5 cß habe mir wahrlich nicht gebadet, baft ber ©idder
beftl;alb friecben feilte, im ©egenttjeil, ich habe H ’ 11 wir mit SBertß unb ©erabßeit
im Sehen, feßr würbig erfcheinenb gebucht" (308). ©amit wir aber gar feinen baß
üßeater betrcffenben $)unit in biefer ©tierreihe vermiffen, mögen noch gwei non ben
Sßeaterleitungen häufig vorgcbracbtc Älagen auch nacßgewiefen werben. Buerft
bie gewöhnliche ©orftanbßflage vom ©raren ©rüßl: „ od) habe freilich meine
fchwere Slergernijj babei unb muß jcbwimmen unb waten, um burdi ben theatrali=
fchen Schlamm unb Scbmuß, welcher mid) umgiebt, burdtjufommen. ©aß Scßlimmfte
babei ift aber, baß ich uott meinen Untergebenen wenig unterftüßt werbe" (340).
Sobann bie Älage über bie 33 iacht ber 33ert>cUtuiffe unb Diüdficßten, von benen
bie Ueberitahme eineß ©rama’ß auf bie Sdjaubüßtte beeinflußt wirb, in bem ©riefe
Bfflanbß au Sßolf über beffen „fPreciofa" (346).
©ie britte .biauptabtheilung beß ©iicbcS bilben „©eilagen, ©rei d)ronelogifdi:
ftatifiifche Tabellen, A. iämmtltcßer 9ieuigf eiten ber f. Jpofbüßne 31 t ©erlin iwn
1771 biß 1842, B. beß fPerfonalftanbeß berfelbeit unb beffen ©agenetatß omt 1790
biß 1827, C. ber ©icßterßonorare nett 1790 biß IS 10. 9iacl> Jeicbmanuß 9luf=
geießnungen gufummeugeftellt unb georbitet burdj 91. Bienburg, f preuß. Dberftlieu*
tenant a. ©." Unb icßon biefe (ef.de epauvtabtßeiluug allein würbe wegen ihre«
reichen tÖiaterialß an cnlturhiftorifch itub litterarifcß widrigen ©aten ©eießmamtß
©ueß für jeben mtentbefnlid) machen, ber fid) mit bem ©rama befchdftigt.
rt. Jb. ©ratran cf.
& ö it i g a it ut lu o 11 c".
Gin ©ortrag von 3löoIf öcer.
II. Die önmnwoUc ronfnnttrenöcn Staaten.
Unter ben ©aumwolle confumirenbeit Sänbern fteßt Gngtanb obenan. Bu we(=
<ßer 3cit bie ©aumwollenfabrication bafelbft begann, laßt fid) mit Sicherheit
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nidpt nacpweifen. Sie allgemeine Dlmtupme, baf; her Veginn bei - Verarbeitung in
baS 3apr 1585 gu feßen fei, ift blcfje Vermutung, Sdpon im 17. 3aprpunbert
geidpnete fic^ Stancpefter burdp feine Vaumwollenarbeiten auS unb bie bort gefer*
tigten „Fustians“ mären im gangen Sanbe gefugt; bie tätige, betriebfame Ve*
»olferung ber ©raffcpaft gancafpire fcpeint fiep -fc^on barnalS mit großer Vorliebe
biefem Snbuftriegweige gugeweitbet gu paben. ViS in baß 18. 3aprpnnbert madpte
bie gabrication fepr langfame gortfcpritte unb bie £aupturfadpe bet fo langfamen
Gntnricflung fc^eint in ben mangelhaften Spinnapparaten, welche feineres ©am gu
liefern nidpt im Stanbc waren, gelegen gu haben. Stan ergeugte Varcpent unb
anbere ©ewebe. gür erftercu war Softon ber .'pauptmarft. ©er Steigerung ber
Vaumwollenfabrication »erbanftc Stancpefter feine im »origen 3aprpunfcert immer
mehr gunepmenbe commergielle Vebeutung.
Grft feit fcent citcglifdj^antericattifcben Äriegc (1776) batirt eine neue Diera für
biefen Snbuftriegweig. ©ie meiften mistigen Grftnbungen, welche bie gange ^Betriebsart
»otlftänbig umwanbelten, würben in bem lebten Viertel beS 18. SaprpunbertS gemalt,
unb mit aller ben Gnglänbem eigentpümlicpen Gnergie unb Gonfequeng warf man
fiep auf bie Gultiuirung biefer Stanufactür. Scpon 1816 fonnte fiep ber englifcpe
Stinifter gorb gioerpool im Parlamente bapin äußern, „baff opne Vaumwolleninbu*
ftrie Gnglanb nie bie SOtittel gepabt paben würbe, ben Ärieg fo lange fortgufepen,
feinen Dltliirteu ^»ülfSgelber gu gewähren unb einen epren»oHcn grieben gu fcpliefjen".
©aS peroorragenbe Uebergewicpt GnglanbS übet bie anberen Stationen Guropa’S
fann nidpt in Dlbrebc geftellt werben; feine Vaumwolleninbuftrie ift burep ©üte
unb Söoplfeilpeit ber Sßaare bie erfte ber SBelt.
©er Gonfum oon VaumwoHc fteigerte fiep oon 3apr gu Sapr. 3«n 3apre
1781 »erarbeitete Gnglanb 5 Still. Pfb., 1790 31, 1800 52, 1810 124, 1820
146, 1830 256, 1840 528 Still. Pfb.; bie ©efämmteinfüpr beS StopftoffeS war
aber beträcptlicpcr, ba ein Speit wieber reerportirt würbe, 1859 »erarbeitete man
965 9 Still. pfb. Vanmwolle, atfo wocpentlicp burdpfcpnittlicp 18 1 /* Still. Pfb.
Großbritannien eonfumirt um 48 y 2 pGt. ntepr Vaumwolle als baS gefammte
übrige Guropa unb um 7 1 * pGt. weniger als Guropa unb 9torb*2lmerica gufam*
mengenommen, ©ie größten Viengen beS StopftoffeS tarnen auS ben Vereinigten
Staaten, biefe lieferten gwifcpeit 73 unb 86 pGt. ©er Apauptmarft ift feit bem
Gnbe beS »origen SaprpunbertS Sirerpool, wo »«/ IS ber brittifepen Vaumwollein*
fupr auSgelabeit werben. Seit 1845 beftanben Ginfuprgölle, weldpe bem Staats*
fdpape 683.000 Pfb. St. einbradpten.
Gnglanb ergeugt alle Sorten baumwollene ©ewebe, weiße, ungefärbte, ge*
brudtte unb gefärbte. Von ber großen Vebeutung ber englifdpen Vaumwolleninbu*
ftrie fann man fiep eine ftare Vorftcllung madpen, wenn man bie Gjrportliften »er*
gleicpt Von ber ©efammtauSfupr in ben Sapren 1812 bis 1814 im SBertpe »on
40 Still. Pfb. St. tarn über bie Hälfte auf Vaumwotlenftoffe; nadp bem grieben
trat eine SHenberuitg ein unb bie DluSfupr fepmanfte bis inS »ierte Saprgepnt
gwifepen 14 bis 18 Still. Seit biefer Seit ftieg ber Gjtport mit geringen Unter*
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brectyungen nfljätyrltcty unb meiste 1850 bie £)ötye pon 28 25 Still. $)fb. ©t.,
wätyrenb ber S 5 ?erf^ ber ©efammtauSfutyr 7136 Still. $)fb. ©t. betrug; 1860 ftieg
biefe auf 135-8 Still., wooon 52 Still. ^fb. ©t. auf baumwollene ©ewebe unb
©am tarnen. Sie 3atyl ber baumwotlenfabrifen war 1856 2210 , pon beiten in
©nglattb unb Sßaleö 2046, in ©ctyottlanb 152, in Srlanb 12 ficty befanben. Sie
3«tyl ber ©pinbcln würbe bamalS auf 25 6 Still., unmittelbar por bem 9lu8btuctye
be§ bürgerfriegeß in ben bereinigten ©taaten auf 33 Still. gefctyätyt. äßebeftütyle
waren 1856 370.195 im ©ebraucty, gegeu 3000 im Satyre 1814 unb 100.000
im Satyre 1835.
Sa 8 ©tyarafteriftifdje ber englifd;en «abrifcn beftetyt barin, baf? fie meift groffe
©tabliffementß unb befstyalb beffer in ber Sage finb. bie ©onjuncturen ber Stöbe
ju benütyen. Sn ©nglanb fommen burd)id;nittlid) über 12.600 ©pinbeln auf eine
gabrif, in ffranfreicty 7580 unb nur einige ber elfätyifctyen «abrifen tyaben eine
ber englifd;en gleiche ©piitbefyatyl. Stit biefer großen 'tluöbetynung ber engltfctyen
baumwolleninbuftrie ftetyt baö 'tlufblütyen vieler ©täbte, welttye im porigen Satyr«
tyunbert nod) unbebeutenbe £)rtfd;aften waren, im innigften 3ufammentyange. Sie
bcoßlferung Stand)efter 8 , ber £iauptflabt bes baumwollengebieteS, wuctyö feit 1776
bie 1851 um ba 8 18factye. Sie benactybarten Drte boltoit, blacfbum, SRoctybale
©Ibtyam u. m. a. tyatten 1770 etwa 3000 bis 6000 ©inw., im Satyre 1861
jätylte bolton 70.396, blacfbum 63.125, Dlbtyam 72.334, fh'octybale 65 000
©inw. Sie baumwollenfabrifen erftrecfeit fid) nictyt bloj? übet Saitcaftyire, fonbem
aucty über bie benactybarte ©raffctyaft ©tyefterftyire unb einen Styeil oon Sforfftyire,
SSeftribing genannt. Sn ©ctyottlanb ift bie ©raffctyaft Sanarf £>auptfity ber bäum«
wolfeitinbuftrie, ber tyerporragenbfte £>rt ift ©laßgow, aufierbent fommen nur nocty
‘Jlberbeen unb ^aielan in betrad;t. ©ctyottlanb, befoitbere ©ladgow liefert aucty
trefflictye ©ticfereien.
3 n ben bereinigten ©taaten 9torb»2lmericd’§, welctye por bem Slußbructy be§
bürgerfriege 8 in ber berarbeituug ber baumwolle bie $weite ©teile einnatymen,
batirt bie baumwollenfpinncrei feit, 1643. Samale be^og man ben fRotyftoff au 8
barbaboeö. Sie erfte grofje gabrif würbe 1791 ju 9ttyobe=3elnub angelegt. Sa 8
fctyuj^öllnerifctye ©efety pon 1816 fuctyte bie tyeimifdjc baumwolleninbuftrie 3 U be«
günftigen, baniale gab e 6 etwa 15 ffabrifen in bcr gan 3 en Union, weld;e 11 Still-
$>fb. baumwolle perarbeiteten; 1831 3 <itylte man fctyon 795 gabrifeit unb befonber 8
in ben letytcn 3 wei Secennien tyat bie ©rrictytung ber ©pinnanftalten rafcty 3 uge=
nommen. Sie 3atyl ber ©Rubeln fctyätyte man fctyon 1849 auf 6 StiH, por bem
$u 8 bructye beS bürgerfriege 8 feil fie beinatye 12 Still. betragen haben. Surcty eine
9 ln 3 atyl praftifctyer berbcfferungen, welctye an ben ©pinn« unb Söebemafctyinen ge*
mactyt würben, burcty gwecfmäfjige ©inrictytung ber Sabrifen, burd; bie aufjerorbent*
lictye Styätigfeit unb 3 nteUigen 3 ber Arbeiter tyat e 8 bie nmericanifctye baumwollen*
{nbuftrie batyin gebractyt, baf; fie in ben gröberen ©orten mit ©nglanb concurriren
fann. Sie größten baumwollenfabrifen befinben ficty in ben 9teu*@ngtanb=@taaten
pornetymlicty in StaffactyufettS, 9ttyobe*38lanb, ©onnecticut, ^»ennfplpanien unb fftew«
)tBo<fcen!d)rift. 18G4. S3anb III. 2S
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484
2)orf. fowell ijt baS SRantefter Slmerica’S. Siot ira 3ahre 1815 eine SBilbjrife,
erhob eS fit innerhalb gweier Sahrgehnte gu einem bebeutenben gabrifgorte. ©ie
©übftaaten begannen ebenfalls ft<±) bei ben Sauntwotljpiitnereien gu beteiligen.
3m Anfänge unfereS Sabrlmnberts »eripann man in America etwa 500 fallen
Saumwelle, 1810 30.000, 1815 0 27 ÜJlill. fallen. 3n bem 3eitraume »on
1827 bis 1857 ftieg ber Saumwcflencenfuni in ben freien ©taaten 5Rorb«9lmerica'S
»on 0 44 9)iill. auf über- 3 SORiU. ©tr.; 1850 betrug ber ©ejammtwerth ber Saum»
wollenprobuction 'Jlmeriea’S 65 5 3Rill., 1860 115*2 9NiH. ©ollarS.
Unter ben eurepäiiten Sänbent nimmt granfreit ^infidjtlic^ ber SRenge unb
beS 3Berit>eS ber »erbrausten Saumwolle ben erften $>lafc nat ©rofebritannien ein;
an SDiannigfaltigfeit ber gabricate, an ©efehntacf uub ©Sönbeit ber (Gewebe fte^t
eS faft ohne Vitalen ba. ©te Saumwollenfabrication in granfreit batirt feit ber
gweiteit Hälfte beS 17. Jafrbunbertö. 9)ian begog bamalS ben tRobftoff auS ber
Seoante; SRarjeiHe war ber £)auptftapelplafj für ben Import. Sie gortjtritte,
wel^e biefer Snbuftriegweig währenb beS 18. 3al)rtmnbertS matte, waren »erhält»
nifemäfeig unbebeutenb, erft unter bem ©oniulate natjm bie 3# ber Sanmwollen*
Ginnereien unb SSebereien gu. ©ie elfte ©püntmaiSine, weite in granfreit in
©ebraut war, fam »on ©nglanb nat ©ent unb würbe »on ben ©ebrübern Sau»
wen bem erften ©oniul 311 m ©eftenf gemadit. ©in weiterer gortftritt fnüpft fit
an ben Slawen 9iid>arb SenoirS, beS ©rfittberS beS metaniften SJebeftuhlS. ©er
©onfunt an Saumwolle nahm unter bem Äaiferreite um baS ©oppcltc 3 U; eine
weitere Steigerung fonnte auS bem ©runbe nitt cintrcten, weil in geige ber ©on*
tütentalfperre bet Serfehr mit America gelähmt unb ber Sirpftoff befehalb nur ftwer
3 U begieheit war. ©ie ©ejcfegebung h'nfid;tlit ber ©atnauSfuhr unterlag währenb
ber 0le»olutionSjahre manterlei ©twnntuugcn. ©ent liberalen 3olltariie »on 1791
folgte ber mehr ober weniger reftrictioe »om 31. ©ctober 1796 ( 10 . Sromaire
V), ber erft burt baS ©efefe »om 13. SDiärg 1804 befeitigt warb. Salb jebot
trat eine abermalige 2 lettberung ein. Slat beit ©ecreten »om 22. gebntar uub
30. SKpril 1806 liefe matt bie ©infuhr »on feinett ©amen 311 , ber Sniport niebriger
©nrnnumntern war prohibirt. ©in allgemeines ©infuhroerbot warb 1809 erlaffen,
weites felbft nat ber Steftauration mit geringen Unterbred)nngeit bis 311 m Sahre
1834 in Ära ft blieb, ©ie SRegieruttg begnnftigte burt $>rämienertbeiluug ben @jr»
Port. ©rofe beS SerboteS founte matt nitt alle unb jebe ©infuhr pinbern unb ber
©tmuggel ftanb, wie attberSwo bei ähnlitcr ©efefegebuttg ijt »oller Slüthe.
granlreitS Saumwollenfabrication ijt itn ©rofeett in brei ©iftricten ober
©ruppen »ertbeilt ©iefe fittb ber ©fteit mit SRühlhauien, ber Slorbett mit Stoueit,
ber fRorbofteit mit ©t. Dueittin, .'Roubaix unb Eilte, als SRittelpunften.
©er Dften fabricirt nieift bie feinen SBaateit, weite ait ©tönheit unb ?Meit s
tum beS ©ewebeS unb ber garben, io wie an ©eftniacf itt ihren ©effinS alle
anberen gabricate übertreffen. 9)ian matte in SRüblbauiett, bent joauptorte biefer
Slrtitel, im 3ahre 1746 ben Anfang mit Saumwollengewebett; erft 1800 famett
SDlaftinengefpiunfte in Slnwenbuttg unb feit 1805 bürgerte fit baS ©tneUftiff*
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<fye« rin. 3m Saftre 1834 gctylte man im öftlidjen Ärrife 56 Spinnereien mit
700.000 Spinbein, 1846 88 Gtabliffement? mit 114 Sftill. Spinbein, 1856
warnt 109 Spinnereien mit 149 9Üli(l. Spinbein befchäftigt. Sie $raft ber 93ia=
feinen, burd) welche bie Spinbein in £f)ätigfeit gefegt würben, belief ficf) auf 8219
'Pferbefräfte, baren tarnen 4263 pGt. auf Sampf unb 57-37 pGt. auf SBaffer
Sie 3af>l ber befdjäftigten Arbeiter betrug 29.995; an 8ot)ncn erhielten bur^idjnitt»
lief» bie Männer 3, bie grauen 2 gr., .ftinber eon 20 Gent, bi8 1 gr. ben Sag.
Sie gröfjte k 2lu8behnung t>at bie töaumwolleninbuftrie im Separtement Dber=
Dt^rin erlangt, wo auch guerft 1803 bie 9)ta jehmenfpimterri eingefüEjrt würbe. 3m
Separtement ber üBogefen würbe bie erfte Saumwolleniptnnerei 1804 ringefü^rt,
im Separtement ber oberen Saone 1818, bie übrigen felgten erft 1825. Sie 3afil
ber SBcberricn wirb 1856 auf 136 im oftlid)en Äreife angegeben, welche 37.897
JQänbe befebäftigten, unb gwar 25.104 bei 9)iatd)inen=, bie übrigen bei .panbwebe=
ftüblen. .fternorguhebeu finb bie oorgüglid) eingerichteten Snufereien, mit benen 33or=
rid)tungen gum ^Mcicbcn unb Plppretiren ber Stoffe »erbunbeu finb. Sa? bebeu»
tenbfte Gtabliffement ift jenes reit Sollfuff SJiieg u. Gomp. in ^iüfdhauiett, wel*
d;eö alle ^roceffe, bie baö ^Rohmaterial burd^umacbcn bat, als Spinnen, SBeben,
gärben, Srucfen, Ulppretiren in fich rereint.
Sie (Gruppe ber SRormanbie tarnt in 5lnfehung ber Spinbelgal;( unb beß 58e=
barfeö au Siobmaterial alS bie erfte grantreid)8 angefchen werben. 5)ian fefjä^te ben
23ebarf au Baumwolle (1856) auf etwa 30 SJiill., währenb gaitg grantreich 70
biß 72 9Will. Äil. confumirte; ron ber ©ejammtgabt frangöfifcher Spinbein, bie
auf über 5 SOiitl. angegeben wirb, fommcit l>/ ä bi8 2 9)iill. auf bie Slormanbte.
Sie gabricate gehören meift ben gröberen unb ichwereren Sorten an, hoch werben für
ben algierifchen Gppovt auch !<böne gebleichte 3*uge gefertigt. Sie fogenannten
StouennaifeS au8 gefärbtem ©am fittb weltberühmt. ‘Auch bie ©arngefpimtftc biefeß
Äreife? gehören ben niebrigen SRnmmern gwiid;en 4 unb 36 an, bie ^auptmenge
ift SRr. 26. Sic gabricate ber Bretagne finb jenen ber Stormanbic ähnlich- Sa=
gegen werben im frangöfifchen glanbetn bie feinften unb foftbarften ©aumwoHen=
ftoffe gefertigt, Sarare unb St. Quentin, auch Pille unb 33a(citcienne§ liefern @e=
webe non aufterotbeutlidH'r Schönheit. ©efdjmacfoolt unb lehr füuftlid) ift bie Gr=
geugmtg non Sarlatanß unb DrganbinS gu Sieben in Sa rare. 3n 33aumwoff=
ftictereien concurrirt eö erfolgreich mit ben feinften, leidjteften unb notlenbetften
fehweigerijehm Slrtifeln, an Sieiitbeit unb Schönheit gefchmacfnoller ÜJiufter über»
trifft er biefelben.
Slufjer in biefen ©ruppett ift bie SPaumwoUenfabrication aud) m anberm füb=
liehen unb fübweftlid;en Separtement? giemlicb beträchtlich oertreten. @8 beftehen
in 42 Separtement8 Spinnereien, in biefen unb noch 5 anberen finb SBeberrien
im ©ange. Sie ©efammtgahl ber Spinbein beträgt 5 >/* ÜJtiH., im Surchfchnitte
tommen auf eine Spinnerei 7580, im Gljafe jebod; 12.500 Spinbcln. Ser SSerth
fämmtlicher 33aumwollenergeuguiffe wirb auf 334 SJiill. gr. gcfct)ä^t. Ser größte
Shril ber Siohftoffe wirb au8 ben ^Bereinigten Staaten importirt, aufjerbem liefern
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noch 9teghf>ten, ©taftlien unb Qft=3nbien beträcf)tlid>e Quantitäten. Sie .£>au}>t*
märfte finb ©larfeille unb £>a»re; le^teveö »erforgt auch noch bie Schweig mit
©aumwolle. Sie 9tu§fui>r an baumwollenen ©eweben ift »erhältnijjmäfsig unbebeu-
tenb; bag größte Quantum wirb nach 91 (gier eflwrtirt, fobann nach Gttglanb unb
ben bereinigten Staaten 9torb=9lmerica'g. 3n ben Sohren 1850 big 1850 ftieg
bie 9tugfuf)r nach Gnglanb allein um etwag über C7 pGt. Ser frangßfifch=englif<he
tpanbelgoertrag fdjeint in biejen £)anbelgbegiehungen eine totale 9(enberung herbeigu«
führen, boc^ läfjt fidj bei ber Äürge ber Beit nod; fein enbgültigeg Stejultat erniren
Sie ©aumwotlenprobuction ber Schweig nimmt fyinfidjtlid) ber ©orgüglidjfeit
ber gabricate eine heroorragenbe Stelle ein. Sie engliidjen Grfittbungen fanben
hier fc^neUer alg in ben anbercn Sänbern beg europäifchen Gontinenteg Gingang
unb fcfyon in ben erften Secennien unfereg Sahrhunbertg waren eine 9lngahl gabri«
fen in S^ätigfeit, bie in ben lebten Sauren alljährlich gunahmen. Sie fdjinetjerijc^en
gabricate h^en auf ben SnbnftrieauSftellungen unbebingteg 8ob geerntet. Sag
fchweigerifcbe ©atu, beffcn Solibität allbefannt ift, ift überall ein gejuchter 9lrtifel.
©Ran »erfucbte felbft bie feinen ©arnnummeru tabellog hergufteHen. 3lut ein gerin«
ger £h e ü baoon wanbert ing 9luglanb, ber gröfjte Sheil ®i*b im 8anbe felbft gu
ben mannigfachften ©eweben »erarbeitet, bie fich buvd; Solibität unb Sauerhaftig*
feit augjeicfjuen. 3n ben mittleren unb orbiuären ©attungen ift bie Schweig ein
bebeutenber Gon current Gnglattbg, in ben feineren 9lrtifeln rwalifirt fie erfolgreich
mit granfreidj.
Sie einfachen unb ferneren ©ewebe finb im Ganton Uhurgau ^eimifdh, wo
glatteg ©aumwollentud), 9Rafjtüd;er, £attune, ©ettgeuge, ©archeitt, jpofenftoffe u. f. w
fabricirt werben. Sieielbeit Stoffe werben auch im Ganton 3ürich in »orgüglicher
Qualität »erfertigt, baneben aber bie feinften Samenfleiberftoffe Sie feineren gang«
wollenen unb gemixten Stoffe finb in ben Gantoneit 9largau, St. ©allen unb
9fypengetl tjeimifc^; lefjtereg ift ber Si$ ber feinften ©touffelinfabrication. „Sie
fchweigerifchm ©ewebe oerbreiten ben fchweigeriicben Flamen in alle SSelt. Selbft
bag JReich ber ©litte ift ben fcbweigerifcheu ©aumwollenfabricanten nicht mehr »er«
fchloffen. Stoffe »on fo wunberbaren Farben unb ©tuftern, »on fo »erfd)iebenarti=
gen geinheitggraben werben h'et bereitet, baf) ber ©e>d;auer über ben Umfang beg
menfd>tt<^en Grfinbungggeifteg ftaunen muf;, unb nid)t nur bie ©ebürfniffe aller
©ölfer, fonbern felbft bie aller Stänbe werben hier befriebigt. ©tan fieht in fchwei«
gerif^en Gtabliffementg für bie ©ebürfniffe aller Sauber ber Grbe, aller Älimate
unb 3onen arbeiten, bag im fernen Sübeit ergeugte ©laterial burch ©eftalt unb
garbe für biefe fo unenblid) »erfchiebeitartigen ©ebürfniffe gurichten". gür bie
Sracferei, worin ber $anbbrucf noch immer überwiegt, finb Bürich, ©larug, £h ur gaui
9largau, Scf)affbaufen nnb Sieuenburg hpauptfifK. Sie 9lyh r eturanftalten finb »or«
trefflich *•
1 3m 3at)re 1844 gal' e-J 131 (Spinnereien mit C62.000 Spinbcln, 1848 bloß 100
Spinnereien mit 450.000 Spinbein, bie 240.000 dir. ®arn »erarbeiteten gegen 1G0.000 im
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Sie Ginfüfyrung ber ©ticfcrei in ber ©d)roei$ batirt feil bet SJiitte be8 oori«
gen 3afyrl>unberlö. Siele fdjnjeijcrifdjen Slrtifel haben burd; Feinheit unb (Sauber-
feil ber SSaare. bureb SJiannigfaltigfcit nnb Schönheit ber fDiuftcr überall eine
bobe Sfncrfenmtng gefunben. ^auptiaddicb in ©t. ©allen unb ilppenjefl ift biefer
3nbuftrie$weig beintifd). S3i8 in bic jüngfte 3«it war bie £>anbarbcit fafl auSfcbliefi«
lieb ben^en^i M 1855 b^t au<b b»icr bie SDfafcbinenfabrication (Eingang gefunben»
na<bbem man auf ber ^arifer (Muöftellung bie Seiftungen einer Sticfmafcbine len*
nen gelernt batte. Sa0 Sierbienft ber ©rfinbung gebührt ßeiltnann, ber jebo<b fein
patent nach ©nglattb oerfauftc, woher bie SJiafcbine unter bem Sßamen 3ame8
$oult8wortb8 jum SSorftbetn fam. ©eit ihrer ©infübrung in bic ©cbweij b a t fie
wefentlicbe Skrbefferungen erfahren.
Sie ©pijjenflöppelei bie im »origen 3abrbunbcrtc großen ©ewimt abmarf,
beftbäftigt auch E>euto noch oiele fleißige .pänbe, bcfonberS im Ganlon fReuenbutg,
wo fie juerft bur<b fran^öfifdie Flüchtlinge nach Aufhebung be8 CSbicleS oon 9iante8
©ingang fanb. 3« ben ©antonen SBaabt unb ©enf, in 33em unb ©djn.'^ werben
ebenfalle ©pifjen oerfertigt, bie feinen geringen SCuSfubrartifel ber ©ebraei^ bilben.
3n Seutfcblanb würben bie erften tnccbanifcbcn 33aumwoHfpinnereien in ben
3abren 1784 bi8 17114 in ben JRbeinlanben errichtet. Sßäbrenb bet ©ontinental»
fperte erweiterten fteb ^war bie ©pinnfabrifen, auch bureb bie ©rünbung be8 3oß*
oereineö erhielten fie eine mastige Anregung, fomiten aber bennodb feine bebeu*
tenbe 2lu8bebnung gewinnen, unb ber 3otloerein ift genötigt, einen großen 3-beil
fcineB 93ebarfe8 au8 bem 2lu8lanbe ju belieben. ÜJlan gab bem ©rängen bet ©pin«
nereibefiber nach unb erhöbt« ben ©dfuf* für ©am; nt einigen ©egenben Seutf<h=
lattbS, wie in S3aben, SBürttemberg, Saiem, ©aebfen unb $>reu§en warb ber ®pe«
culationSgeift angeregt unb mehrere ©pinnereien würben eingerichtet; wenn aber
trofebem bie Spinnerei nicht ben gewünf^ten 2lufi<bwung nahm, fo liegt bie8
bauptfä<blicb bariu, baf man bie neuen ©rfinbungen unb SSerbeffemngen »iel ju
wenig benü^te unb, weil man ficb bureb «inen 3«H gefcbüjjt glaubte, ficb ben Fort»
febritten be8 mitconcurrirenben 2to8lanbe8 »erfcblof.
Sie8 muh befonbcrS ton ©aebfen behauptet werben, wo bi8 gum 3abte 1839
alljäbrlicb neue ©pinnereien gegrünbet würben unb ohne Schuf) trefflich gebieben.
©etbft al8 nach 1815 bie englifc^en ©efpinnfte bie fDiärfte SeutfeblanbS überflute«
ten, machten bie fächfifebtn Spinnereien treffliche ©efebäfte. 2118 bie ©pimtereibefi{)er
in ben 3abr«n 1828 bis 1830 auf einen ©<bu{)$otl oon 4 2bfr- flU f ftembeS
©efpinnfi brangen, fanben fie Sßiberftanb oon ©eiten ber SBebet unb ©trampfwir«
fer unb fonnten mit ihrem 2lntrag nicht burebbtingen Ser ^Beitritt jum 3oH*
»etein brachte einen Schuf) oon $wei IbM P r - Gtr.; bie SaumpoUfpinnereien oer«
mehrten ftcb ungemein rafcb unb einzelne SSerbeffemngen würben eingefübrt. Sie ©pin»
Sabre 1844; 1857 war bie 3-101 ber Spinnereien auf 268 mit 1,360.000 Spinbein geftiegen.
Ginige uon ben jüngft errichteten Gtabliifemcnte arbeiten mit 60.000 bi« 70.000 Spinbein. Sen
Stobftoff bejeg man früher grpjjtentbeile über Vtocrpccl nnb .Oarre, fpäter birect au4 Stmerica.
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nereien wuchfen, wie 5ßicf jagt, wie pi/ge aus ber ©rbe; wenn ein Stauer ober
ein Stüller fid; gu wohl fühlte, baute er eilte ©Ginnerei; iljr Setrieb, meinte man,
fei fo leid;t, wie breßhen unb mahlen, bie SBclle fteefe man in bie ©«fylagmafdjine»
unb aub ber treffe fäme bab ©am gebünbett bereut. Sie bebrängte Sage, in ber
fich im 3ltlgemeinen bie Spinnereien 1839 befanben, bewog bie iätbfifdjen Spin»
nereibeftßer gu einer 53ittjd)rift an bas 9.Rinifterium, in welker fie betonten, „baß
burd) einen höheren Soll auf englijehe ©arne allein Jpülfe für bie bebrängte Spin»
nerei gu erwarten fei", unb ben Buftanb berfelbeu alb einen fjoffnungblofen begeid)=
neten. Sie Uriac^e aber ber prelären Sage unb ber Unmögtidjfcit mit bem engli»
fdfien ©arne gu concurrircn, lag aber hauptfächUd) in ber Anlegung unooüfommc*
ner ©pinnereien, welche fid> fetten bie mechanißhen Serbefferungtn aneigneten;
wä^renb bie Schweiger fief» beeilten, fo rafd) alb möglich ftd> bie englifdjen S0ia=
feinen angufcfiaffen, nahmen bie fäd^fifc^en unb anberen bcutfd)en ©pinner oon ben
Sortfctyritten beb fJlublanbeb feine SRotij. ©rft feit bem ©nbe ber breißiger Safjrc,
alb ber Slafchinenbau in ©hemniß einen mächtigen Slufjchwung nahm, bemühten
fi«h bie SJJafchinenbauer ben Slnferberungeit ootlftänbig gu entiprechen. Sie fächfifche
Bnbuftrie litt überbieb an 3erfplitterung ber Äräfte unb Stiftet, welche ben Älein*
betrieb fehr begünftigte unb Scuteii ohne tedjnifcbc Äenntniffe bie Segrünbung oon
gabrifen ermöglichte. Sie ©pütnereien haben in ben lebten Bahren nicht gugenom»
men, wohl aber trat eine ©rhöhung ber ©pinbelgahl ein. Sie ©inricbtungeit unb
bie Setriebbmethobe finb nid;t gleichmäßig; bie üriebfraft ift bei ben meifteti bab
SBaffer ©eit bem Bahre 1850 ift eine wefentliche Sßefferung in ber Sctviebb*
methobe eingetreten. Slctiengefellßhaften begrünbeten eine Slngahl ©piitnereien, welche
ben godfd;ritten ber Sedmif oollfommen entiprachen. Sie erfte Anlage biefer SCrt batirt
gwar aub bem Bahre 1837, aber erft 1849 folgte bie Spinnerei unb äßeberei in
©ttlingen. 3«t 3ahrc 1858 gäblte man fd)on 21 gabrifen, welche mit einem 2lctien=
Capital oon i 3 45 Still, Sfßr. unb 2 63 Still. Prioritäten gegrünbet worben waren.
Surd) ben ©<huß nahm bie probuction in Seutfd^laub bie {Richtung auf gröbere
Summern, ba er für bie feineren Summern natürlich ein ungleich geringerer ift,
alb für bie gröberen. ©rft in bem oorigen Sccennium hat fid> ber Unternehmung*»
geifi ber beutfd)en Spinner aud) ben feineren ©orten gugewenbet, unb gwar mit
fehr gutem ©rfolge, unb eb [teilt fich felbft nach ben Slubiagen ber intelligenten
©pinner mit ©oibeug heraus, baß bie beutjebe gabrication in biefem ©ebiete auch
ohne ©chitßU'K gu beftehen in ber Sage ift. Sie Slctienfpinncreien haben eine be¬
trächtliche Sioibenbe gcgahlt unb gebeten oortrefflich. Sie fächfifche Spinnerei ift
überflügelt worben unb nur burd; große Slnftrengungen wirb eb ihr gelingen, ihre
oormalige Stellung im 3<.'l(oerein gu behaupten.
Sie 33aumwo(lenweberei hat fich in Scutid)lanb in jenen ©egenbeit eilige»
bürgert, wo früher bab Seinengewebe heimiid) war. Sie war jeboch am ©nbe beb
oorigen Bahrhunbertb nur fpärlid; oertreten, ba bie gortidmtte biefeb ©ewerbeb in
©roßbritannien nicht ßhnell genug in Seutfchlanb ©ingang faitben. 3n ben Shein«
lanben ging man ßhon ungefähr um bie Stifte beb oorigen Bahrhunbertb oon ber
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gemixten SBaare gu rein baumwollenen gabricaten über nnb evft als bie ©onti*
netitalfperre ©rofebritannien »om beutfcben 9Jiarfte auöictjlof,, naf)m btc Sannt*
woßenfabrication in ©adbfen einen großen Sluffdtwung. Vacb ber Ülufjjebung ber*
felben eroberten ficb Sritten ben beuticben SERarft. ©urd) ben Slnfcblufj ©acftfenS
an ben 3oD»etein gewann bie üKanufactur bafelbft unbebingt, wogegen man in
©Ibetfelb unb Serlin bnrcb bie ©oncurreng ber fädtfifdten Slrtitel genötigt warb,
fid) auf bie gabrication feinerer Slrtifel gu cerlegen. Sn ber £auft$, ©Rieften»
ferner hn Voigtlanbe, in mehreren ©egenben ©dtwabenS, SBcft^aienä »erbrettete
fid> ebenfalls feit bem Anfänge unteres- 3al)rf)unbertS bie Verfertigung baumwoHe*
ner 3enge. Seträditli^e gortfdmtte. machte man in SBürttemberg unb Saben, nn*
bebeutenb waren unb blieben bie Saumwollenwebereien in Saiern unb St^nringen.
©in ^auptübelftanb bet beutfcfien SBeberci war »on fetter ber SSJiangel an ©oncen*
tration unb ©entralifation unb bie geringe Slngaltl meefjanifdter SBebeftüfile. 3n
ber SaumwoHenbnntwebcrei ftanb ©adhien ehemals obenan, in neuerer 3eit Ifat tpof
ben Vorrang gewonnen
Sn ber gabrication ber baumwollenen leisten ©ewebe wirb im 3»lfoereme
wenig probucirt, obwohl einige gabricanten auSgegei<bneteS leiften. 3n ber Saum*
woflenfammtfabrication, einem bet f^wierigftett, aber aud) (oftnenbften ©ewerbe, finb
einige »iefoerfpredtenbe Anfänge gemalt worben, unb in Saben, ^tenfjen unb
Saiern würben einige gabrifen errietet, bie ^infid^tlid) tltrer geiftungen nur ber
englifdten gabrication nadtfteljen. Von befonberer SBicbtigfeit ifi bie gabrication
ber baumwollenen CaftorS, ©afmufS unb SamaS, wobureb bie ärmere Setölferung
einen billigen, bauer^aften unb warmen SefleibungSftoff erhält. ©iefe Ötrtifel, bereu
©onfnmtion befonberS in ben norblidten ©ebieten gugenotmnen bat, werben in faft
allen 3oüoereinSftaaten fabrfeirt. ©en erften plajj behaupten bie im Greife ©lab*
bad) in Vbetnpreufjen verfertigten EKamrfacte, wo bie gabrication in ben »iergiget
Sabren ©iitgaitg fanb nnb felbft ©nglanb famt fidt hierin mit ben beutfcfyen 8ei*
jtungen nid)t meffen. Sn ber gabrication »on ScaocrteenS, SJioleSqirinS, ©atintopS,
worin ©nglanb baS Vorgüglicbfte leiftet, ^at man cS audb am VI)ein (©labbadb),
Saben (©ttlingen), in $>amto»er nnb in ©adtfen gu ^eroorragenben Seiftungew ge*
brad^t. ©ie gabrication baumwollener plüfdte wirb befonberS in ‘Preußen feit beit
lebten gwei ©ecennien fdtwungtnift betrieben. SefonberS auSgegeidbneteS leiftet nian
in SBeftcnftoffen. Sn Sertin, am JRljein unb in ©a^fen ift bie ©rgengung biefer
Slrtifel am lebftafteftert. ©ie ^robuction »on Piques unb pfqueartigen tÄrtifeln bat
in ©a^fen. befonberS iri ber ©egenb »on .^olten^eim, in Preußen unb irt SBürt*
temberg Verbreitung, aber noch immer feine gtofse SluSbebnmtg gefunben unb ber
3»H»erein importirt groftc Quantitäten, obwohl ber ©fngangSgoll 50 2$*-
©entner ober 35 p@t ad valorem beträgt. hinfiebttidb ber Stoberie ftc^en @adt)=
fenS auferdtbentlidte Seiftungen obenan, bie Vorgänge unb alle« bagu ge$6renbe
concurriten erfolgreich mit frmigöfifdben gabricaten, bie fte »ermöge ihrer billigen
greife übertreffen. 3fu«h in SBürttemberg ift biefer 3nbuftrieg»eig betmifd)
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440
©ie Appretur ber 2?aurmrof(cnitibuftric wirb reit einem großen Steile beS
iubuftrieflen ©eutfd)lanbS »ernachläffigt, waS um fo mel;r ju bebauern ift, ba fie
bie Verfäuf(id)feit bet gabricate weient(id) f)inbert. 9tur in einzelnen Säubern haben
bie 2tppreturanf*alten gortfdjritte gemalt, fo in Vabcn, Vaiem, Württemberg unb
@ad)ien. „WaS Sippreturanftalten »ermögen, wenn fie mit ben nötigen ,§ülfS*
mittein auögeftattet finb, wie fie auf bie .<pebung einer Snbuftrie einwirfen, fie^t
man augenfcheinlich in ben in ©labbad) unb Sü^cpbt betriebenen. ©ie bortige Sa*
britation »erbanft einzig unb allein ihr 33efte£>en, ihren enormen Ülbfaf unb ittre
ausgezeichneten Seiftungen ben bort begrünbeten Slppreturanftalten. ©iefe Snbuftrie
finbet hteburd) bie Slnerfennung, bie iljr auf allen Weltmärften 311 geworben".
©in wichtiger 3meig ber beutfehen VaumwoHeninbnftrie ift bie ©trumpf*
manufactur, in welcher baö fächfijd;e Erzgebirge eine hcr»orragenbe Stellung ein*
nimmt, ©ie wirb meift auf Dörfern bnrd) ^auSinbuftrie betrieben. ©ie Einfüt)*
rang biefeS SnbuftriezweigeS batirt feit bem Üinfange beö 18. SahrhunbcrtS; ber
erfie ©trumpfwirfer lieh fid) in Simbad; ttieber ©ie 3al)l ber gangbaren Web*
ftühle wirb gegenwärtig auf 25 000, bie ber Arbeiter auf 3G.000 bis 38.000 ge*
fchäjjt. ©ic ©trumpfwirfermeifter finb faft fäinmtlid) im felbftftänbigen Vefijj ihrer
©tühle. ©ie ftehen im 3nnung8»erbanbc, halten ©efellcn unb Sehrlinge; grauen
unb ätinber befchäftigen fich mit bem SRähen ber ©trumpfwaaren. ©ie Slbfa^queHen
finb, mit wenigen Ausnahmen, America, ©ie ©efammtprobuction beträgt gegenwär*
tig bei 3 ÜJtiH. ©trümpfe. Üluherbem wirb bie ©trumpfwirferei auch noch *“ ^ ctt
angrenzenben ^heilen ©achfenS. in ü£fmringcn unb Vaiem betrieben, gemer in
granffurt a. SDt., Homburg, Nürnberg unb in einigen Orten Württembergs.
©ie Vaumwolleninbuftric fam in Deftcrreid; oerhä(tni§mähig früh auf. ©<h»n
am ©nbe beS »origen SahrhmtbcrtS beftanben im Sanbc unter ber EnnS unb in
23öhmen mehrere Spinnereien unb ©ruefereien. ©ie SRegierung fudjte burch ein
faji prohibitioeS ©pftem bie Vaumwollenmanufactur gegen bie Uebermad)t auSge*
Bitbeter gabrifSftaaten 31 t heben unb z» fcBü^eit. 2(m auSgebehnteften wirb bie ©pin*
netei in 5ftieber*Defterreid) unb Vöhmen, fobann in Slirol unb Vorarlberg betrie*
ben. ©ie meiften Spinnereien bef^räitfen fich auf bie Erzeugung ber groben ©arn*
nummern »on 1 bis 40, währenb bie ^robuction feinerer ©ame ohne 23elang ift.
©ie 3ahf ber ©pinbeln hat feit bem »ierten 3 ahrzehnt alljährlich z u 9 fnommen >
ebenfo bie 3ntenfität beS VetriebeS. 9Jtan zählte im 3ahre 1841 988.238 ©pin*
beln, gegenwärtig 17 SJiifl. Viele biefer ©pinnereien befchäftigen fich nebenbei auch
mit ber 3mimerei; ein Etabliffement auSjchließlid) z u biefem Vehufe — baS größte
auf bem Eontinent — befteht zu ^aratifc in Vöhmen mit 8000 3wirnfpinbeln.
©ie öftcrreid;ifchen Spinner »erbtenen bie 2lnerfennung, bah fie grofce 2 (nftrengun*
gen machen, bem heimiid^en Vebarf zu genügen; mb eh ift bie Einfuhr frember
©ante noch immer beträd^ttid). ©ie Weberei ift meift Sohnweberei unb wirb in
»ielen ©iftricten als lanbwirtbfchaftlicbe 5ftebenbefd)äftigung betrieben. SRedwitifche
Webereien tarnen erft in ben lebten 3ahren in 2luffchwung. SDtan fcfcä^t bie ÜJia«
f^inenfiühle auf 15.000. Stet meiften »erbreitet ift bie Weberei inr Vöhmen,
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441
SRäpren unb Scplefien. Die 3<»pl ber SBeber wirb im 3apre IS60 auf 350 000
angegeben. Der SBertp ber jäprlicpen ^robuctioit wirb auf 100 bis 120 SERitt.
©ulben angegeben.
Söir lönnen unß bei ben übrigen Staaten lurg faffen. Bür ben 3 Seltpanbel
ift nur noep Selgien Dan Sebentung, weltpeß in ben lebten Decennien bic Saum«
woHenfabrication in außgebepntem SSRafsftabe anfgenommen pat. Die Spinnereien
finb »ortrcfflicp unb liefern ber SBcberei, welche in faft alten 3weigen Vorgüglidpeß
leiftet, ben ganzen Sebarf. Die 3nt>l ber Spinbein beträgt beinahe eine SWillion.
Der ^auptfip ber Snbuftrie ift glanbern Sourtrap, Joumap nnb ©ent leiften in
ber SBeberei $lußgegeicpneteß; bie Verfertigung orbinärer ©ewebe überwiegt. —
«£>oflanb pat erft feit bet Sodreifjuttg Selgicnß fiep biefem Snbuftriegweige guge«
wenbet, inbem non nun an ein großer 5tpcil berjenigen Söaaren, welcpe früper
Selgien für bie Solonicen lieferte, in .fpotlanb »«fertigt würbe. 9Jian gäplt im
©angen 7 gabtifen mit 40.000 Spinbein. — Die romanifepen Staaten, Spa«
nien, Portugal unb Italien, liefern tvop ber ^ortfepritte, welcpe man bafelbft ge«
maept, nieptß non Selang. Slucp in ben norbifepen ©ebieten, in Dänematf, Scpwe«
ben unb Norwegen nimmt bie Verarbeitung ber Saumwolle nur eine untergeorb«
netc Stellung ein, obwopl in ben lebten 3aprcn befonberß in Scpwebeit grojje Sin»
ftrengungen gemaept würben, bie Snbuftrie gu peben. — 3 n fRufjlanb fanb bie
Saumwollcninbuftrie feit bem ^ropibitiotarife »om 3apre 1829 weitere Serbrei*
tung unb bie Sntwirflung berfelben ift nur burep ben großen Sollfcpup, woburep
man jebe frembe Soncurreng befeitigt, möglicp geworben. Die bebeutenbftcn Son*
fnmenten für bic orbinären gabricate finb bie an Stufjlanb grengenben Sßomaben«
»oller; eß finbet gegenwärtig ein bebeutenber Sjrport ruffifeper Saumwollenftoffe
naep bet Äirgifenfteppe unb bem nörblitpen Spina ftatt.
Äein Snbuftriegweig pat auf bie focialen unb politifepen 8 ebenß»erpältniffc bet
Söller fo burepgreifenb eingewirlt, wie bie SaumwoOeninbuftrie. Sefonbere Hat
tritt bieß peroor, wenn man bic Sntwirflung ©rofjbritannienß, beß mäeptigften Son*
fumenten, unb 9torb«3lmerica’ß, beö witptigften s J)robucentcn bcö JRopftoffeß, aufmerl«
fam befrachtet. Die Saumwolle »erfepaffte ben Sübftaaten ipre biSperige Scbeu«
tung, mit ipr jianb bie Verbreitung ber Sclaoerei im innigften 3 ufammenpange
unb pietin wurgelten jeue Äämpfe gwifepen bem SRorben unb Süben, welcpe früpet
auf bet Dribune, jept auf bem Scplacptfelbc bunpgefoepten werben. 9lucp Snglanbß
©efdpicpte ift mit ber SaumwoBc innigft »erffoepten. Die ^Reformen ber »iergiger
3apre, bie Sefeitigung ber ©etreibegöfle, beß Scpupeß, bie 3(nbapnung beß Brei«
panbelß, baß ERicptinterrentionßbogma laffen fiep mepr ober weniger auß bem 3 luf»
fcpwung, ben bie Saumwollenfabrication gewann, etllären. Der Saumwollenintereffen
palber würbe maneper Streit mit ber Union, ber fonft fcpwerlicp opne Äampf bei«
gelegt worben wäre, auf frieblicpe SBeife gefcplicptet. Der Sürgerlrieg in Umetica
pat in ber Saumwollcnprebuction eine gvope Jlrife perbeigefiiprt, welcpe noep niept
überwunben ift.
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S. Berid't ber 4 Sanbcl$famtner in Bubweit. BubweiS 1863. Dbwcbl tfyeil*
weije eine gute Arbeit, in welcher namentlich bie SKbfchnitte iiber Bergbau, gorfteirt^-
fdjaft, gahifen, Straften* unb VJafferbau febr cin^c^eiib bebanbelt werben, machen wir
bed) bem Berichte mit ©runb ben Vorwurf mehr als entfc^ulbbarer Verspätung. 6 t
untfaftt bie ^ericbe ben 1857 btS 1860, aber evft mit Beginn beS (aufenben SahreS
gelangten bie gcbruct'ten 6 ?remplare gur Verfenbüng, Wieben baber fd?on im SlugenMicfe
be$ 6 rfriwinenS um me^t als brei Sabre hinter bem in Betragt gezogenen 3eitranm
3 urücf unb verlieren baburd; ungemein an Sertb. £enn barin foü ja eben ber ^ufcen
biefer TOittheilungen ber ^anbelsfammern befteben, baft fie in mcglitbft furger grift baS
91euefte über bie 3uftänbe ihrer Begirfe gur allgemeinen Äenntnift bringen. gäüt nun
gai eine fclcbe ?>ublicaticn in eine cemntergieü ungewöhnlich belebte 3 eit, fo ift bd$
5^ad;hinfen ber Berichte um fo weniger 31 t billigen. VkS feü aber bie mit 1860 ab*
fcblicftenbe emgebenbe S'arftettung ber BaumwoÜinbuftrie, wo eben feiger bureb ben ame-
ricanifcben Ärieg eine rollige Arife btefeS SnbuftriegweigeS eingetreten ift, was fcü eine
©cbilberung beb gewerblichen Sehens beute, welche bie gangen Bemühungen unb 6 rfclge
ber gweiten ^enbener SeltauSfteÜung nicht mehr in Betracht giefjt? UeberT;aupt wiÜ fich
beim durchgehen beS Berichtes, bis auf bie oben benannten, mit ©aebfenntnift unb @e*
wanbt(;eit gearbeiteten $(bfdntitte, bie Slnftcbt beS 3nfammenraffenß oon TOaterial, wie e$
eben Borlag, aufbrdngen. ©0 ift bie tabellarische darfteüung ber Sohlthätigfeittanftalten
gut am $piape, warum ftnb aber nid't bie Verpflegten unb Sethciltcn aufgefü^rt, um
welche es fich hoch in erfter ütei^e bei folcben Snftüuten l;anbelt? die gewerblichen
?ebranftalten, baS Vereinewefen fehlt gang, unb fo ftcl;t 311 gewärtigen, baft auch bie
wirtlich guten ©eiten beS Buchet weniger gur ?(nerfennung gelangen werben, als fie »er*
bienen unb bat ©ange als etwas unrcllftänbiget, hinter ber 3 *it gurücfgebliebeneS
bei ©eite gelegt werben wirb. Sebcnfafls aber wirb bie Bubweifer £anbelsfammer erbeb*
lid;er 31nftrengung bebftrfen, einen weiten 2Beg gu machen haben, um jenem TOufter
nahegufcmuien, wie et ror nicht langer 3t‘it für berlci ^Berichte ccmntifficneÜ aufge-
ftettt würbe.
* (das neue Stltarbilb in ber SSieuer ^farrfirebe ©t. Ulrich.) ® ie
3luSfd>mftcfung gröberer Altäre burch entipredwnbe Bilber gehört gu ben feltcnen ©rfchei*
nungen; fie finbet aber um fo feltener ftatt, wenn bas Slltarbilb faft riefengrofte dimen*
fionen hat, aus bem einfachen ©runbe, weil berartige Slufcpaffungen mit bebeutenben
Cpfern oerbunben finb, mel;t aber noch befthalb, weil nur feiten bie hiegu nötigen fünft-
(erifd>en Äräfte ber Höfling einer fc fclcffalen Aufgabe gewad)fen ftnb.
3n ber bicfigen ^fat*rfircbe ber ehemaligen Vorffabt ©t. Ulrich, gegenwärtig gutri
ftebenten Begirfe (Neubau) gehörig, bereu Slltarbilber ohne Ausnahme nicht fowobl einer
JRenooirung; ale vielmehr einee uollftänbigen 6rfa$eö bringenb benöthigen, würbe ber An¬
fang gu biefem febönen Unternehmen bereits gemadü unb gwei tfid^ti^c Äünftler I^iefür
gewonnen, ©incr betfelben, .f>err grang 2) cbiaf cbofölp, l;at bad ihm übertragene S3ilb
ooüenbet unb es befinbet ftd; feit bem 17. b. TO. bereits an feinet ©teile auf bem erften
©eitenaltare rechter $anb. £a$ S3itb, 18* 9 /. l n h^^h un ^ H 1 5" breit, mit mehr als
lebenSgroftett gigurett, fteüt ben ^eilanb am Äreuge bar, nachbem er feine lebten 3®orte
gefprodjen h fl U e u «b bereits oerfefaieben war. 2>er Äünftler h«t e« abfichtlich unb mit fluger
Berechnung »ermieben, galftreiche ©ruppen um baS Äreug gu oerfammeln unb fich nur
auf fünf 9>erfonen befdwänft, bie baefelbe umftehen, nämlidh ünfS auf TOaria, bie TOutter
beS «t> e rrn, unb tDiatia 61ecpha, red)tS auf BobanneS, ben ?ieblingßjütiger, unb 8ongi*
nuS, ben rcmifchen .^ au Pt mann 8 U 13ferbe, enblid; auf TOaria TOagbalena, welche uom
gewaltigen ©eelenfchmerge überwältigt, haftloS am gufte bei ÄreugeS gufammengebrochen
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ift. (Se fittb nur btcfe wenigen knbclnben $)erfonen aüf bem riefigen Silbe uertbeilt,
unb bcd) tft bie ®irfung auf ben Sefcbauer eine gewaltige, ja eine* ergreifenbe, unb baS
Auge wenbet ftd? unwiflfürltcb immer trieber ber Hauptfigur, bem meifterbaft ge3eichneten
unb gemalten Heilanbe 3U, ht bem ftd) baS gefammte Sntereffe ccncentrirt. ©er ©e*
fammteinbrucf, ben ber Äiinftler gewiß auch beabficbtigte unb ber bei HeiUgenbilbern, be*
fonberö wenn jte Phviftum ben Herrn $um Sorwurfe l;aben, als eigent’id?eS ©efeß gilt,
ift 9 tul?e, wenngleich in ben Umftehenten ber tieffte Seelenfcbmeq [ich funbgiebt. 3 «
biefer Stimmung paßt. oollfcmmen ber büftere Jon beS umwöfften Fimmel«, ton bem
bie beleud;teten giguren bes Sorgrunbes ftd? !lar unb beftimmt abbeben. 5 £)ie bereits
berfinfterte Sonnenfcbeibe berfünbet bie ftd? nabenben Schrecfitiffe, welche bei biefer weit*
erfebüttemben Segebenbeit bie (Erbe in ihren ©runbfeften erbeben machen unb ben römt*
fchen ßcntitrio in bie 3 £orte auSbrecben taffen: „3rt SQSahrhcit war biefer ©otteS Sohn",
welche Itebe^eugung ftcb in feinem Slicfe unb i n ber Sewegung feiner rechten £anb beut*
lieh funbgiebt. ©er Seelenfcbmer3 ber ©otteS mutter, bie 3itternt unb febnfü ebtig bie .£)anbe
nad? il?rem Sol?ne auöftreeft, als wolle fte ihn nur noch einmal an ihr SORutterhei^
briiefen, nur nod? einmal ben fußen Jon feiner Stimme oernebmen, ift rübrenb auSge*
brueft, nicht minber glftcflicb ba$ tiefe &>eh, baS bie Seele be$ 3 üngerS 3 oh aimcö unb
ber 9 Jiaria ßleepba burd;3ucft, fo wie ber mel;r wilbe ungebunbene Sd?mer3, ber bie
Sruft ber am Ärn^e ttiebergefilnfenen 9 )laria s 3 )lagbalena jerreißt unb helfen Söirfung
ber Äünftler trefflich baburd? 31t milbem berftant, baß er fte bas ©eftcht mit ber regten
^anb bebeefen läßt, wäbrenb fte mit ber liitfen eine bettt Affeet entfpred;cnbe Sewe¬
gung macht.
0S wirb wohl fchwer galten, an biefer f?et*rli c^m Schöpfung einen Serftojj gegen
bie (5errectf?cit bet 3eicbnung unb bie Siid'tigfeit ber ?inien 3U entbeefen, wie beim aud?
ron einem fo begabten Schüler gübrid'S unb ÄuppelwieferS faum 9 JJinbereS 3U erwarten
war; baS Kolorit ift turchauS barnionifd; unb gemäßigt, bie ©ewättber brechen ftch
in eben fo reid'ett als natürlichen galten, unb waS baS ©etnälbS 3U einem wahrhaft
fird?licben flentpclt, ift bie febriftgemäße ©arftellung ber ^anblttng, beren 9tichtigfeit ftd?
fogar bis auf bie garbe ber ©ewdnber erftreeft unb 3 eugniß oon grünblichen Stttbicn
in ber Schrift ttnb ben Satzungen ber cbriftlid^en Stlbnerei ablegt, ©aß nicht falte Se*
rechnung, fenbent warme Segeiftentitg für bie geftellte Aufgabe unb wahrhaft frommer
Sinn bettt Äunftler bic garben ntifebte unb ben 3 ug beS s ))in]elß leitete, erflärt ftd; auS
bem (Einbruefe, ben baS Äunftwerf auf ben Sefcbauer mad;t itnb ber biefe Sfrfuttg nie
haben fennte, wenn ber Äunftler eS nicht oerftanben hätte, fein %jatt$ee reiches ©emütfi
in taS Serf feiner ^anbe niebergulegen. (E$ ift aber and? mit einer ?iebe unb Sorgfalt
ausgeführt, bie, weit entfernt 0011 jeber (Effectbafcherei, eS erlaubt, baefelbe in ber nach»
ften 9 labc unb auf einige Schritte (Entfernung unb gerate ba erft mit ber größten Se*
friebigung 3U betrachten, wooon id; mich 311 übeimengen ©clcgenbeit h fl ttc, als es mir
rer gönnt war, basfelbe am 19 . gebruar b. 3 . in bem Atelier bes ÄünftlerS aufgerollt
3U fehett. ©ermalen ift bieS allerbingS nid;t mehr möglich, ba cS bei bem hohen Stanb*
punfte, beit cö einnintmt, eilt jold;es Setrachten in ber 'jlahe nicht mcl;r geftattet, weß*
halb gerate baS intereffantefte ©etail ber Ausführung bem Secbacbter entgeht. 3 u oer*
wunbern bleibt es ftets, wie es bem Äünftter gelungen ift, bie nötl;ige .pamionie unb
Haltung in baS Silb 3U bringen, ba er bod> wal;renb ber Arbeit wegen bes etwas nie*
bereu 1 'ccalS, in bem er malte, baS Silb nie mit einem Slicfe überfehen, fonbem nur
faum 3ur Hälfte aufroßen fonute.
3 mmerhin bleibt tiefes Silb eine intereffante unb merfwürbige Schöpfung tmfereS
nerbienftoollen oaterldnbifchen ÄünftlerS, bie ihm 3um SRuhme unb ber Stabt 23 ien, ins*
befonbere aber ber 5)farrfirche St. Ulrich 3m bleibedben 3 ierbe, ben ©laubigen jut wah¬
ren (Srbatrang bienen wirb nnb auf welches ich w® He^n Wenigen, Ho§ anbentenben
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Seilen alle Serehrer ber chriftliAen Äunft, bie 64 für echte (Srgeugniffc berfelben inter*
effireit, aufmerffam machen wollte.
34 l4^ c § e meinen furzen S3erid)t mit bem aufrichtigen 3Bunf4e, baft unferem oer*
ehrten Zünftler recht halb ein ferneres, gleich würbigeS gelb gttr weiteren 33etf>ätigung
feiner fünftlerifchen 5)teifterfchaft angewiefen würbe, unb bafj er in 64 ben freubigen Wutl;
unb bie Äraft ber ®efuub(;eit fänbe, um 64 ber Sofung biefet eben fo ehrenvollen als
fchmicrigen Aufgabe zu unterziehen. W-s-n.
©tyungsberidjte.
Äritffrlidjc ^kaiicmie tor flMflenfdjaflen.
©ifcung ber pbi(cfcp^tfd>*^iftortfc^en Blaffe vom 16. dRärj 1864.
gür bie Gommiffion für Verausgabe ber ©eisthümer Rnb eingelangt:
a. Sen bem löblichen SaitbeSauSfchuffe von SEirol zwei 3nf4riften mit ber Anzeige,
baß fich in bem Sezirfc SSri^en unb in bem 9Jiarfte 3mft berartige Uifunben toorfinben,
welche aber nur an Drt unb ©teile benüfct werben fonnen.
b. 2?on bem Verrn Sotar Vocf in Sing baS Criginal ber „Vaft-Jabing (wahr*
fcheiulich aus bem Sahre 1608) beS WarftcS in ber furzen 3^cttl" f im 99iühlfreife, zur
Senüfeung.
c. Sen bem 1^4^* 2>omcapitel non Sinz auf baS 9>antheibing von ©inbhaag 64
beziel;enbe 3luff4reibungen z ur Senüfcung.
Verr Dr. griebri4 SERüller legt vor:
„Die ©runbzüge ber Gonjugation beS offetiühen SerbumS, fpra4&erglei4enb bar*
gefteüt. 14
Soitiegenbe 2lbbanblung f4lie§t fi4 an verhergehenbe, in weI4en ber Ser*
faffer bie armenif4e unb neuperftf4e Genjugatien im Serglei4 mit benen beS 3enb unb
?Utperfif4en behanbelt, an. Gs werben barin bie Glemente, aus benen bie cffetif4e Bon*
fugation aufgebaut ift, zergliebert unb bann fowohl ein vetlftänbigeS $arabigma als eine
Ueber|i4t ber aus bem inbo*germanif4en ©pra4f4 a fe e mit ©i4erheit erflärbaren Serba
gegeben.
© i $ u n g ber mathematif4*naturwiffenf4aftli4*n Blaffe
vom 17. SERärz 1864.
Die Direction ber „Grften f. f. priv. Donau*Dampff4ifffahrtSgefettf4aft" crfldrt
64 mit 3nf4^ft vom 12. 9Rdrz in geige ber Serwenbung ber T. Slfabemie ber ©iffen*
f4aften mit Sergnügen bereit, bem correfponbirenbcn ÜJtitgliebe Vorm f)ref. Dr. Äarl
f)eterS auf feiner beabfi4tigten wiffenf4aftlichen Seife na4 ber europäif4en üürfei bie
Segünftigung ber freien gal;rt auf ben ©4iffen ber ©efeflf4aft non UBien na4 ®alacg
unb retour zn bewilligen.
Die „Soci&d des Sciences Naturelles du Grand-Duch^ de Luxembourg“
banft mit (Schreiben vom 9. SRärz für bie Setheilung mit bem afabemif4en „ feiger 44 .
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445
Verr f)rof. Sr. Unger (egt eine Slbhanblung „über einen in ber Jertiärformation
|e^r oerbreiteten garn" oor.
SiefeS garnfraut ift feu>c^l an mehreren fünften SeutfchlanbS als in ber eng*
lifchen SraunfoI;Ie gu Vooep Jracep gefunben rnorben, unb gmar ftnb es fomoljl $h c *k
beS SÖebelS als Sl)igome, welche non bentfelben befannt gemorben ftttb. Ser Vergleich
mit je^t (ebenben geraten ift mit vielen Sdjmierigfeiten oerbunben, ba man bisher noch
nicht fo glücflicb mar, fructificirenbe SBebel gu finben. 3n einem Stüde beS SbigomS, ta$
9)rof. Unger aus ber Sammlung beS Vernt §)rof. Älippftein gur Untersuchung er*
hielt unb baS aus Sauhaufen ftammt, mar es möglich, auf bie anatomifd;c Structur
beS Stamme« eingugehen. ©S geigte fi«^ hi erau ^ Snntfraut, meines
beu vorläufigen tarnen Pecopteris lignitum Gieb. (Veet) fuhrt, mit bent non ^rof.
Unger fc^on nor mehr als gehn Sabren betriebenen garn Osmundites schemnizen-
sis berart übereinftintmt, bat} man mol)( ©runb hat angunebnten, beibe goffilien feien
eine« unb baSfelbe. Sie 9(bhanblung mirb non gmei Soppeltafeln 9lbbilbuttgen begleitet.
Verr $rcf. Selig mann legt Vermehrungen ber Sovara*Samntlung nor, ei örtert
feine Vorarbeiten gur Verausgabe ber il;m annevtrauten -Jlbtheilung beS miffenfcbaftlichen
Sot>ara*5öerfeS unb mal;rt feine Priorität in Vetreff einer non ihm gemachten ©nt*
beefung an Sacefd;äbeht. — Sie Vorlagen ftnb bie jüngft burch befonbere ©fite non
Sr. 9lquinaS Sieb, 5(rgt in Valparaifc, an Sr. n. Sd;er ger als VerauSgeber beS
ethnograpljifd;en Materials gefenbeten unb non bieiem bem Sooara*93ittfeum überlaffenen
©egenftänbe: ©ine noßftänbige SSuntie non Sltacama, 2 93iumienfchäbel unb nerfchiebene
ba 3 U gehörige ©räberfunbe. Sie OTumie ift intereffant megett if;rer fo feltenen
noUfommenen ©rhaltung unb megen einer bod'ft merfmürbigen Veigabe: ber nollfommen
fal;(e (non 00 m nach rürfmärtS burd; fimftliche 3ufantmenpreffung) abgeplattete Schäbel
ift feltfamer ffieife mit einer perraefenartigen 93iüpe bebeeft, aus fdhmargen langen Vaaren,
melche noUfommen ben ©h ara ^ er Kopfhaare ber americanifchen Stamme l; a ^ cn unb
fünftlich unb funftgerecht in ein ftarfeS $)errücfennep aus eingemebt ftnb. Sie
©räberfunbe ftnb 2 h cn Ö c fäjk 3&erfgeugc, ©emebe u. f. m. gerner fant eine Äifte mit
einem molligen ‘'Pflangenftoffe gefüllt, nad; Sr. Sieb non einer 9llfophila, meld;e als
blutftillenbeS SSittel in Süb* America benüpt mirb. ©S fittb bie Streublättchen ber ffiebel*
bafen non nerfchiebenen gilicinen, melche auch in Elften unb bem inbifchett Archipel 3 U
ähnlichem 3mecfe benüfot merben. Sie mirfen mahrfcheinlich mie V3atte, menn auch biefe
^{langen reich an ©ärbeftoff ftnb. ©S merben Verfuge bamit gemacht merben. Ser Vor*
tragenbe ging fobann auf feine Arbeiten übet in 33egug ber il>m nett ber f. 2lfabemie
übertragenen Verausgabe ber anthropologifchen unb craniologifchen 9lbtheilung beS So*
nara*9BerfeS, fo mie beS nod; nicht veröffentlichten SefteS beS tttebicinifchen Materials.
Sie zahlreichen intereffanten, mäl)renb ber Seife non Sr. Schm arg unb Sr. n. Scher*
3 er an lebenben Sacentppen vorgencutmen ett Äorpermeffungen merben babei ihre ent*
fprechenbe Vetmenbung finben.
Ser Vortragenbe l;at im nerfloffenen Sommer 3 u jenem 3mecfe eine Seife unter¬
nommen, um Schäbelfammlungen in 9Sittel*Süb*Seutfchlaub unb ber Schmeiß gu unter*
fnchen, er nerfolgte babei noch einen gang fpeciellen, aber mit bem Stubium ber Slnthro*
pomorphologie ber americanifchen Völferftämme innigft oerbunbenen 3 mecf: Sämltch bie
Unterteilung ber langgeftrecften Peruaner Schäbel (non ber {©genannten Slpmata* ober
5titicaca*Sace) unb bet benfelben in ber ©eftalt fo ähnlichen, in Defterreich, Seutfch»
lanb, granfreich unb ber Schmeig gefuttbenen, fogenannten 9lvaren*Schäbel. Sie finb
mehrfach befprochen, niemals erfchbpfenb bel;anbelt rnorben. Vei biefen Untersuchungen ge»
lang eS ihm, eine ©ntbeefung gu machen, bereu Priorität er ftch 1;iemit mahrt: 9tn
ben Iitkaca*Schäbeln allein (mir mollen fte fo furgmeg nennen) finbet ftch nachfolgenbe
Slbnormität, melche an feiner anberen Sace (auch nicht an ben fogenannten 9loaren)oor*
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fommt (e« würben über taufenb Schübel oder 9tacen oon bem Sortragenben baremf
unterfuebt): 35er meatus auditorius externus ift mit ©jeftofen befept, recht« ober
linf«, auch beiberfeit«, an ber Hinteren ober oorberen Söanb ober auch an beiben ®cmben
glatte, fnoc^en^arte, meift breit aufftfcenbe, oon £anfforn* bi« gur ©rbfengrötfe ba« Surnen
in oerf^iebener 3$eife umftaltenbe, rerengenbe, ja faft oerfcbliefjenbe ©jroftofen. Son fecb«
bi« jefct unterfuchten Schübeln (mehr fanb er nicht in aßen biefen Sammlungen, 2Bien
inclufioe) b&ken fünf folcbe ©joftofen. Sie plattgebrücften Sd)übel nörblicber, wie füb*
lieber americanifcber Stamme, unter biefen auch bie non Atacama, weifen wohl auch
öfter« eine eigentümliche (fdwn befannte) Serünbevung in ber germ be« porus exter-
nus auf, er ift öfter« mehr fchlibfermig unb febief non oben unb nome naeb unten unb
rücfwürt« gefteüt, aber e« finbet ftcb feine Spur non ©jroftofen im ©ebörgange, welche
überbauet al« Äranfbeit«folgen auch non £)breitar$ten in fo bebeutenber ©röfje feiten ge*
fet;en worben ftnb. Sefto auffaUcnbeT ift if;r faft au«nabm«(ofe« Sorfommen bei jenen
Schübeln. Sajj fie bei einent einzigen Schübel fehlen, glaubt ber Sortragenbe au« ber
33efd;affenbeit beleihen erflaren $u fönnen; er bereitet eine ausführliche Monographie
über bie Jiticaca* unb Aoaren*Scbübel nor.
Ser Secretür legt ben foeben im Srucfe’ beenbigten 22. S3anb ber Sentjcbriftcn
ber matbematifdvnaturwiffenfcbaftlicben ßlaffc nor. Sevfelbc enthalt folgenbe Abbanblungen:
1. Abteilung. Abbanblungen non s ))iitg(iebem ber Afabemie.
Ungcv: Sylloge plantarum fossilium. Pugillus secundus. (Mit 12 Safeln.)
©tting« häufen, ©. 3t. n.: Seitrage gur Äenntnijj ber gläcbenifelete ber garn*
trauter. ( s Mit SarfteUungeu ber gläcbenffelete auf 24 Jafelu in 3taturfelbftbmcf.)
£prtl: 3teue 5£unbevnepe unb ©eflecbte bei Sögeln nnb Sangetbieren. (Mit 9
Safeln.)
2. Abteilung. Abbanblungen non 3ticbtmitgliebern.
Soigt: Seitvage gur ©ermato-3ienrologie nebft ber Sefd;reibung eine« Spftem«
neu entbeefter Linien an ber Qberflücbe be« menfchlid;en Äörper«. (Mit 2 Üafeln.)
3)ed)iuann: Sie Abweichung ber ?othlinie bei aftronomifeben SeobacbtungSftatio*
nen unb ihre Seredmung al« ©rforbemijj einer ©rabmeffung. (Mit 4 harten.)
Steinbacbnet: Ueber eine neue ©picratee«Art au« Kolumbien. (Mit 1 Üafel.)
Sie in ber Sitzung nom 14. Sünner 1 Sf>4 norgclegtc Abbaitbluitg: „3teue
Xbeorie ber ultraelliptifcben guncticneu* non £mrn Sr. g. $)rpm, wirb jur Aufnahme
in bie Senffd;nften beftimmt.
Sie Arbeit (eine (Erweiterung unb gertführung ber im Mär 3 be« vorigen Sabre«
erfebienetten Snauguralbiffertation be«felben Serfaffcr«) beljanbelt, auf bem Scbeit ber
Stiemannfcben gunction«%orie fteljenb, bie Sarftcllung algcbraifcber gunctionen burd)
ben Quotienten 3 Weicr ^«gunctionen für ben gall, bafj bie Argumente in ben zweifach
unenblicben ^*3teiljen ultraeUiptifcbe Sntcgrale fiub, unb bie Argumente ber 3«gunction
im 9tenner jicb von ben Argumenten ber entfpred;enben im 3af;lcr nur um .fralbe ber
correfpoubirenben 9>eriobicitat«mobulm unter)cbeiben.
golgenbe Abbanblungen werben gur Aufnahme in bie Sitzungsberichte beftimmt:
a. „Unterfuchungen über bie ®ntwicflung«gefd>icbte be« garbftoffe« in 3>ftan$en*
gellen 11 , oon .frerm $)ref. Sr. Ab. äBeig. (Sorgelegt in ber Sipung am 25. gebruar
1864.)
b. „ lieber fugeiförmige Bedmjrbicfungen in ber ^Burgelbüfte eiuiger Qrcbibeen", ron
^>errn Sr. £. Seitgeb. (Sorgelegt in ber Sipung am 10. ®iar 3 1864.)
Sexicbtiguug. 3m Sevi^te ber f. Afabemie in ^r. 12 ber w 9£o<ben)<brift*
Seite 381, ^ non unten foll e« ftatt w bi« fetten A. unb 6. S^bach unb
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ÜRüUtr in itrieft üterfenben eine 'Jtbfwnblung", t>et§en: w £err ©dvilbad), ttl;rm<u$er
in Srieft, überjentet eint Jltbanblung".
Äusjug aus lim JlrataltaUf
ber 3. Sifcung ber f. f. ©entralcommiffion gur ©rforjctyung unb ©abaltung ber ©au-
benlnjale, welche am 3. SQiärg 1864 unter tem ©orfiße Sr. ©jcellettg m $erm
5>räftbenten Dr* Sofepty Alejranber greityerrn n. geifert abgetyalten würbe.
Die Angeige beß £errn $>raftbenten bcß Unterrictytßrattyeß, bar) tiefer feine Jtyätig«
feit am 2. Wärg b. 3. begonnen habe, wirb gur Äenntniß genommen.
Auß bent non bem Directcrium beß ^rager Dcmbauocrcineß eingefenbeten „Satyr-
bucty für baß ©ereinßjatyr 1802,3" entnimmt bie ©eutralcommiffioit mit ©cfriebiguitg,
bafj bie Styätigfcit biefeß ©eretneß, ftety nerläufig auf eftanratiouearbei teil befd;vänfcnb,
bereite fetyr beteutenbe Diefultate ergielt tyat, bie um fo metyr etfieulid; unb anerfennenß-
wertty finb, alß ber bauliche 3uftanb beß etyrwürbigen Denieß gu $)rag jtety ftellcuweife
alß ein ben ferneren ©eftgnb bieieß Denftnaleß fchwer bebrobenber tyeraußftellte.
Die ©Jittheilung Sr. ©jrretteng beß ^rerrii ©icepräftbeuten ber Statttyalterei in
9)rag, baß ber ©gerer Äveiß, naebbem ber ©enfemator für benfeiben, SBagiftratßratty
©rüner, geftorben ift, bem Gonferaator für Sotymen, £erru grang ©rafen n. Styun
in ^)rag, gugewiefen würbe, wirb gm s Ractyricht genommen.
©leictygeitig liegt eine ©ingäbe beß ©pinnafialbirectcrß gu ©ger, £)errn $p. hinten
grittb nor, in welker berfclbe mit ber ©itte um 3u)enbuug ber bem ©rnnnafutm in
©ger nictyt gugefommenen Satyrgauge ber „ s ))titttyeilungen" baß Anerbieten oerbinbet, bie
3wect‘e bei* ©entralcommiffion anftatt beß nerftorbenen ©onfematcvß ©rüner forbem gu
tyclfen. Dem bießfälltgen Schreiben ift auch ein ber ©entralcommiffion gewibmeteß ©jem»
plar beß erften ©anbeß ber non bem £errn Sinfenber beraußgegebenen „Äirctyeugefctyictyte
©ctymenß" beigegeben, ©ß wirb baßfelbe mit Danf entgegengeuommen unb be|d>loffen,
ber norliegenben ©ingabe burd; ©ettyeilung beß genannten ©nmnafiuntß mit ben bemfel*
ben abgetyenben Satyrgangen ber „9)iitttyeilungen" unb burd; Ernennung beß ©pmnaftal-
birectorß £errn *}). grinb gunt ©orrefpenbenten ber ©entralccupitifftou gu entfprectyen.
Der ©onfemator Süß in Saigburg bcrictytet über bie attgebltd;en Äopfbaßreliefß •
an ber jegenannten qbeibenwanb bei ^allein unb legt $)l;otcgrapl;ieeit nad; ben begüglictyen
gelßpartieen nor, ©erictyt unb ^Ptyctograptyiecu werben bem ©orvefponbenten £errn ©uftoß
Dr. Äenner gur ©egutactytung überwiefen.
Der großtyergoglicty babifd;c gety. £>ofratty Dt. 3 eil wenbet ftety alß greuttb beß
nerftorbenen großtyergoglicty babifctycn ©aubirectorß $ ü b f d; an bett 4>enn ?)rafibenten mit
ber ©itte, baß bie ©entralcommiffion baß non £übfcty verfaßte SBerf über „Aftctyrift-
lictye Äirctyen" in ityren ^Publicationen, fo wie aud; fonft auf geeignete SBeife empfety-
len möge.
Die ©entralcommiffion befetyließt mit SRücfficht auf bie anetfannte ©ebeutung unb
©ortrefflictyfeit beß begeictyneten SKerfeß, bem norliegenben Anfncben im ©ereictye ber ©ren*
gen ityrer $Birffamfcit gu entfprectyen.
#err n. Steinbütyl in Srieft tyat bem &errn ^räpbenten bie ptyotograptyifctye
Abbilbung eineß non bem ©rafen ©affiß bei Aquileja aufgefunbenett 9Karmorfigütctyenß,
einen beraufetyten gaunfuaben barftellenb, überjenbet, unb berichtet, baß bie f. t. {Regie¬
rung bie ©ntfumpfung ber Umgegenb Aquileja’ß energifd; in Angriff genommen tyabe,
non welctyer SDiafjregel ftety bie tyeilfamften golgen für tiefe arctyäologifcty fo tyoctywictytige
Stabt erwarten lafjen.
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Ser Berichterftatter macht ferner auf bie arcpäologifcpe Ausbeute aufmerffam, welche
baß beinahe gütlich nerfcpotlene ßonccrbia erwarten taffe.
£err n. Steinbücpl bemerft hiebei, baß ber befannte Suc be ?ubne$ bie 9lb*
fiept paben feil, im Vereine mit Äünftlem unb ©efeprten eine antiquarifche Seife ins
abriatifcpe 9 )ieer 311 unternehmen, unb baß bähet* bic ©efapr brope, bie Slonuniente 9 lqui*
leja’S non fran^efifcter Seite auSgebeutet 3 U feben, beeer ßefterreicp bie ©elegenheit be¬
impf habe. Sie eingefenbete Photographie unb ber eorliegenbe Berid;t werben mit leb¬
haftem Sutereffe unb mit Sanf entgegengenommen.
SaS t. !. ginan^minifteriuni bat fuh mit Sote ecm 7. Sanner b. 3-, 9ir.
G2.244, an bie 6 entralcommif|lon gemenbet, um bereit ©utacpten gu bedangen, ob bie
ärarifcpc Burgruine non Srcgenj auf bem fcgcnannten St. ©ebpartS-Berge wirflicp
einen fold;en piftorifepen ©eitp beftße, um ein für beren Erhaltung non ben Staats*
finalen 3 U bringenbeS Cpfer $u rechtfertigen, ba bic Stabtgemeinbe Bregett 3 biefe Burg¬
ruine um ben angebotenen Preis non 475 ff. mtb mit ber Verpflid;tung 3 m Srpaltung
berfelben anfaufen will, wäprenb bei ber Veräußerung ber Suine im nor|d;riftSntäßigen
SBege ber cffentltcben Verweigerung unb ohne Verpflidrtung beS GrfteperS jur ©rpaltung
beS DbjecteS in feinem gegenwärtigen 3uftanbe ein nampaft poperer Kaufpreis ergielt
werben tonnte.
SiefeS ©efcpäftsftücf würbe bem t. Satpe £crrn Sofepp Bergmann $ur Bericht*
erftattung übergeben, weUpeT heute feine bieSfäüige deußerung fdjriftlicp einbringt. £aut
berfelben ift unter ben fünf berühmten Burgen Vorarlbergs: obenbregeng, £)openemS,
9ieuburg am Shein, 2llt*9)icntfort unb Sd}attcuburg 3 U gelbfircp, bie erftgenannte bie
ältefte unb gefd'idttlicp merfwürbigfte. Ser gelsgipfel, auf betn ftep bie Sefte berfelben
erpeben, würbe fepon non ben Semem befeftigt unb war fpäter ber Sip ‘ber alteu ®ra*
fen non Breget^, aus beren ©efcplccpt ber b. ©ebparb, Bifcbof 3 U ßonftan 3 , bort ge¬
boren würbe, beffen Sterbetag (27. äluguft) beute nod; in beni äBallfaprtSfircplein auf
bem fogenannten St. ©etparbS-Berge feierlicbft begangen wirb. Slpa, eine Tochter beS
Kaufes Pullenborf*Bregen 3 , War bie ©emaplin Sllberts III., ©rafeit non 4 >abSburg, Pa¬
per Urgroßmutter beS römifepen ÄönigS Snbolf I. 9tacp bem (SrlbfdK’n ber ©rafen non
Süt-Bregen 3 tarn bie Burg (1157) an bie ©rafen non 9Kontfort, im Sapre 1523
burep Äauf an ben 6 r 3 per 3 og gerbinanb I. Vom @r 3 per 3 og SSatfmilian III. in ben
Sapren 1612 biß 1614 noep mepr befeftigt, würbe biefelbe non ben Scpwebett im Sapre
1647 erobert unb 3 erftört.
Sem an biefe Sarftetlung gefnüpften Slntrage beS £emt Seferenten, bei bem f. t.
ginan 3 minifterium mit Sücfftcpt auf bie pope piftorifepe SJicptigfeit ber Burgruine $open*
bregen 3 barauf e^uratpen, baß biefe Suine mit bem innerhalb berfelben gelegenen ©runb«
ftücfe im Sittereffe ber naterlänbifcpen ©efcpid;te ber Stabtgemeinbe Breget^ mit ber
Verbinblicpteit überlaffen werbe, fowopl für beren ©rpaltung fortan Sorge 3 U tragen,
als auep opne pbpere ©enepmigung feine wefentlicpe Veränberung nor 3 unepnien, biefelbe
auep niemals an einen Prinaten 3 U neräußem, wirb einftimmig beigetreteu.
Scpluß ber Sipung.
(Bericptigung.) 3n Sr. 12 ber „ffioepenfeprift" S. 367, norlepte 3eile ift
„1554" fiatt „1564" unb S. 368, 3eile 21 non oben „Preuenpueber" ftatt „Prauen-
pueber" 311 lefen.
lerantwürtitdjer lUbarttur Ir. fttpnlb Sdjwetper. Imckmt btt k. ütrncr Jettang
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3oün Stofe unb fein $ufentf)alt m SÖten.
ginanggef<hi<htli<he Sfigge »on ^)rof. ©r. $xm\ tteumann.
©in eigentümlicher Steig Tuüpft fich oft an ben Stücfblidt in bie Jage bet
wiffenfchaftlichcit Äinbbeit. Sßie jebet SDienfd) mit einet unläugbaren Vorliebe an
bie Meinen ©reigniffe benft, welche bie etften 3af)re fernes SelbftbewufetfeinS um«
gaben, fo ift eS auch immer »on einem gewiffen Sntereffe, eingelne Büge aufgu«
frif^en au§ jener Beit, ba bie ©rfenntnife einet allgemeinen SBafjrfjeit erft aufgu«
bämmern begann. Ob unS bet ©ontraft gwifdjen einft unb jefet ober ob unS bie
Uebergeugung oom gort)dritte biefeS Sntereffe enoeeft, baß motten wir ba^ingeftellt
fein taffen; genug, wenn eS uttß bieSmal gelingt, mit einer ©rinnerung an Saw
unb an bie @efcf>i^te ber erften Bettelbanfen bie Aufmerffamfeit bet Sefer auf
einige Augenblicfe gu feffeln.
Sobn 2aw be gaurifton ift ein SDtann, beffett 2eben8gefd)icfe aud) ohne
Stücfficht auf bie befannte frangßfifdje Dtotenwirtbf^aft bem 33iogtapfyen einen
reifen, faft romanhaften Stoff bieten, ©er ©djwinbel, Wellen feine 3been gewiffer*
mafeeit ohne fein 33erf<hulben in grantreid) hetoorttefen, umgiebt leibet auch fein
gangeS inbioibuelleS ©afein. ©er Sohn eines »ermöglichen ©olbfchmiebeS unb
©elbwechßlerS in ©binburgh, »erliefe er fchon als gwangigjähriger Süngling feine
SRutter, bie SBittwe geworben war, unb ging nach 8onbon. ©uhautchamp fchilbert
ifen als »on fchönet unb hoh er ©tatur, gefälliger unb gewinnenber SDtiene, beflecken«
bem Benehmen; feine aufeergewöhnlichc geiftige Begabung erregte bie glängenbften
Hoffnungen für feine Bufunft. Sein Aufenthalt in ber Jh em f e ‘®tabt beginnt mit
grofeartigem Seid)tfinn. Unter bem, ob begrünbeten ober unbegrünbeten SSorgeben,
bafe er »on mütterlicher Seite mit bem alten ©efd)lecbte ber H tr i°8 e uon Argple
»erwanbt fei, »er[cf)afft er ftch ©ingang in bie hbchften Äreife bet ©efellfchaft.
©r pflegt ber Siebe unb beß Spieles; in beiben gleich glücflich erwirbt er fi<h
gwat manches £erg unb »iel ©olb, halb aber wirb er butch benfelben 8ei<htfinn
aller ©rrungenfehaften oerluftig. Seine S<hulben überfteigen fein Vermögen unb
ein auS SiebeShänbeln entftanbeneS ©uell, in welchem fein ©egner fällt, gieht ihm
bie JobeSftrafe gu. 33om Könige begnabigt, entflieht er auS bem ©efängniffe unb
burchreiSt als 24jähriger glü^tling (1695) einen ©h e ^ ber ©ontinentalftaaten.
Um ben inneren SÖtedjamSnutB ber bamalS in »oller Jh^tigfeit ftehenben Am«
fterbamer San! recht genau fennen gu lernen, tritt er in bie ©ienfte beS bortigen
englif^en Stefibenten unb fehrt gu Anfang be§ 18. 3fth r h u ubert$, mit reifen ©r»
fahrungen auSgeftattet, wieber nach S<h»ttlanb, in feine Heimat gurücf. ©er ©egen’
fap gwifchen bem regen H an bel, ben er in ©nglaitb unb H°fl an b beobachtet, unb
6e$tn{$uft 1864. Bant UI. 29
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bem langsamen, ichleppenben Verfehr feines VaterlanbeS ruft in ibm bie übet«
iriebenften SUufionen »du bem unbegrengt günftigen Ginfluffe ber 33anfen unb bet
Gelbfurrogate iiertor. Gr entwirft guerft ein SJicmoire: „Proposals and reasons
for constituting a council of trade in Scotland“ unb bann eine ©enfftrift
über baS Gelb unb ben £anbel (Money and trade considered with a proposal
for supplying the nation with money. Edinburgh 1705) unb unterbreitet biefe
Projecte (> bereu erftcS ein tbcaler Gntwurf ber Gentralifation beS Staatshaushaltes
in ben ipänben einer SSanf ift, bem fd;ottiid)cn Parlamente, baS eben mit ber Sie«
organifation ber verfehlt' angelegten Gbinburgher 33anf bejcfjäftigt mar.
©eine bamaligen Vorftläge beftanben au8 einem fonberbaren Gemenge wah*
rer unb falfter Grunbfa^e; er anerfennt ben Unter)cf)ieb gmifdjcn Gebrauchswert
unb Saufi^roertf) unb gellt von bem gang richtigen Gebauten auS, baff ber Saufd)*
wert ber ©inge von groei SKontenten bebiitgt fei: noit ber SRettge ber angebote«
nen SBaare unb ton bet Pteitge beS verfügbaren, vorljanbenen GelbeS. Stun fagt
Sam, eS b^nge nicbt von ber SöiQfür beS Sftenfcbett ab, ben erften ^actcr mit
bem toirflicf)en SSebürfniffe ftetS in Ginffang gu bringen, aber eS ^ängc allerbingS
von unferer Sßillfür ab, bafür gu forgen, bafj ber groeite Factor, nämlit bic Gelb*
menge mit bet Stachfrage gleid;en Sdjritt l;^- Um baS Gelb, ben wahren
SRei(^t^um ber Stationen — wie 8aw mit ben Ptercantiliftcn glaubt — beliebig
gn vermehren, müffe man nur von bem SBorurtfieile abgehen, baf? eS eingig in
Golb unb «Silber beftehen fann. Sm Gegenteile, biefe Gbelmetalle finb für bie
Verwenbmtg gum Gelb am wenigften paffenb, weil fie einen bebeutenben Gebrauchs*
Werth haBen, mithin gu bunkert nitbercn ßweefen bienen füntten. ©aß Gelb, welches
8aw8 Sbeal erfüllt, bürfe lebiglich au8 einer folgen SDtatcrie gemadjt feilt, welche
gar feinen reellen inneren Sßcrth fwi unb erft burt Slbftraction einen itnaginä*
ren Saufchwerth erhalt.
©iefem Bwecfe foll nun ba8 Papier am meiften cntfprechcit, weil e8 fi<h leicht
tranSportiren läf)t, gar nichts foftet unb je nad; SBebarf beliebig vermehrt werben
fann. Saw würbe gu folgen Srrthümem burd) bie factifd^en Verhältniffe be8 ba*
maligen SJtüngwefenS verleitet, inbem man bei ben SanbeSmüngen nie auf ben
Feingehalt Stücfficpt nahm, fonbern fie je nach 23ebarf mit höherem ober nieberem
Stennwerth prägen lief). Snbent er eine SanbcSbanf a(8 ba8 Suftitut gur Stu§=
gäbe folgen PapiergelbeS empfahl, glaubte er baburch ein SOtittel gum unbegreng*
ten ^Reichtum ber Staaten entbeeft gu haben, ©ie üßanf hatte nichts gn thun, al8
Steten mit BwangScurS auSgugcbcn, mit biefen Stoten ba8 ©iScontogefchäft im Großen
cinguleiten unb biefelben von fofeben Perfonen wieber eiitgulöfeit, welche bafür feine
anbere Verwenbuitg finben fonnten. Stuf biefe 9(rt wirb ba8 Gelb nie gu teuer,
nie gu billig werben unb ftetS im GIcid>gewid>t ftebeit gur Gütermenge.
©iefer Verklag würbe vom ftcttii’ten Parlament gurüefgewiefen; fei e8-
bafs man bie SJläitgel beSfelben erfannte, fei e8, bah man Vorurteile gegen 8aw8
Perfcnlitfcit hegte. Gbeit fo erfolglos waren feine Verfudie, in Gnglaitb ber „neuen
Gntbecfung" Gingaitg gu ftaffen unb 8aw burdigiebt in ben folgenben gehn Bahren
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fajt gang ©uropa, tim ber Seibenfdjaft be8 ©pieleS gu frommen unb nebftbei aQett
©ouverainen, beren Staaten burdf) bie Kriege 8ubwig8 XIV. in [tarier ftnangiedet
Berrüttung lagen, feine Bbeen gu unterbreiten.
©o fant 8aw nad; Srüffel unb $)ari8. $^ier8 1 ergäbt unS, er habe bort
bei ber benötigten ©ucloS (Pharao gefpielt unb [ei nie mit weniger atß 100.000
8iDre8 an ben grünen £ifd; getreten, ja er habe [id> eigene ÜRetaUftücfe im (Berthe non
18 8oui8b’or fabriciren laffen, um fdmeller abredhnen gu fßnnen. ©ein auffälliges
©lüdf im ©piel gog ihm halb bie polizeiliche (Berweifung au8 $)ari8 unb gang
granfreich gu unb er befugte nun (1708 bis 1715) Statien unb ©eutfchlanb.
©a ftarb am 1. ©eptember 1715 8ubwig XIV.; 8aw lehrte fd^on einige
üRonate normet nach granfreich gurüdf, um fogletd) gut ^>anb gu fein, »eil er [ich
ben $ergog von Orleans, (Regenten währenb ber SRinberja^rigleit 8ubwig8 XV.,
günftig geftimmt »ufjte. ©ie ginangnoth »ar bort auf8 h*Öft e gefüegen; bie
unter ben wunberlichften (Begegnungen emittirten Obligationen ber frangßfifdhen
(Regierung hatten ein ©idagio non 70 bis 80 pSt.; bie (Bewucherungen bed
©taat8f<ha^e8 überfcttrittert at(e8 5ERa§; bie ©taatSicfiulben beliefen fi«h auf 2 Vs
ÜRilliarben 8iore8 unb man rieth bem (Regenten als eingigeS 2lu8funft8mittel ben
©taatSbanferott. Äeitte $ülfe fd)ien mehr möglich-
©iefen 2lugenblicf erfaßte 8a w, um fein lange burdjba^teS unb lange Der«
fd)mäbte8 $)roject neuerlich s ut SluSführung gu empfehlen. 5118 ber £ergog Don
Orleans bie glängenbe ©chilberung 8awS angef)ßrt hatte, foll er fich baDon fo Diel
Derfprodheu haben, ba§ er if)m antwortete: „Bft’S ©ott, ber ©ie fcfiidt, fo bleiben
©ie; ift’8 ber Seufel, fo gehen ©ie nicht!" * ©eine au8 jener Beit ftammenben
„Mdmoires sur les banques“ enthalten Dielen lehrreichen ©toff. @r hatte ferne
(Borfdjläge in bem Wesentlichen fünfte abgeänbert, baff er ben (Banfnoten leinen
3wang8cur8 beilegen unb fie nur bei ben fßniglicheit (laffen a(8 BahlungSmittel
Derwettben wollte.
2118 feine weitgel;enben Bbeeit gur ©rünbung einer ©taatäban! im ginang*
tatf>e verworfen würben, begnügte er [ich mit ber im nädhften Bahre (1716) er»
haltcnen ©rlanbnifj, auf feine eigenen Äcften eine (Pnuatbanf auf Qletien gu grün*
ben, beren jpauptgefdiäft ba8 ©iScontiren uitb bie Ülnitahme Don ©elbbepotS, beren
Dorgüglid)fte8 Siecht' bie (RoteitauSgabe war. 8aw felbft Derfügte über ein (Bermßgen
Don nahegu 2 ÜJtill. 8ioreS, unb hierin, fo wie in ben gang rationellen ©runbgügen
ber Organisation erblidte man eine foldhe ©arantie, bafi ber Jpergog Don Orleans
pcrfßnlidh ba8 Protectorat ber neuen (Bant annahm, ©er gonb berfelben betrug
6 ÜRill. SiDreS unb beftanb au8 1200 Ülctien gu je 5000 8iureS. ©ie 6in^hl un 9
biefer (Beträge tonnte gu brei (Biertheilen in ©taatSobligationen erfolgen unb nur
ein (Biertheil muffte bar erlegt werben.
1 Histoire de Law in ber Encyclopedie progressive, ^Datiä 1826, unb feparat gebrndt
bei 91t. 2e»p §rere3, 1858.
* ©. #ont, Seait Sera, Seipjig 1858, <£. 42 ff.
28 *
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452
©o Begann Sams finanzielle Saufbafm, auf ber er in fürgefter Beit bis 3 um
©ipfel eines fattnt geträumteu ©lüdcö ^iitaufvjefc^toinbelt würbe, um eben fo rafd)
in baS traurigfte ©leitb ttevat'jnftürjen.
©ein Snftitut fattb allfeitige Stjeilna^me, ber SSirfungSfteiS beSfelben würbe
halb auf bie ©Scomptes auß ben fPriwingen auSgebehnt, Saw aber blieb bei biefer
ruhigen uitb gefieberten 2l;ätigfeit nicht fiepen. C£r lief; fid; baS Privilegium ber
©ompagttie b’Dccibeni übertragen, befam bamit ben auSfdjliefjlidjeit ^attbel nad)
Sßeftinbien in bie £uinbe unb erhielt »cm Diegenten baS Gigentfium aller Sänbe*
reien gugefagt, welche in Souifiana, am Sföiffiffippi befejd würben. ©r leitete befj«
halb bie Gmiffioit neuer 200.000 ©tücf Slctien, bieSmal nur gu 500 8iure8 ein.
SSalb banaep (1718) würbe bie San! burd> bare .fpinauSgahlung ber 3lctio»
näre in eine ©taatSanftalt (Banque Royale), bie 2Rtififfippi=©efellfchaft aber bureb
fönigltcpe ©biete in bie ©ompagttie beS BnbeS mit ben übertriebenften $anbelS*
Vorrechten umgcwanbelt, biefer lederen überbieS baS SKüngregal, b. p. baS SJtüng«
verfehtechterungSrecpt auf 9 3at>re verfauft unb eS würben unter mancherlei Äunft=
griffen Slctien jweiter unb britter ©erie auSgegeben. @o entwidelte fiep in ber be*
rücptigten 9iue Duincampoijr baS traurigfte SBeifptel ber Agiotage, baS bie ®e*
{(piepte fennt; eine 9Kenge einzelner Sörferagmittcl unb baneben bie {JluSicpliefiung
ber ©olb* unb ©ilbermüngen bei gewiffen Bapfungen an öffentlichen ©affen, bie
•Pachtung ber ©taatSgüter unb fcptieffltd) bie leichtfertige unb hoch fo glänjenbe
©onverfion ber frangöfifepeu ©taatsfehulb in Slctien ber ©ompagnie beS SnbeS be«
wirftc, bafs biefe lederen um baS Bwangigfacpe ihres fftontinalwertheS, nämlich baS
©tüd um 10.000 SivreS unb noch höher verpanbelt würben K
©iefet ©rfolg machte Saw gurn Slbgott beS SBolleS uub beS töniglichen JpofeS;
abgefehen von beut rein egoiftrfeben Sntereffc, baö fiep au bie 23efamtt|cpart mit
einem SOJamte fuüpfte, welcher ein ©tücf Papier um 500 §t. verfaufte, währenb
man für bastelte ©tücf Rapier in ber SRue Duitteampoi.t fogteich um 9500 §r. mehr
erhielt, abgefehen Bott biefett febmuhigen liovtpeilen ber greuttbf cl;aft UawS, gellte
matt ihm unb feinem ©ettte wahre unb uugepeucpelte Sewunbernug. ©er alte !?lbel
brängte fid) in feine ©alonS unb itorgimmer unb nahm ihn als ebenbürtig auf,
©ein ©oljn burfte mit bein Keinen üubwig XV., mit welchem er in gleichem Sllter
ftanb, langen lernen, ©eine .'lochter, ein Piabcpett een 8 Bahren, gab einen 2)aÜ,
gu welchem gelaben gu fein, bie höchfte Slriftefratie für eine ©hre hielt, ©er päpft-
liehe SHuntiuS war ber erfte, welcher bert erfd>ien uub baS jugenblicpe .yauSfräuleiit
{n bie Ülrme jd;lo§. ,<Scrgege unb prittgcn wellten fid; biefent .ftinbe eerlcben laffen!
Saw felbft, welcher fid; in feinem unerwarteten ©lüde nie übermüthig gegeigt
haben füll, würbe au bie ©teile b’SlrgentonS gum ginangminifter von granfreiep
1 Sie Äritif ber übertriebenen Slitejaben SbierS u. 31.. tretebe ton einem Gitrfe reit 18.000
bii 20.000 SmreP per Slctie fpiecbcn, fiitbet fiel) in ber Sammlung ber Bconomistes financiera
du XVIile siecle, p. 439, notice historique sur Law (bcu (5\ Saite). Uctrigeitö behauptet
and; .pont et. a. baij bte Slcticit am 5. Sänner 1720 ben SurP seit 18.000 2. gehabt hätten.
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ernannt unb rem fWoteftamtißmuß gut fatf"^;;^,, SMißiou befehd. (geilte £ert*
tidjfeit, fein ©lang unb feine ?)iacf)t war,,, ,„i e e iu Srauin au if)it beraugetreten,
wie ein Jraum cntrieben fie auch, cß folgte ihnen ein irauriejet«, nüd;terueß Gr*
wa<beit.
~ie ruhigere 'Mchauuug ü.cer bie wahre Statur berjeuigen ScrHie, mld)c
San? au 6 Rapier geraffen ^attc, lehrte baß greife publicum halb, in welcher
baitiefen Sage cß fid> betäub; bie r er ip re denen Sntereffcn ber Sltilfijfipienß blieben
aufS unb man begemit mit berfclbeu Ucberftiirguug gu realifiren, mit lreldier man
anfanglitb f><b in baß gefährliche Unternehmen eingelaffen l;atte. -Die Bwangßmaß»
regeln, welche bie eblen -0!e ta.il e gang auß bem SSertebre rerbrängen unb nur s J)a»
biergelb erbalten feilten, unb bie gleichzeitige Scrniebrung ber Sioteniucngc reit
1 Ültitliarbe auf 2 SJtüliarben Sirreß bienten nur bagu, utu bie Slugft ju rer»
großem, unb bie 9tegier,ung fonnte bem befannten ©biete rem 21. SDiai 1720
faum mehr auß weichen.; jenem ©biete, baß bie allniälige Guiwcrthung ber iletien
unb Sanfnotcn auf nabegu bie £älfte beß ui jrrünglicbcn Stominalbetrageß 1 rer*
orbnete, baber bie ©rflüntng eineß eigentlichen Staatßbanferotteß trar.
£ie effentli.<be ©nnft Warb 311 m Sßclfoljaffe gegen Saw; nur mit 9)lül)e fennte
er fteb ror ben, Außbrüdjeit ber roßen Seibenfcbaft retten; er warb rerbaftet unb
gut 25erantw,prtung gegogen. SDtan rerlangte ron ibm Dteebnungelegung, inbem man
hoffte, auf ein fcßrectlicbeß ©ßaoß gu flößen; allein wie groß war baß ©rftaunen,
alß man bie bewunberungßwürbigfte Crbnung fanb. ©in beutfeber 23iograpb Sawß,
ber fiu ibn nicht fo eingenommen ift, alß ber grangofe Sljierß, berichtet, baß fieß
Sam petfönlid; im ©onieil rertbeibigte unb batei bie tünftig nervigen Maßregeln mit
einer Älarßeit anbeutete, weide fogar feine erbittertften geinbe in Serwuitbetung
rerfeßte über ben gläitgenben unb reichen ©eift bicieß 93tanneß =.
3 war würbe er nach wenigen Jagen wieber in greibeit gefeßt, baß gufammen»
gefallene Äavteidauß leimte aber nicht mehr aufgebaut werben. Gegenüber bem
allgemeinen 3)1 iß trauen i'crmed;tc Saw nietjt mehr gu helfen. 9t ad) mnndierlei rer*
fehlten 33erfitd>en würben im 9torember 1720, alfo gerabe ein Baßr nach bem
beginne beß Scbwinbefß, alle Saufnoten in Sieutenfdeine ober Dientenacticn um»
gewanbelt unb bamit bem S enteilte ber feßte Streid; rerießt. Saw fueßte bem
(Scßauplaße feiner mißlungenen |)(anc gu entfliehen; im SBageit beß fpergogß ron
Sourbon rerließ er am 7. ©ecember 1720 Sranfreicß nnb nahm feinen einftwei»
ligen Aufenthalt in Srüffel. Äaum war er fort, alß man fein Serntßgen an Sanb»
gutem unb 91 dien confißcirte, oßne ißm je bie geringfte Unebrlicbfeit ber ©ebarung,
ohne ißm je bie Pflicht beß ©cßabcnerfaßeß naeßweifen gu tonnen.
Unb waß war fein Sohn für bie gutgemeinte ©infübrung ber Sanfttoten tn
§ranf reich? 9Jtan weiß mit Seftimmtbcit, baß er nur ein Vermögen ron 800
1 Sic Slctien fcet 3Jtifiijfippb@cfeUid)aft würben nach einem beftimmten 3eitraum auf */„
bie 9 leten auf bie ^alfte b ei @mijfion 6 ncrtbe& rebucirt.
1 ©. SRaumcre fnftotijd;t5 Safd'enbuct), neue Selge, 7. Jatirg.rng, ©cidMdjte ber tkm'hfsen
ginaujopetationeu, een Ä. Äurßet, 688 ff.
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8 ouibb’ot unb roenige Sumekn mit ftcf> nat)m, bie ihm einft r alb er im ©tücfe
war, geftfyenft mürben. ©ernifj gierte il;n atfo bamalb bie »otlfte Uneigcmtüfcigfeit >.
Unb eben fo arm, alb er über bie ©rennen Sranfreid)» flot;, finben mir ifyn {pater,
unb bei {einem Sobe in SSenebig, mo er btbmeikn, um fid) unb ben ©einen bcn
Sebenbunterljalt gu betfen, jenen {Diamant in Skiläufern »erfejjcn muffte, ber
nod) heute unter bem {Hamen „Le Regent“ berühmt ift unb if)m einfit com ^>er=
30 g »on Drleanb »erehrt mürbe.
©0 enbete ber SRann im 3al;re 1729 im ©lenbe; ber SRann, »on meinem
Sßoltaire fagt, bafs er „innerhalb »ier Satiren »om ©^ottlänber giangofe, »om
Protestanten Äat^olif, »om Slbenteurer einer ber größten .'pcnfd;aftbbefifer, »om
©elbmedfibkr ©taatbminifter gemorben mar".
SEBfr haben eb »erfüllt, bisher bab Seben 8 arob in menigen 3 ügen gu gei<h=
nen unb bie £auptpunfte feiner mit bem SRanten beb „©pfktneb" belegten
Sinangpläne gu beleuchten. S 8 ir fommen gu bemjenigen SL^eile unferer ©figge, ber
8 amb Stnmefenheit in SBien unb bie Unktfudiung betrifft, ob feine, bamalb in
gang ©uropa Stuffehen erregenben Sbeen auf ben ©taatbfiaubfiatt bet öfterreidjifc^en
©rbtänber einen ©inftuf) genommen h'ibcn.
Sitte Siographen 3»h n ^amb, »oran ber erfte ftangöfifdje ^eraubgeber feiner
Sßerfe, ©tienne be ©enobert’, bann SDegob be ta {Roquette in ber „Biographie
universelle“ (v. 23, p. 467—472), 3 t. Sfiierb in ber früher begogenen 9Rono*
graphie, ©ugene JDaire in ber ebenfattb ermähnten „Notice historique sur Jean
Law“ * unb 3(. Äurjjel in „{Raumerb ^iftcrifdfjem £afcf)entmd)e" (n. % 7, ©. 429) 4
ergäben, baf) 8 am, alb er megen feineb auffälligen ©piefglüdeb Parib unb §tanf=
reich »erlaffen muffte, auf feinen {Reifen gunächft SSenebig unb Surin befugte, bem
4jergog SSictor 3 lmabeub »on ©aooi)en fein 33anfproject »orlegte unb über beffen
abf<hlägige Slntmort („Je ne suis pas assez riche pour me ruiner“) nach
SBien reibte, mo ber Äaifer eben mit ber ©rrid)tung einer 33an!
1 ©r fclbft leimte fc.ilicr mit Bdlem SKecbte an bcn Vcrjcg nett JBourbcn fd'reil’cn: „täsope
fut un grand exemple de desinteressement; cependant ses ennemis Paccusörent d’avoir
des träsors dans un coffre qu’il visitait souvent: ils ny trouvdrent que Pliabit qu’il avait
avant d’etre dans la faveur du prinee. Si j’avais sauvö mon habit, je ne changerais pas
d’ätat avec ceux qui sont dans les premiers emplois; mais je suis nu; on veut que je
subsiste sans biens, et que je paye des dettes sans en avoir les fonds. a (Lettre datäe de
Londres le 25 aoüt 1724.) Sion bem großen Vermögen, baö er nach granfreiefy mitgebraebt
tyatte, erhielt er nidjtö mefyr gurücf. 3u einem feiner lettres justificatives fagt er: „Je suis &
präsent insolvable, en France et chez l'etranger, j'ai sacrifie jusqu’aux intäräts de mes
enfants, que j’aime tendrement et qui märitent matendresse; ces enfants, qui ätaient re-
cherchäs par les plus grandes familles de France, sont aujourd’hui sans biens et sans
Etablissement".
* Discours präliminaire de Pedition des oeuvres de Law. $)art$ 1790, 33uiffon.
* ficonomistes financiers du XYlIIe siäcle. $)ariö 1851, ©niltaumin u. (5omp , ©. 422.
4 3Rur $orn a. a. D. ©. 42 giefjt bie Slmrefen^eit £a»ä in Söien in 3weifel, o^ite für
feine Meinung »eitere @rünbe angugeben. Sir »erben in ber golge geigen, baß er im Unrecht ift.
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455
befdjäftigt war. 8a» tyafce aud) h' cr feine Sorßhläge erfolglos unterbreitet unb
fich ton ba na cf) ©d;ett(anb begeben 1 .
3>a im erften nnb gweiten Seccnuium bc3 notigen SabrimitbertS in S'iien
mehrere Saufinftitute rafd) nad;einanber gefcfiaffcn würben, inbem man beit ur»
fprünglid)en leopelbinifcf)en Banco del Giro (1703) burd) bie SBiener ©tabtbanf
(1705) gu erleben fuebte mtb im Sabre 1714 baneben bie fogenannto Unioerfal*
Sancalität ine 8eben rief, unb ba jebem biefer Sanfpatentc ein ober mehrere, bie»
»eilen auch anonyme ^rojecte gu ©ranbe lagen, fo fdieint eS unS nicht überflüifig,
gu erforfd;cit, ob unb inwiefente eine ber erwähnten Santen burd) 8awS gleich»
geitigeS Auftreten beeinflußt fein tonnte.
Sorcrft ift ^iftorifcf) erwiefen, baß 8aw3 erfte Monographie über ba3 ©elb»
wefen auS bem Saf)re 1705 flammt, unb baß et erft im Sabre 1708 über ben
8anbe8oerweifung8befebl beS bamaligen ^otigeilientenautS unb fpäteren Sftinifterö
b’Strgcnfon graitfreich oerließ, Stalien unb 2>eutid)laub bereiste unb bei biefer ©e*
legenbeit auch 53ien befudjte; e§ entfällt fontit jebe Sermutbuitg einer Ginffuß»
naßme feiner Sbeen auf bie ©rünbung beS Banco del Giro unb ber Stabtbanf.
2)iefc Snftitute hatten eben fo wie 8aw3 erfter in ©dwttlanb oorgclegter
Gntwurf if;r Sorbilb in beit bamals in mehreren .vjanbelSftäbten wirtfamen San»
ten. 2>aS bcgüglicbe patent Äaifer SeopolbS I. com 15. Suiti 1703 erflärt auS»
brüctlich, baß ber Banco del Giro in äöien „nach SOiufter ber an unterfchiebenen
anberen fürnehmen #atipt» unb 9ieid;sftäbten, nämlid) gu Senebig, Hamburg, ritn»
fterbam, Nürnberg unb anberen, mit größtem Sortfiril unb fftußen beö gemeineu
SöefenS tjeitfam prafticirenben" Slnftalten errichtet werben fod.
riu3 biefern gemeinfanten SOiufter, welches ber fiaw'icben Sbee unb ben öfter»
reid)ifdjen Saufpatenten ©runbe lag, erffären fid) eine (Heiße oon Uebereinftim»
mungen gwifeßen beiben. ©0 gingen bie öfterreid)ifd;en ginangmänner oon bettfefben
mercantiliftifd)en rinfehauungen aus, als 8aw; fie erflärten eS als eine ber Stuf*
gaben beS Banco del Giro: „baS Stußerfanbegehen ber baren ©elbmittel" gu oer*
hüten. Berner erfchien ihnen ber BwangScurS ber riffignationen („®iro*3ebbel"), eben
fo wie anfangs 8aw ber BwangScurS ber fftoten unumgänglichnötßig. Gnblicß
würbe, nach bet SDtobification, bie baS erfte Sanfpatent burd) bie am 3. Suni 1704
erfloffene „Banco del giro-neue Drbnung" erhielt — bie Ginßcbung unb Ser»
»altung gewiffer ©efäHe ber Sanf unmittelbar unb gang unabhängig gugewiefen *
1 „II alla trouver l'empereur & Vienne. L’empereur s’occupait en cc moment de
F6tablissement d’une banque. Law s’empressa de lui soumettre ses idees, ne r£ussit pas
mieux qu’auprcs des autres princes auxquels il les avait d6jä pr6sent6es* etc. . . . . .
Thiers 1. c. „£aro unternahm eine Dicife burd) 2)cittfd}lanb unb geigte fid; am £)ofe $u 3ü>icn;
bod? nicmaub begriff eigentlich feine 3bce, unb überall mieb man ihn alö einen gefährlichen (Gau¬
ner jurücf (?)" 31. Äurfccl a. a. D.
2 $>gl. hierüber 3- -£)auerö ^Beiträge $ur Q5cfd;ic^tc ber cficncidpfchen ginai^en. SBien
1848. <&>. 103 ff., bann über bie ©efebiebte beö cfterrcicbifcl)cn 33anfn?efeiiä nem Anfänge bc$
18. 3«W un ^ cr i ö MS 1750: £>r. 3» 33iebcrmann bie Wiener ©tabtbanf im 20. 33anbe beä
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unb in biefer Beziehung fmbet fid> wieber eine gewiffe 9fef>nltd)feit mit bcmjenigen,
waS Sa» jur feiten 3«it feinen SanbSleuten für bie Oieform ber ©binfcurghet
Banf »orjc^Iug.
©rofc biefer Keinen Slnalogieen finben wir auch eine {Reif>c principiellcr Vet=
jchiebenheiten, namentlich barin, baff Sa» eine 3rttel6anf mit bcm {Redete beö ©8=
eomptcgefchäfteS, Oefterreich eine eigentliche ©irobanf of»c 3?ttclau3gabe unb mit
Siffignationen grünbete, unb fo Tonnen wir — wie bereits getagt — mit 3uter«
fic^t annehmen, bah fowobl ber 3nl)alt biefer beiben {Patente, als aud) bie UmftaU
tung bcS Banco del giro in bie SB ieit er ©tabtbanf, welche mit patent vom
24. ©ecember 1705 (publicirt am 8. SJlärj 1706) angeorbnet würbe, ton jebem
biretten Ginftuffc bet Saw’f^en 3bee frei unb nur ton ben allgemeinen wirth»
fchaftlidjen Grfahrungen, fo wie ton beit Srrthümcrn unb Irrlehren bet bamaligen
3eit getragen war. UcberbieS ift mit vieler 2Saf)rid)einltd)feit na<hge»iefen, baff ber
Urheber beS bem Banco del giro ju ©runbe liegenben planes ein ^rieflet, 9ta=
menS Slbbate OlorbiS war >, unb ber hatte ft<herli<h ton Saw unb feiner ©riftenj
bamalS feine Slhnung; bie Uebergabe ber Verwaltung ber Banfgefd)äfte unb Banf=
retenüen an bie ©tabt 5Bien aber war ein nothgebruitgener ©d)ritt, ber auf 'Än=
rathen beS ©rafeit ©unbaler ©tarhemberg gefdjah unb noch viel weniger mit Saw
in Verbinbung gebracht »erben barf.
©agegen Tonnte man ftd) gu ber Meinung terleiten taffen, ba| bie ©tünbung
bet fogenannten „Uniterfal-Sancalität", welche bnrd) patent .ftaifer ÄarlS VT. am
14. ©ecember 1714 erfolgte, ton ben Sbeeit beS ©^ottlänberS eher beeinflußt
war. SIbgefehen ton bem 3ufammentreffen ber 3eit, in welcher Saw SBien befuc^t
haben Tonnte unb in welker jenes ©efefc erlaffen würbe, regt auch bet ttmftanb
ju einer ernjieren 5Rachforf<hung an, baß im 3ahre 1712 bem Üaifet ein BanT»
project „ton nicht mehr befannter ©eite" überreizt würbe, welches auf fai=
ferlicßen SBefefjt ber Begutachtung mehrerer .^offammerräthe unterzogen worben
war, ju einem patente tom 24. SOlärg 1713 Slnlafj gab unb mit bem fpäteren
©tatute über bie UniterfaUBancalität manche 2(ehnlid)feit hatte 3 .
Sille Vermuthungen, alle .poffnungen auf eine etwaige finanjgefchichtliche ©nt»
beefung »eichen aber tor bemjenigen juriid, was Sa»' fclbft in einem ber an ben
$ergog ton Orleans gerichteten „Mdmoires sur les banques“ mittheilt. 3n ber
Zweiten biefer hö<hft intereffanten ©enffchriften, bie ohne 3»cifel anS bem 3ah«
1715 flammt, wenbet ber Verfaffer zur Unterftüjjung feiner Vorfchläge auch tiaS
Beweismittel an, baß er bem {Regenten granfrei^S bie guten ©rfolgc ber in
für Äunbe 5ftertctcbi)d>cr ®efcBicM$quctlen, fycrau*gcgebcn turn ber ?. Slfabemie ber SBifffu«
fdjaften 1858. ©. 341 btö 445.
1 SBtebetmamt a. a. D. <S. 852.
1 2öir entnehmen biefc $Batfad)cu bcm ÜRamricripte bcö feiten .peftee bc$ „'.Bcrfudjed
einer ©efdjicBte bed ofierrei^tfc^cit Staatocrcbite* unb £dutlbcmcefcn$, i'cit Ä'arl <£dm?abe t>.
Söaifenfreunb, 353icn Bei ($. ©crolbö 6obit", »eldieö une ber £err 53erfaffcr gütigft $ur @in*
ftdjtnatyme ubcrlaffcit tyat.
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Europa bamalS fd)en beftebcnbcii Sattfen fd)ilbcrt. Gr fagt, cs fei ein Svrtfmm,
wenn, man ben Ginwurf ergebt, als föitntcn Saufen nur in SRcpubtifcit ober be=
i^ränften SRonardjtccn, tote Gnglanb, mit Grfolg befielen; im ©egeittbeile, es
haben ft<h bie Saufen „and; in 9iom, 9ceapcI, in ©Sweben, in SBiett"
bewährt.
2BaS inSbefonbcrc bie Sauf oon Sßien betrifft, fo [teilt i'ato int Scrfatifc
feiner 5)enffd)rtft betn Jpcrgog oori Orleans bar, baS ber beutfd;e äfaifer oon ber
5Rü$lid;fcit eines folgen 3 nftitute 8 übergeugt fei; er fcfjitbeit gur ScTräftigung bef=
fen bie eben bamalS geraffene ttnioerfa( = Sancalität in bet ausfi'tl;vlitbftcti
SBeife, inbem er bie ©ruttbgüge beS patentes oom 14. JDeeentbcr 1714 au 8 eitt=
anberfefct >.
,,©e. faif. 9Rajeftät habe beabfid;tigt, in 3 I;re ginangeit eine beffere Orbnuug
gu bringen, bem Sucher 31 t ftcuern, baS Sertraueu, ben Grebit unb ben Apanbel
wieber aufguriebten, bie Kontributionen 3 U oerminbevn, 3 brcn Staaten bie ©teuer»
laft gu erleichtern u. f. w. 3n bem Sewufstfein, baff gur (Erreichung bicfeS BwecfeS
fein [Drittel fo geeignet fei, als bie Krridjtung einer Sattf, habe <2.c. EDlajeftät be=
fchloffen, nad) bem 9tatf;e 3b 1- er [Drinifter eine ©eneratbanf in 31;ren ©taateu gu
errieten unb biefer bie nacbfolgcnben Sort heile uttb $)rioilegien eingtträumen."
9hm ge^t 8 aw auf bie eingelnen Seftimmungen beS befagten latentes ein,
inbem er fie unter oier ©eficbtSpunfte bringt.
GrftenS b^e ©e. faif. EDJajeftat in allen Grbläntern gu ©unfteu ber Sattf
oerfdbiebene Sajren aufertcgl (folgt bte 21ufgäblung ber Ü(rrf)en); gweitenS macht
©e. SRajeftät ber Sanf gemiffc ©eübenfe (bie JReftanten u. f. w.); brittenS bat
©e. faif. ÜRajeftät ben ©ebattfen, bie Sanf gu 3b rcr Gaffterin gu machen, inbem
angeorbnet ift, baf; überbauet alle Ginfunfte, welche bar einfliefjen, fowobl EDrilitär»
afS Gameralgefäße, bur<h bie Sattf laufen feilen; oiertenS gewährt ber Äaiier
bem 3 nftitute eine Steibe oon ^rioitegien, bie aufgegählt werben.
Kben fo berichtet Sam über bie [Regie unb Serwaltung ber Sancafität in
giemlich eingebenber 9irt unb Tnüpft baran bie Semerfung: „SiefeS 'Prcject geigt
ben lebhaften SBunfh ©r. faif. EDtajeftät, ben Grebit in ben Grblattben eingttfübren
unb eS geigt bie ernfte 21 bft<ht, benfelben auch 3 U erhalten, derjenige aber,
ber biefe Sanf oorgcfcblagen bat, oerjtebt iti<ht§ baoott. ©ie ift aus
mehreren oerfchiebetten ©ebanfen gufammengefe^t, bie fie oerwirrt machen unb bie
ihren Grfolg »erberben fönnten. Stucb werben bie in Sorfchlag gebrauten [Drittel
nicht bem entstehen, waS fid; ©e. SETtajeftät oon biefem 3nftitute erwartet“.
„EDtan hat aßeS gufanimeugerafft, waS ntan, nötbig hielt, um ber Sanf Grebit
gu fdjaffen, unb ber Äaijer hat afleS bewilligt; aber ba man baS Sßefcn beS
©elbeS unb beS GrebiteS nicht grünblich fanntc, fann bicfcö s ))roject, trofc berjenigen
großen Sortbcilc, welche ©e. EDiajcftät gewahrte, mißlingen."
1 S)aß patent finbet fid? im Cod Austr. Pars tertia p 765 btd 770 „Bancalitat$‘3n»
ftitntmn" unb ift bei weitem unlforcr, al$ bic iogifd^e Siuäeinanberfebmig
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458
,9?i$t8beftoweniger läfjt micty bte SillenSfeftigfeii, wel<$e ber Äaifer Bet eitlem
geigt, baS er unternimmt, glauben, baf, er Bei biefer Slnftalt mit ber Seit Grfolgc
haben wirb. SOtit bem eierten Steile ber SSort^eife unb ^rinilegien
bie ©e. faif. SO?ajeftät gugeftanben fiat, t>erpflidfjtc i<^ midf), in ©ei»
nen ©taaten eine 33anf gu errieten unb ben Grebit bort weiter gu
Bringen, als in Gngtanb ober .£>otlanb, trojj beS großen Unterf^iebeS,
melier gegenwärtig gwifdfjen bem §anbel biefer ©taaten unb jenem ber Grblän*
ber Beftef)t."
Gr fügt gum ©cfylufje l;ingu, bafj er „Bis jefct rticf>t erfahren ^aBe, batj bie
Siener San! baS SJlifjtrauen eermefjrt ober baS ©ilBer eerbrängt l>abe" i.
3lu8 biefen Sorten 2aw8 gellt mit bet größten ©idjerfjeit f>crnor, bafj ber
ätaifer Äatl VI. oon feinen 33erfd)lägen burdfauS nidfjts Benüjjt hatte, fonbern gang
anderen DiatfgeBern gefolgt war. Sa8 aber inSBefonbere ben Beitpunft ber 2lnwcfen*
B>eit SawS in Sien Betrifft, fo bürfte berfelBe — wenn fid) aud) fein BefonbcreS
Sntereffe an biefe Unterfud;ung fnüpft — in ben Sinter 1714 auf 1715 netlegt
Werben. Senn jenes ©tatut ber 33ancalität, mit welchem Saw fo fefr nertraut ift,
erfd^ien, wie erwähnt, erft am 14. SecemBcr 1714, unb im Sommer beS SalfrcS
1715 feierte Saw fefjon wieber nach §ranfrcich gurücf, um naef) bem 1. September,
bem SobeStage SubwigS XIV., fogleid? bem Regenten feine Slnerbietungen gu
machen. GS läfjt fiel) alfo faft mit ©ewi&hcit fdjliefjen, bafj Saw gur Beit ber Gmcf»
tmtg ber SBancalität in Sien war, fonft fjätte ifm Bei ben bamaligen GemmunicationS»
oerfyältuiffcn jenes patent nicht fo genau Befannt fein fbnnen, weldjcS faum wenige
ÜJionnte normet neröffentlicft worben war. 2(ud) beutet feine 33emerfung über ben Gfa»
rafter Äaifcr ÄarlS VL auf einen pcrfottlidjen 23efud) 2 .
Sir finb burdf) biefen Keinen Diücfblicf in eine längftnergangene Seit gwar gu
feinem pofitioen, woft aber gu bem negativen Sieiultate gelangt, bafj 3ol?n
8 a w am ^)ofe Äaifer ÄarlSVI. in Sien war, bafelbft feine
9>rojecte unterbreitete, aber unbeachtet wieber fortgog, unb bafj bie gleidfjgeiti*
gen ofterreichifchen Sanfprojecte mit ifim nichts gemein Ratten. 9)iöge unS biefe
hiftorifche Grinnerung auch barum oergiefien werben, weil Defterreid) gwar »iel fpäter,
aber bennoep eben fo wie granfreid) unb Gnglanb ton jener Bewegung ergriffen
würbe, bie mit ber ?am’fd)cu SettelBanf ihren Slnfang nahm, bie in ben Siener
Sancogettcln, in ben frangöfifefen 3lf|igitaten unb bet englifdjen 23anffrife fid) in
fel;t bebenftiefer Seife fühlbar machte unb ned) lange niept ifren 2lbfd)lufj er»
reicht hat-
1 ©. bie bejiiglid)en ©teilen in ber Stuö^abe ton SamS ©djrijten. „ficonomistes finan-
ciers du XVIIIe siede, p 546 unb 576 s.
1 Sa4 „SBienerifdie SMarium" aufl ben 3af>rcn 1714 unb 1715, welches alo SBor*
laufet ber heutigen „SBiener 3eitung" ftetä eine Siftc ber „Qlnfimft berer .flohen unb fflieberen
©tanbeS^erfcnen" enthielt, lägt ben Dlamen 2aw0 nid)t fiitben. 3nbefj befduäufte fid? jene 2ifte
nur auf ,,©tanbe$perfonen", unb ju biefen bat mau 3ohn 2aw, wenn er auch „bc Saurifton",
alfo ein ©beimann war, mal)rfd)eiulid) nid)t geregnet.
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459
$enffd)rift über bie (£ntottflung ber Seibenjudjt in ben nörb=
liieren ^önbern.
33on St. C. f öliliflus unb Sr. fl. ^Dunjcr.
(Dien 18G4.)
S. Sie Gultur ber ©cibentaupe, beö SJtaulbeerBaumeS imb bereit üielfad) i'ev»
futtert ©urrogate gäblt Bereits eine Sitterntur, rvefcfje, gufammengefteflt, eine red>t
artige SiBliotljeT Bitbcn würbe. 33efonberß in ber testen Beit, wo bie oerbeerenbe
Staupenfeuche bie feibcngüchtenben Sänber aufß fjärtefte Betraf unb bie ©eibenpro*
buction berfetBen gurn Steife Bis auf ben fünften £l;eil beß früheren (Ertrages re=
bucirte, erfdtjienen gal)lreid)e ©üd;er unb Olbhanblungen, we(d)e a!3 (ErgeBitif fleißi¬
ger unb umfaffenber Unterfuctjungeu bem UeBet gu fteuern ober ben Schaben, wenn
er gu einem conftanten erwachten feilte, burd) bie (Einführung neuer 9 (aupengat=
tungen 311 minbem rerfuct)ten. Unb in ber Xt;at ift ber ©egenftanb ber Bccfften
Bo[fSwirtt)fcBaftlid)en DBforge würbig. Sie ©eibengucht Bitbet, wenn rationell Bc=
trieBen, eine (Einnahmequelle für baß ?anb, weld;e Biß 3 U einer ungeahnten .ßöl;c
anguwachfen fähig ift, ohne bie Bisherige tBenüfimg beS ©runbeS unb SBobenß gu
Beeinträchtigen. Sie halt ben Sanbntann nid;t ooit feiner .ßaupthefchäftigung ab, in=
bem bie pflege ber Staupe oom STuSfriecßcn Biß gut (Einipinnung in eine Beit
fällt, in welcher bie wichtigeren gelbarBeiten ruhen, ber SetrieB in flcinerem Um*
fange erforbert feinerlei foftfpieligen Apparate unb Befoitberen Secafe, ba bie Staupe,
Wie oielfacf)e (Erfolge Beweifen, auch ber gewöhnlichen @d)ciier gegüchtet werben
fann, biefe aber unmittelbar Bor ber (Ernte leer Bon <5olbfrucf)t ift unb ben Staunt
Bietet. Unb hoch lohnt bie ©eibencultur Bei rationellem Vorgänge bie anfgewenbete
SDtühe glängenb. 3 n ben {üblichen Sänbent, wofelbft fie feit längerer 3 <it eilige»
bürgert ift, würbe fie bie SDuelle f^hen 2Sol;lftanbeß. Ol Ber auch ttörblicheren
Sänber, beren (Eignung 311 t gleichen Sulturart Biß gur feanbinaniiehen tpalbinfel
hinauf burch außgebehnte, gelungene 33erfttd)c aufjer 3weifel fteht, gehen mit ber
Sötbcrung biefeß Snbujtriegweigeß einem fchenen, lohitenben Biele entgegen. 2öie
bie Sentfchrift Bemertt: „hanbelt eß fich um bie töegrüubung eiueß (ErwerBßgweis
geß, ber Steif unb OluSbauer reichlich lohnt, ber manchen ©egenben burd; (EtaBli=
rung oott Silanben unb 9)touliniranftalten für ben Gntgang anberer (ErwerbSgiocige
(Erfafc Bieten Tann, unb baburch, baß ber ©eibenbau für Sinnen» unb Gorrec»
tionßhäufer feht empfehlenßwerth ift, auch für bie OlrmenpfTege hah c 2Bi<htigfeit
hat. Sie ©eibengucht giebt ^erfonen, bie 311 fchwerer Slrbeit nicht Brauchbar finb,
wie Änaben, SOtäbdjen, Stauen unb Leuten Bon fchwachem Ä'örperBau, eine rentable
Sefchäftigung. ©ie alle waren Bisher in ber 33o(fSwirtl)fchaft gröftcntbeilS nur
33ergehrer unb fotlen jeßt burch bie 3lufnal;me beS ©eibenbaucS in ben STang ber
(SrwerBenben treten“.
©inb baher alle Slnftrengungen, weld;e gur Ausbreitung bieieS fegenoerheifen*
ben (Eulturgweigeß gemalt würben, in ootlem Sftafe gerechtfertigt, fo rnufj bieß
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oorjugßweije ocit beit cftcrreichifchen Räubern gejagt Werben, ba biefe bie (Eignung
I;ieju in eminenter Sßeifc bieten, batet aber ltcd; ber Umftanb eintritt, baf; bie
Rtonarchie mit ber Abtretung ber Sombarbei jenes Ärcnlanb oerlor, weldjeS bie
befie ©eibe unb bie gröfjte Quantität berjelbcn crjeugtc. Saö ©trebcn, ben ©ei*
benbau in ben nicht italienifd;en Sänbcnt in lieberem 9)iaf;e burd;jufübrcn, bat ba*
l;er berjeit, wo ein Sficit ber jur SBcbewaarenfabrication nötbt^en ©eibe aus bem
Unglaube belegen werben niufi, eine um je größere SBebcutmtg.
3n ber 2bat bat es aud) an foldjeit 23emül)ungen feit längerer Beit unb be*
jonberS in ben festeren 3abren nicht gefehlt, unb eine ber mbicnftlichftcn Arbeiten
hiegu ift ba8 oorliegenbe 23tuf>, meldjco mit netter ©adjfenntnijj ben ©taub ber
©eibenjucht in ben efterreichifdien ^romnjeit fcwcht, als in ben übrigen nörblichen
Sänbern behanbelt, turdi bie eingehenbe Darlegung ber frf?eucu bis jejjt errunge*
nen SRefuftate ju neuen umfaffenbeit 33erfud)cn anfpornt unb mit grofjem ftleifje
barfteftt, wa8 in unb au^er IDefterreicf) in ber ©eibenjucht erreicht worben ift unb
erreicht werben famt.
Sic Äaiferin Riaria Sherefia war cß, welche juerft. in Söürbigung ber Bor*
tljeite, welche bie itatieniiehen Sänber unb ©üb*2irol feit langem auS bem ©eiben*
baue jegen, biefelben aud) ben trörblicfjett Säubern juwenbeit wollte Unter ihr, wie
unter Äaifer Sofeph unb jfranj I. erfdjien eine SReiftc barauf bejüglicher Berorb*
nungen, 1763 würben jum erften SOiale Belohnungen für bie 3ud;t be§ ÜJiaul*
beerbaunteß ausgofe^t. Slber erft ber neueften Beit war cß norbehatten, biefem 3u=
buftriejweige burd) entfprecfjenbe Anregung unb Berfud)c rafche 2lusbreitung ju
cerfdjaffen, unb eß giebt bermal faum eine fPreoinj beS ÄaijerftaateS, in weiter
bie ©eibenjmht nicht mehr ober weniger gelungene (Erfolge aufjuweifen hätte.
SheilS ju biefem 3wecfe geraffene Vereine, wie in Sinj, Sroppau, Brjejan,
©taj, mehrere in Böhmen, tijetlö ©ectioncn ber lanbwirtbid)aftlid;en ©efefljehaften,
Wie in Rieber*Defterreid), wo bie feit 1855 beftehenbe ©eibeitbaufection eine uit*
gemein cvfprie§tic^c Sltätigfeit entfaltet, ©altjien u. a., enblich neben bem gemein*
nüfigen Sßirfeit aufgellärter patriotifefjer ^rioaten bie 9lnrcgtutgen unb Unterftü^uu*
gen ber ©taatsbehörben haben e8 bal;in gebraut, baff ber ©eibenbau allenthalben
menigftenS bie ©tufc bc8 Berfitd;c8 überfd;ritten I;at unb beffen rentable (Entwicf*
lung bei jwecfmäfjiger Bchanblnng fidjor ftebt. Gegenwärtig reidit bie ©eibencuttur
Defterreid)8 bi8 an bie nörblichften ©ronjen unb bi8 ju folgen Höhenlagen, in
welchen man e8 früher für unmöglich gehalten hätte, ben SJiaulbeerbaum unb bie
©eibenraupe bauernb fortjubringen. 3a e8 ftellte fid) h erau fh weun nur foitft
bie pflege unb Reinhaltung forgfältig ift, in ben miitbet warmen ©egenben ein
wertlwollereS fJ)robuct crjielt wirb, fowohl an Reinheit, ©lafticität unb ©tärfe bc8
gabeitß, al8 auch befonberß an ©efunbheit be8 Raupenfamenß. ©d)on h a ^ en fi<h
befehalb jahlreich Stanjofen unb Staliener nach Rieber* unb £>ber*£)cfterreich,
©teiermar!, Böhmen unb ©chlefien jum Slnfauf gefunber @raine8 gewenbet
3n Rieber«Defterrei(h inßbefonbere ift bie ©eibenbaufection ber Sanbwirtl)*
fchaft8gefellf<haft feit einem Sahrjeljnte unabläffig tljätig, bie Sanbbeoölferung mit
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461
bem neuen Snbuftriegweigc Betanut 3 U, machen unb alb unumgängliche 23orbebin«
gung bie SSevBvcttung beb SJlautBcerbaumeb gu Bcrairten. 3u biefem 3 wecfe würben
rctfcfyicbener Orten, in 23aben, (SnjerSborf au bet Aijcfja, 31 t ©achfengang, im
9Jiard;felbc, in Eihgerbborf je. fleine fDiuftcrguchten burchgeführt, bie 23e3irfbcereine
unb ©chulbircctionen 311 t 23efichtigung eingefaben, Bei ben 23erfanimlungen ber er=
fteren ©occitb unb ©cibe gur Elnfchanung geBvacfjt unb eine grofje Slnga^l popu=
läret Einleitungen 3 ur 9)iaulBcer= unb Staupengudjt mit illuftrirenben Safeln an
2anbwirtf)e unb Sorffchulen oertl;eilt. Sie 3af)l ber ton 1856 Bib 1860 üertl;eil=
ten SftaulBeerfejjlinge Betrug 78.000, aufserbem würben greife aubgefe£t uitb Bei
ber in £ie$ing im ©eptember 1863 erfolgten laitbrrirt^fdjaftlidjen Elubjtetlung 20
©tebaillen unb 18 ©elbpreife Bib 3 U 20 fl. für SJiautBcerpflangungen unb 23aum=
faulen an ©emeinben, ^rioate unb ©cBulleBrer, unb 20 greife 3 U einem ©ilBer*
gulben' an ©djuffinbcr oertheilt. Sie Elnftrengungcn trugen aud) grüßte, Bereitb
Befifct bie fProoing über eine SJtillion SDiaulbcerBäuntren unb cr 3 eugte im Sa^re
1862 bei 50 ©tr. ©oconb, in 68 Orten wirb bermal ©eibengud)t Betrieben unb
bieb nicht non rereingelten SieBBaBerit, fonbern rielfach, wie 3 . 23. in 23rucf a.b. 2.
22 3üd)ter namentlid; aufgcfüljrt werben, neben weiten noch anbere ©runbBefifcet
ficf> mit bieiem Snbuftriegwcigc befdjäftigen. Sie 23eftörben finb in ber Elngetegen*
heit nicht 3 urüctgeBlieBen, bab Elerar unb bie ©tattf>alterei unterftüjjten bie 23er*
Breitung ber ©eibengudd burd) jährliche 23eiträge.
©ine fwdjft intereffante Partie beb 23udjeb Bilbeit bie SOiitt^eilnngen über bie
2tcclimatifationbüerfud;e neuer IRaupenartcn. ©Beinen aud) bie erfahrenen 23crfaffer
jene exorbitanten ©rwartungen faum 3 U tl;eilen, itad; welchen bie ©ötterbaunt* ober
EUIantfmbraupe Beftimmt Wäre, einft bie ^Baumwolle in Defterreid; entbehrlich 31 t
machen, unb ratheu bicfelben an, über berlei ©rperimenfen nicht bie .Hauptaufgabe,
bie 3ucht ber SJiaulbeerraupe 31 t Beeinträchtigen; fo Bleiben bod; bie 23erfud;e mit
ben neuen Ulaupengattungen intereffant unb wichtig, unt fo mehr, alb bie 31 er ERaf)*
rung bcrfelbcn bienenbcit ^flangen in DefterreicB mit weniger EJtüBc unb ,@efaf)r
gegogen werben fönnett, ja tt;cilweife wilb macBfon.
„253enn alle Äräftc jufammenwirten", iddieft ber 23evicf>t, „fo tann eS nicht
fehlen, bafj wir bab grofje 3 iet erreichen. 23ir finb auf bem red;ten SBege, unb
fotlcn unb burd; bie ©rfolge, weldje wir felbft unb utifere Eiachbarlänber Bereitb
ergielt haben, angeeifert fühlen, mit Elubbauer unb 23eharrli<hfeit fortgugehen". ©in
herglidn’b ©lüefauf! 3 U folch’ waeferem ©treBen, bab bem colfbwirthfd;aftlichen ©r*
Blühen ber 3Konard)ie fo guten SSorfc^ub 3 U teiften Beftimmt fcheint, wenn e§ gleich
noch mancher ?ORüf)cn bebürfen, lange Seit oerftreichen wirb, Bib bicie ©aat gur er*
giebigen ©rnte gebeihen wirb. Elnerfcnnung unb oolleb SoB aber cerbienen bie
ÜJiänner, welche je£t fchotr, wo ber eben in ber erften ©ntwicflung Begriffene 3n*
buftriesweig in ben nörblichen Sänbern mit ben gabliojen ^jinbemiffen beb Snbiffe*
rentibmub unb ber Uufcnntnifj 3 u fämpfen hat, mutl;ig für fein ©rblühen einftehen.
Unb bieb haben bie 23erfaffer mit großer ©achfenntnifc, mit unermübli^em glei&e
Bei Elnfammlung ber ©rgebniffe in* unb aubläitbifcher ©eibenguchten, fo wie im
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462
■Slnhange burcf) eine Kare, allgemein mftanblidje Sarlegung ber rationellen lÖaum*
unb IRaupencultur getljan. 9ft6ge ihnen bie greube werben, alle ihre Erwartungen
in nicht aUjulanger griff oerwirflidjt gu feljen.
geuierfili^e 9Jtu|eum in SBrüffcl unb beffen jiingjite
torganifotion.
23on Sr. R. S5 0 n n i ff r f 11.
III.
3luf ©rttnb biefeS S3erid)te« würbe nun bie JReorganiftrung be§ 9Jtufeum8
nom Könige unb ber gefejcgebenben 33erfammlung jüngft wirtlich befchloffen. Sie
©runbprincipien biefeS fönigl. 23ejd>luffe8 finb bie in obigem S3erid>te auSgefproche*
nen. Ser 3wecf unb bie Snftitution finb in 25 SSCrtifefn angegeben. 9iad) biefen
gu fchtiefjen, wirb baö reorganifirte SJhtfeum in ftcf) begreifen: eine gewerbliche
©cf)ule, ein d)emifd)e 8 Saboratorium, eine gewerbliche Sibiiotfjef unb einen ©aal
gur 2 lu 8 ftel(ung unb 311 m ^robiren ber neuen jprobucte, welch’ legerem fich noch
ein eigenes Socale für fertige ©erät£)fd;aften anicf)liefen wirb. Sie Drganifation
biefer gewerblichen ©diule ift in einem eigenen ®efe£e, beftehenb au 8 37 Slrtifeln,
auSeinanbergefejjt. 5Ba8 ba 8 cbemiidie Sabcratorium betrifft, fo wirb basfelbe fo
eingerichtet fein, bafj c 8 einerfeitS allen Slnforberungen ber Snbuftrie entfpricht, an*
bererfeitö aber jungen (ibemilcnt e 8 möglich macht, ihre 2 lu 8 bilbuitg 00 m gewerb-
lichen ©tanbpunfte auS gu mrollfommnen. Sieü* jungen Seute muffen jeboch jene
theoretifd;en Äemtlniffe nadjweifeit, Wetdje notbwenbig finb, um ben ihnen anrer»
trauten praftifdjen Slrbeiten fid> mit Erfolg unteigieben 31 t fömten. Superbem wirb
eS $)rii'atperfenen geftattet fein, llnlerfuchungen unb Slnalpjen vorgunehmen ober
roruebmen 31 t laffen, welche fie im Sittereffe ber Snbuftrie unternehmen 31 t müffen
glauben.
Sie fBibliothet bat allen Slnfcrberungen ber Snbuftrie Eenüge 311 leifteit. ©ie
wirb außer ben gewerblichen SSetfen nodi eine ©ammluitg ron -Hieb eilen unb
Huricbinengeid'mengen enthalten, we(d;e mit ben neueften Erfinbungeit immer gleichen
Schritt gu halten haben. Sie Sage unb ©tunbeit, an welken biefelbe bem $)ubli«
cum geöffnet fein wirb, werben erft befannt gegeben.
S?on 3öicf)tigfeit finb 9lrt. 6 , 7 unb 8 . ©ic lauten: „Sie Snbuftriellen Wer*
ben gugefaffeit, in einem Saale be 8 93iufeum8 bie neueften ^robucte ihrer gabri*
cation auSguftellen. E 8 fönnen auch hier bte Haturprobude unb gabricate be 8 2 lu 8 *
lanbe 8 (les produits naturels ou les fabricats de 1‘ötraDger), welche fenneu gu
lernen bem Sanbe nüldid) ift, au 8 geftellt werben. Sn einem gweiten Socale fteht
ben bdgijd;en unb fremben gabricanten eine Santpffraft 3 ur Verfügung, um ihre
auögeftellten Hiafchiuen arbeiten laffen gu fönnen. SebeSmal, wenn e 8 bie 9lüfcli<h*
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463
feit erforberi, finb bcm Pcufeum Gonfereitgen geftattet, fei eö, um mistige Gut»
bedungen in ber Snbufhie ober neue Probucte be 8 3tt= unb 9tuStanbe8 befannt
3 U macpen.
Sa 8 fDhtfeum ftept unter ber popcn 2 (ufficpt einer Gommiffion oon 7 Piit*
gliebern, welcpe com Äönige ernannt werben. Sa 8 Perfonal be 8 9Diufeunt8 Bitbet
ein Sirector, bie ^rofeffoven ber inbuftrieKen Scpule, ein Gpemifer, welcher Vor*
ftanb be@ SaboratoriumS ift, ein Pied;anifer, welcher Gonferrator ber (Sammlungen
ift, ein Vibliotpefar, bie Präparatoren unb eine für ben Sienft pinreicpenbe 2tit=
japl non Stuffepern; biefetBen werben ebenfalls nom Könige ernannt mit 3 uftim*
mnng ber Gommiffion. Sie Ueberwad;ung 8 commiffion ift überhaupt befeptiepenbe
Vepörbe; fie infpicirt naep iprem ©utbünfen, Beftimmt bie rerfeptebenen Snftitu*
tionen nnb ift gfeicpjeitig 33errot(fommnung8ratp für ben inbuftrietten Unterricht.
Sie Functionen beS SirectorS finb hingegen fotgenbe; Gr ift ber Gpef aßer
Sienfte beS SnftituteS, birigirt bie Stbminiftration, unterbreitet ber Gommiffion
feine Vorfcptäge für bie Diebaction beS 23ubget8, autorifirt bie SluS tagen unb nifirt
bie Diecpnungen. Sitte Functionäre unb ^Beamten beö PiufeuntS finb ipm unter*
georbnet. (Sr bient at 8 Vermittler gwifepen bem Perfonale nnb bem ÜJtinifter beS
Snnem ober ber Ueberwad;ung 8 commiffion. Stufet feinen abminiftratioen Seiftungen
ift berfetbe rerpftieptet, eittweber bie oben angebeuteten Gonferengen gu leiten ober
bie Slrbeiten beS d;emifd)en SaboratoriumS gu füpreit. Säprltcp im Secember put
er fenter bitrep Vermittlung bet Gommiffion bem SKinifter einen betaitlirten Ve*
ridpt über bie am SJiufeum rottenbeten Arbeiten unb ben Stanb ber Ginridptung
gu überreicpen.
Ser rorlepte Strtifel biefeS ©efepeS orbnet noep an, baf bem SOiufeum eine
inbuftrielle ©efellfcpaft einrerteibt werben föttnte, welche gum Bwecfe pat, bie nüp*
liepen Grfinbungen ber Snbuftrie au 8 guforfcpen unb 3 U betopnen, bie neuen Fort*
fepritte, welcpe fiep in Velgien entwicfeln, 3 U ftubiren unb bie Stnwenbung ber
Äunftinbuftrie 3 U rerbreiten.
9iun gut inbuftrietten Schute. Stefefbe wirb am Piufeum gegrünbet mit 3u*
ftimmung ber Gommune. Sie Äoften werben rom Staate unb ber Gommune ge*
meinfepafttiep getragen. Safür ftepen auep ber Gommune gewiffe Dtecpte 3 U. Gine
Gommiffion ron 5 Pcitgliebern ift nämlicp mit ber Ueberwacpung biefer Snftitu*
tion beauftragt, unb biefe Gommiffion beftept au 8 bem Sürgernteifter ober beffen
berottmäeptigtem Stetfeertreter, au 8 gwei Piitgliebern ber teitenben Gommiffion be 8
PcufeumS, wetdje rom Stümper beftimmt werben, unb au 8 3 Wei Slbgeorbneten,
welcpe rom ©emcinberatpe gewäpft werben. Siefe Gommiffion wirb alte gwei
Sapre gut ^älfte berart erneuert, baff bie Peuwapt immer ein rom Piinifter er*
nannteS unb ein rom ©emeinberatp gewäptte 8 Piitgtieb trifft. 3n ipren Verpanb*
tungen giebt bei Stimmengleichheit bie Stimme be 8 Präfibenten ben StuSfcplag.
Siefe Gommiffion bearbeitet ba 8 SBubget, befcpliefjt bie fRecpnungen, giebt ipre 3u*
ftimmung gur Gntennuug be 8 PerfonalS, bearbeitet ba 8 Project 31 er Vorfcprift für
bie innere Drbnung unb übt eine ftrenge Ueberwacpung über bie Stubien unb bie
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464
SiSciplin. Sa§ 33ubget unb bie {Rechnungen werben bem ©emeinberathe unb bem
Piinifter' beS Snnern jur 9tpprobirung »orgelegt. Sie Piitglieber ber ©ommiffton
haben ferner bie gocale, bie Sammlungen unb bie (Staffelt ber ©chule ju befid)=
tigen; fie prüfen ober taffen bie Sögtinge prüfen unb »erfichem ficf> non ber ge*
nauen ©inhalfung beS Programms.
Ser Sirector bcS PhtfeumS ift gleichzeitig Sirector ber @<hule. Sie Pro«
fefforen werben auf 33orfchlag ber ©ommiffictt unb mit 3«fHntmung beS ©emeinbe*
ratljeS »cm Äcnige ernannt; baS übrige Perional ber ©dmle, bie Präparatoren
unb Stuffe^er hingegen »om Piinifter be§ Innern. SBie mir £>err »an ©rofj
brieflich mittheitte, bürften bie Profefforett bis nächften Setober bereits alte ernannt
fein, fo bafj mit bem nächften ©tubienjahrc bie 3nbuftriefd>utc fcf)on ihre Üb^*3 s
leit beginnen wirb.
Ser an biefer ©dfulc ertheitte Unterricht wirb in fich begreifen:
1. Sie ©(erneute ber Slfgebra unb ber ©lementargeometrie, (entere fpeeietl »om
©tanbpunfte ihrer Slnwenbung tn beit ©ewerben, in ber Aufnahme »oit ptänen
unb im PioeUiren. «
2. Sie beferiptice ©eometrie in ihrer Slnwenbmtg jum Slufnehmen »on Pia*
feinen, ©teinfehnitt :c. #
3. SaS Sinearzeichtteit, mitinbegriffen bie ©onftruction ber Piafchinentheilc,
bie 3ufammenfefung unb ©onftruction ber ÜRafchinen.
4. SaS ornamentale 3cichnen, welches in fich begreifen wirb baS 3ei<hnen ® on
Blumen nach ^er Patur, bie ©empefition »on ornamentalen ©ruppen, »on S3Iu»
men, Trophäen ic.; baß Beicfjneu pour dentelles et broderies, pour indiennes,
perscs, impressions, rubans, galons etc., peur damasses de tous genres, ta-
pis, chales, velours etc.; mit ben nothwenbigen ©tubien über beffett Ulnwenbung
in ben ©ewerben.
5. Sie ©lemente ber Phhfif mit außfchliefjlicher ©ntwieftung ber Specrie beS
Sampfeß, ber ©onftruction ber Defeit unb {Rauchfänge, ber Theorie ber ©teftrici*
tät in ihrer fpccielleit Ülnwenbung auf Selegraphie, Uhren, ©aloanoplaftif, Pioto*
ren w. unb ber Sl;eorie beS ?ichteS unt> beffen Slnwenbung auf Dptif.
6. Sie ©lemente ber gewerblichen Piecbanif; fpecielleS ©tubium ber leben»
bigen unb Äraftmotoren, bie Arbeiten mit ber Äraft beS SBinbeS unb beS SBafferS,
Piühlcn, hpbrauli|d;c Preffen, Turbinen, Pumpen tc.
7. Sie Äenntnifj ber Sampfmotoren, ber ftren unb beweglichen Ptafchhten,
liocomoticen unb Sampffchiffe, fpecielleS ©tubium ber Sampfgeneratoren je.
8. Sie ©lemente ber organifchen unb unorganif^en ©hemie, auSfchliefjtich
»om ©tanbpunfte ber nitflichfien ©ewerbSjweige, wie: feculerie, boulangerie,
amidonnerie, brasserie, distillerie, fabrication et raffinage de sucre, pape-
terie, huiles, savons, bougies, vernis, acides, produits chimiques, verrerie,
poterie, porcelaines, fa'iences, blanchiment etc
9. Sie gewerbliche Defonomie unb ©efefgebung.
10. Sie ©lemente ber gewerblichen unb commergietlen {Rechnungen.
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465
11. Sic ©eiunbl;citölel;rc, fpeciell nein Stanbpuntte ber Snbuftrie.
3ur Gomplctirung biefed Unterrichte« bient eine 2?ibliotf)cf, baS d;entiid;e 2a*
beratorium, ein pfnififalijcheö Gabinet unb bie übrigen noch bagu gehörigen 9Jia*
terialien.
Sieic einzelnen Gurfc finb fcl;r zweefmäfng auf brei Sah« vertfjeitt. Sie
Schule ift rorgüglid; für junge Scute, welche fid> ber Snbnftrie wibmen weilen;
jebed; fann bie leitenbe Gemmijfien aud; anbereu perlenen bie Grlaubnif; geben
einen eher mehrere biefer Gnrie gn befndien, oerauSgejcßt, baff bie Socalitätcn eS>
geftatten. ,v>ier fei jebed; gleichzeitig bemerft, bap bie erbentlitfjen Beglinge immer
ben SSerjug haben. Um als erbcntlid;er Begling aufgenommen zu werben, mu|
man wenigftenS 14 3al;re alt fein, eerrect lefen unb fd;reibeit tonnen, oon bcr
2lrithmetif fo eiet wiffen, alö in ben Glementarfchulen gelehrt wirb unb bie .Kennt*
nif? ber SlnfangSgrünbe be@ Beid;neu« nad;weifeit. Sie gühigfeit ber aufzunehmen*
ben Beglinge wirb von ben ‘prefefferen unter SSerfij; beS SirectorS .in einer Spe*
cialcemmiffien beftimmt. 21'ill einer reit ben Beglingeit gleid; in baS zweite ober
britte Stubienjahr cintreten, fo mufz er felbftoerftänblich bie Äenntniffe be§ erften
refpectioc zweiten 3ahre8 befipeu unb nachweifen.
Sßeld;’ bcbeutenbcS Gitbziel fich tiefe Schule icpte, gebt fchon t^eilweife auS
ber ‘prüfungSjorni hereer. Sic 2ütfna(;mä*, gertgangS* unb Üluötritt&prüfungcn
werben nämlich miinblich unb jcbriftlid; gehalten. 59iit SluSnahme bed Beicf>netuS
wirb bem Gaubibateu aus jebeni ©egenftanbe eine 3rage }d;riftlid; gefteUt. Sie
jd)riftlid;c Prüfung fann 3 Sluntcn bauern. Sie münblid;e 'Prüfung bauert für
jeben Gaubibateu >/ 2 Stunbe. Ser 3un; muffen wenigftenS z a ’ c ‘ 3eid;nungen een
jebem Ganbibaten eergelegt werben. Sie Prüfung ift nicht alö genügenb zu be=
trachten, wenn ber Ganbibat in einem ©egenftanbe ausgezeichnet antwortet, in meh¬
reren anberen jebed; nur ungenügenbe Äenntniffe befijjt.
Sie Fortgangs* unb ÜluStrittSprüfungcu finben alljährlich im Deteber ftatt.
3u bem Bwecfe eerfammeln fid; bie SDtitgliebcr ber Gemmiifien, ber Sircctor unb
bie ^)refeffcren unb l)crat(;en über ben Staub ber Schule, über bie allenfalls z u
ergreifenben SDia^regeln unb über bie Prüfungen. Beugniffe über bie gäbigteiten
bcr Sd;üler tonnen ben Begliitgen erft wenn fie ihre Stubien teenbet haben unb
in ben ©egenftänben, bie in ben Gurten beS brüten 3at;rcS gelehrt Werben, ge*
prü f t finb, auSgeftellt werben. Siefclben werben rem Sirecter unb ben SJtügliebern
bet 3urp unterzeichnet unb een ber leitenben Gommiffion oifirt.
Sie SiSciplin f^eint nach 2lrt 30 unb 31 fehr ftreng gehanbhabt werben zu
müffeit; benn bie Gommiffion ift eben oen bem ©runbfajje auSgegangen, unb bieS
mit Otecht, baf) bie auS ber Schule austretenben Beglinge tüchtig auSgerüftet feien
mit ben nötigen gewerblichen Äenntniffen. Ucberl;aupt geigt ber gange Drganifa*
tionSentwurf biefer Schute, bah er nicht nur oon tüchtigen Scannern »erfaßt
würbe, fonbent ba§ ^Regierung unb Gommune in pecuniärcr £inficht leine SWittel
freuten, um allen geregten 2lnforberungen, welche bie Snbuftrie an eine fol<he
Schule gu [teilen berechtigt ift, gu cntfprechen. S3ei bem gangen SSerfe tritt bet ebte
»o<$eni$rift. 1864 . Sanb m. 30
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466
©cbanfe in ben Borbcrgrunb, bafj man eS wirtlich mit ber Sad)e crnft meint.
Um bie Sd>nler ned) mehr aufgumnntern, fiat bic teitenbe ©omntijfion befd;loffen,
am Sdjluffe beS Schuljahres immer greife unb Slnertennnugen auSgutheilen an
jene Schüler, welche fid) burd) gleifj, gute (Srfolge unb 3tuffü(;rung befonberd her«
oorthaten. ©ie greife hefteten in wathematifd;eu Snftrumenteu, gewerblichen
SBerten re.
3um Sdjluffe noch einige SBorte über baS Söubget. ©ie Ausgaben bil*
ben bie Befolbung beö $>erfonal8, bie nötigen Summen gut (SrJjattung unb Bet*
befferung ber Sammlungen unb bie £eignng8= unb Söeleue^tungäfoften. ©iefe 2lu8«
gaben werben gebeeft huch bie Subcention ber Commune unb bitrd) ben Staat.
©a8 Bubget muff immer am 1. September oon ber leitenben Gommiffion fef%=
gefteUt unb bann bem @emeinberatl;e unb bem SDiinifter beS 3nnent gut ©enel)=
migung oorgelcgt werben.
©iefe8 hier nun furg Stiggirte läfjt wel;l gu ber Hoffnung berechtigen, bafj
ba8 SJtufeum in feiner neuen ©eftalt ber befgife^en Snbuftrie oon großem Buj)en
fein wirb. 2ßk mir oan ©roh ebenfalls mittheilte, fo ift man gerabe jefct mit ber
©inrid)tung ber Schule unb ber 2Baf)l bcr i'rofefforen befebäftigt, unb foH nament*
lieh bei biefen auf eine oorgüglidje Befähigung STiücffidpt genommen werben.
ÜJtur ©ine8 ift auffatfenb, bafj bie Äunftinbuftrie bei tiefer Sfieorganifation gang
leer auSging. UebrigenS glaube id; muihmafjen gu bürfen, ba| in biefer 9üd)tung
ebenfalls halb ned) Schritte werben gemacht werben.
e neuen (Srmerlmitgen int üDtufeum beö gouüre feit bem
Satire 1850.
©ie Äunftfdhähe, welche wir Ijeutgutage in ben grofjen SJtufeen unb öffent*
liehen Sammlungen angehäuft unb geerbnet oorfinben unb benü^en, hüben eine
eigenthümliche unb bebeutuitgöoolle ©efd)ichte.
©8 hot eine Beit gegeben, wo biefe ©egenftänbe bem wirtlichen Sehen, bem
praftifchen Bcbürfniffe bienten, wo bie Schlöffet unb Äircben 9Jiufeen im beften
Sinne beÄ SBorteS waren unb bie Bewohner unb Befuget berielben in §olge bed
beftänbigen ©ebraudjeS unb ber Stnfcfjauung wohfgeformter ©erätlje, ©efäfje unb
Bilber unbewußt einer befferen ©efihmacfSrichtung folgten.
hierauf bewerten wir eine $)eriobe, in weldjer bie Jhtnftfdjäfje aHmälig bem
Seben entfrembet, in Wenigen „feften £änben" oereinigt unb gleichfam hennetifch
nach aufjen oerfchloffen würben; eine Beit, wo man wenig Sßerth barauf gu legen
fdjien, ob unb wie biefe Sd;äl;,e Benü^t würben, aber fehr eiferfüchtig barauf war,
baS Äofibarfte, ba8 Seltenfte gu befi^en. „Beati possidentes“ war bie Carole
tiefeö BeitraumeS.
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467
SEJ?it ben lebten Seccnnicit ift für bic SEJlitfcen eine neue, britte Periobe ait=
gebrochen. Sie Slufgabe bcrfelbeit ift, bic angefammelten Äuttftfcfici^e vergangener
Sulnbitubevte bem praftifdien Scbeu zwar nitf?t unmittelbar, aber mittelbar wicbcr
juvücfjuftellen. ©er Gharafter fciefer Beit ift alfo ber, bat) ber S3efi^ bet Äunft*
fdjäpe zwar ebenfalls in wenigen $änbcn concentrirt bleibt, ber ©eitujj aber wicbcr
allgemein wirb.
SJiit biefeit Bemühungen, bie uorhanbenen &unf}fdjä$e einer immer größeren
Senüjrung jnjitfü^reit, uttb mit ber fteigenben Grfenntnifj be 8 ^iebttvd) auf bie
fünftlerifd;e unb gewerbliche Probuctioit ganzer Sauber ausgeübteu Giuftuffeö gel;t
gleichzeitig ba 6 23eftreben .§anb in haub, biefe Sammlungen fortroäfirenb ju Ber*
melden, wahrnehmbare Sücfeit immer meljr au^ufullcn, ju ergänzen unb burcf) fpfte*
matiid;e Ginrichtung unb Drbnung ihren 9luj)en 51 t erholten.
Siefe Sammlungen werben fo burth bie ©röfje ihrer Slufgabe unb ber jut
Streichung berfelben erforberlid;en DJiiitel birect ober inbirect ju SRationalmufeen.
3n biefem fünfte nun ftet;t granfteich obenan. Sort aHein ift, wie bie po*
litifche, fo auch bie Gentralifatioit ber Äunft in ber SOietro^ole wirflich angeftrebt
unb erreicht worben. Sie Sammlungen beä Souore in Paris finb baS BoUftän*
bigfte unb zugleich befteingerichtete Sßationalmnfeum für Äunft unb Äunftinbuftrie
in Guropa. Stofe SBoflftänbigfeit unb fnftematifche Crbnung batirt jebod; erft auS
ben lebten 10 bis 15 Satiren unb ift zum großen S.h c ^ e ben Bemühungen beS
jeftigeit GhefbirectorS Grafen ». 91ieuroerferfe zu oerbattfen.
Sie Sammlungen bcS Sonore baten feit bem 3al;re 1850 eine aitfjerorbent*
liehe Sereidicruitg erfahren unb in nod; lieberem SEJiafje burth bie gänzliche 9ieu*
geftaltung ber inneren Organisation an 9 Rüt 3 lidifeit gewonnen.
Sie Snoentarien. welche früher Bon untergeorbneten ^Beamten ’oerfafd waren
unb feine flaren unb (dürfen 33ef<hreibungcn unb cbarafteriftifchen ^Bezeichnungen
ber GypofitionSgcgenftänbe enthielten, finb gegenwärtig ben competentcften Scannern
annertraut. Unb wähtenb bie ©alerieen früher bem publicum nur an gewiffen
Sagen zugänglich, unb baber im Sillgemeinen weniger benüpt worben waren, finb
biefelben gegenwärtig bem freien Befuge beS PublicuntS täglich geöffnet.
SßaS anbererfeitS bie ©Weiterung ber Sammlungen betrifft, welche in allen
Stbtheilungen, jebod) in Betriebenem Umfange heroortritt, fo wollen wir nur einige
ber hauptpunfte eingehenbet beleuchten:
1 . ^Departement ber ägpptifchen Sllterthümet.
Gin Sf>eü ber hiebet gehörigen — bereits im Sabre 1850 bebeutenben —
Sammlungen, namentlich feltene Pergamente unb holziarfephage, war bamalS
wegen SOianget an 9?aum nicht öffentlich erponirt. heutzutage ift auch bie Picht*
Zahl biefer Objecte in einer für ba§ Stubium geeigneten SBeife aufgeftelft. Sie
Bahl ber Pionumeute unb nerfchiebenen ©egenftänbe alter ägiaptifdjer Äunft, welche
bem Piufeum beS Souore zwiiehen ben Satiren 1850 unb 1857 einBerleibt würben,
hat 8695 Piecen betragen. Saoon würben 290 Stücf bem Staate zum ©efchenf
gemalt, 2441 rühren Bon eigenen ©Werbungen her unb 5964 Würben in SUgppten
89*
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468
in golge einer oon bet Slegierung unterftüjjten wiffenfd;aft(id;en ßjrpebition aus
ber Grbe gegraben, ©eit bent Satire 1857 Wnrbeit 243 in biefe 9tbtl;cilung tat»
lenbe Äunftgegenftäube burd) ©djenfung unb 612 Rieten burd) Äauf erworben.
2. ^Departement bet Stntite unb ber mobernen ©culptur.
a. Sammlungen affyrifdjer, griechifdjcr unb römifd;cr 'Jüterttiümcr.
©erabe biefe ©amratungen haben fid) in ben testen 10 bis 15 Sauren in
aufserorbentlidier SBeife oermefirt, fowefil burd) ßrwerbnng einzelner ©türfe unb
ganzer ©erien auS ben für biefe Stnfanfc bereinigten gonbs, als burd; bie ßin=
reifiung ber 9Etiufeen fftapoleonS III., welche inSbefonbere anö Äunftfcfiä^en auS
Ä(ein«9tfien befielen. Sn golge biefer ßrwerbungen Würbe beifpielSweite bie ©amm*
lung non Bronzearbeiten fo umfaffenb, bafj it;r ein eigener ©aal eingeräumt wer*
ben mufjte.
b. ©cufpturen be§ SJcittelalterS, ber Sienaiffancc unb ber neuen 3eit.
©iefe ©ammlung enthält gegenwärtig beiläufig 400 ©culpturwcrfc (Drigi*
nale). ßine eigene amcricanifd;c ©ammtung würbe auö ©cufpturen unb ©efäfen
fOJejriec’S unb ^eru'S gebilbet, weld;e tf;ei(S burd; ©efd)enfe, U;eilS burd; 2lnfäufc
an baS SRufeum beS Sonore getomnien ftnb.
Die 2tbtf)citung ber antifen unb mobernen ©culpturwcrfe zufammengenomuieu
ift feit bem Satire 1850 um beiläufig 3000 Äunftgegenftänbc oermehrt worben.
BemeifeuSwertf) ift nod), bafj baS Ültetier beS SKufeumS für bie Grl;altnng
unb flteftauration ber SSafcn unb ©tatuen u. f. f. zu forgen fiat welche in großer
2(nzaf)t als 3ierbe ber faif. ©d)leffet unb ©arten aufgeftellt finb.
3. 2lbtf)eitung für bie Äunftgcrätfie beS SJtittelalterS unb ber Oie*
nat ffanceperiobe.
üDiefe ©ection beö SftufeumS ift biejenige, welche feit bem 3al;re 1850 bie
mcifte Bereicherung erfahren hat.
9Jiit Decret oom 15. gebruar 1852 grünbete SetiiS Napoleon, bamalö nodh
fjkäfibent ber Diepublif, ein 9)cufeum mit ber befoitberen SBibmung, jene ©egen*
ftänbe aufzunehmen, wetd;e nach aut^entifcfien SRad)rid;ten früheren £errfd;ern oon
grantreid; angchört haben, ©egenftänbe biefer Slrt würben allenthalben au8geforfd)t,
ben üerfc^iebcncn fDtufeen, Bibliotficfen uitb ©tnatSetabtiffementS, in welchen
fte bi&her vereinzelt aufbewahrt würben, entnommen, unb in eigenen ©älen beö
Bouore oereinigt. SJlan finbet hier bie SBaffen (Shilberidjä, ben ©tul)l Dagoberts
(„le fauteuil“ du Dagobert entbricht jeboch gar wenig ben heutzutage mit biefem
SluSbrucfe oerbunbenen Begriffen oon „Gentfort"), baS ©chwert unb bie Floren
Äarl beS ©rofjeit unb zahlreiche begleichen ©egenftänbe oon fitftorifcfiem SBerthe
bis zu beit reifen ßriintcrungen an Napoleon I. („pr^cieux reliquaire de la
Dynastie“), ©clbftoerftänblich bilbet biefe ©ammlung einen ber ^auptanziehungS*
punfte beS Souore für baS grofje publicum, beffen patriotifcheS ©efüfit burd) bie*
felbe in gleicher SBeife, wie burcf) bie Befidftigung ber ^ifiorifc^en ©emälbe in
BerfaiUeS geftärft unb gehoben wirb.
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2lbgefef)en vott btefer Slbtfyeitung ift baS SJiufcum von ©crätljen beS fDiittel*
alterS unb bcr Dtenaiffance burd) 3 atylreihe ©infäufe au6 ben bafür beftimmten
SonbS unb burd) ©efdjenfe bereichert worben, ©ine einjige, bem üRufeum von
einem privaten jugewenbete Sammlung von Äunftobjecten biefer Kategorie umfaßt
15.000 Piecen aller 2trt.
©iefe ©egenftänbe von taufenb formen, an welken bie SOiufeeit bc 8 Louvre •
fo reich finb, wie feine gweite Sammlung ber Seit, jetgen ben $)unft, wo fid)
bie Äunft auf eine fo leiste, unge 3 Wungene 2(rt mit ber Snbuftric verbinbet, unb
brücfen nte^r als groffe ©emälbe unb Scufyturwerfe ben ©efd;macf ihrer Beit*
periobe auS. ©ie moberne Snbuftric finbet in biefeit Sammlungen reiche 33onä%
von SRobeHen unb, waS nod) mefyr ift, 3 af)lrei^e 33orbilber für berorative Äunjt
unb Drnamentif.
4. ©cpartement für ©emälbe Betonungen unb Stiche. .
©ic ©alerieen beS 8 ouvre, beS Surembourg unb in SBerfaitfeö enthalten 3 ufammett
bei 10.000 ©emälbe aller Sdjulen. Sie finb im festen ©ecennium um beiläufig
100 33ilber verriebener SReifter, inSbefonbere ber bis baftin fcfywah vertretenen
fpanifOen Sdjule vermehrt worben, ©ie ©oUection von Betonungen, welche im
3 af>re 1850 bei 35.000 Piecen enthielt, würbe um circa 1150 Stücf vermehrt.
33efonber8 wertvolle 3^i<h nurt 3 cn Serben in wol)lverfd>Ioffenen ?aben anfbewa^rt
unb wöOentliO nur einmal für 3 Wei Stunben geöffnet.
3luf biefe Seife werben bie beiben unerläßlichen Bwecfe beS föiufeumS —
©Haltung ber ÄunftfOä^e — unb mögltdjft auSgebelmte 33enü{}ung berfelben —
vereinigt erreicht.
©ie jhtpfetfüdifantmlung b e 3 ÜRufeumS befijjt 11.000* bis 12.000 glatten
im ©igent^um; bie auS bem SSerfauf ber Slbbrüde er 3 ielte Summe betrug im
Sa^re 1847 nicht einmal 1000 Sr. unb fiel 1848 auf 624 Sr. 3m 3a$re 1851
belief fte fid> auf 4722 Sr., 1852 auf 7354 unb 1853 auf 15.341 Sr ( welche
hvfye fie feilet burd)fO n iMiO rfn^ätt. ©ie erteilten Sefieüungeit betrugen bereits
über 300.000 St.
5. SDhtfeum ber ©typSabgüffe.
33on bem bereiten Sunfdje geleitet, ben Äunfifinn in ben SWanufacturftäbten
3 U bilben unb 3 ur 33ermeljrung unb Setbefferung beS BeihnenunterrihteS in Srmtf*
reih beisutragen, Ijat man auc§ baS Qltelier ber © 9 f) 8 abgüffc einer vollftänbigen
SReorganifation unterworfen.
Deffentließe Snjtitute, S3ib(iohefeit unb Spulen be 3 iel?en bie ©typSabgüffc
unb 2lbbrücfe feit 1850 um einen fetyr mäßigen ^)reiS.
©ie wiffenfd>aftlihen Sammlungen beS 8 ouvre, wie 3 . 33. baS föiarinemufeum,
welches Sd)ipmobelle, fpiäne von häfett u. bgl enthält, unb baS bamit in 33er*
binbung fte^enbe etfnograp^ifdje SRufeum gehören nicht in ben ÄreiS ber gegen*
wartigen ^Betrachtung. T.
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470
SWemoirenlittcratur.
1. ©rimievuiigcn ani mctuem geben. Bon SKilljelm Gbejq. 1. imb 2. Sänbdjen. <£cf;.iff^aiif<n,
.fuirter’fdje BncM'.iu' fang.
2. Stitä früherer 3cit. 'Beit Slutelb fHiigc. 3. 33aitb. Berlin, gunij Smttfer.
8. <EdjleSi»ig-f>elftem'fdje ©vimiermigcn, befenterd au>3 ben Sauren 1848 biiS 1851. Boit £tto
gotf. beipjig, Beit n. Gcmp.
B. gut bie ©efebiebtfebreibung finb bic Ülufgcicbnungen beutjeber ©djriftfteller
nur feiten eine Bunbgrube. 3a, man muf?, wenigftenS bei ber ©eneration, welche
je{>t in bem Sllter fte^t, um auf ein „geben" gurücfblicfen gu föitneit, no<b frei)
fein, wenn ba8 culturl;iftorifcf)e SOiaterial in toteren SSerfen fidj nid)t au8fd)lie§lid)
auf ba8 Gtapitel Sweater begiebt. Sie am Sebftu^te bet Beit ftanben unb berieten
fßnnten* wie bie Bäben bev $>clitif gefdjlungcn würben, finb meift nicht
geneigt, auß ber ©djule gu plauberit, unb bie Slnbercn, bie gerne plan»
bem, wiffen meift nur Dott litterarifcben ©oterien unb Serben, Den nerfcfwllenen
33übnengrof$en unb Gouliffeniutriguen gu ergäben. SSon öffentlichem geben war
freilich in ben gerieben, welche bie wä^rettb ber lobten 3al)ie crfd;ienenen Schrift«
ftetlermemoiren fchilbern, Wenig bie Siebe, aber cß ift begeidntenb für bie Autoren,
ba| fie gewöhnlich mtd) non bem ÜSenigen nid;tß wiffen ober nidjtß wiffen wollen.
Hub gwar gilt baß gang befonberß Don ben Deftcrrei dicrn, welche if>re Senfwütbig*
feiten ber Deffentlicbfeit übergeben haben. ©ie erlebten bie inbaltreid'ften (Specken
Dom Anfänge beS 3a^rl;nnbert8, ben Befall bcS beutfe^en 9ieid;eß, bie frangßfifdjen
Sncafionen, bie ©ongrefcgeit u. f. w., aber fo halb fie itjre perfönltdicn 23egieliun=
gen gu ben 3Öettereicjniffen furg abgerertigt haben, fel;rcn fie immer aufatfymenb
gu bem gurücf, waß ifjrcm bergen nabeftebt, unb bie ^Bewegung ber ©cifter, welche
bem Saljre 1848 Doraußging, blieb Don ihnen oollettbß gang unbemerft. ,
3e mehr eine jüngere ©eneration an bie Slcifje fommt, änbem fid) biefe
SBer^ältniffe. SBcr alß Änabe ober 3üngling bie ©rbebung Don 1813 miterlebte,
bewahrt fd)on Don ba^er ein lebenfcigcreä Sntereffe an ben öffentlichen ?(nge(cgcn=
feiten. Grinbrücfe folcber 3lrt auf ein jugenblid;eß ©cmütl) Derfd;winben nie wieber
gänglicb- Saß fühlt man g. 33. au8 Gbegtfß fOientoiren b<*auß. 3tud) er ift Söclle*
trift, fo gu fagen burd; ©eburt unb Grgiefjung bagu präbeftinirt, aber fein 23licf
gef)t boeb febon in ben erften, feine hinten unb Süngltngßjabre bebanbelnben
33änbm feiner (Srinneruttgen weit übet ben jporigont ber ©aftelli, 33äuerle unb
©enforten binauß, fo baff man Don ber fsortfebung manchen fc^ä^baren ^Beitrag
gur fodafen ©efehiebte feiner Beit erwarten barf. Saß nibelofe SBanberleben feiner
SJiutter, ber befannten Sid;terin ipefmina d. ©hegt), brad;te ibn frübgeitig in bie
mannigfadbften 33erübntngen unb gab il;m ©elegcnbeit, SBelt* unb 9Jienj<benfennt*
nifi in einem Sllter gu fammeln, in welkem 3lnbere noch nid)tß als ba8 elterliche
$au8 ttnb bie ©djute fennen lernen. Sie ©eftalt feiner SJiutter felbft ift eine
böcbft (barafteriftifdje Sttuftration gur ©efcfjic^te ber Siomautif in Seutf^lanb.
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471
©ne Socptcr ber einft Berühmten Äarfcpin »erheiratete fiep an einen Herrn »on
Älencfe, würbe aber »on bemfelben ücrlaffen, noch epe fie einer Softer, $elmina,
baS Seben gegeben hatte. SSater unb Softer feilten fiep niemals fepen; in fpäteren
Sapmt lub £)elmina ihren in Hamburg Iebenben Sßater 31 t einem 23efucpe in ihrem
bamaligen 3©opnorte ^eibelberg ein, unternahm aber, als biefer bereits unterwegs
war, pleplicp eine S^Ejctrtreifc, würbe bur<h eine Äranfpeit ihres jweiten ©opiteS
länger aufgehalten, als ihre Slbficpt gewefen, unb als fie enblicp nach .^eibelberg
3 urürffeprte, war ihr 33ater fepon wieber weitcrgc’ 3 ogen. ©iefe ©pifobe ift für beibe
Steile fo be 3 eichnenb, bafj man über pwtbert aitbere ©rtraoagangen ber ©iepterin
fi<h faum noch wunbem fann. $elmina h e ' ra ^ e ^ c ^ en berühmten fran 3 öfifchen
Drientaliften ©pe 3 p, ^ fn Herausgeber beS „Äalibaia", aber auch biefc 61;« würbe
getrennt, als bie beiben ©ohne noch im 3 arteften 5 llter ftanben unb ein britter erft
geboren werben foltte. ©ic 33efcpreibung ber nun fofgenben abenteuerlichen ^reii 3 =
unb Qucr 3 Üge burch ©eutfcplanb wäre fehr ergöplicp, wenn man fi<h beS ©eban*
!enS entflogen fönnte, bafj ber eigene ©ohn baS SBilb ber SDlutter mit einer
SRücfficptSlofigfeit, ja Unbarmpersigfeit segnet, als fepriebe er einen pfpcpologifcpen
SRornan. ©ajj er fo über fie fepreiben fann, beweist am fchlagenbften, wie wenig
latent 3 m: ÜRutter patte, wan fann fehr wohl naepempfinben, wie bie
finblicpen ©emüther fich unter einer fo »erfeprten 33epanblung, bem birecten ©e*
gentheile allet ©^iepung, »erhärtet unb »erbittert haben; aber tropbem bleibt eS
ferner begreiflich unb mehr als peinlich, kaff fht 9Ramt an ber ©chwelte ber ©ecpS*
31 ’ger jene ©nbtücfe noch immer nicht »erwinben fann, bafj baS Wohlwollen unb
bie ©erechtigfeitSliebe, welche er jebem 9lnbem gegenüber foalten läfjt, nur »er*
ftummen, wenn er »on feiner SRutter fpriept.
9Kit becibirten Kolititern haben wir in ben beiben aitberen Werfen 3 U thun.
©ie erften 39änbe »on Oiuge’S SRemoiren würben in biefen 33lättem bereits er*
wähnt, ©er »orliegenbe britte berichtet übet beS 33erfafferS UnterfucpungS* unb
©trafhaft, feine SRepabilitirung, Seginn ber päbagogifchen Saufbahn in Halle, H ^ 3
rat unb SReife nach Stalien. Slfe’S ©efepiepte ber ©emagogenunterfuepung in ben
3 Wa» 3 iger 3apren, welche mit ©ewalt auS jugeublichen ©eproärment, bie 3 um
Speit fepon für bie Befreiung beS 33aterlanbe8 mitgefämpft hatten, H 0( $ Dert äther
machen wollte, wirb burch pwfönlicpen ©rlebniffe SRuge’S in SBerliu unb Äöpnif
wefentlich »erootlftänbigt. Kifant ift SRuge’S ©onflict mit einer bamalS fehr mäcp*
tigen Kerfönlidifeit. ©t war aufgeforbert worben, fiep über baS Wefen ber SBur*
fepenfepaft, welcher et angehört hatte, f<hriftlich auS 3 ulaffen, hatte bieS, feiner 33er*
ficperuitg nach, aller SÄufricptigfeit getpan, aber bie UnterfucpungScommiffion
natürlich niept befriebigt. 33ei einet 33emepmung pielt ipm „ein Heiner, unanfepn*
licket SEReufcp", ben er niept fannte, »or, er foHte boep mepr Slcptung »or ber
Waprpeü paben. ©aS war bem jungen SPpilof typen 3 » ftarf, unb ba er boep eht»
mal feinen Äopf »erfpielt 3 U paben glaubte, pielt er bem SRitgliebe ber Unter*
fucpungScommiffion eine bonnembe Kpilippiea, welcpe ftarfe Bweifel gegen bie
SBahrpeitSliebe beS ^ragerS felbft auSbrücfte. ©er war aber niemanb Anbeter, als
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472
bet SRinifter u. Äamptg! Güte gweite (Begegnung mit bemfelben Spanne möge man
in bem Sud;e feltft nachlefcn. Sichtbilber auS biefer trüben 3«t finb bie d;araf=
terfeften unb unabhängig gefilmten Suftig* nnb Roligeibeantten, mit welken {Rüge
butdb feine fechSjährige Gefnngcnfdjaft guiamtnengeführt würbe, uor 5?tHen fein (Ber*
tljeibiger, bet Suftigrath pänifd; in ber {(einen Seftung Äolberg, welker, felbft
einer gang- anberen Seltanfchauung als (Rüge gugetfjan, fid> beSfelben mit edjter
Humanität annahm, eine tc|t(icl>c ©taffagefigur ber „Sd;wammllöpper", b. i.
'Öalbini’alibe, Amid;, welcher baS ©elbatenleben unter Georg GjetiU) begonnen
unb, immer befertirenb, unter öftcrreichifdjen, ^>reu^iftf)en unb bänifdjen Sah««»
fortgefejd hatte. (Die erften Saljfre nach (Rnge’S (Befreiung, 1830 n. ff., finb ba=
bur^ nicht blof} für feine (Entroitflung uon entfeheibettber Sebeutung, baff fie ben
nachmaligen (Bannerträger beS 3ung=pegeliani8muS guerft mit ber jpcgcl’fchcn Rfn*
lofophie befaunt machten. (Bei Gelegenheit feiner itatienifchen (Reife behanbelt er
natürlich auch bie italienifchc §rage uorauSgreifenb in ihrer neueften ^Phafe — in
welchem Geifte, ba§ Braucht uott bem greunbe CUiaggini’S nicht gefagt gu werben.
3n feiner Abneigung gegen Defterreich finbet er fogar „ben gangen Seg uon (Be*
nebig bis (Bien hüdjft langweilig“, unb eS ift wahrhaft befrembeitb, bah er üor
fich felbft eingugeftehen wagt, (Bien habe ihn unb feine grau „hcd;lid> befriebigt*.
Dtto SocfS fchleSwig=holftein’fd;e (Erinnerungen finb recht ä tempo erfchienen.
9118 er fie nieberf^rieb, ahnte er nicht, wie fchneH feine gurerfidjtliche SSorauSfage
einer neuen Erhebung für bie (Rechte ber ^erjogthümer in (Erfüllung gehen follte;
ebeitfowenig fonnte er uorauSiehen, uon welchen Äräften ber Äampf werbe auSge*
fo^ten werben, unb ba bieSmal nicht baß (Bell uon ©chleSwigs^jolftein felbft als
£auptacteur auftritt, ift auch noch nicht bie SRöglicfdeit ber (Beurtheilung gegeben,
ob biefeS (Bolf auS ber erften (Bewegung biefelben Sehren gezogen hat unb gu be*
bergigen gewillt ift, bie fich bem Gefdjichtfchreiber jener Bewegung ergaben. §od
nämlich ftellt fich nicht fo gang auf bie ©eite berjenigen, weldje eS am beguemften
finben, ben interuenirenben Großmächten alle ©djulb für ben traurigen AuSgang
beS ÄriegeS uon 1848 bis 1851 aufgubürbeit. ©ehr richtig bemerft er, bah baS
SoS beS SanbeS unb SBolfcS nicht fo uollftänbig unb bitrchgreifenb uon aufjen h er
hätte entfliehen werben fönnen, weim bie leitenben (Diänner ihrer Aufgabe gewadj*
fen unb baS Soll felbft rührig unb entfliehen genug gewefeit wäre, „um bie
Sührer uorwärtS gu treiben, wenn fie gauberten, unb fie auf bie richtige Sahn gu
bringen, wenn fie abwid;en“. Da8 (Sine wie baS Anbere wurgelte aber gum gro=
fjen $h e ^ e in ber allgemeinen Unllarheit über baS Biel bet (Bewegung. Diefe Un-
flarheit wirb am beften gelenngeid;net burd; „bie giction uom unfreien .Könige“;
wäljtenb man in offener (Empörung gegen ben Äönig uon Dänemarl war, rebete
man fid; ein, ber Jtönig werbe uon feiner (Regierung gu einer Rolitil gegwungen,
Welche er felbft als ungerecht uentrtheile, unb auf biefe Seife gelangte man gu
bem guten Glauben, man fei rupfe eigentlich ben pergog uon ©chte8wig=£>ol=
ftein, Wefd;er gufälliger Seife gugleich .König uon Dänemarl war. Unb biefer
Aberglaube fafj merlwürbig feft. 5)iod> manches Saht nach ber Ratification er*
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jaulten miv ipetftciner, Äönig gm’brich t}al'c metir atu einmal fich uon ben Sänen
31 t ben Seutfchen flüchten wetten.
Sie Sitteratur über jene SSewcgungSjahre ift bänbereid) genug. Scanner, welche
in ber Slbminiftration ober im .speere eine -Sielte ipietten, freiwillige Sumpf er, £ou=
riften, welche ben ftelbgug wie eine SBergnüguttgereife mitmachten, baten ihren 91 it-
ttjeit an ben (Sreigitiffen mehr ober weniger aufrichtig uitb unbefangen bargelegt,
gür eine wirtliche @cfdnd)te ift aber ber SRoment ned; nid;t getommen, ned; ift
31 t riet unaufgeftärt itnb ned; fielen wir ben unter nationales (Smpfinbeit fo leb=
haft berühreitben (äreigniffeit gu nahe, um mit ber erforberlidjen Saite gu prüfen
unb 31 t urtheiten. 3Ba8 unteren Stutor iitSbejenbere — wie bie meiften feiner SSor*
ganger — gum ®efd;i<htjd;reiber untuuglid; macht, ba 8 ift fein marfirter Partei*
ftanbpunft; an bem SBitlen, ($cred;tigfeit gu üben, fehlt e3 ihm nid;t. Slufevbem
aber geben it;m mandierlei Umftanbe einen großen SBotgug «or allen Slnbereit.
ffeef ift fein < 2 ct)teuwig=ipotfteiner, aber ihn brad;te auch nicht erft ber 9lu8bru<h
bc 8 Kriege» in 8 Sanb. Stuf Dlügen geboren uitb von Ipau 8 au 8 gum S[;eologeit be=
ftimmt, wanbte er fich im Baffrc 1S43 nach Siel, weit bumalS in ‘prcitfcn einem
Theologen ton feiner — ber Sübinger — Siid;tung bie afabemifdje Saufbahn fo
gut wie oerfdjtoffen war. 6 r fannte mithin Sanb unb Seute fd;oit anS beinahe
fünfjährigem Stufenthalte, al 8 ber Sob (ShriftiauS VIII. unb bie Sebruarreuolutioit
ben Singen bort eine entfeheibenbe SSenbung gaben. (Sr nahm an bcn befannten
üBerfatnmlungen eou SRortorf unb 9ienb8burg, wie an ber (Srrid;tung ber prooifo«
rifchen ^Regierung würbe al 8 biptematifd;er Slgent nad; ©d;werin ge)cf)idt
(bie SJciffion hatte hauptfäd)Iich barum feinen (Srfelg, weit er uon ber preDiforijd;cn
^Regierung unb nid;t tont ipergog ton Stngnftenburg abgefanbt war), rebigirte theil 8
allein, tt>eit 8 mit Sh eL '^ or StShaufen bie ,,©d;te 8 wigd)olftein’fd;e Bettung" nad;=
malige „Bettung für SRorbbeutfcbtanb'', trat nach Bbftebt, aI 8 SRett; an 9)?amt trar,
in ba 8 fchteSwig’fche £eer ein, unb war in ben Bahren 1850 unb 1851 3ERit=
glieb ber SanbeSuerfamntlung. Stuf biefe Seife in ben ©taub gefegt, über bie 2?e=
wegung in ihren mannigfaihften 6 rfd;einungen al 8 Stugengeuge unb COiithanbetnber
gu berichten, h<d er au $ bie gejammte einfehlägige Sitteratur gcwiffenfwft ftubirt
unb mit Sritif benüjjt. er in biefem Stugenbticfe ba 8 SBebürfnifj fühlt, fid; über
Den erften Stet be 8 fdjleöwig=holftein’fd;ctt Srama ’8 gu unterrid;ten — unb in bie*
fet Sage werben Sßiele fein, ba ba 8 politifche Sntereffe» in jenen Bahren gu riet«
feitig in Slnfprud; genommen würbe — ber wirb fich burd) bie grünbtiche unb
lebenbige Sarftellung be 8 SßerfafferS gewif) befriebigt finbeit. ©aitg bejottberS barf
aber auf bie (iharafteriftifen heroorragettber fPetfönlichf eiten oerwiefen werben, welche
entweber f^oit je£t wieber auf bem ©d;auplahe erfd;ienen ftnb ober im Saufe ber
Beit wieber auf benfelbeu geführt werben tonnten: ber apergog uon Slugnftenburg
(Slater;, ber s Prittg ton f)ioer, @raf Sieucntlou^reeh, Söefeler, JDlöbaufen, «Stande
©amwer, SU;lmamt u. f. w.
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* 9>cn beit „Senaten unb 9JTittl;eitunc^cn beß SBiener 2llterthumß-
bereineß" würbe in jüngfter 3eit ber ftebente Sanb beröffcntlicht. Scrfetbe enthält eine
2lbt;anblung über bie Surg 2tggftein in 9iieber*£}cftervcid;, bon %. Äeibtinger, mit
einer Saubefdjrcibung bon 2t. 9i. b. Berger, ferner Stubicn gur ©efcbichte ber !. !.
©emätbcgalcrie im Selteberc gu SUicn bon hinten Dufter b. Berger (S. 99 bis
168) unb baß ©rab beß ©rafen 2lbolf gu Schwargenberg in ber 2luguftiner»,Kirche gu
25>ien, bon 2lbolf Server. 9)iit bem Sanbe würbe gteid'geitig ein $)lan ber Surfen»
belagerung bem Sabre 1863, bon i>einric^ Sd;ntibtß, berbielfältigt bon 2t. (Same*
fina, beigegeben, gu welchem ein bon bera letzteren gearbeiteter £e;rt für ben achten
Sanb ber Sereinßpubtication in 2(ußftd)t geftettt ift.
galten wir unß bor 2(ugen, baj) bie 2lufgabe beß Sereineß barin befielet, in feinen
©Triften ben ©ertt; ben Äunftbenfmalen wiffenfcfyafttid) gu erörtern, fo fcheint
unß biefetbe in bem bctlicgenben ftebenten 25anbe nicht gang befriebigenb gelöst gu fein.
Äeibtingerß Surg 2tggftein t;at bei ber befannten ©rünbfichfeit beß Scrfafferß gewiß
einen beftimmten wiffen|d;aftlic^en SBerth, aber für ben Äunft» unb 2fttertt;umßfreunb
fann baß erf^reefenb breite t;ifterifd)e Setail fein Sntereffe haben. 2tuch liegen unß @pi*
gonen bie pcetifd;cn ©mpfinbungen ber ffiMener SRomantifer, wie fte in ben n Sittern
ber blauen (Srbe" ihren betten unberfälfebten 2tußbru<f gefunben haben, heute etwaß ferne
unb wir Ratten bat;er atterbingß tebl;aft gewünfeht, wenn Äeiblinger feinen im Sal^e
1827 in Vormapcrß 2trd?ib guerft erfd;ienenen 2tuffafc über bie Ruinen ben 2tggftein,
welcher ber berliegenben 2tbl;anblung gu ©ruube liegt, aud; fermelt umgearbeitet haben
würbe. Sie in ber 2(bbanblung borwattenbe Sentimentalität, großgegogen in 591att;iffon-
gouque’jchen Werfen, ift hoch ein längft überwunbener Stanbpunft unb f;ier um fo weni»
ger am $)laße, alß naeßgewiefen wirb, baß bie gegenwärtigen SRuinen ber eigentlichen
Sefte bon 2lggftein einem Saue angeboren, welcher bem 15. 3ahrbunbert angehört unb
bon bem älteren Äuenring'fchen Sau fein Stein mehr bort;anben ift, maß wir übrigens
— nach ben bortiegenben Zeichnungen, wenigftenß mit Diütffidft auf bie ©apette, begweifeln.
(Sntfällt mithin bie bisherige 2tnnabme, baß bie SRuinen ber Surg 2tggftein noch ber*
Sabenberger 3eit angeboren, fo nimmt eß fich etwaß fenberbar auß, bei Setrachtung ber
SRuinen ftd; in bie Sd?recfenßgeit ber Äuenringe gu bertiefen unb bon ben grauenhaften
Scenen gu fpred;en, .beren 3euge biefe Sruinen waren,. wä(;rcnb hoch biefe bie Ueberrefte
eineß Saucß finb, welcher wenigftenß 200 3at;fc fpater entftanben ift. $)ergerß Stu*
bien gur @efd;id;te ber ©einälbegalcrie im f. f. Selbebere finb eine recl?t berbienftbotte
3ufammenftcüung alter Snbentavicn über 2(nfäufe ober Sermächtniffe bon Silbern unb
werben bemjenigen bortreffti^e Sienfte leiften, welcher bie Verausgabe eineß neuen, ben
gegenwärtigen funftwiffenfehafttidjen 2lnfoibeungen cntfprechenben Äatatogeß unternimmt. £>b
folch’ eine 3nfammenfteHung bon urfunblichen SRaterialien ot;ne irgenb eine Searbcitung
bem Sebürfniffe eineß Seferfreifeß entfpriebt, welcher bie SRefuftate bon gorfchungen ober
bedj bie 9Rittt;eilung bon £lufflen in einer gorm berlangt, bie eß if;m möglich machen,
ben Söerth unb bie Sebeutung berfetben gu würbigen, f^eint unß in h^h em ®*abe gwet*
felt;aft gu fein. Sergerß 2tuffaß über baß ©rab beß ©rafen Stbolf gu Schwargenberg
befchäftigt fich enblid; mit einem Senfmale ber 2luguftinerfirche in 2Bien, welcheß feit
langer Seit nicht mel;t beftet;t unb über welches aud) feine berläßlid)en 2(bbit»
bungen borhanben finb. Saß ben bon 2t. Gamefina beröffentlichten ?>lan ber Stabt
Sßien gur Zeit ber gweiten Surfenbelagerung betrifft, fo behalten wir unß bor, barauf
gurüefgufommen, wenn ber hiegu gehörige Sejrt borliegt, welker nach Stblauf eineß 3ahteß
gu erwarten ftet;t. # K. W.
* (Drganifationßftatut für baß f. f. potpte(hnifd;e Snftitut.) Ser
©ntwurf eineß Drgcmifationßftatutß für baß f. f. polptechnif^e Snftitut in SSMen, ber»
faßt bon bem fProfefforencoUegium biefer Stnftalt, alß 9Jicmufcrtyt gebrurft bei griebri^
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475
unb SJJorig gerfter in SPien, 18G4, enthält neben bem eigentlichen Drganifatienßftatute
bic SOtctfüe gu bemfelten, ben Eintcgleitungßberid>t an baß f. !. Staatßminifterium unb
im Anhänge bie Verfaffung beß f. !. pefotedmifdkn Snftitnteß rem Sabre 1816.
Ser Entwurf beß Svganifaticnßftatutß hantelt oen ben allgemeinen Veftinummgcn
in 33egug auf 3wccf, gaduiebtung unb Sebvg eg cu ft änbe beß Snftitnteß; ren ben Sehr*
planen für bie einzelnen gadfchulen; ren ben 3ubcrem; »cn ben Staatsprüfungen; ren
ber Seitung beö Snftituteß; »on ben Sehkräften; reu ben Sehrmittelfammlungen, Sabc»
ratevien unb bev Vibliothef, unb enblid; ren bem Äanglet* unb &außperfonale. £iegu
treten in brei Beilagen: bie Programme ber Sehrgcgcuftäntc, bie Sißciplinarorbnung unb
ber Erforbernißaußwciß für baß Snftitut.
£)l;nc in eine evjd>cpfenbe Erörterung beß gangen planes cingugeben, wollen wir
auf einige £auptpunftc beßfelben bie Aufmcrffantfcit lenfen.
9lach § 1 fett baß Snftitut für bie 3ufunft reine Sc^ranftalt fein, rerliert alfo
ben Ebarafter cineß Eonferratcriuinß für Snbuftrie unb (bewerbe unb hefdjränft feinen
2£irfungßtreiß alß tetfmifebe Äunftbebörbe. Sie gu § 1, S. 83 u. ff. angeführten ©rünbe,
inßbefonbere ber Umftanb, baß bei bem täglich wa elfen ben Umfange ber aufgenommenen
2eT;rgcgenftanbe ber Unterricht allein bie rolle Sbätigfeit beß Sebrpeifonalß in Anfprud)
nehme, erflären bie Anficht, baß jebc bie Untcrrid'tßgwccfc beeinträebtigenbe SSirffamfeit
beß Snftituteß außgufcfcließcn fei. Sagegen fprid;t fid' baß ^rcfefiorencollegium (3. 89
biß 97) für bie 3?claffung ber aftrenomifeben Serfftättc am Snftitute auß.
Stach § 2. gcrfällt baß Snftitut in fteben gacbfchulen: für ben Swd'bau, für ben
Strafen* unb SBaffcrban, für ben SJtafdunenbau, für bic ©cctäfte, für baß 23erg* unb
£üttcnwefcn, für bie Ebemic unb für £>anbel unb Staatßwirtlfchaft. ftinftcbtlicb ber auf«
geuemmenen gathricftimgcu bürfte mir bic gacbfdjulc für Verg* unb £üttcnwefen einiges
Siebenten erregen, ungead;tet * nicht gu rerfennen ift, bat} fie fleh mit bem Drganißmuß
eineß großen polpte^nifcben Snftituteß in gweefmäßige Verbintung bringen laffe. Sagegen
bürfte eß »crgügliche Vefriebigung gewähren, baii bie tißher ftiefmütterlicb bebanbclte com»
niercieffe Slbtbeilung in eine roUftänbigc gadfduile für .franbcl unb Staatßwirthf hflft
übergebe, bereit Jßirffamfeit ber Snbuftrie nicht minber alß bem .panbcl gugutefommt.
28aß inßbefonbere bie in ben eingelnen gacbfchulen aufgenommenen 2einfacher (§ 6)
anbelangt, fo finben alle ?et)rgcgcnftänbe, weld;e für bie l;od;fte tbeoretifche unb, wie weit
eß tl;unlich ift, auch pra!tifd;e Außbilbung in benjenigen 58iffenfd;aften, bie in baß ©ebict
eincT gachgruppe gehören, forgen, ihre rcllftänbige Vertretung. Su ber rcrgefcblagenen Ein*
riebtung ber gadfchule für Hochbau finbet auch ber ardntcbtcnifc^e Sl;ei( ber Ewilbau*
funft Verücfftcbtigung. ,
Surch bie in E (§ 6) angeführten Sacher ber commerciell*ftaatßwirthfchafttichen
Abteilung wirb bie Atminiftratiobilbung für Snbuftrie unb £anbel im $)ri»at* unb
öffentlichen Verfolg naturgemäß auf gleid;e Stufe ber £clje, wie jene ber reimtechni*
f^en geftellt.
Sie Aufnahme ber beutfeben Sittcratur, ber widrigeren fremben Sprachen fantmt
ihrer Sitteratur, ber philofoptffchen 9>rcpäbeutif unb ber Acfifictif fiebert in ©emeinfehaft
mit einigen unter E (§ 6) genannten gäcbern einem heberen ©rabe humaniftifd;er Vit*
bung, bie fo häufig hei Sed;nifem »ermißt würbe, bie geitgemäße pflege.
Sie Verkeilung ber 3uhbrer in orbentlicbe unb außerorbentli^e (§ 17 u. ff.), ben
benen leßtere mit geringerer Verhütung unb mit Abweichung »en bem gewöhnlichen
Unterrichtßgange bie Verlefungen l;cren tonnen, bagegen nicht alle Siechte ber eigentlichen
£crer erlangen, finbet in ben Vetürfniffen beß prattifchen Verufßlehenß feine 9led?t*
fenigung.
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Saß im § 30 feftgcfefctc Unterrichißhoucrar crjd;eint bei bem Umftanbe, alß bet
§ 34 nad'gewiefcner SLRittcllcfigfcit bic halbe ober gange Befreiung non beffen ßntrich*
tung gufichert, feineßwegß 3 U l;od; gegriffen.
Son befenberer SSi^tigfeit fcheint unß bic beantragte (Einführung non ©taatß*
Prüfungen (§ 40 u. ff.), welche ben $Rad;weiß 311 liefern Traben, bat} ber Ganbibat bie
nellfiänbige Äenntnit) aller $Prüfungßgegcnftänbc in tbeoretifeber unb praftifd;er Segiebung,
nnb 3 war in jenem Umfange befipe, in meinem biefclben an ber betreffenben §ad;fd;ulc
gelehrt werben. Saß über bie beftanbene Prüfung ausgefertigte Siplout liefert ein ner*
läfjlicheß 3 eugnij) über baß ©efammtwiffen beß abfelnirten $crcrß einer gacb)d;ule nnb
über feine Sefäbigung für feinen fficruf. Sic norgefchlagene (Einrichtung ber ©taatß*
Prüfungen fcU gegen Ueberbürbung beß 3 U priifenben Ganbibaten febüpen, ol;nc ber Se>
forgniß tRaum 3 n geben, baj} eß minberer Sefähigung ober minber grünblic^cr 9lußbilbung
gelingen werbe, ein Siplcrn 3 U erlangen.
Sie Leitung beß Snftituteß (§§ 58 biß 74) äußert fid; in bcppelter ^Richtung.
Saß gan 3 e Snftitnt wirb vom ^rofefferencotlcgium, jebe gacbfc^ule alß feiere 3 unäd;ft
non bem gad;fd;ulcellcgium geleitet. ?ln ber ©pi^e beß $)rofefforcncollegiumß ftef;t ber
auf bie Sauer cineß Sal;reß non bem SProfcfforencollegium auß ben crbentlicben 9)rofef
foren beß Snftituteß gewählte SRector; an ber ©pipe beß gacbfd;ulcollegiumß ein Sor»
ftanb, ben bie ^refefforen ber betreffenben gad; fcbule auß il;rer SRitte auf bie Sauer
non jwei S^ren wdl;len. Sie 3 U § 59 (©. 176 biß 179) angeführten ©rüube für
bie jä(;rlid;e 3\>aT;l beß SRcctotß geT;en auß einer fa^funbigen 9lnfchauung ber Serhältnijfe
berner, obwot;! für einen mehrjährigen SBirfungßfreiß beß Sicctorß bei einer Slnftalt,
welche häufigere, ben gortfebritten beß pra!tifd;en ©cfchäftßlcbenß fclgenbe organiftrenbe
Arbeiten erferbem bürfte, nid;t unwichtige ©rünbe geltenb gemacht werben fennten.
Sie ©ebalte ber erbentli^en s })rofefferen werben im § 76 mit 3000 fl. biß
4000 fl. bemeffen. Sic 3 U biefem Paragraph ©* 187 u, ff., inßbefonbere ©. 190
angeführten ©rünbe nerfchaffen bie Uebergeuguitg, baf$ bie Grlangung biefer ©ehalte im
Sntereffe einer nngefchwadjten, für $>rinat* unb öffentliche 3 roecfe fruchtbringenben 3Birl*
famfeit beß Snftituteß gerechten SSünfchcn begegnen würbe.
Saß burd; bie bermalige Surchftcht beß ncrliegenben Gntwurfeß gewonnene ©e*
fammtbilb lagt beit Ginbrucf in unß gurücf, baf) wir cß T; ier wiit einem ftreng burd;*
bauten $>lane 3 U thun l;&ben, beffen cingchenbercr Prüfung burd; unabhängige gachmän*
11 er fid; ^ te f eö Sjfatt feinergeit untergeben wirb.
S. SRechenfchaftßbericht beß Unterftüfcungß* unb ^enfionßnereineß für Un*
terlehrer in SSien 00 m Sal;re 1863. Sie Grgebniffe biefeß Scrciiteß im abgelaufenen
Sat;re bieten ein glän 3 enbeß Scifpiel beß SRufceitß non berlei Serbinbungen gur focialen
Selbfthülfe. Sor wenigen Satten auß fleinem Anfänge I;croorwad;fenb unb burd; geringe
Setträge unterftüpt, gebietet ber Serein bermal fd;on über ein Gapital non 43.585 f!. r
auß beffen Sntereffen er 18 Sßittwcn, 1 Lehrer, 3 2 Baifcn, fo wie 14 erfranfte SJJit*
glieber 31 t unterftüfcen nermochte.
S. Ser Sericht ber ®ra 3 er £anbelß* unb ©ewerbefammer für bie 3al;re
1860 biß 1862 (©103 1863) entwirft ein feljr genaues unb in feinen Öiefultaten er*
freulid;eß 33ilb ber inbuftrietlen 3uftänbe beß Äamnterbegirfeß. 9iad; allen ^Richtungen
giebt fich regeß ?eben unb ©treben 3 um Seffern funb, baß feiner grüd;te nicht entbehrt.
©0 (;at fich 3al;l ber gabrifßctablifjementß feit 1859 um 11 gehoben, bie £anbelß*
gewerbe ftnb um 469, bamnter 174 ©emifchtwaarenbanblungen, bie Grgeugungßgewcrbc
um 1774, barunter 820 3Birt(;e unb 2®einf<henfen, 306 ©d;ul;mad;er, 198 ©d;uei*
ber ic. geftiegeu. 9(ud; ber Kohlenbergbau ^>cbt fich ft«tig r bie 9lußbeute ift 1862 gegen
baß genannte Sal;r auf 5 non 3*1 9Rifl. Gtr., bie 9lrbeiter3al;l auf 3650 non 2593,
ber $)rebuctionßwerth loco ©ruhe auf 583.000 non 387.000 fl. geftiegeu, uttb ähn*
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lieben mef;r ober weniger rafd;en Sluffchwung geigen alle Steige ber agvicolen, iitbufhiel*
len unb £anbelStf;dtigfeit. 5$am 311 fo günftigen ©felgen eine SR ei he non gactorcn, bic
günftige Situation beS KammerbegirfeS, ber ntmcrbr offene glcif; feiner 33 ew ebner unb
SlnbereS tl)ätig ift, fo barf ein weiterer wichtiger £cbel nicht übergangen werben, bic
waefere 39emüt)ung ber .£>anbelsfammcr felbft. 9Jiit @emigtt;uung fann ticfelbc im oor*
liegenben 33eric^te l;inweifcn, baft fie eine ber erften gewefat, welche bic ©nfü(;rnng einer
freien SJerfaffung atö beit wichtigften £ebel and; beS commerciellen 3Bcl)lcS ber 23eiwlfc*
rung bcgeid;netc, unb aud; ber jüngfte 33 ericht fermulirt nicht weniger als fiebengebn gut
motioirte SBünfdje ber Kammer. £>af) fie es aber and) bei folgen nid;t bewenben läüt,
geigt il;re 33emüt;ung gut (Errichtung einer £anbelSafabemie in ©rag, um welche fie nid;t
nur einfepritt, fenbem bereite 36.000 fl. gur 2>otirung in ihrem Sdwof$e gcid;netc.
SDRufterljaft ift im 9tn(;ange beS 33ericbte0 bic Statiftif be$ SSereinSwcfcnS bcl;anbelt, bei
weld;em fammtlid;e berlei Slnftalten ausführlich unb mit ihren ©ebahrungSrefultaten be*
jp rochen werben.
* (Sie ergb ifd;bflid)e 23ibliothef in ©rlau.) Seit bem beträchtlichen 3u*
wachs an S5üd)em, welche biefc Sibliothe! burd; bic S3crmäd;tniffc ber ©gbifdwfe grang
£aoer gud;S, 33arou Stephan gifeber, Sebann BabiSlauS ^Pprfer, uub burd; bte lieber*
laffung oon 33üchcnt aus ber ^rioatbiblictl;e! beS jefcigen @rgbifd;ef$ SBartafcoicS erfuhr,
ift ber 23üd;crftanb bevfelben gegenwärtig felgcnber: an religicfen 23üd;em befinben fid;
bafelbft -9345 SBerfe in 12.949 33änben, au rcd)tswiffcnfd;aftlid;en 5316 SBerfe in 6292
33änben; an mebiduifd;en 851 in 875 33äitben; an hiftorifchen 4674 in 8371 33aubcn, au
philofophifd)en 2831 SBerfe in 3662 S3anben, an p[;Ü 0 (ogifd;en 7730 SBerfe in
11.616 33duben, oermifd;te SBerfe 416 in 1503 SJauben, SBerfe in feltenereu Sprachen
gefd)rieben 168 in 226 Stauben. £Mc 33ibliethef befiehl baf;er im ©äugen aus 31.331
SBcrfcn in 45.449 53anben, worunter 372 SBerfe im SDRanufcript; an Spradjeu fiitb
in berfelben 38 vertreten. 911S ©iriofum befiel bic S3ibliothef baS SSaterunfer in 625
Sprachen unb Paletten gebrueft. Sin Suplicaten fmb 1 Ö 20 SBerfe in 1300 33ditben
»ovl;anbcn. 2 p(5t. ber ©efammtgiffer ber 33iblietl;ct entfallen auf befecte SBerfe, 6 p( 5 t.
auf alte SDrucfwerfe. ( s )>. 3 -)
h. Sie brei lebten £efte ber „SRittl;eilungen beS SlcrcineS für ©e*
fd)id;te ber 2)eutfd;en in S3of;men" bieten einige red;t fcf;äpbare Arbeiten, bar*
unter namcntlid; einen längeren Sluffa^: „Sftanefelb unb bie Stabt Scf;laggenwalb" aus
bem 91ad;(affe beS leiber gu früh rerfterbenen 91. K e 1; l, beffen ©fer für r\iterlänbifd;c
@cf<hid;te eigentlich ben erften Smpulß gur ©rünbung beS beutfd;4;ifterifcl;en 3>cvcineS
gegeben hat. 2)aS oorliegenbe 23rud;ftücf feiner umfaffenben Sugenbarbeiten ift ein int er«
effanter S3eitrag gur @efd;icbte beS bel;mifchen SlufftanbeS im breif;igjahviejen Kriege.
3. SBolf giebt bie Sfigge einer Selbftbiograpl;ie aus bem Slnfange beS 16. 3al;vhun«
berts, welche fid; in bem unweit @ger gelegenen Schlöffe KinSberg oorgefunben l;at. 2)ic=
jelbe rül;rt non einem jener pclitijd;en Sad;walter oon $)refeffien l;cr, bie als Äangler,
9tatl;e u. bgl. halb liefern, halb jenem $cvm bienten, unb in ber bamaligcn $)olitif baS
waren, was bie ©enbettieri unb Banböfncd;tc in ber Kriegführung jener 3 ^'it. Virgil
©rohmann liefert einen Weiteren SScitrag über hotbitifcbc SReminiSccngeu in ben 3>olfS*
jagen S3ehutenS; ber untcrrid;tete gorfeber weiß für feinen ©egenftanb ftciS geeignete
9lnalogiecn unb l;cf;ere ©cficfetöpunfte gu finben.
h. $Prof. 3* $ über in 9Jiünd;en oereffentliiht unter bem 2itel: „®ie 3bee
ber ltnfterblichfeit" (9)tünd;en 1864) ein Keines 53uch, in welkem er bie Slefultate
feines philofcphifchcn ScnftnS unb eines entften BebensgangeS in giemlich populärer SBeife
nieberlegt unb feine Uebcrgeugungen namentlich an ben ßinwütfcn ber ©egtter fritifch prüft.
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478
Sie ante graphirtcn 9 >ublicatioueu ber 3 cglinße bcr 9(rd;itefturf<hule au
bcr iMciißt'n Jlfabcmie bcv bilbenbm Äünfte nehmen einen erfreulichen gertgang unb ge¬
mimten immer mehr ik'bctt fowobl unter ben •Jlrdiietieu alß unter Äunfifreunben unb
'drchäclcgett. Unter ben jün^ft publicirtcn Sliifnahmen tinben mir bie 9Jiic^>aelö*C5apeWe gu
Äufcbau, bie Scggia bei Sau$i in glerenj, ©eiätbföaften auß bem Museo burbonico
in Neapel, bie ^farrfircfye 311 ätaßmarft, bie Äircbe 311 Äirchbrauf (in ber 3 ip 3 ), ber
9)iarien-3Ütar in ber Jlcg^bi^faiTfirche 311 Sartfelb, bie $effacabe im Sd;lcffe von
33leiß, bie Amben 3 U ©eß unb Seiitfd^rHltenbiirg, ben ?eu^ter auß ber $Pfarrfirche $u
33artfe(b, baß ©cncurßproject ber Streif teften bau ber 9iüll uub bon Siccarbßbirrg jum
£>peml)aitfc in SBien, baß s J)roject ber großen £>per in $>ariß. Sie Böglinge ber 9lr-
dftefturfcbule, bie eine mnfterfjafte 2I;atigfeit entwicfeln, erfreuen fid> einer Subvention
bon Seile ber ©taatßregievung, ber heften Unterftü^ung ber Stfabemie unb fmb im Sie*
griffe fich alß herein 3 U conftituiren. Saß anfprud;ßlefe, auf ert;o!;te gachbilbtmg gerich¬
tete Streben ber jungen Beamter I;at benfetben auch gasreiche greunbe außerhalb ber
Schule gewonnen.
D (Sem beutjehen Sucher mar ft.) 355 ir haben in unferen Berichten fc^on
mehrmals (Gelegenheit gefituben, auf bie SJiefultate ciueß neu erwachten (5-iferS *für bie
®rferfd)ung unb £eraußgabe ber ©efdfdfßquellen 3 ur beutfeben Specialg efcf>ichte I;in$u*
weifen; mir erinnern 3 . S. nur an bie 6 l;renifen ber beutfehen Stabte, bie beutfehen
. 3 abrbüd;er, beren Sercffeutliibung mir ber anerfannten 9 )Junificeu 3 beß verdorbenen Aonigß
ren Saiern verbauten. .freute iiegen miß bie elften Saube jroeier neuen Unternehmungen
vor, melde fich biefeit würbig 3 m Seite fteflen unb ben benen namentlich baß nach*
ftebenbe allen ©efchidfßfcrfchern um fo miflfcmmencr fein mirb, alß eö beftimmt ift, einem
lange gefühlten Mangel in mürbiger Söeife ab$uhelfcn. (iß ift ein „Codex diplomati-
cus Saxonia; regue. 3 m Stuftrage ber fdd;fifd;en Staatßregierung t)erauögegehen von
6 *. ©. ©erßborf". Ser 5>lan biefeß großartig angelegten Unternehmens ift folgenber:
SaSfelbe mirb in brei .fraupttheile verfallen, von benen ber erfte bie ©ejdfcbte beß regie¬
renheu $>aufcß, ber jmcite bie geglichen Stiftungen uub bie größeren Stabte, ber britte
bie fleinereu Stabte, Sorfer, eingetne gamtlien u. f. m. umfaffen mirb. ^Begonnen mürbe
mit ber Verausgabe beß ^weiten Vauptt(;eilc$, beffen elfter Sanb, aud; unter bem Stitel:
„Urfunbetibuth beß fmdiftifteß SDleißen, 1 . 33anb" erfdfenen, bie tlrfunben beßjelben biß
3 um 3al;re 1356 enthalt. gür rafebe gortfübrung beß Unternehmens ift burch bie 33e*
milligung bcbeutcitber Summen burch bie Staube geforgt.
©ine 3 meite Queflenjanttnlung $ur ©ef c^ic^te beß beutfehen ÜRittelalterö verbanfen
mir ber rühmlich befannten ffiSeibmann fd^en 33ud)banblung in Serlin; fie betitelt fich:
„Bibliotheca rerum germanicarum, ed. Phil. Jaff 6 a . Saß Unternehmen, beffen
einzelne, ihrem Snbafte nach in ftd> abgefchloffene 2hcile entmeber nad; einem localen
©ejid;tßpunfte 31 t bilben fmb ober fich an eine biftcrifch hervorragenbe ^erfonlichfeit an*
3 ultbnen haben, ober enblid; 31 m Slufbdlung einer bebeutenben 3 citepocf>e beitTagen feilen,
ift beftimmt, eine neue Sammlung fritifd) bearbeiteter ©ejdfd'tß quellen beß beutfehen
fflcittclalterß in feinem Nahmen 3 n vereinigen. IT er erfte Sanb enthält bie Monumeuta
Corboiensiu, bie Senhuiirbigfeiten bcr Senebictinerabtei Äerbep in Schlefien.
s 3ln meiteren v 3lc vitalen brachten unß bie vergangenen 3i>cd;en eine neue Unterfuchung
über bie in neuefter Seit vielfach angeregte Sage von 2dl von Sr. V. v. ?iebenau:
„Sie 2cl(*Sage 3 U bem Sabre 1230, l;iftovijd) nad) ben neueften Quellen beleuchtet",
fobann „Stubien über baß SUibeiungeulieb", 3U111 2l;cile auß bem 9iad;laffe von Äarl
9)toßler, juni 2l;eile von bem ^eraußgebec 9iicolaÜ)io}cr # bem Sol;ne beß ©enannten I;enührenb.
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Lubwig 9M;1, ber erft im begangenen Sabre eine ^Biographie 9Jlo$artS h^aiWgab,
befebatft uns jefct mit bem elften 23anbe einer ^Biographie ©eethobenS, weldjer bie 3u*
genb SBeethobcnS ober bie Sal;re 1770 bis 1792 umfaßt. 3bm feilen gwei weitere
33dnbe folgen: 33eetl;et)enö 9)tanneSalter, 1793 bis 1814, unb 23eetf;obenö lepte 3al;re,
1815 bis 1827. $>err 9to(;l rühmt bie reiche gerberung, bie if;m bei feinen ©tubien
in unferer Stabt bon berfchiebenen Seiten gu St;eil geworben ift.
P. (95om eng(ifd;enSücbermarf t.) 3n ber Jöeltgefdnchte fpielcn bie Äano*
nen eine immer größere Stolle, unb bie Llrmee l;at gulefet bie größten Gl;ancen beS Sie¬
ges für ficb, beren Äanencn am weiteften tragen unb am fid;erften treffen. Sir finben
baber in golge ber gunchmenben Sid;tigfeit ber @efd?ü(;e auch eine in allen Sprayen
gunel;menbe Äanonenlitteratur unb erwähnen als baS neuefte Probuct berfelben „The
story of the guns, by Sir J. Emerson Tennent“ mit SKuftrationen im Sejrt.
Sie neueften, gur geier beS Sbafefpcare^SubildumS ^crauSgefonimenen Sü^er
Reißen: „Shakespeare, his birthplace, home and grave: a pilgrimage to
Stratford-on-Avon. With photographic eontributions, by E. Edwards“, ein
fel;r elegant au$fel;enber 33anb, gur geftgabe bcfonberS geeignet, ferner: „Life portraits
of Shakespeare: with an examination of the authencity and a history of
the various representations of the poet, by J. F. Friswell“, ebenfalls ein
Prachtbanb, mit Photographien auSgeftattet; „Songs and sonnets from William
Shakespeare. Selected and arranged by H. Staunton“, mit l;übfd;en Sltuftratie*
nen; „Shakespeare jest books. Reprints of the early and very rare jest
books supposed to have been used by Shakespeare. Edited with notes by
W. Carew Hazlitt“, eine Publicatton, welche bon großem 3Scrtl)e für S^afefpeare-
greunbe ift, ba biefe Jest books febon außererbentlid; feiten unb feljr tl)euer fmb.
2luch baS fchöne 33uch bon Glarfe: „Shakespeare characters“, baS unlangft erfebien,
fann man nod; gu ben Subildum&werfen gälten. 3wei glditgenb unb folib ausgeftattete
neue ßctabauSgaben bon ©l;afefpeare’ö Schriften ftnb in ber Publication begriffen, bon
welchen bie eine 3?ir. (Slarfe, bie anbere 9)tr. ©pee IjerauSgiebt, beibe Sitteraten, beren
Sefdf;igung für ein folcheS Unternehmen allgemein anerkannt wirb, ©ann ift gu erwdl;*
nen: „The Reference Shakespeare: a memorial edition of Shakespeares
plays, containing 1600 references compiled by J. B. Marsh“ (in 5Dlambefter
gebrueft) unb: „Shakespeare, the first folio of 1623, reproduced under the
immediate supervision of Howard Staunton, from the Originals in the libra-
ries of Bridgewater House and the British Museum“, eine Prachtausgabe in
gotio mit pb°tolitl;ograpbieen, in 16 Lieferungen, beren erfte bereits borliegt.
SSir fönnen biefe Heine (£bafefpeare=9tebue nia;t fdjticßen, ebne unfere (Erwartung
auSgufprechen, baß auch £>alltweU, ber befannte ©hafefpeare-Äenner, burd; baS 3u*
bildum an eine Pflicht gemahnt wirb, beren Erfüllung eine ©Iwcnfache für ihn unb für
Snglanb ift, eine befonberS perfönlicbe (5‘hreufache für 9Jtr. £>alliwell, weil er ftch bie
gange bon il;m auf 20 33dnbe in ©rcßfolic berechnete SluSgabe ber Serie ©hafefpeare’S
febon bor gel;n 3al;ren mit nicht biel weniger als taufenb ©ulben (nad; öfterreichifchem
©elbe) für jebeS (Sjcemplar bcrauSbegahlen ließ. 6ilf 33dnbe biefer grojjartigften aller er*
fchienenen ©hafefpeare^llußgaben finb publicirt, unb unlangft trat s i)ir. »frallhbctt feinen
©ubferibenten gegenüber mit bem eigentümlichen 2'nfinncn auf, ftatt ber berfprochenen
unb begabten 20 nur 15 33dnbe geben gu wollen, ^öffentlich wirb er ft<h feiner 3Ser-
pflichtnng jefct beffer erinnern, benn alle bon il;m fo trefflich aufgeführten ©rünbe bafür,
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480
ba{? Shafefpeare cigenllid; nur 15 Scinbe haben foflto, feinten bie eine $I;at)atf>e nicf;t
wibcrlegen, baf) er, b. h- ’ffler. ^atliwefl, ber genaue Äenner, ©^afcfpearc^aterial-
33efifeer, Sammler nnb ©entlentan wer gehn Salden 20 Sänbe anjeigte unb ftch begaf;*
len lief;.
Snt ®au$en ift bie Bewegung auf beut euglifcfjat 33üd;ermarft fc^on feit Senaten
gicinlich unbebeutenb, menigftenß nur feiten burd; wichtige Grfcheinungcn gegeben. Sic
JKeifelitteratur wirb bemnaebft in beut bereits angefüitbigtcn Serfe ©ifforb ^algrawe’S
eine intereffantc 23ereid;crung erfahren. s J>algrawe mar 18 3 a(u*c wen ©nglanb abmefenb
unb brachte mehrere Sabre in Arabien 311 , beffen uu 3 ugänglid;fte Steile er burchfcrfcbte:
er ging wen ©a$a im {üblichen Serien auß buul) Sicrb* unb 6entral*3lrabien birect
nach GbAbatif am perfifchen ©cif uub weit ba in baß fleitte Ücnigreich ©man im oft-
lidften Eintel neu Arabien. Sei ben 5Bal;abiteu auf bent Geittralplateau Arabiens ber*
weilte er fieben Sod;en. yalgrawe'ß Buch bürfte wiel intereffanteß über bißl;er gan$ un*
befannte Säitberftrecfen bringen.
Ben Sicfcnß wirb ©nbe 3lpril ein neuer Vornan: „Our mutual friend“ er*
jeheinett.
©i$mtg$krid)tc.
Jkntfdj-Iji|hmfdjcr Ucrciit tit lBdljmen.
3n bet lebten Sinnig bet wierten Sectien für £attbcl unb ©emetbe wetlaß ber
Qbmamt, ASerr Sr. Banl;anß einen längeren 3tuffa|?, ber bie Einführung unb 3luß*
bteitung ber ©laoiubuflrie ber ^en^ier, Slbiucr, 3legppter unb anberer Seifer betrifft. (5ß
wirb ber wcnctianifdjcn ©laßfabricaticn beß Weiteren gebad;t # ba ftc mehrere 3 ah r hunberte
ben 9Jiarft wen Europa beherrfd;te. Surd; italienifd;e ©laßarbeiter, bie, um fich Gbelfteine
311 geleit, nad; Böhmen gefcmntcu waren, bürfte bie ©laßcr^eugung ^nerft in Söhnten
befanut geworben fein. 3m Jahre 1504 laf;t fid) {eben mit ®ewißl;eit eine ®laßf;üttc
311 Cber*Äreibi^ bei £aiba nad;weifen, bed; einzelne nod; worhanbenc Urfunben laffeit
nennuttjcn, baf? bie ©laßeqeugung ned; weit früher in Söhnten befannt fein mochte. 3 n
künftiger Seife würbe nun bie Ännfi ber ©laßer$eugung wem Bater auf ben 6 ol;n wer*
erbt unb ftreng war jebe Siußwanbcrung ber ©laßarbeiter werteten. 3m Saufe ber Seiten
entftanben und; unb nad; noch mehrere ©laßhütten, {0 in Äainnip, s })refd;fau, galfenau
unb namentlid' auf ben Ainßfy’fdjen ©ütern. 3m 3lf(genteinen würbe früher in Seemen
nur gewöhnliches ©laß ergenegt; baß 9Mcn unb Bergclben beßfetben war auf einer fel)i*
primitiven Stufe uub bie wcnetianifd;c Saare noch tcnaitgcbcnb; nid;tßbeftoweniger brei*
tetc fid) ber anbei mit bbf;rnijchem ©laß unb farbigen perlen halb in anbere Seit*
tljeilc auß, biß erft in neuerer 3 c'it bie belgifd;e uub frai^efifche Gencurrenj bie bot;mifc^e
Saare wem Sföarftc werbrängte. Ser berlcfenc Sluffafc enthalt außerbem ned; red;t inter*
effante Setailß über bie alteren 3lrten ber ©Zubereitung, über einzelne gamilien, bie
oft lange Seit im Seftpe betfelbett ©laßhütte waren, über baß Seben ber ©laßarbeiter
u. a. m. Segen ber Sid;tigfrit ber ©laßinbuftrie für baß Bolfßwerutögen waren bie
©laßarbeiter wen SUiititdrbienften befreit, unb erft in beit gran 3 efenfriegcn würbe biejeß
Privilegium aufgel;eben. Sd;liejdid; wetfprad; ber Dbntann, auß bem worlkgenben 3tuf|afe
mit 3whülfcnahme mehrerer anbereu Quellen 3 Wei Sluffäpe für bie „SOlittheilungen" $u
machen. (Sehemia.)
ttraittnjorUiJtpr «ebartrur Dr. Ccopclb Sdrwet^cr. flrurfterct ber k. VUmr 3cttimg.
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Xcr ©efanbtenmorb in Xc^eran.
(10. gebruar 1829.)
(Sine (Spifobe auS bet neueften ©cfcbichte ^erftenö >.
»on ®. SS. W.
Güter bet Arttfel bc8 für fRuflanb fo glorreichen griebcnStertrageS ton 2urf»
mantfcf)ai (22. gebruar 1828) fette bie Aufhellung wechfelfeitiger ©efanbtfchaften
feft, um bie neubegrünbete (Eintracht gwif^cn beit Höfen ton Petersburg unb 3ran
biplomatifch ju pflegen unb ju befeftigen SDie erftere Piacht’ fyatte an ber batbigett
23crwirflichung biefer Stipulation ein um fo gröfjereS Sntereffe, als eS [ich für
felbe hunbeltc, auf biefe Art, burd) SScrmittlung it;ve8 SBerodmäthtigten, mehrere ber
ibr günftigften, noch unerfüllt gebliebenen SractatSbebingungen jur SEöa^r^cit ju
madten, unb oricntalifche Gabinete c8 bcfanntlicf) ju allen Briten meifterf)aft Der«
ftanben, bie ihnen tont Sieger auferlegten briiefettben 23crpflichfmtgen bureb ben
paffmen SBiberjtanb, welchen fic ber Ausführung berfelben entgegenfe^ten, möglich ft
abjufdtwächcn unb ihrer pra!tifd)eit SBirffamfeit gu entflciben.
Schon wenige SJtonate nach erfolgter Uiatiftcafion ber griebenSurfunbc er»
fdjien baher ber ruffifebe ©cfanbte unb betoflmäd;tigte Plinifter Alejcanber 0riboie=
boff als 33ürge ber wieberhergefteHten internationalen fßetbinbuitgcn ju ÜauriS,
ton wo er, nach tierwöd;entlid)em Aufenthalte am Jpoflager be3 perfiiihen Äron*
erben unb Prägen* Statthalters ber Prottng Aferbeibfdtan, AbbaS SDtirfa, fammt
ben mitgefühvten reifen ©efdjertfen an Äriftaülnftem unb ©efäfcen auS Alabafter
unb Platachit, unter allen erbenflid>en G'hrenbegeugungen, itad) ber 9teid)Shaupt»
ftabt Teheran toeiterbeförbevt würbe.
©riboieboff, ruffifcher StaatSrath unb ©efdjwifterfinb beS PlarfchaDS PaSfe*
witf<h=(SriwanSfi, fpäteren gürften ton 2ü>arf<hau, hotte ben lebten gelbjug gegen
Perfien ün Hauptquartiere biefeS feines angeheirateten SBerwanbten mitgema«ht, an
ben früheren SßaffenftiHftanbS* unb fpäteren griebenSterhanblungen thätigen Anteil
genommen unb baS ruhmtolle SBertragSinftniment nach St. Petersburg überbracht,
für welche Seiftungen ihm, auf Anempfehlung PaSfewitfchS, ber neu geraffene
1 Sie Aotijen übet biefen hiebet in feinen (Sinjeinfieiten wenig betannten SBotfatt finb jum
grofjen 2heile ben in meinem 33eupe befinbiidien jwei petfifcpen Pbrruifeu „Rausat essefa“
ttnb „Nassich ettewarich“ (3. Saub) entnommen. Sie biogtapbiftpen Aotijen übet ©riboieboff
entftammen ber äSorrebe eine« in rufftfeber (Sprache abgefagten belletriftifcpeit 3R*erfeÄ beäfelben
bie mir burd) bie ®üte einer ruffife^e» Same in lleberfepung mitgetbeiü wntbe, welche ich t)iemij
bitte, ^iefüt meinen'»crbiitblidifteit San! ju genehmigen.
Jßo^enf^rift. 1864. Bant UL 31
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482
Poften eines ftetigen Vertreters feines .£>ofc3 in bern bcfiecjtcn Sanbe ju 2bei( ge*
worben war.
Surd; längeres Verweilen in 2if(i3 unb am Notlager Abbaö Piirfa’S
mit Spraye, ©efd)ichte, Sitteratur, Sitten unb ©ewoljnljeiten bet Werfer wohl
eertraut, aud; fmtft fein gebilbet, aufgewecft unb unerfchrccfen, fdjien et ganj ber
IRann, bie il;m anecrtraute fdnrierige Aufgabe glücflich $u Gnbe 3 U führen. Atleiu
eben bie nähere SBefanittfcfjaft mit liattb unb Leuten hatte bie Säufd)ungen 3 er*
ftreut, in melden ber pljdutafiereicbc unb poetitc^ begabte * junge Piann — er
^äfjlte bamalS erft 33 Sabre — über bie Saftänbe unb ben wirtlichen Gharafter
SranS unb feiner Bewohner befangen gewefeit war; bie gläi^enben SSaffenthaten
feiner Sanbslente im lebten Kriege hatten if;n mit Stolj unb mit Verachtung beS
gebemüthigten ©egiterS erfüllt ; @brgei 3 unb übertriebener Gtfer, biete beiben ge*
fäbrlichften SaUft riefe unreifer ^Diplomaten, mtb wohl auch ©elbftgefühl über bie
fo früh errungene hertwrragenbe Stellung batten offenbar feinen gefnnben Sinn
umnebelt unb liefien il;tt in ber freiuben ^Regierung, bie wieber 311 m greunbe 3 U
machen ein SWitjwed feiner Senbung war, nur ben überwunbeiten unb ohnmächtigen
fteinb erblicfcu, weitem baS llebergewid;t feines Gabinets auch ferner führen 31 t
laffen er fief) »ofleitbS berechtigt glaubte.
Sd;on in SaurtS hatte er eine 'Probe fefbftmitligen Auftretens abgelegt, in*
bern er, ohne um bie Buftinimnng ber perfifd;en Gentralrcgieruitg auch nur an 3 u=
fragen, in ©f)i(an (am Sübweftfamne beS ca3pifd;en SReereS) ein ruffifd;eS Gon*
fulat errichtete, W 03 U er (laut Art. 9 beS .paupteertrageS ton £urfmanti<hai) aller*
bingS baS un 3 Wei felhafte 9ced)t bejah, roeburd; er jebod; bie Perfer gleich anfangs
gegen fid> mififtinunte, ba gcrabe biefe Proriit 3 , ber 5Räf)c ber ruffifchen glottcn*
ftatimt unb ber nicht minber naheliegcnben Sefergnif, halber, Uinfflanb möge eS
gelingen, fidj bort eine Partei 3 U f duffen, ben 9)iad;thabevn in, Teheran als ein für
ben Aufenthaltsort eines pelitifcben Agenten biefer 9Rad;t fwchft ungeeigneter Drt
erffeinen muf$te.
Sie (am 11. Saunet 1829) ftattgehabte AntrittSaubieng beim Schah gab
©riboiebeff ©elegenheit fein „Vre victis“ ned; lautet 3 U betonen.
SSie anberSwo, ift eS aud) im Orient Soffitte, bie 9iepräfentanten frember
Piäd)te, beoor fie bei bern Pionarchen eingeführt werben, in einem ber Vorfäle
beS PalafteS einige Beit warten 3 U laffen. 3m Serai ber oSmanif^en Sultane
3 U Gonftantinopel war biefeS „Antid;ambriren" nod; im Anfänge beS laufenben
SahrhunbertS mit ber nach nuferen gegriffen mlejjcnben Buthat rerbunben, ba§
bie Vant, worauf ber eintretenbe ©efanbte bie erfte 9iaft hielt, aud; reit Sraban*
teit beö ©rohherrn, bie, nach morgenlänbif^em Gebrauche, sugleicb .ftenferbienfte
rerridjten, 3 U bemfelben Bwecfe benüjjt würbe.
1 @c fdjrtcb, unter anberu, ein Vuftfpiel unter bem Sitcl: Umjliicf $u t'iel ®cift $u
l^alen", iveld^ö notfy fyeute in föuijlanb flefebafct wirb.
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483
©aS p<rfifcpe ©ctemoniel, minber anftöfjtg, bcfcpränft ficf) hingegen auf eine feiere
©ebulbprobe, bte überbieS burep ©arreicpuitg »on ©rfrifcpuitgett unb pfeifen »er»
füfjt wttb unb formt jebeufallS rtid>t ftrenger erfdjeint als jene, weiche auch in europäi*
ft^en Sßorjimmem auferlegt gu werben pflegt.
(Sine anbere morgcnlänbifdpe ©epflogenpcit will, bafj man oor bem Eintritte
in baS Biwmer bie Stpupe ablegt unb in Sorten jur Spüre eingept. 9Jiit no<p
größerer • ©ewiffenpaftigfeit wirb biefe Sitte, welche übrigens, taut Sibelfielten, bis
in baS grauefte Sütertpum gurürtreiept unb in ben ftaubigen ober fotogen Strafen
orientalifrper Stäbte, fo wie in ben SRatten unb Seppicpcn, mit welken bie bor*
tigen ^u^boben belegt finb, noep ^»eutgutage eine gewiffe Serecpttgung finbet, bann
befolgt, wenn cS ftdp um ben SBcfucp bei einem ^ßpergefiellten panbelt, in Welkem
Salle baS Untertaffen berfelben gerabe fo anftöfjig erfepiette, als baS Slufbepalten
beS £>ute$ feitenS eines ©uropäerS beim Gintritte in einen Salon, ©egenüberbem
ganbeSperm, welkem in Werften, wie ju ©ariuS Sitten, fo nodp ^eutjutage napeju
abgöttifrpe 33ereprung gesollt wirb, wäre eine berlei Sentacpläffigung gleidjbebeutenb
mit £)o<püerratp unb 9Jtajeftät8beleibigung unb würbe an ©itipeimtfcpen optte
3weifel mit augenblirtltdpcm Sobe geapnbet werben.
©riboieboff, eingeben! beS bem lebten Sractate angepängten geheimen Sepa«
ratprotofottS 1 baS bem IRepräfentanten beS fiegret <pen 9fufj(anb befonbere ceremo«
nieDe 33orre(pte einräumte, glaubte fiep in beiben Olicptungen über bie perlßmmlitpe
©tifette ptnauSfepen ju follen. Scpon im SBartjimmer, wo man xpn waprftpetnlicp
länget als er wünfdpte, aufpiclt, fptaep er fiep übet biefen ^uttft peftig gegen bie
ipn umgebenben SJtinifter unb Höflinge auS, unb als et in baS eigentliepe Slubienj*
gemaep emtreten foHte, weigerte er fiep auf baS beftimmtefle, an feiner ^ufjbefleibung
1 2 )aö gricbenöinftniment von $urfmantfd?ai befielt auö jwei vetfehiebenen Vertragen rnib
jwei Separatconventionen, nämlich bem eigentlichen #auptvertrage, bem hattbelö vertrage, ber Kon¬
vention über bte &iicgöentf<häbigung unb ber Konvention über baö ©efanbtfchaftöceremomel. 2)er
£e;t beö hanptvcrtrageö allein ift biöbcr publicirt worben ('Dtartenö, Supplement ©b. 11 , 2 );
bie übrigen brei S)ocumeitte würben biö^cr ber Ceffentlicpfeit vorenthalten, befinbeit fich jeboch t»
wortgetreuer, nach einer Slbfchrift beö pcrfifcbcu Erigütalö angefertigter Ueberfefcung in $ättben
beö ©erfafferö biefeö 5lttffapeö. 2>te be 3 Üglicheu Stellen auö ber Konvention über baö ©efanbt-
fcbaftöceremoniel lauten: „$lm Kingaitge beö foniglicben ^ßalafteö ober ber Umhüllung ber foniglidhen
Seite (Seraperde) wirb ber (ruffifche) ©efaitbtc vom $>ferbe abfteigen unb ftch in baö ©«nach
beö erften äöeftrö ober baö 3 elt beö oberften ©efeljlöhabcrö ber Gruppen begeben, tvo er, biö jum
Eintritte beö Äoitigö in ben $lubien$faal, einige Ülugenblide auöruhen wirb", unb
. . ee folt unter feinem ©orivaitbe vom ©efanbteit ober einem feiner ©eamten verlaugt
werben, ba§ fte irgcitbtvelche ©eranberititg an ihrer Fracht unb Äleibung vornehmen. 2 )er ©e-
fanbte unb fein (befolge werben jeboch Sorge tragen, fich mit einem paar Ueberfchuhe gu
verfehen, um btefelben bei ihrem Eintritte (in ben Hubienjfaal) abjulegen.*
©riboieboff wollte, wie ben perfifchen Quellen ^u entnehmen, Weber überhaupt warten, noch
arid) in ©egug auf bie gufebefleibutig ftch bem Snhalte beö Schlttfjfapeö biefet Unteren Stipula*
ticit bequemen, folgern fd>eint fich an beit ©orberfajj gehalten 31 t h^ben, welcher, allem genorn*
men, ihn aflerbiugö berechtigte, einjutreten, ohne irgettbwelcbe ©erättberung an feinet Fracht unb
ßlcibung vorjunehmett.
31*
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484
eine Seränberung oorgunehmen. Gnblich eingelaffen, rebete er ju bem .Könige in
„grober unb hod;inütl;igcr ©prad)e", welche burch 3 richen unb SBinfe ju milberer
£onart herabguftimmcn bic anwefenben perfifdjen Grofsen fid) oergeblidf) bemühten.
SBic unpaffenb ein foldjeS Benehmen war, — bemerft einer bcr Gf)roniftcn, welken
wir biefe ©iitjefnfjeitcn entnehmen — bebarf feiner weiteren Berfid)erung, benit,
war auch getbali ©d;alj im lebten Kampfe befiegt worben, fo Ratten ja auch
aitbere tapfere unb mächtige äpervfdjcr, wie namentlich Äarl XII. $>eter bem ©rohen
unb biefer felbft ber f)ef;en Pforte gegenüber, 2 lefmlid;c 8 erlebt, ohne bah h> e ^ ur( h
ber fdmlbigen (5f;rfurd;t gegen ihre ^.'erfonen Gintrag geidjebeit wäre, ürofebent
— heift eS bort weiter — fe^te ber beleibigte 9.Ronard) „ber rohen £ärte wohl»
wotfenbe SÖeid'brit, ber fetneitenben .Kälte herggewinnenbe SSärme entgegen", waS
jebod) „ben feefen jungen SRann" nid;t al'l;iclt, in ber bisherigen Sßeife fortgufahren.
©auf biefer SDiäfügung beS perfijeben SRcnarchen blieb benn aud; ber Ieibige
Gereut onielftreit ohne weitere folgen.
Bedrohlicher aber gcftaltete fid? bie Sage, als ber ruffifd)e Bcrtreter biefelbe über»
ftrenge $>ünftlid;fcit, welche er in Sachen ber Gtifette an ben Sag gelegt hatte, and)
auf feine gefd;äftliche Slufgabe übertrug, beren wichtigfter Sheil, wie bereits angebeutet,
barin beftanb, bie itcd; nicht ausgeführten griebenöftipulationcn 3 « praftijd;cn Gel»
tung 311 bringen.
Gine berfelben (x'lvt. 13) beftimmte nämlich bie SoSgabe unb ttcberlieferung an
öiufjlanb fämmtlicher in perfide Äriegögefaugenfdjaft gerathenen unb in golge beffen
als ©claoen oerfauften ruffifchen Staatsangehörigen beiberlei GcfdflcchteS, unb 3 War
nicht nur jener au§ bem lebten gelbguge, fonbern „auS welcher Gpoche eS immer fei",
alfo auch aller berjenigen, bic währenb bcr langjährigen Kämpfe feit Anfang beS
SatjrhunbertS unb noch früher bei Gelegenheit beS im 3al;re 1795 non bem Vorgänger
gethati ©chahS unternommenen üiaubjugeS nach Georgien 001 t bort fortgefchleppt
worben waren unb beren lederen Gefammtgabl allein, nach einer bamaligen ©chäpung,
auf 15.000 Seelen oeranjchlagt worben war. Sehnliche, auf bie Diücfgabe chriftlicher
©claoen begugnehnteitbe Slrtifel waren nun gwar allerbingS eine bei griebenSfchlüffen
3 Wifchen europäiiehen unb mohammebanijehen 9Räd;ten hergebrachte ©a^e, fliehen
aber nicbtSbeftowcniger in ber ÜluSfülfrung regelmähig auf erhebliche Schwierig»
feiten, wie, unter Slnberem, um baS lc£tc berartige Beifpiel aus ber oatcrlänbifcben
Gefd;id)te anguführeit, bie Unterhanblungen jwifdjen ber f. Sntcmuntiaiur unb ber
Pforte, nach bem ©iftower gtieben (1791) barthun, burch weld;c, trojj bcr reblich»
ften unb auSbauerubften Bemühungen beS hiebei betheiligten faif. GommiffärS, nur
eiu unoolIftänbigcS Uicfnltat erreicht werben foitntc. (Hoch ungleich fjacfeliger
erwies fiefj baS Unternehmen im gegenwärtigen galle, ba feit bem erwähnten
Dianbjuge nach Georgien mehr als brei Sa^rgc^itte ocrfloffen, bie mciften ber
bamalS SBeggefchleppten 3 um Sölam übergetreten unb namentlich bie SBeiber, feit
lange an SRobammcbaner oerheiratet, felbft ORebammebanerinncn unb SRütter unb
Grchmütter oon SRohammebanern geworben waren, ©ic SluSticfcrung oon Snbioibuen
aber, bie freiwillig ober gc 3 wungcn ben SRobammebaniSmuS angenommen haben,
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<m bie Sobfeiitbe beS Propheten uttb feiner 2 ef)re, erfcf)ien jebem „^Rechtgläubigen"
ju allen 3eiten als eine fo frevelhafte Ungehenerlichleit, bafj auch bie beSpotifdhften
^Regierungen beS Orients beriet frentbe Slnforbermtgen nie ohne ben äufjerfteu
SBiberwillen gn unierftüfcen wagten. SDefjhalb würbe auch ben auf bie 9luSwech$*
lung folget ÄriegSgefangenen Bejüglt^en SractatSftipulationen meiftenS eine ©laufet
Beigefügt, welche ©ontertiten ton ber SSerpflic^tuttg gegenfeitiger 3 RücfgaBe auS*
f<$lo&, womit aber im Sntereffe ber Sacf)e felBjt in ber Siegel wenig gewonnen
war, inbem bie Streitfrage, oB fol^e ©onoerfionen auS freiem Antriebe ober auS
gurcht erfolgt feien, noch immer ju langwierigem ©ejänle ein offenes gelb barBot.
©erabe biefeS fdhwietige uttb feiner Statur nach torfid;tStolle SRäfjigung er*
heifchenbe ©efchaft war eS nun, welches ©riboieboff, beit weifen Sprud; SaUep*
ranbS nicht Behergigenb, mit üBerftürjeitbcm ©ifer 3 um SIbfd; lufj 3 U Bringen ftd>
bemühte, hierbei fehlte er übrigens nur in ber gortn, bettn ber Sad;c nach ftanb
er offenbar in tollem ©inftange mit betn ton feiner Regierung im Orient über*
haupt befolgten Spjleme einer hoppelten ©roberungSpolitif, tott welker bie foge*
nannte „friebliche* barin befielt, bie djriftlichen Untcrthanen ^)erfien 8 unb ber
£ürfei ihrem mohammebanifchett $erm abwcnbig 3 U machen unb gur SluSwanbe*
rang nach IRujjlanb ober wenigftenS gut Annahme ber ruffifchen Sdjujjgcnoffeu*
fchaft 3 U bewegen, ^ietburdh erreicht fie ben 3 tpeifachen 3Sortheil, einerfeitS bcm
mohammebanifchen Staate einen Sthril feiner gcwerbfleifjigften unb fteuerfräftigften
©femente 3 U entgiehen unb anbcrerfeitS fowohl ihre eigenen, meift enttolferten
©rengprotingen 3 U füllen, als auch fich in ben mohammebanifchen Staaten felbft
eine eifrige fPrepaganba für ihre ^täne herangugiehcn. UieligionSgemeinf^aft unb bie
unleiblichen Sebrücfungen, welchen bie ©hrifien in iSlamitifchen Steifen bis in
bie ncuefte Seit auSgefefjt waren, erllären unb rechtfertigen ben aufferorbentlichen
©rfolg, womit fie bisher 1 biefe „conquetes pacifiques“ betrieb. 9Rit biefem
§intergebanfen Wat überbieS im griebenStractate ton Surfinantfd)ai * bie grei*
gügigleit bet S3ewohner ton Slferbeibfchan ftipulirt unb audh wirtlich fchon
im vorigen Sahre bie Ueberfiebfung mehrerer taufenb armenifdher gantilien
1 ©in «£>auptmittel bet SRufjificirung folget c^riftlic^er Untcrtbancn $>erfienß unb ber $ur*
Fei war unb ift ber ©rlafj ober Verlauf fogenannter ©d)u^af[e, juit welchen in früherer 3 *it
aud) bie ©efaubtfc^afteu auberer ^Regierungen im Trient ^Rijjbraud; trieben. 3 n Solge beß jebem
fremben Untertan ober 6d)ujling, Fraft ber $ractate, bort 3ufte6eubeu An pvuckß auf bie miß*
fd)lie{jlick Surißbiction feiner oateTlanbifc^en 93 ef)orbe, genügte unb genügt 3um $^eit nod) tyeute ein
folget ^Pafj, ben bamit fBetyettten ooit alten 33 erpflicbtungen gegen feine biß$erigen otientalifdjen
Autoritäten 31t entheben, ©rft in neuefter 3eit tourben in ©onftantinopel fogenannte ^urifici*
rongßcommifftonen niebergefefct, meiere bie Aufgabe ^aben, bie Uutert^anßtitel 3a unterfut^en unb
fo bem alten Umoefen 3U fteuern. 2 )ie ^Blatter beß „Journal de Constantinople“ oomS)ecember
beß oerfioffenen Sa^reß melbeten baß ©rgebitijj ber gtoifc^eu ber Pforte unb ber ruffifchen ©e*
fanbtfc^aft in btefer 33e3ie^ung bort gepflogenen Unterkühlungen in langen 33cr3eidjniffen oon
Armeniern unb ©rieten, roelcfye, burdj Anfügung eineß „off“ ober „vitsch“ auß türfifeben Unter*
trauen in rufftf^e ueimanbelt, nuitmek ik* liegenben ©uter in ber SürFei 311 oerFaufen unb
außjutoanbem k^ n *
* Art, XY beß £auptoertrageß.
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in bie neu erworbenen ©renggebiete »eranlafjt worben ». 2Ba8 fo gut begonnen
hatte, fotlte ©riboiebejf nun fortfefsen, wobei ihm nod) ber befonbere tlmftaub gu
flattert tarn, ba§ bie gurn 3§lam ©onoertirten feiner ©inwirfung nicht entzogen
waren, inbem Slufjlattb, feiner Uebcrmad)t »ertrauenb, bie hierauf bejüglidje ge=
wohnliche ©laufet au8 bem Verträge auSgefchloffen hatte.
3fafjerbent würbe bem ©efanbten eine wefentlid^e 33orbebingung, nämlich bie
©ntbecfung be8 Aufenthaltsortes bet gu erlßfenben Sctaoen, burch einen 3ufaQ er*
leichtert, ©in au6 ©riwan gebürtiger armenifchet Sßerfdmittener SiamenS 3acub,
ber im £>atcm be8 ÄenigS bebienftet war, fchulbete bem perfifdjen giScuS ©elb,
unb, um ber Ballung gu entgegen, flüchtete er in ba8 ,$otel ©riboiebop, unter
bem $itel feinet iperfunft au8 einer nunmehr Sflufjlaitb angeprigen Stabt Sd)u£
unb Schirm feine8 neuen £)berf)errn anfle^enb. SSon ihm erhielt ber ©efanbte eine
gifte ber in Teheran bejtnbli^en d^rifttic^en Sclaöen älteren unb neueren ©atumS
unb auf ©runb biefe8 33ergei<hniffeS braute er feine Siectamation bei ber perfifchen
SRegierung an.
Siefe geigte ftch im Sntereffe be8 lieben griebenS giemlich willfährig unb
»ermittelte bie Auslieferung »on mehreren bet begegneten 3nbi»ibuen, bar*
unter auch einiger grauen, ßwri biefer festeren, beibe bereits föiütter iStamitif^er
Äinber, flammten auS bem £>arem be8 perfiden SBürbenträgerS unb SSerwanbten
be8 Töniglidhen Kaufes AHahjar ©han, ber, noch unter bem ©iitbrucfe ber Strafe
für fein Verhalten währenb be8 lebten gelbgugeS J , fi<h beeilt hatte, ber ruffifc^en
IReclamation gu entbrechen, um feinem ÜJlonarchen nicht neuen Anfafj gut Ungufrie*
benheit gu geben. ©iefe beiben grauen fühlten fi<h, wie e8 fcheint, burd; ben, wiber
SBiHen, eingetretenen SBedjfel ihrer Stellung nicht befricbigt unb ihre, ©igenfchaft
al8 38lamitinnen »orfc^ü^enb, fanben fie ÜJtittel bie ntohammebanifche ©eiftlichfeit
für ihr S<hi<ffal gu intereffiren unb beren ©agwifdjenfunft gu ©unften ihrer SBie*
berbefteiung au8 ben .£)änben ihre8 officiellen ©rloferS in Anfpruch gu nehmen.
ÜRittlerweile hatte übrigens biefer, banf ben Soealfenntniffen beS genannten Agen*
ten 3afub, feine 5Ra<hforf<hungen auch auf ^riuathäufer auSgebehnt, bie er — fo
wenigjienS behauptet einet ber etnhrimifdjen 33erid)terftatter — nach geotgifchen
unb armenifchen Sclaoen butcbflöbern tiefj, welkes Verfahren bie SBecßlferung felbft
gegen ihn aufreigte unb' ber aufmerffam geworbenen ^riefterfchaft beren SBeiftanb
fieberte. (S<hlufj folgt.)
1 Stehe hierüber eine Sorrefponben; ju'ifcbcn ^aäfenntfch, bem rumühen Dberften 8ajare»
unb bem Ätonprinjen Sbbaä SDtirfa bei Warten«: Nouveaux supplSmens etc. Sanb 8, © 5 ttiu<
gen 1842 , S. 303 .
1 @r h«tte, aU ÜJtiiitärgouBerneur Bon Sauri«, bie Sefefcung biefer Stabt burd) bie Stoffen
- nicht nerhinbetn fönnen, unb betjbalb, auf SBefehl be« Schah, Born Äronprinjen eigenhünbig bie
©aftonabe erhalten.
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grtebrtd) $ ebb el.
ui.
R. Z. 9Rit ber Bücffehr nach Seutichlanb fjattc beö Sinters ©türm» uitb
Srangperiobe tpr ©nbe erreicht, auS bei - Slnfieblung in üßieti unb ber Begrünbung
beS eigenen £erbeS war ber ©ettuf; einer georbneten SBelt unb ein bauernber
SebenSboben gewonnen. ©3 tjätte wmtberbar gugehen muffen, wenn ben in fcpran*
fenlofer Ueberfüllc ©chwelgenben ber tägliche änblicf einer, waS man auch fagen
mag, an bie Befriebigung eines in ©ad;cn bcö SlnftanbeS entpfhiblid)en ©efchmacfeS
gewiefenen unb gewöhnten Bühne, welche gugleid» bie oorgüglichfte - in Seutfcplanb
war, nicht jur Ginfidjt über bie ©renge beS auf ben Brettern Grlaubt en ge*
bradjt hätte. Ser fpt)i(ok'pf), ber eiufame Senfer in feiner ©tubirftube, ber ©d;virt=
fteller. ber Sramatifer in feinem nicht für bie 'äufführung beftimmten Söerfe mag
ba8 gcfd)[e(t)tlicf)e Problem nach allen ©eiten bin tücfficfytoloö beleuchten; bie
fRaturfeite beSfelben »erträgt nun einmal Weber eine laute, noch Biel weniger
eine fid)tbare Sarfteflung. Um Subith unb SERagbaleita für bie Büljne guläffig
gu machen, hatte bet Sinter in ihrer Jheaterbearbeitung bie wahren SRotioe
ihrer ^anblungöweife fo rerfdhleiern müffeit, baff bieielbe für ben Jiefergehenben
nahegu unBerftänblidj warb, ©eitofeoa erfcfjien nur ocrfleibet als „ffKagcdone" Bor
ben Rampen; bie pathologifche Begrünbung ber jbataftrophe ber „3ulia" fchlofc bie*
felbe auch beim beften SBillen unerbittlich Bon ber ©eene auS. ©eilte baS foeiale
Problem als folcheS, aber ohne eigenen ©(haben auf biefet auftreten, fo muffte bie
SOIotioirung beSfelben in einer ber fRaturfeite femftehenben, aber bo<h nicht minber
tragifch witffamen Sßeije gesehen, unb baS ©djicffal ÜftariamnenS, ber ©eraah«
lin beS £etobe8, war bagit wie gefdfaffen.
Barbarifdje Bölfer gaben unb geben noch heutzutage bem lobten feine Sieb*
lingSbefi^thümer, feine ÜBaffen, fein fPfcrb, feine ©attin inS ©rab mit. Serpon*
tif^c ÜRithribateS im SUtertfmm ließ feine SieblingSgemahlin, bie fdjöne ©riechin
SOtonime, erwürgen, bamit fie nad> feinem Jobe feinen ©rbfeinben, ben [Römern,
nidht in bie tpänbe falle. Ser „©atlier* in ber Billa Subooifi ermorbet fein SBeib
unb flöht hierauf fich felbft baS ©cbwert in bie Bruft. ©8 giebt feinen Siet beS
SRanneS, ber geeigneter wäre an ben Jag gu legen, bah auch bie geliebtefte grau
Bon ihm als blohe ©ad>e angefeheit werbe, beren ©enuh er feinem Slnbcrn gönnt.
^erobeS, an ben £>of beS JriumBirS berufen, um fich Bor biefem gu Berant*
Worten, ahmt baS Beifpiel be§ 5Jiithribate§ nach- 3US feine hodhhergige ©emahlin
ÜRariamne wähtenb feiner ?lbwefeuheit oon ungefähr in Äenntnih fommt, bet gürft
habe Befehl ertheilt, fie fnngurichteH, wenn et nicht mehr Bon SlntoniuS gurücf*
fehren foHte, erftarrt ihr ,$erg. ©ie wäre freiwillig ihm naebgeftorben; ge*
gwungen ihm in ben Job folgen gu müffen, feßt in ihren 'äugen bie liebenbe
©attin gut getauften SBaare, gur ©claoiit herab. Surch baS ©ebot, baS übet fte
Wie über beS ÜRarateS bewegliches Gigenthum Beifügt, ift Beiber ©fie f“ r ÜRariamne
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innerlich bereits getrennt, auch wenn fie äufjerlich fortbeftftnbe. $erobe8 fefyrt gu*
rücf; ber SJtoment, ben Bietleicbt nicht einmal ernfigemeinten Auftrag inS SBerf gu
fe^en, ijt nic^t eingetreten; aber VlariamnenS Siebe gu i^m ift unheilbar Bemühtet.
©aS Seben, ba8 fie nur einem 3ufaCt Berbanft, bat für fie feinen SBertb mehr;
ba8 Slufgeben beSfelben ift ibt nur mehr ein SOiittet, ficb an bem felbjtffichtigen
©emabl gu rächen. ©er fallen Slnftage, welche fie mit bem ©obe bebrobt, unb
Bon ber fie burcb ein SBort ficb gu retten im ©tanbe wäre, fejjt fie beharrliches
©^weigen entgegen, ©ie will fiterben, bamit £erobe3, ber fie noch nach feinem
©obe befijjen gu wollen ficb Bermnfi, ben ©cbmevg empfinbe, fie gut geregten
©träfe bereits bei Sebgeiten gu Berlieren.
Subitb raubt bem SNanne, ber fie, obgleich ohne SBiberftanb, gemi|6rau^t
bat, ba8 £)aupt. ÜJiariamne bem, bet fie als blofjen Sefi£ gu bebanbeln gewagt
bat, fein BermeintlicheS (äigentt)um. Sene erfdjlägt ben Verführer, wäbrenb er nodh
im füfjen 9ta<btraum beS ©enuffeS befangen ift; biefe fügt bem ©iferfüdjtigen ba=
burcb, bafj fie ibn nötigt, fie enthaupten gu laffen, bie quälenbfte £ergcnSwunbe
gu. ©aS in feinem Jpeiligftflt, in bem ©efübl feiner $Perf önlicbf eit beleibigte
SBeib übt Vergeltung an bem Veleibiger, bie (Sine auf Äoften ihrer 8icbe ; bie
Slnbere ibreS SebenS. ©er 9tubm ihrer ©bat bat für Sene, baS ©afein für ©iefe
feinen 9>rei8 mehr; 3ubitb b fl t ben SRann ihrer SBabl burcb % en Väcberact
äufjerlicb, SJiariamne bat ihn burcb bie erfahrene ©nttäufebung längft innerlich für
immer eingeb üjjt.
©0 ift bie gürftin SubäaS, ber Verfcbiebenbeit ber äußeren Umgebung un=
geartet, in 2lHem baS ©piegelbilb ber jübifeben Heroine, nur, wie ber grenel felbft,
ben fie fübnt, in minber grobfinnlicber ©eftalt. ©ie ©teile ber pbhfif<b«n ©ntebrung
nimmt bi« eine blofj moralifebe ©ntwürbigung ein; nicht wie bei Subitb bie leib*
liebe, fonbern bie geiftige Feinheit beS ©attenbanbeS ift bei bet lebten SSJtaffa*
bäerin unroibcrruflicb entweiht. ©aS feciale Problem ift nach bem SBenbepunfte
beS ©idbterS fein SieblingStbema wie Borber; aber baS etliche SJiotio, weites ber
^anblung gu ©runbe liegt, ift ein unenblich BerfeinerteS geworben. Vielleicht
lag gerabe barin ber ©runb, wantm baSfelbe publicum, welkes bie Subitb gu
Berfteben glaubte, für ein 3« et ge fühl, wie SJtariamnenS feinen ©inn gu be*
fifcen febien.
©ie in bjr angetrauten ©attin Berichte SO?enf cbenwürbe ergeugt auch bie
tragifdbe Äataftropbe in ber „SlgneS Vemauerin" (1855), nur bafj eS nicht ber
©emabl, fonbern ber Vater beSfelben ift, welcher bie erftere angreift. ^erobeS Ber*
fügt mit feinem SSeibe, ber Jpergog Bon Vaiern mit jenem feines ©obneS, als
wäre bie grau eine ©acbe, bie ficb fl^n unb nehmen läfjt. Sener erjtrecft ben
etngebilbeten Vefi&wiHen noch über bie ©renge hinaus, jenfeitS welcher bie Sföög*
liebfeit beS VefifceS mit bem Seben felbft auf gehört bat; biefer fiebt in - bet ©tan«
beSunglei<bb«t ben ©runb, welcher baS niebrig geborne SBetb bem b°tbgebornen
ÜJtanne gegenüber ber gäbigfeit beraubt, als Perlon feinen SßiHen geltenb gu
machen, ©en richtigen ©ab, bah bie ©b e nur gwifd^en ©leiden möglich H
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oerfebrt ber beutle £>ergog baf)in, baß in »erfcbiebenen Stänben ©eborne Un»
g l e i dj i feien, ©er Slbelige, ber nur fid; als $)erfon anfiefd feßt eben barum ben
Sürgerlicben gut bloßen Sache herab. ©iefe ecf>tbeutfd^e ©rbfranfbeit giebt bem
©rama bie gärbuttg, ben Äern beleihen aber bilbet baS focialc Problem. Äetn
SJiann, fei er gürft ober Sauer, !ann mehr ober weniger tbuit, als feine gange
moralifd)e, nidjt ©tanbeSperfönlic^feit in ber (5[je gu ©unften beS anberen SL^eileS
aufgeben, um fie im SBeibe, baS feinerfeitS, fei eS ^riitjeffin ober Sürgermäb<ben (
baSfelbe tbut, wiebergugewinnen. ©ie Diiebriggcberne io gut wie bie .Königstochter
bat bie gleidje Werfen gu oeticbeufen, unb bie Eingabe berfetben an ben geliebten
DJtann läßt fid) nur wieber mit beffen |>erfon, nicht als Sad;e burd) eine Sache,
einen Gcrfaß an ©olb, Sefiß, jRang unb äußere (5f;re wett machen, ©ie SBeige»
rung ber Semauerin, bie freiwillige ©abe ihrer ©unft fid) begabten gu taffen, ift
ibr berechtigtes ^atßoS; ber geiftige ('l)ebru<b, beffen fie fid; idjulbig gu machen
fürchtet, wenn fie ben mit bem liebenben ©emal;l ober $)erfon mit Werfen ge»
febtoffenen ©hebunb habend; entwert,. baß fie bem Sater beSfelben fie atS ÄebS»
Weib beS SoßneS gu bebanbeln gefiatte, täfjt fie ben ©ob in ben SBellen bet Stuf»
töfung ibreS ©l;ebanbeS oorgiet;en.
Sn „£>erobeS unb DJiariamne" »erwunbet ber ©atte, in ber „SlgneS Ser»
nauerin" ber Sater beS ©emabtS baS SBeib atS fPerfon, beibcntale nicht bureb
einen wirfli^en dbhf*f$ en Slct, wie in ber „Subitb", fonbem bureb eine geiftige
©eringaebtung. Swifcßen bem förderlichen DJiißbraucb unb ber moraliföben eperab»
fejjung aber ift noch eine Bwifchenftufe möglich, auf welcher eS nid?t bei ber leßte«
ren bleibt, aber bo<h nicht bis gu jenem Tommt, bie niebrige Scßäßung beS SBeibeS
atS Verton gwar gu einem p^fifdjen ©ewattact führt, ber aber nicht in dbbftßhe
Seflecfung auSartet.
SBenn bie reale Serleßung beS SBeibeS, wie in ,,©i;ge§ unb fein 3iing"
(1856) in nichts mehr beftebt, als in bem Slicf, welchen bet ©atte im 3taufd;
einen Sin bem auf bie enthüllte nadte Schönheit ber ©attin tbun läßt, fo febeint
fie alletbingS einen febr ocrgeiblid;en, wenn fie, wie in ben „Dübelungen" (1861)
bis gut gewaltfamen Srecßung beS jungfräulichen SBiberftanbeS fortfehreitet, einen
febon emfteren @barafter an fich gu tragen; bie tragifebe Äataftropl;« ift in jenem
galle fernerer, in biefem leichter begreiflich gu finben.
SBie DJtariamne bureb ben Sefebl, ber fie bem $erm naeßfenbet, fo fühlt fieß
Stbobope, bie ©emablin beS ÄönigS ÄanbauleS oon Stjbien, als SBeib bureb ben
Slicf entweiht, welchen ihr ©atte einem fremben DJtanne auf ihren entblößten .Kör*
per oerftattet, ober beffer gefagt, gu welchem er biefen genötbigt bat. Stur bem »er»
mahlten ©emabl gebührt biefer Slnblicf; wer fein genoffen, wie @i;geS, muß ihr
feine §anb reifen, benn burch feinen ©ob würbe bie Schmach ber Seflecfung
bureb baS Sluge eines SDtanneS, ber nicht ihr ©atte ift, boeß nicht non ihr genem«
men. Um bieS gu erreichen, muß aber erft ÄanbauleS auS bem SBege geräumt wer»
ben; bie in ben ftrengen JparemSbegriffen beS Orients Slufgewachfene ift barübet
außer 3»e*fel- 28er ben Schleier, welken gn beben nnt bem ©emaßle oerftattet
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ift, freolerifch gerretfif, hat baS 3te<ht beS ©atten oerwirft, bie ©fie gebroden.
©eS äufjerften ©dhritteS, beS f)>reiSgeben8 ihres SeibeS gunt gefcfjtcc^tlicben ©enuffe
bebarf eS nicht; bie ©h re bev ©attin unb be8 SeibeS ift fcboit burch bie prall*
lerifche SluSftellung ifjrer oerborgenen Steige unwibetbriitglicb gefchänbet. ©er SSItcf
beS fremben SlugeS ift ein Sieden auf ihrem Seibe, ber nicht einmal mit bem
©lute bc8 SteolerS, nur mit bem ©rau! ber 3Sermäf>(ung abgetragen werben famt.
©ic Äönigiit erreicht if)ren Bwecf. ÄanbauleS wirb ermovbet, ©iigeS iljr ©atte.
©er ihres SlnblideS unerlaubt genoffen fiat, barf e3 nun erlaubter Seife tfjun;
er ift % fein grember mehr. Slber nun fühlt fie, ba§ er e8 ifr auch längft früher
nidht mehr gewefen fei. Sfnen ©emafil hat burch fie bie geregte ©träfe ereilt;
gegen fidf> felbft mag fie nidht minber ftreng erfunben werben. 3h r heimliches
Sohlgefallen an ©pgeS, als fie noch bie ©attin eines tänbern war, ift für iljr
feinfühliges ©ewiffen ein SOtafel an ihrer ©eele unb biefcit ’füjjnt nur ber felbft*
gewählte ©ob. 9lm /pod^geitSattare, als oermählte ©attin beS ©\igeS erftid;t fie fidf).
©er ©idhter hat recht gethan, biefe faft überempftnblidie Äeufchheit burcf) bie
Verlegung in morgenlänbifdhe (Bitte unb ©trenge pfndiolegtfch oerftänblidh gu machen,
©ie hanbgreiflidfie ©efcfitntpfung ber weiblidhen Statur, bie bei ber Subith, ber
SKagbalena, ber einem unoermögettben ÜJtanne angetrauten Sulin in »oller finn*
lieber ©erbheit oorlag, ift hier beinahe gu einem 5Ricf)tS, einem oorüberfltegenben
©dhatten, gum bloßen ©efehenwerben oerflüchtigt. Selcher Slbftanb oon ber
SOtagbatena, bie ben ©inen liebt unb bem tSfnbem fich ngiebt, oon ber Sulia,
bie beS ©inen ^tau heijjt unb bie eines iJlnbem ift, bis gu ber ©attin beS Äan*
bauleS, bie burdh bie äufjete Sefledtheit, fei eS au<h nur burdh ben ©lief eines
ISnbem, ihre eheliche Feinheit auf folche Seife befubelt glaubt, um gut erhabenften
©ntrüjtung, gut uitbeugfamfien ©ergeltung, gur gewiffenhafteften ©elbftfühne getrie*
ben gu werben!
©in ©idhter, weither in ber ©ef<bi<bte nadh ©toffen herumfpürte, bie feinem
focialen SieblingSproblem eine neue ©eite barboten, mufite, auch wenn er nidht in
feinet Sugenb baS ©olfSbudh oon ©iegfrieb gelefen, auch wenn er nicht in ber
Stolle bet ©hriemhilb baS erfte SOtat feine fünftige ©attin gefehen hätte, gulefct
bei ben „Stibclungen" anlangen, ©en Äempunft ber ©age madht bie Städte beS
SeibcS auS, beffen ©ürtel burch einen Qlnbern für ben ©atten gelöst worben
ift. ©em ©tarfeu beugt fiel) baS wiberftrebenbe Seib; nidht aber bem ©<hwä<h*
ling, für welchen ein Anbeter an feiner ©tatt fiegt. ©em ÜRanne ©iegfrieb würbe
baS Seib ©runhilbe, wie Subith bem $oloferne8 fich unterwerfen, benn beibe
©efchledhter ftnb oon Statur gut ©rgängung burch unb für einanber bejtimmt. ©a|
aber ©iegfrieb ©runhilben wie eine ©a<he behanbelt, beren ©efifc et ©unthern
oerfdhafft, um bafür beffen ©dhwefter gu erhalten, bafj er fie oerhanbelt ohne,
ja gegen ihren Sillen, baS ift bie ©dhmadh, bie er in ihr bem Seibe anthut. unb
für bie fie an ihm, wie Subith an bem Stf^rer, ihr ©efdhlecht rädht.
©on biefem ©efidhtSpunfte auS angefehen, rnufjte auS ben „Stibelungen“ ein
iJrauerfpiel heroorgehen, beffen $elbin ©runhilb eine oeränberte Auflage ber Subith,
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bet ÜRotiamne, bet [Rhobope barfteHte Subito tobtet ben ÜRaitn, bet unb wett et
fie unterjocht, Srunhilb ben, weichet unb weit er fie für einen ‘Jnbern itberwun»
ben hat. üRariamne rächt fid) an bent ©emahl, ben fie uneingeftanben lieht, weit
er mit % ju feinen, ©runhilb an bem SRanne, ben ihr bäS Sd)idfal Beftimmt
hat, weit er ju ©unftcn eines Slnbern mit i^r atS Sache »erfügt hat. Sie Äeni»
gin »on Schien tä§t ben ©atten erm erben, burch beffen S d) u t b ein profaner
ihre »etborgeitfien Sieije, bie »on ©urgunb ben 9Rann, ber, ohne ihr ©bemann ju
fein, ihre Schwäche gefchen hat. Jubith unb ©runhilb fchlagett burd; bie Sätti*
gmtg ihrer 9iad>fucf>t fid> felhft bie tiefften SBunben. Sie fdjöne Sittwe »oit ©e=
thutien fijjt hei ben 8 oh= unb Srium^hgefängcn ihres SBolfeS Sage unb [Rächte
3 errauften tpaareS auf bem gufjhobcn unb hejtreut ihr §aupt mit Slfcfe; baSSBeih
Äonig ©untherS fchlieft fid) in SiegfriebS ©rahmal ein unb trauert ben SHeft feines
SafeinS über, wie ein Steingehilb beS SammerS. 9(uf heiben taftet baS gleiche
tragifche ©ethängnifc (in £ebbel 8 Stuffaffung), gerabe benjenigen am grimmigften
»erfolgen ju muffen, ber unter bem ganzen männlichen ©efchtechte ber aBein ihrer
SBnrbige, ber fSRaim ihrer ©eftimmung unb ihres SobfaffeS jugteich ift.
@8 ift mehr als wahtf<heinticb, bah biefe wahtoerwanbtc Seite baß Sntereffe
beS SichterS für bie Sage, wenn nicht gewecft, bod) heftärft hat. 6 r hätte wohl
fonfi faum im 53iberfpru<h mit bem beutfehen £elbengebi<ht bie norbifche Raffung
wieber hcroorgejogen, in welcher ber [Reefe Siegfrieb unb bie Salfyre ©runhilb
»om ©efchid für einanber »orherheftimmt ftnb. 3m beutfehen ©poS ift SiegfriebS
Bug mit ©uuther nach 3fenlanb nichts atS ein ritterliches Slbenteuer; in ber nor=
bilden Sage ift eS fein büftereS ©erhängnifi, baS ihn ncchmalö in bie fRähe ber
jenigen treibt, in Welcher er feine »om Sdjidfal ihm »erlohte ©raut bereits 311
ahnen begonnen hat. 3nbem er, bem Buge feines ^erjenS fotgenb, (fhriemhilbeu
wählt, bricht er 3 ugleid) baS gcheimnifcoofle ©aitb, baS ihn »on Anbeginn tyt an
©runf)ilben feffett. SRidjt blofj teidjtfinnig, wie im beutfehen ©poS, ift et mit [Rath
unb Sh«t bereit, ©unthern ju einer ©raut wiber beren Siflcn 31 t »erhelfen, mit
Sewufjtfein »erf^enft er ©runhilben, fein ihm »on Scfe 3 ugewiefeneS Seih, weit
er fein ^>erj 3 U ihr faffen famt, als wäre fie fein »erfügbareS ©igenttjum, an
©unther unb fchafft ihm gugleieh, bet fie nicht felhft 3 U erobern »ermag, beren
wirtlichen ©eftfc.
SiegfriebS Unrecht gegen ©runhilb in ber norbifchen liegt tiefer als in ber
beutfehen ©erfion ber SRibelungenfage. Seiner SehidfalSehe mit ©runfnlb fc^iebt
er anS männlicher SRacbtooHfomme nheit bie Sah (ehe mit ©hriemhilb unter, 3 U
welcher er nur mittelft beS ©rucheS ber erfteren 3 U gelangen im Stanbe ijl.
SIBetbingS macht biefeS Unrecht 3 uglei<h wieber fein [Recht auS. @r ift nicht
wie ©runhilbe, bie ^eflatodjter, ein ©eifter», fonbetn ein wirflicheS, obgleich riefigeS
9Renf<henfinb, baS auch wie anbere feineSgteichen frei wählen unb lieben wiB. Sieg»
friebS ©erlßbnifj mit ©runhilb fiammt auS bet Sunfelheit beS ftatumS; in feiner
Siebe 3 U ©hriemhilb leuchtet bet Sic^tpunft ber ei^eit auf, bie jener blinben
9Rad)t $ohn fpric^t. SBahlehe bricht 3 war bie S<hidfalSehe, aber fie barf fie
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Bremen, Siegfrieb, in ©runbilbenS, bet 23erfcfymäf)ten Slugen fcbulbig, ifi in
dbriembilbenS, ber ©ewählten, eben babutd) freigetyrod)en. Sem Bwang ber 35ot*
her« fejjt er ben Srang bet ©elbftb e [tim muttg, ber eiftgett Saune beS ©er»
bängniffeS bie warme dmpörung beö £>ergen 8 entgegen. Sie ©ötter haben ihn,
c^ne ju fragen, an ©runbilb »ergabt; burch feine greiwabl <$f>riembitbettö bewert
et ihnen, bafj fiep baS $erg nicht wie eine Sache »ergeben taffe.
SBenn et nur ni<bt auch feinerfettS wiebet ©runbilben, gleich oö Ware fie fein
digen, einem Slnbent »erliebe! SßaS er »om <Sd>icffat nicht bulbet, foU ©tun«
bilbe »on ihm, bem 30ienfcf>cnfinbe f erbutben; bie 3wang8ebe, welcher er ficb für
feine $)etfon gu entstehen fein ©ebenfen trägt, mutbet er eben fo unbebenfticb ©run»
bilben 3 U. Sein erfte 8 Unrecht an ©runbilben, ber ©rueb bet <Sc^itffalßebe, ift
burch ba 8 Siecht, welches bie 3Ba^let>e ihm gewährt, !aum 3 U nichte gemacht, fo
begebt er febon ein neues, nur bureb feinen Job 3 U fübnenbeS, gegen fie, inbem
er fie liftig unb gewaltfam an ©untber iibertiefert. ©egen ba 8 Saturn lehnt er,
ber dingeine, ficb auf; fie fotl fi<b feine, be 8 dingeinen, Sßillfür gefallen laffen.
Ser SJtamt, ber fi<b felbft nicht »om Scfjicffat unterbrüefen läfjt, bietet gut Unter»
brüefung beß SBeibeS feinerfeitS willig bie $anb!
3n ber 3ubitb hatte ber Sinter ben ©egenfajj beiber ©efchle^ter im Sinne
ber $egePfcbcn Staturpbilofopbie als bie ©ebingung bargeftellt, unter welcher allein
ber an fi<h freie unb gef^Ie^ttiche ©eift äußerlich in ber Statur ficb gn »erleib»
lieben »etmoge. 3 n ber norbifchen Raffung bet Stibclungcnfage bot bet ©egenfa^
gwifdben SebidfalS« unb Sßablebe ihm ben Slnlafj bar, im Sinne ber ^egel’f^en
@eiffe 8 pbi^°f 0 Vb* c ben Snbalt ber 3Seltgef<bi$te, bie au 8 ber ^>üUe eineß he»
wufjtlofen ©erbängniffeS burch ba 8 Urredjt unb Unrecht ber Sillfür bin*
burd), als erleuchtete ©orfebung ficb offenbarenbe SBelteernunft in einem ben
brei Momenten biefeS gortfcbritteS gemäfj in brei $b e 'fc gegliebcrten tppifeben ©e»
fammthilbe »orgufübren >.
Sa 8 fejcuale Problem gewährt nur mehr ben SlnfnüpfungSpunft für baß
„beutf^e" Srauerfpiel. in bem ficb ber geiftige ©ebalt ber SBeltgefchichte fpiegeln
feilte. Sie gorm bet bramatiiehen Srilogie pafite ft<b ber logifchen SJricboto»
mie ber ^jegel’fdben Sialefti! an, für bie umfaffenbe Aufgabe, welche ba 8 SBort
be 8 SlriftoteleS, bafj bie $>oefie pbilofopb'fcher fl i 8 bie ©ef^ichte fei, wahr machen
gu foUen f^ien, reichten bie enggegogenen Scfjranlen eines SLbonterabettbS nicht auS.
dinmal inS Stollen geratben burch ben ©tu<b beS gatumS, foUte baS Stab ber
£anblung nicht eher jtifljteben, bis ber bialeftifche 5tbfchlu§, bie dinbeit ber ©egenfäfce
* ©iefe 3 eifen waren läng ft getrieben, al$ in einem l'iogrnpljifcf) fefer interejfanten S er¬
trage beS £>eraiiegeberö beö ^ebbel'fd'cn biacf'laifeö, £crm © Äith, mitget^eilt mürbe, Hebbel fej
nie in ber Secture ber ^egel'ftben Cogit «ber bie erften ©eiten hinauägetommen. 23er in ber
3eit ber »ietjiger Sa^re aufgewachfen, »eit;, baf; man bamalb nicht gerabe £egetö eigeue Schrif¬
ten ju lefen brauchte, um »on alten ©eiten h et »«> ■Pegerfcbem ©elfte angemeht unb bamit
gteichfam unwiflfiirlich getränft 3 U werben. 3um Ueberflufj ftanb SH c t f 4 e t, auf welchen $ebbel
in bramaturgifchen ©Ingen »lei gab, ganjli<h nnter ^egel’fchem ©inftuf).
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etretest, ©cbidfalßbeftimmung unb SBablfr eibeit in bet {ßotfehung, baß büftere
©öfter» unb ^etbnif^e Sfecfent^um tut djriftfidjen gelben, S^cobori(f> f »er*
föhnt Wäre.
©et Slblauf bet ©ichtung War babureb corgejeichnet. ©er erfte ©^ei(, baß
{ßorfpiel, com ©chatten beö blinben SSerbängniffeß burd;webt, baß fi<b in ber 33or*
^erbeftimmttjeit ©iegfriebß unb SBrun^tlbö für einanber außfpricht, liefert baß ^un»
bament be8 @an$en. ©ramatifcf) alß £anblung war bacon nur ber wirtliche 33nu^>
beö (Einzelnen mit feinet 23eftitnmung ju cerwenben; biefer tritt baßer et ft alß Grgäh»
lung ©iegfriebß auf, wie et SSrunbilben cerfcbmäbt habe, bann im coflenbeten ©egenfaß
baju alß p(ö(}[tcb aufflammenbe freie SBatjKiebe ju (5l)riemt)i(b. ©a8 germauifdjc
Gingelberoußtfein, ber ritterliche {Rede macht feine 3Baf>tfrei£>cit geltenb; baß ift fein
{Recht; aber oßne bie ber Slnbern, beö Söeibeß Sörun^itb, gelten ju taffen, ba8 ift
fein Unrecht. ©arauß entftefjt eine £>errfcbaft bet Sßülfüt, ber tobenben £eiben*
fdjaften, bei weld;eit bie bloße pbhfifd;e SRacßt bie ©teile beö SRecf)tcö certritt, ab»
wecßfelnb ©untrer mit ©iegfriebß 33eiftanb Srunßilben, biefe mit Jpagenß £mlfe
©iegfrieben, Gbriembilbe mit bet Hunnen unb ©otficn ©^wertem ben SRirgunbern •
obfiegt. ©aß SSerbältniß ift hier, bet gweiten ^eriobe ber .^egel’fdjen ^ilofofjfyie
ber SSeltgefcfiic^te entfpredEjenb, biefeß, baf> jeber S^eil gegen ben anbern in ge»
wiffem ©inne {Red;t, in einem anberen Unrecht fyat, burcf) jeiteß jurn augenblicf»
liefen ©iege, burcf) biefeß junt fofort erfolgeitben Untergange bureb baß $Räd;ftfol*
genbe reif ift, unb biefe ihnen immanente ©ialettit fie wie bie aufeinanber folgen*
ben ^>h a f en ber wirtlichen ©efd;i^te nach einanber cernidjtet ©o bat ©iegfrieb
{Recht, wenn er bie ibm aufgenötbigte SBraut fahren läßt, unb fi<b bie feine frei
fürt; SSrunbilb hat {Recht, wenn fie fich nicht wie eine ©adje con ©iegfrieb an
einen Ungeliebten unb ihrer Unwerten cergeben labt; Gbriembilbe hat {Red;t, wenn
fie £agenß unb ihrer SBrüber Üreulofigfeit gegen ©iegfrieb nicht ftrafleß läßt,
©o bewegt fi<h ber 2ßetlenfd)[ag bet Greigniffe, wie ber biateftifdje ^)ulß bet
£>egel’fcb«R 3öe(tgefd;id;te im fortwäßrenben 3luftaudjen unb SJerfdjfungenwerben
tactmäßig bittcb bie beiben lebten Sßeile ber Srilogie fort unb erreicht bort fein
Gnbe, wo in einem {Berßängniß, baß guglcicb ©aßt, in einet Söiflfür, bie jugleicß
©cßidfal ift, in einem bewußten freiwilligen ©efäß ber ©ottheit, einem wahren
„{Ritter com ©eift", 33orher* unb ©elbftbeftimmung gufammenf allen. 3it bem
chtiftlicb=germanifchen gelben S-beoboricß ccrehtbart fidf ber GingeRte wieber mit
bem Sillgemeinen, wie er im h e ibnifd;»germanifcben {Reden ©iegfrieb fich gegen
baßfelbe empört, giebt feine eigenwillige ©onbcractioit wieber in jenem auf, wie et
fie in biefem begonnen hat. Sugfeicß aber wirb ber d;riftlicbe .jpelb bnr<b fein er*
fldrteß £anbeht im {Rainen eineß Slnbern („bei?, ber am Äreuje ftarb") con
biefem SRoment an eben fo unbramafifcb, alß ber h f ibnifd;e {Rede burch feinen
SBrucß mit bem ©chidfal bramatifch würbe, ©ie bramatifche ©idjtung nimmt mit
©h^obpricbß SRefignation eben fo naturgemäß ein Gnbe, alß fie mit ©iegfriebß
JDppofition ihren Anfang nahm.
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©et Äreiölauf bet ^egel’fßen @efd)idjt§pf)ilofDpi)ie ifl gefäloffen. 3« bem
Nannten bet ©rilogie brängt fic^ baä ©rarna beä SBeltgeifleä gufammen, baä mit
bet einfettigen 9luflef>nung beä Gingelnen (bes |eieif^ett ©ubjectä) gegen baä 9tH«
gemeine (baä ©djidffal) beginnt unb mit bem 23ewufjtfein beä Gingelnen, gotter*
fütiteä irbifdjcä ©efäfj gu fein, fcfyliefjt. SfKoborid? ift bet von ben ©c^lacTen beä
vecfenf)nften Gigenfintiä gereinigte, in bet ©emutf) beä ©Triften Wiebcrgeborne
©iegfrieb.
©aä „Goangelium" feiner Sugenbgeit, bie .^eget’f^e ^üofo^^ie, ift eä, waä
miä auä ben ©id;tungen ^jebbetä entgegenflingt. Gä »erbient Sewunberung, wie
er baä ttadfte Änotfyengerüft bidjterifdj gu befeelen unb mit fo teilen ©ewanbfalten
gn befleibcn gewußt §at, baff bet verborgene Äetn bem 8luge mantfyeä S3eref»tetä
unb vielleicht feineu eigenen unfenntlid) blieb. 23ieKci^t wäre fie aud) bei it)m, wie
bie Äant’fdje bei ©dritter, bei längerem geben gum bloßen fünftlerif^en germent
bernbgefunfen, wie fie in ben „Nibelungen" nod) bet ©cfialt feiner gorm war.
Gin Äinb feinet Seit, rcidjte bet ©id)tcr in feinem umfaffenbften SBetfe feine £anb
auef) bet $H;ilofopl)ie feinet 3eit, beren wiffenftbaftlicbe Niängel ilm, ben Poeten,
nid>tä angingen, beren angebliche Totalität unb wenigftenä fdjeinbar tyftematif($e
»ilbrunbung ben Äünftler, bet vor 91 Ilern baä in fidh gesoffene @ange fuc^t, dfttye«
tifd) beftechenb an fid) gog.
5£)eutf<^c s J?fd)t$fprüd)ti)ijrter.
Unter NtitwirTung ber ^rofefforen 3. €. tBlnntfdjU unb Q. tWaurer gefammelt
ttnb crflart von ®bnarb ©ruf unb ^Ratfjtns JHetfjerr.
—1— Gä bürfte faum ein anbereä 33clf geben, baä fid; mit ben ©eutf^en
an 3ieid>tf)um in ©prüdjen meffen Tonnte; bilbet hoch bie @prud)btd)tung
einen eigenen unb nid)t eben armeu 3weig unfeter älteren gitteratur. 33ei ber be*
fd)aulid)en, reftectirenben Natur biefeä „93olfeä von ©enlem" ift baä nid)t gu
wunbertt. 3« Turgen, inf)altreid)en ©ä£en fafjte eä feine Grfafintngen unb 3ln»
ft^auungen gufammen, unb alä ein foftbareä SBermädjtnijj übertrug fie ber S3ater
auf ben ©ol;n unb biefet wieber auf ben Gnfel biä in bie fpätefien Sage ©er
reiche ©$aj?, ben fid) baä 33olT in biefeit ©prüfen gefammelt, blieb aud) nicht
unerTannt. ©eit 3o|anncä Slgricola (1529) bat man fid) immer wieber benutzt, fie
gu fammeln, unb namentlich feit bie beutfebe 9lltertf)uniämiffenfd;aft ihre jungen
glügel gu regen begann unb mit iljr ein tiefereä Sntereffe für aUeä, waä im oolfä*
tl)ümlid)en 33oben wurgelt, haben »erbiente gorfdjer bem beutfdjen ©prü^wort ihre
Jlufmerffamfeit gugemenbet, ein SBattbet bat breiig 3afyre gefammelt, um bem Solfe
feinen Neid)tl;unt in mögtidjfter SBotlftänbigfeit gurüefgugeben.
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9lt<$t berfelben 9(ufmerffamfeit tote bab ©prfcbuwtt im 91 [(gemeinen Batte fid)
bibher bab SRedjtSfpfüdjioort ju erfreuen, unb boch burfte Bef bem tiofgebenben
Otechtbbewujjtfein beb beutf^en Bolfeb ein umftd)tiger ©arbenbinber and) auf biefem
Selbe reiche Sefe Reffen; freilich war bie Arbeit ^ter aud) fchwieriger, wenn man
edjte fRechtbfprüchwßrter, b. im SJtunbe beb Bolfeb lebeitbige 9techt8regeln brin*
gen unb nidbt mit blofj »cn bett 3uriften ju ihrer Bequcmlichfcit jureebtgemaebtett
fprücbwßrteräf)nlid'en tRedjtbfäfccn »ermengen wellte; auch brängte fid) nirgenbb
»ietlei^t fo wie hi« bie SRot^wenbigfcit einer grünblichen Gttflärung auf, benn
wenn aud), wie bab ©prüebwört felbft fagt: „bab 9ted)t alt ift unb l)ergefemmen
mannen lag", fo macht bod) auch „anb’re 3 eit anb’reb ©efebmeib" unb „wab in
ltngewoBnBeit ift, fömmt ju ©d)uf)en" unb »ieleS im SJtechtbleben, waS uttferen
^nen ganj geläufig war, ift unb wwerftänblid) geworben, ©eitbem (Sifen^art
(1792) juerfi in beutfdjer Spraye beutfefje JRed^tSfprüc^wörtcr B erau ^ 3 c 3 e Ben, ift
bieb Bud) wobt »iel benüjjt unb wieber abgebrudt worben, aber einen bebeutenben
Schritt oorwärtb batte man nidjt getbait, aud) fehlte biefem SBerte felbft ber edjt
bcutf<be ©eift. Sluch b*«> wie in fo oielem anberen, gebührt 3 afob ©rirnrn bab
Berbienft ber Anregung, beb erflen SSurfeb. (Sr hat feinem Olufiaj) „über ^oefie im
fRed^t" eine gute 3 ahl echter ©prüd)wßrter eingekochten unb hier, wie namentli<b
in feinen beutfd^en 9iecht8attertl>ümern, burd) bie praftifche Sentt^ung berfelben auf
ben h ü V n Sßerth ber beulten Dte^tbfprüchwßrter bingewiefen. 5Die erfte, wifjen*
fchaftlid>en Slnforbcrungen genügenbe ©ammlung gab unb JpiUebranb, ber jebem ber
373 ©prüchwürter feineb 23ud)e8 einzeln feine ©rfläruitg mit auf ben 2öeg gab.
9lbct bab waren bod) immer nur einzelne perlen aub bem großen ©d)uf)e, bie nur
nach umfangreicheren Sammlungen ©erlangen erregten. ®ie 3uriftenfacultät ber
£ubwig SJtajrimilianbsllnioerfität !am baher einem wiffenfchaftlichen Bebürfniffc ent»
gegen, inbem fie am 26. 3uni 1857 bie fPreibaufgabe ftellte, bie beutfrf)cn fRedjtb«
fprüchwßrtcr, bie fich in ben 9ted)tbquellen beb 13. unb 14. 3ahrl)unbertb finbeit,
ju fammeln, ju otbnen unb furj 311 erfläten. ©ie gab bie nächfte Beranlaffung 3 U
bet hier ju befpre^enben fd;ßnen Sammlung. (Sbuarb ©taf unb Sötathiab Siet=
herr lieferten jeber eine Bearbeitung ber $)reibfrage, bie beibe oon bet Saenltät
febr günftig beurtheilt würben, @b würbe hierauf bei ber allgemeinen ©ommiffion
für fßniglidje gßrberung bet 33 iffcnfd>aften ber s pian ju einer umfaffenben ©amm*
lung unb Bearbeitung ber beutfdjen Stechtbiprüchwßrter angeregt unb unter Seitung
ber ^rof. Bluntfdili unb Sföaurer aubgeführt.
38ir begrüben bie f ebene, oon ed)t beutfd)em glei§ unb ©rünblichfeit jeugenbe
Arbeit mit fteubigem S)anfe. Sic fDtühe bet fed)8 3ahte, bie bie Berfaffer barauf
oerwenbet, ift burd) bie rcid)ftc ©mte belohnt. 3698 ©prü^wßrter finb in bem
Buche jufammengetragen, eine 3a()l, bie bie ©ammlung unftreitig jur ocllftänbigften
macht unb einen fchßnen Beweib liefert, wie tief bab Stechtbbewuftiein in ber Seele beb
beutfehen Bolfeb SSurjel gefdjlagen. Slllerbingb finb manche oon ben aufgenomnte»
nen ©prüchWörtern feine -fJtechtbfprücbwßrter in engftcr Bebeutung, fonbern atlge=
meine Sebenbregeln, bie aud) auf 9ted)tböerhältniffc Ütnwenbung finben, fo j. B.
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©prüfte wie: „©inen Äuf) in (J^ren famt nicmanb Wehren“ ober „©eben tft feit*
ger als SRe^men“ u. a. Sagegen fjättc manches, »a8 nur in* beit ©rläuterungen
feine ©teile gefunben, uttbebenf(id) in bie Steife bet ©prücbwörter aufgenommen
»erben bürfen. Aber bei folgen Arbeiten fann e8 nie fehlen, ba§ nidjt über bie
©rengen, bie man fid) gu ftedfen habe, Sweifel entftünben, unb bie 33erfaffer traten
gang gut baran, liebet ©inigeS gu Die! gu geben, als etwa ©efafjr gu laufen, «£>ie=
ijergebörigeS au8 allgugrofjer Slengftlidjfeit Dermiffen gu taffen.
Sa bet Sntyalt be8 SudjeS ein gu reifet ift, um in biefet Beitfdjrift ftd) auf
©ingelnljeiten eittlaffen gu fönnen, fo muffen »it un8 betreiben, im Allgemeinen
über ba3 batin ©eleiftete gu berichten. Sie Anlage bet Arbeit ift eine fefir übet*
fid>tlict}e unb bequeme. @äramtlid>e ©prüdno Örter grappiren fid) in eilf ©apiteln,
jebeS berfelben mit mehreren Unterabteilungen. ©8 finb folgenbe: I. 9ied)t unb
©efe$. 1. 9te<bt3begriff. 2. ©ewo^ntycit. 3. ©efejj. 4. Ptannigfaltigfeit ber SRe^te.
5. SBiberftreit ber Diente. IL Sie ©tänbe. 1. Äaifer unb Äönig. 2. Abel.
3. Srei^eit unb Gigenfd)aft. 4. Sienfileute. 5. gortpflangitng. IIF. Sachenrecht.
1. Arten Don @ad;en. 2. Almenbe: SBalb unb SSeibc. 3. ©emeinbe. SBirttjfd^aft.
Seihe. 4. 9tact)barfd)aft: Baun, Uebcrl;ang, Ueberfall, 5. ©ewe^re*!Befi^ 6. Siegen»
be8 ©ut. 3Rä^cre«J;t. 7. gafjrbabe. 8. ^»fanbrec^t. 9. 9lcal(aften. 10. 9iegale.
IV. Samilicnted)t. 1. ©he. 2. ©I;eli($e3 ©üterrcd;t. 3. ©Item unb Äinber.
4. ÜKunbftaft. 5. ©efinbe. V. ©rbred)t. 1. ©rbe. 2. ©rbred)t ber gamilie.
3. ©vbgang. 4 ©rabcänä^e. 5. ©rbeinfe^uttg. 6. ©rbunfälnge. 7. ©rbetbeilung.
8. Haftung ber ©rbeit. VI. ©e bin ge. 1. ©ntftefmng. 2. Aufhebung. 3. ©eftdr*
fungSmittel. 4. 'Preis unb SÖaare. 5. Äauf. G. SienftDertrag. 7. Söeftaub unb
Seihe. 8. ©tabetterfa^. 9. Serbältnifj mehrerer ©ebingc. VII. Sa8 Ungeridjt.
1. 9techt unb Unrecht. 2. $B:lle unb Sl;at. 3. Petföitliche Haftung. 4. SE^eilna^me.
5. ©träfe im Allgemein.’» 6. Söttfjc, SBrttc, SSehrgelb. 7. Salia. 8. ©träfe an
Sehen, Seib unb ©l)re. 9. Ungetid)t an Sehen, Seib unb ©bre. 10. Ungericht am
©nt. 11. Untreue in SBort unb Ül)nt 12. ,$eimfuchung. 13 . SeibeSnotb unb
©innöetiDirrung. 14. 33.*gnabigung. VlJI. ©ericf) t. 1. ©inleitung. 2. @igenfd)af*
en be3 dt'tter-5. 3. Urteile:. 4. £ilf3petio:t en. 5. Sefaffung. 6. Parteirechte.
7. Buftänbigfeit. 8. Verfahren. 9. 33eroei8. 10. ©ib unb @otte8geriet. 11. Ur»
teil. IX. ©taatörecht. 1. 3tei<b unb Sdnbet. 2. Pflicht unb JRed^t ber Unter*
trauen. 3. ©e.nnnbe unb .panb»erf. 4 Deffentliihcr .pauSba It. 5. Amtleute. 6.0?e=
gierungSioeife. 7. ißölferrecbt X. Äirdjcurcdjt. 1. ©eiftliche SSürbe. 2. ©eiftlid)
©ut. 3. ©eiftlidje 3ud>t. XI. Scbenrecht. Samit man aber bei biefer Anorb»
ttung g(etd)nH'[)l im ©taube fei, jebe8 ©prüd;»ort fd;nell aufgufinben, ift am
©.bluffe be8 Su<he3 ein forgfältigeS 3tcgifter gegeben, in bem bie Parömien nach
breit ©ifilagtDörterit alpbabetifcb georbnet finb. Sie bei 9tecbt6fprü<h»örtern eben
fo notbwenbigeit als häufig fdjtoierigen ©tll drangen fhtb jebe8mal am ©djlufj einer
©rappe beigegeben, e3 finb Heine Abbanblungett, bie eine 9teibe gufammengeböriget
Parömien bebanbeln; e3 gcfcfjte^t baä bei aller ©elebrfnnifeit mit einer Anmuty
unb grifdje ber SarfteHmtg, baf} geroif) jeber ©ebilbete fie mit größtem Vergnügen
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49T
leien wirb. SJafj freilich bei bicfer Btetbobe SDtamheS noch bunfel bleiben muffte,
namentlich bie i»iftorifd)e ©rflärung eines ober beö anbern SprücbworteS tiid>t ein*
gebenb genug ift, baS werben fi tb bie Berfaffer felbft nicht »erbeten; baju wäre
eS notbwenbig gewefen, jjebe einjelne ^torömie für fitb gu bebanbeln, wie baS
tptUebranb wohl bei feinen 373 9tummem t^un fonnte, nimmermehr aber ein
SBerf, baf) über 3000 Sprühe ju etflären bat £ier war ber etngefchlagene Sßeg
bet eingig mögliche. Swi wefentlicben ift bc«b baS jum Berftänbnif) 3tötbige geboten
unb ©ingelnbeiten muffen befonberen eingebenben Slbbanblungen Vorbehalten bleiben.
Unter bem 2epte fowobl ber Sprücbw Örter als ber ©rflänmgen finb bie Bermei»
fangen auf bie Duellen unb $ülfsf<briften gegeben, unb gwar finb bie Sprücb*
Wörter. puS ben Quellen meift wörtlich aufgefübrt, unb fo g(ef<b ber Beleg für
ihre Raffung im Seid gegeben. S>ie Babi ber benügten $ülf$mittel ift, wie ba§
acht «Seiten in fleinftem 2)rurf umfaffenbt Bergeicbnifj nur ber Qlbfürgungen aus*
weist, eine erftaunlicbe unb flögt, wie bie gange Arbeit, Ächtung ein vor bem
feltenen Fleif} unb ber ©rünblidjfeit ber Berfaffer.
@b e wir von bem frönen Buche f^eiben, möchten wir bocb gern unferen
gefern einigen ©inblirf geben in feinen reifen intereffanten Snbalt; ba ber Um*
fang beS SBerfeS eine auf ©ingelneS eingebenbe Befptecbung t>ier ttie^t geftattet, be*
gnügen wir unS, ein .^auptftücf berauSgugreifen, baS wobt auf befonbereS Jntereffe
regnen barf, baS §amitienrecht. fDie fittlicbe ©runblage alles Familienlebens
bilbet bie ©be. ©S ift ein feit SacituS oft betvorgebobeneS 8ob ber S>eutf<ben,
bafj fie bie ©be ^eilig unb rein halten, wie fein anbeteS 93oIf; lag bicfer 3ug
f<bon in,ihrer Statur, fo war eS nicht anberS möglich, als baff bie ©inwirfung
beö ©btiflentbumS gerabe in biefem fünfte eine fe^r tiefgebenbe war. SDiefeS ichöne
Bewufftfein von ber ^jeiligfeit ber ©be finben wir in einer Steibe von Spruch=
Wörtern auSgefprochen, bie in ben beiben gipfeln: „Sie ©be ift ber Drben aller
Drben", unb „@be ift fei« Beiheft ber Smtgfrauf^aft". ?lu§ biefer bebe« Än*
fchauung gebt aud; ber aUbefannte Spruch bevvor „bie ©ben werben im Jpimmel
gefcbloffen", ber fie alfo gerabegu unter ben befonberen Schuf) ber Borfebung fteOt,
wogn aber ber gefunbe BollSbumor, ba gleichwohl viele ©ben trofc bem Fimmel
fchlecht nnSfallen, ben Stacbfafc fügte: „aber bie Sborbeite« werben auf ber ©rbe began*
gen*. ©ang entfprecbenb ber cbriftlidieit Änfdjauung fiebt baS beutfdje Sprüd)wert
bie ©be als bie innigfte Bereinigung ber beiben ©alten an, babov baS befannte
„ÜJtanu nnb SSeib 3ft ein fceib" auch io gefaxt „©in ÜDJann — ein SBeib, 3wei
Seelen unb ein Seih", aber baf* bod? nicht blo§ an ben 8eib, fonbern auch an
geiftige Bereinigung gebaut wirb, geigen Sprüche wie „B>a6 bie eine eoanö tbut,
baS bat bie anbere woblgetban" ober „SBaS bie rechte Jpanb tbut, weif; bie linfe".
SDie Folge biefer innigen Bereinigung ift unbegrenzte Sbeiluabnie beS SBeibeS an
ben Dienten unb ber StanbeSebre beS SDtanneS. Senn „3ft baS Bett befchritten,
3jt baS Stecht erftritten" unb „StitterS Söeib bat StitterS Stecht“ (nur bei - Fremb*
ling trat nach altbeutfcber StecbtSanfchauung in Stanb unb Stecht ber Frau ein),
1864. Sattb in. 32
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,,©e8 BlanneS ©hte ift ber graue« ©f)re" unb „©eS BlanneS ©hre fdhßnt ba§
Seib", bagegen ift aber ber „Seiber ©dhanbe auch bet Blanner ©chanbe* unb
„Sa8 ii) gegen ben Blaitn f^red)’, ba8 fpred)’ ich auch gegen bie grau“, nur
,,^>au8el)ve liegt am Seib unb nidjt am Btann*. ©ine weitere golge biefer inm’gen
Bereinigung, wonach „ber Blann ba8 .£>auyt iji unb bie grau fein Selb", ift aber
au cf) bie Beipflichtung bc8 BlanneS, für bie grau wie für fich felbft gu forgen,
wa8 ba8 Spruch wert in ben verriebenen gaffnngen anSbrücft, wie „©er SWami
ift rnlbig, fcfu Seih gn verbogen", „©er Blann muff feine grau faffeu'unb
führen", „55er Blauet muh feine grau thun (b. h eben für: fie forgen), bis auf
ben &itd;hof". ©ie grau foQ fich aber auch mit beS BlanneS ©ewäht- für ihr
Bennegen begnügen unb bie Bürgfdhaft eines ©ritten rechtlos fein, ©aber iji „für
einen Bräutigam -gut Bürge fein“, beun auB ber rechtlich uttguldffigen Bürgfcbaft
fauit bem Bürgen fein ©(haben erwachfen. ©a aber bie ©he nach biefer Qlnfchauung
eüt jo ^eitiflcß,, wichtiges Berhältnih ift, joll fie auch feinem Swang unterliegen,
foubern mit voller SillenSfreiljeit eingegangen werben: „©(je liegt i» jchli^ten
Sillen" unb „3ur Brautlieb fann matt niemanb gwittgen", jonbem „3ebe Stiftet
nehm’ ben Beamt nach ib rem S0iutf> (©efnUen)", benn „©egwwtgeue ©he Bringt
nur Sehe", Slnfchauwtgcn, bie freilich f<hon nicht mehr gang bem ältefien teutfehen
9led)t cntjpredjen, nad; bem bie ©h e ein Äauf war unb ber gteier oem Batet
ober Bormunb beS SWäb^enS, ber allein über biejeS bie Berfügung hatte, ben
jtaufjdhiüing erlegen muhte, wenn er fie haben wollte, ©ie von uns hiev ange*
führten ©prü<hc geigen fchon fpätetc Berquidfung beutfeher unb dhriftlicher Sin*
jehauung. ©a bie Sichligfeit beS ©dhritteS Borfid;t gebot, jo feilte audh „Ülnwer»
luiitg noch feine Berbinbung machen" unb ein Siücftritt immer noch mßglich fein,
aber boch nur bis gu einem gewiffen $>unft, benn „3ft ber ginger beringet, ©o ift
bie 3ungfrau bebinget" unb „SaS ber Blaitn gelobt, 3fi er fdjulbig mit IRc<ht".
Sir übergeben manche anbere Borfid;tSermahnuugtn, ba fie nicht alle auch 9techt8*
fp»rüd;n? örtcr finb, nnb gcl;en auf bie ©hehinbemiffe über, Bcrwanbtfchaft unb geift*
lid;c ©ipve unb ©elübbe. ©arüber fagen bie ©prüdhwörter: „Beirat inS Blnt,
j£l;ut feiten gut", „©er Saufftein fcheibet" unb „©evatterfd;aft hinbert gwar am
ehelichen Sehen, giebt aber feine ©vbfebaft" (bagegen heifd eS freilich auch „BleineS
©cvattcvS Äinb nehm’ ich ®vbf“)r »Sßenn bie grau tobt ift, h fl t bie ©chwäger*
fchaft ein ©nbe", „heimlich ©elübbe fcheibet feine ©he", „Offenbar ©elübbe
f^eibet alle ©h c “-
„©er Blann ift baS $aupt unb bie grau fein Seib“, ihm ergiebt fie fich
rücfhaltloS: von biefem ©tanbpuuft gehen bie Beftimmungcn auB, bie baS beutfdje
9ied)tßf(.uüd;wort über eheliches ©iiterrecht giebt. ©anadb foHen „alle ©inge
fein in beS BlanneS ©ewalt" unb „©in Seib vertraut ©cm Btaimc beib’ ©ut
unb £>aut", beim „Slu Seibern liegt feine Blocht*, „©ine grau hat währenb ber
©he nichts, als ben blauen Fimmel unb ben ©pinnroefen“, baher „verliert,
wer mit grauen Tauft, fein Äaufgclb". Bur für bie ©vhärc ber £>an8wirihf<baft
muh natürlich eine SlnSnahme gelten unb ba „ift bie grau über ein BieSli ÜJleifier*
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■— 499 —
bafj aber bie8 „8ie8li* ni<Bt fe^r ^ 06 ) fielet, erficht man au8 bem (Sprudj: „©in
SeiBermarft ift 5 ©cBtßtng wertb" unb an ber föefttmutimg bcr SeiStbümer,
woua<B »feine grau ihrem ÜRanne meBr verlieren mag, als 18 Pfennige". Sie
bie ©Be überhaupt bte innigfte ©inBeit gmeier Naturen barftellt, fo foH au«B
gwifcben ben ©atten bie innigfte 33ermögen8einBeit gelten: „©in ©ut Unb ein
JBlut" ober ,3ft bie ©ecfe übet ben Äopf, fo finb bie ©Beleutc gleidE> re«B*, ja
felBft auf bie ©(Bulben bc§ SJtanneS feil fidj biefe ©emeinfebaft crflredcit, beim
„SMe bro SRann traut, bie traut auch bie ©cBulb". 2)ocB gab e3 Scftimmungen,
bie bie grau unter Umftänben oon biefer S3erpfli<Btung loSfagten. ®ie ©ütergemein*
föaft fminte fein für alle 3ufunft au<B übet bie Sauer ber ©Be hinaus, auf foId;e
beuten bie ©prücBe: „Beib an Beib. ©ut an ©ut", „©cBopf um ©<Bopf" u. a.,
ober nur für BebenSbauet; in Segug auf biefe Bei&t eS: „©3 Bomben jötann unb
Seib fein gegioetd ©ut gu iBrem Beib*. £>arnu<B regeln ficB bann ancB bie ©rb-
f^aften. .3ntereffaut. finb bie SBeftimmungen übet 23rautf»Ba£, Beibgebingc unb
fWecgetignbe. Ser S3ratttf(BaB, ba8 »ott ber .gratt bem SRatute gugeBracBte 33er«
rnügen, fiel, wettn bie ©emeinfcBaft nur für BebcnSgcit mar, bei be8 SRamteS Sobc
mieber an bie grau guvütf ober an bereit QlngeBövigc, unb gmat in feiltet uriptüng*
lidBen ©töfje, benn „Scibergut feil weber nmdjfeit, nodB ftBwittben“ unb „Sa8
tBeuerw ben ©ad fant, gebt tBeuer mieber BetauS* (att8naBm8weife „©emiunt
Seibe3gut Balben 9lu(jen unb oerliert Bulben @<Babcn" ober „©Begelb geminnt
nur bie iBefferung"), baBer Beifit c8 autB „SJrautfcBaB fei ein ©ottcSBeller", »on
bem nicmattb tei<B werbe. Sa3 33ertnügen ber grau follte oollfommcn gefiebert
bleiben, baBer „gebt ber SSrautfc^nfj au<B »or feber ©(Bulb*, BiebloBn unb 5Rietl;=
gittB etwa ausgenommen, ©itt 9lu8flttjj bcr 3nnigfeit be8 eBcli^en Bebens, wie e8
ba8 beutfd;e ©emütb »erlangt, ift ba8 BctBgcbinge, BeiBgucBt ober SittBum, bu8
bie ©rifteitg bed Seibed au<B ttctd) bc8 93Janne8 2ob fit^etrfteOcn fotl. „Beibgebinge
ift ber grauen Beben" unb „BeibgucBt fann ben grauen niemanb BrccBcn", ja felBft
wenn „eine grau ihre ©Bre oerliert, oerliert fic nidjt auch ibr ©ut" uub „Siebte
Beibgucbt ber grauen ift an eigen" unb ni<Bt att gaBrbabe, um e8 fic^cvcr gu
fidlen, ©rft na<B ber grau Sob „gebt Beibgebingc mieber an be8 SRattneS ©rbett*
ober wie e8 Beifit „Siberlage falle nicber". 3ft ba8 SittBum nur für Bebens*
bauet ber grau, fo fällt bic SKorgettgabc, bie ber 9)?ann il;r na<B ber S3rautna<Bt
giebt, in iBt oolleS ©igentbum. „SJiorgengaBe foU man baBer (ber ©idjerbeit me*
gen) auf bie @rb< legen", b. B- üt liegenbctn ©ut beftellen unb „fie mag eine grau
»oBl bebalten auf ben ^eiligen (@ib) ebne 3eugeit", menn fie ibr ftreitig gemalt mirb.
Um ni<Bt 3 U meitläufig gu merbett, übergeben wir einige t>iet>erge^6rige fünfte unb
»enben un8 fofort gu bem rechtlichen 33erhältnifi gwifc^en ©Item unb Äinbertt.
Sebe8 ebeli^eÄittb „bebält ba8 Siedet feines33ater8",benn „jebeSÄinb ift feines93ater0"
unb „@Be beweist Äinbet". $118 edjteS ©l;cfinb gilt jebeS in giltiger ©Be ergeugte,
benn „So re^te ©Be ift, ba werben redete ©Befinber* unb „Sic föhitter fagtS,
bet SSater glaubt'3 unb ein üftarr gmeifelt baratt“. ©elbft 33rautfiuber, b. B- folche,
bie gwar ni<Bt natb gesoffener ©Be, aber bo<B einem gültigen SSerlöbniffe ergeugt
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finb, finb in ihren Stedden ben ©hefiitbent gleid\ benn „Brautleute ftnb rer ©ott
fdjon ©heleute". Uebrigenß hatte ber Bater nadi älterem Stecld bie Freiheit, baß
Ä'inb anjuerfernten ober nicht unb eß bann angjttfejjen, beim „Siiemanb ift Mwl*
big, bie Äub mit bem Äalb 311 behalten". ©aß Berhältnifi gruifdjen Ölterri unb
Äinbern foll baß liebenber Serge unb ungehcu^elter Pietät fein, baher „famrfein
Bater feinen ©obit id)elten" unb nur „Unflätige 3trt Speit in ben eigenen Bart*,
©ie Cvltern finb verpflichtet, für baß Äittb ju f orgeit, biß eß „3U feinen Sauren
tonimt", benn „Äoftgelb fdjreit ror aller ©eit" unb „Äoftgelb gept rot allen
©chitlben", auch ror ©eriebt hat ber Bater fie 3 U rertreten: „©er einen inJpaf*
ten hat, ber muft bafür antworten", nur ,,©aß ein ©aftarb verbricht, gelten : bik
SJtagen (Berwanbten) ber üötutter, nicht beß Baterß", benn für bie SJtutter tft eß
eigentlich Fein ©aftarb, fonbern reddeß Äinb, ba ja „bieüWutter aflegeit geweift"
unb „feine ÜJtutter einen ©aftarb trägt", ©ohne unb Züchter gelten, wenn fie tut«
echte Ä'inber finb, im Slllgemetnen gleich, koch »ft ein geuaiffec Borrangber mdmt*
liehen 9ta<hfommen nicht 3 U rerfennen, beim ba nur biefe bie ftcwiiQe forterhalten,
bie Sßdhter aber burch bie betrat anß berfelben treten, beifit eß „ Jßcfdft fiub Wie
fabrenbe tpabe". ©ie Bertretung ber Familie nach aufcen, bie HRunbfd)aft, ift
Sache beß SJtanneß, „©er ÜJtann ift baher beß ©efbeß ©ogt unb 9Jteijter", eben
fo wie ber Ä’inber. ©a bie ÜJtunbfdfaft neben vielen Siechten auch ^eilige Pflichten
eiitfddiefd, bie moglichft gewahrt fein muffen, heifet eß „©er Äaifer ift aller ©Item
Bormunb"; fonft ift „ber ©ater ber näcbfte Borftänber* unb „beß ©ohneß Stich»
ter". „©0 aber fein Bater lebt, ba ift ber ©ruber bem Bater gleich", unb^mar
giebt ^ter baß 9llter ben 9lußf<hlag: „©er ältefte ©ruber ift beß jüngften Stich»
ter". 3 m ©(gemeinen gilt ber ©ruitbfah: „©er Ä'inber nächfter Batermag ift ihr
Bogt", aber „Bon ©eibeßwegen mag niemaitb Bormunb fein", hur wenn ber
Bater fcfwn einen Bormunb beftellt hatte, fonnte ber natürliche, burch bie Ber«
Waiibtfchaft berufene übergangen werben: „©er gemachte Bormunb geht ror ber
gehonten ÜJtuiibf^aft*. ©er Bormunb war nur verpflichtet, baß ©nt ber SRünbel
unrermiiibert 31 t erhalten, unb „Äinbergut ift eifern ©ut“ unb „©Itemlofeß ©nt
mag Weber warfen noch fdjwmben", wonach ber Bormunb beredjtigt gewefen ju'
fein icheint. bie fruchte für fid; 311 behalten, ©ie 9J?unbfd)aft enbet, wen« ba#
Äitib „ 31 t feinen Jahren" gefommeit, b. b. für ficb felbft feigen faitn. ©a bet
Jüngling erft bann eine Beirat fd;liefieu fonnte, heijd „«'öeirat macht münbig"
whb ,,0‘igeit geuer unb Stauch ntadd ben ©irtb unb ©alter münbig". Sticht fo
bet bem weiblichen ©efddecfd, beim bie 3 ungfratt tritt anß beß Baterß ober be#
Bormünbß ©ewalt itt bie SJhmbfdtaft beß 9)tanueß. ©aß ©eib fonnte nach
beutfeher Steddßaufdtaiuuig nie münbig werben, mit ber Heit änberte fid) bieß unb
heutzutage „ftebt eine Jungfrau für einen 9)tann", b. b. eine volljährige Jochtet
famt ihre Steddc ohne Bormunb wie ber ntünbige Sohn vertreten. 3 um ©(bluffe
noch einige ©prüd;mvrter über bie ©tellnng beß ©ef itt beß, baß baß altbeutfche
Stecht ja a u dt 31 W Familie 3 äl>lt. „©er bienet, ift fo gnt, alß wer lohnet", ©et
Sohn foll im Berbältnif; 5 m - Arbeit fteben : „©0 gebient, fo gelohnt", beim „Um
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San! bient nicmanb" unb „Sieblohn fofl man ter alten Schulbcn jaulen". Sa¬
gegen wirb roiefcer ßrgebenbeit unb Sreuc ber Sicnftleiüe gcforfccrt: „25cf; 23ret
wir offen, .befj Sicbicitt fingen wir" unb „©efinbe feil webet finben noch terlic*
ren* 2lnS bem Sienftterhältnifi austreten feinten bie Sienftleute nicht io opne
2$eitereü ( fclbft „23er freien will, mu§ erft außbieneit", becb finb anberc Sprüche
, milber, fie jagen; „Breien geht vor Seihen" unb „(Sbe triebt iOiictte".
5ßir taten unS mit bem Gapitcl J u m i l i e n r e dj t cingcfienber teietäftigt
um bem Sefer einen Ginblicf in bie reifte Bulle beä in bem Suche enttaltenen
SRaterialö gu geben, unb wir bättea beS Slngiehcttben unb Sntereffanten felbji auS
btefem Stbicfjnitt noct tiel mehr geben fünnen. 5Sir Reffen unb wünfehen, baf) baS
Such einer re<bt großen Steilnatme begegnen möge, unb nicht tfcfj bei beit ®e=
lehrten, bic e@ lefeit muffen, weil eS in ihr Ba<h fcblägt, fenbern bei aTlcn ©cbil»
bet«; an 3ntereffe fann cü nicht fehl«, benn wie ein Sprinhwort jagt: „Strebt
ift für jebermann" unb „3ebctntann foU fein tRecbt wiffen".
Sotaniföe Sittcratur.
Sie ajegetationfloerhältniffe beS ^tnggaueS im £ergogthnme Saigburg. Son
Sr. intern Sautrr.
Slitgegeigt ton Sr. X fierwrr.
Ö0 ift eine eigentümliche (iricheimmg, bajj es nabegu breiptg Jahre beburfte,
biß bie gu 2lnfang uitfereS Jahrtuubertö burct .puntbolbt geichaffcnc 'Pflangengeo’
graph« auch auf öftcrrei4ifd)em 33obeit ihre SBurgeln jehlug unb ihre ÜMüthen
entfaltete. SDiait hätte gwar glauben feile«, baf> bie Sotanifer in einem Sanbe wie
Sefterreich, welches innerhalb feinet ©rengmarfen eine jo aufjcrorbentlid) reiche
©lieberuttg unb Slbftufung ber SScgetationSBerbältiüffc geigt, burch bie ton ,punt=
bolbt auSgegangcne Anregung alSbalb Bon ihrem einfeitigen naturhiftorifchen Stanb=
punfte auf anher? Sahnen gelenft, unb baff namentlich bic heimif^en 2üpen als
baS 3ifl cingehenber pflangengeographifcher Unterjuehungen iitS 2luge gefaxt worben
wären; aber leiber ift bieS nicht bet Ball gewefen. Sic Sacquin’f^c «Schule fanb
in ben erften Sccennicn unfcteS 3ahrhunbertS ihre eingige Aufgabe in ber pflege
ber beferiptioen Sotanif, unb felBft bie glängenben pflaitgengcographiühen fReful»
tote, welche bamalS ber Schwebe Söaljlenberg ton feiner Äarpathenreije mitbrachte
unb in feinem 1814 gu ©öttingen veröffentlichten 23erfe nieberlegte, termoebte
leine SUnbetung in ben @cift ber bamaligen 2Biener Schule gu bringen.
Sie erfte pflangengeographijcbc Arbeit, welche in Defterrcicb, unb gwar ton
einem £)efterreid>er crfchien, erblicfte erft im 3ahre 1826 baS Sicht ber Seffent’
Hcpleit. ®8 war bieS bie „ @eographif^«botanifche Schilberung ber Umgebung SienS
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502
»on 91. ©auter“ unb wir Ijabett baticr in 91. ©auter beit SiRann jit begrüben
mcld;er bie ^)ffanjengcograp^te auf öfterreidjifcfem ©oben einbürgerte. 1
©auter war, alb er bie genannte Arbeit pitblicirte, 26 Safte alt unb fatte
bamalb gerate feine mebicinifdjcn ©tubien beenbet. ©ab @ef<ficf führte ifn halb
barauf, im Safte 1828, alb Segirfbarjt nadf Fifbüdfel, im Safre 1830 nad)
Stegenj, 1831 nadf 3eH am ©ee, 1836 natf ÜRittcrftll, 1839 naef 9tieb, 1840
nad) ©teier unb 1849 nad) ©aljburg unb er Ijatte fomit, wie faum ein gweiter
öfierreidfifdfet Sotanifer ©elegenfeit, bie nörblidfen 9Upenfetteit »um Sobenfee btb
finab an bab Faltengebirge non feinen fo mamtigfadfen ©tanbquartieren aub 3 U
befugen unb 31 t erforfefen. Unb waftlidf ©auter fiat biefe Gelegenheit nicht unbe»
m't^t getaffeu. 3 ebe freie ©tunbe würbe von tfm benüft,. um bie glora ber Stfpen
3 U ftubiren unb bie 9tefultate feiner ©tubien ber botanifdfen Söelt burdf littera*
tif<he Arbeiten befannt 3 U machen. Feinet ber jefrt tebenben öfterreidfifefen Sota»
nifer fat bie nörblidfen 9 llpen genauer burdfftöbert unb fidh mit ben Segetdttonb«
verfiiltmffen berfetben vertrauter gemalt, atb er, unb mit greube begrüben wir
bafet eine jüngft von ifm publicirte ©djrift, in wettet ein Efeil feineb reifen
SSiffenb über bie glora ber Sttpen 3 U 9iup unb grommen ber ^flan 3 engeograpfen
niebergetegt erfdjeint.
©ie Arbeit ift in ben „ÜRittfeilungeit ber ©efellfdfaft für ©at 3 burger 8 anbeb*
funbe 1863" entfalten unb führt ben Eitel: „©ie Segetationbverf ältniffe bfb*
^injgaueb im .^erjogtfume ©afyburg*. 9tadf einer attgemeinen ©dfilberung bet
5 Raturbilbung, ber flimatifdjen, geognoftifdfen, orograpfifefen unb fpbrograpfifefen
Serfältniffe beb ^inggaueb giebt ber Serfaffer eine Sefpredjung ber ©igentfüm*
lidffeiten bet einsetnen ©ebirgbjüge unb weiterhin eine bünbige Gfarafteriftif tfret
Scgetationboerfättniffe. ©ie ^ftangenwelt wirb nadf vier Legionen befanbelt, von
benen ©auter bie erfte von ben .^aupttfälem bib auf bie fonnfeitigen ©efänge
ber ©ebirge 3 U 3500' alb 9tegion beb cnltivirten Sanbeb, bie 3 weite von 3500'
bib 5500' aib Olegion ber ©dfjwargwälber unb Soralpen, bie britte von 55Ö0 1
bib 8000' atb Sttpenregion unb enblich bie vierte von 8000' an nadf aufwärts atb
©djnees unb ©ibregion begeitfnet. ÜRatfbem nodf ber ©influfj ber geognofiififen
Unterlage auf bie $flan 3 enwelt erörtert wirb, folgt bann eine Sfufgäljtung aller
bibfer im ^inggau beobadfteten $flan 3 enarten unter glei^eitiger Angabe ber ©tanb«
orte unb gunborte.
5Bie faum ein anbereb Gebiet nnfereb Sllpenlanbeb ift nun gerabe bab 9 Hn 3 gau
geeignet, bab Sorfommen unb bie Verbreitung ber IStf^enhffanjett 3 U erläutern. Fatf
Efonftfiefer unb frpjtaflinifdfe ©djiefer ftreiefen bort mit mädftigen Fetten faft
parallel von Sßcften nad) Dften nebeneiitanber unb geben burcf ben ©egenfafc ifret
9 >flan 3 cnbe<fe 9 tuffdflufj übet ben ©iitfluh bet Sobenunterlage auf bie Vertfeilung
ber ©ewädffe. Von nieberen Falfbergen, beten ©ipfcl weit unter bet Jpol 3 gren 3 e
gurüdfbteiben, bib 3 U ben mädftigen ©tödfen ber ©entralfette, beten beeibte Fämme
fidh 3 u 11 . 000 ' ©eeföfe emportfürmen, ftuft fief fiet bab ültpenlanb auf bem
ngen 9taume von 48 Duabratmeilen ab unb veranlagt burdf biefe tefdfe ©liebe
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503
rung be8 VobenS «{ue eben jo reid>e ©lieberung bet Pflanzenbecfe. ©autcr put
nun fowopl ben ©influfj bet Unterlage auf bic Vegetation, al3 aud; bie £?pen=
grenzen bet Pflanzen auf ba§ gewiffenpaftefle herüeffieptigt gaft jeber aufgezäplteu
Pflanzenart würben oon ihm SRoti^en übet bie geognoftifepe Vefcpaffenpeit ber
gunborte unb übet bie oberen unb unteren ©renzen beigefügt.
Sir Pefipen wopt auch meutere anbere floriftifepe 'Arbeiten übet cfterreid;iid;e
älpengebiete, welcpe Stugabcn übet geognoftifepe Vcrpälfniffe be3 ©ubftrateS ber
Pflanzen unb übet bie oertieale Verbreitung bet Pflanzenarten enthalten. (Sie paben
aber faft alle einen comvilatcrifc^en Gparafter. Sie Sinteren btefet Serie paben
bie meiften ©egettben bet oon ihnen befprocpeiten glorenbejirfe in ber Siegel gar
niept gefepen unb i^re Vemerfungcn au3 ben »erfd;icbenften, mitunter fetjr unlau»
teten Quellen gufammengetragen. Äein Sunbet baper, bafj oiele Angaben benaep»
battet gieren fo wenig mit einanber übereinftimmen unb oft gerabegu in Siber»
fpruep fiepen; fein Sunbcr aud;, bap man in neuerer Beit auf pffanzengeogra»
p^ifd^c Angaben in gieren faft gar fein ©emid;t tnepr legt unb fie gewcpnlid; für
ebenfowenig bcrücfficptigen8wertp palt, als bie ben gunborten couucntionell beige»
fepte SMutpegeit. gür ben Pflanzengeograppen fiub ba8 fepr fatale SÖlifjftänbe, ba
ja fcfjlie^licf) bod) bie Socatfloreu bie 33afi8 feiner ©tubieu fein feilen unb er nur
feiten tu ber Sage ift, ju entfdjeibert, welche oon ben wiberfpreepenben Angaben
benachbarter gloren bie richtige fein bürfte.
Vei Vcrücfficptigung biefeS fOlifjftanbcS tritt ber Serif; ber ©auterjepen
Schrift erfi in ba8 re^te Sicht. 3Ule8, wa8 ba gefcpriebcu fleht, ift ba8 ©rgcbnifl
eigener unbefangener Slnfcpauung, fft ba8 Slcfuttat ber ©tubien eines waprpeitS»
liebenben geiftreiepen SJtanncS, ber, oon 3ugenb auf ber Votanif mit leibenfd;aft=
liehet Siebe unb unermüblicpem ©ifet gugethan, feit breifjig 3apren bie nörblicheit
9Upen toon ben Ufern be8 blauen Vobenfee’3 bi3 ^tuab ju ben Vorbergen bed
Sienet SecfenS bur<hfotf<hte unb auf ungültigen Vergwanberungen fein geübtes
(Äuge ber ©rforfepung ber alpinen Pflanzenwelt guwanbte. ©äbe e8 ähnliche Sir*
beiten aud allen Speilen ^ öfterreidjifc^en SllpenlanbeS, fo hätten wir bamit für»
wahr auch ^ ne Pflangengeograppie unferer Sllpen.
* 2)a8 jweite Seppclpcft (9J!är$ unb SKpriO bet „Vliitpeilungen" ber !. f. (Sen«
traicommiffcon enthält Slufjäpe »on Äarl 5) reich er: „23cittägc zur ©ejdjitbte beb Äir>
tpenbaueä in 'Schtefien", jebotp nur mit 53eTücffid,'tigung beö preu§ifd;en Slnlpeileä
be* genannten Sanbeä; reu ßrnft Vir! „liehet ben Hofmaler fiaijet gerbinanbä I.,
3a!ob ©eifenegger“ unb »on 21 Gamefitta „Uebcr brei Stapetenmufter auä beuc
2(nfange beä 15. Saprpunbeitä", »on benen ber erfte mit einer 2afel unb mehreren
$olzfcpnitten unb bei britte mit brei gartentafeln auägeftattct ift. 3n einer längeren
Öiütig polemijirt 21. {Kittet ». Perger gegen einen Sluffap 28. Sübfe'6 über beu 2ln*
tpeil Peter 95 if cp er 3 an ben ©tanbtilbem beä ©rabbenfraalä SJiajtiniilianä I. zu 3nnä»
fctuef mit niept fepr glüdlicpen 2trgumenten.
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504
* 3n ber am 31. Marg abgehaltenen aufterorbentluhcn ©ifcung bcr ungarifchnt
Slfabemie mürbe bcr SJerid^t beS Gomite nerlefen, meines gur ©eurt^cilung bcr um beti
ÄaräcScnpi^reiS ron 200 Ducaten concurrirenben gehn Dramen ernannt »erben
»ar. SSon ben eingefenbeten Dramen entfprach feines ben Änforbeiungcn, ber $)reis mürbe
alfo nrd^t rertljeilt. Gin Drauerfpicl iebcch, „Scfcpb II.", mürbe non allen fünf ^pretö*
richtem als folcheS Ijerncrgebcben, melcfceS belobt gu »erben oerbient.
* SSom Slrcbio cefflj ift baS 24. #eft erfchienen. DaSfclbe enthalt mehr als
oiergig mistige Actenftücfc, ?anbtagSbefchlüffe, foniglicfye 6ntfReibungen u. f. m. and ben
3al;ren 1478 bis 1499. 95iele berfelben finb fpcctell für bie ©ef<hi$te bc« gwifchen
ben foiügli^en ©täbten unb ben Herren unb [Rittern »egen beS SiierbrauenS trab
berer Siedete entftanbenen ©treiteS non großem Sntereffe. Unter ben SSef^lüffen unb 9Ser*
erbnmtgen jener 3cit, treibe in bem oorliegenben $)efte mitget^eilt »erben, ftnb auch niele
gegen baS ©tebanfaufen k. non AuSlänbem gerietet; eigentümlich ift, ba§ man trefe
biefer Antipathie gegen baß grembe biefeS bo<§ in bie ©prac^e einbringen lie§, mfe He
beutfe^en AuSbrücfe §uc (Schüfe), gselSaft, jorgelt, bie mir mitten in cecfcifdjen Ut«
funben biefeS £efteS »ieberholt finben, bemeifen. Dem ©efc^id^tsforfc^er unb SRe^tS^ifto*
rifet »erben burch He in biefem %jpefte enthaltenen Actcnftude unb Document« fe^r
»efentliche ©ebelfe für bie Äenntniß ber politischen unb culturbiftorifcbcn SSerhältniffe
33chmenS unb Mährens in ber fo bemegten SlabiSlam’fchen 3*it erhoffen.
* Ginem amtlichen AuSmeife über 1 ’ben Stanb ber UnterticbtSaitftalten m ber |>re*
oing 95erona entnehmen mir folgenbe Gingelnheiten:
„DaS f. f. Dbergpmnaftum in SSerona ift in feinen StauralichFeiten »ergrSfcctt
morben; ^teburc^ mürbe ber UeberfüHuitg einzelner Glaffen norgebeugt unb eine beffete
Aufteilung ber naturhifterifeben unb phpfifalifchen ©ammlungen ermöglicht.
SSon 114 ©emeinben haben bereits 57 bie Grfläntng abgegeben, fub mit einem
3ahreSbeitrag an ben Äefteit betheiligen gu mcttcit, melcbe bie Itmgeftaltnng ber Unter*
realfc^ulo SSerona’S in eine Dberrcalfchule ev^eifeben.mürbe, unbmanbofft, bafeauch&Wan«
bereu fiep bem Unternehmen anf<hlief;cn »erben. Auch bie Grrichtung einer ©efaügfchule
mit einem Äoftenaufmanbe non nicht gang 200 fl. ftolvt tu AuSfuht.
404 Schüler haben im nbgefaufeiteu Schuljahre baß f. F. ©pmpafium in 4?erena
frequentirt, ron benen 29 bie Maturitätsprüfung mit gutem GrfcTgc machten. DaS Gom*
munaluntergpmnaftnm gählte 193 Schüler. '
GS befielen ferner 1 SRealfcfeule mit 4 Jahrgängen, 3 .frauptfdjulen, meruntet 1
für Mäbcben; 339 Änaben*, 39 Mäbcben*, 29 Abenb* unb ©ontagSfcbulen. Die GU*
mentarfchulen mürben non 12.500 Änabcn unb ,2300 Mähren unter einer in 11 33c*
girfeu lebenben, 230.000 ©cclen gäbienben 93enblfcrung befugt. Diefe SSegirfe gälten
114 Gemmuncn in 2 ©täbten, 3 SSorftäbten, 32 Marftflecfen unb 250 Dörfern."
h. 95om „Urfunbenbnch ber ©tabt greiburg im 33rciSgau" erfc^eint
eine neue golge unter bem ©eparattitcl: „Der beutfthe 33auernfricg. ©leichgeitige
Urfunben, herausgegeben m» eingeleitet non Dt. .5). Schreiber'*. Die erfte Slbthei*
lung umfaßt baS 3ah r 1524. Obgleich Quellenfaminlungen gur ©efchichte beS großen
beutfehen SauernfriegeS aus nerfchiebenen ©egenben erfchienen finb, fo licken biefelben hoch
beffen erften ©dhauplati meiftenS unberührt; baS $h a ^ beS CberrheinS nämlich mit feinem
«ftintergrunbe, ben älpen — cinerfeits ben patriarcbalifchcn ©chmargmalb, feit uralter
3eit ben Gibgenoffen ber Schmeij befreunbet, anbererfeitö ben 3ura unb bie SSogefen.
3nr Ausfüllung biefer 9ücfe unb babur<h gtt einer grünbli^eren Äenntni^ ber größten
5?olfSerhebung in DecjJfchlanb trägt norgenannteS 29eTf bei. Die barra gegebenen ©tücfe
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505
befielen au* bem Sriefmcchfel ben Stabten in ber Scbmeig uitb am Dberrhcin, besten
gaben fchon mögen bcr 91ä^e be* ÄriegMchauplabe* in gretburg, bcr bamaligcn £aupt-
gabt bon SScrber-CeftcTvcich, ^ujammcnlaufen. galtet enthaften fic Schreiben ber Säuern«
fiauptlinge unb ihrer Raufen, treibe hier mit ihren Anficbtcn reit Wenfchenrcchtcn, bür¬
gerlicher nnb ürc^Iitber greiheit, mit bent SvucTe, menmter fic leiben, mit ihrem »<paffc,
ihren Srohungcn, ihrem Ueberrauthe unb ihrer ä>ergmeiflung nicht ctma mie nnheftimmte
Skhattenbilber, fonbern al* lehenbige ©eftalten mit aller 9taturfvaft nnb (Sntfcbiebenheit
auftreten. Siefe Urfunben liefern überbie* ga^lreic^c 3ufcbriften bon gürfien, Abciigen unb
©eiftlicben, mit beren 33efürcbtungen, geheimen Wafjvegeht, ©tofterungGrellen, Klagen über
93ermuftungen bon Schloffem nnb Äleftern, fobann 3?efenntniffe gefangener jRäbclßführer,
fhrotofotte über beren #htri<htungen, Urfebben, Verträge, ?anbfchapungen u. f. m. .$ier«
na$ bietet bie QueUenfantmlung ohne frembartige ^Beimischung jebent greunbe ber ®c*
fehlte ein eben fb guberläfftge* al* lehrreiche* Ütagebud) bev bantaligen uerbangnift-
uoHen 3eit.
* 3n einer gu Berlin erschienenen *Brcfchüre: „Sie englifcb-frangetlfche ©araittie
»cm Satyre 1720* nimmt 3>rcf. Sr. @. 3?efeler bie Streitfrage über bie SSebeutung
tiefe* Staat*acte* neuerbmg* mietcr auf, geftüfct auf eine SReibc biplcmatifcher ©orre-
fponbatgen, melche im britten -t>efte bcr in ben 3abren 1848 bi* 1851 gu ftepcnhagcit
erfchienenen antifchle*mig»hclftein’jchen gragmente be* $>rof. 51. £\ Äriegcr enthalten
nnb bi*her unbeachtet geblieben fmb. (Sr mibeifcgt bie bünifefce Auslegung beT ©arantic
nnb hot bie michtigften Secuntentc gur Seurtheilnng bcr Streitfrage abgebmeft.
* 3« ber fürftlid? gürftenber g’fchen öiblicthcf mürben jüngft bic hier 'Papier*
bänbe be* „H. Stephanus thesauros grsecsß lingua?.“ $>ari* 1572, untersucht nnb
nach ©ntfcrnmtg ber inneren ^apierberfleibung ber (Sinbänbe 87 Spielfarten, angefertigt
um .fratt* gorfter in 38ien, anfgefunben. Ser gunb ift in funftgefcbichtlichcv 53egtc-
hnng nicht ohne Sutereffe. gerfter lebte in ber gmeiten Wülfte be* IG. 3ohrhunbert* al*
Aartenmaler gu SBten unb feine 'Arbeiten geigen buvcb bie fraftige 3cichnung unb bie
Äenntni§ ber ftguralifchen Äunft ben berrorra^enben Stanbpunft, auf meinem biefer 3n-
buftriegtteig gu Jener 3eit in Sßien mar. Auch 83®i. Witter b. $ au*lab ift im Sc«
ftfoe einer SRct^e febr mcrthboller gorfterfcher Äarten, meld^e $>rcf. b. (gitelberger im
3ohre 1860 in ben archaclcgifchen Wittheilungen bcr f. f. ©entralcommifficn eingehenb
gemürbigt hot.
* 3n bein 28älbchen gmifchen Sipec unb Weftec in Söhnten mürbe bon einigen
2agl5hnern beim Stöcferoben unter einem Stecfe ein Scpf mit ©clb- unb Silbermün*
gen gefunben. ®ie Silbermüngen finb uon SÖengel IV. unb Äarl IV. (böhmifche ©rofehen),
bann fleine altfraierifche, Saigburger unb ofterreichifebe.
* 3« $ref?burg hot fich ein herein gur Seftauration bc* St. Wavtin-Some*
gebilbet, beffen gonb gegenmdrtig 7056 fl. 91 fr. betragt. St. (Smineng ber ©arbinal«
$rima* bon Ungarn mürbe erfu^t, ba* ^protectcrat beß Vereine* gu übernehmen. Sie
Soften bet fltefiauration follen tm SSäege bon periobifchen Sammlungen gebeeft merben.
D (33om beutjehen 33üchermarft.) ?(u* bem gangen Waterial, melc^e« un*
gu bem ^entigen 35erichte botliegt, ermahnen mir al* bie michtigfte ©rfcheinung bie S3e*
fchreihnng einer Steife bnrcf) ba* Snnere ber europäifchcn Sürfei, bie ber berühmte 5Rei*
fenbe Heinrich Sarth im $eTfcft 1862 unternommen hot. Sie furge, aber, mie ber 3>er*
faffer rühmt, mtereffante unb an mannigfachen Srgehtiffen reiche 5Runbreife but<h ba*
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506
fuböftlihe ©ebirgöfpftem Suropa’#, dürfte um fo mehr eine baufenöwertbe 33erei<b*ntng
ber geograpl;ifd;en Sitteratur bilden, als gegenwärtig bie europSifhe Kürfei, in bet alte*
ren geograpI;ifd)eii Sitteratur eine gleiche ^ertjorragenbe ©telluug einnehmend, wie jept bie
?anber 3nner»9lfrica’S unb ©üb*3fmerica’d, ber cibiliftrten SBelt unbefannter ift,, als biefe.
Unter bem bielberfprehenben Kitel: „©bafefpeare in feinen Ijccbften Sbaraftergebil*
ben enthüllt unb entwicfelt* beroffentliht ^rof. SRötftyer einen SJeitrag 3 ur geier be#
300jährigen ©eburtöjahrefi ©fyafcfpeare’ö; abgefeben bon einigen 5tntI;olcgieen, bie erfte
gcftfhrift ju bem 3ubiläum beö großen ©ritten, ba# fein fo allgemeine# Sntereffe in
Scutfhlanb 3 U finben fheint, alö man e# ben feiner ^weiten Heimat 41 erwarten burfte.
3wei SBonegrapbieen 3 ur ©efhihte beö beutfrfjen Kbeaterö liegen bor in ber „©iogra*
p^ie gr. 8 ubw. ©gröber# bon 8 . ©ruitier" unb „ 3 ur®efd;ic^te beö Sweater# unb ber
9Jlufif in Seipgig, non Sr. Änefd;fe". S3eibe ©d;riften dürften biele# bon allgemeinem
3ntereffe für bie ©efd)id>te beö beutfhen Sweater# barbieten, ba in Hamburg unb 8 eip»
3*g Süt;ne ftch einer 23(utf;e unb ber reifen Unterftüpung einer funftfmnigen 33e*
Dotierung erbeute, wie man fie jefct bergcblih fuhen wirb. Stur tyinfidjtlid; ber SJluftf
^at fit^ ?eip$ig feinen alten Siubm ju bewahren gewußt burd; feine berühmten ©ewanb*
bauöconcerte, bereit ©efc^ic^te einen gro§en Kbeil ber genannten ©d^rift bon Änefhfe
auömaht.
„Seutfhe 3uftanbe unb Sntereffen" betitelt fi<b eine ©ammlung berfhtebener $tb*
banblungen bon griebr. ©ie^ne, früher f 9tebacteur ber „Sonau*3ritung".
DJtit welch’ großem Sntereffe baö bcutfhe ©otf bem ©ang ber ÄriegSereigntffe folgt,
beweist, ba§ faum jwei SJicnate uah Seginn ber geinbfeligfeiten wenigften# ein Sufcenb
berfdjiebener ©htfberungen beö genüge# erfreuen ftnb, bie fämmtlih Stbfafe finden, ob*
fc£on fie nicht biel mel;r al# eine 3 ufammenftetlung berfhiebener 3 ritung#correfponben 3 en
enthalten fömten. Sine Stuönabme mäht fyietoon bielleiht nur: „Ser beutfh-banifhe
Ärieg 1864, politifh-militarifh befhrieben bon SB. Stuftow“, bem als ÜJiilit&rfc^rift*
ftellcr befaitnten fritieren babifd)en Dfflcier unb fpateren ©aribalbifhen Dberft. SBeiterc
friegögefcbi^tlic^e SBerfe ftnb: „Sie Äriegfü^rung ber Sanen in 3üt(anb, bargeftellt an
©eneral Stpe’S Stüdfyug im Saijre 1849, nah SSortrdgen beö banif^en SJlajor# Secf,
bearbeitet bon ©eubert", eine „®efd?ic§te de# norbamericanifcben UnabbangigfeitSfriegcö, bon
gerb. %>f i ft er", buuptfahlih bie ©efe^iebte ber an ihm theilnebmenben beutfhen Kruppen
berueffiebtigenb, unb fhliefjlih „©tubien über bie Operationen unb Kactif ber granjofen
int gelb 3 ug 1859 in 3talien, bon bem f. f. ©eneralmajor b. SWollinarp".
P. (33om fran 3 ßfif(ben SSüdbermarft.) Ser ©raf galloujr veröffentlicht ge¬
rade ba# bierte S5ucb au# bem 9la<blaft ber SSJlabame ©weftbine. Sa#felbe führt bnt
Kitel: „Correspondance de R. P. Lacordairc et de Madame Swetchine 11 unb
enthalt alle ©riefe, wel^e ber berühmte Äan 3 elrebner in ben 3&b r en 1833 bi# 185S
mit feiner greunbin, ber befannten geiftreicben unb frommen Staffln wedelte. 3n einer
SSorrebe giebt ffiraf gaHouy einen fu^en Stücfblid auf bie $olitil ber fran 3 Öfif(ben Sie*
gicrung, bur<b welken ftcb ein feiner Kabel über bie SScrwttilungcn im Orient unb in
3talien 3 ieht. Sr fagt, Weber bie orientalif<be, nod; bie italienifcbe grage feien
trop be# bielen Sluteö, ba# gefloffen ift, gelöst, unb man werbe andere 8 öfungen ber*
fueben müffen, al# bie bisher angeftrebten, au# wcld;en Weber für bie SBelt, noch für
granfreicb ^)eil erwaebfen fei. SJlit bem borliegenbcn 33anbe ift baö SWaterial au# bem
Sla<bla§ ber SWabame ©wettbine noch lange nicht erfd;öpft. ©raf gallouy, ber teftamen*
tarifcb bon ©Jabarne ©wetebine 3 m Verausgabe biefer ©Triften autorifurt wurde, dürfte
nah unb nah no h nnbae S3riefwehfcl jener Same publiciren.
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9Son 3llp$. 3 obe$ erfc^ien: „La France sous Louis XV. (1715 — 1774)“.
Daß 33u 6) foll eine ©eföic^te ber Urfat^en ber franjofifcfyen Sleoolution ober eine Stuf*
3 dtylung beffen enthalten, maß baß fogenannte ancien rdgime atlmälig fo in SDlißcrebit
braute, baß eine ooflftdnbige Ummdfyung in allen Skr^ättniffen erfolgen mußte. DerSSet*
fafjcr gebenft bieß in 6 Sänben außeinanberjufeken, welche fic$ über bie Regierung 2 ub*
wigß XV., bie ben ndc^ftliegenben ©tunb 3 unt Urnfturg gab, oerbreiten unb ein ganj
unparteiiföeß, auf forgfaltig gefanunelte Duellen geftüfeteß S3i(b ber 3eit mib iljret ©it*
ten entfalten follen. Der erfte 33anb enthalt alß Kinleitung bie ©efdjid^te ber Dtegicrung
2ubwtgß XiV. unb ber SRegentfcfyaft unb fließt mit bem Safyte 1717.
93on bem befauuten SBerfe (S. graiffinetß über Sapatt mürbe eine 3 Weite oon
33. 81. SJtallebrun reoibirte unb mit mehreren Kapiteln oeruiel;rte Slußgabe in 2 33dnben
oeranftaltet: „Le Japon. JHistoire descriptiye des moeurs, coutumes et de la
rdligion“, 2 SBdttbe. 3 n ber neuen 9lußgabe ftitb bie oerfc^iebenen Kreigniffc, weld;e
feit jct;n 3 al;rcn 3 apan mel;rmalß jurn ©d?anpla(j europdifetyer Kjrpebitioncn malten,
na^getragen.
Daß oielgelefene, mit beut fc^arfen Hautgout litterarifd}*fritifcfyen unb focialen
©canbalß oerfetyene 33u$ „Mdmoires d’unc femme de chambre“ erlebte in einigen
SBodjen fec^ß oerfcfyiebene Auflagen unb bürfte nod; eine 3 *itlang feine 3 ugfraft be*
wdtyreu, Die gra^ofen fyaben jeßt bie @etro§nl)cit, beriet ftarl getoürgte Sachen mit
metyr ober minber becotlefirten p^otograp^ifäen f)ortraitß uerfe^en in bie SBelt gu finden,
eine 3nbu[trie, bie einstweilen merftoürbiger äßeife no$ nicfyt inß Deutföe überfeßt mor*
ben ifit. Kß fcfyabet habet einem folgen Sucfye burdjauß nid?t, baß immer fofort nad)
feinem ®rffeinen baß ©erdufd; burcty bie treffe get;t, bie ^oligei l;abe 33efd;lag bar*
anf gelegt
9lacty heftigem ©trduben unb S^motlen veröffentlicht nun bot$ Stlejatiber Du maß
©o^n feine {üngfte Äomßbie „L’ami des femmes“, oon ber eß noc$ furjlty fyieß, fte
werbe gonj beftimmt nie gebrudt werben.
©i$ungökri^te.
Äaiftrlixljc Äkoiiemk kr Wflrnltyafteit.
© i & ung bet mat$ematif$*naturwiffenf(§aftli<$ett Klaffe
oom 81. SDldrg 1864.
Daß wirfli^e SWüglieb $Prof. £lafiwefc übermittelt eine oorldnfige 9lottg:
„Ueber einige harge", um ft<$ unb Dr. Sartfy ben 2tnfpruc§ auf umfaffenbe
Unterfuc^ung biefer ©ub(tan 3 en 3 U magren. 3» berfelben wirb mitgetljcilt, baß ein non
ben ©enannten bei bem ©uajaf, bem ©albanum unb Slmmoniafgummi eingefälageneß
SSdfaljren ber 3^rfebung, welc^eß bort bie fogenannte ^rotocatecfyufdure unb baß 3Refor*
ein aufßnbcn ließ, au$ bei bet 53 cn 3 ce, bem $ar$ oon Calamus draco, bem ©umtni*
gutt, bet Stfafotiba unb SDtyrrtja 3 U SÜejultaten füfyrt, bie einen notieren Stuff^luß über
bie .(fyemif^e 9latur unb oieUcic^t auefy bie ptypfiologifd;e ©cbeutung biefer £)a*$* ju geben
geeignet ift 3 n ber ^lotig ^eißt eß weiter:
2Bir erhielten auß ber 23en3oe eine, fo viel unß biß Jefct f^eint, noc^ ni^t bc*
fannte frpftaHiftrte ©dure.
3wei neue ©ubftan 3 en liefert baß Dra^enblut, baöon bie eine fe^r fc^ön frpftaUi*
ftrt, bie anbere, uon ber 9iatur einer ©dure, ftc^ bun$ gewiffc garbenoariationen auß*
jet^uet.
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508
• ©atq ähnliche, gum S^eil fcbfn fr^ftattiftrte Äorper entfielen attS brtn ©ummigutt,
and bem mir überbteS einmal unter SSerbältniffen, bie mir nur rioch niett botlfommen in
nuferer ©emalt haben, auch ^hloroglucin barfteflten.
Sie Mfafötiba unb bie Wlpvrba ntblich geben Säuren, bie berjenigen, bie mir aus
©ttajaf gewannen, fc fe^r gleichen, ba§ ihre Sbentttat ira^rfc^cinlid^ ift.
3Bhr Iwffen, ba bie 9Wetbcben ber Sarftellung biefer Äifrper 3 iemltcb einfach F m ^
unb fie felbft ben fc^arf charafteriftvten ©igenfehaften, in nicht $u langer 3 ^*t ber f. Wfa-
bemic bie ©Reinheiten unferet 9lrbeit bcrlcgen $u femten.
•perr 9)rcf. Sr. Selinef, Sirectcr ber !. f. ©entralanfiaft für Wletccrologie unb
©rbmagnctiSmuS, übeifenbct ein an bic f. Slfabemic ber ®if[eufchaftcn gerichtetes Schrei¬
ten beö SReichSrathSahgecrbneten unb ©ufteS beS frainifchen BanbcSmufcumS 3 U Saibacb,
$ervn Äarl Sefchniann, über einen am 21 . gebrttar *b. 3 - im Weifnifeer 8 e$irfe
unb ben angrengenben ©ebieten ftattgehahteu merfmürbigen galt ben rothera Schnee,
•perr Sirectcr Sei ine f übermittelt gleichzeitig groben eines Staube«, melier gerabc
einen -Wcnat früher (in ber Wacht ccm 21. juni 22. Sänner) in efterrei^ifeh unb
preußifch Schlefien gefallen ift. Wach einem beigelegten Schreiben beS $>vof. Sr. 6 ahn
in 'SJrcSlau mürben in Schlefieit mehl 350 £lugbrafmcilen. mit biefem Staube hebeeft.
Um ftch neu ber Wlengc bcSfelbcn eine 9?orftelluug ju machen, genüge bie SKitthcilung,
baf; in Watiber auf 12 Quabratfufc Schnee ß 1 /* voth Staub, alfo auf bie «Duabrat*
mcile 130.000 ©entner, am ©ref;*$hehlife fegar 250.000 ©eittner Staub auf bie
Cuabratmeile gefallen fitib. Sn SreSlau mar bic iQnantität geringer; boch war auch h^ r
?WcS gleichma§ig überftäubt.
.perr Sr. 33cuc berichtet über bic neuen geographti^n harten Serbiens, nament*
lid> über Äifo’S Äarte bem Äuje[eba$cr .Streife unb über Dtr abobitfehß .Starte bem
Ufc^i^er Äreife, ^mci michtigcn ©reu^theilen Serbiens. Sr. ®oue fnfipft baran mehrere
iVrichtiguitgcn über bic gcelcgifchen ©lafftficirmtgen berfchiebener ©chilbe her 3 ;ürfcj nach
bem jefeigen Stanbe ber SBiifenfchaft unb inSbe|enberc ber geolcgtfchen ®nt 3 tfferung ber
beutfehen Sllpett- unb Äarpathengcelogie.
Wach ben ben ihnen gcfammeltcn ^ctrefacten unb gemachten Beobachtungen ber*
muthet Sv. 33eue jefet nicht nur biele Weecemien in ßber-Wtbften unb felbft im 33al*
fan unter bem Drhitelitenfalf, fonbent er finbet 1 . aud) ®efau*S^ichten im meftlicheu
Serbien unb int Scutari*33ecfen; 2. Sacbfteinfalf in mehreren ©ebirgen, befenberS in
ber Wletcja unb iifi Bosniens 4 > biefl«<ht fdbfl bie .'ptrlftfe-Sfbtch&n bei Wiilfthebcbo;
4. feiten farpathifdjen Älippenfalf im Sübmeften Serbiens; 5. mic im Banat ÜriaS«
fanbftein unb Äalffteinenttlbpungen eber ßrhebungen mit überliegenbem 8 iaS, Surafalf
nnb Weeconiien im fübeftlichen Serbien unb nerbmeftlichen Bulgarien, fe mie felbft mog«
lichft in Sttb*99oSnien ^mifchen Senifea unb Jfchaintfea u. f. m.; 6 . ein großes ©rün*
fanbgebilbe unb mei§e obere Belemnitenfreibe im cftlichen Bulgarien; 7. ein bebcutenbeS
Jerratn ben cecen-farpathiichent Sanbfteine mit gucciben in ber Wtitte Serbiens, Je
mie ht anberen Steilen ber ncrblichnt unb centralen Sürfei mit mctallführenbcn f)or*
thtren, mie in Ungarn. Sn SS^effaCien, in Werb*^llbanien maren fte ben btelen JaSfiS-
artigen Schiften, Serpentin unb Siallaggefteinen begleitet.
SSßah^^ 111 ^ merben, mie in Oefterreich, ähnliche guceibenfanbfteine in ber Sürfet
auch anberen ©ebilben angel;cren, mie 3 . S. btqenigen im ®a(!cm. Sie ©ebirge
beS SanateS fefeen mit allen ihren ©liebem unb Wletallfchäfeen bis über Subna ©laba
nnb ben Wtagn im cftlichen Serbien. Sem @rratif<hen ähnliches fah Sr. 8 oue nur
bei Äleinen See (Wifamefe?) im ©rujathal, norbeftlich ben f)rofletia.
SaS mirfliche Wlitglieb .f)ert f)ref. vüner fpri^t guerft über bas 33erfommen ber
fegenannten 5J^pinu«brnfe bet Sifch^n, nnb 3 mar ittSbcfonbere bei Stachelflefjem. Sie bon
ben bergleichenben Änatomen als feiere, mahrfchetnlich mit Unrecht gebeutete Srüfe liegt
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509
an bcr (unteren 5\>antimg ber Äiemcnhohle, nahe unter bent oberen äöinfel bcr Äietnen-
fpalte imb mimtet in feite meift mit einfacher, runblicher ober fpaltfermiger Ceffnung,
bie häufig ton wulftigen Kantern nnb auSgefd'witstem ©rüfenfecrete umgeben tfi, ttiiö
bieburcb oft auffaKenb groß erfcheint. StamtiuS geteuft ihrer außer ten Änovpelfifcheu
nur hon wenigen Anoctyenfifcten unt fuhrt mit Ausnahme hott ÖophiuS bloß ©attungen
al$ Beifpiele au, bie ter Crbnung bcr ©eicbfloffer angeboren, nämlich ©atu«, 8ota linD
'JMeurcnectcS. Sei Bearbeitung ber Diohara-gifcbe fanb nun Älter, baß auch unter
ben non ihm bereite uuterfuc^ten Stacbelflcrfem nicht nur eine große Slngahl non ©at»
tungen tiefe ©rufe gleichfalls befifct, fentern baß fte bei hielen fogar ftävfer entwirfelt
ift, als er fte bei ben genannten ©attungen ber SBeicbflcß’er fanb. SllS Beifpiele h^h*
grätiger iluSbilhung wertete iitSbefejtbere bie, ©attungen 3>riacantbu$, 5h era P pn r
gramma, ©entejr, Gaefie, GantbanjS unt* (£argu$ herhorgeboben uub gugleich bemerft,
baß junge Gjentplare bie $hP muö häufig uich* [tarier als altere, oft anfe^nlic^ große,
entwicfelt geigen, wonach bie hon StanniuS geäußerte Bermuthung, fie mache Wohl
nach k em älter ih l 'e «nb rücffchreitenben ^h a f en bureb, fich faum betätigen bürfte.
Äner herfpricht fchließlich, auch bei ben ton il;ui bieSfallS bisher noch nicht untersten
gamttten ber Stachelfioffer auf tiefe ©Tüte feine Kufmerffamfeit gu (enfen. — hierauf
theilt Äuer eine gwdte Beobachtung mit, bie ftch auf bie Schwimmblafe ber Stachel»
floffer begieht. @ß gilt nämlich feit geraumer 3eit als ein für bie Stachelfioffer begeich*
nenbeß anatomifcheS 9)lerfmal, baß ihre Schwimmblafe, wenn fte überhaupt eine folcpe
beftßen, ’euieS £uft» ober SlußführungSgangeS ermangelt. 9luS ber öntwicflungSgefchichte
ber gifepe ift aber befeumt, baß bie Schwimmblafe ftd;, unb gwar fchon fehr fruhgeittg,
alß äuSftülpung ber oberen ober borfalen ®anbtmg beS ©annrehreS gu bilben beginne,
rafch an Umfang gunehme, ftch aber babei hont ©arme immer mehr abfehnüre unb gu»
lefct bei - ^^pfoftomen im Berl;ältniffe gu ihrer Höhlung nur mittelft eines engen ©uctuS
in benfelben auSmünbe. 9}achtem fomit bie Schwimmblafe morpbclogifch ben Zungen
gteichgufefcen ift, unb aud? jebe wefentlich auS benfelben Rauten unb ©eweben befiehl, fo
läßt ftch a priori oermuthen, baß auch bie Sd;wimmblajen, bie fpäter feinen ?uftgang
geigen, fich fr^h au f rie gleiche Shkife entwicfeltt, wie jene, bie bleibenb bmdj einen weg»
famen ©uctuS mit beiu ©armrohre in Berbinbung flehen, unb baß folglich, wenn auch
nid;t ftets, hoch fehr häufig bie Ueberrefte beS einftntaligen BetbinbungSgangeß ber
Schwimmblafe mit bem ©armcanale auch hei Stachelflcffent nachguweifen fein werben,
©iefe Bemiuthung fanb Äner auch hi ber ibat bereits bei mehreren ©attungen hon
Ülcanthopteren, bie bisher oon ilmt in tiefer ^inftcht unterfucht würben, betätigt unb er
bebt hcrläufig als Beifpiele iusbefonbere bie ©attungen Holocentrum (spimferum)
unb Coesio (erythrogaster) beiter, intern het tiefen ber ehemalige ©uctuß nicht heilig
obliterivt unb gu einem Vigamcnte wirb, fonbern als fehr bünner Ganal Wegfam bleibt,
welker beutlich auS einer äußeren fibrdfen unb einer inneren Guitbelialfchichte befteht,
welche lefctere man fogar Durd; eiu fcccb an ber Bcntralfeite ber Schwimmblafe in fie
etnbvingcn uub als bereit innere 9luS!leibtmg [ich fortfe^ien fieht.
£)err ©ivector t. bittrem legt überbiee eine von £>emt ©r. grifchauf,
ftent ber Hefigen Sternwarte, mit Beutthuttg aller bisher befannt geworbenen Beohadi*
tungen turchgeführte Berechnung ber Bahn beS am 11. Jlpril 1803 tmt ©r. ÄUn¬
ter fites in ©ottingen entbecfteti Äcmeten (1803 II.) tor, auS ber fich ergiett, baß
man einftwcilen feinen ©mnb hat, hon her parabcliid'en .pypotbefe abgugehen.
£evr ©ivector h. Sittrew ü beneid't bie Sortierung feiner Arbeiten übet phpfifche
3ufamfnenfünfte hou 9lfterctbeti für baS lanfeitbe Sahr.
s ))iit fRußerachtlaffuug ber Planeten : 9)iaja, ^etc, yanopaa, Gurybice, gveia unb
Guryttome, für weld;e feine ober hoch gu mangelhafte Gphemeriben ooil;anbett waren, er*
gab fich unter ben übrigen 73 ^immelsferpern tiefer ©tuppe als bie eitigige bebeuten»
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510 —.
bere 3ufaminenfunft beö 3at;reö 1864 He Dom SSerfaffer fc^ott in ber allgemeinen SBe*
f;anblung beö Probleme« (©entfZriften 16. Sanb) t;erDorgel;obene Kombination ^art$e*
nope*®lelpomene, melZe Slfteroiben gegen brei SJlonate in einer meZfelfeitigen ©iftang
unter 0*1 ber Ralfen großen örbbat;najre bleiben unb Stnfangö Secember auf 0.037 ein*
anber naljefommen, maö immerhin eine gemiffe Sea^tung Derbient ba jene beiten $la*
neten gu ben größeren ifyrer Slrt gehören.
fl. fl. gttlogtfilp IkidjsanfJalt.
©t’feung am 5. Slpril 1864,
#err f. !. Sergratl; grang Sitter d. hauet im SSotftfc.
hetr !. f. hofratl; unb ©irector SB. haibinget gebeult beö ©reigniffeö, melZe*
alle ©emittier mit gelebter Srauer erfüllt, nämlid? beö fnrg naZ bem Stöbe ©r. • SMaje*
flat beö Äonigö ®lay II. erfolgten äSerlufleö 3l;rcr burZ iljre f;ulbreiZc f mofyl*
mollenbe Söirffamfcit uiujeigeplicf^en, Derflärten f. f. ho^eit ber burZlauZtigftcn grau
Krgljergogin hilbegarbe.
Stber auZ in unferem näheren Äveife Ratten mir einen neuen Sßerlnft. ©iefeötnal
3ofyann Äarl hoZebcr, ©ecretar im f. !. giuangminifterium, Detemigt am 15. SWarg
SHorgenö 7 Uljt im 64. Sebenöjatyre. haibinger giebt einen 91brl§ feiner febenöDer-
l;altniffe. ©iite biograptyifZe ©fi 33 e ift für baö SafyrbuZ beftimmt.
hierauf mirb guerft über eiue Slbreffe berietet, melZe Don ©eite ber f. f. geolo*
giften 0teiZöanftalt an ben l;o^oerbienten gorfd;er Slmi 33oue Dorbereitet unb gur fie-
bengigften SBieberfel;r beö Sage« feiner ©eburt (16. SWarg 1794) überfenbet mürbe,
©er ©ircctor unb bic SJlitglieber ber f. !. geologt)d;en SeiZöanftalt, Der Sillen mit bem
Sßcrtl;e feiner gorfZungen uertraut, litten aud; in erfter ?inie bie SSerpfliZtung, if;m an
einem in feiner Sebenögefdjicfyte fo mistigen Sage einen feierlichen Sluöbrui ber Äncr*
fennung bargubringen.
herr ©irector h& Finger berietet auZ über bie Subelfeier beö ^o^uerbienten
Sotaniferö, gef;. 9tatf;eö Ä. gr. 9>l;. d. SJtartiuö in SHünZen, am 30. Sfllärg 1864.
Unter Sinbercm mürbe ifym eine ©olbe^venmebaille überreizt, bie in SBien »on fytxxn
$)rof. Ä. Sabnifcfp graoirt unb im f. f. hauptmüngamte auögefül;rt morben mar.
Jpcrr ©irector gengl überreizte bie SWebaiUe unb ein begleitenbeö SBibmungöalbum
p.rfonliZ in SJtünZen an ffllartiuö. StuZ bie f. baierifZe Stfabemie ber SBiffenfZaften
hatte eine ©olbmebaiüe überreizt, ©ircctor gengl überbraZte eine Sibreffe ber f. Slfa*
bemie ber SBiffenfZaften in SBien. Unter ben Dielen auögeiZnenbften 6f;rengefZenten glängt
auZ ba« Sitterfreug beö faif. ofterreiZifZ^ ?eopolb«Drbenö.
Slnö einem ©Zreiben beö herrn $)vof. Ärejci in ?)rag an ha*n 33ergratl; ?i*
polb tf;ci(t herr ©irector haibinger mit, ba§ auf äSeranlaffung beö ßrftereu unb
beö ^)rof. Äofiftfa bie erforberliZen ©elb mittel gu fpecielten naturmiffenfZaft*
liZen gorfZungen in S3of;men burZ baö Satioualmufeum unb bie patriotifZ*o!onomifZ^
©cfeltfZnft fiZergeftellt mevben.
©erfelbe legt ferner baö mertf;Dolle ©efZen! w ©ie Siffonu" Don ©uftaD
©Z^arb d. ®lof;renftern Dor, gortfe^ung einer ©efammtarbeit über bie Siffoiben,
Don melZet ber erfte St(;eil in einer ©i&ung ber f. !. geologifZen SeiZöanftalt bc*
JfproZen mürbe.
4>err !. f. Äriegöcoiumijfar 9f. ?etoZ« tyatte bie gofltlien auö bem oberÖfterreiZi*
Zen Segel ober ©Zlier Don Dttnang gefiZtet unb georbnet.
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9tu<h baß erfte $eft beß 3 al;rhu$e 8 bet f. f. geologifchen Seichßanftalt wirb non
#erm Sirector Jaibing er norgelegt. ©ß entt;Slt außer ben ©ifcungßberichten noch eine
wichtige größere Arbeit non $erm Sr. @. Stäche über bie ©ocengebiete non Snner*
Ärain unb Sfitien, unb Reinere Beiträge ber Herren Sr. 9t. Mabelung, ©taatßratt;
$>. Stbich, Sergrath 9R. SS. 8 ipolb, fo wie ^emifc^e Unterfuc^ungen non ben $erreu
Äarl Sitter n. $auer, Sr. ®. 8 aube, 3t. £>orinef, ä). n. Sßinfler.
$err Sr. Ä. et erd erftattete 33eri(^t über baß ©rgebnife ber ^raparation eineß
©tücfed üon ber Änochen* unb gcuerfteinbreccie auö ber ©rotte non ®p 3 ieß (Sorbogne)
im fübweftlt^en granfrei^. Saß Äreibefalfftcingebiet ber Sorbogne ift, wie bie Herren
8 artet unb Gtjriftty geteert ^aben, eine ber reiften gunbftätten non Ueberreften auß
ber alteren ©tein^eit, auß jener ^Periobe, in ber baß 9tenntl;ier in ^Begleitung beß 9Jten*
jtfycn fchaarenweife baß fübweftliche 6 uropa bewohnte. Ser 33oben ber oben genannten
©rotte war non einer 3 iemlich mächtigen Stblagerung bebecft, bie auß Senntyier*, ©ent*
fen* r 95 ferbc* unb anberen Änod;en, mit generfteinfplittevn unb geuerfieinwerfyeugen, auß
erbigen unb fertigen Ueberrefleit ehemaliger geuer uub einigen, jurn Sf;eil alß ©erätt;c,
gunt $h e ' 1 3 ur 3$«w*nbung am geuerplafce geeigneten fremben ©efteinßmaffen beftel;t.
Ste f. !. geologifche Sei^ßanftalt unb baß non £>erru $)rof. ©uefc gegrünbete geolo*
gifd;e Gabinet ber Uninerfität nerbanfen £crnt 8 artet bie 3ufenbung 3 Weier anfe^nlic^er
33locfe non biefer 23reccie, auß benen eine Stugahl inftructiner Änochenpräparate, fPfeit*
fpifcen, Mefjeichen unb anbere non 9)?enfc^cut;anb erzeugte geuerfteinformen gewonnen
würben. Saß SSortommcu beß Höhlenbären in ber ©votte non ©pgiefi ift fic^ergcftcllt, hoch
f<heint auß ber ltnterfud;ung beß einigen, im 33locfe ber f. !. geolcgifd;en Seic^ßanftalt
gefuitbeiten Äno^enß t;emor 3 ugeI;cn, bafj ft<h berfetbe fc^on nor ber Stblagerung ber
reifen 9 tenntf;ier* unb Hirfchrefte an Drt unb ©teile befanb.
Säger*, SSoget* unb inßbefonbcre gifd;fnochen ftnb unter bie ©elenfßftücfe unb
©ptitter ber non Menf<henl;anb gertrümmerten Sbf;rcnh;ochen non Sßieberfäuern einge*
ftreut, auch unbearbeitete gragiucnte non 9(ufteinfd;alcn wurbcu gefnnben. Sie bißt;erigen
^ublicationen 'über bie ©teingeitvefte ber Sorbogne be^ic^en ftd; met;r auf bie ©tgeugniffe
non 9Jlenfd;ent;anb, namentlich auf merfwürbige in ©tein geriete il;ierbilber auß ber
©rotte non ©pgieß, hoch unterliegt cß feinem Bweifel, baß bie gorfchungen ber Herren
8 artet unb 6 t;riftp auch über bie anberen ©eiten biejeß h cc !Md>tigen archäologifch*
geologifd;en ®cbieteß 8 id;t nerbreiten werben.
Herr Sr ©. 8 aubc legte einige Mineralien nor, welche non bem f. f. Dbetbau*
birector 8 . 8 iebener in Snnßbrucf an Herrn ^ofratl; ^aibingcr eingefenbet unb non
biefem #errn Sr. 8 aube gut näheren Unteafuchung übergeben würben. Siefclbcn rühren
nom ®reinen im 3 iflerthal in Sirol f;rc unb würben non «frerrn 8 tebener alß ^feubo*
morphefen non ©lorit nach ©trahlftein ober Üuruialin bezeichnet.
Herr f. f. S3ergratf; grang Sitter n. Hauer legte bie auf bie f. f. ©eneralquar*
tiermeifterftabß*Specialfarte tut Mafje non 2000 Älftr. auf einen 3oU rebudrte geolo*
gifche 9tufnal;me ber Umgebungen non Srentf^in, $)iftidu unb Seutra, baß ©rgebniß ber
Slrbeiten ber britten ©ection ber f. f. geotogifchen Seichßanftalt, gur Stnficht nor. Saß
gange ©ebiet verfällt in gcologifcher, fo wie in orographijeher Ziehung in mehrere
fcharf gefchiehene Stbfchnitte, beren einen, baß 3noncc*@cbirge ; £err Sr. ©ta^e in ®e*
fetlf<haft beß S3ergingenieurß ^>emt 33. Söinfler unb beß SSolontairß |)crrn Sr. Ä.
^ofmann bearbeitete, währenb bie übrigen, baß tnäl;rifche ©ren 3 gebirge gwifchen bem
Älanceniea* unb bem 3Slara*33ach, baß ©ebirge oftlich non $trentfd;in, unb baß ^pügellanb
füblid; nom Snonec*©ebirge biß 3 m* Sonaucbenc, $ar n. öauer felbft in 33eg(eitung
ber 93ergingenieure ^)cnn gr. ^)oSepnp unb 3* ßermaf unb beß 35olontairß ^)errn
Sr. 91. Mabelung unterfud;te. ffion biefen leiteten ©ebieten nun beftef;t baß erfte in
ferner norbweftli^en .f)älftc auß i\arpathcn*©anbftein, in ben fübweftlichen notwaltenb auö
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512
alwechfclnben 3cnen ton Sieoccmflecfcnmergeln unb Sanbfteinen, bann auö Suvafalfen, £ia$*
g oft an nt, enblid; Quargiten unb rotl;en Sanbfteinen. 3m ©ebirge cftlidh tonSrentfchin r>errfd^en
PiaSflecfemuerget unb ?iaSfalffteine, bann 9tecccmbolomite tor; neu ift bie Auffinbung
einer auSgebebnten Partie ton marinem 9)cieeenfatf cftlich tom Strentjcfyiner S<hloßberg
unb non einer fieinen Partie 9MapI;prtuff innerhalb ber Schleßruinen ton $rentf<hiiu
Saö Hügcllanb füblid; tom Snetecgebirge beftel;t au$ S6ß, unter welkem nur bem oft*
licken SBaagufer entlang finale Streifen ton SJliocenfanbftein ^erbortauc^en.
^err Sr. ®. Stad?e gab im Anf (Muffe an ben erften Sbeil feine« Veri^teS
über bie geologifchen Verhältniffe be$ Snc»ec*©ebirgeö # ber bie ben Äern beS ©ebirgeS
bilbenben ftpftallinifchen ©efteine t'ehanbelte, eine Uebeific^t ber »erfdjiebenen Sebimen*
tärfchiebten, treibe biefen mittleren ©ebirgSfiecf umlagern. ©in 2^eil biefer Seichten, unb
gwar inSbefonbere nur einige §ormaticn$g(ieber ber paloogcifchen unb mefogoifchen
^eriobe, finb wegen bc$ gängigen Wangels ten organischen Steften unb einer überbte«
bingutretenben großen Unregelmäßigfett ihrer £agerung$terbältniffe nicht mit tölliger Sicher*
beit in bie golge ber befannten Schichtenreihe eingureihen, unb eÄ ift bähet bie Veftäti-
gung für bie benfelten gugewiefene Stellung erft ton ben Erfahrungen gu erwarten;
welche bie bie«ja^rtge Sommeraufnahme in ben anfch'ließenben ©ebieten hoffen laßt. Sa¬
gegen ift bie Vertretung einer SReil;e ton S^ichtengliebem auö terfchiebenen Formationen
bur<h Auffinbung charafteriftifcber Verfeinerungen außer Frage gefteHt. VefonberS h^ 0 **
guljeben ift ba$, wenn auch befdjränfte Stuftreten ton fieberen 2na$f<hi<hten (SSirglorta-
talt ober wirtlichem oberen SDlufcbellalt) an ber Schloßruine ton Vecfot, bie gerriffene,
aber gtemlich allgemeine Verbreitung ber rätbifchen Formation burd? bie fälligen Äöffener
Schichten, ba$ Voifommen fieberet Ciaöfcbichtai in F^rnt ton halfen, Sanbfteinen unb
95tergelfd>iefern, ton älteren Äretbefalfen unb Sftergelfchiefem (9teocom) fowohl al$ ton
jüngeren ber Äreibeformation angehbrenben Solomiten, ferner bie Auflagerung ton alt¬
tertiären Solomitbreccien, Äalfen unb Sanbfteinen mit 9]nmmuliten über biefen leiteten,
unb enblich bie ranbliche Verbreitung ton jungtertiären Sanbfteinen unb ton Äalftuffen
längß bem ton bem Skagßuß berührten tiefften $?eftranbe beS ©ebirge}. Surch bie
Spalten unb Äfüfte ber gegenüber* tou ^iftpdn unter baö Flußbett bei* SBaag terflachen-
ben tertiären Sanbfteine hingen bie h^B (n föwcfeireichen Heilquellen beS berühmten
EuvorteS theil« unter bem ?iireau be3 Flußbettes, tl^eil« aus ber bunt gemifchten jungen
Sd;otterbecfe ber Snfel, auf welcher fid> bie Vabeanftalt beßnbet, Ijmor. Au$ welken
tieferen Schiften unb and wie großer Siefe bie Quellen ihren erften Urfprung nehmen,
barüber laßen fich 'bei ber angebeuteten bejenbereu terbeeften Art ibreS ErfcheinenS nur
Vermutbuugen legen.
Herr 6. $)au( fchilberte bie SagerungSterhältniffe, welche ein, (üblich tom ÜWarfte
idiöbling bei SBien, unmittelbar an ber ©renge gwijchen ben miocenen Ablagerungen beS
SBiener VecfenS mtb ben hier aus Hanptbolemit beftel;enben tlferbilbungcn eroifneter
Steinbruch geigt, unb tbeilte bie SKefultate mit, welche H^ 8* Äarrer auß ber Fora*
miuiferenfauna einiger biefer ?ocalität entnommenen Segelproben gegogen tiattc. Herr
Äavrer war burd; llnterfucbung ber Foraminiferen ber Seitbafalfbilbungen gu berfelben
Anficht gelaugt, welche fchon 9>rof. Sueß in feinem „Vobeit ton SBien" auSge*
iprechen halle, baß mau namiieb innerhalb ber Scithafalfbiltuugeu gwei terfd;iebene Fau¬
nen gu nnterfcbeibeit habe, ton beueu bie tiefer gebilbete burch baS Verwiegen ber Vrpo»
gcen, bie hebere bttvd) baS maffnihafte Auftreten ber Antphifteginen charafterifirt ift. 2)aS
Vorfommen bei Liebling hübet ein Ippifd'eS Veifpiel für tie cvfte (untere) ^eithafalt«
fauna, weld>e hird> ba» Verwiegen einiger Fcramitiiferengenera nicht nur tom oberen
Veithatalfe (Amphifteginenlalfe), ionbern and' ton bem Vabner Segel bentfiefc unter»
fd?teben ift.
VfrauturortllJter HebarUur Kr. tTeopgi^ Styurtfycr, ürutfurct brr h. VUnrr Hellauf.
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$ic @l)rtfefocarc=$cicr in $eutjd)lanb
3 it bemiclben X’lugenblicfe, wo engliicbe 'Parlamentsrebner unb ^>ubliciflcn unfl
bic 5 reunbfchaft gänzlich imb für immer auffünbigeu unb nicht? imtcriaffon, waö
ba? boutfcfic Siationalgefühl verleben fann, bereitet gan$ Seutfchlanb mit jener
Öinmütbigfcit, bereit wir wenigftenS in uupolitifcheu Singen fähig finb, bie Subei*
feter be? größten Sichters ber Stritten »er. Ser Wetteifer ift faum geringer als
im eperbft be? Sa In es 1859, feine Stabt unb fein Stäbtdjen mit! jnrücfbleiben,
ba 8 gröfte wie ba? ffeinfte Sbeater legt ein fteftfleib an unb bie ^reffen liefern
io riete 2 ?ücbcr jebweben Ilmfange?, als ob wir eben jet.it erft anftngen, unS mit
Sbafefpeare 31 t beidjäftigen. tJlber wir wollen uns nicht einer Jugeub berü^rnen,
welche bicSnial aufjer bem Spiele bleibt, (fö ift fein neuer Sriumpb unterer £)b*
jeetirität, wäre SEiUiam Sbafefpeare eben nur ein englifcber Sichter, wenn auch
ber größte, wir würben beute febwerlicb bem Selbstgefühle unierer tf>enren Stamm»
»erroanbten neue -Nahrung geben, mag jehnmal bie Äunft fein 33aterlanb haben.
Senn gegenwärtig Sbafefpeare noch nicht in bem 9)iof;e gcmeinfcbartlicbc? (äigen*
tbunt ber gan$en Seit ift, wie bie alten O'laffifer, fo haben wir hoch triftige
©ritnbe, gleichen Ulntheil wie bie (Sitglänber an biefent 23efitjc geltenb 3 U machen.
Sbafefpeare ift unfer burch nufere Hiebe, (ir ift ein beutidjer Glaffifer gewor»
ben, feine SÖerfe flehen in jeber epauSbibliotbef neben Schiller nnb ©oetl;e, .£>am*
(et, Hear, Siicbarb III. je. finb nuferem '-Helfe eben fo vertraute Grfdjeinungen,
Wie $)eia. SHallenftein unb ^ranj SKcor. Unb barutn barf es niemanben beirren,
wenn fich etwa heute in Prologen unb arinffprüchctt ^c^Ic i'brafen nnb erfünftel»
ter GnthufiaSniuS breit mad;en, bie Sbeilnahme ber Station ift echt unb aufrichtig.
JHir haben bie uerfdjieben en Stabien bes Sbafefpeare=Cfultu 8 burcblaufen; »on bem
befrembeten Slnftaunen bnreh bie fanatifebe Schwärmerei felbft für jebe Schwäche,
jeben glecf an ben Ännftmerfcn hindurch gelangten wir 3 U ber wahren, banernben
Hiebe unb Sewunberung, welche auf r» 0 rmtf)eilÖfreier Grforfchung feine? SSefenS be*
ruhen. 2 Bir wiffen feine (Sröfte viel 31 t gut 311 ftbäben, als baf; ein beutfeher
Schriftfteller fidj ber 'tlffectation beS franjöfiichen Siebter? fchulbig machen würbe r
ein JÖerf über Sbafefpeare anonpm erfdjeinen 3 U laffen, „weil fein Siame würbig
fei, neben jenem 3 U ftetjen", unb unferc jungen Sramatifer glauben auch nicht
mehr, baf bie rechte Stad;folge Sbafefpeares in bem Stach äffen ber llngefchlacht*
heiten unb ÄraftauSbrücfe beftehe.
Shafeipeare ift unfer bitrd) untere Slrbeit. om Stubinnt feiner 3'icrfe waren
wir ber übrigen Sfielt um ein 3 >abt bunbert, ben Cfnglänberu felbft um ein halbes
»orauS. Seit Heffing ihn für mtS entbeefte, Schreber ihn lebenbig machte, hat in
8 t 4 <uf$rift. 1804 . 9tnb in. 33
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514 -
Seutidglaub bie Sorjchung nie geruht, unb unparteiliche Gnglänber erfennen willig
an, wie siel fie iit Sejrtfritif unb Grtäuteniug ber heutigen SBiffenfdgaft gu bau*
Text haben. Unb mit bet SBiffenfdgaft ging bie Äunft bet Sarftellung £anb in
.daitb, and) bie bcutjdge äM'thne l;at fid; ben Sidgter erobert, unb wührenb baS
englifd)e Sweater alte 2rabitionen fortjdgleppte, halfen beutfdge Äünftlcr unS feine
Schöpfungen vergehen.
Slgafefpeare ift unfer burd; unfer Sanfgcfül)(. Gr befreite bas beuti^e Srama
auS ben fraugefifd'cn Ueffeln, wir (ernten an i(;tn anffatt ber willfiirlidjen reu
'Paris bictirten ©efe|rc bie natürlichen fenueu unb begreifen, baS geworbene Siecfjt
in ber bramatifeben 5\itnft. Unb unfere Siebtet gingen uid;t nmfeuft bei it>ut iit
bie Schule, wührenb fein fßorbilb in Gngfanb fruchtlos blieb.
So ift baS gefamnitc gcbilbetc Sentfdilanb längft eine grobe „S(;afefpearc=
Gefclljdgaft", unb wir (gaben wahrhaftig nid,'t notlug, jenes englifd;e Jnftitiit nach*
gnahmen Ober glaubt man wirflid;, burd) eine allgemeine Ülffcciatien mit ,f>aupt=
unb 3weigvereincn, ‘präfibenten, SBicepräfibcuten, 3luöfd)üffen unb Generalverfamm*
lungen mehr gu erreichen, als in ben abgelaufeucit fgunbert Jahren bie geväufdjtofe
'jlrbeit Giugeluer ober bie freie ^Bereinigung Gleidgftrebenber geleiftet haben 1 ? Ser
äußeren 'Anregung bebürfen wahrhaftig bie beutfdgen Gelehrten nnb Sdgrirtfteller
nicht, unb bie Skrbinbung gwiicbeit ben 23c tu feiten aller Nationen braucht nid;t
erft gefcljaffcn gu werben. Seren kanten wirb man and; fdgwerlid) in ben neuen
Shafefpeare=23ereinen begegnen.
Speiche Bwecfe felgt fid; benn bie Gefellfd;aft‘? 3«nr ©lürf liegen bie Sta=
tuten bereits vor, aber baS 'Programm enthält tf;ei(S lleberflülfigeS, tlgeilS SBebctif*
licheS. 33ebenflid; erfd;eincn bie „neuen 3(uSgaben", ba wir eine vcllfommeit ein¬
gebürgerte 9iad)bid)tuug befilgen, beten neue 'Auflagen befanntlicb, fo weit eö geboten
ift, bie Siefultate neuerer J-oifdnutg bcrücffidjtigen. 3(n Ueberfetgungcn nad; Schlegel*
Sied ift ohnehin fein OJiangel, aber feine bat baS 3J!ufterwerf verbringt. Gine
Shatefpeavc=23iblietlgcf; wo? Jit SBien, in SJerlin, in SBeimar? Sollen etwa bie
fürfttichen unb Univcrfitdtöbibliotfgefen in Seutfd;(anb ilgre Schäle gufamntentragen
an einen neutralen Ort, wo fie fdgliefjlid) niemanben nüpen würben? Anregung gu
Shratemorftcllungen lautet recht fdgön, bie 'Anregung, welche ber Später ber Gefell»
fchaftßibee, grang Singelftebt, burd) bie Dlufführung fnmmtltd)cr ägiftorien giebt,
verbient banfbarc 3lnerfenuung. 31 ber gegen bie Ginfübrung eines wcimar’idgen Gobep
müßten wir unS bod; verwahren nach bein, waS begeifterte Diefcrenten unS über
bie B«rid;tungen unb agingubidtungen Singelftebts ergälglen. Unb vor allen Sin*
gen fudgen wir vergeblidg gu erforfdgen, welche Sienfte habet Vereine von —
Shafefpeare*3iebhabern leiften fotlen. Gine Sictatur wirb bie Gefellfdjaft nicht et*
langen, unb wenn fie wirflidg bagu fäme, fo wäre cö tun fo fchltmmet!
Sen burd) bie haltige Seiet veranlagten SBemerfungen eine Ueberfidgt ber
GelegcnheitSlitteratur augufügen, muffen wir unS verfagen, ba fie viel mehr als
beti verfügbaren tKaum in Slnfpvud) nehmen würbe. Sagegen behalten * wir ttnS
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515
ror, bie ©cfnrfiate ©hafefpeare ’8 in SBien in einem eigenen 9 (uffa£e jn be»
fpred)en.
2>ie $urd)&o!)nmg be$ SttoiikGTeute.
Son $. tBümthes.
(8d)irtetigfcit ber citlidjcn — Un$ulanglid>fcit bei* geroetynlicbeit 23ehv*
mafdjine. — (5emyiimiitr Viift als Wctcr. — Gottaben. — 9)?au£. — (^raubte, (Kratern unb
vEcmciller. — 'J.'riucip, nad> trdd'cm bei bem £iumcll\m ücrgegaugeit roitb. — ^übfeite be$
iunncl*. — 9< orbfeite bes Sminde. — 5Voftcit unb 2>aucr beö 33auc* — SHorfctyiag bc$ 3ugo
nieurö Jxontcucu?.
Ser buvd) ben Sag Catiß fübrenbe Tunnel beginnt auf frait 5 ofifd)et ©eite
bei SRobane unb enbigt auf italienifd)cm Soben bei Sarbonecchia. ©eine Sänge
mtrb 12.700 SWcter (1 07 öfterr. SDfeilen, Don Sion biß Sntnn) betragen, mithin
an 3 (uöbet;nung bie längfteu befannteit Sunnelä um mebr alß baö ©cd)ßfad'C über»
treffen. Saß 511 burdjftefjenbe ©eftein ift Quatjit mtb ocrlangt fclbftDerftänblid)
bie 2 (nwenbuitg oon Untrer. Sie Slitgriffßpunfte beß langen Sunnelß bilbat nur
beffen Cnbpunfle, ba bie bebeutenbe beß ben ©djeitcl überbeefenben Serg*
rücfonß (über 5010 SB. %.) bie .^crftetlung Den fenfrediteu ©pachten (Suft= ober
2 rcib[d)ad)tcit) nid;t geftattet: ein fjöcbft ungünftiger Umftanb, ber nicf)t nur bie
Seenbigung beß gangen ScrTeß iet;r oergügert, fonbern auch für bie genügenbe
Sentilirnng fiüiftlidje bittet evf)ci)d)t.
Sei fo aufjerorbenttidjen ©diwierigfciteu reichten bie I;eute gu ätjnlidien 9h-
beiten angewenbeten £>ülfßmittel nid)t met)r 51 t, wollte man bie Sotfeubnng bcS
Serteß nic^t aur 3a!)ijef;ute l;tnanefd;ieben. Sreifjig Satire mürben faum genügen,
wollte man auf gewöhnliche berginännifdje SSBcifc Dorgeljcn, b. h- fid; beS SJieiffclß
unb beß Jammers bebienen, bei welchen erfal;rungßgemäf; ber tägliche $ortfd)ritt
Don einem Slngriffßpunfte auß 0 60 9)?eter (gegen 23") beträgt. Ser SJieiffel muffte
bat;er burd; Sol;tmafd;incn unb ber Don 9)ienfd;cnl;anb geführte Jammer burd;
eine mächtigere, continuirlid; wirfenbe Äraft crfejjt merben. Äönnte biefe Äraft nicht
bet heute Sltlcß beiuegenbe Sampf fein? fragte man fid; Heintaut, alß man einen
SDcotor fuchte, um bie Uiiefenarbcit gu bewältigen. Sie 9(nwenbung bcS Sampfeß
hätte bie geftftcttuug Don Sampffcffcln Dor bem Sunnel ober innerhalb beßfefben
nothwenbig gemadit, Don welchen auß ber Sampf in £eitungßtöt)ven ber Sohr*
maf^ine gugeführt worben wäre. Samit wäre ber Uebelftaub üerbunben, baff ber
Sampf burd) eine tauge Seitung fid) feht abgetüljlt unb Don feiner ©pannfraft
Derloren haben würbe; anbererfeitß wären baburch für bie Sentilation neue ©chwie«
rigfeiten entftanben ©tödlicher ift ber ©ebante beß fProf. ©ollabon in ©enf,
welcher guerft bie Slnwenbung ber eomprimirten Sitft atß Cfrtafmittel für ben
Sampf Dorgefd)lagen. SBeil nämlid; bie comprimirte Suft bei gleitet ©paunung
ebenfooiel Äraft wie ber Sampf gu entwicfeln im ©tanbe ift unb auch ^ eren ® ers
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brauch jur ©entilatien bes Tunnels bie auSgc^eidmetften Tienftc (eiftct, unb fern«
bic Suft ein SOiittcl ift, wcldicS 3 U jeber 3 eit unb an alten Drtcn feftenfrei jur
©erfügung fe felgt barauS, bnfi bic l’lnmcnbung biefcS PtotorS alle ©ebin»
gungnt rortrefftid; crfüQt.
Slbcr wie mm Suft comprimiren? mar bic neue Sragc, wie auf bic billigftc
unb leichtefte 31rt? Tos überall im ©ebirge reichlich vorhanbenc Söaffer bet feine
.'^ülrc bereitwillig^ an unb würbe 3 wecfmäfiig benü(?t wie wir halb ausführlicher
fehen werben. Paebbent mm ber SDiotcr gefunben war, banbeltc eS fich um bic Gon»
ftruction ber ©obrntafebinen, retpectioc um einen 3(pparat, burch welchen bie ©ob»
rer in ©emegung gefegt werben feilten, um bie 9)iinenledjer 31 t graben, Plan hat
in biefer ©cjiebuitg jablrcidje Grfinbungcn nnb ©erfuchc gemalt, bis man enblidj
an baS 3<d fam, eine swecfentiprechenbe ©cfnmafdjinc 31 t confhnircn.
Tie erfte Jbee biefer 31nwenbung een Piaicbitten rührt rem Ingenieur Plauf?
ber, beruht jebech auf gang anberen @efe£en, als bie Piafd)inen, welche h cu te im
Plent*GeniS »erwenbet werben. Plaujj fällig nämlich bie 3lnwenbung einer ©ehr»
mafd;ine eor, welche burch außerhalb beS Tunnels liegenbe SBafferräber bewegt
würbe, bereu bpnamiübe Äraft mittelft Trahtfeilen auf bic raich arbeitenbeu Stein»
bchver hätte fortgepflanjt werben feilen. Tic ©ehrmaidünc foQtc nach bem gan 5 en
Umfange beS befinitieen TumtelproftleS baS ©eftein auf bic Tiefe von einigen
Gentimetern hcnmsmeifieln, beit fe entftanbenen ringsum gelösten Äern in bergen»
tale Seichten trennen nnb bann mittelft cin 3 utreibcnber Steile oetlenbs leSlöfen.
Tie Slnwettbung een teilen hätte 3 um 3wccfe, bic Sprengung mit Schiefcpufeet
3 U umgehen unb bähet bie 31 er ©entilatien nethwenbige Suft auf baS Minimum
3 U rebuciren, weld;e mittelft ©entilateren ober ©Mnbräbcnt 3 ugcführt werben feilte.
TiefeS prcject würbe im Jahre 1849 einer tecbnifchcn Gemmiffien 31 a
"Prüfung überwiefen unb een bcrfelben für gut befunbett. ©leichwohl mögen nach«
träglid; aufgetauchte 3wcifel über bie genügenbe Sufouführung ben oben erwähn*
ten ©enfer Prof eff ot ecranlafjt haben, eine neue Ptethobe ber Tunnelbohrung 3 U
erfinben, welche er fich unter bem 30. Juni 1855 patentireu liefe unb bic im
Sßefentlidjen barin befteht, mittelft Suftpumpen ftarf gepreßte Suft in ben Tunnel
3 U treiben, um thcilS als Ära ft 3 um ©etriebc ber Steinbeißer, t^eilö gut ©enti*
latieu beS Stollens oerwenbet 5 U werben. 31 uf tiefen ©runbfä^en beruhen bie heute
in Slnwenbuitg ftehenben ©ehrmafchinen, welche een ben Jngenieuren ©ranbis,
©rateni unb Scmeillcr cenftruirt ftnb. Pur bie Gemprimirung ber Suft ift nicht
bie een Gcllaben eergefchlagene, fenbern gefchieht burch Söaffer, wobei wohl 3 um
elften Piale nicht blef; ber hlibroftatifdie Trucf, fenbern auch fogenannte leben»
bige Äraft ber bewegten SBafferfäule 311 m jtarferen Gemprimiren ber Suft benüjjt
wirb, wie wir fpäter genauer berichten werben.
Tie 3 (nwenbung ber comprimirteu Suft als bewegeutc Araft fann bis jefct nur
3 U ben ©erfuchen gejählt werben TaS Stubiunt beS wenig gefannten PtetörS fo*
mehl, als auch bie Genftructien ber a^uwenbenben neuen Plafchinen ferberte ba*
her geraume 3eit, unb heute nach fann man nicht behaupten, in ber Gombination
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517
ber furch bie SRecpauif gebotenen .^ülfbntittcl bei beut Spftcme angelangt 511 fein,
welcpeb in ber fürgejiett ßcit unb mit beit gerntgfteu Stoffen beit größten SRußeffcct
ergielt. -Die Scproierigfcit wirb itod> übetfies bunt bic ungleid;ctt SBcrpältniffe ter=
meprt ( wclcpe fiep bei $3aiboncccpia unb bei SDiobane gur 23cnüßung barbieteit. An
beiben Orten begann man vor fünf Sauren bie Arbeit attf bie gewöpnlicpe Art beb
Steinbopreub unb feit fauitt gwei 3aprcn bürfteu bie in Sarboneccpia aufgeftellten
Gompreffionbmafdeinen bie 33obrer in Bewegung feßett unb feit faum einem 3apre
ein ©leic^eö in fOiobaue ber galt fein, liefern llmftanbe ift eb gugufepteiben, baß
am Gnbe be» oerfloffeneit Japreb von ber gangen Sänge beb 2umtelb faurn 1000
9Weter auf frangöfifeber unb 1400 Bieter auf italienifcher Seite gebohrt waren.
Um gu biefem Slefultate 31 t gelangen, nutzten 55.100 5Rineit gefprengt werben,
W 03 U niept weniger alb 18.400 .Kilogramme Pulver unb 73.300 Bieter 3ünb«
fepnüre verbraucht worben finb.
Sie xHrbeiteit fittb, wie ichcit erwähnt, an beiben Guben beb Xunitelb gleich«
geitig begonnen worben unb int 'Allgemeinen ift bab $)rineip, nach bem vorgegan«
gen wirb, folgettbeb: Sie SBoprntaicpitten, welche bie 9SUineulöd;er graben, werben
butd; auf 5 Atntoippäreit guiammengepreßte Snft in Bewegung gefeßt, welche in
einer eifertten tHötjre in beit Xutrnel geleitet wirb. Sie 3uiantmenpreffung ber Stuft
gefehlt burch ©affer, welcheb, att einem höhergelegenen Orte gefummelt, mit ber
feiner tfallpöpe entfprecpeiiben Ära ft perabftürgt unb, einen Srucf auf bic ftetb neu
gugeführtc Suft aubübettb, tiefe contprimirt unb fie in große Gpliitber preßt, aub
welchen felbe in ben eben erwähnten tRopren in beit Tunnel geleitet wirb, fornopl
gut Bewegung ber Sopvmafcptnen, alb auch i l,r Ventilation beb Xunttelraumeb-
Siefeb s })rincip wirb nun auf beiben Seiten beb lunitelb in verfeptebener, burch
bie SBerhältniffe gebotener Seife gu erreichen gefuept. 3« Varboneccpia befißt man
einen natürlichen ©afferbruef burep einen pöber gelegenen S 8 acp, in üJtobane muß
btefer Srucf erft fünftlicp geiepaffen werben. Sie 33orricptungen finb baper aut
beiben Seiten verhieben. Sir werben beibe befd;reiben unb wenben unb guerft
naep SBarboneccpia, auf bie
Snbfeitc beb Suunelb.
i^ier gewapren wir gwei in verfepiebener $öpe nebeneiitanberftepenbe Käufer.
Sab obere bilbet ein Sammelbecfen für bab ©ebirgbwaffer, welcheb in einem brei
.Kilometer langen, gemauerten Ganal gugeleitet wirb. Ser Ganal liefert eine mitt«
lete ©affermenge ton 0 6 A'ubifmeter per Secunbe mit einem bibpottiblen ©efälle
ton 26 SOieter, fo baß alfo ber tpeoretifepe Gffect biefet Safferfraft 208 ^ferbe«
fräfte beträgt. Gb faitn jeboep bem Ganal eine bebeutenb größere ©affermenge gu«
geleitet unb ber Gffect auf 800 bib 900 'Pferbefräfte gefteigert werben. Sab un«
tere ^wub ift bab Gompteffionbpaub unb birgt in feinem geräumigen Ämtern gepn
Shtftcomprimirungbappatate, beten gußeiferne, 0 60 ÜJteter weite gattröpren mit ben
oberen Gnben in bab 26 SOieter pöpet liegenbe ©afferbaffin münben, burep welcpeb
ben Gompreffeurb bab nötpige Kraftwaffer geliefert wirb.
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SBir wollen Dcrfucfjcit, bie Operation ber Suftverbünnung in ihren $aitpt=
gügett 31 t betreiben unb beeilen unS uor allem, 31 t fagett, bah jeber Slpparat anS
bem eben erwähnten (vallrol;ve, ferner bem eigentlichen Gotnprcffeur unb bem Suft-
referooir heftetet. SefdereS ift ein mächtiger Gplinber au@ Gifcnbled» von 1 50 SRcter
Sntrchmeffcr unb gegen 8 SReter Sänge, welcher auf bem 23oben beS ©cbäubcS
liegt unb gur Slufnahme ber comprimirten Snft bient. (Sine auffteigenbe Sichre fe(jt
baS Suftreicn'eir mit bem Gompreffeur in SSerbinbung, welcher ein fenTrechter,
gegen 450 -Bieter lieber Gpliitbcr non O CG SEReter Surd;meffcr ift. JDiefer commu-
uicirt wieber fcitrd; eine horigontale, etwa 3 SRcter lange Sichre non 0 60 SReter
Surchmeffer mit ber Fallrohre, weld;e auS bem l^öbcv gelegenen fRcferocir SBaffer
gufübrt unb an bem unteren Gnbe burch baS SSentil gcfdiloffen ift. 55iefeS SSentil
hat bie Aufgabe, bie in ber gaUröbte enthaltene SBafferfäule abwechfelnb oem '3ppa=
rate abgufperren unb mit bentfelben in SSerbinbung gu fejjcn. fsügen wir noch
hingu, baf? ber Gompreffeur an bem Ijcd'ften fünfte auch ein SBentil befifd, welches
bagu bient, ber guiammcngebrücften Suft SfuSgaitg gu oerfdjaffen unb fie burch bie
oben erwähnte 9iöl;ve in ba3 Suftreferooir gu führen, fo haben wir SlOcS getagt,
um baS Spiet ber SSentile erfläreit gu Tonnen, burch welches SBaffer unb Suft in
ben (Röhren auf einanber willen. (Run, wie gefebiebt biefeö Spiel?
3ft ber Gompreffeur mit atmofphäriid;er Suft gefüllt unb feine SSerbinbung
mit bem Suftrefervoir burch baS lehtgenanntc 95entit unterbrochen, fo wirb, wenn
man baS SSentil ber Fallrohre plöjjlich öffnet, baS SBaffer mit bet feiner
Srucfhöhe entiprechenben ©efehwinbigfeit in ben Gompreffeur ftrömen unb bie
batin befinblichc Suft gufammenpreffen, bis fie einen folgen ©rab non 55id;tigfeit
erreicht hat, bah fie baS SSentil gegen baS Suftrefemoir öffnen unb in baSfelbe ein*
ftrömen fann. 3ft biefcS gcfcfjcfjen, fo idjlieft fich baS SSentil gegen baS Suftrefer*
noir unb baS gaflrobr, welches baS SBaffer gufü^rt, unb eS öffnen fich 3 lDe * an '
bere, noch nicht genannte Ventile, welche bem in ben Gompreffeur getretenen SBaffer
31 «Stritt unb an beffen Stelle ber Suft Gintritt geftatten, bamit fie oon ber burch
baS neuerbingS geöffnete SScntil ber Fallrohre herab ftürgenben SBafferfäule gufam=
mengcbrüctt unb in baS Suftreferroir gerafft werben lernte u. f. f. 55a8 Spiel
ber SSentilc wirb burch einen befonberen SRechaniSmuS geregelt, weld;et wieber
burch comprimirtc Suft in Bewegung gefegt wirb unb eS finbet bie SBirluttg bet
GompreffionSmafchinen mit crftaunli^er SRcgetmähigteit ftatt, welche 5 Spiele per
SRinute rollführen. (Rur ift baS Schlagen ber SSeutile fehr heftig unb bürftc auf
bereu Sauet büchft nachtheilig einwirlen. Störungen finben nur bann ftatt, wenn
baS SBaffer Unreiuigfeiten enthält, woburch bie Bewegung unb ber bicf;te Schlufj
ber SSentife beeinträchtigt wirb unb cinerfcitS bebentenbe Äraftoerlufte unbanberer=
feitS nachteilige Stofwirfungcn eintreten.
So weit bie Grgcugung ber comprimirton Suft unb nun bie Slrt unb SBeife,
wie felbe in ben Tunnel gu ben S3oIirmafd>incn gefdjafft wirb. Sie 10 SiTftrefcr-
ooirS, wel^e, wie erwähnt, in bem tiefer liegenbeit ©cbäube fich bcfiitben, ftehen
burch» Heine Sichren mit bem ^auptleitungSrohre in SSerbinbuttg, weites, auS bem
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GomprefficnShaufe trefenb, auf fleinctt Sltaucrpfeilem ruhcttb, bic ,Cvbc l)iitaufgc=
führt wirb, um bic Sebrmafchiiicit in bcm iitintcf 311 e weichen. ©er .Siobrcnlcifung
folgettb, gelangen wir 311 bcr füblkbcit Smtnelöffnung, wdd)c 1935 9)1 eter über
bcm S)tccrc fid) befittbef. ©aS portal, in wcld;e3 luir treten, ift jebecl; uid;t baS*
jcnigc, buvd) wdcl)e 8 ciuft bic Büge fahren werben, ba bic befinitive Sahitare in
einer Gntfernung von 200 bis 250 Bieter reu beit beiben Siuuuclmüubitttgeii
einwärts bic jefcige gcrabc Sittic mfaffen wirb, um in Gurven reu 50 Bieter 9ia-
bittS in bic beiberieitigen Sliäler 311 tiefen. ©ie beiben, 200 bis bis 250 ÜRctcr
langen geraben Streefen au bot beiben Snnuclcnben werben fpäter überflüffig itttb
ftnb benmad; blofje ^ülfSgalerieen gur ©td;eruitg ber geraben Siicbtniig ber SduuteU
aye, 311 m bequemen Ginbringen von ?utt unb Sicht, wie sur Grlcid)tcruitg ber SBcit-
tilation, welche 0 litte 3ivcifct in geraben Staunten leichter vor fid) gef)t, als in ge*
frümmteu. ©er Suttncl wirb auf feine gange übrige Sänge gerablittig unb fteigt
von ber ©übfeite mit 0 5 S)tnt. per SDtetcr bis ungefähr in bic SJtittc beS Sun*
ttclS, um alSbamt mit 21 SG S3tm. per Slteter gegen Sterben 31 t fallen unb mit
biefem Gefälle in baS Sljal bei SOiobane auSgutrcten. Senn man fitb) bie ©<hrcie=
rigfeif ber burd) bie örtlidjcn Iterltälfniffe nicht gebotenen Gegenfteigmtg fd)Hf, fo
gefdjah eS nur, um ein Gefälle für bic Ableitung aller fid) geigenbett Säffer her*
guftellen. ©ie 3 U biefem 3'vede beftimmte Stinne ift 5' tief unb befinbet fid) in
ber Slye beS SunnelS. SJteljrere Stühren liegen im Augenblicf baritt unb führen
23o^rmafd)inen unb Arbeitern Suft, Saffer unb GaS 3 U. Sc^fcreS wirb auS ber
GaSfabrif gugeleitet, welche gur ^Beleuchtung beS SunnelS fowobl als aud) ber
Scrfftütten unb ber fBureany beS ©tationSgebaubeS eingerichtet ift.
Sn ben Sunnel führen brei enge Geleife, auf welchen baS in Sagen gelabene
loSgebtodhcne Geffein f)erau§beförbert wirb. Sir begegnen beren mehreren, welche
in bcm f<hon auSgemauerten Sunnel bequem unb frei fich fortbewegen tonnen. Sc
Wetter wir jeboef) Vorbringen, befto beengter wirb ber ©uerfchnitt beS SunnclS.
£iet verwerten grofje Raufen Duaberfteine ben Seg, welche in ber Stahe beS
SmtnelS gebrochen unb 31 « Ausmauerung ber Siberlagcr bis gur jtümpferhi'he
beS Gewölbes verwenbet werben, unb halb erfcheinen Gerüfte unb Sehrbogen, auf
benen attS SJacffteinen baS Gewölbe auSgeführt wirb ©aS ©(hieben ber Stoll*
wagen, baS Buführen beS SJtaterialS, baS Stufen ber Arbeiter, baS Klopfen ber
£>ümmer, baS Äraren ber 33alfen, alles biefeS bitbet ein finnverwirfenbeS Getöfe,
unb ber biefeS GhaoS’ Ungewohnte hat alle Smutje, mit ber Grubenlampe in bet
$anb fich but<h bie engen Gähnen gwifchen ben Gerüfibäumeit hinburchguwinben.
Salb hören aud) bie Gerüfte auf unb au bic ©teile ber SJtauerung treten bic
AuSbrudjSarbeiten für bie Grmeiteruug beS vom ©ohlftollen burd;gogenen ^)rofile 8 ,
von beffeti Gttbe her fdwn baS Äradien bet auf ben ©fein ftofjcitben 33oI)ret ver*
nehmbar wirb. Auf beiben ©eiten fhtb Rimberte von Arbeitern befd)äftigt, mittelft
SKeifel unb Jammer Södjcr in bot harten «dö gtt bohren, weld;er in ber uttregel*
mäfjigften Sorm baS Snncre beS SumtelS gu einer Grotte umwanbelt, beren Quer*
f^nitt fich aHmälig verengt unb unS enbli<h gu ber f<hmalen Gaffe beS nrfprüttg*
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62 Ö --
ticken SehlenftoßeS unb ju bem auf einen iticbercn fRoßrongen gefabenen
gefteße füf>rt, welches bie 8 ©ohrmaidmtett trägt, für bereit jebe bie comprimirte
£uft in ('’iuttapevd'.iid'läudH’n jugefü^rt u'irb, welche reu ber Hauptleitung geipeist
it'erbcn. hinter biefent fKoßmagcn [teilt ber SÖaffetwagen, beffen SReierooir mit beit
in eine feine Spi^e auSlaufenbett, auf beit ©ehrmaichitten befestigten JRö^ren com*
municirt, um bitrd) bieielbett beit ©obtlöchern einen cotitinuirlichctt SSafferftrahl ju*
gufü^ren. 6 Arbeiter bilbeit bie SebienungSmannfcbaft für bie 8 33obrntaid)inen
unb [toben auf ihrem 'heften. üRutt «erben bie nötigen ,v>äl;nc geöffnet unb bie
comprimirte 'duft [eßt baS gai^e Softem ber ©Obrmajchinen in ©ewegung, oon
betten jebe 180 bis 220 Sdßage in ber 9){iitute auf baS Oöeftein macht, 2>ie Ülr*
beiter übermalen ben ©attg ber f'liatdjineti, leiften bie erforberliche fliachbülre, be*
fergett baS Sentieren unb medtfelu, «ettit uettjig, bie ©obrer aus. 3ft ein ©of)r*
lod? auf bie gehörige Siefe gebracht, io wirb bie betreffeitbe fDiaicbitte abgeftellt
unb bttrd) fteben ober Senf eit, ©erfebieben nach red;ts ober liufs, 0rebuttg um
einen gemiffett 31'in fei, iei e$ in vertiealent ober bovi^ontalein Sinne in eine neue
Sage eingeftellt, um eilt ^weites ©obrlodj 311 beginnen. 3 tuf bieie Söeife «irb fort»
wäbrettb operirt, bis jebe ber 8 fOtafdjineit 0 bis 10 Vöcber gebohrt bat, io baß
auf bent ganzen profil bes Stoßens 70 bis 80 iOiiuenlöcber, ntöglid'ft ^«ecfntäpfg
rertbeilt, I;ergeftellt «erben.
Sie eperfteßung eines ©ohvlodn'S 001 t 0 60 bis 0 70 SOI, liefe erferbert je
itad> ber .pärte beS ©eftcineS 20 bis 30 9)iinuten, unb es «ürbett alio, wenn bie
©obrarbeit ohne Unterbrechung fortgeiept «erben föunte, jämmt(id;e 70 bis 80
©obrlödjer in bödiftenf brei Stutibett voßenbet fein. 31 ber bie ©erfteßung ber 9)ia*
feinen, baS 3lus«ed;ieltt ber ©obrer u. f. «. nehmen fo viel 3eit in 3lnfprucb«
bap btefür u ' e reuiger als 5, tneiftens aber 6 Stutibeit erforberlid) finb. 3ur
leichteren Söfung beS öefteines, refpectiue jur (nböbung ber ©dirffantfeit ber fßtinen,
würben an einigen Stellen bes StoüenquerfcbnittcS mehrere 8 öd;er in einer flteihe
gattj biebt nebeneinattber gebohrt mtb ber ba^wücheit liegettbe .Sern mit größeren
©obrem, bie fid) nicht breben, beruuögejd)!agen, um biebureb bie fonft compacte
9lttgriffSfläd)e beS ©efteineS in einzelne fMbtheilungen 31 t 3 erlegen, welche oon bett
'Deinen um fo leidster gelöst werben. Sie einzelnen ©obrlöd'er werben nun ge*
trocftiet, gelaben uttb baS SJiafcbineugefteü iamntt bern SSaffettoagen gegen 80 bis
90 Sieter weiter 3 urücfge)d)obett, bis über jene Steße hinaus, wo fid) bie ftarfe
böljertte Sbüre befinbet, welc|e junt ooflftänbigeu 3Ibfchlufi beß Stoßens bient, um
beim SoSfebiefjett ber ÜJiinen bie Arbeiter unb Dia|d)ineu oor ©efebäbtgungen burd>
oorgefcbleuberte Steinitücfe 31 t jehüßett 2\iS ©Segrättmen beS ©efteiiteS nimmt aber*
malS eine oerbältitifwtäfjig febr lange 3oit nett 5 bis 6 Stuttbeit in Ütnfprudb unb
wirb habet in 24 Stunben nur einmal gesoffen. GS ift nicht 3 wedfmäfjig gefun*
ben worbett, behufs Oeffttung ber paffage für bie großen SJiaterialtranSportwagen
in ben Stoßen baS 9)iaf<binengeftefl nad) jebeSntaligem 2(bfchießen auS bemfelbett
berauS 3 ufabren, fottbern baSfelbe bleibt wäbrettb ber Sauer beS 9)iaterialtran$porte8
ba, wohin eS oor bent Ütbfcbiefjcn gebracht würbe, unb ge?d;iebt bie Sortfchaffung
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ber gelösten Sletmnaffen auf flehten 0 1 Äubifnieter ^altcnbcn SBägelcbett, bie ft<h
an bem Piaichinengeftelle vorüber auf einer neben ber eigentlichen Schienenbahn
fich fnngiebenben «pülfSbahn von 0 40 Bieter Spurweite bewegen nnb ben Sd;utt
btä vorne inö auSgeweitete Suiutelprofil bringen, wo berfelbe evft oen ten großen,
17 äSubifineter t;altenben £rattSpertwagen aufgenommen wirb, um mittelft Pien*
fd>eu ober Pferben außerhalb beS JunnelS genhafft 51 t werben.
Sie Planier, welche für ben SluSbrnd) beS lunnelgefteinö befolgt wirb, ift
im Slflgemeinen biefelbe, melde bei Soblonftollenbetricb befolgt wirb, unb beftebt
an« folgenbeu Operationen:
Sie Sobrinaidünen werben bl oft gu ber .'öerftellung bcS in ber Sire unb an
ber Sohle bcS SmtnelS getriebenen Stollens benüfct. 3ft biefer fertig, fo weitet
eine Slrbeitergruppe von 2 bis 4 fBohrpartieen ben über bent Stollen befiublicbeu
SRaum auS. /pinter biefer Oäru^'pe folgt eine gweite von ebenfalls .°» bis 4 ©ob’
rent, bie ben 'Kaum berftellt, welcher beit lunnelfirft bilbef, SaS auS bieieit gwei
Stnfbrüd'en gewonnene '.IK'aterial wirb burch eine in ber Sohlenftollenbecfe befiitb*
lidje Ceffnung in bie unten ftebenben 2 ranöportwagen geloben nnb auf ber provi«
forifchett Sd)ieueubal)it fortgefahren Pachtern fo ber auunelfirft erreicht ift, folgt
eine britte Slrbeiterpartie nach, bie bttrd) beit SluSbrnd; ber beiben tfefeu baS obere
Segment beS SunuelprofifeS oeroollftänbigt. dnblid; werben oon ber oierten unb
lebten (Solenne and' bie Seitenwäube auSgebrocbeu unb fo baS 'Profil auf feinen
gangen Ouerfcbnitt anSgeweitet. O'S ift einlend'teub, bau mit bem einmal getrieben
nen Stollen beliebig fiele St ugri ff fünfte gur SfuSweitung beS gangen Profile»
bargeboten finb, um bie SlrbeitSfräfte berart vermehren gu Tonnen, baff biefe Sin»-
Weitung mit bem 33orrücfen beS t)iicf)tftolleuS immer Schritt hält. Seit SluSbriuhS*
arbeiten folgt unmittelbar bie Plaueriiug guerft ber Üfiberlager unb bann bcS
wölbeS. Sa 8 Auunelgeftein geigte fidj iufofent bisher recht güuftig, alS in bemfel«
bett noch feine SBafferaber aufgefchloffett würbe. Sie gange bisher (Piitte 1S63)
burchbroctene Sänge ift mit SluSnahme weniger Stellen bnrdjauS troefen. Pod)
bleibt gu erwähnen übrig, baff ber tägliche gortfehritt beS SoblftoDenS in 24 Stun«
ben burdhfehnittlich 120 SOJeter beträgt. (3d;luff folgt )
$er ©efaubienniorb in ^etjeran.
(10. gebruat 1829.)
(fine Spifobe anS ber neueften ©efdjichte PerfienS.
S5on <B>. W.
(S<hiu§)
Sie mannigfaltigen Schlagwörter, beren man fich im ciuiliftrteit Slbenblanbe
bebient, bie Piaffen gu bewegen, waren unb finb im mohammebanifeben Oriente, mit
SluSnahme von gweien, unbefannt. „junger" unb „föebrohung beS ©laubenS“
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522
lauten bie eingigen hinmehntb fräftigen Baulmerntclti, um bic groftc 9)1 enge au6 ihrem
letburgitd’en Schlafe auTjuicbvcrfen, irdchc Shatfache im Ülbgange c!nc§ gebilbetcn unb
vertu ögcnbeit 9)iittclftanbe5, ber befähigtlvdro, fid; für 7>ra{jen anbcrerSlrt 511 intereffiren,
1111b in bau burch beit koran geprebigten Cuictiöinu? überhaupt ihre ©vflärung
fiitbet. ©cutiing uub 3?cnü|tung ber leuteren Aovme! lieo,! ber 3’ialnv ber Sad;c uad;
auöubltofUic!; in beit Rauben ber Ulenta (©ciftlidifeit), welche fie, je uad; ihrer Ülnficht
uub ihrem Jittercffe, halb gu fünften ber Siogierung, halb tviber biejetbe aiiwcitbef.
em gegenwärtigen Jsalle [teilten fid; biejelben offen auf bic Seite ber 3)clf6=
ftininimtg, ba von ben burd) ä?ertrag?artifel gebunbenett politifdicit SJlachthabcrn
olntebem feine Unterftüfmug gu erwarten ftanb. Sie fd;idten bah er einen vertrauten
'-Boten in baS ruffiid;c .pctel, nnt ben ©cfanbtcn aufguforbern, bie leidgenannten
Sclavinncn fKrauögttgeben unb weiteren 9lad;forfd)ungett gu entfagen. Sir ©eijt»
licf;e — argumentirte ber Unterhanblcr — haben mit krieg unb ^rieben incbtö gu
. [Raffen, bürfen aber anbererieitS als .püter ber religiöfcn Sajtungeu nnb ©cbräudje
nidjt fchweigeit, wenn eS auf einen offenbaren Angriff auf biefe nuferer 0 bf)ut an»
vertrauten (Witter abgefehen ift. 3(16 fold;er aber muffe ba 6 Verhalten be 6 ©efanb»
ten angefetien tverben, bentt grauen, bie fd)on feit fo langer Seit bent Sölam an*
gehörten unb SOiütter unb ©rofmütter von 9Jlof)ammebanern geworben wären,
tvieber ihren früheren 9ieligienögettc{]en au§liefern, Reifte gewiffermajjen auch ihre
gange 9iad;fommenfd)aft unb fornit einen großen Siljeil ber mofjammcbanifdjcn ©e=
meinbe bem gleid;en S^icffale preiögeben. glätte ber Sdjal;, um fid) im SSefi^e
feines 5Reid)e§ 3 U erhalten, berlei 3Sertrag6vctbinblid;feiten cingegangen, fei e 8 feine
Sache; fie felbft, bie Ulenta, aber fonnten von i fitem Stanbpunfte au§ beren ©in»
Haltung nidfjt geftatten, ba fid) fonft alle 9Kcl;ammebauer ^)erfien 6 gegen fte er»
heben unb ihnen 3ld;tung unb ©ehorfant verweigern würben.
©riboieboff febodt) lief fid; burd; bie IBorftcUungen beS ©lcru 8 von feiner, fei e§ in
golge geheimer Snftruetionen ober, wa§ wahrfcheinlicher, eigener ^artnärfigfeit, nun
einmal eingenommenen fd;roffett Haltung cbenfowenig abbringen, als et bem Staatgober«
haupte felbft gegenüber fit^ in biefer SBcgiefmng SRütffit^t auferlegt I;atte. ©r füllt ben
Unterhänbler hart an unb jagte ifjn enblich unter Sd)impfrebcn bei ber Sfmn’ fu n « u §-
Stuf bie Utachricht von biefem fe^lgeft^lagenen 23ertnittlung5uerfud;e ver»
fammelte fid? bie @ei|"t(icf)feit in ben 9Kofd)een , wo fie, vorgüglidj auf
ba 8 laute ©rängen be§ einflußreichen Sntam $abfd;i fDtirfa Sülejfih, bie Sin»
wettbuttg gewaltfanter ©rohmaftrcgcln bcfd;lofi. ©ie ohnebem fcf)on ruffenfeinb»
lid;c Stabtbcvölferuitg, burd; fauati)che fPrebiger noch mehr aufgeregt, gerieth
in Bewegung, bie Sabcn unb ©cwülbe würben gefd;loffen unb f})öbell;aufen, burch
Sitßüge auö ber Untgegeitb vermehrt, umlagerten halb bie Sohnung beS ©cfanbten,
mit lautem ©efdtrei bie 3(u6lieferung ber barin gurütfgchaltcitcn beibett grauen
begehrettb. SSergebettS fd^iefte ber Sd;at; mehrere feiner Söhne unb attbere ©rofe
mit militärifcher ^Begleitung ab, bie tumultircnbe SJienge gu gerftreuett. Stuf, wie
ein eittheimifd;er ©hrenijt verfichert, ttahegu 100.000 SJlann attgewad;fen, etttgeg»
nete fie bie Slbmahnungett mit bem 9 tufe, fie werbe bie Schärfe ihrer Soffen
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523
gegen ben Äonig fclbjt Fe[;veu, weint biefer c8 wagen feilte, für bie Aeinbe beS
©InubcnS Partei 311 nehmen.
Srofbem ifi c?>, mtb bie einhcimifdwn ©cwährSmänncr vevfidyrn cS auch
auöbrüdlich, nicht angunehmen, baf? bie ©ciftliddoit hei Slngcttclnng bc§ UlnfftcinbeP
Weiter gu gefeit bcabfichtigt habe, a!8 ben ©eianbten eiujnfchüchtevn, um ihn hin
ficbtlid; ihrer 9 lu 5 liererung§fcrbcrung gut Bachgiebigfcit 311 vermögen. Sind; halte
fie ihren SBJillcn bereits buvchgcfcjd, inbem Owiboicboff, ba8 Stcrgftc hefürchtenb,
enblidi bod; bie heibeit verlangten fsrniKit in Begleitung be8 Sumid;cn Jafub 311m
ihore hiitaU'Mietj nnb ber Bi enge überantwortete, a!8 einer ber hei ähnlichen 21ih
taffen fo 311 fageit gur Siegel geworbenen unghidlichcn 3 wifc!,'enfätle bie Scene
ple&lich 3m* hlutigften Sntwidlung fteigerte.
Um nänüid; bem ffV'bcl ben Eintritt 3U Wehren, hatte ©viboiebeff bie Ihcre
feincS $otcl8 verrammeln unb fein theilS atiS eigenen, theilS anS non ber (jorfitdeen
Begierung il;m hcigegeheiten Seuten heftel;enbe6 ©efolge von etwa 200 Biaitu auf
bem flachen ©ad;e be8 £>aufe§ pejtirt, um im äuforften Salle bie Slngrcifer buvcf)
©efehüßfeuer gu vertreiben. Bon bort anS fiel nun unerwartet 1 * 3 ein Slintcufdjufc
in bie verfannnelte Bienge, ber einen ntohammebaui)d)cu Jungen tobt hinftredte.
©er 2 lttblid be8 fiifdien Blutc 3 äufevte auf ben faunt beruhigten Böbel biefelbe
SBirfung, welche er auf ba8 gegähmte Siauhtliier hervorbringt. 2118 elfte Bepveffalie
würbe ber noch in Blitte beS BottcS guvücfgebliebene Unheilstifter 2 tga Jatub in
Stüde gehauen, fein Äopf auf eine Stange geftedt unb im Sriumf'he unihergc=
tragen. Sin allgemeiner Sturm auf baS i)au8 folgte, ba6 $h cr »urbe eingef^'la=
gen, bet ©efanbte nebft 37 Berfonen feiner Begleitung niebergemcljelt, baS Erntet
felbft bemotirt unb — fo weit ging bie Srbitterung ber rafcnbeit Bienge — ber
©runb be§ Kaufes felbft umgewühlt unb in Raufen geworfen. Bad; vollbrachtem
Bad>ewerfe gerftreuten fich bie Biaffett mit grofer Sctjnclligfcit nach allen Seiten,
fo baf e8 nicft gelang, bie eigentlichen BäbelSführcr leimen gu lemen. 2 (d;tgig ber
Angreifer blieben al§ Seidjen auf bem $Mafe. Born ^.Vrfonale ber ©efanbtfd;aft
entging nur ber erfte Secretär, Bialgoff *, bem allgemeinen Berberben. 3 m £ötel
(ober anberSwo?) verborgen, vertraute er fich einem Biohanuncbancr an, ber il;n in
Sicherheit brachte. Sobalb ber Sd;ah von feiner Bettung Äunbc erhielt, lief er
ihn gu fich rufen, überhäufte ifm mit ©efchenfen nnb fchidte ihn unter fieferem
©cleite nach SauriS. ©ic Seichname ber erfd;lagcncn Buffen würben auf löniglichen
Befehl in einer ber armenifchcn Gabelten ber ^auptfiabt beerbigt, von wo jener
beS ©cfanbtcn fpatcr nach ©ifliS übertrag en unb bort beigefeht warb s .
Ungeheuer war ber Schrcden beS £ofc8 unb aller perfifdjen BegicrungSorgane
übet bie unter ihren Singen verübte Selbftjuftig unb blutige Bcrlelcung ber ©oppcU
1 Sem „Nassich ettcwarich® 3ufotgc hätte ©ribeiebeff 311 feuern befehlen.
1 ©erfelbe ift gegenwärtig Statt; im taif. SDiiniftcvhmi bc8 Stenfjcni 31t St. yetcrebmg.
3 ©ort je(}te it;m feine Scan, eine georgifebe fviirflin, einen ©enlflein mithin (ebenen (Syi=
tapb: „©eine S(;aten nnb ©ein SRubm werben ewig im ©ebäet;tn ifje ber Stnffen leben; aauun
aber bat meine Siebe ©ich überlebt?"
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Pflicht bcö Gap mtb SSölfctrechteb. Gilt augcnblicflicher SieberaitSbrud; bei - $etnb*
feligfciten festen unoermeiblid; uttb mupte tun jeben i'reib »ermieben worben. So
backte ror Ellern bor Äronprinj, bor in ieiner Stattl>alterf chart 'Äferbeibichait bem
Singriff bcS faum »erföhnten mächtigen Slacbbarb junac^ft aubgefept mtb überbies
aub perjönlidjem Jntereffe für ben «rieten geftimmt war. Äaunt batte or ba^er
burd) 9)taljoff äionntuip »on bem Greignifje ermatten, alb er eine breitägige Trauer
für bie gefantmte Garuifoit »on Saurib anorbttete. wä^reub welker 3eit aufjetbem
jur Grböhung beb GinbrucfeS bie Gevichtslocate unb Serfaufbgewßlbe gefchloffen
blieben. 3ugleidj liep er fiep »on bem Geretteten eine Grtläruitg beb 3n^atteb aub=
ftellen, bap fein Gpef, ber getübtete Gefanbte, bie ftataftroph« burd) fein eigeneb
unangemeffetteb betragen felbft beraitfbejcfywoven habe unb, auf biefeb Secument
fid) ftüpenb, rieb tote er eilt fet>v »erbinbliches Schreiben an i'abfewitfcb, worin er
bab betragen Griboiebop unb bie .s^epereiett ber Geiftlicbteit, welche, »om 9leli=
gionbeifer i'erfüprt, beb ichulbigeu Geborfamb gegenüber ber Staatsgewalt tergeffen
habe, alb SBeranlaffungeit beb gefächenen Unglücfeb be^eidjuete, bie perfifepe t)ie«
gierung, welche nicht einmal bie beim Sittentat Setheiligten aufjufinben vermöge,
»on jeber Sdjulb rein ju wafepen »erfudjte, bie Hoffnung aubiprad), Siuplanb werbe
fciefe Gntfcbulbigungen nad; Silligfeit würbigett, fid) bezüglich ber ju leiftenben
Genugtuung bem Shtsiprucbe beb ruififd>en Cberfelbhenu unbebingt unterwarf unb
id)liep(id), fallb ^abfewitfd) felbft fiefj hierüber itidjt auefpredjeu wolle, an eine
freimbid;aftlid)e Vereinbarung jwiften ben beiberfeitigen Staatsoberhäuptern appeL
lirte. SRal.jop Grflärung würbe biefeiu S treiben beigelegt unb er felbft alb
Xräger besfelben nad) 2ir(ib beförbert, »on wo er bie IRciie nad) St. 'Petersburg
fortiepte.
3n Seherau hingegen war mau, wie es fepeint, feiitebwegb io »erfühnlich ge=
[timmt i, alb am epoflager beb Ätonprinjeit, ber »om norbifc^en Machbar nicht nur
SlUeS jn fürsten, fonbern auch 2Ulfb zu h c ff ett h a tte, inbem föuplanbb »ermöge
beb lepten Sractateb neu befräftigte Slnerfennung feiner Werfen alb Äronerben
allein ihm bie ungeftörte Nachfolge auf bent väterlichen Sirene fidjerftetlte. 3n ber
Umgebung beb Schah machten fid) nämlich gerabe bie entgegengefepten Ginflüffe
geltenb unb feine übrigen Söhne, bie in Qtbbab ÜRirfa'S »on Vicplattb ga«
rantirter SS^ronfolge ein unüberfteiglicheb Jpinbernip für ihre eigeneu ehrgeizigen
Stbfidpten erblidten, brangen in ben alten 50ionard;en, ben gleichzeitigen Ätieg
ZWifcpen biefer Söiadjt unb ber Pforte z« benüpett, um in einet abermaligen Scpilb*
Erhebung bie früheren Sparten aubgumepen unb vielleicht bie abhanben gefomme*
nen Prooinzen zurüefzugewinnen. Dbmanifcpe Agenten unb englifche Ginflüffe follen
Sethali in biefer SRieptung z« beftärfen beigetragen unb auch wirtlich friegerifepe
tRüftungen ftattgepabt haben, unt bei einem etwaigen Grfolge ber 28apn beb Sultanb
albbalb auch felbft bie Srinbfeligfeiten wieber zu erepen.
1 äo bei gonton („La Russie daos l’A&je mineure, 2. 402). Die perfiidjen QutOen
erwähnen bieoon nicpM. '
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58 aS $>jefcwitf$ anbclatigt, io lag iijm fcogreifitc^cr Sfßeifc Alles baratt, ftd)
gleichzeitig mit bcm zweiten Selbjuge gegen bie 'Pforte, $u bem er eben SBorberei«
hingen traf, nicht and) ben perfiieben 'Angriff auf beit v>ale ju laben. T'aju waren
if)m bie Serbaltniffc jwiichen ben beiben prrfiichcn diefibenjen Teheran unb ÜauriS
»o^lbefannt, baber er fein Antwovt'd'reibcit ‘ an ben Kronprinzen io abfaftte, baß
cd citterfeifS biefen in ieinen friebfortigcn ©efinuuugen beftärfte unb anbererfeits
burd) bie 9 )iäßigfcit ber gefteflten SatiSfactionöfcrbcrungcu ber (5entralregierung
fetbft bie Annahme bcrielben erleichterte.
„0er grcf;mäd)tigc Sd;af), 3 br 2>ater" — beiüt cd in biefem eben io id)lau
berechneten, a(S würbig gebahnten Actcnftüvfe — „will Krieg anfangen. Angenom»
men, baff Sic, feinen befehlen geborebenb unb ben Umtrieben 3 brer 33 rnber nach*
gebenb, bie Operationen beginnen, werben Sie boeb im Königreiche nicht mehr als
böchftcnS üü.000 59 inmt ftrcitfäl;igc 9 )iaunid;aft aufbringen. Untere (^renjprotinjen
haben nun allerbiitgS feine auberen in'vtheibiger, alc> bie Gruppen, welche bie ge«
ftungen befeßt ballen. Sie werben baber im fötonate 3 uni in baS offene Sanb cin=
bringen unb baSfelbc verheeren föttnen; bagegen wirb eö 3 h nen nid)t gelingen, bie
feften ■pläfje ju nehmen. Senn, Cfurc .Roheit haben bereits ans (sifabrung fennrit
gelernt, baff bie ruffiieben Srnppen biefelbett nie freiwiflig übergeben unb ^Innb»
oorratb ift, wie ich vcrfichcrn fann, bafelbft im Ueberfluffe verbauten. So werben
3b rc Erfolge unweit ber Cörenge ihr 3icl fittben, benn, furchtbare, vom ^cinbe br=
fefctc 'Pofitionen int fRücfett laffeitb, werben Sic ficb nicht entjcblicftcn Tonnen, wet«
ter vorjurücfeit fOieinerfeitS verhimmle ich 25.000 fOiann unter ben flauem von
Karft, marfebire gegen bie Surfen, fcblage fie am Saganluf, nehme Cfrjerunt unb
rücfe im October, wenn bie ©ebirge mit Schnee bebeeft ftnb unb 3 h*wn bie 9 Jlög=
liebfeit ber SJerbinbuttg mit bem SeriaSfer abgefchnitten ift, über 33 ajafib nitb (iboi
gegen SauriS. 3 n biefer SahreS^eit finb bie Sruppencontiugente beS Schah unb
3 h«r Sritbcr bereits in ihre Heimat zurücfgcfel;rt. Sie werben baber einzig unb
allein mit ben Snrppen aus Aferbeibfcfcatt mir gegeitüberftehen; ich werbe baS
ßanb erobern, um eS nie wieber herauSgugeben. £>icmit ift and; alle Hoffnung, je«
malS ben Sbvcn 3 h rf§ 35 aterS 3U befteigen für Sie verloren. 9 tvcb vor 'Ablauf
emeS 3 abrcS wirk kie ©mtaftic ber Kabfcbaren aufgehört haben ju regieren. SBaS
im festen Kriege gefchah, wirb auch Kl'* gefd;ehett. 3 <ät)lcn Sic weber auf bie lier«
fprechuttgen ber ßitglänber, noch auf bie Serficbcrungcn ber Sürfen! 2>cr Sultan
ift in ber gefäbrlichften Sage. Unfere glotte blofirt bie Sarbaitellen unb fdmeibet
Gonftantinopel bie ScbenSmittet ab. Ser Atmiral Aumani ftebt jenfeitS von Sur*
gaS. Abrianepel ftebt mit Schrecfett ben Augenblicf feines Falles voraus. 2 )er
2 ßitte beS ÄaiferS wirb unter allieitigem 3 u'ammengveifcit auSgeführt unb jwar
burch Gruppen, beren 9 )tuth Curepa fennt. Sie tfnglänber werben Sie nicht ver«
theibigen; ihre 'politif hat fein anbereS 3 ntereffe als baS ihrer 3 ?cfipuitgcii in 3 nbien.
3 Bir Tonnen in Elften ein Königreich erobern, ohne baft Heb jemattb befsbalb beim*
* (Sbenfall? bei Jeutcn 3 . 40 ö.
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ruhißt fül;lt. Sn Guropa fanit jebcr 3oß Grbe blutige Kriege ^eri'orrufen; bis
4 .fti'fei ift 311111 europäischen ©leidigewichtc nefhmenbig, aber bie europäischen
aUäd^lc fümnicnt jid) wenig baruin, »er in Verfielt berrfd;t. Sf;re potitifche Silbe
nciibcnj i|t in nuferer ,£anb. Olffe Sh« Hoffnung muff auf Siufjlanb beruhen;
bii'joä allein famt Slneu Untergang bejdtleunigen; biefeS allein ©ie ftüpen."
5)iid;t miitbcr offen, männlich nnb ftaatSflug tauten bie Siat^fc^täge, womit
bieieö merfnu'ivbige Slctcnftiicf jdUieft: „0a Gute Roheit — hetfit eS bort —
meine perföulicbe Weimmg 31 t fenueit liniimfyen, werbe ich biefetbe mit jener Stuf»
ricptigleit aas!ptod;cn, bie .ftceybiefell'en bereits an mir fd;äpen fernen fonnten. Um
bie Grinueruugen au baß Attentat, Welches Sicfel&en fo fe^r bebauern, auSgntöfdjen,
giebt eß nur ein Wittel, nämlich binfiddüd; beß rem 'Pöbel von ©ebeiun verübten
treulciou 23crratbcß, bie i'evgcitniug unteres gieren Wonard;en anjnfletjen. ©tiefen
3wecf tonnen ©ic erreichen, iitbeiu ©ie mir einen St;rer ©rüber ober ©ofute nad)
2iftis berfeuben, von wo id; il;u als 53 oft datier nad; 'Petersburg weiterbeförbern
werbe. Sd; neunte es auf midi, bieten ©djritt fcitenS meines ©onoeraiuS genehmigen
311 madien. Um glekbgeitig 3inf;!anb einen 33eweiS jener itubängticfjfeit jn liefern,
bereu ©ie miß io oft verfidjerten, müffen ©ie babiu wirfeit, baj> bie fPctitif beS Schah
eine aitbere Diiditung nehme. ©ie muffen bet Sitrfei ben ßlrieg erliäreu, in iftc
Gebiet einbringen nnb San angreifen. Sd) meinerfeitS verbreche Simen f>iorgu
5'Sajfen nnb ©efd;üpe unb werbe Seiten mit meinen ©nippen beiftet;en, biete Gr»
oberungeit burdigufiibren" n. t. w.
5>iefe Sprache, unterftüpt von ben ©orftcllungen bcS UeberbringerS, Surften
.Uubufdicff, ilbjutauten 'PastVwitidiS, tt;at bie beabftddigte 5'oirfung.
Sie X'llliang gegen bie ©ürtei tarn gwar nicht 311 ©tanbe unb in ©et;eran
glaubte mau aud; in 53 egug auf bie Ülbbitte möglidift wohlfeil burd^uTommeit, in»
bent nun bie verlangte aujjerorbentlichc 3?cttd;aft nad; Petersburg ntd;t, wie paS»
fewitfd) augebeutet !;atte, einem 'prin 3 nt beS lüniglidten ©aufeS, foitbern einem
SSürtenträger von vcrhältnijjmäfjig nieberem Öiauge anvertrauen wollte. Sod) fam
fcer Jitronprins tiefer offenbar ungenügenben Wafjregcl 311001 ’, unb noch et;c ber neu
ernannte ÜBotnfafter in ©egleiümg eines jüngeren 53ruberS SlbfcaS Witfa’S in
©auriS anlangte (d. Wai), um bie weiteren Wobalitätcn ber Wiifion 31 t bcfprcd)cn,
l;atte Gf;osru Wiria, beS ©lircnerben fiebenter ©ohn, mit feinem Gefolge bereits
bie 3ieife naih ©iftiS angetreten, 'öctfjali ©d;ah, ^icoort benaihrid;tigt, madite noth*
gebntngen gute Wiepe 3 nni böfen ©piele. bod; hatten bie hieburch itöthig gewor»
benen 53eränbcntngen in ber 5lbfaffung ber Grebitive no<h längere ©e^ögermtgen
3 ur Selge, baher baS nadjgefeubete, für ftnifer fJKfolauS beftimmtc fßnigltchc Gut»
fchulbtgungSfdjreiben ben 'Prin 3 cit erft in Siowgorob erreichte.
Sn ber ruffifd;en ßpauptftabt würbe ber fürftliche ^Diplomat mit 5 (uß 5 cid)nuug
empfangen, ja beim Ginsugc gab ihm — wie bie cinheimifchen Ghroniften mit
©elbftgefühl erwähnen — ber Ggar fogar bie Ghre, ihn einige Schritte voraus
reiten 3 U laffen. 'Jtitd; fcheint et fid;, trop ber ®d;amröthc, welche bem nach orten»
falijcher 2(rt er 3 ogcncn jungen Wanne bet ülnblicE ber uuverfchleierten ruffifd^cn
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527
.pi'iMmcit anfänglich auf bie DBangeit trieb, fddietlid; tu feiner neuen ?age red;t
wohl befuuben gu haben, ba fid; fein Olufentl>alt am ©garenbofe biö ins näcbfte
3al;r vergeg. 22äl;renb ber ganzen Sauer beöfelfcen mürbe, fo lncit ging bie rüd*
fid)tövol(e .bwflid;teit beö faifeilidieit ©afttreunbeö, ber Dlame ©riboieboff uidjt
auögefyrecf)en unb ihm vor feiner Dlbreife alö wnbrl;aft laiferlidoö 2lbfd;ieb?gefd;cnf
eine ber neef) aueftänbigen Äriegöentfd;äbigungöra(en gang erlaffen, eine attbere auf
3 al;reöfvift verlängert.
Um bagegen burd) einen diet ber 'Sühne am Drte ber geichebenen llntbai
felbft bie ©euugfhuung ned; auffälliger unb vollfiänbiger gu madjen, ivar mittler*
weile aud) ein ruffifdwr ©efanbter, AÜvft ©olgerufi (im 3uli 1821t), in Teheran
crfdjieucn unb balle bie Verbannung beö geiftlidvn jpauptanfiifterö beö Dliicntateö,
üOiirfa fÜieffib, nnb bie fxrftuebnuing unb ■£'inrid)tung eineö gewiffen Oiifalulibeg
verlangt, welcher verläftlicbeit Dingeigen'gufolge am Sage von ©riboiebeffö ©rmor=
bung, am Sd-auplabe ber 3bat mit einem blutigen DJieffer gefebett unb bann find;*
tig geivcrben war. Serfelbe tvurbe aud; wirflid; halb baranf ergriffen unb auf
öffentlichem s piaJje vom beben guin Sobe gebrad;t.
©toberes „äteg’fgerbredjen" vevmfad;le beut Schab bie Dluomeifung bes fana-
tifeben omam, ba berielbc bei ben -dJiaffen in Dinaren ftanb nnb feine Schüler
auögeftreut Ratten, man wolle ihn, fobalb er bie Stabt verlaffen f;aben werbe
fcftuelfmcn unb an 3iuf;(anb auölicfcrn. 9)ul;rere fOiafe lief; ihn ber fDtonavd; gu
fid; entbieten unb befd;wor ihn veriönlid), im Sntereffe beö Staatewof>(eö fid; für
einige 3eit auö ber äbauptflabt gu entfernen, bei melden UeberrebungSvcrfudcn ein
anbereö angefelfeneö DJiitglieb beö ^riefterftanbeö ben Äönig unterftüfgte. Dl ber aud;
nachbem et felbft fid; l;iegn geneigt erflärt I;atte, Wollte ihn fein beforgter D(nf;ang
nid;t giel;en laffen. Seitn, alö er, von ber Oiegierung gebrängt, fid; enblid; mirflid;
gut Dlbreife anfd;icfte unb feine Dlefd;iebsbefud;e mad;te, rottete fid; baö Voll gu*
fatnmen unb bie Sewegr.ng mürbe fo brol;enb, bat bie Sljcre ber ©itabolle, worin
ber löniglid;e s J>alaft, gefd;loffen unb auf ben Dvällcu 0efd;nf;e aufgefal;ren werben
mutten. Srohbeni bauerten bie Dlnfammluugen fort, unb fd;ou wollte §etl;ali
Schaft, auf baö ,£od;fte erbittert, eine allgemeine Diiebermeblung anorbnen, alö eö
gelang, SDiirfa SDieffit; verbleibet auö ber Stabt gu fd;affen unb l;iemit aud; bem
lebten SBunfd;e beö bclcibigten 9iad;barö gered;t gu werben.
„So" — fd;liett einer ber einfjeimifeben @rgäl;(er, we!d;ent bie obigen ©ingcln*
feiten gröttcnll;ei(ö entlehnt finb— „gelang eö, baö gitm gweiten Sffialc auö bem
Sdjlunimer aufgefd;rcdte ÄriegÖnnl;cil wfeber eingnfd;läfern unb ber Sdjal; gewann
bie nötl;ige 50iute, feine bem @i gleich weit glängcitben ©ebanfen aufö Oleue ben
inneren Uebelftänben beö Oiei^eö guguwenben."
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2>ie ©d)lad>t bei Mm 1813*
33on 3®älfynnber 4?reiljfrrn v. tpflfort.
('l'.Mfii 1863. Ä. f. .pef> «nt StMtstnirffrci.)
Es mangelt wol)l nid't au 23efd'reibmtgcu jener merfwürbigen Schlacht, welche
rer einem fcal&cit Jalnljunbert io riel beitrug, bie noch furj vorder allgewaltige
Stellung fJJapolecnß I. in Seutfchlanb 31 t untergraben; aber auf fDiittbeilungen oon
terfcbiebeneit Seiten geftüjjt, bie grötjtcitth'ilS au mitten in ber wilben 23ranbung
beß Äampfeß empfangene Einbriicfe nnb Erinnerungen fid; fnüpfen, war eS bisher
jdjwer, fict) auß bieten, in oft weieutlicben fünften eiitanber wibcriprechenben Sar«
ftedungen ein einheitliches 2?ilb jener mäd;tig bewegten Vorgänge 31 t jd;affen. Eß
beburfte einer fdürfen fritiid;en Sichtung, um 3eit unb £)ert(id)teit nad) Möglich«
feit feft 3 uftetfen unb auch ben mitwirfenben 'Perfönlidifeiten ihren listigen ^plajj
au 3 uweifen, bie benietben 3 ugefal(eite unb factifd) gelöste Aufgabe aufjnftnben unb
3 U bejeidmen.
Ser Sßerfaffer ber eben genannten Heilten Sdirift l;at unter Prüfung unb
5Perglcid;uitg ber rorbaubenen Duetten biefc fdjwierige Klärung ber Sh a,,ac h fn
unternommen; er bat ben in ben S (blad) tberiebt eit oft rerwerren augegebe«
nen Stunbengang auf ein richtiges Mcbium 5 urücfgefithrt unb burd) eine ber
Schrift angehängte UeberfidjtSfarte baß außgebehitte Sd;(a<htfelb auch iflujtrirt.
2 «aß wir aber an feiner Schrift als ein Serbienft h er) -' Dr h e hen muffen, ift,
baj? fie bie MifwirTmtg öfterreiebifd; er Äviegsfübret unb Sruppeit an bem Siege
ron Aitlm, eine Mitwirkung, bie fonberbarer Steife in ben bisherigen Scbilberun»
gen fid) nteift überaus farg unb nnbefriebigenb angebentet finbet, unbefhabet ber
33erbienfte Sinberer. in baß gebübrenbe Üid;t [teilt. „22ir wollen unß nicht mit
fremben gebern fchntücfen, aber wir wollen and) nicht länger bulben, bah man unS
bie unferigen außrnpfe!"
3unächft werben bie für ben ©ang ber Ruinier Sd;lacht fo wichtigen 2$orer=
eigniffe bcni Vefer in einem nötbigen Ueberblicfe rorgeführt unb barauS ber Scbluf;
ge 3 ogcn, bah hie Ehre ber Sage tont 26. Üluguft biß in bie Morgenftunben beß
29. bem 'Prinzen Eugen oon SBürttemberg, ntifiid;em ©enerallieutenant, gebührt
Sie tapfere ©egenwebr in bem ©efechte bei Ärie 3 fchwij?, ber Marfd) ton 3ehifa
über $erg=©iehhübel unb ,‘petteubcrf nach ^eterswalbe, ber Sßettfampf mit ben
rielfach überlegenen, ton allen Seiten nadibringeuben unb hereinbrechenbeu Srup«
pen 2>anbamme e, jur ©cwinnuitg ber grofien .öcerftrafje nach höhnten, ber Mutb,
bie ffluSbaner, bie Entidttciicnbeit, bie Vebenbigfeit nnb ©eifteSgegenwart, womit
ber 'Pring in einem faft brei Jage unb brei Mächte btuburch unaußgefehten Mar«
ichiren unb Schlagen julelit ben groben 'Preis beß Äampfes 311 erringen wuhtc, alles
baß fidjert ihm einen gefeierten Planten in ber ©efd;id'te jener creignifwollen Sage.
Sie Schladit bei Ä'nlm ift eine „Sdttadit bes Jufalls, im ©anjen U11311«
famntenbängenb" genannt worben, llnfere Schrift beftreitet mit guten ©ritnben bie
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fRichtigfeit biefet Bezeichnung unb »eist barauf t>i«, bafj bie epauptbegebenheit com
30. Augufi, bic com Surften Schwarzenberg genau corhergefehen unb berechnet
war unb für welche ber rufftfdjc .peerführet SBarclap bie beftimmteften, im 2aufe
ber ©<$lad)t ber panptfadf)e nach burchauö eingeljaltenen 9lnorbnungen traf, jenen 9ia=
men burc^auä nicht cerbiene; hingegen biete ber erfte ©ct)(ad;ttag (29. Auguft) in
ber 2^at bie intereffante (ärfdjeinung, bafj beibe Gegner nicht nur ihre eigentliche
Aufteilung erjt wäl;renb beö Gefedf)teö entwidfelten, fonbern felbfl bie Gruppen mit
benen fie biefelbe auöfüUten, grofjentheilö erft im tjaufe ber ereignijjcollen ©tun*
ben erhielten.
©iefer erfte ©cfjfactjttag brachte ftarTe SBerlufte, aber auch bereits wichtige
Grfolge, fo fcafc Surft Schwarzenberg auf ber 2Saf)Iftatt beö 29. Angufi corauö»
fagte: „morgen wirb einer ber fchenjten Jage fein“. 9lo<h am Abenb beS 29
trafen Surft ©djwar^enberg unb Graf fönbepfp bie Anorbnungen für bie ©chtacht
beS folgenben Jageö. ©er General en Gf)ef ber rutfif<h*preufjifchen Jruppen, Bar»
clap be Jollp, feilte bie Oberleitung übernehmen unb unter feine Befere würben
bie öfterreichifchen ©icifionen Goflorebo unb 23iattd)i, fo wie bie Gacalcriebrigabe
©orbenburg gcftcllt; bet hctoifdjc Gntfchluf) beö preu§ifcf)en Generals Äleifi, fiep
im SRüdfcn Banbammc’ö über SRoflenborf ben $>cg ju ber eerbünbeten Armee ju
bahnen, würbe in ben ©chla<htp(an miteinbejogen. ©er Setnb müffe, fo lautete im
wefentlidhen ber con füabcjjfp’S eigener panb gefchriebene, coit Schwakenberg unter»
zeichnete Befehl an ben General Batclap, con Äulm bis s Peteröwatbe jurüdfgebrangt
werben, währeitb bie Golomtc beö Generals Äleift über baö Gebirge her im SRüdfen
beö Sfinbeö mitwirfen unb con ben .pöhen h ctn ^ nachbrücflich h nn be(n werbe.
Auch an Godorebo, an Siandji u. 9t. würben bic befehle con £RabepTt)’d panb
gefchrieben, com Surften Schwarzenberg unterfertigt unb gelangten noch am 29.
fpät Abenbö ober in ber SHacfjt com 29. auf ben 30. an bie Orte ihrer Beftim»
mung, Beweife genug, bafj baö grofjc Gteignifj com 30. Auguft nichts weniger
als eine „©flacht beö BufallS* war.
©ie öfterreid;ifchen Heerführer, welche ber 33efehl ©d;warzcnbergö auf baö
Selb ber Gfjre rief, baitften biefe Auszeichnung jumeift bem Umftanbe, ba§ fie
ihre Gorpö unter ben erften, unb zwar in einem ccrgleid)öweife leiblichen Buftanbe
bur<h bic ©<hlud;ten beö Grzgebirgeö hrrabge bracht Ratten unb mit benfelben bem
jhtlmer Schauplape zunäd;ft ftanben; fie cerbienten aber auch biefe Auszeichnung,
ba fie z« ben tapferften unb entfctjtcffeuftcu Generalen ber f. !. Armee zählen-
Gö waren: picronpmuö Graf GoHerebo=fOiannöfelb, Sriebridh Bret^err c. Bianchi,
^)rinz Sriebridh z u peffempomburg unb ^rinz Serbinanb con ©achfen»Goburg.
©ie entfdheibenbe Aufgabe beö SageÖ, nämfidh ben linfen Slügel bet Sran»
Zofen Z u umgeheu unb fcitrd) rafdje Borrüdfung gegen Aufd)ine unb Arbefau Ban»
bamme ben iRücfzug auf ber fRctlenborfer ©trafjc abzufchneiben, fiel bem regten
Slügel zu, Welchen bie Oefterreicher unter Gollorebo bilbeten, bem auch bie Reiterei
beö Prinzen Seopolb con Sachfen*Goburg, ber ruffifdje General Änorring mit
*8w$«nf$rtft. 1864. 8anb m. 34
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feinen tatariften Ulanen, Äaiferin»£üraffieren nnb einem Äofafenregiment nebft
tier ©eftüjjcit reitenber 9(rti(leric gugewiefen waten.
Um ©anbamme’3 9lnorbnungen für ben 30. ffluguft gu beurteilen, barf nic^t
überfeßen »erben, baß er fidler barauf regnete, ton ben näßen Slbtßrilungen be8
frangöfiften ^eereö, ba8 not ® ot wenigen Sagen einen ©ieg erfotten hatte, nidßt
im Stite gefaffen gu werben. ©iefe ©orauSfefcung gugeflanben, fonnte ©anbantme’d
Sluffiellung am 30. ülnguft al8 tortßeilßaft gewagt gelten, nur baß fie ton einer
©eite eine ©löße bot. ©et linfe • glitgel ber grangofen gunädjft ber Äulmet ©traße
unb über bie 3öappling8bcrge I>in biö an bie Slbßänge bet £>öße ton ©trifowijj
war nämlit nid)t gehörig terforgt. ©aß ©aitbamme biefe lottere ^öße nüßt gang
bejeßt unb auSreitenb gefid^ert hatte, war fein folgenftwerer geriet.
SBeibe gelbßcrten Ratten e8 auf eine Umgebung beS jenfeitigen linfen glügete
abgefeßen unb gingen mit ißrem retten angriffSweife tor. SBeltem ton beiben
ba8 beabfittigte Unternehmen glüdfte, ber ^attc ben Sag gewonnen, ©dang e8
©anbamme, fo ftanb ißm bet SBeg nat $)rag offen. ©ie ©erbünbeten hatten, Wa8
ihnen an fampffäßigen Stoppen gu ©ebote ftanb, auf ba8 Äulmer ©ttattfelb ge«
fenbet; waren fie ba gcftlagen, fo fonnte bie geringe Abteilung be8 gSÖlS. gehe*
rer, weite gürft ©twargenberg au8 SSorfitt bei gobofiß aufgcftclit hatte, ben
©iege8(auf ©anbamme’8 faum aufhalten, ui;b ohue 3weifel würbe Slapoleon uitt
länger gefäumt haben, ben glücfiiten £>anbftreit feine8 Untcrfelbhcrrn natbrüdfiit
au8jubcutcn.
©clang bagegen ber $)lan ber ©erbünbeten, hteiten bie Diuffen bei Triften
unb am ©ebirge feften ©taub, glüdfte ben Defterreitem unter Gollorebo bie Un*
ternehmung gegen 9tufd>ine unb 2lrbefau, unb traf Äleift mit feinen Preußen gut
retten Seit bei Sednih ein, bann war ©anbamme mit feinem gangen GorpS wie
in einem -Jlejje gefangen unb nur Srümmer baton fonnten im günftigften galle
burt SSälber unb ©tlutteu entfommen.
©anf ber helbenmüthigen 9lu8bauer ber Sruppen ber ©erbünbeten unb ber
gewiffenhaften ©urtfüßrung bc8 fpianeß ber ©tlatt trat ber lejjtere gall ein unb
ber großartige Äampf enbigte mit bem tollftäubigen ©iege ber ©erbünbeten, mit
ber 9iieberlage unb ©emittung ber grangofen auf ber Sßaßlftatt ton Äulm. ©an«
bamrne felbft fiel ben ©erbünbeten in bie £>änbe, al8 er, bie Äarte ton ©atfeu
in ber £anb, einen rettenben SluSweg gegen bie Shalftlutt ton ©entijj hin fud^te.
©ie Eintritt tom ©iege bei jfulm traf überall gleitgcitig mit ber 9iat«
rid;t ber ©iege ton ©roßbeeren uub ton ber Äafcbat c,n un b i» Söiett hielt am
4. September ber f. f. ©eneralabjutant Dbcrftlieutenant ©raf $>aar al8 Ueber»
brlnger ber breifaten ©iegeSbotßßaft feinen feierliteit Giitgug.
©a8 9latfpiel ber ©tlatt bei Äulm unb ber leßte ©erfut biefer 3lrt ton
©eite ber grangofen waren bie ©efette bei Äniniß unb Slrbefau am 17. unb
18. September. 3ene wie biefe waren bet erfle entftiebene Grfolg, ben bie brei
großen ©erbünbeten im gemcinfamen 3«fammenwirfen gegen bie Mgewalt 9lapo*
leonS I. errungen. 9Rit 9lctt terlor baßer, felbft natbem bie größere Sßat ton
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SeiPa'5 gefdjehfn unb bet |'d;(te[j[id;e Grfolg ton fPariS erfämpft war, bie
©flacht ton Äitlm nid;t an bet fyofyen ©ebeulung, bie man tl>r gleich in ben
erften Jagen beigemeffen hatte. H. M.
Steue Romane unb (£r$nljluugeu.
(„Silber aite fcem Mett" reu SDZacic Seltne. — „(Srjicfyimg unb (Jfce" reu X. ßrsniar —
„granjofi^eä Seben* ton X. SBarfenburg. - „Xlfcrecfyt ron Srantcnburg“ ron ^aul ©teilt.)
©ie ©ücherwelt, bie in unjeren Jagen fo jiemtid^ abfeifö bet wirtlichen SBelt
ftd^ cntwicfclt, hat auch ©lut unb J(;ränen unb will aud), bafc man ihre JageS*.
gefdjichte febteibe; bie Jage$ge[d;id)te ber ©ücherwelt, bie Äritif, mufj fid) aber na*
tfirlid) eben fo befebeiben in ben «Hintergrunb jie^en wie ihr ©egenftanb. G 8 wirb
gelebt nnb geliebt, gefämpft unb geftorben in gasfreieren Siontanen unb SRotellen unb
biefc imaginäre SBelt l;at hoch ben Gfwgeij, 311 ber wirtlichen äßclt jäSlcn ju
wollen, benn jebeS neu cvfcfjcinenbe ©ud; mochte — ein Greignifj fein. Ginem belle*
triftifd^en ©ud> ift baS fchou lange nid;t gelungen unb wenig 9lu8fid;t ift torhanben,
bafj eS einem folgen halb wicber gelingen werbe. ©a 8 bittbert nicf)t, baf) bie Seit
nod) immer trauliche Gefeit, jtifle Jöinfel f;nt, ton benen Je!egropl;ctt unb Beitungeu
nicbjt baS SOiinbeftc gu cr 3 ä^fctt wiffen, unb bafj in ben unbeachteten Gdett unb SSin»
fein teilte fauent, bie fid; bauiit vergnügen, Siomanc unb 9ioteilen 31 t lefen. Äann
bie Jage 8 gcfd;icSte auf ©ollftänbigfeit Ülnfprudt machen, wenn fie nicht wcnigftcnS bie
C?jriften 3 foldjer Seute unb foldjcr 5Büd;er feftftellt?
©0 fjat 3 . 33. bie Steihe Heiner ©ücher, bie in ber Ueberfchrift aufgeführt ift,
fämmtlid) au 8 bem ©erlag ton g. 3iß. ©runow in Seidig, il;re flciitc ßefewett ge*
funben. „Silber au 8 bem Seben". ton 93iarie geleite, finb ber grau Dttilic t.
©oethe gewibmet, in ^crglid; fchlocbten Söevfen, bie gut gelic bienen für bie 5 ient*
lieh anmuthige fßrofa ber bargebrad)tcn flcineit Grjäljlungen. G 8 finb in biefen wirf*
lieh einige ßüden angebracht, au 8 benen fid> 3 lu 8 fid)t gewinnen läfjt auf ba 8 Sebett,
wie e 8 fid;, offener Sßibcrfprttchc unb geheimer ©djmersen toll, namentlich für bie
fegenannten gebilbeten ©taube geftaltet. ©aö gilt jumeift ton ber erften Gr 3 ählung,
beten frat^öfifdier Jitcl „simple histoirc" mit bem viel bejeidjnenbcten: „lOtaria unb
9Kartl>a" vertaufcht werben fönnte. ©er abgelebte ©nteficrr mit feinet bem Bbealen
3 itgeneigten grau — ber junge gcifttollc ©aroit mit einer ©attin, bie nur Sinn hat
füt §au 8 unb 3Birthf<haft — ba 8 finb gwei $)aare ton fo lebenbigent Gontraft, bafj
berfelbe nothwenbig 31 t einem Gonflict führen muh- Gr wirb fef)t hübfeh babitrch ge*
lö 8 t, baf) bie wirthfdtaftliche ©aronitt, fobalb fie bie «Hinneigung ihres DDlanneS 3 U
ber ibcaliftifch gefilmten grau bc 8 Gutsherrn entbedt, ton biefer felbft, gerabe ber
s J>peftc unb bem 3 bcal jufieb, bie täbljülfe begehrt unb erhält.
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„2lfle moraltfcfyen Urihoilc muffen falfch unb hob* au^fadeit, wenn ihnen nicht
bie fictc SJegiefjung gu ben befonberen Umftänben bc8 einzelnen goDeS ?id)t giebt."
2)a8 aufeerorbentlid) wahre Sort bet englifchen Scbriftftellerin (Sßiot fann bo<h bet
„pfycholegifchen Sfiggc", bet fie f)iet gum SDRotto bient, „9lu8 bem S3offSieben"
betitelt, ben Slnftrich einer ungefunben unb fclbft unmoralifchen Sentimentalität nicht
nehmen. 2)ie übrigen brei (Srgählungen rechtfertigen ben Sunfch, ber 33erfaffetin in
einem fo anfprud)8lofen Sitten wiebet gu begegnen, wobei fie ihrer 93ef<^eiben^eit
nicht mehr ben feltfamen Ginfall gu geftatten hätte, intern Such ©ebichte ron anbe*
ren Sinteren beigutnifdhen, in bet ÜReinung, c8 baburch angiehenbet gu machen.
SDer breibänbige fRoman „(ürrgiefiung unb Ghe“ ift gu breit auSgefpomten, in
feinen eerfebiebenen I^riten ungleich gearbeitet unb barum aud) ungleichen SertheS.
2)ie gweite Slbtljeilung war früher alö felbfiftänbige unb gwat preiSgefrönte SRooede
im Beipgiget ,,gamilien«Soumal'' abgebrueft unb ift in ber Sh 0 *» befonber8 in bet
erften, größeren Jpälfte, fo lebenbig , mit fo natürlicher griffe gefdjrieben, bajj man
um bc8 $heile8 willen ba8 ©ange tjirmetjmcn fann unb an jenem einen 33vfifc hat
wenn bicfeS ni<f)t befriebigt.
„grangöfif<hc8 Beben" oon Sartenberg feffelt burdj bie faft bramatijch gugefpißte
©arftetlung non brei fchr »erfcf>iebenen SRomenten au8 bem Beben ber grau ron
Samtenen. Sief et feinen Arbeit, bie ba8 35uch eröffnet, fd)liefct ftd), wenn nicht an
fchriftjtellerifchem Sertli, hoch an Jntereffe für ben Befer bie Sfiggc an, bie ben
Schluß bilbet unb ba8 Gnbe be3 berühmten 33erfafferS ber „Paroles d’un croyant",
be8 Slbbe' BammcnaiS fchilbert.
„Sllbrecht ron Sranbenburg" ift ein gefcf)idjtlid^cr SRoman in brei Sänben,
einer ron jenen SRemaneit, bie fi<h eigentlich gang unb gar ber litterarifchen Äritif
entgiehen unb rielmehr für ihr fruchtbares ©ebenen, welches Wieber nur auf bem
großen Slnthcil weitet Bejefreije beruht, eine eulturhiftorifchc Grflärung in 2ln«
fprueb nehmen würben. Senn Beute, bie ben gcringfien Sinn für gerichtliche unb
peetifdje Sahrhcit haben, fich ren folchen Südjcrn mit einem gewiffen Staubet ab»
wenben — fo fann „Stlbrecht ron 33ranbenburg“ mit ftrenger ©emiffenhaftigfeit
allen jenen Befern bringenb empfohlen werben, bie fich Bewnfct finb, an ben 9io*
manen ron Bouife SRüflbacb eine vergnügliche Bectüre gefunben gu haben.
—s-m.
2>ie Qlabemifdjc taftoitöfilcflnng.
Jn wenigen Jagen wirb bie ton ber Blfabemie ber bilbenben Äünfte rer»
anftaltete Slucftellung ron Äunftwerfen ber öffentlichen 33efichtigung eröffnet wer*
ben. Seit ber lebten SluSftellung bieier Strt ift ein 3ritraum ron fünf Jahren rer»
ftrichen, ein 3eitraum, welcher für bie gortfehritte ber Äunft überhaupt ron nicht
grefjer 33ebcutung ift, innerhalb treffen aber fich manche Umgeftaltung unfern Äunft*
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»erBaltniffe tat Stftteit Pdrbereitet unb fd)on rottgogen Bat, auf bie wir um fo
meBr mit einigen SBorten ^imueifen muffen, weil beren Seac^tung für ben ©Ba*
rafter folget StuSftellungen pon wefentlicBer SBebeutung ift. Sie 3 eit ift oorüber
unb möge fie nie meBr wiebetfeBren, wo bie Äunft bie bloffe Sienerin gefellfdjaft*
li^er Sntereffen war, wo ba§ gange .ftunftleben in bem engen Siafimen einet 3lu8*
ftettung fidf» gufamntenfaffen lief;, wo ba§, wag fonft bie Slbgweigung einer in
frifd^et Äraft aufftrebenbeit ©ntwicflung war, gu bem (langen fiiB auBweitete. Sie
Söeftrebungen finb ernftere, bie 3 iele größere geworben. St* jfunft ift baran, bie
% gebüffrenbe Stellung wieber gu erringen. 3 n betn 3 ufammenwir!en eingelnet
fünfte gut 8öfung groffer monumentaler Aufgaben erfüllt fie iBre waBre 33eftim-
mung. Siefe $fafi<Bt ma<Bt fi<B Pon Sag gu Sag meBr geltenb unb »erwirflic^t ficB
in Stopfungen, bie md>t bloff ben 3 eitgenoffen gum ©enuffe bienen, fonbent als
3 engen einer ftbpferiften Äraft auf unfere 9 ta<Bfommen ft(B gu pererben bie Stuf*
gäbe Buben. Siefen Seftrebungen gegenüber, bie pon Stunbe gu Stunbe meBr
Sßurgel faffen, fieBt eine Äünftlerftaft, bie, Berangegogen unter bem ©influffe um
gefunber Srabitionen, lo8gelö8t pon ben großen Aufgaben ber Äunjt, faft au3=
fcBlieffli<B jenen Heineren jfunftgebieten fit perbingte, welche iBre pflege auf beit
Äunftperemen fanben unb ben ttJtarft im 5luge begatten muffte, für welken fie
au8f(Blieffli<B t^ätig war. Sa8 ÄunftpereinSleben jebo<B, biefe SffatfacBe möge fein
Zünftler au8 bem Stuge perlieren, ift im Stbft erben begriffen, e8 Bat feine SÖliffioit
erfüllt, in ber 3 «t mangelnben ÄunftfinneS Bat e8 müBfam Duetten be8 ©rwerbeS
aufgefuiBt unb eröffnet, Bat in fünftlicBem Slufbaue Äünftler unb publicum gu
permittein gefudBt unb bilbete fo bie SBrütfe für beffete 3eiten. Siefe. mir B°fF cn
e8, finb ffereingebrocBen unb „©BrcncS" perfiBlingt feine eigenen Äinber. hinter
biefer claffif<Ben ttttetapB^ birgt ficB aber eine Summe getäufdbter ©riftengen, auf
bie wir nur mit tiefem Scffmerge gurücffeBett, bie wir aber ni<Bt wegläugnen
fönnen. Sie ficB PottgieBenbe Umwanblung unfereS ÄunjtlebenS wirb aber oBne
Bweifel au<B jenen Äräften, bie nicBt bie SBege gum BöcBften ©ipfel einf<Blagen,
tttaum unb ©elegenffeit bieten, ficB gu befestigen, porauSgefefft, baff fie jene 3fo*
lirtBeit, jenes ©efüBl felbftftänbiger fünftlerifcffer ©röffe gum Dpfer bringen, welches
in nielen hätten gang tüchtige Ärafte gur UntBätigfeit perbammt unb in Saffnen
gefeffelt Bält, auf welcffen f<Bmergli<Be ©nttaufcffung gum fteten Begleiter wirb.
SRit biefen Sßetracfftungen, bie waBrlicB feine müffigen finb, wenben wir un8
ber bieBjäffrigen 9 tu 8 ftettung gu, bie nur gu feBr für bie tBeilweife ©ntmutffigung
3 eugniff gieBt, bie in unfere fmtfileriffBen Greife eingebrungen ift unb beten Um*
fi<Bgreifen gu perBinbern bie Aufgabe Sitter ift, bie barauf ©influff gu üben beru¬
fen finb. Dffne «net Äritif ber eingelnen SBerfe porgreifen gu wollen, befcBränfen
wir unB poretft barauf, auf eingelne ©rfcBeinungen Binguweifen, wel<Be ba8 Sntereffe
be8 $ublicum8 in tieferer SBeite anguregen unb gu feffeln geeignet erf<Beinen.
3 n ben S 3 orbergrunb fietten wir ^)rof. 9 taBl8 ©emälbecpftuS. ©8 ift feit
einer UteiBe Pon 3afften baB erfte 3 )tat, baff 9 taBl mit einer gangen <solge pon
Äunftwerfen Pot ba8 publicum tritt. ttiafflö SRame würbe in jüngfter 3e»t faft
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mit jjeber Äunftfchöpfung in Vetbinbung gebracht, bie auf monumentalem ©cfeiete
in sMuSfidjt gefteBt würbe, nnb mit gutem ©runbe fomtte »ou jenen Äreifen, bie
bem ÄünfHer unb feinem Schaffen nicht näher ftanbeit, nach bcv 0 eved>tignng
einer io beoox^ugten Stellung gefragt werben, V>ir meinen, baff biefe Stage in
bem ©ntwurfe feine gcnügenbe Söfung finbet, welchen Stahl für bie im Aufträge
be 8 Varon Sina auSjufü^renben gre3cogemälbe angefertigt hat. ©8 fpridjt au 8
biefem (Entwürfe ein folcfjer 9teid;thum georbneten fünftlerijchen ©enfenS in Ver*
fcinbung mit einer fo nteifterraffen (Gewalt be§ ©oloritS, baff wir biefen ©ntwurf
bem Vebeutenbften befählen, wa3 auf bem ©ebiete ber fiiftorifcben Äunft unferer
3eit geleiftet würbe. ©3 war feine leiste Stufgabe, eine Steifie oon ©rupften in
einer folgen Slnorbnung barjuftelleit, baff, wir mosten fagen bie arc^iteftonif^e
©lieberung in ungern beitem gluffe erhalten unb bie ©efa^r einer SSJionotonie »er»
mieben werbe, ©er »olle ©enufj biefeS SBerfeS wirb nicht blofj burd) bie Sinne
»ermittelt, er fejjt, wie alle echten großen Äunftwerfe, Sammlung be3 ©eifteS »or=
au 8 , unb wir wollen nicht in Ülbrebe [teilen, bah jene »erbilbeten ©eifter, bie ficb
ihre ©rljolung au3 bem Slnbficfe ber füfjlidh>cn Sänbeleien unb ©ofetterieen ber
Stfterfunft holen, ben Slnforbetungeit, mit welchen 9tahl8 2öerf an ben Vefchauer
herantritt, nicht gewachfen finb. 9iahl8 Schaffen will eben mit einem SRafjftabe ge=
meffen werben, ber nichts mit bem ©ewöhnlidn-n ju thun hat — leiber aber ijt
bie 8 ba 8 ©ewohnte unb fein ©ogentheit nur 3 U häufig — ein grembeS. Sieben
biefem griefe »erbicnen bie»ier groben hiftorif^en ©eraälbe Stahls unfere »olle 9 luf=
meiffamfeit
©inen 3 Weiten 6 »flu3 »on Äunftwerfen »erbanfen wir ben Äräften be3
ÄunftinftituteS, in beffen Diäumen bie QluSftellung ftattfinbet. ©3 finb bie 8 bie 3)ti=
niaturen, welche »ott ben fProfefforen ber Slfabemie im StUevT;öd>ften Aufträge
Sr. SDtajeftät für jenes hanbichriftliche SJtiffale au 8 gefüt)rt würben, welches als
faiferli^eS ©efdjenf Sr. ^»eiligfeit bem Zapfte überreicht gu werben bie Veftimmung
hat unb nunmehr feiner Volleitbung nach jahrelangen Vorarbeiten 3 ugeführt wirb,
©ie Vorführung biefeS jdjönen SBerfe 8 »erbanfen wir ber ©nabe Sr. 5Dia=
jeftät beS ÄaiferS, nach &öd;ftbeffen Ülttorbnung auch bem publicum ber ©enufj
ber Vefidhtignng biefeS s Prad;tweife3 »or beffen Slbfenbung nach 8 tom eröffnet
werben fotl. SDiaudje unferer Sefer werben [ich ttod; beS hanbfd;riftlichen, mit 3ni=
tialen unb fDtiuiaturen reich gef^mücften ©ebetbucheS erinnern, welches »on ben
’profefforen ber Ülfabemie 3h rer SJtajeftät bet Äaiferiu anlafjlich Slüerhöchftihrer
Vermählung überreicht würbe. ©S war bieS ber erfte Verfudj, in gröberem Um»
fange »on jenen Äunftmitteln ©ebrauch 3 U machen, welche ba 8 gan 3 e SDtittelalter
hinburd; 3 ur 9lu8fdjmücfung »on £aubfd;riften »erwenbet würben unb welche erft
ben nted;ani}chen Äünjten ber Ver»ielfäftigung ber Vüd;er weiten muhten. Schon
biefer erfte Verfnch erregte bie Utjeilnahme aller Äunftfreunbe, unb wir sweifeln
nicht, bah auch bie nunmehr auSgeftellten Vlätter, mit einer «höhten Sicherheit
be 8 Schaffens an 8 geführt, bie ungetheilte Vewunberung ber Vefchauer für fich in
ijlnfpruch nehmen werben Sßir haben e3 nid)t mit einer blohen Nachahmung ab»
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535 -
gelebter Äunftformeit gu tpuit, wie bteS oielleicpt in bcm ejrctufioen ©elüfte bet*
Strcfjäologen liegen fönnte, fonbem mit neuen Scpöpfungen, beren ornamentaler
£peil mit feinem Äunftgefüple unb in meifterpaper Surcpbilbung ben ftiliftifcpen
Anforberungen gered;t wirb unb ein butcpauS einheitliches ©epräge barlegt, wäp»
renb bie pgnralifcpen SarfteHungen eine JReipc fünftlerifcper 3nbioibualitäten oon
peroorragenber ©eltung repräfentiren. ©in SBerf äpnlicper 91 vt bürfte feit 3aprpun=
berten nicht in8 Sieben gerufen worben fein unb e8 hübet ein felteneö Senfmal be8
3ufammenwirfen8 fünftleriicper Ära ft e auf einem ©ebiete, ba§ einem folgen ©in*
Puffe bi8 nun ferne lag.
5Rocp muffen wir au8 ber Angapl ber oorgefüprten Äunftwerfe auf einzelne
©rgeugniffe ber laftif pinweifen, bie unfere befonbere Aufmerffamfeit »etbieneit.
Sie SBilbhauerei pnbet nur auSnapmSweife ©ingang in bie SRarftpaHen ber Äunft*
oereine, unb auep bann nur in jenen abgefcpwäcpten Statuetten u. f. f., bie ber
Snbuftrie näher fiepen, al8 bet Äunft unb ihre SDiiffion noUftänbig erfüllt haben,
wenn il;nen ein §)lä£cpcn in einem Salon ober auf einem Söüd>ergefteüe einge»
räumt wirb. Sie ^)laftif im großen Stile, um un8 cine8 oft mißbrauchten Sßorte8
an rechte Stelle gu bebienen, pnbet leiber in unterer Beit nur fepr geringe $>Pege
unb päupg tritt ber ftaH ein, bap eS gut Böfung ber hie unb ba aupauepenben
Aufgaben an Äräpen fehlt, bie oolleS Vertrauen oetbienen. Steu herantretenbe 2a*
lente lönnen baher auf unfere Speilnapme einen erhöhten Anfprucp erheben, unb
wir finb in ber Sage, auf gwei fold;e latente hinweifen gu lönnen, beren SBerfe
bie 9lu8ftellung gieren. ©8 finb bie8 Ä. Äunbmann au8 SBien nnb 33ega8au8
Serlin. Äunbmann, ein Spüler ber SBiener Afabemie, hat fi<h, mit einem fai*
{erlichen Stipenbium unterßüßt, gum 93epufe feinet weiteten 9lu8bilbnng in ba8
9ltelier be8 ^)rof. gähnet in SreSben begeben unb oon bort. nach mehrjährigem
Aufenthalte, bie norgeführte leben8große ©ruppe „Ser barmherzige Samaritaner"
eingefenbet: @8 ift bie8 ba8 SBerf eines fertigen ÄünftlerS, bet eine ftrenge Scpule
burdpgemaept. Sie 9lnorbnung unb ©ruppirung ift reiflich burebbaept, bie Surcp»
bilbung liebeooll unb naturgetreu, nirgenbS ein Rappen naep ©pect, ein £)inau8=
gehen über bie ©rengen ber fpiaftif. SBir wünfepen fepr, bap biefeö gebiegene SBerf
in SDJatmor auSgefüprt werbe, unb glauben, bap feine Anbringung in ber Stiegen»
palle be8 neu erbauten 9iubolf»SpitaleS uöllig am ^laße wäre.
©in Äünftler gang anbetet Art ift Sega8, beffen 5Rame in jüngfter 3cit
in Seutfcplanb oft genannt würbe. ©8 pele un8 fcpwer, bie Scpule gu begeiepnen
ober anep nur angubeuten, au8 wc(cper 33ega8 peroorgegangen fein fönnte. Sein
SBirfen ift burcpauS felbftpänbig unb originell, er giebt fiep bem Beben in feiner
gangen gütle pin unb fuept baSfelbe fünftlerifcp gu geftalten. ©r mag bamit pie
unb ba über bie ©rengen ber ^laftif pinau8greifen unb ba8 ü)?alerifcpe bet Sar*
Peilung mepr in8 Auge faffen, al8 e8 fein follte, allein große fünßletifcpe SBrrfung
unb Unmittelbarfeit feiner SBerfe läßt fiip nidjt in Abrebe ftetten. SBir taffen un8
folcpe Specialitäten gerne gefallen, infoferne pe nur niept ben Anfprucp erpeben,
ipr Äunpprincip gut allgemeinen ©eltung gu bringen. Sega« ift ein 2atent erften
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636
5ftaitged Unb, tote ünS f^etnt — Autobibaft feiner Äunftrt^hmg nach- Äleuters
©eiftet fugen fich gerne ben SErabitionen ber ©dmle. innerhalb welcher felbfi mittel*
mäßige Üafente GiuigeS ju leiften vermögen, waS ben ©d)ein wirflid;er Äunft an
fich tragt; beoorjugtere ©eifter fallen jebod> unoemteiblich in ben ©tabien beö
SRingettS unb ©trebeitS einer ©pod)e anheim, too fie fid) burch bie ©chulregeht
beengt unb gehemmt füllen, too fie biefelben burchbred;en, itm ihre gctyrenben ©e*
bauten jum unoerfälfchten AuSbrucfe bringen 3 U tonnen. 33iele gelten in biefer
©poche ju ©runbe, nur wenige gefldrt auS berfelbeit he^or. SBegaS fcheint unS tn
biefem ©ährungSproceffe begriffen 3 U fein; fein bermaliger 3lufent^alt in 9iom, wo
if)m bie reid;en tleberrefte einer großen Äuttfto ergangenbeit in jebem Augenblicfe
entgegentreten unb ihn an bie ewigen @efe|$e ber Äuitft ntal;nen, burfte ihn oor
jenen ©efahren bewahren, benen er ohne folche Anregungen auSgefefct wäre 33on
ben beiben auSgeftellten ©ruppen: „^an tröffet bie ^fpche" unb „S)te Junens
fantilie" geben wir unbebingt ber erfteren ben SSorjug. 3n ber ©efialt ber ^)ft)^e
ift eine 3ungfräulichfeit ausgeprägt, wie wir fie blöder gefeljen 3 U haben unS faum
erinnern tonnen, unb biefe ©eftalt allein legt baS eminente SEalent beS ÄünfilerS
an ben Sag. „£>te gauneitfamtlie", ein origineller SBorwurf, ftreift in ber
Ausführung fyaxt an baS Skrocfe, birgt aber eine ©umnte SebenS in fich, bie baS
SBert beS ÄünftlerS immerhin in h&h em ©wbe intereffant macht.
Auf eine 33efprechung ber weiteren SSerte biefer AuSfteHuitg werben wir nach
erfolgter Eröffnung berfelbeit jurücffontmen.
* £>r. Subwig Auguft % ran fl, oon bem foeben „Abnenbilber" erf (hielten jtnb,
bereitet bie Verausgabe einer ©chrift über griebrich Vebbel, mit bent er btncb lange
Sahre imtig befreunbet mar, oor, welche weniger ein litterarifcheS, als oorjugSweife menfeh*
licheS SebenSbilb beS 2)ichter$ geben wirb.
S. 93ert;anblungen ber f. f. ftatiftifchen ©entralcommiffion im 3al;re
1863. 95?ittbeilungen aus bem ©ebiete ber ©tatiftif. 10. Sal;rg. 3. Veft. SBien 1864.
35ie burch Allerl;cchfte ©ntfchließnng oom 31. Sämter 18C3 ins Sehen getufene, am
3. ÜJlarg conftituirte ftatiftifd;e ©entralcomtuiffion nimmt il;rem SSefen nach eine hoppelte
Stellung ein. ©ie ift 23el;erbe, als weld;e ihr bie Cbforge unb Einflußnahme auf alles,
waS oon ben Sureaujr beS SulattbeS in ftatiftifd;er Vinfid;t geleiftet wirb, wie ber S>er*
fel)r mit ben gleichen Anftalten beS AuSlanbeS obliegt; fte ift aber jugleich wiffenf<haft*
lieber Areopag, in welchem ftcb, wie bie ejracten ©iffenfdjaften in ber f. Afabemie, baS
©ebiegenfte ber fpeeiellen 2)octrin gruppirt. 3n beiben SKichtungen ift bie Gontmifjton
ju tiefeingreifenber SBirtfamteit berufen unb biefe wirb mit Aufmerffantfeit im 3nlaube
wie non außen oerfolgt. Es war bal;er fel;r angejeigt, bie 5>erl;anblungen ber ©ipungen,
welche fid; in ben ÜtageSblattern nur ferner oerfolgen laffett, in befonberer Ausgabe ju oer-
einigen, unb es gefepah bieS, ungeachtet ber Beigabe fe^r jahlreicher unb complicirter
Sabeüenformularien fo rafcb, baß bereits jwei Wtonate nach 3al;reSfchluß baS ftattliche
Veft in ben SJuchhanbel gelangt.
9?ach bemfeiben haben im Sal;re 18G3 jef;n ©ißuugen ber Eonuniffion ftattgefun»
ben, in welchen außer einer großen Anjal;l größtenteils burd; ben ^räftbenten erfolgter
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Öllttheifungeti gehn au$ bett Ölitgliebern m'ebergefegte ©pecialconttteS nach 9tt'fch(ufj tyret
Streiten Bericht erftatteten. ©iefe betrafen bie Veratf;ung be$ 33ubgetö ber (Sommifjton,
ben ©ntwurf einer ©efchäftSorbnung, bie 91egulirung bcr ftatiflifcften Arbeiten bev Staate
buchh«ltungen, bie Arbeiten ber ©taatSredmimgSbehorben gur ginangftatiftif, bie Stegult*
rung ber fünftigen ftatiftifd)en ^nblicationen, bie (Sifenbahnftatiftif, bie Siegelung ber
0ER ontanftatiftif, bie UnterrichtSftatiftif, ben (Entwurf einer Snftruction 3 UV (Erhebung ber
inbuftrieflen ^robuction burd? bie Rubels* unb ©ewerbefammem unb bie formen über
gorm unb Snfjalt beS großen SabellenwerfeS. gaft bei allen 9lnläjfen waren umfang*
reiche Snftructionen unb Sabellenformufare 311 entwerfen nnb »on ber (Sommiffion feft*
guftetlen, wie begleichen ljccbft eingel^enb burchgeführt, übet (Sifenbahn* unb Unterrichts*
ftatiftif bem £efte beigegeben futb. 9tußerbem erftatteten mehrfach ein 3 elne SJtitglieber
Verist über ihnen gugewiefette ©egenftänbe, wie ©r. gicfer begüglich ber llebernahme
ber JReben’fc^eit Ölappen unb feiner ©irffamfeit als ©elegirter beim fünften ftatiftifi^en
(Songreffe in Serlin. Unb ba$ alles gefc^al; in ber 3eit »on gehn Ölonaten. ©ahrlid?
eine ShäitOfefy au f welche bie (Sommiffion mit Vefriebigung gurücfbti dfcn !ann unb
welche ber Verwaltung wie ber ©iffenfd;aft bie ft^onflen grüßte t»ev^ei§t.
* Von $Prof. ©r. 9llphonS £uber, ber im »origen 3ah re bei ©elcgenljeit beS Si-
roler SubelfefteS eine populäre „©efchichte ber 9Diargaretl;a ölaultafch unb ber Vereini¬
gung SirolS mit Defterreicb ' 1 (SnnSbtucf, ©agner) »rröffentiicht l;at, ift nun baS fd?on
barnalS angefünbigte größere, ftreng wiffenfd;aftliche ©evf: „©efchichte ber Vereinigung
Tirols mit Defterreich unb ber »orbereitenb en (Ereigniffe" (SnnSbrutf, ©agner) eifc^ie*
nen, ba$ ohne 3weifel einen ber* wertfwoflft en Veitrüge gur Siroler ©cfc^id>te bilbet.
* „©er fönigliche ©alb £»ogb ober baS ©ebiet ber föniglichen greibauern im
Sß^merwalbe" betitelt ftch eine 9lbl)anblung beS ©r. % 91. ©abriel, welche in ge*
brängten Umriffen bie ©efchichte jenes merfwürbigen SanbftricheS, ber ftch burch bie jefci*
gen Vegirfe ©chfittenhofen unb feuern , fnapp an ber ©ren 3 e gegen Vaiern, in bem
bort giemlich rauben Söhmerwalbe hinsieht, fd;ilbert, unb bie Äämpfe, bie bie fogenann-
ten greibauem »on ©table unb £aibl bis hinauf nach St. Katharina mit ben angren*
genben ©ominienbeftpern um il;re greif;eiten bis an unfere Sage 31 t beftet;en l;atten,
ucrfül;rt
* ©ie »on bem SJlufeumScuftoS in Vrünn, 9llbin Heinrich, hinterbliebene Vücher*
famntlung, welche bei 3000 Vänbe, größtenteils naturwiffenfchaftlichen unb gefcbic^tlic^en
SnI;alteS gählt, beabftd)tigt ber (SentralauSfchuf) ber SCcfertaugefetTfc^aft für baS 9)lufeum
311 erwerben..
0 3n ber lepten ©ifcung beS „Ateneo veneto“ laS $)rof. Vartolommeo’ (Secchetti
ben erften SI;eil ber (Einleitung gu feinem ©erfe, betreffeub bie ©efepgebung über bie
©laSfabrication 3 ur Seit ber »enetianifd>en Siepublif. Stad; feinem ©afürl;alten haben bie
Venetianer fchon im 7. Sahrhunberte unferev 3?itred;nung 9luSgegeicbneteS auf biefem
3nbuftriegebiete geleiftet; bie ©ocumente über Smailfchmelge reichen jeboch nicht über baS
14. Saht'hunbert gurüdf. ©ie ©laSfabrication unb fo auch bie fie betreffenben ©efe^e
gliebera fid; nach brei »erfchiebenen Äategorieen. Vei ber ©chilbcrung ber auSgegeichneten
©laSarbeiten »on 9Kurano erinnerte bcr Vortragenbe an bie gro§e 9S)iül;e f bie fich 6 ol-
bert gab, bie Arbeiter gur Ueberfieblung nach granheich gu »ermogen.
V. Unter ber Ölenge »on ©elegenheitsjchriften für ben 23. 9lpril b. 3- begegnen
wir einem {leinen $efte: „©hafefpeare. 9lach aut^entifcf?en Quellen unb eigenen gor*
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fcpungcn ben $1. b. Sßinterfelb". Sacp bem ©one ber ©arfteflung, bem Umfange unb
greife ber ©d;rift gepert fte gu ben ßrjepeinungen, welcpe bie 3®ißbegierbe beß größeren
s Publicumß beliebigen mellen unb berbient bor bielen berartigen ben ä>orgug, ba ber be*
fannte Söelletrift fiep niept bamit begnügte, SBaprpeit unb Sicpiung, wie fte feit 3apr«
punberten bunt gemifept fiep fcrtgepflangt paben, abcrmalß alß „baß 2eben beß Sicpterß“
anfgutifepen, fonbern in ber ©pat bemüht war,.gu prüfen uub gu fiepten, ©ie SSeprgapl
ber 9Sdprcpen, welcpe immer ein SöiograpI; bem anberen nad;fcprieb, begeiepnet er alß
fold;e, opne fiep auf ben fritifepen 33eweiß eingulaffen. 2eiber fcpcint er bie Unterfucpun*
gen non Gparleß Änigpt, ©eiiuß u. A. niept gefaitnt gu paben, er mürbe jonft niept
bie burep nieptß bewiesenen ©rgdplungen bom finangiellen Suin beß Sopn ©pafefpeare,
beß ä>aterß unfereß ©id;tevß, uub non SSiüiamß unglüeflieper ©pe aufgenommen paben,
wdprcnb er ben gangen romantifepen Slufpup ber Sugenbgcfcpicpten, bie SJleßger*, ©cpul*
meifter*, SBilbbiebß* unb ^Pferbejungculaufbapn ©pafefpeare’ß mit Secpt berwirft. ©onber*
bar ift eß auep, bar) er, ber ©rabition gemäß, Sßafefpcare nie über ein untergeorbneteß
Seöenfacp emporfteigen laßt, gleicpgeitig aber ber Eingabe beß 3opn ©abiß bon^ereforb
gebenft, baß ©pafefpeare gewopnlicp Äönige fpielte (unb bie „Äßnige“ in ©pafefpeare’ß
©tücfen geporen beep feiten gu ben untergeorbneten §)erfenen), fogar erwdpnt, er felbft
pabe in einem Gabinet in ©tratforb, baß meprere Seliquien non ©pafefpeare entpalt,
au(p ein Portrait in ganger gigur gefepen, baß ben ©iepter in ber Solle beß ^etruccpio
in „Ser Sßiberfpdnftigen 3«pmung" barftetlt. ©ang banfenßwertp im £inblicf auf ben
tfeferfreiß, für welcpen bie fleine ©eprift berccpnet ift, erfcpcinen bie SSJlittpeilungen über
bie ©peatereinrieptungen gu ©pafefpeare’ß 3cit, unb amp aubere Streife werben gern bie
3 ufammenftel(ung ber befannten fflilbniffe unb Süften beß ©icpterß entgegennepmen.
* 3Scn ber reid;paltigen ißldnbifcpen ©agenfammlung: „tslenzkan Pjödsögur og
alfintyri. Safnadhefir Jon Arnason“ ift foeben ber gweite äknb erfepienen (Seipgig,
£inri(pß). 2egte fepon ber erfte 33anb für ben Seicptpum unb ben biepterifepen ©epalt
ber ißldnbifcpen ©agen ein gldngenbeß 3eugniß ab, fo beftdtigt ber nun borliegenbe Saub,
baß bie ©agen ber S^ldnbcr fiep an 9Jtonnigfaltigfeit, ©d;6npeit uub innerem Söertp mit
benen anberer ©auen gar wopl meffen fennen. güllt ber erfte SJanb fd;on 666 ©eiten
©roßoetab, fo bleibt ber gweite pinter feinem Vorgänger (581 ©.) niept weit gurücf.
©iefer entpalt Segenben (©. 1 biß 6C), piftorifepe ©agen (©. 66 biß 159), Aeepter*
fagen (Ütilegumannasögur) (S. 160 biß 304), SSaprcpen (©. 305 biß '516),
©cpwdnfe (S. 517 biß 544), Aberglauben, ©itten unb ©cbrduipe (©. 545 biß 581).
Am eigentpümli^pften fittb bie gaplreicpen Aerf;terfagen. ©ß perrfept in Söfaub ber SSolfß*
glaube, baß im Snnem ber Snfel überpaupt ober boep in gewiffen ©egenben bort ?eute
eigenen ©cplageß leben, welcpe man alß ütilegumenn begeiepnet. ©ie bilben eine eigene
woplorganiftrte ©efeUfcpaft, welcpe mit ber bürgerlicpcn nur außnapmßweifc unb herüber*
gepenbe 53erüprungen pat, bagegen neue glücptlinge gerne in ipre 9)litte aufnimmt. An
biefe Aecpter, wie utan baß ißldnbifcpe ütilegumenn berbeutfepen fann, pat fup eine
9)lenge non ©Ifen* unb Siefenfagen abgelagert. Aucp bie ©agen non SPalblenten, milben
Beamtem paben ben urfprünglicpen ©toef biefer Sauber* unb Aecpterfagen fepr erweitert,
©inen noep größeren Saum füllen bie SSdprcpen (alfintyri), bie *an Seicptpum unb
finblid;er Saibetdt ipreß ©leid;en fuepen. ©epr bicle bilben nur Varianten gu unferen
allbefannten beutfepen Stinber* unb 4)außmdprcpen, cntpalten aber eigene, oft fepr alter*
tpümlicpe 3üge. 3u münf^cn Ware gemefen, baß ftep ber ^)eraußgcbcr mancpmal etmaß
weniger pebantifcp an bie ipm gugegangenen Aufgeicpnungen gepalten patte. @ß patte ber
urfunblicpen Sreue feinen 3lbbrucp getpan, wenn er in gdtlen, wo brei ober hier ber*
fepiebene Secenfionen borlagen, bie befte außgewdplt unb biefclbe mit ben in ben übri*
gen, etwa beffer ober reieper borgetragenen Sebcngügen berboDftdnbigt patte. Snbeffen
bietet febenfallß baß eing epaltene 5>erfaprcn bie ©arantie großtmoglicpfter ©reue im SBie*
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639
bergeben bet uorgefunbenen fcrabiticncn.. ©rcßcd Sntereffe geu.'ä(?rt ber lepte ?lfrfd)uitt,
welcher 3$o(fdaberglauben unb ©ebrauebe enthält. Saburd) ift und ein gan 3 neue« merth*
oofled SJtaterial $ur norbifchen Sittenlunbe geliefert. Sad oorliegeitbe, nun abgefcb(offene
3Öerf bilbet eine $auptquefle für nevbifd;e SKptbclogie, Sitten* wnb Sagenhmbe unb
muß beßbalb non jebem, ber bafür Sinn bat, mit greuben begrüßt merben. 3u münfeheu
märe, bafj enblicb ein guted idlanbifd;ed 3i>erterbnch, beffen Slnfcbaffung jebem ermöglicht
märe, and Sicht treten mochte, ©erabe bad febmierige 3>erftänbniß bed lebten 5l;eiled
biefer Sammlung macht ein fclched l;cchft münfcbendmertl;.
* (9tud Sonbon.) Sie grühjabrdfaifon für bie Sitteratur beginnt unter günftigen
3lufpirien, menn in einer 3Socbe neben Stbacferap’d leptem Gi^eugniffe neue Söerfe non
Mietend, Üennpfon unb 33romning angefünbigt merben tonnen. Sie unbeenbigte Gijäh*
lung Shacferap’d, „Senid Sural", beren gönn eine autcbiograpbi|d;e ift, mirb in ben
nachften Hummern bed „Gomhitl ^iaga^iite" evfd)einen: ein neuer Vornan non bem
3$erfaffer ber 9)icfmicfier fett am 1, 9Rai and Sagedlicpt treten; Seuuyjoud neued ©ebicht
ift ber i'oüenbung fo nabe, baß ed iu filtern mcl;l aud ber *J>reffe ber Herren SJtcjcon
u. Comp, an bie £)effentlid;feit gelangen mirb. Sie Statur biefed neuen ©e|d;enteö bev
SDiufe bed Poeta laureatus ift noch unbefannt: mie ed beißt, fott ed fuh auf eine frül;e
geriete ber cnglifchen ©efd;id;te, nicht lange natf; Äbnig 9lrt(;urd Safelrunbe, beziehen.
Stöbert Sromning l;at einen neuen 33unb ©ebid;te bnictbereit. genier ift ein englifcber
Sid;ter, beffen Staute feine^eit betannt merben mirb, mit einem Gffap über bie „SPerfott*
lichfeit Shafefpeared" befestigt, meld;er in ber nad;ftcn Stummer ber „jQuarterlp Sie*
niem" etfeheineu fott. 33on einem DJiitgliebe bed l;iftorifd;en 3>ereincd nott Sancajt;ive unb
Cl;efhire, SDlr. g. 3. Seffrep, entmorfen, erfc^eint bei Songman u. Comp, eine „©enea*
logifche Äarte", melche bie S3ered;iigung bed Äönigd Ct;riftian IX. auf ben 3d;ron non
Sanemarf gegen bie ?(nfprüd;e bed äluguftenburgerd auf bie $er 3 ogtl;ümer na^meidt.
* 3n bem Sr;afe}peare*£auje in Stratforb f;at man nad; einem neuen
unb fel;r hübfehen $plane eine 33ibliothef aufgefteOt, melche atled, mad non unb über
Sf;afefpeare l;ier unb in allen Zaubern gefd;rieben merben, in ftch faffen fotl: bie ner*
fd;iebenen 9ludgaben bed Sejded, Ueberfeßungen, Commentare, 33iogvapl;iecn u. f. m. Cd
fmb bereitd mehrere l;unbert 3)änbe gefebenft merben. Sn Seutfcblaub, auf beffen 35oben
eine nicht niinber reiche Sf;afefpeare*Sitteratur ermad;fen ift, ald in Gnglanb, mirb biefe
finnige 53eftinunung bed ©ebmtdhaufcd bed Sichterd gemiß Entlang finbeu. Sie bentfehe
35uihh^nblung non SBilliamd u. Slcrgate in Sonbon ift gerne erbetig, 3ufenbnngen ent-
gege^unehnten unb an bad Stratforbcr Gcmite' $u übermitteln.
S. »The statesmans year-book. A Statistical, genealogical and historical
account of the States and sovereigns of the civiliscd world. For the year 18G4.
By Frederick Martin. London 1864.“ Dbmchl ber pvaftifche Gnglanber ähnliche
Stachfchlagemerte, mie bad „©othaer Safdjenbuch“ unb „Annuaire de Teconomie
politique“ fchon längft befaß, ja bcrlei Keepsackes fo recht eigentlich englifche ©r*
finbung ftnb, fo muß bad für bad laufenbe 3ah r 8 um wften SDlale cvfd;eincnbe „Sah v '
buch ^ Staatsmannes“ hoch eine fef;r terbienftlid;c Strbeit genannt merben. Sn fteben
feftftel;enben Slbfchnitten (Staatsoberhaupt, 5?erfafjung unb 33er*maltuug, Äird;e unb
Schulmefen, Cinnahnten unb 9ludgaben, £>eer unb glotte, Seoollerung, £>anbel unb 33er*
fel;r) merben nicht nur bie Staaten Guvopa’d, fonbem bie cioilifirten Dteiche ber übrigen
Cibtheile, 7 amevicanijche, 3 afiatißhe unb G auftrali|d;e, l;bd;ft anfchaulid; befchrieben,
burch gefchichtliche Siüdblicfe in ihieni focialen Jlnmachd beleuchtet unb bid ju ben Cr*
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gebntjfen ber jüttgfteit Seit ftatiftijch bargefteflt. ©urch bte lefcterß Gigenfchaft nnb bie
forgfättigfte 9(nßwaf)l in ber Senüßung ber jQueÜen ^ebt ft<h „The statesmans year-
book“ über ähnliche Sammelwerfe empor. 3$>ir geben nur baß Urteil über Defterreich,
bet welkem, obwohl eß nach ber alphabetifchen Stnorbnung an erfter ©teile in bem 700
©eiten umfaffenben Suche erfcheint, hoch noch ber Staatßooranfchlag für 1864 unb auch
fonft bie neueften ©aten aufgenommen finb. 9llß Quellen Ine$u bienten Ggoeraigß „©ta«
tiftifcheß £>anbbüchlein", auß welkem manche Partie, befonberß bie ©ebietßoeränberungen
feit 1780, wörtlich übergegangen ftnb, fonft würben bie „©tatiftifchen Tafeln", ©r. Ären«
fteinß 5\>erf über bie Sßeltaußfteüung unb amtlid;c ©Triften benüßt, unb wir finb in
ber gangen ©arftellung £)efterreid;ß nicht auf einen belangreichen gehlgriff geftoßen.
Solche Gorrectheit bei Sehanblung bcß Sanbeß, baß in außlänbifcpen Suchern nur gu
häufig bißher bie Solle 9lfchenbrobelß fpielte, erregt Vertrauen für baß Such im
©angen unb laßt eß in bem Ntaße an Sntereffe gewinnen, alß eß 3 U Territorien oor«
fchreitet, über welche Nachrichten fonft fpärlich borliegen, wie bie im Suche behanbelten
außereurcpäifchen Sauber.
* ©ie Sauber*, ©efpenfter* unb Niitternachtßhöhlenromane, welche bor einem halben
Sabrhunbert in ©eutfchlanb bem publicum fchaubernbeß Gntgücfen bereiteten, jeßt aber
nur noch * n obfeuren SeiI;bibliothefen aufgutreiben finb, fcheinen ftch, um ihr ©ejchlecht
nicht außfterben gu laffen, über ben Ganal geflüchtet unb wirtlich in ©nglanb eine neue
Jpeimat gefunben gu haben. 3um Scweife bienen bie Titel einiger ©gelungen, welche
gegenwärtig in ben bielen fleineren 5S>o<henfd;riften erid;ienen ober angefünbigt finb: „©er
rothhanbige £ugo 0 fcer ber ®rbe bon Cßmonb £all"; „©aß 9luge beß Saftlißfen"; „©er
Schmugglerhauptmann ober bie $eje auf bem SSJioor bon ©cclefton"; ,,©ie Äonigin
ber Nacht ober baß ©eheimniß ber rothen Soge"; „©er gejagte Sofewicht ober einer
SNutter Sache", bom Serfaffer bon: „Nan ©arrell, ober beß Säuberhauptmaimß Toch¬
ter"; „©aß ©eheimniß ber ^cljle SMerlinß" bom Serfaffer „ber Tochter ber ÜRitter«
nacht ober ber weibliche Spion"; „Niageppa ober eineß 3wergen Sache"; „Senup ©iber,
bie hechhergige Sauberin"; „SlacP Seß ober ber Sitter bon ber Strafe"; „©eß ©eifteß
©eheimniß, eine SchvedenßgefRichte". Noch mel;r alß ein ©ußenb ähnlicher Titel
ober ©oppeltitel — benn baß ftnb jte wie ihre beutfehen Serwanbten faft regelmäßig
— Knnten wir aufgählen.
* Slrchiteft Raufen, welchem SBien fchon eine Seihe tüchtiger Sauten berbanft,
hat nunmehr auch ben ehrenvollen Auftrag erhalten, baß $)alaiß Sr. f. Roheit beß Grg*
hergogß 2Bilhelm außgufüt;ren. ©ie Sage biefeß ^alatß an ber Singftraße, gegenüber
bem ©tabtparfe, ift eine fehr glücfliche unb eß wirb baßfelbe, in Serbinbung mit bem
SlußfteUungßgebäube ber ©artenbaugefellfchaft unb bem Gurfalou eine monumentale Sau*
gruppe bilben, welche wir gu ben glüdlicpften ber gangen Neuanlage auf ben Stabt«
erweiterungßgrünben rechnen bürfen.
* ©te ©runbpläne für baß neue Äünftlerhauß, welcheß auf bem freien $laße
gwifchen ber §anbelßafabemie unb bem neu gu erbauenben SSuftfconferuatorium gu flehen
fommt, ftnb nach langen Serhcmblungen nunmehr beftnitio feftgeflellt. Slrchiteft SBeber
arbeitet bereitß an ben planen für bie gajaben. ®ß freut unß, mittbeilen gu fßnnen,
baß nicht nur bie gefeflfchaftlichen Sebürfniffe ber Äünftlerfchaft, fonbem auch bie h^ e ‘
ren Sebürfniffe ber Äunft ihre Sefriebigung finben werben. 3 m hörigen Sahte foD ber
Sau ber gunbamente begonnen unb ooHenbet werben, ©ie gange Sauperiobe bürfte brei
Sah re umfaffen, fo baß eß im 3ahve 1867 ber Senüßuug übergeben werben fomt.
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541
* greuttbc tirolifcher Naturfchonheiten machen wir aufmerffam auf bad w 5(lbum",
welched jüngft tn bet lit(;cgraphifch cn tCnftalt oon Äienn in Sogen erfchienen ifl. 3m
gelungenen garbenbrucfe bietet ed bie Snjuhten ber fünften ©teilen bei 9)?eran unb
Sogen. Sefonbere Slnerfennung oerbienen bie Silber: bad ©chlofj §)lomta bei 9J?eran,
ber 3o^anntdfofel im I;errlid?en ©arnthale unb bie ^arlie aud bem (Sggeutbale. £>cvr
©eelod l;at fein Salent gegeigt, bie Jaubfdjafteit oon it;rem leckten ©tanbpunfte aud aufgu-
faffext, unb bad Sllbum wirb gewiß allen grentben bie bad beutle ©üb*2,irol bereifen, eine
witlfommene ©rinnerungdgabe fein.
* ©ad 3ellacic-9W onument in SIgram, mit beffen 2ludführung Silbhaucr
gernfem in Sßien betraut würbe, toirb ben San Setlacic in Nationaltracht gu <pferbe
barfteflen. ©er gebaute Äünftler ift foeben mit ber Sotlenbung bed SlobeUed im ©roßen
befdjäftigt unb ber 9)ietallgu§ toirb noch ^ au f c fcwf«* 3ah reö erfolgen; eben fo toirb
an ber SHbaptirung bed SMaterialed für bad ^)iebeftal and Ntodlowaner ©ranit gearbei¬
tet. ©er oerfügbare ©efammtfonb beträgt 41.246 fl. 24 fr. ©agegen betragen bie
Äoften unb Sludlagen: für bad SNobeH bed 9Ronumented 10.000 fl., für ben ©uß
36.000 fL, für bad erforberlid^e SWetall 14.200 fl., für bie ©ranitmaffe gum $)iebe-
ftal unb bie Serfrachtungdfoften bed SNaieriald, fo toie bed ©enfmald 11.000 fl., gu-
fanunen 90.000 fl., tooraud ^crüDrge^t r baß noch bei 49.000 fl. erforbetlich ftnb.
D. (Som beutjehen Süchermarf tc.) ©ie oerflcffene ®oche l;at bie reiche
Sitteratur über fflcejrico abermald um gtoei heroarragenbe ©Meinungen oennebrt. ©d finb
bad gunachft ber erftc Sanb ber „SReifen in ben Sereinigtcn ©taaten, ©anaba unb
Nlejrico*, oon Saron 3- 2Ö. ». Ntüller, ein umfangreid>ed, auf brei Sänbe berechne**
ted Sßerf, oon benen bie beiben elften bie einfache ©rgählung ber Neifcerlebniffe mit ein*
geflochtenen Secbachtungen über Nienfchen, Sl;iere unb ^flangcn enthalten feilen, trab
renb bie rein toiffenfchaftlichen Unterfuchungen bem britten Sänbe oorbel;alten finb. ©ad
gtoeite SBerf über SDlejrico bilbet ben oierten Sanb ber rühmlich befannten „Anthropolo¬
gie ber Naturoolfer", oon ?)rof. $h- SBaig in SNarburg, welcher, nachbem bie oorl;er*
gehenben Sänbe Sanb unb Seute Norb'Slmericad M;anbelt l;nben, in feinem reichhaltigen
3nhalt wohl bie umfaffenbfte, auf grünblichen ©tubien berubenbe culturgefc^ic^tlic^e unb
etl;nographifche ©chilberung ber Sölfer ©entral-^lmericad barbictet.
SBeitere Neuigfeiten im geograp^ifc^en gachr welched in unferem heutigen Serichtc
eine ^eröorragcnbe ©teile einnimmt, liegen und oor in „Söbmen, Sanb unb Seit", eine
oon mehreren gachgelehrten bearbeitete SWoncgraphie, bie jegt ihren 9tbfc^lu§ gefunben
hat. Seigegeben ift eine recht beutlich gearbeitete, bie ©prachgrengen begeichnenbe Äarte.
©ad legte #eft ber oon Bett gu 3cit erfcheinenben ©rgängungdl;efte gu ber trefflichen
gecgraphifchen Wonatdfchrift, ber oon ?)etermann rebigirten „Niittheilungen" and 3.
^erthed’ geographischer älnftalt, enthält aud ber geber bed $>rof. Äoriftfa, eine burch
garbenbruefbilber unb eine .ftöhenfarte erläuterte ©chilberung ber l; c h ett 2atra in ben
©entral-Äarpathen. ©iefelbe Serlagdhanblung, beren fartographifchc ©rgeugniffc hinfiebt-
Uch ih^er technifchen Scllenbung unerreicht hafteten, ocroffcntlicht joeben eine oon Serg*
hand, ©tülpnagel unb ^etermann gegeichnete Äarte oonOefterreich in 2 Slättem.
Slbgefehen oon größeren ©pecialfarten, erinnern wir und feiner neuen ©rfcheinung ber
Äartograpl;ie, bie wir, wad ©enauigfeit unb ©auberfeit ber 3eichnung betrifft, mit biefer
Äarte Dergleichen mochten; man betrachte nur bie beigegebenen ethnegraphifeben, ftatifti-
jehen unb phpfifalifchen Äartenffiggen, bie, mit minutioier Sorgfalt gegeichnet, trog bed
{(einen SWaßftabed ein ooUfomnten überjichtli^ed unb beutliched Silb gewähren.
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(Sine ©tatiftif bcr ©eweibc im ©rogbe^ogthume Saben, erfcf;icn im Aufträge be«
babifc^en $anbel«minifterium«, bearbeitet von ©r. 9tub. 5T>iin einem ftarfen, an
800 ©eiten mnfaffenben Sanbe. Gin wettered ftatiftifd>eö 3®brf über Defterreidi, beu¬
gen, ©eutfd;lanb unb bie ©d;wei 3 von Slb. granfc, ba«, in Lieferungen erfcfyeinenb, in
fritifchen Soumalen eine feljr günftige Seurtheiluug fanb, ift jefet $um ?lbfd;luffe ge¬
bieten.
©chlieglid; ftnb c« noch einige bifteriiebe SRovitäten, bie mir $u ermaßen t^ben,
nämlich übermal« eine M ©efchid;te ©d;le«wig*£elfteinö bi« jum Satire 1848", uon
3- S remer in Lübeef, ferner „Dieue cultuv(;iftoriid;e Silber au« ber ©<hwcy"> von
*}>rof. Dfcnbrnggen in Süricb, unb r/ ©efc^id>te be« brei gigjährigen Äriegc«", von
gran$ Äepm, 2. Sanb, womit biefe«, auf ben 3tcfultaten ber neueren gorfdjungen !a-
tfjolifcher $ifterifer beruhenbe Skr! vcUenbet ift. *
P. (Sont frangofifefcen Süchermarfte.) ?. g. ?(. 9DRaurp T;at feine
bor einiger 3 <-’it begonnene Arbeit übet bie fran^cfifd^en 2 lfabemicen fortgefefct, inbem er
einen ^reiten Sanb beroffentlid;te: „Les Academies d’autrefoi*; l’ancienne Aca-
demic des inscriptions et belles-lcttres“. 2 lm ©chluffc biefer gicintid; grünblichen
©cfchid'tc befinbet fid; eine anali;tifd)e Tabelle über bie ermähnten 5l;at)ad;en unb Ar¬
beiten unb ein alpf;abctifd;c« SRcgifter bcr DJiitglieber ber 2 ffabemie.
Son bem Slrtifcl gr. Saitbrp« über bie ©ebrüber ©rimm, welcher in ber „Re¬
vue Gcririamque“ ftaub, ift ein ©eparatabbruef unter bem 2 itc(: „Les frfcres
Grimm, leur vie ct leurs travaux“ erfreuen.
©ic eben fo gelehrte al« bcrbienftlid;c Slrbeit Slug. ©igotö: „Histoire du
royaume d’Austrasie“ liegt in hier Sanbeit jefct votlftanbig vor. ©ie fd;liegt mit
ber Grrichtung be« occibentalifd;en Äaiferreid;c« burd? Äarl ben ©regelt unb ift eine« ber
wenigen Süd/er von Solang, bie in bcr frangoftfcf^cn ^)robiu 3 erfdeinen. ©a« provi^ielle
©epräge (bie Saterftabt bc« Sud?e« ift s 3cancp) tritt im Üleugeren nod; ftar! genug her*
oor unb Herrin in Lpon fd;eint in ber 2T;at ber einzige Sud;brucfer in bcr fran^o-
fifeten s Prooiu 3 , wcld;cr ben Verlegern ber $auptftabt ebenbürtig 3 ur ©eite ftel;t, ja bic-
felben l;aufig übertrifft.
Gin nette« Sud', ba« ©eutfdjlanb unb Defterrcid) gef»orig ben S'ejd lie«t, betitelt
ftd?: „De Paris ä Bucharest, par V. Duruy“. ©er elfte $heil reid?t von $ari«
bi« äßien unb fprid;t de Omnibus rebus ct de quibusdam aliis. SBijfen-
jd;aft, Äunft, Leben, $)olitif, ©cfd)id;tc unb ©ecgrapbie — alle« wirb in bem Sud? be¬
rührt unb mit einer 9 %afc be« -Dcitleib« ober be« ^cl;nc« für ©eutfd?lanb unb ber
Seimmbemng für „cettc cherc et gründe France“, ©er frankojif 6 e SBifc über bie
fletnen ©taaten ©eutfd;lanb« ift uucrfd;opflich, b. h* e« ift eigentlich immer ba«felbe,
wa« ba gefügt wirb: aber bie gra^ofen finb förmlich 3 n beneiben, über bie reine naive
greubc, mit bei fie immer lviebcr biefelbcn ©päge auftifchen unb fontifd; finben. ©ie
beutfebe Langfamfeit, bie beutfebe Srauinerci, ba« Jabafraud?en, ©auerfraut, les Durch¬
laucht, bann bag bie beutfd;cn ©olbaten eine anbere Äopfbebecfuug tragen, wie bie gran*
gofen — ba« ift vollenb« gar fornifd)! Mitunter befomnit auch ©oethe eine« weg, bem
^)err ©nrup feine 2 lnerfennung al« poete allemand 3 n verweigern )d;eint. Sn SSe^tig
auf ©eographie finben wir mand;e fd'apenöwerthe Semcrfuttg, 3 . S. „La foret noire
nennen bie ©eutfeben „©d^wai^walb", wa« ba«felbe fagen will, wie foret noire“. ©c*
rabc al« ob ein beutfd;er SBeltweifer fcbrcibeit wollte: „Heinrich ben Siertcn nennen bie
grat^ofen Henri quatre, wa« ba«fclbc fagett will, wie $einri<h ber Sierte". ?Tucf> bie
geograpI;i}cl)e 9 toÜ 3 , bag bie gran 3 cfcn jweimal in SÖSien waren, wirb mit triumphitenber
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543
©eionung loßgelaffen, wäl;renb wir nirgenbß in bcnt 33uch bie leifefte Ermahnung ron
bem 3 Weimaligen (Sinmarfch bcr Dcftcrrcic^cr in ?)atiö finben. Ungemein erl;citernb ift
ferner baß aufrichtige Srftaunen beß gran^ofen, wenn er auf beutfcf;en SJconumenten
Siege über granfreich erwaf;nt finbet, oon wcld;cn er nie ehraß gehört T?at, alß ob cß
bie ©chulb ber ©eutfd;cn wäre, baß in ben fran 3 oftfchen £d;ulen weniger ausführlich oou
ben fran 3 bftfchen Slieberlagen, aber befto grünblichcr oon ben franjcfifd;cn Siegen bie
Siebe ift!
Sine ber fomifchften potitifd^en 2>eclamatieiten mit einem ?(nftug ttou Sentimental
litdt giebt «sperr ©urmj in 33aiem Den fi«h. Sr fagt ba einigen 23aiem, baß fie unrecht
t;aben f fid; ju Defterreid; gu galten, ba fte biefem feine Sifenbabnen bauen halfen muß*
ten unb bafür nur cfterrcicpifc^c Ganfnoten erhielten (!!!), mährenb granfreid; ben
Saiern ein fo fchöneß Sanb — bie $)fa( 3 ? — gegeben, alfo Slnfprttch auf beu 35anf
Saiemß Ijate. »On nc me rdpondit rien“, fugt ber gratt 3 ofe „j’avais touchö
ä un point douloureusement sensible“. Söelche güHe non rei 3 enbem Globfinn im
engften Slahmen!
$err 2 )urup ermahnt in feinem S3u <^e, baß bie £>cutfchen unter ihren wenigen
guten Sigeufchaften fich ben Sinn für bie ?)eefte erhalten haben, währenb bie gra^ofen
jefct, fo 3 U fagen, 3 U männlich unb emft auf bie SSelt tarnen, uni fid; an Gerfen 3 U
ergeben. Jro^bem haben mir einen neuen Ganb in gebunbencr Siebe »or unö reit Slug.
Garbier, bem betannten Gcrfaffer ber „Iambcs“. Unter bem Silel „Silvcs“ bringt
£err Garbter eine Sl^ahl oen ©ebichtcn, welche er feit feiner Sugenb^eit bei oerfd;iebe*
nen @elegenl;eitcn unb jerftreut publicirte unb bie, nad; ber Slnficht beß Geifafferß, tu*
fofem für baß publicum Sntereffe I;aben wetben, alß fte ben Sntwidlungßgang beß
Poeten ueranfchaulichen.
gemer erwähnen wir non 3 . 31. 3lrgiß; „Les six mariages de Henri VIII“,
eine nochmalige, wie eß fd;eint, für einen größeren Scferheiß bcred;nete (Stählung jener
irübfcltgen unb blutigen ©efd;id;te. Sbenfallß populär gehalten ift: „Les liiystercs de
)a police“. SRan finbet barin eine 3(rt non ©efehiefde ber fra^eftfeben $Poli$ei 001 t
1 G 66 an biß 3 m Stcrelution unb eine Erwähnung ber eigcnthümlid;en Gegebenheiten,
bie feine^eit bie fran 3 cfifche ©efellfchaft lebhaft bcfd;aftigtcn unb mitunter in Sunfel ge*
l;ü(lt blieben. Sie Duellen biefer Sd;rift bürften hauptfdchlid; in ben „Mdmoires tirds
des archives de la policc, par Peuchet“, in ber „Bastille devoilce“, in ben
„Biographies des licutcnants de policc, par St. Edme“ u. f. w. 3 U fud;eit fein.
©i$imgäbcrid)te.
$fr|juttmluitj} kr h. k. jflolotjtfdj-btJtonifdjen (Scfrllfrijaft
am 6. Styrit 18G4.
93orft(}enbcr im ^Beginne bcr ©ifoung f>err ©iegfrieb 9iciffef, fpäter ©c. £>urd;«
taucht gürft GoIIorebo.SRannSfelb.
&ert 3c|\’pf) Äerucv Tjielt einen Vertrag über jira neue reu if;ut tcctadtlctc
SMenblinge, näintidj einen Saftarb jiuit'e^cn Androsaca glacialis unb A. obtusifolia,
welken er A. Ebneri nannte, unb einen .^^briben jwifdjcn Ilieracium aurantiacum
unb H. Auricula, reelle et mit bem tarnen H. tirolense belegt«. S3eibe 9to»itäten
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544
würben uon bem £erm Sortragenben im lebten Sommer auf ben 5llpen 2irolß be¬
obachtet.
ftcxr 3- 3uraßfa fpvac^ über eine neue 2lrt uon Ulota. Sie würbe in ©aligien
beobachtet, nad; bem £errn Sntbecfer U. Rehtnanni genannt unb ftel;t ber U. cris-
pula am näd;ften.
£err Sr. 3. Seiner erörterte baß gliigclgeäber ber Sinteren unb fd;lug uor,
bie gleichwertigen Slbern unb 3ellen auch bei aflen Sipteren gleich 3 U benennen unb
bemcnftrirtc bann bie wichtigen Wobificaticnen beß 5lberuerlaufeß. gerner t^cüte $err
Sr. Seiner bie ©runbgüge eineß neuen, in feinen großen Umriffen uon £erm grieb-
rieh Stauer aufgeftcflten Spftemß ber Sipteren mit.
.£err Sr. £. ®. 9teid;arbt berichtete über einen uon ihm unb £eim 6. u. £a*
lacgp unternommenen botanischen 2(ußflug nad; bem Waltatl;ale in Äärntcn. Ser uor»
beve 21;eil biefeß tanbfchaftlich fef;r fchönen 2h a ^ cö h a * c ' nc ß an ö gewöhnliche montane
glora. 9Son Sntereffe für ben Sotanifer futb nur bie zahlreichen Gaffer fade, weil an
i(;nen fich uiele 9llpenpflangen, tief l;erabfteigenb, unb uiele feltene Woofe finben. 9luß
biefem ©runbe würbe bem hint elften Steile biefeß 52^aleö # bem fogenannten großen unb
fleinen (5lenbe befonbere 9(ufmerffamfeit gefc^enft. So wie tanbfchaftlich fchöner, ift auch
baß fleine Glenb botanifcp oiel reicher, alß baß große.
£err ©eorg Mittet u. grauenfclb fpraep hierauf über brei neue Slrten uon ^a-
lubinen, beftet;enb auß: Vivipara eximia auß 6f;ina, V. bullata, welche in ben 9cum-
mulitenfcbichten uon Wattfee in £bcr-Defterrei<h unb Hydrobia elegant ssima, bie in
ben Ccngeiienfchichten uon 9lrapataf in Siebenbürgen nerfommt; ferner über Paludina
concmna unb bie mit il;r ucreinten 2lrtcn. SSciter theilte .£>err Mitter u. grauenfelb
mit, baß ber feltene Cossonus ferrugineus im Krater gefunben würbe unb legte
fd;ließltd; neue icbthbclegifd;e 9JJittf;eilungen beß £)erm Sr. g. Steinba ebner uor, in
benen einer näheren 33efpred;ung unterzogen werben: Scophidon Capoeta, S. Sie-
boldi, Chromis Dumerilii, Chr. niloticus, Chr. lsctus, Chr. Gimthcri, Chr.
aureus, Serranus Ongus, Heterodon hysticinus unb Acerina Schraotzer,
UaturwtfJ>nftfyafU«^t Herein ju ®raj.
Sifcung am 30. Würg 1864.
5>rof. Sr. gv. Unger geigt in feinem Vertrage über bie Saftleitung in ben
^Pflangen, baß bie Aufnahme unb gortfül;rung beß rol;cn Mahrungßfafteß fich nicht ocll*
ftänbig burch bie Siffufionßgcfefce erflären laffen, baß aber auch bie burth $rof. Sr.
23öhm neuerlich^ aufgeftellte 2h ccr * c » na<h welcher ber Suftbrucf baß Steigen beß Saf*
teß bewirte, nid;t l;inreihb um alle Phänomene bei ber Saftuerthcilung ber fangen gu
eröarcn. ^rof. Unger ficl;t, auf Reifliche geftüfct, in ber Smbibitionßfähigfeit ber 3eU*
membran bie cingig guläffige Urfad;e, auß ber fich alle auf Saftbewegung bezüglichen
(Srfd;cinungcn ungezwungen ergeben. Micbt bie ©apiüaritat btT öefäße, nicht bie Siffu*
fien ber 3ellflüffigfcit, ebenfowenig bie Saugwirfung ber Sranfpiration bewegen ben rohen
Mal;rungßfaft uon ber äßurgcl biß gu ben ©ipfeln ber lüften Säume, fonbem bie $ln-
giel;ungßfraft beß 3eflftcffcß für Sßaffcr unb wäfferige ?cfungcn, welche in ben molecula-
ren Sntcrftitien tiefer Sulftang fich überall leid;t unb rafd; oerbreiten, wo (Siemen*
tavtl;eilc uorl;anbcn finb unb fid; gegenfeitig berühren. 6ß ift alfo gleichjam baß mel;r
leblofe ©erüfte beß ^flangenförperß, baß gu tiefer wichtigen gunction berufen ift.
tttnMUMrUitytr ttttaftm fcujwlb SUnuttor. flruefeeret tu Witntx Jtiteng.
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Hefier Die $ebcutung einiger äffleige &et ^öturmiffen^öften für
potytcdjmfdje Snffttutc.
53on ©r. 3ulius nMcsitcr.
©ic Umgestaltung ber poIptcd)nifcf)en Spulen Defterrcid;3 ift burcf) bie üor
fur 3 em begonnene 3Birffamfcit be 8 Unterrid;tgratfK'§ nnb burdj btc in biefen 331ät»
tern bereits angejeigte l'ublication bcS vom s ProfefforencolIegium bcS SStener poltj=
tcd)ni|d)en 3 nftitutc 8 rebigirten GfntwurfcS « 3 m JageSfrage geworben, ©ie brfngenb
nottjwenbigen 9teformen biefer .£ied)fdju(en ber realen 2 Biffcnfc$aften werben für
lange 3?it ifjrcn (5inffu§ auf unfer inbuftrieUeS Seben geltenb madjen unb fönnen
©ecennien fiinbutd) für Ccfterreid; ein Segen ober eine 8 aft werben. Offne »or»
urtfyeilSfrcic, grünblid;c 33efpred)uiTg berjenigen S®iffen§ 3 weige, weldje bie 3wecfe
bc 8 ?)oh;ted;nicuni 8 förbern, fdjciut un 8 befiljalb im gegenwärtigen üüugenblicfe
bringenb geboten.
©ad ^rofcfforencoHegium be 8 SBiener ^ohftedfniatmS f>at an bie Spi^e feines
Programme ben ©ruttbfaj) gcftellt, baff ba 8 Jnftitut bie Aufgabe fiat, bem an»
ge^enben Secfjnifer bie t)öd;fte tt;eoretifd;e 91u§bi(bung in jenen Bädern ju geben,
weltfyc er ft cf) für feinen praftifd;cn SSeruf wählte, unb gleichzeitig berufen ift,
Seljrer für bie ted;nifd;cn IBiittclidjulen Ijerangubilbcn. Stuf biefem unantaftbaren
©rnubfagte vubt ba 8 gan 3 c ©cbätibe ber 23or'd;Iäge. ©en bringenben ÜTnforbcrun*
gen ber 3eit entfprccheitb proponirt ber (Entwurf, ba 6 < J)oh)ted;nicum in §ad)fcfyulcn
jU gliebern. ffiidjtSbeftoweniger beantragt berfelbc Seljrfädjet, weld;e feiner Sadjfdjufe
cinoerleibt werben, 3 . 33 . bie SanbwirtfyfdjaftSlefnc, bie in gwei 3 a$re 8 curfen oor«
getragen werben feit. (S8 fdfliefjt fid; an biefe Sncottfequettg bie $rage, warum ba 8
^rofefforencoflegium e 8 unterlaffen |at, bie SRidjtbeantragung einer lanbwirtlj»
f djaftlidjen gad)fd;ule gu motiuiren*, ba bod; beifpielsweife im Gfntwurfe bie
©rünbe auSeinanbergefetjt werben, warum e 8 nnftatttyaft erfdjeint, am SBiener f))o>
li)ted)tticum eine nautifdje 3 ad)fd)ule 31 t errieten.
©a nun baS ipoltftedjnicum bem angcljenbcn ©edjnifer, 3 . 93. bem te^nifcficn
Gljemifct bie l> 6 d)fte tl;eoretifd)e unb, fo weit bieS in ber Sdjule möglich ift, aud;
praftifdte 91u8bilbung geben, 2 ehrer für Siealfcbitlett fyeranbilben feit, unb burd;
auSgcbcfmtc lanbwirtbfdjaftlicfe äSorlefnitgen bie, wenn aud) niefjt im (Entwürfe
birect auSgefpro^ene Aufgabe fid; ftellte, junge fDMnner auf ben Ianbwirtf)fd)aft=
1 (Entwurf eines £rganifatipnSftatnteS für baS f. t. polptcebnifdjc 3nftitut in JBien. 9t(S
5?iamifctiV't gebrueft. Sfc'ien 1864, bei 9)t. Serftcr. 'llugejeigt in ?!r. 15 1864 b. 3citteb., ©. 464.
‘ Sie 9icmerfungcn auf S. 100 bcS (Entwurfes, bie übrigens nud) im grellen äBiteifprncbe
mit ben auf bie (Srricbtuug eiltet mcutauiftifd?eu öudijdmlc bcjugncbmcnben ?Jtoti»en ('S. 100
bis 105) fteljcn, füuneti unmeglid) als tßcgrünbungeii gelten.
. «n|$rift»tgr 9 <uS HI. 35
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liefen Veruf ooi'subereitctt, fo ift c8 wofyl geftattet, ju untcrfuXen, weldje 33or=
fXläge bet ©ntwurf betreffs Vertretung ber naturwiffenfXaftlid;cn Sacher enthält.
Sir wollen un8 b(o§ baraitf bcfXränfen, ju prüfen, ob bie Proportionen bcö
ProfefforcncotlcgiumS in 23ejug auf bie botauifdjen SiffenSjweigc ben 3wetfen 6er
Spille unb ben Slnforberttngen ber Bett entfpred;en.
9ie(fjnen wir oon ber ganzen Pflanjenfunbc bie beferiptioe Votanif, welefje
fXctt in ber 5Rittelftf)u(e gelehrt wirb, ab, fo bleibt ber anatomifd)=pl)t)fiologifd)e
unb ber eutioicflungggefdtjic^tlic^e Sfjeil ber Pflanjcnfunbe jurfuf, SiffenSjroeige,
bie nur an ,£>oXfd;ulon oorgetragen werben föunen. 3ene Äcnntniffc ber bcfcf)rei=
benben Votanif, mit wcld;en auSgerüftet ber abfoloirte 3tealfd;üler ober @pmna=
fiaft baä PolptcXnicum bejieljt, rcid;en für ben praftifXen Veruf beä SeXniferS
unb felbft be8 Sanbwirt^eS »oflfommen au8. ©er angcljenbc Sekret ber 9iealfd;ule
muff aber bie beferiptioe Votanif oom ©tanbpunftc ber 6ntwi<flung8gef<§icfite au8
fennen lernen, bejjwegen mufc, wenn ba8 Polpted;nicum auX geltet ber fJlaturgefdjidjtc
bilben will, fpftcmatifd;e pflanjenfmtbe in Verlobung mit Piorptyologic an bem=
felben oorgetragen werben. Ülnatomie unb pijpfiologie ber ©cwäXfe, welche für ben
angefjenbeu £el;ret ber 3Raturgefd;id;te unentbeljrlid; finb, l;aben aber nOd) für ben
angefjrnben Sanbwirtl; unb ebenfo für ben Scd;nifet au8 me^rfadten ©rünben eilte
nid;t ju unterfdjä^eube Vebeutung. ©ie Slnatomie ber ■'Pflanzen bilbet nämlid; bie
widjtigftc ©runblage für bie ted;nifd>e Piifroffopie, bie pijpfiologte ber ©e»
wädjfe ift hingegen faft bie einzige VafiS für jenen Sfjeil ber fianbwirtl)fc^aft8lct)re,
weldje fid^ mit ber pflanjcncultur befdjäftigt. ©eljen wir näljcr in bie ©ad)e ein.
Plan ^at bic Ptifroffopie in ben oerfloffenen Sauren am PolpteXni*
cum leineSwegS ignorirt, ja c8 würben fogar burct) ben jejjigcn Profeffor ber cpc=
mifd;en Sexuologie einige Beit fjtnbitrd; befonberc Vorträge über biefen ©egeit=
ftanb am Snftitute abgcfjalten. hierauf befamen bie Sectynifer in ben Vorträgen
über Biologie, Votanif unb X cm ^X e Sed;nologie, l)in unb wicber wol;l auX in
ben Vorlefungeit über ©l;emic unb pfjpfif Plifroffope unb mifrojfopifXe Dbjecte
3 U fefjen. Sm Sinterfcmefter be8 laufeuben unb bc8 lejjtoerfloffenen ©tubienjaljreS
f>ielt ber Verfaffer am polpteXnifXcn Snfiitute Verträge über praftifXe Pflanjen=
anatomie. Senn aud; bei biefer ©elegenljeit bie ©tubircuben nid;t nur mit ber
2el;re oom Vaue ber Pflanjen oertraut gemad;t, fonbem anX im ^Unfertigen oon
leiXteren p^ptotomifXen Präparaten, im VeobaXtcu unb SOteffcn am Ptifroffope
unterriXtet würben, fo war boX bie Beit oiel ju eng bemeffen, als bafj ein itä^c=
rcS ©ingefyen in bic praftifXe Plifroffopie mögliX gewefen wäre. Sie wenig man
für ba8 genannte Bad;, wir möd;ten fagen oon 3lmt8wegen gctljan, beweist auX
ber Umftanb, baff bic ©ammlung oon Plifrojfopcit in bem mit 9icd;t wcltberi'Xm=
ten tcXnologifXen (Eabinet be8 Siencr polpteXnicumS al3 eine fel;r mangelf;afte
ju bejciXnen ift.
Unb bennod; liegt bie SiXtigfeit ber Plifroffopic auf ber panb. ©ine grofje
9ieif»e oon teXnifX oerwenbeten probucten beS Pflaujen= unb SfjierrciXeS — bie
popitlärfteit oon fluten finb wef)l bie ^oljarten unb ©efpinnftfafern — fommen entweber
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547
in einer ftotm in bie £anb beS ©echniferS ober SnbuftrieHen, ober fiitb, wie bie Stärfe»
[orten, non ,§au 8 auS fo befd;affen, baß nur ein Gingehen in ißre feinere 2lna=
tomie Sluffdjlüffe über itjre wahre Siatur oerfdjafft. ©ie nainrl;iftori|d)e Gharafteri»
ftif bietet hier feinerici SlnhaltSpunftc 311 t 23eftimmmtg; ja fclbft bie Sfeactionen
beS GhemiferS werben an biefen, aus organiiehen Subftan 3 cn 3 u)ammengefcßtett
Dörfern in ben meiften gatlen fdjeitern. ©er 6 f;emifer, ber über bie Siatur biefer
Stoffe oft ein maßgebcnbeä Ortzeit abgeben fofl, wirb 3 ur Grflarung genötigt
fein, baff fyier bloß baS SRifroffep 2luffd;luß 311 geben oennag. SSRifrojfope fehlen
feiten in d;emifcbcu Moratorien, weit öfter hingegen fei;tt f)ier bie Äenntniß ber
,'panbtjabung biefer Snftrumente unb noch häufiger ein 23erftäitbniß mifro[fopifd)et
Objecte.
©ieS aiieS finb befannte ©ingc, unb bennod; lief} baö fprofcfforencollegium
beS SBiener $)oli;technicum 8 in feinem Gntwurfe bie SRifroffopie »otiftänbig unbe»
rüdffi^tigt. 2Bir bc 3 cid)nen bicS als einen nennenswerten gehler. SSit wiffen burcf)
eigene 'Jlnfcfjauung ber 23crl;ältnif|‘e, baff burcß bie 5ßorfül;ntng »on mifroffopifchen
Objecten in 33orlefungen nid;tS erreicht wirb. 23loße8 Slnfel;ett ber Objecte bringt
feinen Shißen. ©iefelbett müffen mit 9 iul;e unb SluSbaucr ftubirt werben, ©ie
Stubirenben müffen felbft präpariren unb am SRifroffope beobachten lernen, unb
bamit fie ber wahrhaft großen Schwierigfeit beS Selbstunterrichtes im SRifroffopi»
ren enthoben werben, muß ihnen bie Schule fmlfreich bie $anb bieten.
9)ian würbe unS jebod; mißoerftehen, glaubte man, wir rathen bloß bie Giu»
führung praftifdjer Uebnngen am SRiftoffope ober oieflcid;t gar nur bie praftifche
©urchnahmc technifd) oerwenbeter Objecte an; mit biefen allein ift nicht geholfen.
2BiH man bie Sdjület im Uitterfuchen unb nicht im £ er umrathen anleiten,
fo muh SKethobe in ben Unterrid;t fommen. 2Rit bem praftifchen Unterridßc in
ber SRifroffopte müffen äScrlefungen über bie ©heerie unb Prüfung ber SRifroffope
ferner übet ^jiftologie ber pflanjctt unb über einzelne ©heile ber thierifchen @e*
webelehre in SBerbinbnng gebracht werben ©ie 23ertrage über bie 2l;corie uub
'Prüfung ber SRifroffope, in welchen man bie Stubirenben auch mit ben uerfchie»
benartigft conftmirten SRifroffopen, il;reu Siebenapparaten unb mit bet GntmieflungS»
gefehlte bicfeS SnftrumenteS befannt machen fünnte, würben nid;t nur für jene
Stubirenben, beten 3 ufüuftiger 23eruf Äenntniffe in bet SRifroffopie forbert, fonbetn
auef) für angt'henbe praftifche Optifer oon l;of)em fRußcn fein, ©ie 23orträge über
tpiftologie finb im Unterrichte in ber SRifroffopie unerläßlich, inbem eine mifro»
ffopifche Unterfud;ung organifirter Körper — unb nur für biefe gewinnt baS SRifto»
fcop feine große SSebeutung — ohne Äenutuiß ihrer feineren Anatomie eine fntößt»
lofe Spielerei iß, bie ber formalen SluSbilbnng ber Stubirenben eher fdjabet als
nüßt unb felbftoerftänblid) für ben ©edjnifer feinen praftifchen SBcrtß h<ct.
©er umfichtige Seßrer ber SRifroffopie wirb einige Äenntniffc über bie fPhtyf ' 05
togie beS Sehens als wefentliche SBebingung eines erfolgreichen fUrbeiteuS am Sn»
ftrumente aniehen; er wirb, wenn phpfiologifd;e Optif in feinem naturwiffeu)<haft=
liehen Seßrgegenftanbe beS ^)olt)ted;uicumä bejprochen wirb, in feinen einleitenben
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548
Vorträgen einige ausgewählte fPartieen übet bie ©ioptrif beS 2(uge8 ( 3 . 95. übet
bie Sredfmug bet Strafen im 2 luge, über bie SJtechanif bet Slccomobation, übet
entoptifdhe CSrfdjeintmgeu u. W.) uitb auö bet Sehre über ©efichtSempfinbungen
( 3 . 93. übet Uneben® unb SichtintenfitätSempfinbnngen, über bie fleinften »atyraefym*
baren Silber u. f. w.) burefmehmen. ©iefet EpfluS oon Vorlefungen über phpfio»
togifc^e Dptif fönnte anrf) jenen ©tubirenben ber Ücdjnif, bie nicht gerabe fpecielle
SluSbilbung in ber SJtifroffopie fuchen, aber bcnnoch riet mit opttfd;cn 3 nftrumen*
ten 3 U t^un hoben, 3 . 23. ben $ßrent ber geobätifdjen gadhfd;ule, gugutefommen.
3ut Sefpredjung beS SSertvättniffeß bet fPflangenphpiiotogie 8 um
ted)nicum übergehenb, erachten wir eS für nothwenbig, 3 U unterfuchen, ob ber
lanbwirthf<h<iftli<he Unterricht ohne entfpredjenbe naturwiffen»
f<haftliche ©tunblage feinen Bwecf erfüllt.
„Senn bie ftärfer werbenbe 93e»ßlferung", fagt Stob. ». SJtohl, „ober bie
Erhöhung ber ©taatSlaften gwingen, ober bie SluSbilbung unb Verbreitung bet
Staturwiffenfchaften einlabet, bur<h 2 lnwenbung rationelleren Verfahrens eine ©teige»
rung beS Ertrages ber gelbgüter gu bewerfftelligen, fo tritt bie Stothwenbig»
feit unb 9Jtöglid;feit eines wiffenfchaftlichen Unterrichtes flar hetoot".
©ie SRothwenbigfeit nnb ÜRöglicpfeit eines wiffenfdjaftlidjen Unterrichtes
in ber Sanbwirthfdjaft — unb nur oon biefer fpri^t ÜJtohl im Eitate — beibe
finb Boflauf oorhanben. ©enn, fragen wir oorerft, ift eS möglich, burch Vortrag
ber naeften Sanbwirthfcbaftslehre — bie feine Siffenidjaft ift unb con ber allein
feine Siebe fein fann, wenn » 01 t einem wiffeufchaftlichen Unterrichte in ber Sanb»
wirthfehaft gebrochen wirb — fragen wir, fantt burch biefe Sehre allein bem
©tubirenben bie SJtöglichfeit geboten werben, fiep jeitcS Slußmajj grünblid^et
■Rennhtiffe 3 U uerf (paffen, jenes Vcrftänbnifj ber Vorgänge im gelbe unb in ber
Sirthfcpaft fiep gu erwerben, baS er fein gangeS Seben hinburch benöthigt unb baS
ihm auf immer fehlt, bringt er c 8 nicht auS ber Sdjule mit? Sir rnüffen biefe
grage semeinen. — ©eben wir unS bie lanbrnirthfchaftlicpen Sehrbücher an, bie
ein treuer Slbbrucf ber lanbwirthfchaftlidhen Vorlefungeit finb, unb wählen wir hiegu
bie beften befannteit Vüd;er biefer Sehre; wir werben eine grofje Steihe mehr ober
minber gut georbneter Erfahrungen in ihnen gufammengeftellt finben, »ergebenS
werben wir aber in benfelben eine wiffenfcpaftliche Erflärung unb 93egrünbung ber
aufgegählten Erfahrungen fuden.
Senben wir unfere Slufmevffamfeit einem praftifepen Veifpiele ber Slgricultur
gu. Ueber bie ©aat ber 0cwäd;fe fteht in ben Sehr» unb .ipanbbücpem uieleS,
unb oiel für ben angehenben Sanbwirth pöchft ©cpäfbareS fann bcrfelbe in ben
Vorträgen über Sanbwirthfchaft poren. Ser aber belehrt ben ©tubirenben über
baS Sefen ber äteimung, über bie Äcimfäpigfeit ber ©amen, übet bie cbemij^en
unb pppfifalicpen 93ebingungeit ber Äeimung; wer lehrt il;n, fich orientiren über
bie Sahl beS ©aatfontS, über 28crtp unb Vebeutung beS ßiuqueHenS unb ber
93eigmittel? Sie fann ber ©tubirenbe ein richtiges Urtheil befommen übet bie
gwccfmäfiigjte Siefe bet Unterbringung ber ©aat, über bie gu wähleitbe ©aatgeit
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Bet »erlaubeneit (Santen unb gegebenen anderen Berhaltniffen? ©elbjtoeri
ftänblidj läfjt ben ©tubirenben ^ier einerfeitS bie 8 anbmirtf)jdjaftStef>re mit ihrer
oft einfeitigen Empirie unb anbererfeitö bie Ehentie, Phpfif nnb Naturgef<hi<hte im
<Stid>. Stojj feiner oielfadbett ©tubien, bie bet ftrebfame, ber 8 anbtoirtt>fdjaft fiep
guwenbenbe Süngling üieüeicht am Polptedhnicum bnrdf)ma<hte, ijt feine SluSbilbung
bemtod) eine hödhP mangelhafte gu nennen; all’ bie für ihn fo mistigen Piomente
bet Pflangencultut bleiben tf>nt unlesbare Näthfel. Unb bie PJöglichfeit, Antwort
auf biefe für ben 8 anbwirth mistigen gragen gu erhalten, ift bemtodh »erhanben,
benn bie Pflangenphhfiologie h a * bereits bie ©tunbftagen ber ©amenfeimung ge»
löst; eS mu§ bieS jebcr geftehen, ber bie ncuefte 8 itteratur ber s P^t>fioIocjte ge«
nauet fennt.
SBir glauben nicht, bah ntan etwas ©r^eblic^eS wirb einwenben föttnen gegen
bie SBi^tigfeit pflan 3 en^^i;fiot£'gifcl)er Borträge an einer ^ochfchule, an welcher eine
lanbwirthfcbaftliche 8 ehrfanjel ejriftirt, unb fo fdjreiteu wir gur Beantwortung ber
grage: 38aS fann bie PjTangenphhfiologit für bie allgemeine wiffenfc^aftlict>e 9lu8«
bilbung ber Jennifer leiften?
SBirft man einen Blidt auf bie ejracten gächer ber phtyfiologifchen Botanil,
auf bie 8 ehre oon ben ^emifdjen unb phhftfoKf^ Vorgängen im pflanglichen Dr*
ganiSmuS, fo muh man ftch geftehen, bah bereits ein bebeutenbeS ®tü<f Arbeit
oollenbet baliegt, bah eine gtohe JReitje phpftfalifcher unb «hemif^er BeobachtungS«
refultate h au ^tföc^lic^ce Eigentum ber pflangenphhftologie geworben finb; fo bie
mit $ülfe ber thermo«eleftrif<hen Nabel gemalten äufftnbungen über (Eigenwärme
ber Pflange, werthoolle 3:h«tfac^en über bie gluoreScen 3 ber Pflangenfarbftoffe unb
ihren Bnfammenhang mit ber (Eigenwärme bet pflangcn, fo bie Entbecfung frpftal«
lifirter unb organifirter Proteinförpev im BeHinhalte, bie 9luffchlüffe über ben fioff«
liehen (Eharafter ber ©tärfe, bie wichtigen S^fa^en übet Nahrungsmittel unb Er¬
nährung ber Pflangen u. f. w. Ülfle biefe werthoollen Errungenfdhaften, Oie bem
naturwiffenfdhaftlidh burdhgebilbeten Sedjttifer, gan 3 befonberS bem Jpörer ber chemi«
fdhen gadhfdhule nicht fremb fein bürfen, ftnben am 3 Wedfmähigfien ihre Bestechung
in ber Pflangenphhfiologie.
3n btefem Nufcen, bie dhemifdhen uttb phhftfaK)^“ ^enntniffe ber ©tubiren«
ben 3 U »erooBftänbigen, gefeilt fi<h noch ein anberer SBerth ber Pflangenphvpologie,
inbem fie bie Belehrung fcfjafft über bie Erlernungen im 8 eben ber Pflange, bie
jebeS ©ebilbeten Sntereffe in Slnfpruch nehmen. SDie Phpfiologie ber Pflangen er«
freut ftch noch nicht jener Popularität, bie fich bie ©eologt’e in ben lebten 2 )ecen*
nien errungen. S)ie imrigen Begiefmngen bet ©eologie 3 m p'h^ftfaltfdljen ©eographie
ftnb allgemein befamtt; bie Begehungen ber Phpfiologie ber Pflangenbedfe gu ihr,
tm engen wiffenf<haftli<hen Äreife gewürbigt, werben im 2 Ulgemeinen noch über«
fehen. ES fehlt in ber Pflangenphhfiologie nicht an gorfdhern, wohl aber noch fe^r
an Verbreitern grünblidhen SfHffenS Stber wir glauben, eB wirb nicht lange währen,
fo werben bie oon 2 ag 3 U Stag fidh h^ufenben Entbedfungen unb Erfahrungen auf
bem ©ebiete biefer 3Biffenf<haft fich audh nach auhen Bah« brechen. 5ßie ber
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Ptofefjor ber ©eologie Bon ber gehrfangel herab fagctt famt, baß gleich ber ®e*
fd^idjtc beS 91Ken|d)enge[cf)tcd;te§ jene ber Erbe gu beit ©vunbelementen wahrer
95itbung gäbft; ebenfo muß halb bie Seit ßeranrücfen, in welker man Bon bem*
felben Drte herab jagen !ann: Siucj) bie Sehre oom geben ber eingetnen Pflange
unb nom geben ber pflangenbecfe, roeldje mit ©efeßmäßigfeit fidj änbert unb bie
im Äampfe mit bet SRatur unb bem SOJenfcben großartigen, auf bie fltmatifdjen
©erhältntffe ber Erbe mächtig wirfenben ©eränberungen unterworfen ift; aud) bie
teilte Born geben ber pflange unb Bon ber ©efchichte ber ©egetation in bet 3eßt*
geit muß oon jebem ©ebilbeten gefannt fein.
Söir glauben im ©orßergeßenben gegeigt gu haben, baß neben ber für gef>r*
amtScanbibaten ber Sttaturgefcßicßte unentbehrlichen ©ßftematif unb S9iorj5f)oIogie
nod) bie Püfroffopie unb bie Phhfiologie ber pflangen ißre jelbftftänbige ©ertre-
tung unter ben gebrfacbern beö Poh)te<hnicumg beanfprucßen.
©eljen wir nun nach, weihe ©orfhläge ber Entwurf in ©egug auf bie bota*
nifdjen ©JifjenSgweige enthält. 3luf ©. 50 beßfetbett tefen wir, baß im ©ommer*
femefter jebeS ©tubienjaßreS in wöchentlich Biet ©orlejeftunben bie gefammte ©o*
tanif gelehrt werben jolt. SSeitn wir nämlich ben bafelbft niebergelegten Snbej: ber
abgußattenben ©orträge nerallgenteinertt, jo finbeu wir, baß in biefem oierftünbigen
tSollegium: Sftiatomie, Ptorplwlogie, Phhfiologie unb ©hftematif, ferner nod) Eitti*
geä über Äranfßeiten bet ©cwäcßje, über pflangenpaläontologie unb pflangengeo*
grajißie Borgetragen werben feilen. Sn wöchentlich einer' UebungSftunbe joHen
„bie Ptefßoben ber Unterjuchung beS ©aueS ber Spangen unb ihrer Steile,
IRücf ficht auf beren Entwicfluitg, bie .panbßabung beS SDJifroffo^eö unb anbeter
£ülf6mittel gegeigt, jo wie ber ©ang ber juftematiidjen ©ejtimmung ber Pflangen
gelehrt unb gahlretdje ©eftimmungen einheimifhet ©ewäcßfe au§ ben Betrieben*
jten Familien Borgenommen" werben.
SBir h a ücn eine grünblithc unb wif|cnfd)aftlid)e ^Durchführung biejeS pro*
grammeS — unb nur eilte jolche ijt an einer ^odjfchule ftatthaft — in ber jo
furg bemejjenen Beit für unmöglich, wie wir benn aud; bie Sbee, ©orträge über
eine folche „©efammtbotani!" gu halten, unoereinbar finben mit bem btingenb
nothwenbigen Principe bet „Steilung ber 2(rbeit"„ weld;e§ in ber Errichtung Bon
ga^fchulen feinen 9lu£bmcf erhalten joll.
©liefen wir auf baS eibgenöffifche polhtedmicum in 3üri<h, bejjen IDtganifa*
tion jeber neu gu grünbenben ober neu gu geftaltenben technifd^en Jpo^fdhule gegen*
wärtig als Plufter bienen fann, unb halten wir bie bortigen Einrichtungen ben
©orjdhlägen beS Entwurfes entgegen, jo werben wir erlernten, wie groß bie Äluft
gwifchen ben beiben ift. 3m ©ommerfemefter 18G3 würben am Büridher Polßtech*
nicum folgenbe botanifche ©orträge gehalten:
3n ber chemifchen gahlhitle:
1. ©pecielle ©otanif, Prof. £eet, 6 ©tunben burch bie ©Joche.
2. Ueberftdü ber für Defonomie unb ©ewerbe wichtigen Prangen, Prof, opeer,
3 ©tunben burch We ©Joche.
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3. Oefonomifiße Sctantf, ^rof. Gramer, 4 St. burcßbie23. in ber Sorftfcßule
Sn ber 6 . Slbtßeilung (für SeßramtScanbibaten):
4. Ärpptogamen, ^)rof. Gramer, 2 Stunben burtß bie SBodße.
5. 5Jtifroffopifcße ©emonftrationen, ^)rof. Gramer, 2 Stunben burd) bie SBocße.
6 . „ Hebungen „ „ 4 „ „
2 >ie ^er aufgefüßrteit fed)3 Seßrgegenftänbe umfaffen lange ntd^t bie gefammte
33otanif unb bieä ift audß im £inblicf auf bie Sntecfe beS ^PoIiftecßnicumS gar
nidE>t notßwenbig. ©erabe bie Unioerfalität, welcße baS Programm beö GntwurfeS
anftrebt, ift beffen ©rmtbfeßler; eine Sefcßränlung ber allgemeinen llmriffe beS
Programms erfcßeint unS brmgenb geboten. Sn melier SBeife biefe 33ef<ßränfungen
bunßgefüßrt unb eine Umgeftaltung beS SeßrplaneS oorgenommen »erben foll, ßie*
für glauben »ir im SBorßergeßenben bie ©runblinicn oorgegeidjnet 3 U ßaben.
GS ift woßl (aum notßwenbig, ßeroorgußeben, baß, wenn bie ßier oorgefcßla*
gelten Slenberungen beS ^)rogramme3 ber botanijcßen 2>orlefungen oorgenommen
werben würben, äßnlüße Umgeftaltungen aurß baS Programm ber goologifcßen 23or=
trage, welkes übrigens nad) unferen 2lnf(ßauungen im Gntwurfe bebeutenb glücf=
lieber beßanbelt ift, erfahren müßte, bann aber muff ber oßtießin gang unb gar un=
3 eitgemäße Antrag beS GntwurfeS, eine Seßrfangel für 3oologie unb 33otanif gu
errieten (ober Meintet» bie beftanbene in ißrent gegenwärtigen SBirlungSfreife gu
beiaffen) oon felbft fallen.
Grft bann, wenn jebcS naturgemäß felbftftänbige gacß in uttferen angußoffen»
ben potptecßnifcßen Schulen burd) einen eigenen gcicßgeleßrten oertreten ift, wirb
bie Grricßtung ber fo bringenb notßwenbigen gacßfrßulen wahren 9lußen bringen.
$te 2>ur(pol)rung beä SftoMeutä.
äsen Mmtifts.
(Stßluß.)
9iorbfeite bes Tunnels bei SRobane.
2 )ie 9lrc bilbet ßier bie eingige biSponible SBafferfraft 2 )iejeS ©ebirgSwaffer
gießt fi<ß in ber tiefften Sßalfoßte fort unb liegt gegen 110 ^Dieter tiefer als bie
Ütnnnelmünbung Gin natürliches ©efäde gur unmittelbaren SBenüßung für bie
GompreffeurS fteßt alfo ßier nießt gu ©ebote, wie auf bet füblicßcn Seite bei
öarbonecdßia; eS mußte baßer ein lünftlicßeS ©efälle geftßaffen werben. 3« biefem
3 »ede würbe baS SBaffet ber Strc in einem Ganale eon 400 bis 500 9 Jteter ab*
geleitet unb babureß ein ©efäde oon ungefäßr 6 9)1 et er gewonnen, ©iefer Ganal
ift längs bem SSette, ber Slrc beinaße parallel mit bemfelben angelegt, ßat eine Breite
oon 6 bis 7 SWeter unb füßrt bei günftigem SBafferftanbe eine SBaffermenge oon
5 bis 6 Äubifmeter per Secunbe.
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Sic fo gewonnene SSafferfraft wirb bagu benüjjt, um 6 oberfchlächtige Saffer*
räber in Bewegung gu fejsett. SebeS bev 4 SJiäber fielet mit 2 SSafferpumpen in
SSerbinbuitg, welche lederen bagu beftimmt fiitb, ba3 gum ^Betriebe bet ©ompref*
feurö nötige SSaffer ßuerft in beit Srucffeffel uttb Don ^ier but<h bie 4 Srucf»
röhren in baS 25 Bieter über ben 9Ibmiffiott8»entilen ber ©ontpreffcutä Hegenbe
Oieiercoit gu treiben. SBoit biefern SRefernoir führen 10 galfrofyren ju ben 10 im
angebauten Gomprimirttaug befinblid;ett SontpreffeurS, weldje genau fo conftruirt
finb, wie bie in SBarbonecd)ia. Sie ^6i;e ber wirfenben SSafferfäule ift mithin
25 SDteter unb man hofft mittclft berfelbett, mit Stüdfidjt auf bie lebenbige Äraft,
welche bie plö^lid^ in Bewegung gebrachte SBafferfäule gut SSirfuttg bringt, eine
8uftpreffung Don 5 üttmofpljären gu erretten.
Surd; bie SRotlfwenbigfeit ber fünftlic^en iperfteHung be§ für bie ©ompreffeutä
erforberlicben ®efäHc§, woburd; bie Anlage ber SSafferräber, jumpen, beS Srucf=
feffelS, bet Srucfröfnen unb bcß SKeferDoirS bebingt würbe, mufjte natürlich in 95io*
bane bie gange ©inridjtung Diel complicirter unb foftfpieligcr werben, als in 33ar=
bonecchia, wo ein ljinreid;enbc§ natürliches ©efätle gut Verfügung ftel;t. Sie 9ln=
lagefoften biefer (Sinrid)tungen ftttb ttt ber SStjat aufjerorbeutlicf) grofj, unb eS fteljt
fel;r in §rage, ob nicht burch einfachere SDtittet ber Bwed erreicht werben fann,
bie für ben 33etrieb beö Sunnelbohrenß nothwenbige comfmntirtc Suft ju ergeugen.
©omeitler hat melleicht auS bem ©runbe eine neue, auf gang aitberett ©runbfäjten
beruhenbe ©omprefftonSmaf^ine conftruirt, tocldje ber erwähnten foftfpieligeu 3lit=
lagen nidjt bebarf, über bereit SSirfungSweife inbeffett noch nicht auSgebehnte 6r=
fahrungSrefultate »erliegen, ba fie faunt feit einem Saht« fidj im betriebe befinbet.
Siefe 9Jlafd)iite befte^t in einer einfachen Suftpumpe uttb fittb biSnoch Derfuchßweife
2 berfelben in SJiobane aitfgefteHt, welche Don gtoei SSaffcrräbertt in S3ewegung
gefefct werben. SSit haben oben erwähnt, baff 6 fold;c Dtäber auf ber -Jiorbfeite
beö SunnelS etablirt finb, Don benen 4 baS ©peifewaffer für bie ©omf)reffeur§ in
baß 9iefen>oir treiben. Sie 2 übrigbleibenben finb eS nun, bereit bt>nantif<^e Äraft
bagu »erwenbet wirb, bie oott ©otneillev conftntirteit 2 Separate in Bewegung gn
fefcen nnb in benfelben Suft gu comprimiren, unb gwar auf folgenbe SSeife:
Sie 23läuelftaitge beS SöafferrabcS fe^t ben Äolben eitteß h or igoittal liegenben
©plinberß in ^Bewegung, welcher att beiben ©ttbett .mit »erticalen crjlinbrifdjctt 9(uf=
fäfsen oerfehen ift. Ser horigontale uttb einer ber »erticalen ©plinber fittb ftetß mit
SSaffer gefüllt unb ift baS 93olumett be§ in einem ber oerticalen 9luffä£e befinb=
liehen Sßafferß gleich bem Volumen beS Dom Äolben bei einem ©ehube burdjlaufes
nen Staunt e§. Söefinbet fid) in bem einen ber Derticalen Ötuffä^c SSaffer, fo ift ber
anbere mit Suft gefüllt, welche burch kie an bem oberen Sfeile beS Uluffafceß an=
gebrachten SSentile eintreten lantt. 9iun wirb baS »er bem Äotben befindliche Sßaffer
in biefen Staunt geprefjt, baburch bie fff« befittbliche ßuft compritniri unb burch eine
Stöhre in baS Suftreferuoit getrieben. 33ei ber rücfgängigen ^Bewegung beß Äolbenß
finbet baSfelbe ©fiel auf ber anberen Seite ftatt unb fo wirb auf biefe SSeife bei
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jebem Schube eine Suftntaffe comprimirt, welche gleich ift bcm oom Äolben burdf*
laufeneu Fannie.
©ie 33erfu<he, weld;e mit ben neuen Sompreffiougpumpen oorgeuommen mors
ben finb, haben befriebigenbe IRefultate geliefert, ©ie ^Bewegung ber Äotben unb
ba 8 Spiel ber fBcntile finbet mit großer 9 inl;e unb Siegelmäfjigfeit ftatt, unb ber
erreichte Sßujjeffect [teilt [ich auf C5 big 70 p©t., wäbvenb bie Gcmpreffeurö in
Sarbonecchia faum GO p@t. geben. Sei 8 ©cppellmbeit per Sföinute unb 5 9ltmo*
fptiären Suftfpannung, für weld;e bie jumpen couftruirt finb, tritt nicht bie ge*
ringfte Störung ein. 9 tu 8 altem biefem geht lievuor, baf ber neue ©ompreffiong*
apparat »oUftänbig geeignet ift, feinem 3 'rede ju entfpredten unb beffen öfono*
mifd>e 23ortt>eile gegenüber ben ©ompteffeurg nid;t borf) genug attjufd)lagen finb.
©iefeö ift in fm^en 3ügen bie ©arftetlung be§ gegenwärtigen Stanbeg unb
Setriebeg ber 9llpenbur<hbohrung am 9)?ont=©eni8. SÖir fürchten jebeef), nnferer
9Rit%ilung ben Sorwurf ber Unoollftänbigfeit ju^iebett, wenn wir nicht in weni¬
gen SBorten ber Äoften unb ber ©auer gebenfen, weld;e biefeg Siiefenwerf uufeteg
Sahrhunbertg beanfptud)en wirb
S5mmtlid)c bei ben Arbeiten am 9Jlont*©eni8 angewenbeten SOftafcfjinen unb
med;ani)d)ett ©inrid;tungen finb ooit bem (SocferiU’ic^en Gtabliffement in Seraing
mit großer Solibität unb Sorgfalt auggeführt. ©er fPreig einer Sol;rmafihine beträgt
2000 §r.; bie ganje Einlage aber, bie contprimirte Suft ju e^eugen itnb in ben
Sunnel 3 U leiten, foftet auf ber üliorbfeite allein über 2 SOxill. Sr. 2 ßa 8 bie ge*
fammten .^erfteltunggfoftcn beg Sunnelg betrifft, fo taffen fid) faum auch nur a " ;
nähernbe 33orau8be[timmuugen mad;eit, ba im Setlaufe ber Arbeiten 3 wi|d;enfälle
eintreten fönnen, beren Tragweite nicht 31 t berechnen ift unb burch weld;e bie big*
herigen Ülnhaltgpunfte für bie Saufuinme total oeränbert werben. 33 erüdfid)tigt
man bie höd;ft wahrfcheinlich eintretenbe fflothwenbigfeit, ben Sitnncl nach feiner
gan 3 en Sänge augmanern 3 U müffen unb hie 3 U bie im 9lu8brud; gewonnenen Steine
nicht benüfjen 3 U fönnen, ferner bie weiten Srangporte ber Slbtraggtnaffen, ben
^o^oerbau, bie hoch ftel;enben Slrbeitglöhne (4’ Sv. für einen föiinen*
fprenger), ben enormen f))rei 8 beg fPutoerg u. f. w., fo werben bie Äoften für ben
laufenben SJieter burchfehnittlich nicht unter 2500 Sr. anjnfc^lagcit fein, wag einer
Sotalfumme »on nahe 28 ÜJtill. Sv- entfpridht. ^Rechnet man hic’ 3 u bie Slnlage* unb
Unterhaltunggfoften ber oerfchiebeneit ©ebäube unb bie aufjerorbentlich ^oc^Iaufen**
ben 3 ingoerlufte währenb ber Sa^eit, fo werben bie muthmafjlid)en ©efammtfofien
auf 45 big 50 ÜJiiH. Sv. gefd)ä(jt werben müffen.
28ag bie ©auer ber Slrbeiten am 2)iont=©enig big 3 um SSoHenben beg Sun*
neig betrifft, fo giebt ung ber oben erwähnte tägliche Sortf<hritt von 120 SReter
ben beften SJtafjftab an bie Jpanb, um bei einem ungeftörteu ©ange ber Arbeiten
bag Sahr berechnen 3 U fönnen, in welchem biefelbeit 3 um Schluffe gelangen werben.
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(58 ift biefeS baS 3aT;t 1874. Stimmt man aber für ba 8 mittlere ©orrüdfen tag*
ließ ben nod) nid;t erlangten SBcrtß non 180 3Reter an, fo ftcllt fidß bie Seit gut
Grreidßung bet Sunnelmitte auf naßegu fieben Saßre — immerhin ein IRefultat,
für meines nur bie ©röfje unb Tragweite be 8 ju etreießenben 3wecfeS Srofl ge=
währen fann. Sie ©ermeßrung be 8 tägließen ©orrüdfenS be 8 ©oßlenftollenS auf
1-80 ©Mer liegt nießt außer bem Steife ber ©iögließfett, wenn man burdß raf<ße=>
reS Slbräumen ber gelösten ©taffen fo niel Beit gewinnt, baß alle 24 ©tunben
breimat gefdßoffen werben fann, ftatt bloß 3 WeimaI, wie e 8 gegenwärtig gefeßießt.
Sie täglidßcn ^ortfeßritte aber auf 3 ©Mer 3 U erßößen, wie man feßon längjt ge=
ßofft unb behauptet, wirb woßl nie erreicht werben; e 8 müßte benn eine gan 3 e
Umgeftaltung beS jefugen ©etriebeS burdß Slnwenbung neuer £ülf 8 mittel gefdßaffen
werben.
Siefe £ü(f 8 mittel würben vor sülllem in ber ©ermeßrung ber SlngriffSpunfte
gefnnben werben, welche fid) bei bem 5Kont=(5eni8 — wie GingangS biefer ©rit=
Teilung erwähnt worben — bloß auf bie 2 ©ritnblödßer be3 SunnelS befdßränfeit,
ba bie große £öße be 8 ©ebirgeS über ber Suitnelfoßle bie Anlage fenfreeßter
©dßaeßte nidjt 3 uläffig maeßt. Um biefe SlngriffSpunfte 3 U nermeßren, fdßlagt bet
befannte frangöfifeße Giuilittgeitieur Sont) 'Smttenaß nor, non jeber ©eite ber SBaffer»
fdßeibe mittelft einer Slngaßl geneigter ©dßaeßte, bie alfo nom Serrain in ber Stieß*
hing non.ben Sunnetenben nadß bet ©ritte gu fallen, bis gut Sunnelfoßle 3 U geßen.
Sie Baßl ber fo gewonnenen neuen 2lngriff8punfte fönnte noeß biircß fecunbäre
©tollen nermeßrt werben, welche unter ftumpfen SBinfcln gegen bie obigen ©eßaeßte
geneigt getrieben würben. ©011 jebem biefer ©tollen auS f)at man 2 SlngriffSpunfte
für ben Sunnel unb man fann fo bie Arbeit gegen bie ßeute nur non ben 3 Wei
©tunblöcßcm auS betriebene erßebließ befeßleunigen. Sie ^erftellung biefer geneigten
©d^ad^te ift einfacher, bie Arbeiter fönnen barin oßne SlufgugSmafeßine nerfeßren
unb bie gövberung beS Materials gefeßießt bureß fteßenbe Sampfmaßßinen. Ser
Grrfinber biefer Sbee ift fo feßr non beren SluSfüßrbarfeit übergeugt, baß er fieß
ber italienifdßen ^Regierung gegenüber erboten ßat, bie in bet ©ritte beS ©?ont=
GeniS licgcnben 5000 3J?eter Sänge in entreprise 3 U nehmen, mit ber ©erpfließ*
tung, foleße eben fo fdßnell fertig 3 U fRaffen, wie 5000 ©Mer non jeber SRün-
bung 3 U 2500 ©Met nollenbet werben. 3u bem Gnbe fotlen auf jeber ©eite ber
©ritte 4 große feßräge ©tollen, nom Serrain ab gut Sunnelfoßle gegen bie ©ritte
fatlenb, getrieben werben, bie fieß unten in mehrere 3 weige feilen, ©ei ber 28ieß=
tigfeit, welche eine fidlere unb rafeße Surcßftoßung ßoßer SBafferfcßeiben für bie
Gifenbaßntecßnjf noeß cinft erlangen wirb, wäre bie SluSfüßrung biefeS SlnerbietenS
non ßöcßftem Sntereffc unb fein Bweifel, baß bie für bie ©eenbigung beS riefigen
SBetfeS geforberte 2 lngaßl Saßre bebeutenb nerfürgt würbe.
SBie bem aud; fein mag, fo jteßt außer allem Bweifel, baß baS großartige
SBerf ber Sitreßboßrung beS ©tont*Geni 8 , welches einen fo bebeutenben tSufwanb
non Gelb unb SnteHigeng in 2 lnfprucß nimmt, non gutem Fortgänge begleitet ift
unb feiner ©oUenbung fidler entgegengeßt. Unb bamit ift ein 3«ri erreidßt, welcßeS
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Beweist, bafj felbft SUpeufetten fein unüberwiitbBareS H cmmu >f 5 für bie Äunft beS
SngenieurS Bilben.
2)ie Gnjronifen ber frönfij^cn «Stabte.
Itüntberg. 2 . 23anb.
(2. '-Baut bfv „(ibvmiifen ber bcutfdjcu (St.ibte rem 14. bie iiid IC. C'^bibmibcrt". 31 nf 5>er=
anlaffuncj unb mit Uuteiftü|$mij Sr. 9Jiajeität beb .ftönijd mm SJaieru 9)(ar IJ. bev.'uivje^ebni
burdj bie biitevilibe (iemmijiieu bei ber feunjiieben «Ifabemie bet SESiifenfdjaften. t!cipjig 1864.)
O ©ie In bem totliegcnbeit gweiten SBanbe 3 Mtrnber^ifcf)er (ifjronifen ent»
halteneu originalen Slufgeichnungen auS ber elften ^ätftc Bis gur föiitte beS
15. Safnl;unbertS, fiitb, ftreitg genommen, nicht 6 [;rontfen 311 nennen; fie gehören
tielmehr auch jener (klaffe B)iftevi)d)cr Schriften an, wellte bie ^erauSgeBer Bereits
im erften SBaitbe als ©enfwürbigfeiten im engeren Sinne begegnet Ijatun. ©er
3wedt ihrer Slbfaffung ift noch nicht bie ©efetji^tc ber Stabt. Sn nüchterner, rein
ttjatfädjtidjer unb eben fo anfhrud;3lofer gorm geben bie SSerfaffer 9 iadu'id)ten non
bem, waS [ich innerhalb ihres ©efichtSfreifeS uttb gu ihren Sebgeiten gugetragen
hat. Unterfcheiben fie fi<h burch ihr« §orm= unb 'JManlofigfeit, burd) ben 9)?angel
jeber fubjectiten gärbung gang wefentlid; non bem, waS man heute unter föcemoi»
ren terfteht, fo finb fie anbererfeitS hoch auch f*h r tevfdjiebcu ton einer blofj ur»
funblichen 5Berid)terftattuug, wie fie wohl häufig in officietlen Slctcnftücfen baneben
einhergeht; beim biefc hat ihren Bwecf in bem ^Berichteten felbft, währenb bort ber
äufjere unb innere 3lntf)eit beS SlutorS bie SJiitthcilung bebingt.
©aS erfte Stüd ton ©nbreS Sucher, lteldheS bie Sahre 1421 bis 1440 um»
fafjt, führt mit 9ted)t ben Sitcl „SDiemorial"; eS bringt bur^auS nur Selbfterleb»
teS, öffentliche unb perfenlid)e Slngelegenheiten burd;einanber, anberS als wie in ber
im erften S3anbe abgebrueften ©hronif auS Ä. Sigmunbs 3«t, welcher eS tielfach
gur ©rgängung bient.
©er „3ug nach Siebtenburg" im Sahre 1444 fd)tlbert in lebeitbiger 6 rgäh=
lung ein eingelueS ©reignifj: ben winterlichen gelbgug ber ^nürnberger in ©emein»
fchaft mit ben fRotenbnrgem unb SöinbSbeimem na<h ben Schloffem einiger Staub»
ritter beS bal)ieuthif^cn DBerlanbeS, nahe Bei ber thüringifchen ©rengc. ©er 33e»
rieht ift ficher auS erfler Duelle gcfc^öpft unb nahegu gleichgeitig niebetgef daneben.
UeBer ben SSerfaffer aber finb bie Herausgeber geteilter Slnfidjt, inbem ©r. t.
SBeech in bemfelben mit 23cftimmtheit einen Slugengeugen unb möglicherweife @r=
hatb Schürftab, ber als SDtitglieb beS ÄriegSauSfcbuffeS unb ÄriegShauhtmann ba=
bei war, termuthet, Beibe Sinnahmen aber unb namentlich bie Untere ton fprof.
Hegel in Slbrebe gefteHt werben.
SBenn unS h« er baS SBilb einer ftäbtifeben gebbe mit mehreren tom Slbel
torgeführt wirb, wie fie in SBeranlaffung, Hergang unb Slbfchluf) für tiele anbere
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al8 Vetfpiel bienen fann; fo enthält nun bie weiter folgenbe Vefcpreibung beS
SDfarfgrafenfricgeS non 1449 unb 1450 bic ©efcpid;te einer groben Vegebenpeit,
weld;e ihrer eigentlichen Vebeutung nach glfie^fallS nichts anbereS, als eine Stabt»
fehbe gegen bie „Herren" war, aber in ben weiteften ©intenfioiten, bie eine folcpe
überhaupt annebmen fann. ©er eigentliche „Kriegsbericht" pat * n K’iner pöcpft
trocfenen Slufzeidjnung ber einzelnen Vorfommenpeiten nach ber Beitfolge einen
ganz officiellen Gparafter unb unterfcheibet ficf> in ber $orm ber ©arftellung burd;*
auS nicht non ben il;m angefdpfoffenen „Drbnungen", welche ben SRadpfommen
überliefern füllten, waS alles non ©eiten beS Stabt» unb KricgSregtmentS, fowohl
nor bern Kriege als wäprenb beSfelbeit befohlen unb beobachtet worben, fei eS jum
Bwedfe ber SluSrüftnng beS feeres ober ber Vertpeibigung unb Verpflegung ber
Stabt ober ihrer polizeilichen Sicherheit; ferner waS für Schaben non bem Seinbe
angeri<h>tet, welche Velopitungen ertheift worben, enblich woran SRangel gewefen ift
ober wa§ man überfehen hat, bamit man in Bufunft [ich banach rieten unb wo
möglich eS beffer machen möge.
Kein Bweifel, bah alle tiefe Sdjriftftüdfe beS gleichen amtlichen UrfpruttgeS
finb. Güte attbere Srage aber ift, mit welchem Dtedpte man bisher Grparb Schür»
ftab als Vetfaffer, entweber nur beS Kriegsberichtes ober auch ber Dehnungen ge*
nannt hat; benn eS ift fein zwingenber ©runb bafüt norhanben. ©eratodp ift ein
perfönlicper Ginfluh ober unmittelbarer 3 lntpeil non feiner ©eite bei ber uitS nor*
liegenben Sammlung non Sänften über ben SJtarfgrafenfrieg nicht in 3lbrebe
ju nehmen. SSaptfcpeinlicp ift, bah ©d;ürftab, ber feinet ganzen Stellung nach
bazu am beften befähigt war, bie in ber mit feinem 5Ramen bezeichnten $anb*
fepriftenreipe enthaltene Sammlung non Kriegsbericht unb Drbnungen neranftaltete,
ferner, bah b' et ber Kriegsbericht unter feinem 3utpun bie jener fRcipe eigenthüm*
liehe Diebaction erfuhr. ©ieS bezeichnen bic Herausgeber auf bem Stet mit bem
SluSbrucf: zufammengebradpt non G. Schürftab.
Von biefen brei Stüdfen, roeldpc ben Hauptinhalt beS notltegenben VanbeS
auSmachen, finb nur bie beibeit erften nod; unebirt, baS britte aber fepon nor eini»
gen Sapren non Vaaber in SRümberg unter bem Stitcl: „Grharb ScpürftabS Ve*
fepreibung beS erften marf gräflichen Krieges gegen Nürnberg", in ben „Duellen
Zur baierifepen unb beutfepen ©efcpichte", Vanb 8, perauSgcgeben worben, ©er
pope SBertp ber oorliegeitben $)ublicationen liegt aber niept fowopl in ber blohen
SWittpeilung ber Duellcnf<hriften, fonbern in ber allfeitigen grünblidpeit Vearbeitung
berfelben. 3111’ bie Vorzüge, welcpe wir bereits bei bem Grfdpeinen beS erften Van*
beS pernorgepoben paben, fommen im gleichen fSRape biefem zuzeiten 3 U unb paben
fiep bie Herren n. Kern unb n. SBeecp im piftorifchen Speil, Sejret in bet Setf*
fritif unb im ©loffat um bie SBiffenfdpaft woplnerbient gemalt.
Gin fepr umfängliches SRaterial non gleichzeitigen 3lctenftüdfen unb Dtelatio*
nen würbe non bem zuerft genannten SJtitarbeiter zu einer zufammenfaffenben ©ar*
ftellung ber zwifdpen Dtürnberg unb SWarfgraf Sllbredpt geführten Kriegs* unb Srie*
benSnerpanblungen in ber erften Veilage benüpt. ©ie zweite Veilage giebt eine
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überfidjtliche 3uiammenfteflung ber geinbe SRürnbergS nach laubfctjafttidjcn ©rup*
pen, in Wellen ficf) neben ben dürften eine lehr große Bald von beutid;en JlbelS*
familien vertreten finbet, unb ber hiftorifch*gcnealogiichc ©ewinn biefer Slrbeit fort
erft red>t nußbar gemalt werben bnret) baä alphabetifd;c perfonenregifter am
©bluffe beS 23anbe§, Weldas wie gut Siuffinbung ber ERamen gugleich gu beren
©rflärung in moberncr Schreibung bienen fort, bisher aber nedj auöftänbig ift.
©ie fünfte Beilage enthält einige wichtigere Urfunben im SBortlant, bic brittc einen
33erid)t über bie ©flacht bei Pillenreuth — beibe von ©r. v. Äern bearbeitet.
3n ber vierten ^Beilage t>at prof. Riegel felbft von ber S3cvölferung8gahl unb im
Bufammenhange bamit von ben .£>anbwerf8verhältniffen unb ber SÄuSbilbung ber
Bunft* unb Pieiftcrprivitegien in Nürnberg gehanbelt, woran fich, gleichwie an bie
im erften SBanbe gegebenen SluSfühtungen über baS Patriciat, über ©tabthauShalt,
unb SOiöitje, Grörterungeu über biefelben in anberen ©täbten wieberfchtenbcit SSer*
hältniffe fel;r wohl anfnüpfen laffen.
Unb bamit bet trefflichen SluSftattung biefer ©tabt^ronif nichts fehle, waS
ihre ©enüßung erleichtern fann, ift berfelben auch nC( h eine betaillirte ©ebietsfnrte
beigefügt, in weither bic ©rengen ber vcrfd)iebenen s;icrrid;aften, fo wie bie Drts*
namen bis auf bie regellofe ©thrcibung genau nad) ben Urfunben unb originalen
Sorten ber Beit wiebergegeben finb; auch auf bie bamaligen, fpäter bunh Burücf*
brängung beS SBalbeS, SäuStrocfnung von SScihern verdnberten Scrrainverbältniffe
würbe bnbei 9iücffi<ht genommen.
28ie lange wirb eS wohl noch währen, bis and) öfterreichiiehe ©täbte, ©egen*
ben unb Provinzen ein folcheS Ptaterial für il;re Topographie unb Gitlturgeid)i<hle
befijjen werben? ©ie publicationen biefer „biftciijd;en Gonuniffion bei ber föitigl.
Slfabemie ber SBiffenfchaftcn" geben tinS ben beften Singergeig, auf welchem Sßege
boS Biel gu erreichen ift, unb baff biefer SBeg nur mit vereinten Äräften betreten
werben fann.
^fetfftrs „©ermania".
(8. 3a^9vaitg. 2., 3, 4. £cft. Sicit, (S (Verölt* Sefyn.)
—1— 21'ährenb Piorig «paupts „3citfd;rift für beutfAeS Sllterthum* ihre
Seiet ftill unb ftumm fd;on über gwei Sahrc auf ein SebenSgeidjett vergebens war*
ten läßt, fchreitet ihre jüngere ©enoffin, bie „©ermania“ riiftig auf bem betretenen
SBege vorwärts, ©ie hat bereits ben adjten Saljrgang vollenbet, beffen gweiteS bis
viertes £>eft unS lüer bcfd;äftigen fort, wobei wir aber ber Äürge halber nur bic
größeren unb wichtigeren Beiträge herausheben wollen.
©aS gweite Jpeft umfaßt anher bem gieintid; reifen Slbühnittc „Sittcratur"
vier Beiträge, ©er erfte bavon ift eine „Segenbc von ber h- Äathn*
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rin« von 3lle,ranbria" auS einer $anbfd^rift ber SBiener ^»cfbibtiotljef herausgegeben
reit 3oI). Sa mb et (S. 129 big 18G). 3n ber Einleitung fuefjt ber Herausgeber
ben mittc(beut[cf;cn Urfpruitg ber Begenbc nad^umetfen unb fefct, inbern er 93erö=
bau unb Stcim befpridjt, bie jireitc .Spätfte bcS 13. 3al;v^uubert8 als bic Brit ihrer
Eutftchung an. Blufjerbem werben barin ficben anbere beutle 53earbeitungcn, jum
Steile ungebrnefte auS Hanbfd^riften ber SBiener Hofbibiiotljef, eine lateinifc^e eben«
bafelbft unb „Sieben Sagjeitcn“ ber Heiligen auS einer Älofterneubnrgcr H^nb«
icijrift befprodjen. Sie 2(nmerfungen enthalten 31 tm größten Steile ^arallelfteflen
aus einet latcinifd;cn s Ptofalcgenbe. bic ber H crait ^fl ? ber als bie Duelle beö beutfehen
©ebid;tcS vermittlet. Ser gweite ^Beitrag von Sr. Pfeiffer (S. 187 bis 196)
bringt jwei „fraget 33rud)ftücfe bcS 5tibefungenliebeS", baS eine auS ber bortigen
ttniverfitätSbibliofhet, baS anbere auS (aafarifS 9tad)lci{3, beibe nacf> ber 23ermuthung
bcS Herausgebers 3 U einer H«nbi(^rift gehörig. Äarl 23artfd) tf)eilt S. 196 bis
208 eine ^Bearbeitung bet iutcreffanten „53rud;ftücfe auS bem Siofengarten" mit,
bie fdjon 53. ©rimm in ber 23erliner Stfabemie in biplomatifc^ getreuem Blbbntcf
vcrojfcntlid;t t;atte. SlfoiS Bütolf ftellt S. 208 bis 216 „Hcimball unbSBil^elm
Seil" gufammen, ben 5Bad;ter unb SSerat^er ber norbifdfen ©otterwclt, ber jum
©ölterfampf in baS mädjtige ©jattarhorn bläst, ben Stammvater ber H°h cn unb
fieberen, ben Urheber ber Stäube unb ben Stetter eines bebrängten 23olleS, ber
freie SWänner |d;afft unb überall mit Statt) unb Hülfe bet ber H ni, b ift. „ES ift
vornehmlich bie ibeale Stellung, Weld;c 5Bill;elm Seil bem bebrängten 23olfe (2lfen)
unb feinem Seinbe (Boti) gegenüber l;at, bie nnS an H'-’^ball gemahnt". „Sa 8
weite SJteer befäl;rt Hrimball unb ein trefflicher Steuermann ift ber SeH" u. f. w.
Ser 2?crfaffer nimmt in bem itorbifdjen Stamm, woju fdion 3- ©rimm geneigt
war, Eompofitiou an auS heim antlingenb an hiinin (Himmel; unb thallr ver=
wanbt mit thöll (pinus), woraus fid; ber Stame SBilhelm Seil entwicfeln motzte,
um fo leidster, als H em * n 3 , H e,me ll - bgl. Slawen in ber Sage fetyr verbreitet
finb unb Seil als ^erfonemtame in Bllemamtien fetjr alt unb verbreitet war, unb
Uri auch fonft mptl;ifd;e Erinnerungen treu bcwal;rte. 3ut Bocalifirung ber Sage
modjte bic in Buf'immenfcfuingcn wie Salefab, Selliberg, Sedenrüti häufig vor«
fommenbe 23e3cid;itung Tal, Dal für eine „f wehenartige 53ertiefung beS Erb«
bobenS" baS irrige beitragen. 2luS einer in einer Sehe gelegenen EapeUe fonnte
leicht bic SeHScapclle werben.
Ser Slbfcfmitt „Bitteratur" bringt eine Sieccnfion von 21. SJtuffafia über
„Messirc Gauvain ou la vcngeance de Raguidel ed. Hippeau“, als beffen 23er«
faffer SDiuffafla ben befannten Staoul bc H ou ^ cnc vermut(;et (S. 217 bis 222 ).
Sarauf folgt ein „23crid)t über bic Sifcungcn ber germaniftifd)en Section ber
21 . ! )>h*^ c 3 cnüer f nmm f lu, 3 “ (C 3 I. Britfdhr. f. öfterr. ©pmn. 1862, S. 804 bis
808) von Äarl 23 nrtfd) (S. 222 bis 228) unb eine (ehr banfcnSwertlje unb forg«
fällige „23ibliogrnpl;iid)c Ueberfid;t beS 3ul;reS 1862", von bemfclben(S.228biS256).
SaS britte H c ft beginnt mit einem einget;cnbcn Bluffaf) von 2lbolf H°lt?=
jnanit über „SaS gott)ifd;e Blbjectivum" unb feine Seclination in it;rem wirtlichen
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Sorfomnten in bet gotl>ifd;en 33ibelüberfe£ung unb it;re fprad>gefd;id)tlid;e Grflä=
rung (©. 257 bis 268). geobot 33en?eiöt bie Familie beS SicfyterS Gberfyarb
Bon Getane au8 eiuer Steife Bon Urfunben Bom Satire 1242 bis 1398 nad; (©.
268 bis 270). Gonrab H o f m a n n tl;citt (©. 270 bis 272) eine Bearbeitung bcö
befannten „SöeffobruncrgebetS" mit, worin einige ©teilen fdjarfer unb rid;tiger ge=
fafit werben als bisher. 3Rur ber Serfud), ben profai)d)en 2ln$ang alö aliitcrivcnbe
Serie ju faffen unb ^erjufteüen, (rfjeint unS »erfetjtt unb überhaupt unmoglid;. Hef=
mann legt übrigens felbft Tein ©ewidjt barauf unb be^eicfynet il;n felbft rnijjig „bis
auf weiteren Beweis als Uebung im BetSinadjen". Gine fet;r iutereffante lÜiiitl;eU
lung ift „SaS ältefte beutle 'PaifionSfpiel", Bon Äarl Sa rtfd; (©. 273 liS
297), fd;on früher abgebrueft in ben „Beiträgen jur ©efd;ld;tc unb Üitteratur",
Bon £. Äurj unb f)). SÖciffcnbad; (3larau 1846), aber faft Boßfommen unbefannt
unb unbeachtet geblieben, benn aufjer B>acfernagel fdiweigt jebe £itteraturgefd;id;te
barüber. Sie 33vuc^ftücfe (benn leibet ift baS ©tücf nid;t gang erhalten) finb Bon
boppeltem Sntereffe, ba fic einerieitS diefte beS älteften bentfdjen $)affionSfpieleS finb,
inbem BerSbau unb Sieim mit foldjer Sorgfalt bemäntelt finb, baff fie beftimmt
auf ben Anfang beS 13. 3aI;rl;uubcrtS weifen, aus bent auef; bie Haubfdjrift
ftammt, unb anbererfeits hierin offenbar ber Berfttd; eines fjöfijd; gebilbeten Sid;=
terS Borlicgt, baS ^affionSfpiel bet heutigen 'poefie gu gewinnen, ber fel;r gcfd;idt
ausgefallen ift unb bebauern täfjt, bafj er feine 9tad;folge gcfunbcit, waS ber Gnt*
widlung unfereS Srama’S nur l;ätte nüfcen Tonnen. Sie Heimat beS ©ebid;tcS ift (
wie ber Herausgeber auS ber Sprache nadjiueiöt, bie ©djwcij. Sie in ber Ginlei=
tung forgfältig bcfd;riebenen Brud;ftücfe finb auS bem itlofter SDiuri unb befinben
fid; gegenwärtig in Starau auf ber GantonSbibtiotfjef. Sntereffant ift, bafj bie 33lät=
ter ber Hanbfd;rift nid)t Tonnen Berbunbcn, fonbern muffen lote gewefen fein, in=
bem man ni$t oon recTjtS nad) linfö, fonbern Bon unten nac§ oben umfd)lagcn
muj), waS beweist, „bajj baS ©tücf jurn 3luffüt;ren gebietet unb eingerichtet war",
tituf brei fleinc 3)tittl;etlungen Bon 3t. Sirlinget unb dt. & ö l; l e r folgt©. 307
bis 330 ein 3luffajj oon Ä'arl 33 ar t f cT; über „Äcnrab oon gnfeobrunnen unb
Äonrab Bott ^)eimcSfurth" mit ftetcr, tl;ci(S berid;tigenbcr, tl;ei(S crgän,$cnbct 33c=
rücfftdjtigung einer .paße’fcben Soctorbiffertation Bon Slug, ©onipert. SaS diefuttat,
in bem beibe im wcfentlid;en ftimmen, ift, bafj Äonrab b. gufjcSbrunnen als Scr=
faffer ber „Äinbljeit Sefu" nicht anju^weifeln ift, aber nid;t ibentifd) mit Äonrab
b. HeimeSfurtl; fein Tann, bem Bcrfaffcr Bon „ÜJtariä Himmelfahrt" unb wafjr=
idjeintid) aud) ber „Urftenbe". Sntereffant gerabe für ein gröfjereS publicum ift
ber 2luffaj3 Bon dtciitholb 33 e d;ft ein „Gin peifimiftifd;cr 3ug in ber GntwicTlung
ber Söortbebeutungen" (©. 330 bis 354). Ser Bcrfaffcr Berftcf;t barunter bie
Grfcfjcinung, baf) bie 33cbeutungen einer Slnjaljl Sporte „im Siaufe ber Beit einen
unebleren, ttiebrigereit, oft fogar fdjimpflidjen 3nl;alt gewinnen" unb giebt bafür
eine dteifje Bon Beifpielen. ©o ^at baS Söort „-Pfaffe" oom lat. papa ftantinenb,
im 3(lt^od)beutid;en burd; clericus gtoffirt unb im 9)tittelljod;bcutfd;en auch Bon
fefw gelehrten Saiett als Gfwenname gebraucht, fammt feinen 2lbleitungen phafflich.
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wofür wir „pfäfftfch" gebrauchen unb phaflieit (= ©eiftlichfeit), ba8 un§ gang
entfd)wunbeit ift, affmälig, Wobl nicf)t ohne (Sinflnfj ber 9icformatioit, bie 3?ebeu*
lang eines SdümpfworteS angenommen ®a8 SBort „Äued)t" bebeutete in ber alten
Sprache Äitabe, Äitappe, unb wie nod; ^cutc baS englifdje knight Stifter, ÄricgS=
mann, $elb. ©er begriff beS ©ieuerS gehört fpäterer Gntwicflung an. Umgefehrt
hat „Schalt", ba8 eigentlid;e alte Sort für ©iener, Solare, eine milbcre Scbeu*
tnng «halten. 33efattnt ift, Wie ba§ fd)öne Sort maget (SJtagb) in ber alten
2prad;e gleid; Jungfrau unb regelmäßig fogar für bie h- Sftaria gebrand;t, feine
cble Sebeutung oerloroct hat, unb bei un§ nur mehr in feiner gufammengegogenen
gornt „SJiaib" (ml;b. meit) in ber s J>oefie unb in bem ©imiitutio „SOcäfcdjen" feinen
urfprünglithen Sinn gerettet hat Ölerabe umgefehrt nahm „Dierne“ neben ber
itrfprünglid;en SSebeutung „©ienerin" aümälig bie oon „9)?äb<hen" an. Sine ähnliche
kaltblütig ber JBcbeutnng wie maget madjte „33nbc", urfprünglid) „Ä'nabc, Ä'inb",
ohne beit minbeften Sieber,begriff, wie er fid; bei un8 in „33überei, bubenhaft"
auögebilbet hat, burdj. Seiter „SJieitfd)“, in ber alten Sprache fowol;l 9Ra8culinunt
al§ Stentrum in gleicher ffiebentuug, währeitb bei un8 „ba8 SJienfch" einen er*
niebrigenben 23egriff inooloirt. Jntcreffant ift bie Gntwicflung ber 23ebeutung in
bent Sorte „elenb". 9lu3 bem 33egriffe „oon ber .fpeintat fern, heimatlog, fremb*
cntwicfelte ficf> ber beö llnglücfg, ber Slrmutb unb gulejjt gar bie SBebeutung
„jd)led;t, gering", ®a3 Sort „frig" (veige) bebeutet urfprünglid) nur „bem Jobe
verfallen, tobt, tntfelig". ©ie heutige 33ebeutuug ift eine fpäterc Gntwicflung unb
bie alte Sprad;c gebraucht bafür zage, bag in uitferent „jaghaft, oerjagt" einen
oicl mtlberen Sinn aitgeuommeit hat. Frech oertrat im 5>iittclhod'beutid)en ben
SJegriff ebfer Äübnheit, ftoljen SDiutfje^, unb in SJiunbarten t;at fich noch heute
etwas oon biefer 23ebeutung erhalten, au8 ber fid; erft in ber geige unfere heutige
entwiefette; biefelbe Sanblung ber 23ebeutung erfuhren bie Sorte: greoel, £od;*
muth, ipoffartl;. List (oom gethifd)cn laisja, lehre) bebeutet im 3Jtitte(hed)beutfd;en:
„Siffcn, Seiöhcit, Äunft", woraus wahrfcheinlich burcf) bie UebergangSbebeutung
„Ä'unftgriff" eine t'lnwenbung im fchlimmen Sinn fid) entwirfelt. Selbft unfer
„Stcib* inoelrirtc in ber alten Sebetttung „$afj, feinbli^er Settftreit" boef) einen
eblerett 33cgrijf als heutjntage, wo feilt SJioralift mehr mit bem „welfd;en ©aft“
fagett fönnte, Sieib fönnc fewol;l ein gehler als eine ©ugeitb fein, ©aß „Schimpf"
utfprüttglid; „ Scherj* bebeutete, ift auä ber noch im 16. Saljrhunbert geläufigen
SiebenSart „Schimpf unb Gruft" befannt. 3a felbft unfere heutige 33ebeutung ooit
„f<hled;t" ift erft eine fpäterc Gntwicf(ung; ba8 ttrfprüngliche hat fich in ber Sieben6*
art „recßt tutb }d;fe(ht" «halten. Stamentlid; war fcld/ ein 3ug jur ttnebleren 23e*
beutung leidjt ntöglid; bei Sorten, bie SUcrhältniffc ber ©cfchledjter bejcichneten,
unb fo finben wir e8 wirflich in „fDiinne, geil" (urfpriinglich „froh, heiter*) tt. a.
3n ber Sortbilbung weifen bie abjcctioifd;eit Silbungen mit —ifet) einen folchett
peffimiftifd;en Bug auf, j. 33. „finbifdt" gegenüber oon „fiitblid;" Sir haben ttnä
bei biefer 33eifpiel«t länget aufgchalten, ba wir ihnen ein Jntereffc für einen grö*
fjeren \!cierfrei8 gutrauen unb werben über bie noch übrigen 23eiträgc fürger fein
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fönnen. Derfelbe 9t. Bechftein [teilt (2. 355 biß 362) bie ©igentbümlichfeiten
ber „Sprache Jpeinricbe o. .ftrolewij" jufammen. &arl SBartf rf> tt>eilt (S. 363 biß
369) „ Rum altfranjöfifdjen ©ref" eine fet>r iorgfältige Unteriuchung über baß ge*
minimim beö 'Part. 'Perf. oon Serben ber 1. Gonj. auf ie unb i£e mit. Unter
ben übrigen fletneit Beiträgen oon 91. Sübbeti, 9taf)mann, Rin ger le unb
2 d) e ti f l ^ebejj mir „©in neues Siegfriebß*S)täbr(ben" außÄurbeffeit b>eruor, mit*
getbeilt unb nach feiner fa^engefdndjtltdjen Bebeutung erflärt nun tWapmann.
3m eierten Jpefte fe£t 9lb. .polfmaiut (2. 385 bis 414) feine bereits im
erften Banbe ber „(Germania" begonnene Ütrbeit über „Die alten ©loffare* fort,
greunbe unb Lettner ber romaitifchen Sprachen machen wir auf bie im Anhang
jUm erften ÜJtal veröffentlichten, b)öd>ft wichtigen unb intereffanten ©(offen (2. 405 ff.)
aufnterffam. 3 B. 3iugerle banbeit (2. 414 biß 420) über „grau 2aelbe" (
bie ©lücfßgöttin im altbeutfcben ©lauben, wie fie in ber „Ärone" beß Heinrich
oon bei» iürlein oorfommt. 2an 9)iarte (9t. Scbu^) tfjeilt (2 421 biß 461)
eine „Begleichung oon ©olframß ’Parcioal mit 9Ubrecbtß liturel in tbeologif^er
Beziehung", alß bereu ©rgebnifj er hinftellt, „baj) bei ber Äritif unb beni Berjtänb*
uif) oon tü'olframß ©ebiebt ber eoangelif<b=tbeolegiicbe, bagegen oon 9llbre(btß SÖert
ber römiidvfircblicbe 2 tanbpunft feftgebalten werben unb maftgebenb fein muff",
Wobei ber „religiöfe ©eift unb bie eoangelifche 9Juffaffung beß ©egenftanbeß" alß
Eigentum beß beutfeben Dicbterß gefaxt wirb, baß biefer nicht bei feinen weiften
Borbilbern oorfanb unb „womit er feiner Reit um mehrere 3abrbunberte ooran»
eilte", unb „bah gn>ifd>en »Parcioal unb Jiturel nur eine gewiffe Berwanbtfcbaft
beß rohen 2 toffeß, aber nicht bie geringfte ©emeinfdbaft beß ©eifteß, ber fie er*
febuf, ftattfinbet“. 9llß einen Beitrag „jur ©eicbi<h*e ber neubochbeutfchen Schrift*
fprache" unb jurn Reugnif) für ben bewußten ©ebraueb eineß beftimmten Dialefteß
tbeilt 3t. 93ecf)ftein (2. 462 biß 464) bie gereimte Borrebe Benebict Ebelbecfß
ju feiner Betreibung beß 1575 in 3wicfau abgebalteneu 9trmbruftfcbief)enß mit,
worin ber Berfaffer, ein geborner Böhme, beß öfterreidnichen Dialefteß [ich bebient
unb oor (einen liefern ficb entfchulbigt, baf) er nicht ihren meifmifeben Dialeft
fpreche; ba$u fügt (2. 464 unb 465) ber Herausgeber nach «fner HJtittbeilung
3. 9Jc SBagnerß eine Stelle auß 3ob«nn 3tafcbß „Äirch ©otteß", worin bie öfter*
reichte fDtunbart entfehieben über Suitiers Sprache geftellt wirb. 9tuf fprachliche
Erläuterungen „ 3 U ©enefiß unb ©rebuß" oon g. Bech unb 3- Diemcr folgen
oon 91. Holtmann „Emenbationen $u Beowulf“ unb eine Befpred)ung ber „gar*
benfombolif" in ber älteren Sitteratur oon Ringerle. 9 tbweicbenb oon ber b eu *
tigen Bebeutnng ber garben ergiebt fich etwa folgeubeß: SBeif ift bie garbe ber
Hoffnung unb ber Stöäfcigfeit, oon ber ber Uebergang jur blutigen Bebeutung ber
Unfcbulb leicht war; ©elb bebeutet erfüllte, gewährte Siebe, baber Bruber Bertbolb
gegen biefe garbe im $>uj? ber grauen io fef)r eifert, aber auch ton SReib; ©rün
ift nicht bie garbe ber Hoffnung, fonbent bebeutet Anfang ber Siebe;* 9totl) unb
Blau finb, wie noch je^t, bie garben ber Siebe unb üreue, Sdnoarj bebeutet neben
Drauer, Seib unb Dob auch Rom. Durch Rufammenftellung biefer garben bebnte
SDsffctnjiirijt. UM. Crak HX. >6
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562
man bereu jpmbolifdje SPebeutuucr nod; weiter auS. 2)er Baub ühliept mit jwm
SW ecenfionert i?c 1 pmanita uub &. Siegele.
De la monnaie de papier et des Banques (I mmission
par Ad. d’Eichthal, ancien depute. ancien rtfgent de la Banque de France,
ancien administrateur de la soci£t£ general du Cr&iit Mobiliar.
(Paris 18U4. Guillaume fct Cie.)
Tg. bereite im Jahve 1847 batte jperr r. Cfidit^nl Gelegenheit, baä
Jnftitut ber Sauf von Aranfreid' gegen heftige xHngrijfe, welche ee bamale non
8 ebru*SRollin uub fDiauguin ju erfahren batte, in glän^enber unb erfolgi'eicher
©eite in Sd)up 31 t nehmen. Seinem Ginfluffe unb bent ite'on «aucherS in Ser«
binbung mit ben SRücfwirfungen ber «ebruareveigniffe beb Jahrea 1848 auf ben
Grebit ber Ban! gelang ee befanittlicb auch bie Anevbnung ber Bereinigung ber
bepartementalen Bauten mit ber Bant reit Aranfreid) berbeijiifübren. 3eben iin
Beginne bee Ülionate isebruar batten bie Priitcipien ber Ginbeit beS 'PapiergelbeS
unb ber Gentcalitation bee BaitfweienS in eine eitrige Baut in ben beiben ge*
nannten £>efonomeit bemorragenbe Bertreter gefunbeu. Jit ber Ibat waren auch
biefe Principien in ben testen 15 fahren in Aranfreid) bie factifcb berrjehenben.
Grft bie Bereinigung Saoonene mit Araufreid) bat hierin eine Aeubencng f>ertor*
gerufen, inbem bie farcpifche Ban! nicht nur ifne ielbftftänbige Stellung be^aup*
tete, fonbern auch beit Bemühungen bee franjöfifcbeu Giounernemeutß,, eine tbat*
fädjlidje Bereinigung mit ber Bant non Aranfreid) l>erbeigufiihreti f bureb einen
Bertrag mit bern Batiquier percire, weldier burd) maffenbafte Bermebrung ber
Actien bie Ban! non ftranfreid) fiiuberte, alle emittirten Aktien aufgufaufen, er*
folgreidjen ©iberftanb leiftete. Die «rage, in welkem Sinne bie Angelegenheit
ihrer Rötung entgegengufübren fei, ift ee, welche tperrn n. Gicbthal in ber norlie*
genben Schrift befdjaftigt.
ÜJian fleht, ee ift gunäcbft eine Arage i'oit inbioibuellent Jntereffe. Allein
£>err n. Gidjtbal unterzieht bei Grörterung berfelbeu bie oben angebeuteten prin*
cipien ber Ginbeit bee dettelbanfiueiene unb bee papiergelbcß einer neuen unb
eben fo geiftoollen ale grünblicbeu 'Prüfung, inbem er gleichzeitig bie Berhältnijfe
ber Ban! non Gnglanb unb ber Ban! für Jnbien gunt Bergleiche hftangieht unb
überbieS einige, wie uns icheint, beaebtenewerthe Boricbläge rücffichtlich ber Sieor*
ganifation ber Ban! non manfreicb htngufngt. Jn lepterer Beziehung ift inSbe*
fonbere henwrguhebeu, bap er analog ber engliicben Ginrichtung bie afnilung ber
Ban! non Avanfreich in eine Abtheilung für bie papiergelbemiffiou unb in eine
Ableitung für bie eigentlichen Baittgeichäfte befürwortet. Dap übrigens felbft in
einer Schrift non fo entfliehen gouneruementaler Särbung, wie bie oorliegenbe, bie
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fftothwenbigfeit einer größeren Unabhängigfeit ber Sani »on ber Regierung feljr
entfdneben betont wirb, ift immerhin cbarafteriftifcb unb beachtenswert!). fliaraent*
lieh wünfcbt ber Serfaffer für (ftnjelneb »eit »omeberein feftgeftellte gefeßlicbe An*
orbitungeit unb nidd eine abminiftratioe ©enebntigung ton «all 511 «all. „Ser*
artige Anerbuuugen hätten ben bereiten Sortf)eil, bie Serantwortlidifeit ber 3te*
gievung 31 t oerminberit unb ben Sanfcrebit 31 t erhoben, iitbem fie eine Seeinflufiung
ausfchlöffen, bie feineSwegs in allen fallen gefahrlos ift".
9led) haben wir ju erwähnen, baf? ein Anhang nad; franjöfifd^em dufter
3 luöjüge aus Jliebeit unb Schriften namentlich engliidter Staatsmänner unb
Uiationalefonomen enthält, io weit fie ber Anichauung beö Serfaffers günftig finb.
2 >ie frattjöfiiche ©inricbtung bat mehr als einen Sorjug »er bent fchwerfäfligen
'Jtotenapparat, mit welchem beuticbe Schriften bieier Art überlaftet finb. Som
Stanbpunfte ber Sequemlichfeit »erbient fie wenigftenS bei ©elegenheitSichriften
ganj entfd?ieben ^Nachahmung.
ftenner ftrieb., $>r., „3oi’eM Witter ü. Wrnetlj".
(@i«e biograpt?ifd>e SFijjf. *Dtanufcript gebrurft 'Bien 1864J
©äbrenb bie gelehrten Arbeiten beS im Spätfommer beS JabreS 1863 »er*
[torbenen JtireetorS beS f. f. 9)tühj- unb AntifencabineteS Jeiepb Witter ». A r n e t h
in facbmännifcben Greifen fich einer »erhältnißmäßig großen Verbreitung unb un*
getheilten Anerfennung erfreuten, entjog fid) feine organifatorifche Jfiätigfeit als
Sorftanb beS gebachten JnftituteS bisher »oßftänbig einer aßgemeinen SBürbigung.
2)r Ar. Äenner, (iuftoS beS genannten f. JnftituteS, bat es, wie ichon in
biefen Slättern furj erwähnt würbe, unternommen, in einer ald tDianuicript ge*
brueften Srefd)üre, eine Siographie ArnethS ju entwerfen, unb bariu »orgugSweife
beffen Seftrebungen für ba* f. Jnftitut eingehenb 31 t erörtern, eine Aufgabe, welche
ber Serfaffer auf baS glücflicbfte gelöst bat unb beren ©rgebniß auch in weiten
Äreifen befannt 31 t werben oerbient.
Arneth trat bereits im Jahre 1811 in baS!.!. Stün 3 = unb Antifencabinet ein unb
feine ijlwtigfeit für baSfelbe umfaß t baher einen Settraum »on mehr als 50 Jahren.
Jn ber erften Seit feiner Stubien fchwanfte er noch 3 Wtfcben »erf<hiebenen wiffen*
ichaftlichen Widmungen unb tbeilte ben 55rang jener ©poche 3 U einer encpflopä*
bifchen Silbung. Salb jeboch wanbte er fich — einen furgen Seitraum abgerechnet
— mit @ntjd)iebenbeit einem bestimmten gachftubium 3 U unb feine auSgebreiteten
Jbenntniffe fowie fein lebhafter empfänglicher Sinn für aße ebfereit ©rfd^einungen
beS Gebens bewahrten ihn »or einer gewiffen ©inieitigfeit, weldje fo häufig bi*
gachgelehrteit für ben CSnb 3 Wecf jeber wiffenfchaftlichen gorf^ung ftumpf unb un*
empfänglich meuh*- 3« biefer Se 3 iehung bleibt eS ein Serbienft ApnethS, ben
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äßertf) ber Monumente in ihrer äßidjtijjfeit tür bab ('netcbichtbftubium früt^eitig
erfannt unb fe ber Alterthumefunbe jenen Sianbpnnft angewieien ju haben ber
i^r gebührt. fBerücfficbtigt man, bap biee> 3 U einer 3 eit ber «all war, in welker
ber Arcf)äolog bem apiftorifer jo fremb gegenüberftanb ale hätten beibe ni<ht bie
geringften SBerührungbpunfte, 31 t einer 3 eit, wo man in Berlin unb (Böttingen bie
gelehrteren Abhanbluttgen über Äunftmerfe nur auf Wnmblage ber nothbürftigften
bilbli<hen Sarftellungen ich rieb, ohne je bie Originale gefehen 3 U hohen, io fällt
biefe erleuchtete (Erfenntnifc um io mehr in bab (Gewicht.
Erfüllt 001 t bieiem (Reifte, tonnte Arnetb aud) nicht bie innere (Einrichtung
ber gelehrten Anftalt, weldier er angehörte, jUjageu. An ber Spiße beb f. f. SOiüng*
unb Antifencabinetee ftanben jeit ben Beiten ber Äaiferin SOiaria Jh^efia aub»
ge 3 eichnete ÜDcäitner unb eine Weihe großer unb glütflid>er (Erwerbungen hatte bie
tBebeutung bee elfteren ungemein gehoben, aber bie Organijation ber Anftalt war
nicht frei oon bem Citjarafter beb bloßen Silettaulibtnub unb einieitiger Liebhaberei.
Sowie bie Alterthumbfunbe jelbft im begriffe war, ficb 31 t einer ittftematifcben
SBiffenicbaft um 3 ngeftalten, ebenfo wollte nun Avnetb ber f. iMnftalt ben alten
(Sharafter einer (Euriofitätenfammer gän 3 lid? abftreifcn unb in ein überfid>tlich ge»
orbneteg fOtujeum für ähtnft nnb SSiffenjchaft umgeftalten. Sie (Epoche, in welcher
bieö gefchah, fällt jwifc^en bie Jahre 1833 bib 1845, nacf)bem er jehon früher
in nntergeorbneter Stellung barauf hin 3 itarbeiten oerjucht hatte. Seine wieberhol»
ten, auf ben Neubau eitieb ÜHujeumb gerichteten Üorfchläge hatten feinen (Erfolg,
unb wab Arneth jehon oor 20 unb 30 Jahren angeftrebt, jeheint erft in nächfter
Bufnnft fid) oerwirflichen 3 U wollen. Ju ©e 3 ug auf bie (Einrichtung ber Samm*
lungen befreite er 3 unächft jene ber griechischen ’Hcü^en oon jener SBerwirrung, in
welche fie burch bie Anwenbuttg beb Weumann’fchen Spftemeb gebraut würbe
unb io wie bei ben römiiehen ü)iün 3 en fehlte er auch h«r 3 U bem (Ecfhel’fchew
Spfteme 3 urücf. Sic ©egenftänbe beb Antifencabineteb orbnete er nach ben
3 weigen ber Sechnif ber Äleinfünfte unb nad; ftofflichen @ruppeit, io 3 War, bafe
auch örtlich auf jeben ber Säle eine beftimmte (Wartung ber Äuufttechnif entfiel
unb biefe fowohl einjeln für fiel' je ein jelbftftänbigeb überfichtlicheb ©ange aub»
machten alb auch > u ih rev örtlichen «olge bie Steigenntg ber Äleinfunft oon ber
Äeramif gur Soreutif, in tiefer wieber oon ben feineren Sre^earbeiten gur SOtüng*
Stempel» unb Steinfchneibefunft oeranj<haulid;teit. Sie getrennten unb faft un 3 u«
gänglichen Sammlungen ber 'JDiarmorwerfe, Sarfopl;age nnb Jnichriftfteine, bann
ber ägpptifcheu Altertümer, welche theilb im Souterrain beb Xhwumb im SJolfb»
garten, theilb in einem 'Prioatgebäube ber Johannebgaffe aufgeftellt waren, würben
in ben Wäutneit beb unteren 5 Jeloebereb oereinigt unb jammt ber bort befinblichen
Ambtajer»Sammlung unter eine Leitung gefteöt. Wücffichtlich beb Sefucheb ber
Sammlungen war bab Augen mevf Arnethb bahin gerichtet, benfelben butch S3e.
feitigung aller 33 efchränfungen mögUchft 3 U förbern unb burd> Anfertigung oon
©atalogen bab SJerftänbniß 3 U erleichtern. Sa mit bem Jahre 1828 bie ©poche
ber großen (Erwerbungen abjehlop, jo juchte Anteil) auch eine Abänberung ber
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gunbgefefce ju erwirfen, um baburd) bie wichtigen gunbobjecte für bie Anftalt
ju gewinnen unb bas Gabinet $tt einer Gentralanftalt beS .Raiferftaatc« gu
ergeben.
Alle bieje unb anbere in bie Organisation ber Anftalt tief eingreifenbe Unter«
ne^mungen ftnben mir in ber oeröffcntlid)ten Brofdmre ausführlich unb mit Pietät
für baS Anbenfen beb oerbienftoollen Gelehrten erörtert, gier feine Seit hatte Arnetl)
AuSgegeichneteS als Borftanb ber Anftalt geteiftet unb bas fteigenbe Jntereffe für
biefelbe mar bie fdjönfte Anerfennling feiner Stiftungen. SBenn heute bie Anfprüd)e
anbere finb als in jener Gpoche unb Arnetb fid> in feinen festen Sauren benfelben
gegenüber %ilmeiie paffio oerhielt, fo tag bieS in feiner Jnbioibualität, reelle nur ge«
teerte Bebürfniffe gufrieben ju ftellen reriitcbt batte. Gegenwärtig bat fiefc ber Ge»
fi<btsfreis in Begug auf ben ffierth unb bie Bebeutung ber Sammlungen ton Äunft»
benfmaten bebeutenb eeränbert; biefe follen nicht nur mittelbar fonbern auch un»
mittelbar in Berührung mit bem Sieben treten unb bieieS berechtigte Streben ter*
langt aber auch Äräfte, bie nicht nur ben ibealen fonbern auch realen Gehalt ber
Gegenwart ju erfaffen termögen. K. W.
3?er BergwerfSbctrieb im Äaifertbunte Defterreich 1862. SWit»
tbeilungen aus bem Gebiete ber Statiftif, 10. Jahrgang 4. ^eft. SBien 1864.
Wenige Jage noch ««lerer Sinnige ber „ftatiftif^en Ueberfid)t8tafefn„ (8. ,£eft
S. 225 ber „ffiochenfcbrift") erfolgt bereits bunh bie f. f. ftattftifc^e Gentrat«
commifjion bie Ausgabe biefer, 11 2)rucf bogen umfaffenben DWonographie über bie
9Jtontanergebniffe unb rechtfertigt fo aufs glängenbfte bie für bie Jhätigfeit ber
Gommiffion ausgefprodjenen Grwartungen. 2)ie oorliegenbe Arbeit ift eine gort»
iefcung ber früher tom ginang« unb .panbelsminifterium herausgegebenen Jahres«
berichte über ben Bergroerfebetrieb ber öfterreichüdjen SDtonarchie, beren Bearbeitung
nunmehr an bie ftatiftifche Gentralcommiffion übergegangen ift unb ton biefer
jährlich in ben ftatiftifchen DKittbeilungen oeröjfentlicht merben mirb. 3)ie einge--
henbe Beurteilung biefer Schrift mufc bem gachmanne überlaffen bleiben, hoch
ift febon hier mit Anerfennung heroorguheben, ba| ber Bericht für 1862 in mehr«
fachet .pinficht reichhaltiger als feine unmittelbaren Borgänger ift. Derfelbe umfafjt
eine fe|r flat unb anichaulich gearbeitete 3«fammenftellung ber oon ben Berg»
hauptmannfehaften gelieferten Beriete, wobei bie gwecfmäfjige Aenberung einge»
treten ift, ba§ an bie Stelle bet früheren Gintheilung nach Slänbergruppen eine
faßlich« getreten ift, reelle unter fiebert Abschnitten ben Stoff gruppirt unb babei
jebeSmal bie Grgebniffe nach ben Berichten fämmtlichet Berghauptmannfchaften be»
ipricht, was bie Ueberficht gleichartiger Borfommniffe ungemein förbert. j)ie Ja«
bellen, welche ben ausfcf)(ief)li<hen Jnhalt ber Berichte für 1859 bis 1861 bil«
beten, finb im neueften Berichte blofe als Anhang gegeben unb auch hr^Bet ift
burch bie fchon im Jette eingebenb befprochenen fllachweifungen ber greiftürfe eine
Bereicherung erfolgt. S.
Ueberficht ber Jßaaren Gin« unb Ausfuhr beS allgemeinen öfterrei»
duften Sctlgcbietes unb SalmatienS, im Sonnenjahre 1863. .perauSgegcben oon
bet f. f. ftatiftifchen Gentralcommiffion. SBien 1864.
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©a bie großen betaillirten Sabellen über ben .'Daube! IDefterreicßb erflärlicßer
©eife längere 3fd gut Veijcßaffung unb Prüfung beb jBtaterialeb, wie gur ©rucf*
legung bebürfen, ?o bat bab ftatiftiicbe Vureau fchon feit 1856 bie regelmäßige
Äubgabe einer fütteren Ueberficßt ber .pauptergebniffe, unmittelbar nacß bem 3ab=
rebfcßluffe »eranjtaltet, beren SRebaetion für 1863 nunmehr nach einer üierjäbrigen
bureß abminiftratioe Umgestaltungen ßeroorgerufenen Unterbrechung. rcieber an bie
ftatiftifcße ©entroleommiffion gurücfgelangt ift. ©emtgteieß biefe Ueberftcbten nur bie
wichtigeren ©aareitgattungen umfaßen unb baßer mit ißren 3iffern gegen bie fpäter
ceroffentlichten ©etailb erheblich gnrücffteßen, fo erfüllen fie boch i'öllig ihren 3roecf,
inbem nur ber «panbelbgug im ©roßen, nießt aber ber tägliche ^(einnerfebr ber
©renge für ben Kaufmann »eit 3ntereffe ift, ftberbieb aber bie Scßnefligfcit beb
©rfcßeüienb ber Arbeit erhöhten ©ertß giebt. ©ie Anlage ber Tabellen ift jener
ber Vorjaßrc gleich; ber Sache nach bieten fie bureß Änwcnbung ber ton ber
©entraleommiffion ermittelten, ber ©egenmart entipreeßenben ©aarenroertße wefent»
ließe Verbefferung. Älb ©eiammtrefultat ergießt fieß ber ©ertß ber ©infußr non
262 3, bet Äubfußr ooit 303 0 95iill. ©ulben, erftere ßat gegen bab Vorjaßr um
11 Million gugeitommen, bie Äubfußr bagegeit ift um 18 4 Millionen gurüefge»
gangen, wooon bie geringere Verfenbung non ©eigen, .pafor, Vießl unb Delfaat,
in §olge ber Mißernte in 9lieber»Ungarn, Uriacße ift. S.
©ic Äbria unb iß re lüften, mit Setraeßtungcn über ©rieft alb Vabe*
ort, nebft einer (Erörterung über bab Seewaffer unb beffeit ßeilbringeitbe ©irfung.
Von ©r. 3. 31. .'Kitter c. ©eraeueßi, ©rieft 1863.
©ine Oratio pro domo sua, aber geiftroH unb ungemein lebeitbig ge»
feßtiebeh. ©em Verfaffer ift eb barum gu tßun, bie Vorgüge non ©rieft alb Vabe»
ort inb reeßte Üicßt gu fteUen, bie ßeilfräftigen ©irfungen ber Seebäber, welche
bort in ootlerent 5Jiaße genoffen werben fönnen, alb in ben bureß Süßwajfcr ab*
gefcßroäcßten Sagunen Venebigb, gu preifen unb aueß fonft bie Stabt alb ben Drt
ßeraubgußeben, wo ben Aremben ©efunbßeit ©omfort unb Vergnügen blüße, wie
nießt leicßt anberbwo. ©irb boeß gu biefem Veßufe felbji bie berüchtigte Vera gu
einem ©inbe gemaeßt, ber allerbingb eingelne läge im jubre ftarf bläbt, aber bei
einigen Vorficßtbmaßrcgeln felbft Trante nießt befeßwert unb überbies feit 40 Jaß»
ren bie bebeutenbften Acrtfchritte in Verfeinerung ber Sitte gemaeßt ßat 3um 9lacß«
Weib ber Salubrität ©rieftb werben aueß ftatiftiieße ©abelleit inb ©efeeßt gefüßrt,
welcße bie große 3-ibl ber gu boßem Älter ©elaitgenben erweiien unb bie lebenben
3nbioibuen mit meßr alb 80 Saßren, meßr alb 400 an ber 3aßl, werben nament*
ließ anfgefüßrt. ©elcßen Äntßeil bie im Älter über 70 Jaßreit ©eftorbenen an ber
©efammtfterblicßfeit ßaben, ßat ber Verfaffer nießt angegeben ; benn ©rieft fteßt
in biefer tpinfießt mit 7 25 p©t. erft an ber 15. Stelle unter ben ofterrcießifcßen
©roßjtäbten.
Äbgefeßen oon ben gum ©ßeil unbegrünbeten Änpreifungen ber Seeftabt, ift bab
Vueß eine intereffante, fpaitnenbe 2cctürc unb namentlich bem JReiienben gu em»
pfeßlen, welcßcr bie .ftüften ber 'Äbria befueßt. ©ab ©apitel über bab SWeer felbft,
feine ^Bewegung, Vobengeftaltung, 3nfeln Spangen* unb ©ßierwelt; ferner bie
JRunbfaßrt längb ber jlüfte ber Äbria fiub ungemein anipreeßenb gefebrieben unb
geigen »on eben fo großer SHebe gum ©egenftanb alb umfaffenben Stubien unb
einer bureß langjährigen Äufentbalt bereicherten Selbftbeobacßtung. S.
’ ©ie ©cneraloerjammlung beb St. Stephan«* Vereine« in $)eft ßat be*
fcßlcffen, bie .perauegate ber ©ncoflopäbie nach einem neu aubgearbeiteteu §Mane fort*
gnfeßen.
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* Se. f. f. Olpoftolifcte Wajeftät Baben ben Slnfauf ber nad'fdgenben, auf ber fo-
eben erbffneten afabemifchen AunftauSfteflung oergefübrten ©emalbe, unb $war für ben
aflerbccbften .£>of, aflergnübigft $n genehmigen geruht
Schönbrunner Aarl au* Sion, „©erfuebung be$ h. fNntomud".
Schon 3lloie in Siett, „Warft in ('enftantinoper.
Scbaeffer Äuguft in Sicn, „.perbftabcnb im Salbe".
jRiebel Aarl in Sicn, „Die ©erleferin*.
Schlefittger ÄutI in Dnffelbcrf, „£wueinfabren bei berannabenbem Unwetter".
&cr$inef ^aul in Sien, „Wctir rem i>intcrfee bei ©ercbie#gaben".
Settel (ntgett in Sion, „pinterfee bei ©ercbteögaben".
$alauefa $?ubroig in Sicn, „Atrcbenruine".
.po($er Jofcpb in Sien, „Smbenpartic int (Gebirge".
9lowepacfi Schämt in Sicn, Alcfter (Jamalbali bei ftraecati".
Simmermann Wajr tn Wunden, „Salblantfcbaft".
Wapcr Subwig in Sien, „(Jbriftus unb bic Samaritanerin am Srunnen".
•fr einlein Pctnricb in Wiincben, „'Wach einem ©ewitter auf bem ^Impf^auer-Sebirge".
.pauäbefer Wa;r in *J)rag, „Die blaue ©mttpe im SRbeintbal".
Ärie^uber Srf. in Sien, „Salblaitbfcbaft".
?’xHllcmanb 3 igitt. jtui. in Sien, „Scene au$ ber Schlacht bei Sellin".
Sill Johann in Siett, ,,.Y>eim$icbcnbe Avcti$fabrer im Alofter um ©aftfreunbfe^aft an-
iucbeitb".
Löffler l'eepelb in Sien, „Die SRütffebr auä ber Sclareret. Spifobc au # ber polnt-
feben ©efcbic^tc bee 17. Jabrbunbcrts".
* Seit 18. b. W. ftnb im großen Saale ber .panbel$afabcmic in Sien bie 9>lane für
bad ©etellfdaftogebaube ber Wuftffreunbc auegeftellt. Snt ©anjen liegen fünf ^hojede
ror, entworfen rett beit Slrcpitetten $1 bei, ülbant, panfen, jReener unb Seher,
welche intgefammt im jRcnaiffanccftil entworfen ftnb. ©ei ©eurtheilung ber $Mcme fom-
men gunäehft $wei Womente in ©etracht, bic Wittel unb bie ©ebürfniffe ber ©efeflfehaft,
unb auf bie oor^unebmenbe jlugroabl bat wobl $unä<hft baäjemge ^roject '&tjprnch, welche#
beiben jRid'tungen am teften entspricht. $ln gelungenen 6in$clnbeitcn in bem 9iufbaue ber
gajabe ift wobl bae .panfen'fche 'Project ba$ tücbtigfte: ob aber, wie gefagt, ber §onb
ftd) ba$u ftarf genug füblt, eine jelcbe Slrcbiteftur $u beftreiten unb ob ferner bie Sin*
Teilung unb ©erwertbung ber .'Rauntliebfeiten am jwecfentfprecfcenbften ift, überlaffen
Wir ber ©eurtheilung neu Sachmänncm.
* perr $)aul ^reticb, ber Srfinbet einer Wetbcbe, |>bctcgraphieen auf Aupfer*
platten $u übertragen unb baren Slbbvücfe $u erzielen, welche in ihrer Sirfung ben ge-
jdjafcten ©lättern .junaebft ftehen, bat oen bem Staateminifterium einen tlnterftüpungd-
betrag $um Swccfe ber Ü>crooÜfcmmnung tiefer Srfinbung erhalten. 3ugleicb würbe bte*
fette ^unac^ft jenen gtoberen Snftitutcn ^ur rcrfncbeweifen ^Inwenbung ftnpfo^len, beren
^ublicationen mit artiftifc^cn Beilagen begleitet ftnb.
Die Sinter Aunftgcnoffcnfcbaft ocrauftaltct $um ©eften ber ©ablen^*
Stiftung eine Lotterie, beren ©ewinnftgegenftänbe auöfchltewenb in Äunftwerfen hefte¬
ten, bie $u tiefem 3wccfe tt'eü« oott ben Aünftlern unentgeltlich überlaffen, t^eil^ non
bem leitenben '^iuojcbufjc tiefer ©enoffenfehaft auf ber afabemiieben unb Äunfteereindau^
ftedung angefauft werben. Die ^efe fclbft werben ocvfcbicbeuc ')lnftcblen au$ ben Äriegi-
ereigntfjcn ber öfteneicbifiten 'Ärmee tn .Scbledwtg-polftein, unb $wav in pcl^fctnüt auö»
geführt, enthalten.
Der Dtrector ber ©erltncr ©emälbegalerie, Dr. ©. §. Saagcn, ein eben fo
auÄgejeictneter Äunftfenner alö feiner rerftänbiger Scbriftfteller, bat feeben (in Wünc^en
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frei Srucfmamt) ein größeres Serf unter bem Jitel: „Die ®emälbefammluug in bet
!. ©remitage in et. Petersburg, nefrft Semerfungen über anbere bortige Sunftfamm*
lungen" veröffentlicht. Sir werben über biefeß Serf benmäd>ft ausführlich in bieiem
Organe berichten. Durch Dr. Saagenß Such erhalten wir zum erften SDcale Äenntnif»
»on ben Petersburger Schä&en.
Die neneftc Präfibentenwahl ber ?. ?. 2eopo Ibinif ch*©arolini jefren Ülfa*
bemic, welche auf einen 'SNaturforfcfrcr in ber SReftbenz Saufen# gerietet werben ift,
bürfte baß natnrwiffenfchaftlicfrc Jefren in Deittfchlanb nicht unbebeutenb erhöhen. Die
reichhaltige Sifrliotfref ber Ülfabentic fanb ftch bisher rerjd;lcffen unb grof;entl;eilß in Äiften
»erpaeft, folglich für bie TOitglieber ganz unzugänglich, tm Schlöffe z u Pcppelßborf bei
Sonn. Jn ©rwägung biefer Umftänte würbe eß eine ber erften Sorgen beß neuen prä*
fibenten, tder 3(bhülfc zu fchaffen, unb fehen ber Herzog ©ruft oon SachfemGofrurg«
@otha erbot ftch, biefer Sifrliotfref einen SRaunt zur 9luffteflung unb Senüfcung in ^ber
Sefte ©ofrurg anweifen zu taffen. Ülfrcr fo banfbar man bieß beherzige 3lncrbicten er*
fannte, fo fanb boch ein anberer SerjcMag beß präfibenten, gefr. SRat^eß 6. ®. ©aruß,
in bem unlängft in Dteßbcn ocrfammeltcn 3lbjunctencollegium einftimmigen Seifall. ©ß
war bieß ber Plan, in Drcßfren ein .fratte ‘ anzufaufeit unb fo bieje naturwiffenjchaftlichc
Sifrliothef h^ in beni »ielhefucfcten Dreßben, im ©entrum oon Deutfcfrlanb, ja, oon
©uropa aufftetlen z« wollen, wcburch alle, auch bie in weiter Peripherie z er f treut weh*
nenben TOitglieber, bei ben gegenwärtig fo fehr erleichterten Iranßportmitteln, am heften in
ben Stanb gefefct würben, fic benüfen zu fennen, beim eine Sifrliothef ift ja bie Seele
eineß Sereinß.
Se. TOajeftät, ber afle wiffenfchaftlichen Seftrefrungen fo theilnehmenb fotbernbe
Äönig Johann hatte bie ®nabe, ber 3(fabemie ein auf $efrn 3afrre lang unverzinsliche«
©apital non 3000 ih* ln - $u oerwittigen, fo baß burch Jufcfrufj non nur 900 2hlrn.
erft nor nier Jahren erbaute, angenehm unb ruhig gelegene .frauß in Seftfc genommen
werben fontite. Die Sifrliotfref enthält an 30.000 Sänbe, beren Senüfcung unb 3luß*
wähl ber anwefenbe Sifrliothefar unb Secretär ber 3lfabemie, £err TOuIler, in aller
Seife erleichtert.
* Prof, ^emfreta in Prag will ein ecfrteß Silbniß 3i$fa‘ß aufgefunben haben
welches ftcfr in einem zu ©ube beß 16. Jafrrfrunbertß zu floht freraußgegefrenen Serie
hei einer Slbfrilbung ber Stabt ©zaßlau norgefunben hat.
* 3Racfr einem 3lußweije beß Winzer Domfrano er eineß war tm Jahre 1863 bie
3ahl ber TOitglieber 85.902 unb ber Sofrltfräter 1604. Die ©innafrmen betrugen
47.425 fl. 20 fr.
P. (Sont frangefifchen Süchermarft.) ©iner ber eifrigften gorfefrer in frei*
gifcher ®efcfricfrte ift Jfreobor Jufte, oon welchem gerabc in Srüffel wieber ein neueß
Such in zuw Sänben eriebien: „Histoire des Etats gdndraux des Pays-Bas
(1465 friß 1798)“. ©ß braucht nicht erft barauf hiugewiefen zu werben, baß biefeß
Such and' für Defierteicfr non frefonberem Jntereffc ift. Die Darftellting fcfreint eine lei*
benfcfraftßlofe, nur auf bic gerichtliche Safrrfreit geftüfcte z u fein. Der Serfaffer läßt
#erm ®atfrarb, bem befannten .f>iftcrifer, beffen Arbeiten häufig bie beß .frerrn Jufte
ergänzen ober in gleicher Sichtung gehen, »olle ©erccfrtigfeit wiberfahren. Dabei gewinnt
bie ?itteratur ber belgifchen ©efefriefrte immer größere 3lußbefrnuug, unb ba eß in ben
9lieberlanben, in weld;en fc^cn früh e,n ausgezeichnetes ©ommunalwefen blühte, nicht an
Slnhinen mit hanbf<hriftlichen Schaden fehlt, fo bietet fich bem ©efchichtßforfcher immer
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»über neuer Stoff. Durch bie f'ublication ber „Collection de m^moires rtflatife k
l’histoire Beige“ non welcher fcbcn etwa ein Ditpenb Sänbe in foliber ?(u«ftattung
»erlieft, »erben bevartige Arbeiten wefentlich unterftüpt.
@in großartige« ©er! über nergleicbenbe Statiftif fant in $>ari« unter folgenbem
2itel ^erau«: „Statistiquc morale de FAngleterre comparee avec la statistique
morale de la France d'apres les comptcs de Fadministration de la justice cri¬
minelle en Angleterre et en France, les comptcs de la police de Londres, de
Liverpool, de Manchester etc. et d’autres documents, par A. M. Guerry“, i<t
©roßfolir. Diefe« $>rachtwcrf enthalt 17 große harten, auf welken mit 3cbatthungen
bie 3(n$ahl ber Verbrechen iit ben betreffenden Departement« unb ®raffd>aftcn anfd)aultcfc
gemalt ift. Statiftifern »irb ba« erwähnte ©erf febr wiflfoinmcn fein; c« leibet inbeß
an bem fehler einer afl^u foftbaren 3lu«ftattung unb eine« nerhältnißmäßig ^cben f>ret-
fe«, wa« einet weiteren Verbreitung hinbevlieb fein muß. 3uftu« Berthe« in(^ct^a^at
bereite mebrmal« gezeigt, wie man jolcbe Sucher auch einem größeren publicum $ugäng*
lieh macht, ohne ber Nettigfeit be« ?(eußcren (Eintrag $u tbun.
Der unermüblidje Man Äarbec janbte wieber ein fpiritiftifebe« Such in bie ©eil:
„Limitation de FEvangile selon le spiritisme contenant Fexplication des 111 a-
ximes morales du Christ, leur concordance avec le spiritisme et leur application
aux diverses positious de la vie“. Der Verfafier biefe« unb anberer eigentümlicher
Sücfylein bat j<hon fo niel für ben 'Bpiritümu« bewiefen, baß e« ihm nic^t febwer galten
wirb, auch au« ber Sibel ficb Material $ur Stüpung feine« ©ebäube« $u
3um Schlup erwähnen wir be« neuen Suche« neu Victor fr ugo, ba« ben iitel
„William Shakespeare“ führt unb fchon feit einiger Seit al« welterfcbüttembe« @reig*
nift angefünbigt war. Nach einer furzen Durcpficht $u urteilen, jebeinen fo ziemlich alle
Vecialcn unb politifeben fragen in biefen einen Sanb über (£f>afefpcare mit hineingc$ogen
$u fein. Victor fruge liebt e«, wie Napolcrn I, mit Waffen unb in großen granitenen
3ügen $u wirfen. (*« tauben babei gan$e (^eftaltenreiben großer Wänner non Crpßeu«
bi« auf — Nabar empor unb bie Vettbeilnng non £icbt unb Schatten erfolgt in ^in-
felftricpen, bie über Sahrtaufenbe unb über gan$e ©etttl)eile gehen. Da« Such ift eine
echt fran^oftfebe C?igentl)ümlicfrfeit unb trop ber großen J^eilnabmc Ghtglanb« unb Deutfcb*
lanb« an bem Sbafefpeare*3ubi(änm, trop ber nieten ^ublicatioucn, welche babei in bie
?efewelt gefanbt werben, fann man bod? jagen, baß Victor fruge « Such einzig in ieiner
3lrt fein wirb. Die großen Äcblagwbrtcr fteigen barin maffeuhaft empor; aber c« fonnte
auch eben fc gut „Le Monde“, ober „Lart“, ober „Le huimuiite“ ober „Les esprits“
heißen. „William Shakespeare“ bietet nur bie franbhabe ;u Setrachtungen im t ? api-
barftit. Da« Such ift @nglanb mit folgenden ©orten gewibinrt': „Je dis ä FAngle-
terre la veritd; mais comme terre illustre et libre, je Fadmire, et comme asile,
je Faime*.
B-tz. (Vom polnifcben Sücbermarf t.) (5« liegt nn« eine gan$e SReihe inter*
effanter (5rf Meinungen vor, non benen ber größte 2l)eil auf öfterreichifcbe VerlagÄorte
fätlt — ficberlich eine bemerfen«wertbe 2hatfache. 3n 2embevg ift gunächft ber oierte
Sanb ber uon bem gräfl. Cff oliit«f i'fcben 3nftitut heraiwgcgebenen „Bibliotheka
Ossolinskich“ in ben Suchhanbel gelangt. Der Snhalt ift ein überau« reichhaltiger,
unb, wenn wtr non bem Vielen nur bie 3(rtifel: „Die polnifcben Dichter be« 17. 3abr*
hunbert«", „Si«her uugebruefte f)oefien non ©irnon Simonowic^, „Nachrichten über
$>olen gut 3oit Wicpael« I unb Johann« III., nach ben Wemoiren be« Warqui« be
9>omponne\ „Sriefe non 3ohann Wa$epa", ff ^ürft Slbrian ^ifar«!i unb fein 2agebuch
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über bie (fjrpebiticn ^c^ctt töafccgp hn 3h re 1657" biroorbebcn, fc dürfte unfere Se*
feauptung gerechtfertigt fein. Sen bet „Scfcbreibung ScIbpnienÄ" („Opis Volynia“),
berau$gegcben een Ihabbäue ©corg <S tccft f ift bie gweite Lieferung erfebienen. Der
Serfaffet beabfichtigt in bem ganzen $8erfe eine hiftorifd> s ftatiftifcb*ar(böelcgifdje Sefcbret«
bung ber gwelf tftcije Selbnniencf gu geben, ähnlich ben Werfen, bie man über bie
Ufraine een Ohilifewefi, über äittfyauen neu Jp$gfiewicg befrfct. Cfr bat gn bem
3trerfe bic Certlicbfeit, bie Sitten nnb ©ebräuche be& Seifet ftubirt, bie l'anbeäarcbiöe
buvd'fcrfcbt unb riete Regenten unb Sagen, ja felbft ©rabfehriften gefammelt. Die (fr*
gählungäfcrm ift bic bev ftetjebefdwcibung, angenebm gewürgt bttreb 9)iittl)eifang ben
Setföliebem unb piftcufchen Anefboten. — Cf ine wertlwcüe Arbeit bat ber ?emberger
$beclcgie«'iProfefict Dr. *. Sclecfi geliefert, inbent er bie „Äathclifcbe Cftpif" be4
f>aberborner Sifcpcfe* Dr. Äonrab Siartin ins ^clnifcbe unter bem Jitel „Etyka
katolicka“ überfefcte. — Aud? mehrere pclttifche S>erfcben ftnb in Sentberg berauSge*
fernmen, »en benen bie Warpan Obplinäffd unter bem Jitel „Austrya a Polska“
(„ßefterreicb unb >J)clen") Auffeben gemacht.
$n Ärafau bat bev bekannte pclnifcbc Sdniftftcller 3 . ,8. $ur*fi einenSRornan
„Zycie bez jutra tt (,,(fin ?cben ebne Autfficbt") hcrausgegeben, welcher feine ©runbibee
mit Sieter pugc'S „Miserables 4 gemein bat. (Sbenbafelbft erfebien im Serlagc ber
Äarl ffiilb'jcben Sucppanblung eine in fünf §arben cpTcmcditbographirte Äartc bed alten
’JMettef, auf welcher bic ©renjen nein 3«hre 1772 ale auch bie früheren nergeiebnet
ftnb. 3K>crtbnoll für ben pifterifer wirb tiefe .8artc noch befonber* babureb, baß auf ber«
felben bie alten panbelewege unb Jatarengüge genau angegeben ftnb. (Sö ftnb gu berfelben
rem Serfafier, Schämt Scpclnicfi, bie beften ßuellcn nach Saitcnt, tfclewel dnb
3flrctncw$fi benüfet werben, fc baß fie ben fartograpbiieben ÜÖerfen über $clen nen
(£brgancw$fi unb 3£rc tn c w$fi an bie Seite geftellt werben fann unb aufjerbem
ned) bifliger im greife unb banblicher für ben ©ebraueb ift.
®i$mtg«l)frid|tf.
fiaiffrlirfie Usaöemic WifTfnfdrflfttn.
Sifcung ber philcfcphifcb-piftDrijcben klaffe com 30. 90R«rg 1864.
Der Pcmmijftcn für bic perauSgabe efterreiebifcher Seidtbfuner werben gugefanbt:
a) Son bem Icbl. tfanbe«au$huß ben livol, 'OTitt^ettungen be4 fürftbifebefliefen
ßrbinariatef gu Jrient unb be$ 'Pfarrer* Jbalet in töuene.
b. Sen perm Jbcntal Ogepan, ©emeinbebeainten in 3wittau, Anerbieten Ab«
fünften non Uvfunben be* bortigen OommunalarcbieeS eittgufenben.
Sifcung ber pbilcieppifcp 3 biftcrif cheit Olaffe nein 13. April 1864.
Der Cfommiffton für .frerauGgabc efterreiebifcher :J$ei$tbümer würben eingefanbt:
ä. Durch ben Icbl. ?anbedau«fcbuü nen Jirol, TOittbeilungen be* beebw. Perm
©eorg iinfhaujer, ?Regcn* be* .ftnabenfeminav* gtt Srijren unb f. f. C?cnferratet#,
über gwei in feinem Seftfc befmblicpe berartige Documente.
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b. Son bem Stifte Ärem*münfter, bic Slbfd'rift eine* ßhd>aft*3:beibing.
c. Son Perm paa*, Sürgermeiftcr $u Sraunau, Slbfcbriften zweier Urfunben.
d. Son bem Stifte St. ^aul in tarnten, brei Urbare im Criginale.
e. Sen ber Sircctien ber graf lieb .6 ende I n. Scnner*marffchen (Sifcnwerfe
gu 3Öelf*bcrg in tarnten, Sergeicfcniß ber im bertigen Stuhfoe befinblicben 3(ctcn au* ber
$>ericbe Samberg*.
Sa* wirflicbe Fitglict Sr. $fi$ntaicr legt eor: „Sie Eroberung ber beiben
2 )ue anb be* ?anbe* ifcbao»ften burefc pan".
3 u ben bem heutigen Fittellanbe einoerleibten, in bem 3 ritraumc ber früheren £an
noch non füblichen Srentblänbern bewohnten ©egenben gehörten nebft ben fc^on in einet
früheren 2 lbhanblung be* Serfaffer* befproebenfn fübweftlicken grembgebieten ba* (übliche
unb ba* öftliche 2 )ue, welche unter ber gemeinicbaftlicbcn Senennung „bie beiben $ue"
gufammengefaßt würben.
3 n bem füblichen Jlue, welche* im ©ariden ben heutigen £anbid)aften Äuang*tung
unb Äuang*ft cntfpridjt, gabltc man bi* 3 m* (Sicherung fünf unabhängige Äönigc, unter
welken ber „Seruhiger" Jho, ein Statthalter be* ehemaligen Jbftn, ber erfte.
Sa* öftliche 2Juc entsprach ber heutigen i'anbjchaft go*!ien. Sie groei Könige biefe*
2anbc*, Sachfommcn be* berühmten Zeitig* jteu*tficn non 2Jue, waren burd) Jhftn ‘ab*
gefegt, burd; .pan jeboch wieber eingefeßt worben, wobei ber eine berfelben 3 um Könige
non Fin*pue, ber anbere 311 m Könige bee oftlichen Sgeu ernannt würbe. 2Jü*fchen, ber
lepte .’itöuig neu Fin^ue, 30 g ba* cftlicbc Sgeu an fid? unb nannte ftd? ßönig be* öft*
licken 2Jue. Scrfelbe nerlor in nicht ferner 3^it fein gejammte* ^anb an pan. *
3 n ähnlichen Serhältnifjen wie bic beiben 2 )ue befanb \\d) ba* in bem heutigen
Fittellaitbe gum größten iheile nicht inbegriffene, non einem mit ben .f)iung*nu eer*
wanbteu Solf*ftanune bewohnte tfanb £fcbac>ficn, welche* jeboch ni^t ba* heutige gleich*
namige ifchac-jien ober Äorea, fenbern bic ©egenb ber norbweftlich non Äorca gelegenen
Sanbfchaft S<hing*fing nebft einem iheile non Ifching*te ober 3e»ho, ingleichen einem
fleinen ih e de bee oftlichen ^tfebidi. 3 n biejem £anbe hatte ficfc Fuan, ein Flüchtling
au* £an, niebergelaffen unb ftcb bafelbft 311 m Könige aufgeworfen, in welker ©genfebaft
er auch *en pan anerfannt würbe. Fan gabtt iin ©angen brei Könige non 3fchao*ften f
unter welchen 2 Jeu*fhiü, rin (fnfcl bee Könige Fcuan, ber lebte.
Sie norgelegte 2 lbbanblung enthalt bie ©ngelnheiten ber bureb .fran bewerffteüigten
(Eroberung biefer gänber. Sie Seranlaffung gur (Sinmifcbung unb fcbließltchen Eroberung
war hei bem jüblicben $ue bie iebtung be* ßenig* .fc)ing unb ber ©efanbten non £an,
wobutch ber non biefem Äönige beabfichtigte Mnfcbluß an £an ncreitelt würbe. 3 n bem
oftlichen $)ue war $önig 2 )ü*j(ben, in ifchao*|ten Äönig 2 )eu*fbiü, ber erftere au* offen*
barer geinbfeltgfeit, ber ledere bureb bie treulofe ©ewaltthat eine* ©efanbten gereigt, in
ba* ©ebiet non pan eingefallen.
Sie (Eroberung felbft erforderte inbeffen bie größte .^vaftanftrengung non Seite
.f)an*, beffen .fceere, befonber* in 5 jcbao>ften, öfter* gefchlagen würben, währenb bie nöl*
ltge Unterwerfung überall nur in non Smpörung im Sintern be* feinblichen £anbe*
gu Stanbe fam.
•$err ?>rof. Siegel legt nor ein ihm non 4>erm |)rcf. Faaßen in ©rag ein*
gefanbte*, non bemfelben in ber Somcapitelbibliothef $u ')tonava aufgefunbene*, ungebruef*
te* (Supitulare be* .^aifer* ?othaT.
Sa*felbe ift in einem ber leßten Fonate be* 3^h r ^ e u ^tanbe gcJommen
au* 2(nlaß be* Ueberfalle* non JRonr unb ber fMünbcrung ber St. ^Teter«*Ätrche burch
bie Saracenen. Ser Äaifer bringt barin auf ftrengere ^anbhabung ber Äirchengucht, 6 r*
ftattung ber geraubten ©üter an bie Äirchen in feinem Seiche unb (Srbauung einet
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SRnuer um bie ^cimgefud'tc Stabt. gerner crbitet er barm für beit grühling be# folgen-
beit 3atyre$ einen Ärieg#zug an nach ©enevent gegen bie Saracenen unb TOauren.
Da# correfponbirenbe 5ftitglieb greifen Dttofar v. Schletta legt einen Auffap
vor, betitelt: „Die Äämpfe zwifdjen Perfien unb Sußlanb in JranSfaufafien feit 1804
bis 1815". Diefelben — beißt eS in ber (Einleitung — finb an unb für ftch unb
verglichen mit ben bajnaligcn gleichzeitigen Siefcnfchlachten in (Europa, allerbing# nur ben
geringer ©ebeutung, gewinnen aber burch ben Umftanb welthiftorifche# 3ntercffe # bafc fie
ben erften ®runb zur Sivalität zwtfc^ett (Englanb unb Sußlanb im Dften gelegt h a k* n *
einer Sivalität, welche ebne 3weifel beftimmt ift, auf ba« Schicffal Aften# unb vielleicht
bei (Srbball# entfebeibenbeu (Einfluß z u üben. Ausführlichere# über biefe (Epoche war bisher
nicht vorbanben. gonten# (La Russie dans l’Asic mineure) uttb Dubeuj (Uni-
vers, Ferse) Sotizen befchränfen ftch auf wenige ©lättcr. Der ©erfaffer felbft fd^öpfte
Zum größeren Jbeile au# bi#her unbenftßten perfiden Quellen. Ueberbie# bilbet bie Ab*
% hmtblung eine (Epifobc einer von ihm begonnenen größeren Arbeit über bie moberne ®e-
fchichte Werften#, baher auch ber Scpwerpunft ber (Erzählung, fachgemäß, in biefe# lefctere
?anb perlegt wutbe. Dem Auffafce ift bie au# bem perftjehen Originaltexte angefertigte
Ueberfefcung be#, wa# ben Inhalt feiner Artifel anbelangt, bisher unveröffentlicht geblie¬
benen englifch-petftjcben Aflianzvertrage# »om 3«h re 1814 beigegeben.
€ i fc u n g ber mathematif(h-naturwiffenf<baftli<ben ® l a f f e
vom 14. April 1864.
$err Dr. % 5R. Screnz banlt mit Schreiben vorn 12. April für bie ihm zu
feinen ©raefwafferftubien bewilligte Subvention von 350 fl., unb $err Dr. g. Stein*
bachner mit Schreiben vom 13. April für bie ihm z«t wiffcnfchaftlichen (Erforfchung
ber gauna Spanien# gewahrte Unterftüpung von 300 fl. 6. ©.
$err S. ®ün#berg, Abjunct ber (Ehemie an ber !. ! technif<hen Afabemie §u
?emberg, überfenbet eine Abhanblung: „lieber baS Verhalten von Dextringummi gegen
.ftühnereiweiß".
©irb einet (Jommiffton gugetotefett.
Da# cortefponbirenbe 9Rttglieb perr Prof. Dr. (5. ©ebl machte vorläufige 9Rit-
theilungen über bie im biftologifchen Jaboratorium von .perm Dr. ©afiliu# SRofowau#
St. Petersburg angeftellten (Experimente übet bie Durchfdmeibung be# Sehnerven bei
Aaninchen. Der Sortragenbe erörterte vorerft bie hiebei gepflogene DperationSmethobe,
welche fiep burch ih re (Einfachheit unb 3wecfmäßigfeit empfiehlt, inbem nach (Er¬
öffnung be# (Eonjunctivalfacte# in einer geringen (Entfernung vom oberen #ornhautranbe
bloß ber musculus rectus superior unb retractor bulbi verlept werben, bie hinteren
(Eiliarnetven unb Äefäße hingegen verfchont bleiben. 3m Allgemeinen wirb fo wie bei
ber Strabi#inu#operation vorgegangen, unb ber mittelft eine# ftumpfen .fcaten# gefaßte
Sehnerv mittelft einer frummeu Scheere vollftänbig burchichnitten.
Sacbbem perm Dr. Sofow bie ?cfung ber gragc über bie (Erfcheinungen nach
bet Durchfcbneibung be# Sehnerven in ber erften Seihe feiner (Experimente nicht gelin¬
gen wollte, inbem ftövenbe ©lutungen unb Panophthalmie mit Schrumpfung be# bulbus
eintraten, wobei in zwei gätlen ein Schwunb be# ©laSförpei# beobachtet würbe, war bie
Zweite Seihe ber an fteben Aanincben ausgeführten ©erfuebe von bem erwünfepten (Erfolge
begleitet. Die nach ber Operation eintretenbe entzünblicbc Seaction verfchwanb in ben
fteben gäflen nach wenigen Jagen vollftänbig, fo zwar, baß man ba# franfe von bem
gefunben Auge nur burch bie beträchtlich erweiterte pupille zu unterfcheiben vermag. Die
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intact berbleibenben buuhfichtigett Siebten beS operirten Äuges geftatten eine eingepenbe
epptpalmoifopifche Untevfucpung, welche in Vepig ber Sepnerbenausftrablung inSbejonbere
bei beut gewählten VerjucpStpiere bon ©elang ift.
Die Sefultate bet Pjrperimente faßte öerr Dt. Sofow in folgenbe fünfte gu*
lammen:
1. Die Durchfcpneibung beS Sepnerben ift am Aanincpen ebne Verlegung ber hin¬
teren diliarnerben nnb ©efaße ausführbar unb hat feinen weiteren icbäblicheu (finflufj
auf bie übrigen ©ebilbe bes $lugeS.
2. Die llirculation beS VluteS in ben Setinalgefaßen wirb nach ber eellftanbigen
Durthl’chneibung bee Sepnerben nidbt unterbrechen; es fteUt fich wohl anfange eine benefe
Öpperämie ein, welche aber im Verlaufe ber 3eit berfepwinbet.
3. Die Setinaelemente geigen felbft 39 Jage nach ber Durchichneibung be$ Sep*
neruen burcpauS feine wahrnehmbare Abnormität, mit Ausnahme einer beginnenben Atro*
ppie ber SepnerbenauSftraplung. Sn einem gwelf Jage nad' ber Cperation unterfuchten
gälte, we bie opptpalmoifopifcben (Srfcpeinungen bon Setinitis borhanben waren, behielten
bie 'Jtebpautelemente gleichfalls ihre normalen (*igen|d?aften.
4. Die opptpalmoifepifdwn Veränberungen befd;tänfen fiep in einem galle (51 Jage
nach ^ er Operation) auf eine geringe Unbeutlichfei ber ßontouren ber Pupille, auf eine
unbebeutenbe Verengerung ber Setinalgefäße unb eine weniger maifirte Auszahlung be$
Sepnerben.
5. Die nach Durchichneibung bee N. opticus ccnftant erweitert bleibenbe Pupille
(inSbefonbere auffällig bei weißen Kaninchen) oerengert (ich nach Anwenbung bon ber
Qalabarbopne gerabe }o im normalen Auge.
Die nod; nicht abgefcblojfenen Unterfuchungen hofft Öen* Dv. Sofow mit näcpftem
gu ergängen.
Öerr Dr. A. grieblowSfp, ^rofector an ber f. t. ©iener Uniberfität, übergiebt
eine Abpanblung: „lieber ^erinealpppefpabie' bet einem VMbber".
93ei ber Seltenheit, mit ber önnmungebilbungen beS UrogenitalfbftemeS bei Jbieren
borgufommen pflegen, erlaube ich mir, ber geehrten Piaffe folgenben gaü mitgutpeilen
unb um bie 9>ublicirung beSfelben in ben Schriften ber f. Afabemie gu bitten.
@S fanb ji<h an einem SBibber, welken bie anatomifche Anftalt bon öerrn Dr
?enf erhielt, bicht bor bem After eine obale Ceffnung, beren Mngenburcpmeffer gu iprem
Querburcputeffer (ich wie 3"' : 2'" »erhielt; burch ben aus ihr abfließenben Urin war fie
als abnorm gelegene öarnröprenumnbung eparafterifirt unb erwies fiep als baS 6nbe beS
VecfenftudfeS ber Uretpra. Von bem borbern Umfang biefer Ceffnung gelangte man gu
einer feiepten, etwa \" langen, mit Schleimhaut befleibeten Sinne, welche bon gwei öaut*
wallen eingegrängt war, bie ftch gur Saht beS 4pebenfacfe0 bereinigten. Vom ©liebtpeil'
ber öamropre war feine Spur gu finben, mit Ausnahme eines feinen, furgen, imper*
forirten Appenbi? an ber unteren Seite ber ©icpel, auf welchen baS fonft über 1" lange,
pfriemenformige (Snbe ber Uretpra rebucirt war. Das Secfenftücf ber öamröpre war
bollfommen normal gebilbet unb enbete, wie früper bemerft würbe. 9BaS bie gum Uro¬
genitalstem in Vegiepung ftepenbe *JRuSfu(atur anbelangt, fo umfaßte ber sphincter
aui niept nur ben anus, fonbern auch bie abnorme Uretpralmünbung; ber m. accele-
rator urina? et spermatis war niept wie gewöhnlich auf baS Vecfenftücf ber öarnropre
bejepranft, fonbern fcpob jtep noch über y 4 “ über bie Snfertion beS AufricpterS ber Stutpe
nach »ome pin. Die AfteTVutpenbänber waren jebeifeits burch loSgeriffene ©ünbel beS
ÖavnfcpnellerS »erftärft.
Die bem SeugungSgefd.'äfte borftepenben Drüfen waren bollfommen normal; nur
war bei Unfe öoben noep im 2eiftencanale befinbiiep, was bei einem auSgewacpfenen
Jpiere niept opne Sntereffe ift, ba beim ömbrpo beS ScpafeS ber descensus testieuli
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fchon in ber fünfzehnten Bocbe gu o;efchehen pflegt, unb gwar auf befreit Setten gu
gleicher 3«t. 3ch will nur noch breiet beflfonmtett jpnunetrijch gelegener t'Mitphbrüfen er*
wähnen, bon beiten eine gwifd'en ben beiben »platten ber 3?nucbfellfalte lagerte, welche
bett fächerigen 5heil ber vasa doferentia ccnftant berbinbet; bie beiben attberett warnt,
in gleichen iHbftänben bett ber erftcit entfernt, ebenfalls burch Bauchfell falten an bie
Samenleiter geheftet. «Cb fie beim Bibber ccnftant rcrfcmnten, fann ich nicht behaupten;
bei einem attberen männlichen Bfrerfäner (Antiloji^ dorcas) aber habe ich fie in ähn-
lieber Bcije geiehen.
9cacb ben im »Scrbergebenben gegebenen anateniinben Säten hat man ee mit einer
$)eriuealb»pofpabie ttnb Verlegung ber öaniröbrenmünbung in bie Giftet gegenb gu thun;
wie ber Scbafnteifter attgiebt, feil bae ibier ftd' feiiteewege ipringluftig gegeigt haben.
Birb einer (5cmmifftcn gugewiefen.
Öerr Sr. (Guftab Jfcbertnaf, (iuftoSabjunct am f. f. JOofmineraliencabinet, über¬
reicht eine nette geige feiner ^Beobachtungen au »Pfeubomcrpbcfen. Bährenb er früher
auf bie d'emitd:e Unterfud'itttg ber Umwaiiblungeprefciicte tneift bergichten mufjte, u>ar ihm
biefelbe je^t burch bie llnterftiifcung ber f. iHfabeutie unb burch bie (Güte ber sperren
»Ptcf. Scbrcttcr unb Sirectcr perneS möglich gemacht.
Sie ^Beobachtungen betreffen bie gälle:
Bittnerg nach Cttarg. (*e ift bieS ber 001 t Sreithaupt beschriebene Stannit, ben
ber ifrrtragenbe itt ber germ be$ £htargee beobachtete unb burch bie chentifche unb mi-
neralogifcbe Unterfttchung als ein (Gemenge nett 3innerg unb Üuarg erfannte.
(Gelbeiienfteitt nach braunem (GlaSfepf. Ser pfeubontcrpbe (Gelbeiienfteitt hat bie 3u*
faumtenfepung bee i'imcnitee unb ift blef; burch garbe unb locfere iertur bett biefeui
unterfdrieben.
C^ifeitfie^ nad' (Sijenglaitg bou gelfobanpa.
(Äine neue Umwaublungepbajc bee 53ibianitee. Ser Baffergebalt bee »Minerals h a *
fich um mehr als bie pälftc berminbert, bae Gifenc.rnbul heller cjrbbirt, woburch eine
metallälmlicb glättgenbe »Pfeubemerphoie entftanb.
Sie 'Jabraborit-'Pfcubomorpbofen im antifen grünen $>orpbpr. Sieje werben burch
eine eifenojcbbreiche, int übrigen fefrfpathähtiliche Subftang gebilbet, welche (Iblorofelfit ge*
nannt würbe.
ifrigtit nach Biotit.
Älitted'ler, Siopftb uttb (Grefjulat nach »Bcfubian. (£itte 3erlegung ber i>efubian-
fubftaug in brei attbete 'Serbtttbuttgen unter ttuStaujcb bon »Jttagnefia gegen Äalf unb
Aufnahme bon 'Baffer.
Ser lefotere gatl giebt bem i>ortragenben (Gelegenheit, über bie bon Schertet
ale „’petiiiiorphofeti" aufgeführten Umbübungeti gu Sprechen, bereu pfeubomorphe Statur
inbef; bon bem (öfteren auf (Gruttblage bergletd^enber ^Beobachtungen behauptet wirb.
Birb einer (lemmiffien gugewiefett.
3d^rt$ofrfamntlnn0 Ufr k. k. jiwldgtfdjtiotamfdjfn (SfftUfitjaft.
«tut 9. Mptil 18G4.
4'0Tft(Knber Se. Surchlaucbt gürft (5 0 Horebe-9)lannSfelb.
Sie 'Berfantmlung würbe burch eine ‘Hebe beS £>erm ^räftbenten-SteÜbertreter«,
»Prof* unb Sirector Sr. (Sbuarb gen gl, eröffnet, an welche fich bie Serichte ber beiben
Herren Secretäre (Georg SKitter b. grauenfelb unb Sr. Otei n^arfct unb be$ Diecb'
nungöfuhrerd 3utafcfa anfchließen, eröffnet.
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£>ou tcn in btefen ^Berichten enthaltenen £aten über bie Sirffamfcit Der f. f. gco*
legijdvhotanijd;eu @efeUfd>aft im Vaufe be« Raines 1863 finb folgenbc ale befonber«
wichtig herverguheben: 2)er h. n. o. Vaubtag bewilligte ber ©ejellfd'aft gegen bie 38ib«
mutig il)rer Sammlungen unb ihrer ibibliothef 311 einem nieb. eften. ®iufeum eine
Subvention von 800 fl. für ba« Jahr 1803 bi* 1804. Jablreid>e bod>gcftellte 'Per*
jönlicbfeiten unb wiffenjcbaftlicbe 'Jiotabilitäteu traten ber ©efeüjd'aft ale öiitglieber bei.
£er Jahrgang 1803 ift über 1400 Setten ftarf unb mit 25 iafeln au«geftattet.
:Uebftbem würbe noch ©raun« nieifterbafte ®ioncgraphie ber Oeftriben unentgeltikb bei*
gegeben. £et Umfang, welchen bie ©ejcbäfte ber <^>efcllfcbaft erreichten, machte ee notb*
weitbig, baß auf Eintrag ber I'irection ber dluefdmf; um 12 ®iitglieber verftävft würbe.
3Me Sammlungen würben bebeutenb vermehrt unb an ©efchenfen ftnb namentlich
eine vom h. Staatöminifterium gefpenbete 6 -eHection von Seethiereu unb Algen, welche
Jperr ^). Jitin« jammelte, fo wie eine Spenbe von 5000 'Pflanzen von &erm Äecf
in Aiftertbeim 3 U erwähnen. 3m Vaufe be« verfloffhtett Sabre« würben 0 Vebranftalten
mit 40 Wirbelthieren, 4300 Jnjceten, 2700 ®iolluefen, 90 Qruftaceeti unb Siabiaten,
fo wie mit 5000 ^fiangen betheilt.
Sind) bie ©ibliotbef würbe bebeutenb vergrößert, fo baß fte am (Änbe be« Jahre«
1462 felbflftänbige Serie unb 244 pertobifch erfdwinenbe Sd^riften au« allen 5heilen
ber Seit jaulte.
£ic Einnahmen betrugen im Jahre 1863 7208 fl., bie Ausgaben 6419 fl.
2 >ie SReihe ber wiffenfd<aftlichen ©ovträge eröffnete £evr iheobor Äctfchv unb be«
richtete über ben Libanon unb befielt Alpenflora. Einige einleitenbc Sorte gaben ein ©ilb
über bie plaftifcbe ©eftaltung ber G*rt ober fläche von Svrien. Skiffe« Vanb, welche« burd)
feine folgenreiche ©eichichte fo entfcbicbeneit Einfluß auf bie gange übrige 'Belt genommen
hat, geigt feiner natürlichen Vage nach ein 1000 bie 2000 guß hoch gelegene« ©innenlanb
von weiter, gleid;förmiger Auebchmmg in £ft, ein fd'inalce niebrigeo Äiiftcnlanb in Beft
unb gwifepen betben ein ©ebirgelanb von wecbjelnb mannigfaltiger ©eftallung unb @r*
hebung bi« gu 9500 guß.
Tk Gruppen Antanue, Vibattoit, Antilibanon werben itad' ihrer geogttcftifchen ©er*
fchiebenheit unb Abweichung in tyren gormeti buvcp eine cpaiaherifirenbe Schilberung
furg berührt. Schließlich werben bie au« ber ©iener glora im Alpenlanb be« Libanon
lebenbeti fangen genannt unb alle bort lebenben Jhiere erwähnt. &ie Scbilberungen
ber ©egenben im hohen Libanon, fo wie bie übrigen (irgebuiffe werben au« ben 3 >rucf‘
fchriften erfichtlid?.
£err ©eorg SRitter v. gauenfelb la« einen von Jpetrn J. gingeT citigefenbe*
teu Auffatj: „ Schwalbenplaubereien", in welchem in geiftreicher Seife unb genauer Vit»
teraturfenntniß bie wid;tigften 2>aten über bie Schwalben gufammengefteUt werben.
£>err $rof. g. Sitnonp lieferte ©eitväge gur 'pflangengeographie ber Cftalpeu. Sn
benfelben befprach ber ©ortrageube namentlich bie . glora be« 2 )achfteine« unb be«
jRabftäbter lauern«.
Ungarif^t äkafttmtf.
3n b« St'eung Bern 18. ilpril bidt «Prof. Jtlfp feinen ÄntritUDertrag
über ben ©erfafftr ber ,, 3 Ua«": 6 r juchte barin bie ©rünbe gu wiberlegen, welche von
ben Philologen unb Jpiftorifern gegen bie SRetmmg angeführt werben, bajj bie beiben
griecpifchen (Spopöen ^Slta«" unb ^Cbpijea ' 1 von liinem dichter veifaßt würben, unb
ba§ biefer ^Dichter Corner jei.
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hierauf laß $en Sercgu ben Wntrittßoortrag beß iperm 991a bd<h for. Sen
©egenftaitb beßfelben bilbete bie grau, befcttbere bom äftßetifchen Stanbpunft.
4>err Stephan Sgabe, ber tlebevjeber Vowerß, bat fine Ueberfefjung ber SJerfe
oon ^peficbue $ur 'Prüfung ber Mfabemie eingefenbet. Saß 'INamtfctipt war ben Her¬
ren Sjepeff» unb $aul V unfair? 9 übergeben u>orben; eß würbe nun ihr ©utachten
oorgelejen. JpeiT Sjepeffp erftarte bie lleberjefcnttg für fehr gelungen unb empfahl fte
ber Slfabemie $ur V**außgabe, bloß einige xHnuierfungen fcnnten geftricben werben, Glitch
^>err Vunfalut? empfahl bie Ueberfefcung jur Verausgabe, fattb jeboch barin einige leicht
3 U berbeffernbe Mangel unb erflärte ftch für bie gänzliche Streichung ber etnmologifthen
(ircrterungen.
ffleutrdj ^ipflrifjtjfr Utwiit in flfernen.
Ser Scrftpenbe, $>rof. Vcfler, erwähnt einer 3ufdmft, in welcher §><xr ^tof*
Saufen mittheilt, baß er gu Sem ein intereffantee 9)canufcript, betveffenb bie Vuffton*
fäntpfe in Schulen, anfgefunbeu fjabe. Ser Sebacteur ber 3eitfchrift „(Igeria 44 übergab
ber IHbtheilung ein 99iamifcript, welches gewissermaßen eine Sortierung ber bon Verm
b. Urbanftebt verfaßten Arbeit über bie 'Jlbftamnmng ber (ygerlänber in philologischer
Segiehung bilbet. 2 luß bem beiliegenben Schreiben ift bie intereffante 5hatfad>e gu ent*
nehmen, baß ber altbeutfche Sichter Sperre g e l bcu ©ehurt ein (Sgerer war, unb fo-
mit ber ältefte befannte beutfehe Sichter Seltnen* ift, unb baß (Elfterer an ber 9lbfaf*
jung einer ©ramntatif bee (Egerer Sialefteß arbeitet. $)rcf. Sr. Vbfler befprad>
nun bie bem Vemt 9 >ref. Sd^einpflug verfaßte „©efchichte beß Äloftevß rffeg",
welche biß auf ben heutigen lag fertgefeßt ift. Ser eigentlid;en Ätcftevgefchichte jchließt
fid? eine Seihe ben felbftftanbigeu Seilagen an, welche baß innere lieben beß Stifteß,
jeine tfeiftungeit auf fird^lid^em unb u>iffenfd>aftlid>em ©ebiete, für bie Sebenaiftur u. f. w.
betreffen, unb eine DJiaffe ben werthvoüen Setailmittheilungen enthalten, bie mit einem
wahren ^Imeifeufleiß aufgefud't unb berarbeitet würben unb ein hechft genaues Silb bon
ber bielfeitigen unb eingreifenben Ihatigfeit ber Stiftßhermi burch eine Seihe ben Sah 1 ’
hunberten barbieten, wie man eß für bie anberen Stifter Schmenß nur wünfd'en fann.
Schließlich empfiehlt ber Scrfifceube bie Verausgabe beß 3i>erfe6 burch ben Srucf unb
bie llebeilafiung ber erwünschten Jlbfür^uugeu an ben Serfaffer felbft, welcher 9 lnficbt bie
Serfainmlung einftimmig beipflichtet.
Sn ber Sipung ber ^weiten Section für Se<htßgefcbichte bemäntelte ber 'Präftbent
beß SeTeineß, Verr Sr. 9>el$el, in einer längeren 9tbhanblung bie grage, eb eß in
Söhnten im Wcittelalter ©efchwontengerichte gegeben l;atte. 3unächft berlaß ber Sortra*
genbe einen Äufjafc über altflabifdjeß Sed)t auß^alacftfß „Dejiny naroda £esk£ho u ?
in bem bie bem Serbencdr Strßan im 14. Sah r ^ un ^ er * ^öfelbft eingeführten ©efihwor*
nengerichte (poroty bon porota, nach bem Schwur) bemäntelt werben, unb weiterhin
ber Schluß gezogen wirb, baß auch in Sollten berartige poroty beftanben mitten. Sem
entgegen wieß ber Sertragenbe unter Anführung $ahlreicher -Duellen nach, in Söh¬
nten eigentliche ©efdjwontengerichte (poroty) wie in Serbien nicht beftanben hätten; bie
in Söhnten beftanbenen duSevuici waren nicht ©ejd;worne, fonbem nahmen bie
fage, welche jte be 3 eugteit, nur auf if;re Seele. Sagegen waren bie heutigen Schoppen*
hbfe alß Urtheilfinber eine $lrt Schwurgericht. $lußerbeut enthielt ber Sortrag noch mehr*
fache Schilberutigen ereilter ^roeeßformen, fo 3 . S. beß „Uberfiebmen' 4 , baß ftch feit*
bem 12 . Sahrhunbert in Söhnten »orfinbet. ©ß beftanb bteß barin, baß jeber, ber noto¬
risch eine# Serbrechenß ge$iehen würbe, ftch &<hh>h burch ein ©otteßurtheil reinigen mußte.
tftnmhmtltytr Heßarttur Ir. S#«ift|en Irtdimt tor lu Wtmr lettniKg.
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Ueber SOTetyobe unb Öeljönblung ber (Sefdridjte ber
3« jebem ©ebiete ber Siffenfcßaft ift eS oon 3«t ju 3eit nöthig, bie 3Jte»
tt>obe }u untetfudjen, nach welker geformt wirb, unb auS bern Greife ber S^at*
fallen unb itjrer ©rgählung auf ba8 ©ebiet ber $)rinctpien ber jtunft fefbft über*
juge^en. ©ie Slothwenbigfeit foldjer princtpteller ©rörterungen wirb heutigen
Sage« oon allen, welche fid) für Äunft intereffiren, lebhaft gefüllt. 2)er Äünftler,
ber Äunftforfcber unb ber gebilbete Äunftfreunb finb bei bieier ?frage gleichmäßig
beteiligt, ©er Äünftler fann fid? nicht bamit begnügen, wenn man in ber ©e»
f<f)idjte ber Äunft bei ber ©eurtheilung einzelner Serie angiebt, trat? fdjön ober
nicht fdjön ift, er oerlangt tiefer gebenbe ©rörterungen über baS Sefen ber Äunft
felbfi, bie nichts mit allgemeinen culturhiftoriichen Ueberfidjten unb flüchtigen
©emerfungen übet Ä'unft unb Äunfttechnif gemein h^ben. Äunftforfcher fommen
bei emfteren ©tubien immer bei bem fünfte an, wo fie barauf angewiefen Wer*
ben, bie ^rincipien ber Äunft im ©roßen ju erörtern. Sinfelmann b at fönet
„©efdjichte ber Äunji be@ 2llterthume8" in richtiger Sürbigung beffen, waS jur
tieferen ©inficht in bie Äunftwcrfe felbft nöthig ift, umfaffenbe ©rörterungen tßeo»
retifcher Statur oorauSgefcbicft, welche ©ottf. Berber in geiftreicher Seife als
eine ÜJtetaphbftf ber Äunft, gefdjöpft auS ben Serien beö SllterthumS, bezeichnet.
8 6. o. Stumohr h fl t föne „italienifchen gorfchungen" mit einer umfaffenbe«
Äbhanblung über „Üheorie unb ©efchi^te neuerer Äunftbeftrebungen" eingeleitet
unb baburch eigentlich Üeben unb Üid)t feinem Serie oerliehen. Ohne biefe um*
faffenben theoretifchen ©rörterungen wären Sinlelmann unb 9ft u m o h r nicht fo
einflußreich unb bebeutenb geworben, als eS beibe, inSbefonbere S infei mann,
waren unb finb. ©r. 2 . ©chorn ^at zweimal, in feinen „Umriffen zur SE^eoirie
ber bilbenben fünfte* unb feiner ©djrift über „bie ©tubien bet griechifcheu
Äünftler" baö ©ebiet ber Theorie betreten; in neueren 3öten ift bieS nicht bloß
in bem großen ©efcßichtSwerfe ©djnaafe'S, fonbem auch “uf befonberen ©ebieten
meßr als einmal gefcheljen, in jüngfter 3eit in glängenber unb geiftreicher Seife
oon ©ottf. © emper in feinem Serie „über ben ©til in ben technifchen unb
teftonifcßen Äünften*.
©ie ©h e °ö« ber bilbenben fünfte h«t eine eigene große @ef<hichte; Äünftler
unb Äunftgelef>rte, ^)^ilcfopf)en unb Antiquare h fl b«n glänzenbe Beiträge zu bet»
felben geliefert, unb wenn eS auch ' n ©eutfchlanfc eine 3eit gegeben ^at, wo nach
bem ©djiffbruche ber 3fcftt>etif ber fpeculatioen tßeoretifche ©rörterun»
gen über Äunft in ÜRißcrebit gefommen waren, fo glaube ich bod), baß gegen»
wärtig, wo wir bie 3öt ber ^errfcßaft biefer ©cßule f^on hinter unS hüben, bet
IM*. Bank HX. 87
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Slugenblicf gefommen ift, wo baß publicum, Äünftler fowo^l als 8 aien, tljeoretifchen
Betrachtungen über Äunft in leerem ©rabe, alß eß bisher bet Satt war, Sluf«
merffamfeit fd)enfen werben. Diefe Bemerfung bat fiefy mir in jüngfter 3eß,
befonberß bei ber Seetüre »on Dr. 2 B. Sübfe’ß ,,©ef Richte ber ^laftif" aufge*
brängt, unb mid) umfomehr veranlagt, biefelbe augjuipre^en, a(S eine ©teile in
ber Bortebe beS »erbienftooflen Söud^eS ben ©Treiber biefer Beilen, wenn aud)
inbirect, jur ©rörterung biefer gragen aufforbert.
&uf bem ©ebiete ber plaftil wirb baß Bebürfnif? nad) berartigen Unter«
fuc^ungen gan^ befonberö bemerfbar. 5 )eut)d)e, Staliener unb ^ranjofen finb »or=
jugSweife burdf) baß ©tubium ber plaftif jur ©rörterung ber Äunftprincipien
gebrdngt worben. 3 n ber Slrc^iteftur ift baß ©ingehen auf theoretifd)=f 3 rincipiefle
©rörterungen am wenigften ju umgeben, unb eigentlich nie oon tüchtigen gor«
fchent unb $är<hiteften ignorirt worben, gür biefe ift baß 3lußfpre<hen »on 9 >rin=
eilten ein SBebürfttifj. ©ie jd)eiben fid) be^^alb im 8 eben wie in ber Sheotie
fd^arf, Weil jebeß lünftleriid)e ©djaffen in ber 5}(rd)iteftur auf ein beftimmteß ©in«
gehen auf bie ^rincipien ber Baufunft h'nbrängt. 9lflerbingß giebt eß auch ba 6 flef*
titer, bie nach b fm S3»rbilbe ber Äugler’fdjen Behanblung bet Slrchiteftur«
gefehlte jebem ©tile gerecht 31 t werben fi<h bemühen unb ben ©flefticißmuß auß ben
■Büchern auch auf baß Seben hinüber tragen; aßerbingß hat fid) in unferem Sah 15
hunbert ber ©leid)bere<htigung, biefeß ftaatlid)en 2 lußglei<hmittelß gegen bie prin«
cipienftümter aßet Nationen unb ©onfeffionen, im Bauleben bie ©leid&berechtigung
aßer ©tile recht breit gemacht unb eröffnet unß eine f<höne Jperrfchaft efleftifcher
3 been; — aber trojjbem trennen fiep bie energifcheren ©eifter flar unb be=
ftimmt; ©othifer unb Anhänger ber Slenaiffance treten fi<h in fdjatf gefchnittenen
Umriffen entgegen, unb befämpfen unb befeftigen ft<h nicht hutdj Sfaßgleidj' unb
©leidhberechtigungßtheorieen, fonbent burdp ein genaueß ©ingehen auf bie fprincipien
ber eingelnen ©tilarten. Die einftige ^perrfdbaft einer gefunben Slrchiteftur wirb
bie grucht biefeß fprincipienfatnpfeß fein, welcher bie ©egenwart bewegt.
Stuf bem ©ebiete ber ©efchichte ber SJtalerei wirb bet ®ef<hi<htßf<hteiber
ferner ben ©tanbpunft nicht mehr fefthalten fönnen, ben Äuglet mit eben fo
großer 8 iebenßwürbigfeit alß Sicherheit eingenommen hat SJlan barf, wenn »on
ber Äugler’fchen Sluffaffung ber SJtalerei bie Siebe ift, nicht »ergeffen, baff Äuglet
»on ©tubien ber Slr^iteftur bei feinen Begebungen außging, nie Äennet ober
©ammler im eigentlichen ©inne beß SSorteß war unb bie Slnforberungen, welche
»on biefer ©eite famenj nicht in bem SJlafce würbigen fonnte, wie Slum oh»
feiner 3 eit. Sluch war eß bamalß, alß Äuglet 3 U arbeiten anfing, in erfter
Sinie um hiftorifche Slnorbnung unb eine betfelben entfprecfjenbe ©pßematil auf
einem an Sljatfathen f«h r teilen, aber fehr »erwortenen ©ebiete 3 U thun. 6 r hat
biefe Drbnung erreicht, unb in ben unburchbringlt<hen SBalb »on Bilbern unb
SJleiftent aßer Spulen unb aßer 3afwh un berte SBege gebrochen, burd) bie unß
eine georbnete Ueberfchau ber Shatfachen möglich geworben ift. ©r hat biefeß
Slefultat but<h ein »erftänbigeß unb confequenteß gehalten an einem principe
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erreicht, bctö ber ©efcfjichtSwiffenfchaft entnommen ift unb bie ruhige fyiftorifd)e
Sluffaffuttg ber Gntioicfluitg ber Äunft weientlid) erleichtert. Sitte attberen 23etrad;=
tuttgöweifen mürben burd) fein Stuftreten in beit £intergrunb gebrängt. 21 ber bie
innere ©efc^td^te ber Äunft mürbe unter biefer Slnfchauung Bemad)läffigt, bie ©in»
ficht in ba§ SSefett ber Äuitft felbft, infomeit ee abfeit§ mtberer t)iftorifd;er SBanb»
tnngen auf unmanbetbaren 23afeit rutjt, gehemmt. 2116 reiner opiftcrifer ift Äuglet
allen jenen fragen au§ bem SB ege gegangen, metche nott Äüitftlern unb Äunft»
freunben alö reine Äunftfragen erörtert merbett, beren SBieberattfnahme man nicht
beit Sleftbetifern alb fotchen überlaffen fann unb gu beren BebanMuttg Seite oov=
gugbmeife berufen fittb, Welche fid> mit bett Äunftwerfen felbft alb Antiquare,
Äuitftforfcher, Äünftler befd^äftigett. SDtefelben laffcn fid) oon ber ©ef<hid)te ber
Äunft nid)t ablöfen. £>er Sheovetifer fömmt auf biefe gurücf, mie ber Äunfttüfto»
rifer oon ihnen aubgehen muff. SBir miffen fe^r gut, mit meld;en ®d)wierigfeiten
jolche Unterfud)ungeu oerbunbett, uttb mie Sßettige berufen fittb, in folgen fragen
ein SBort mitgureben; aber mir haben aud; anbererfeitb bie ©vfabruttg gemacht,
inbbefonbere Äüitftlern gegenüber, baff bie eilettifd)e Sluffaffung ber Äunft, gu
melcher ber Stanbpunft Ä u g 1 e r 6 unb feinet Schule hinbrängt, bem Äünftler gegenüber
oerWirrettb unb abfdjwäd)enb, bem 'Publicum gegenüber abftumpfenb mirtt. SBie
anberb ift bieb ber Salt bei beit italienifcben Formungen Diumohrb, mo bie
hiftorifche Äritif mit ber äfthetifchen in höcbft bebeutfamer SBeife Bereinigt ift unb
Uebergeugungen gefchaffen merben, bie, mie eb buch bie ©efd)ichte thun folt, burch
bab geben gu führen im Staube fittb. 5?etrad)tungbmeifen ber Slrt, mie fie in
einer äufjerften Stiftung Bon 23urger in Franfreid) unb Sohn 91 ublitt in
Snglattb Äunftwerfen gegenüber in Slnwenbuttg gebracht mürben, finb Äüitftlern
jejjt in Biel höherem ©rabe 33ebürfni§, alb jene, meld;e hiftorifch'objectin nichtb
anftreben, alb bie tjöchfte hiftorifche Unparteilichfeit auf ber einen, unb äfthetifche
^Nüchternheit auf ber anbern Seite, ©ine gange 9fieit>e oon fragen, welche fomohl
bab 23erhältnif) ber Äunft gum geben, alb gut praftifcfien Äunft berühren, finb in
ben £intergrunb gebrängt, ober gang Bergeffeu morben. Selbft bie Bemühungen
non Äüttftlcnt, auf bte probudioe Äunft burch £he°rieen über Sechnif unb f))er»
fpectiue, über ©ompofition unb Farbenlehre ©ittfluf gu nehmen, finben in ber
neueren Sluffaffung ber Äunftgef Richte, mie fie eben Äuglet gcfd;affen hat, feinen
^la^.
2Bab Bon Slrchiteftur unb fötalere} gejagt mürbe, gilt in noch höh erem ®rabe
Bon bet Sculptur. $)rof. S)r. SB. gübfe hat in richtiger Sßürbigung ber Schmie»
rigfeit ber Sache felbft feine ©elchid)te ber 'JMaftif einen „23erfuch" genannt, unb
ein Bcrfuch wirb fie mohl bleiben, nicht blofs mit 3iücfficf)t auf bie Schwierig»
feiten, welche eine gufamntenhängenbc ©efchidfte ber 'Plaftif als folche bietet, fon»
bent auch Stücfficht auf bie fötcthobe, weld^e unfer geehrter Freunb biefem
feinen SBerfe gu ©runbe gelegt hat.
SBir wollen guerft jene Fragen berühren, welche fid) auf ben guerft erwähn»
ten 9>unft begießen, um bann bie Frage gu erörtern, ob es nicht paffenb gewefen
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wäre, bie ÜJtethobe ber ©arftellung einer erneuerten Prüfung gu unterbieten. UnS
fc^eint bie 3bee, eine gufammenbängenbe ©eidudjte ber $)laftif reit ben älteften
Beiten bis gur ©egenwart jit {«treiben, an unb für fi«h feine glürfliche. ©ie ®e»
ictiebte ber iMaftif bietet nicht eine {Reihenfolge oen ietbftftänbigen unb in jt«h
gufamntenhäitgenben ©arftellungen, um eine fortlaufenbe Oöctcbidjte borfetben mit ©lücf
burcf)gufübren, fie tritt nur in ietr ieltenen gerieben als jelbftftänbige Äunft auf,
fte ift mit bem gewerblichen Äunftleben ber Helfer in fo innigem 3ufammen=
hange, ba§ fie ficb non biefem gar nicht trennen läfjt. ©urct Jahrhunberte hin«
bur«h ift fie ein bienenbeS ©lieb ber Arcbiteftur gemefen; eS fehlt jebeS 33erftänb=
nifs für ihre Reifungen, wenn fie nicht mit berfelben gugleicfc in innige 93erbinbung
gebracht wirb, ©ie Seiten ibreS SSerialles taffen fidi gar nicht anberS entfprecbenb
barflellen, als in ber innigften SSerbinbung mit ben anberen fünften, ipecieü ber
SRalerei. ©S giebt feine gujammenhängenbe ©eicbid?te ber fMaftif in bem ©inne, wie
eS eine gufammentängenbe ©efebiebte ber Architeftur giebt. 3»bem muh man
bemerfen, bah °t ne e * n »ollftänbigeS ©ingehen auf alle 3weige ber fleinen fMajtif,
fowoljl alß ber gewerblichen, eine ©efebiebte ber ’Plaftif niemanben befriebigen
wirb. ©ie§ ftnb ©rwägungen formeller fftatur, gu benen noch einiges Sachliche
tingutritt.
©ie 2Belt ber ^Maftif ruht wesentlich auf bem Jbeal; wer bem publicum
ben ©chlüffel gum SSerftänbnih ihrer ©efebiebte eröffnen will, ber mnfj baSfelbe in
baS SBefen biefer SGBelt einfütren. ©ben fo nottwenbig ift eS, bie te«hnif«he ©eite
ber 9>Iaftif ausführlich gu erörtern unb bie ©inflüffe beS 5RaterialeS auf bie
formen, bie für bie Seurtbeilung plaftiicber Äunftwerfc felbft mafjgebenb ftnb, in
fhfiematifcher SBeife gu erörtern; beiläufig fo, wie es ©infeimann in ben elften
JBüchern feiner „©efebiebte ber Äunft beS AltertbumS" ober Ä. D. 9CRÜ Her in
bet gweiten Abteilung ber „Archäologie ber Äunft beS Altertums* gettan t<*ben.
©amt gang befonberS, wenn es gilt, ein gröfceree publicum in bie fMaftif unb
itre ®ef«bi«bte einguführeit, finb ©rörterungen ber Art, wie wir fie eben angebeutet
haben, ein unabweiSlicheS ©ebürfuifc. ?eblt unferem publicum oielfach überhaupt
eine tiefere ©inficht in baS SBefen ber Äunft, ie gilt bieS oorgugSweife mit fRürf*
ficht auf bie 9>laftif. Sßenn eS gegenwärtig, unb oorgugSweife in ber fHafiif gilt,
baS 93erftänbnih beT eingeluen Äunftwerfe, fowohl in ihrer biftorifeben Sebeutung,
als in ber gur jhxnft felbft wefentlich gu förbern, fo muh ein anberer 2Beg oer*
fucht werben, als ber, welchen £übfe in ieinem eben genannten ffierfe gegangen
ift ©er Äunfthifiorifer fteht bem publicum unb bem ©egenftanbe gegenüber auf
einem gang anberen ©tanbpunfte. als ber eigentliche £ifiorifer, unb bie rein htfto*
rifche ÜJtethobe läht fi«h, wenn man ben Anforberungen beS ©egenfianbeS gerecht
werben will, nicht pure et simpliciter auf baS ©ebiet ber äbunftgefchichte über*
tragen.
©ie Anfotberung, bureb bie ©efehiebte Uebergeugungeu gu werfen, bat gar
nichts mit jener Senbengmacherei gemein, bie in oielen mobemeit funftgeid)ichtli«hen
Sßerfen h«uortritt. UebrigenS war hübfe felbft mehr als einmal genöthigt, auf
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fragen einzugehen, iceldje Beregnet ftnb, nicht bloß S^atfac^en ju geben, fonbern
auch gewiße {Überzeugungen bem publicum beizubringen. @d wäre viel Beffer
gewefen, »erat biefo (Erörterungen, btc übrigend — »ad wir f)rof. 8übfe nicht
übel nehmen — in ben ©djlußcapiteln nicht einmal tenbenjlofer fftatur ftnb, in
umfaffenber unb ielBftjtdnbiget ffieife an bie ©pifce bed ©erfed geßellt »otben
wären.
©enn wir unfere Anficht über bie SBefyanblung unb ÜRetßobe ber ©eßhichte bet
|)laßif in wehigen ©orten jufammenfaffen wollten, fo würben wir erßend auf biefem
frlbe ben ©eg einer monograpbifchen SBehanblung bem einer jufam*
menhängenben funftgefchichtlichen, ber alle gerieben unb alle Snbioibualitäten
Zufammenfaffen will, unBebingt oor^ie^en, ^weitend Balten wir ed für unerläßlich, baß
Bei SlBßanblungen, welche bie ©efcbidjte ber $Maßif — fei ed ganzer 336lfer ober
beßimmter gerieben unb einzelner 3®eige ber ^Maftif — umfaffen, in einleitenber
©eiic auf atled bad SRücffidjt genommen wirb, wad jur (Erörterung ber rin»
eipien ber IMaftif mit $inblicf auf ben fpeciefl $u beßanbelnben ©egenßanb
nötßig iß. ©enn ber Bere^rte 33erfaffer ber Ä ©eßhichte ber ^laftif" bad Serßalten
bed ^uBUcumd $u feinem lebten ©erfe einigermaßen aufmetffam beobachtet, fo
wirb er finben, baß ed ein ganz anbered ift, ald ed bei anberen ‘Arbeiten ber ftatl
war. Grd Bringt wenig 35erftänbniß zu bem ©egenßanbe felBft mit, unb fueßt in
bemfelBen nicht Bloß eine biftcrif©ürbigung in ber hergebrachten ©eiie. ©ie
oiel erfolgreicher würbe fcübfe’d „®efdachte ber 9>laßif" fein, »enn fte, ßatt einer
BoUftänbigen ©eßhidße, eine Steiße Bon Wcnograpbieen oorführen würbe, in welchen
bad 9leue, »ad indbefonbere im SDtittelalter unb ber Stenaiffanceperiobe corfommt,
felbßftänbig b erarbeitet, ohne jenen SBaKaft längß befamtter S^atfacbert, Borliegen
würbe, oßne welchen fich eine allgemeine ©efeßiehte einmal nicht geben läßt, unb
»enn äßhetifeße (Erläuterungen in bem angebeuteten ©imte in entfpreeßenber ©etfe
in fßerbinbung gebracht worben wären. Jrren wir und nicht, fo ftnb ed oorgugd«
weife biefe jwei frrberungen, welche fowoßl Zünftler, ald auch bad fachgeleßrte unb
gebilbete publicum jenen gegenüber fietlen »erben, welche fünftig bie ©efeßiehte bet
|)laßif werben Beßanbeln wollen. St. b.
fUtafUtfbt« ©riin, „föobin $oob".
@in Sallabenfrang-nach englifcßen Solfdliebetn.
Stuttgart. 1864. Gotta.
©eit Anaßafiud ©rün feinen erßen (Einzug in unzähligen ^erjen trojj Alle»
bem unb A liebem gefeiert, iß feine (Dichtung an und in mancherlei ©anblungen
Borübetgegangen. ©o oerfchieben aber unb oft beinahe unnereinbar ißre Älänge
feßeinen mögen, fo ift bo<h in aDen bei aufmerffamerer Betrachtung ein ©runbton
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582
nicht ;u rerfcnnen. Hub wir bunten au? wenig JJiberirrud) ftcüen, trenn wir bie
halb mehr halb minber präaten Au?lautungen bictcr Jenart in bie ©orte:
„Sol hü in ber 'Biann!" — übertragen.
Sehen in ieinen unbefangenften (rrülingen, in ben „2?lättem ber ?iebe w f
fehlt nicht bie 9}}annc?tbräne al? eine Berufung auf bie geftigfeit be? f*emüthe£,
welche feine? »einer Ghrlebniffe reridwinben läfct (Gleich barauf aber ober beinahe
gleichzeitig nährt un? Anaüauu? (*rün in bem grcüen Ahnherrn ren Cefterreich?
@röne jene f^eftalt rer, welche er banim [ich $um Jvjtngen wählt, weil fte bie
lefte einer glän^enben 'Reihe, nämlich ber be? 'Rittertbum? war. Tex lefte fRitier
Kt eben ein ganzer 9Rann mitten in einer halbrerwe»enben halb unfertigen Um=
gebung, betten Jhatfraft fich um ic »cbärier ren bem 5Rechani?ntu? ihrer 35?elt
abhebt. Unb nicht lange währte e?, »c batte ber dichter bem 5Rechani?mu? feiner
58elt birect ben Ärieg erflärt. (Er flüchtet fich' al? „ Spaniergängor" in? Ar eie,
weil er wein, wie übel bie Arage: „Sürff ich wohl fc frei fein, frei ju fein?*
im Sälen angebracht wäre, unb ben immer wieberfebrenben Seurier gefreuter in
ihrer Weifterheimat unheimi’ch geworbener .»perlen läüt er nach feiner Art fc an?-
lauten: „ST bann »uch* ich auf ben bergen ?icht unb frifche Vmt unb Stille".
'Tie gan;e SSelt mit allen ihren Acrmen erfcheint ihm al? ein .£aufe „Schutt"
unb ben heitern ÜRcnbeeglang läüt er al? ben -Rachtgeift ber S ernte ftd? bar=
über au?frre^en f
„3<b bin ba$ rieht! — bie 58clt liegt noch in Mächten!
3ch bin bie Atetbeit! — Sie ift roll rrn Unechten!
Jch bin bie riebe! — Sic ift baffestrunfen!
?ch bin bie Wahrheit! — Sic in Irug ren unten!"
(5? war ba? bie Sturrm unb Srangrericbe untere? Siebter? unb ihm jur
Seite, tnnigft berieunbet, gab 2enau Äunbe ren bem im Saterlattb erwachenben
rRingen unb Streben, Tie Anfichten jebcch, welche fich Reiben auf betn 3ü>ege
;um gemeinsamen ^ieie erichlieüen, finb ren wefentlich rertchiebener Aärbung. 3?er
(*rün? Auge fteigt felbft bet ber (Erinnerung an ein 5cbe?gebilbe nur ba?
2rcftenbe auf;
„Unb ben! ich £rin, feh ich noch immer
3n eine grüblingclanbichaft milb,
Auf ber ber Abenbrrihc Schimmer
Jm Scheibegniüe fanft rer quillt. 1 *
?enau bagegen gewahrt im beiterften Abenbfd-eine nur Jraurigfett, bie
milben Ausgleichungen beleihen erinnern nur an ba? 3?erftcrbene, unb ber be=
nihigten ^anbfehaft gegenüber bat er nur bie SScrte:
„*riebbcf ber ennchlafnen läge,
Schtrngenbe iVrgangcnbeit!
Txl hegnitü be? £erjeft? Älage,
Ac§! unb jeine Seligfeit."
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583
©er büfteren 2htf<hauung8weife genau’8 erfdjeint bie ©egenwart wie bet »om
2Bahnfinn8fieBer ©efdhüttelte, roß ton 2f>ränen unb ©Jauern, unb bie Gerbe fo
trofiloö, baff barüber felBft
„©er Fimmel lief;, natfctenfent feiner Stauer,
©ie ©omte läffig fallen aus 6er &anb",
wäfnenb bei ©rün au8 betfelBen 2lnf<hauung beö Sonnenunterganges bie 9Jlah=
nung fid) loSringt
„Du aber, fjcit'reö $erj im Sbalc,
9tun ©eine Bellen Sage t'lütj'n,
33ewaf)re forgfam iljre Strafjle,
3n ©einen Uläditon rtacb$ugkibn."
©arum aud), Bei «Her ©elbftgewifiheit ber 3ufunft, beten ftrühlingäteildjen nid)t
abguläugnen finb, erfdheint fid) genau wie ba8 fie barreichenöe SBettelfinb:
„©o bringt fern 3Rad> ; icid;lcd)te unfer ?eib
©ie grüblingSgrüjje einer beffem Seit.' 1
©rün bagegen läfet fid) auch burd) bie ihn nod) umwe^enben SBinterftrauet,
welche nur bürre Slätter aufwir6ein, nid^t einidjüdjtem, auf bie grühlingSfreubig«
feit gu i)offen, benn:
„©ei aud) non einft'gen 8engeSrei<hett
Uns ned) fein fd)ön’res )Pfanb ju fdjau’n,
©d)eint8 bod> fein übles 5rüf)lingSjeid;en,
©a§ ftpon bie alten Äater miaun! *
33eibe, »on ©apungen umfdjnürt, bie fie um fo unerträglicher empfinben, weil
fie i^re Hnhaltbarfeit »orfüplen, flüchten gut SRatur; bort angelangt aBer h a *
genau nur bie Älage:
„§urd)tbar f<h»eigenb ftanb mir gegenüber
©ie Diatur, ftets milber, frember, trüber.*
©rün bagegen froplocft:
„9Jli<h büntt, als ob 9iatur mir allerwegen
£ielt eine große, lichte §reub’ entgegen."
3h m wirb bie Statut gum ewig fprubelnben ©efunbbrunnen gegen bie 23er«
ftimmungen unb ©iedhthümer ber ©efeßfdjaft, unb faft möchte e8 fdheinen, baff
biefe SRaturfre ubigfeit in ©rün8 ©ebic^ten gu üppig fiep um äße Regungen beö
©emütheS fchlingt. ©8 möchte fo fdheinen, wenn man eBen nur bie 2lu|enfeite, bie
Umranfung gewahr würbe, wenn man in ben aflmärtS auffpringenben S3lüthen
nidht bie unhcmmBare Sriebfraft be8 ^pergenö gu erfennen im ©tanbe wäre, ©ie
aber Bleibt nidht »erborgen; au8 ben fRofengewinben unb fUtprtenumhütlungen Blijjt
un»erfehen8 ba8 ©dhwert, ba8 rechte 2Bort gut rechten ©tunbe, fei e8 al8 ber
23erbädhtigung abwehrenbe, fei e8 al8 ber nach »orwärtö offen hinweifenbe Älang ber
3eiten. ©elbft wo bet ©i<hter bie 23ögel al8 fRomangero interpretirt, wei§ er in
ihrem ©ingen unb ©dhweigen an bie UnfdheinBarfeit aber ttnbeirrbarfeit, an bie
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nnermübltdjfeit unb SBohlthatigfeit, an bie SoHfraft unb {Rachhaltigfeit mann«
li^en ©elbftbewufjtfeinS unb ©trebenS gu erinnern. Unb wo romantifcher Ser*
eingenommenst bie ©egenwart nur al8 „ber $rofa Sße(treid)" erfdjetnen will,
befennt er ftcf> gum „9lmt ber ^)oefte", welche ben Sriumpb beS 2Rechani8mu8
bem ÜRenfcbengeifte bienftbar macht.
Unterbeffen Ratten fic^ unmerflid) bte Seiten geänbert; bad po(ttifd)c 8teb*
burch manches 3a^r fef>r ungern oemommen, war feit 9t. 33 e cf er 8 {Rheinlieb off*»
riell geworben; unb feit $ermeg^8 ©ängerfahrt pauften 2ebenbige unb @d>ein*
lebenbige fo luftig auf ber gropen ÄriegStrommel herum, a(8 wenn fie ihr Sehen
lang Don feinen Sirtuofen unb Sängerinen wären gratificirt worben. 2lnaftafiuS
©tun, welcher bamalS, al8 ba8 Schweigen ©olb war, feine Stimme erhoben Ijatte,
ging auch jept feinen eigenen 35?eg Da8 wa8 ihm etnft .pergenSangelegenbeit ge*
wefen, tnar jept ©affenlärm; angeecfelt fagt er über biefe Slftergebilbe Politiker
{Reimerei:
„{Papier Sein ranfehenber ÜRantel, bein £erjMut Drucferfchwärge,
<So wirb Da« ?ieb gewinfelt ccm gropen 3eitenfchmerje."
{Ratürlich würbe fogleicb bie Slnflage auf 'äpoftafte erhoben; bie Stenge be*
greift e8 ja ohnehin nie, warum berfelbe Dichter nicht nach bem erften SBerther
ein Dujjenb anberer 33rübcr in bie Sßelt fc^iefte, um fo leidster ift e8 ihr plauftbel
gu machen, bap, wer Don fid? ielber abgefallen fei, ba8 Stitlaufen auf ber breit*
getretenen ^eerftrape a!8 unnüp bezeichnet. 6r mochte immer Derficbern:
„2Bem ihren Strahl bie Freiheit einmal burcbS .frerg gegoffen,
SlbfäHt bet nie unb nimmer trog fonb'rer Äampfgenoffen",
et blieb bo<h, wenn nicht etwa gerabegu eibbrüdjig, wenigften8 ein übetwunbener
©tanbpunft. Die ©eipelbiebe, bie er ben aufgepupten SBortpelben, ben 9tibetun*
gen im §raf gugemeffen, brannten gu grimmig burch ihr bicfe8 fteH, unb ber Der*
geiht nicht, ber feine gange 33ebeutung oerliert, wenn e8 wahr ift, was bort
gefagt wirb:
„Unb ber „frönen $hat in ©orten"
.Rennten wir beinah’ entratben,
2Ba« unä noth tf>ut aller Orten
3ft ein febene« SBort in Spaten."
©ooiel ift übrigens gewifj, 31naftafiu8 hatte in ben „9tibelungen im ?racf"
einen Don feiger bisherigen Sahn febr oerfchiebenen Sffieg betreten. Sidper hatte
feine Dichtung auS ber aDgemeinen Sritftrömung geköpft unb für bie allgemeine
nmftimmung getont. 9lun ift e8 ein wingigeS ^ünftepen in ber SBelt, eine „ÜRa*
rotte", für welche ber Dichter unfer 3ntereffe forbert. Allein nicht blop ber
emfle gorfeper barf behaupten: „2öer einen Qrrbenwinfel abfolut fennte, begriffe
unb fchilbent fönnte, ber würbe ber fern, ber bie 9iatur oerftünbe, wie fie lebt unb
ift“, — auch ^ er $uraor fann geltenb machen:
„Dir meebt ein 2Bitpt mein {Riefe, bein {Rief ein 3werg mir fein."
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585
Der Sfracf ftebt gwar ben Nibelungen f(bleckt gu ©cficbt, aber auch im ffracf
fhtbet man gumeilen ein ungebrochenes ©elbftbewu&tfein unb eine nicht mit ©late»
hanbfcfjuben angreifenbe 5£:t>atfraff. Dem Didjter ift eS gegeben bie ©egenfäjje bet
wirtlichen Seit in ber ewigen Sebeutung beS SbealS oerfchwinben gu machen,
inbem er auS ihren ©igenthümlicbfeiten bie „Harmonie beS AUS" hrrauShören
läfct. Unb wir finben ihn [eit ben Nibelungen im gracf biö je|it auf bem Sege,
welcher gwar nur ein einzelne« Nienfchenbafetn umfreist, aber auch io ein Slbbilb
beS großen Kreislaufes ber Seit barbietet. 3uerft wirb unS gwar ein gang Hei*
neS ^errlein mit einer wo möglich noch Heineren 'Paffton oorgeführt; allein eS ift
fein eigener Niamt, ber fich gegen ben 'Anprall ber Seit unbeirrt in feiner Ni<h*
tung gu erhalten oermag; ber Dichter ^at bem Ntuftfer fo oiel oon ber eigenen
©lut mitgetheilt, ober in ihm baoon fo oiel entbecft, baf} er ruhig fagett fa|ß:
„©leid) gilt mir», ob unhöflich bie Seit ihn Narren nenne,
Daft nur beS $tmme(Sfeuer« ein 3heil burcb« <>etj ihm brenne.*
Die Selbftftänbigfeit ift freilich bis gur ©pi|>e her (Eigenheit cmporgetrie*
ben; allein biefe ©igenbeit ift in ber icblimmften 1>eriobe beutlet ^rangofennach*
Äfferei enblich eben fo oollberecbtigt, wie bie ©infehr beS Dichters gum freien ©ingen
auS bem wüften weil gielunbewufcten ©affenlätm nach ber Freiheit.
Derfelbe 3ug, baS ©igentbümlichc in feiner Sebeutung fürs 'Allgemeine gu
bewahren, bat AnaftafiuS gur Ueberfetm.ng ber „SBolfSlieber auS Krain" geführt,
nachbem ftdj bie Sabrnebmung nicht abweifen liefe, „bafe ber ielbftftänbige poe»
tifch»fchaffenbe SolfSgeift aDmälig unb überall burch bie ©roberungen ber wach*
fenben ©ultur oerbrängt werbe; bie eigenthümlichen alten SolfSfitten weichen ben
allgemeineren Aminen beS neueren ©ultnrlebenS". Unb ber gleichgeitig publieirte
„$)faff oom Kahlenberg*, ber feinem eiitftigen, nun oom Safenfinn umbnfterten
Kampfgenoffen gewibmet ift, geigt uns ben Dieter in feinet oöllig geflärten
Seltanfcbauung 'Auch in feiner ©turmgeit ein gwar entfehiebener nie aber
roher Kämpfer ift er in biefer Dichtung auf jenem feltenen $öl>epunH angelangt,
auf welchem ber Nienfch feiner Doppelnatur gemäfe baS 3beale unb bas aus
feinen ©finden geläuterte 3rbifcfee mit gleichet Eingebung eriafet. @r feat fich
auS bem Drange ber Seiten fein „rofenfatben panier* gerettet, weil er es gur
redeten ©tunbe in bem Serfchlufe beS ©emüfheS gu bergen wufete, benn:
„3n eig ne Jtefen taucht bie Seele
hinunter oom fflewirr ber 3eit."
©e oermag er benn in ben Jagen ringS auffteigenber ttmwölfung ben ©eel*
forger beS Kahlenberger Dörfchens als ben Sannerträger feiner Seltoerföhnung
auSguienben.
Die oom .fcumor oodbrachte Seltoeriöhnung ift nämlich baS Jh ema biefer
Dichtung AnaftafiuS ©rünS. ©ein 8ebenSprincip hören wir aus ben Sorten beS
Pfarrers:
„©ei nicht bem Streme gleich, ber rollt,
Sebwebem ©nbruef weich ul, b h°lb.*
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586
©eine Staturfreubigfcit ift bapin gelangt, bie bicptenbe SJtenfepenfeele alß
Urb cm ber Staturbefeelung nnb baß Siaturlebcn als ©pmbol ber ©eifterwelt ju
faffen. ©enn einerfeitß fiept er bie SRatnrejriftenjen alb ©uppficanten an bie Seele
fiep wenben:
„©erblüpenb fpriept ju ipr bie Stütze,
©erbuftenb ruft gu ihr ber ©uft,
©erflingenb fiept ber Älang in ber i'uft,
D wapf uns ein ©«fein in ©einem ©cmütpe";
anbererfeitß bietet fie bem Sehen beö .pergenß einen üerflärenben Spiegel bar:
„Statur ift greube, ©lang unb Siept!
©em Seb tritt fte mit ©litp’n entgegen,
• ©er Iraner mit breifnepem ©egen,
SRifjtönen mit beö SBopKautß ©eben,
©em fßelfen mit urewigem ?eben;
Scpönpeit ift felbft ipr ©epmergenßframpf,
©in Säcpeht feltft ihr Sobcsfampf."
©ie|'e Ülbrunbung nnb gugleiep Slugweitung ber Süeltanfepauung wirb aber
wefentliep burd) bie Uebergangßgeiten bebingt. 3n einer folgen ©poepe fpielt barum
ber „9>faff com Äaplenberg" Slnaftafiuß ©rünß. ©aß IRittertpum ift fcpon fo weit
non feinen Snftitutionen abgefommen, baf; felbft fein bcfter ©änger fiep niept
fepeut, mit ben Säuern panbgemein gu werben unb biefe wiebcr laffcn fid) butep
ben erften beften pjerläufer gum Vcrgeffcn ber peilfamften Sepren nerfeiten. ®ie
altcprwürbigen 3teeptßfapungen werben nur noep non SBenigen in itjrer oollen
Sebeutung erfannt, unb bie Stotpwenbigfeü einer Steuerung nur burd) .pinweiß
auf 3iaub unb ©ewalttpat wiberwillig gugeftanben.
9)tan lebt jmar nod) an ben „Urmenfepen unb SUpengeiftem 1 ' neu auf, ift
aber babei niept mepr fo unbefangen, auep baß ©epteepte unb Verfrüppelte opne
weiterß, weil eß ein naturwücpfigeß ift, gelten gu laffen, unb freut fiep, alß
„gunbatov" auf bie Verbreitung ber Sultur pinwirfen gu Tonnen, ©elbft in ben
pöepften Uebungen unb SRegionen ift Vieles fepabpaft, aber bie Eigenliebe wiH
beffen faum geftänbig werben, unb nod) weniger baß Tleinfte Opfer gut würbigen
©rfepeinung beß ^eiligen fid) auferlegen. 3n felepem unTlaren ©äpren unb Stingen
ber 3fitcn feplt eß natürliep niefet an SJtifjgriffen unb Slußfepreitungen über bie
faum nod; erfennbaren ©rengen beß recpten SJtenfepenoerfepreß, ber ©ingelne ift
um fo mepr auf fiep angewiefen, je weniger ein weepfelfeitigeß ©inoerftänbnip ober
biefeß nur um augenblicflicpet Erfolge willen gu ergielen ift. ®a gebeipen bemt
bie Änorren unb ©eprullen in allen ©tänben unb Verufßarten; man wäcpßt auß,
weil fein 90?afj für baß freubige ©nwaepfen bargeboten ift. Unb fo feplägt auß
bem ©treben, fiep über bie Statur unb SRenfeppeit überall inß Älare gu fepen,
auep überall ber .pumor burep, welker bie ©inge, bie faum noep eineß ©rnfteß
wertp finb, fo lange brept unb wenbet, biß fie rieptig auf bem Äopfe ftepen, ober
biß auep im ©eplimmften noep eine Slnmapnung an baß Sefte niept abguläugnen
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ift. (Rid)tß f>ätt bcm atlburchftebernben .fjumor Stanb, baß ^erbfte weifj er burdj
ein Vittereß gu würgen, aber auch bie Uebergangßftürme burd) ein Dcltröpfchen
gn beruhigen. 'Solt'ft bie Sobeßqualen fteigert er, fte im gangen Sebenßoerlaufe
nachweifenb:
„(Sin ftürfroeiS (Sterben ift fcaS beben
Daß lebte St Tief nur fällt ins ©rab",
unb bed^ wieber ift baß ©rab bie greubenpforte ber Betrachtung, benn:
„©in jü&cß ?ooS ift Sterben, Scheiben,
S'van fiep bie gre§en bergen weiten;
©in beben Bell geiftrcuten ©langes
©rft rnnbet’4 in ©in üöilb, ©in ©angeS."
Unb ber (Did;ter erweeft bann auß ber atibrcdjenben 9lad)t, pier ber beß gauftrecp=
teß, bie ©eftalt, welche mit ben oerwitternben üobtenfdübeln einer glängenben
Vergangenheit it>r «Spiel treibt unb in ben ringß auffteigenben Bomgeroittern beß
außtaufenben SRittetalterß nur „bic 3«t ber trüben SRofte" erblicft, auß welker
eine geläuterte 9Renf<hhc’it h ctpor 3 e h on foU
3n eine ähnliche Uebergangßgeit wie mit bem „Pfaff oom Äaf)lenberg" führt
unö Slnaftafiuß ©rün mit feinem foeben pubticirtcn „(Robin .£>oob". Söie jener
Seelforget fo ift biefer SBalbläufet uor allem „Selbft ein Ptann", unb auch wie
jener ein .pumorift, nur freilich nad> feiner gagon. Beibe erreichen burd) 3tb*
fcpüttelung aller ihrem Sbeal gegenüber ihnen alß hinfällig ctfd;einenben Sebenß*
formen ben Punft, an welchem fie mit Sob unb ©rab eben au<b nur fpielen;
ber ©eiftliche, feiner theorctifdjcn Stufgabe eutfpre^enb, burth baß Slbfertigen, ber
praftifepe SBalbmann burd) baß (Dreinjcplagen auf bie wiberborftigen ©jriftengen.
(Daß fepeint unß baß Banb gu fein, welches bie beiben leiden, bet 3eit unb ben
Stoffen nad) fehr außeinanber liegenben (Did) hingen Slnaftafiuß ©rünß gufammen*
hält, ber rothe gaben, ber fich oon feinen erften poetifepen Stuf äugen hiß jefd oer=
folgen läfjt: bie SebenßfüHe ber Begeiferung Reiter, weil jolbftgewijj, alß 2ebenß=
bereeptigung abgelebten ober unfertigen gormen gegenüber geltenb gu machen.
SBaß fpecieU ben (Robin £oob betrifft, fo ^at Slnaftafiuß ©rün ber (Dichtung,
welcpe fich mit ihm befchäftigt, eine Einleitung oorangefchicft, butch bie er biefen
nicht immer fein fäuberlich oerfahrenben grembling ber guten ©efetlfchaft recom=
manbirt. ©r ergählt unß oon ber (Beliebtheit biefer ©eftalt in ©ttglanb feit ben
älteften Sagen, unb „wir werben taum einen finben, beffen Volfßtpümlicpleit unb
Beliebtheit an ^öpc unb (Dauer jene überträfe, beten fich ber 5Rame (Robin $oob
bei bem Volle ©nglanbß noch biß gum heutigen Sage erfreut“, @r weißt bieß
nad). inbem biefem Pfanne bet erfte SERai alß Robin Hoods day gewibmet, fein
Vilb auf ungähligen äBirtpßhaußfchilbetn gu ftnbcn gewefen unb et ungählige SRale
befungen worben fei, benn „jebeß epanbwer! wollte fein eigeneß (Robin .£)oob=£ieb
befipen, unb fo finben wir ben Jpelben im Bufammentreffen mit einem ©erber,
einem Söpfer, einem gleifcher, einem Schäfer, einem gärber, einem ÄeffelflicJer
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n. 91. m." Gr bringt unfl 'ÄfleS, waS über bie ,£erfunft beS Cannes, bie Safla*
bengefialtung unb Umgeftattung feiner Jbaten biftorifch gu ermitteln »ar unb »ie
ftd> nach unb nach „bie ©eftalt Stobin .£>oobö bervorbilbete, als bie eines eilten
&rei= unb Lanbfaffen, eine« wahren germaitiichen ©au* unb ftreimanneS; . . . .
rinefl Kämpfers für bas alte angelfächfiicbe .'Redjt, bic ©efefce Gbwarb beS Seien*
nerS, unb für bie neuen in ber magna Charta verbrieften Steilheiten“. @r führt
unfl enblicb mit Jbierro's Werten bie Sclnlberung jener Suftdnbe »er, aus welchen
eine fold>e ©eftalt Iherrerge^en fonnte. nämlich bie erften 3fiten nach ber Stör*
manneneroberung GnglanbS. „S)tan barf nicht auf ber einen Seite SSilbelm als
Äönig unb Sefpoten ftch vergegenwärtigen unb auf ber anbern Seite vornehmere
ober niebrigere, reichere ober ärmere Untertanen, fämmtlich Sewohner GnglanbS
unb fomit fämmtlid) Gitglänbev ihm gegenüberftellen; man muf; [ich eher gwei
gang verfchiebene Sölferichaften vor 'Äugen galten, nämlich Gnglänber burd) 9lb*
ftammung unb ^»erfunft unb Gnglänber burdj feinblichen Ginfall, beibe in ein unb
baSfelbe Lanb fidj theilenb unb hoch auf bemfelben Soben ftreng gefonbert Ober
man vergegenwärtige ft<h vielmehr gweierlei Länber unter gang verfchiebenen Ser*
hältniffen; bas Laub ber Tormänner reich unb abgabenfrei, baS Lanb ber Sachfen
arm, bienftbar unb mit ©runbgmjen bebrüeft; bas erftere voll geräumiger ftaläfte
unb gemauerter, mit Scbiepjcharten veriebener Surgen, baS anbere befäet mit Stroh*
hätten unb ärmlichen verfaflenben SJobnftätten, jenes bevölfert von ©lücflidjett unb
SRüfigen, non JRittem unb Gbleit, tiefes bewohnt von 9)tännern beS 'JWühfalS
unb ber Jlrbeit, von Ärfersleuten unb .öanbwerfern; in bem einen bie Deppigfeit
unb ber Uebermuth, in bem anbern bas Glenb nnb bie s J)fif^gunft; boch nicht bie
2Rifjgunft beS Ärmen beim Änblicf fremben .'Reicbtbums, fonbent bie beS Seraub*
ten bem Stäuber gegenüber. Gnblicb um bas Silb voßftänbig gu machen, ftnb
beibe Länber gewiffetmafien eines von bem anbern burchjchlungen, fie berühren fich
in aßen fünften unb ftnb boch tarier getrennt, als wenn baS SOteer gwifchen
ihnen wogte. 3ebe8 bat feine ihm eigentümliche, bem anbern gänglich frembe
Spraye; bas grangöfifche ijt bie beS ipofes, ber Sdjlöffer, ber reifen 'Äbteien,
lurg afler £>rte, wo bie SJtacbt unb bie Fracht hftri’then, währenb bas alte fern»
beSibiom am .speerbe beS 9lrmen unb leibeigenen fich h c **nift erhielt.“
Sas ftnb beim freilich UebergangSguftänbe welche einen Stücfgug beS Segab*
teren aus ber ©efeflfehaft erflären, aus welchem Stücfgug fich alSbalb ein Äampf
auf Leben unb Job ergeben mufs. Der neugegrünbeten Staatsform gegenüber ift
ja ber Flüchtling, wenn auch von ihm gerühmt wirb, bap er „nie aufcer im ehr*
liehen Kampfe einen ÜJtenfchen getöbtet, nie bie SJtrfchanblung eines SBeibeS ge*
bulbet unb nie einem Ärmen etwas entgegen", ein vöüig Otechtlofer (ontlaw) von
Äßen gu Sefämpfenber. Gr feinerfeite mag fiehS gang gut gefaflen laffen, ein
ontlaw gu iein unb gu heifeen; er finbet ja ber 'Änlage ieineS Stammes gemäp
halb .ftameraben, bie ihm bie Lebenserhaltung ermöglichen £>elfen. Ser Sichter hat
gang Stecht, wenn er bei ber Schilberung bieier Grifteng an „Streiflichter von
3becn, Spnten von Kämpfen, welche bie 5Dienfd)beit feit 3ahrhunberten bewegen“
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erinnert. ©iefelben NechtSloien unb (Pachteten haben als SBaräger (vargr, gugleich
äßolf unb flüchtiger iBerbredier) ben rttffifcben Staat gegrünbet unb ben bpjan«
tinifd)en Ihren beiuacbt, als SBifinger (vikingr, Seeräuber, Äämprer) bie ameri«
canijd^en Äüften lange per @olumbu8 befugt, Sicilien, Neapel, bie Normanbie gum
©igen ihrer Stammetuptlinge gemacht. Unb bi8 ginn blutigen Jage tonnte an
einem guten Jb e 'l f ber norbamericanijchen Squatters fl obin , i ooob feine richtigen
©rüber erfennen, beren jwar nicht fe^r erbaulicbe aber um befto »irffamere ©oc=
trinen Sealsfielb ben Nieter im ©ajütenbud'f entroicfeln lagt.
3n fünf unb jteangig ©allaben h at unS ‘JlnaftafiuS ©rün bie beebft auto«
nome 'J)eri6nlichfeit Nobin jpoobe een ber Geburt bi8 gum Jebe, fo wie bie
wirren 3uftänbe ber ©efellfctjaft, au8 unb jU'iicben welchen fte fich entwicfelte unb
erhalten tonnte, porgeführt. -Dem ©angen biefet ©allabenfammlung gegenüber brängt
fich bie feit SöolfS £iomer=Unterfu<bungen oft pentilirte grage auf, nämlich bie nach
ber ©ntftebung be8 fogenannten ©olfScpoß. Ohne bier barauf eingeben gu wollen,
möchten wir boeb auf einige SBahmehmungen aufmertiam machen. Jperber für feinen
@ib, Ntacpherfon für feinen Offian h a & en >° wie 'inaftafiuö ©rün für biefen
Nobin $oob alte ©olfßgefänge por fich B*habt; „ber Stoff, ba8 fülaterial be8
©ebichteß, ba8 iaugt fich ntd>t au8 bem ginger“. 'Äber ohne Berber, Ntacpherfon
unb Slnaftafiuß ©rün wäre ba8 ÜJlatcrial eben nur Nlaterial geblieben; unb mag
man e8 bem ©olb unb ölfenbein gleich iw SBerthe fd>ä|jen, auch ©olb unb
©Ifenbein wären ohne }>bibiaß nicht gu einem olpmpii<hen 3f»8 jufammengcwach»
fen. gür bte Cftentation ber Jpellenen, nicht aber für ba8 Sbeal be6 3eu8 hotte
ba8 foftbare SNaterial eine Sebeutung; unb bie 3erfafetung ber Nibelungen unb
ber ©ubrun, ber 3lio8 unb Obpffee umgeht bie ©runbfrage ebenfo, wie wenn ein
gelehrter SUejeanbriner por jener olpmpifchen Statue weitläufige ©jeurfe über
africanifche ©lephantenjagben unb bie ©olbwäfchereien am ’JJactoluß gur ©rflärung
pon f>hibiaö’ ©eftaltungStraft porgebracht hotte. Nlag man immerhin fehr beutlich
©infehiebungen älterer unb neuerer Stoffpartieen u. f. w. na<h3uweifen im Stanbe
fein, bie ©inbeit be8 ©id)ter8 unb nicht etwa blo§ flebacteurS wirb bamit eben
fo wenig in grage gefteDt. wie bie ©jrifteng £ugo’8 pon Jrimberg wegen ber fehr
mannigfaltigen Ausgaben feine« Nennerß beftritten werben tonn. ©enn ba8 ifi bei
ber ©olfßepoSunterfuchung bie ©runbfrage: ifi gu feiner ©ntftebung ein ©ichter
nothwenbig, ober ent ©ompilator, ein Nebacteur jureichenb? Unb bie grage beant»
wertet fich »an jelbft, wenn bie ©inbeit be8 ©runbtoneß in ber ©ehanblung beS
Stoffeß nicht abguläugnen ifi. ©er Stoff an fich weber poetifch noch unpoe»
tifch, er gewinnt erft feinen „SEBerth burch tünftlerifdje ©efialtung*; unb bie fünft«
lerifche ©efialtung ifi bie ©inbeit beS ©runbtoneS, ber ©efühlSweife unb SBelt«
anfehauung, in welker nur ber ©ichter, nie aber ber ©iditerting baS Selbfibefenni«
nt| nieberlegt: ba8 ifi ©eifi pon meinem ©eifte.
©ieien ©eifi pom feinem ©eifte hat aber ÄnafiaftuS ©rün an allen Runden
{eines Nobin $oob erfennbar gemacht, ©er Spagiergänger wirb ben SBalbläufer
fcbwerlicb perläugnen wollen, ber „SBohl ohne Sanb pon ber eigenen $anb“
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ftd) fein ©afein jdjaffi. @d)utl giebt eb in bem bamaligen ©tglanb bie pülle
unb «ölte biö in bie ^ödjften ©piepten bet ©efellfpaft, mufs bep bet Äonig
befennen:
„Sc lerne bei pof com ©alb".
Silit ©pönrebnerei ift webet ben eigenen, nop ben fremben Slopen abge*
Rolfen, bagu fjabeit auch bieie freien Äumpane ju wenig vom grad unb gu viel
vom s JRibelungentf)um an unb in fip. Slber webet burd; bab Älopfen noch bah
©ellopftwerben laffen fie fip in prer Srohmüpigfeit beirren, unb nur barum
finb fie im ©efolge Dlobitt poobb, weil ber pren eigenen 2Öeg geht. ©ie ©gen»
fräftigfeit gegen ben Seubalmcpanibmub dparafterifirt pn alb ben lebten SRitter
feineb Söolfeb, unb in ben Siebern über ipn würbe barum aQeb verfammelt, wab
eb an einzelnen 3ügen von unbredparer ©clbftftänbigfeit in fidp felber fanb, unb
wab wir am ©ipter alb fein '})rincp: ©elbft ift ber SJlattn! begeipneten.
©et (Sparafter Diebin poobb unb feiner 3eit ift bann weiter mit voltenbeter
plaftifdper Äraft tjingeftetlt. Dlur mit wenigen aber volltommen guteipenben ©tri=
pen werben unb bie refoluten ©albgefetlen unb ipre unbeholfenen Segnet um*
riffen, unb jebe Söallabe für fiep ift ein abgerunbeteb, beutlipeb 33ilb. ©ie panb=
lung, nicht bie 3eipnung ift echt epiiep, bie pauptfape in ber ©arfteHung btefer
©iptung. ©abei werben wir, unb gwar wieber e^ifeper gorberung gemäfj, mit
furger Mahnung, aber gang entfepieben in bie ©cenerie verfemt, bie unb umgeben
foll. 58on Diobin poobb ©eburt
„ÖS war im lieben, grünen ©alb,
©o bie Siliert blüb’n im Diunb", —
biö gut ©obebermübung
„2lm Ufer bort, wo ©infter wächst*, —
erinnert unb ber ©iepter burp bie Dienttung von frifepem Saub unb blüpenvoDen
rieften, vollem ©onnenfpeht unb Dlaptigallenliebem, entfnofpten Silienfronen unb
pagerofen an bie fpattige SBalbebraft, aub ber eb fich fo frifp gu $h°ten aub*
fchreiten ober in fie von ihnen gurüdtehren läfjt. ©ie Dtaturfreubigfeit ©rünb
Hingt überall burdp; wie fie aber hier mit all ihrer h^Hm Fracht bem 35tenfcp=
lipen untergeorbnet ift, möge in einem eingigen 33eifpiele napgewiefen werben:
„ffienn grün unb fonnig 33ufcp unb glur, ©albbroffcl fang unb hielt nicht ein,
©ie Slätter frei unb lang, Sie fang fo laut uom Slft,
SftS luftig burdj ben ©alb ju gef/n, ©ah Diobin poob im grünen ©alb
(SrfüHt vom SJogelfang. ©macht aus feiner Dlaft."
©ab ift ein SMabenanfang, in welken man bie frifcpeit ©timmen ber
33urfdpe unb SJläbpen mit einfallen gu h^en glaubt; biefe eine ©teile allein
genügt für bie 3uverfi<ht, Dlnaftafiub ©rün werbe unb bie grage: „SBann werbet
ihr Poeten beb ©icptenö einmal mübV" noch oft beantworten.
ft. &h- örntranef
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591
ferner SL: e Kultur ber Sltyenbftonjeti.
(Snngbrucf 1864. SBagner.) Slngegeigt t?on iS. 4F. cjflrterg.
(Sine bet merfnjurbtgften (ärfMeinungen in ber pflangenwelt ift bie weite ©er=
breitwng ber norbifcfjen Sitten über alle ©reiten ber ©tboberfläche.
Sie ältere phpfifche ©eograppie in ber ©eftalt, bie Vumbolbt wtb feine 3«it=
genoffen tpr gegeben Ratten, begnügte fid; bamit, bie $^atfad)en, fo weit fie ba=
malg befannt waren, gufammengufaffen unb bie flimatifdjen Slnalogieen (bie
Sletynlidjfeit ber Sebengbebingungen) angubeuten, bie gwifdfjen ber arftifdhen 3one
unb ben Vorgebirgen hefteten, ©ie moberne SBiffenfchart muffte um einen ©dhritt
weitet gehen. Slnftatt bie Sbentität, ober bie innigfte ©erwanbtfd;aft ber pflangen
Zweier ober mehrerer ^Regionen alb eine ©oitfequeng analoger gebengbebingungen
ftillfrhweigenb hingunehmen, betrachtet fie bie mafjre ©pecie alß ein lebenbigeö
©angeg unb bereu jämmtliche Vertreter, an Weitem Punfte ber ©rboberfläcpe fie
fid) befinben mögen, alg bie Slbfömmlinge einer ©tammart, beren urfprünglicher
©tanbort (SRittelpunft) fid; trojj ber SSeitläufigfeit unb ber Unbeutlidhfeit ber
jeweiligen ©erbreitungggrengen in manchen fällen fel;r genau begegnen läfjt.
@3 terftept fich ton felbft, baf fid) bie ^orfdjung Riebet nicf)t auf ben ge=
geuwärtigen ©tanb bet ©inge befchränfen fonnte, ber nur atlgu feiten bie wefent»
litten ©rflärunggmomente feineg SBerbeng in fid) trägt, fonbern in bie jüngfttcr=
floffcnen geologifdhen Perioben gurücfgreifen muffe.
3luf feinem ©ebiete beg Sßiffeng ift ihr bieg fo leidet unb finb bebeutenbe ©r=
gebniffe fo rafdh unb fidler erreicht worben, wie in ber grage über bie ©erbreitung
unb ben genetifd^en Sufammenhang ber arftifcfcn glora ober, um mit Vinweifung
auf bag Jpau^tftaTnmgebiet berfelben einen engeren Slugbrudf gu gebrauchen, ber
arftifth = ffanbinatifdf)cn glota, bie für bie 9laturforfd)ung im ©ereile ber
Silben eine fo überaug hohe ©ebeutung h<d
©urch bag blofe ©tubium ber Slblagerungen auf biefem Territorium unb an
ben fRorbgrengen beg müteleuropäifchen Vocflanbeg, gang unabhängig tom pflangen»
unb Th«rle6en, wie eg ung jefct in taufenbfäItigen ©eftalten innerhalb enger ©ten»
gen entgegentritt unb jtetlenweife in goffilreften feine ©puren früherer weiter
©erbreitung gurücfgelaffen hat ift bie SBiffenfdjaft gut Äenntnifj ber flimatifdhen
©erhältniffe gelangt, bie in einzelnen 3eiträumen ber ©ilutiaU ober ©rifjpetiobe
in ©uropa unb in einem großen Th e ^ e Don Sfaterica herrfchten, zugleich gut Äennt=
nifj ber ©ertheilung ton 2anb, ©üfwaffer unb SJleer,' burch welche ein ton bet
©egenwart fo auffaßenb terfchiebeneg Älima bebingt würbe.
Sllg nun bie genauere botanifche Unterfuchung hingufam unb nadhwieg, bah
bie Sllpen nicht weniger alg 496 ton 616 arftifch*europäifchen Phanerogamen be=
herbergen, unb bah fi<h «ne nicht geringe 3ahl berfelben an mandhen ©teilen ber
gröberen mitteleuropäifchen ©ebirggförper befinbe, ba gelangte bie SBiffenfchaft
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592
auf btefem ©ebiete gu einer <Sid>ert>eit, wie ficfe beren nur wenige Fä<h«r ber natur«
^iftorif^en gorl'^ung rühmen formen.
2)ie rtortfdjritte ber SänberFunbe, oerbunben mit eben |'o umfaffenber aW
fhenger fritifcbev Unterfudjung ber aufiereuropji'chen Flora, namentlich jnter ©ntp«
pen ber fübltdjen Jpalbfugel, bie mit beiten ber n erblichen Hemtfphäre als enge
oerfchwifiert feit längerer 3<fit betannt waren, führten gu 3bentificationen unb burch
biefe gu Folgerungen, oor beren ©rofjartigfeit bie SRaturforfcher noch oor gwei
Jabrgehnten gurüefgebebt wären. Um nur eine furge Anbeutung bauen gu geben,
wiU ich erwähnen, ba§ Hoof er in feiner berühmten Abbanblung über biefen
©egenftanb > nachweifen tonnte, bafe oon obiger Angabi arftifcher Wirten, woeon
586 in ©fanbmaoien beinttfeh finb, 450 bie 'Alpen, 126 ba8 mitteDänbifche 5Rerr
überfchreiten unb 26, baoon 20 ftanbinaoiiche, ba8 fübliche Africa bewohnen.
Auch in ben öftlichen F?ftlänbern geigt bie ffanbinaoifche Flora eine grofee
Ueberlegenheit. 3b re 9>banerogamengabl beläuft fidb im .nimalaoa auf 300 gegen»
über 106 afiatifch»arftifchen, beren 'Pbancrogamenflora überhaupt nur 233 gäplt,
im tropifchen Afien auf 20 gegenüber 0, in 'Aufträgen (unb SReufeelanb) auf 60
gegenüber 5.
SBelcb' eine riefige Äette oon Serbinbungen in meribionaler unb in füböft»
licper (Richtung ergiebt fich au6 biefen 3ah len - 2Bie mertwürbig ift nicht bie grofie
5Kenge fFanbinaöifdjer ^hanetogamen am Himalaoa, bie un8 eine nicht geringere
Serwanbtfcbaft feiner flflangenwelt mit unferen 'Alpen geigt, al8 wir fte im
©chi^tenbau beiber Hochgebirge gu ertennen angefangen h fl ben ? Söie auffadenb
nicht bie beträchtliche Angal)l norbifeber Arten in ben auftralifchen ©ebirgen, wohin
allem Anfeh eine nach oiele oon ihnen nur auf feften Srücfen fortwanbemb getan«
gen tonnten?
2)ie ^flangeufunbe bd un8 in biefer Segiepung, oon unumftößlichen Stylt*
fachen auogetjenb, 3tele gefteeft, bie oon ber geologifcpen Foricbmtg nur fepr lang«
fam erreicht werben tonnen *. ©iebt efl boep auf unferem heimatlichen Soben, ich
1 Outline« of the Distribution of Arctic Pl&nts: Transact. of the Linnean Society,
XXIII. 2, pag. 251.
1 bezüglich ber ffanbinaoifchen Wirten in Ä u ft r a l i e n entnehmen wir ben non Cooler
ZufammengefteUten Tabellen, baß boefc bie große Mehrzahl biefer fernen Ueberrefte au« einer
früheren ^eriobe Äxten angehört, bie fich in Mitteleuropa auf geringen -po^en ^eimif(^
gemacht haben. 3cb nenne hier beifptel$weife: Cardamine, pratensis, Capselia bursa pastoris,
Sinapis arvensis, Raphanus raphanistrum, Brassica rapa, Trifolium pratense, Lotus cor-
niculatus, Alchemilla vulgaris, Geum urbanum, Lythrum salicaria, Tasaxacum dens leonis.
Sie £Öbe ber ^erbinbungebrüden ^mifchen poepafien unb ben auftralifchen Beftlänbern mu|
bemnach feinesweg« eine lehr bebeutenbe gewefett fein, fo lote benn auch Me $erbinbung nicht
eine tmwanbelboT oollftänbige gewefen fein bürfte, wie etwa heutzutage bie Banbenge oon Manama,
all zufälliger Uebcrreft ber 93TÜ<fe, über welche bie arftifeben (americ.) Ärten nad? SüMÄmerica
wanberten. — ©ieptig ift ba« öorfommen oon oier ^otamogetonarten, bie fämmtlid) am
£imalapa, in ben Älpen unb im norböftltcpen Ämerica oertreten finb. s 3Iur wenige Urten finb
„WpenpfUwzeu* im gewöhnlichen Sinne be* ©orte«. — Sie neufeelanbifchen Älpen, bie erft oor
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meine swifdhen bem baltifd)en SJteereßgürtel unb ber Samara noch fe oieleß 3 U
tl>un. ©aß oergleidjenbe unb geolegiidbe Stubium ber gerntanifch en <ylora
allein (im Sinne non jp. 6 . Skiticm) ift eine Aufgabe für Generationen. ©on
woher flammt fte ? ©Selchen Staun» hat fie innegehabt, berroeilen bie Stieberung
unfereß fteftlanbeß oon einem feilten SReere unb oon grofjen Süfioafferfeen, baß
©erg- unb jpügellanb oon ber ftanbinaoiftben Slora bebetft warV ©Sie oiel oon
ber mitteleuropäifdfen Alora ift eingewanbert, »oie oiel ift neben ber großen
SJtenge afflimatifirter Sitten burd) Stbanberung ber leicht oariablen Organe auß jener
tjeroorgegangen?
9)iit biefer lebten Srage oerlaffen mir baß Gebiet ber natnrl>iftorifd)=geologif<$en
^orf^ung unb treten in ben ©ereidh ber ^^tffiologie im weiteren Sinne. Sie muff
unb ©uffdhluf barüber geben, maß auß ben pbancrogamifd;en 'Pflangenarten ber
Glacialperiobe werben tonnte, alß bie Bfotherme oon 32 Grab % auß unferen
©reiten an baß Storbenbe beß botbnifdien SReerbufenß unb anß weife SJteer gitrücf»
wich. Gingen fie iämmtlid) gu Grunbe biß auf jene 496, bie ftd? entlang ben
Stanbern ber Gletfdher inß Hochgebirge flüchteten unb jene 616, bie fid) gum Sfeil
in ber germanifchen &mbfd;aft erhalten ^aben, gum $bcll auf if)re Stammfife in
Üapplanb unb ginnmarten befrfjräntt ftnb?
©af bem nicht fo ift, bjabeit fdjarffinnige ^Beobachter fd>on oor Bahren ge»
geigt, inbem fie nachwiefen, baft, abgejefen oon ben unoeränbert afflimatifirten Spe*
cieß, manche Slrten unferer Stieberung, bie im Storben b eu f}utage nicht mehr
ejriftiren, nichtß anbereß alß oeränberte Slbfömmlinge oon alpinen Specieß fmb, ober,
wie man fid> efebem unrichtig außbrücfte, bafs einzelne Alpinen nur ©arietäten
oon ©ewofnern beß nieberen ©erglanbeß feien, ©iefe $hatfachen fönnen nur auf
einem ©Sege oöllig aufgetlärt unb weiter oerarbeitet werben, burdj forgfältige unb
gwecfmäfige 3ucht ber Sllpenpf langen unb bur<h ©erfuche, bie oerfeften Sie»
prafentanten guter Specieß burch allmälige ©eränberung ihrer fiebenßbebingungen
in anbere formen überguführet». ©a finb wir nun am Gegenftanb beß oorliegen*
ben ©üdhleinß oon 162 inhaltreichen Seiten.
• Schon oor Sahreßfrift erjagten unß greunbe, bie auf ihren Slußflügen 3mtß»
bruc! berührt hatten, oon ben fleinen Schöpfungen, bie fich 'Prof. Äetner inbem
botanifchen Garten ber Unioerfität erlaube, oon Apügeln auß Gefteinen ber Gentral*
fette, bie, bebecft mit neucultioirten Sllpenpflängchen, nichtß geringereß bebeuten
follten, alß ben Oefthaler Gebirgßftodf, bie Ortsgruppe unb baß Hochgebirge
gwifcheit bem Biller» unb Gifafthal, oon anbeven Hügelreihen baneben, welche bie
Hörblichen unb füblidhen Äalfalpen beß fdjönett hanbeß Sirol oorftellen. ©iefe Stein*
häufen, forglich oerwahrt gegen Sonnenbranb, aber ben früheren Strahl beß
SJtorgenlidhteß wie ben lebten 'Purpurfchein ber 'Jlbenbfonne einfaugenb, trügen bie
Ghatafterpflangen ber Gebirgßgruppen, bie fie im Äleinen repräfentiren; bie ©Sege
fur$ent oon (Europäern betreten würben, muffen bemnadtft eine neue $fte(t non GMacialpflanjen
erfdjliejjen unb werbeu bie große $rage über bie SBebeutung ber antarfttid?en Legion in beT $)rift*
periobe ifyrer ^ofung nätyer bringen.
ttotynftyift. I8t4. 6anb m. 88
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titjtttf^en Ratten bie Anorbttung ber Sircler Sudler — io erjagte man unS unb
meljr berglekben. 3Bir, bic wir wußten, bie SafreSbotation be§ botanifcben ©ar=
tenS in Snnöbrud fei evft im Sabre 1850 auf 300 ft. erbebt werben unb nur
gerüchtweife een einer neuerlichen (Erhöhung auf 800 fl. im Sabre 1861 gebärt
batten, fdjenften ber ganzen (Erjäbtung feinen red)ten ©tauben. -Dies umfoweniger
alb wir einen betanijcben ©allen in friicber (Erinnerung bitten, ber bei einer
(Dotation een 4000 fl. in ber Sucht een gröid)en (een «reffen, gegen welche
bie «ielbefprocbenen Duader bcS SBiener StabtparfeS fPngmäen genannt werben
müffen) unb een beren langbeinigen unb jebwimmfüffigen (Erbfeinben eiet mehr als
in ber (Sultur ber efficiellen fPflanjen .peroonvigenbeS leiftete, gugleid) eines anberen
botanifeben ©artenS gebaebten, beffen Alpinenanlage in ber ©eftalt einer 31 ’erlicben
Sßenbel fo manches Sabr $ummel= unb Scfauplaf unferer Hnblidjen Spiele war
unb füglich fein burfte, weil fie, im fühlen Schatten eines artigen ©ebeljeS ange=
bracht, webt eon maud)erlei Unfraut, bod) gewif eott feiner Atpenpfla^e beftanben
war. Aud) wuftett wir, baf; unter gelehrter greunb, mit wichtigen Abfanblungen
befefäftigt, evft einen guf auf bie üroler Alpen gefegt, beit anberen noch im
ungarifchen dieflanbe unb in beit Karpathen bat. Äurj, wir hielten bie 23erid)te
auS SnitSbrud für gemütblid;e llebertreibungen bec tüeifenben, bie uielleicbt ihren
testen dibcbobenbrontauid) noch nicht recht «erfd)tafen unb einige 2 )u| 3 enb. ©njiau»
unb Afonitbüfcbe für eine Art »on pflan 3 engeograpbif<bem ÄronlaitbSgarten ange=
fehen batten.
(Da fam unS halb barauf eine Heine 33rofd)üre jur panb, „ber botauifche
©arten ber Uniuerfitdt ju SnnSbrud" betitelt. (Die Sad)e «erhält fid> witflid) fo;
aud> m *t ben 800 ft. batte eS feine Siidjtigfeit, benn ber SSerfaffer (Äerner felbft)
nennt biefe Summe auSbrüdlicb, um fich unter Hinweifung auf bie (Dotation beS
©artenS in Äiew (70.000 fl.) ju entfchulbigen, baf er in ber furjeit Seit unb
mit geringen üRitteln nicht mehr habe auSrid)ten fönnen.
(Der fböpfcrifcbe 'Pflanjenforfcher lief uitS nid;t lange barüber im Sweifcl, wie
»iel an feiner Alpenanlage gefebmadoofler SanbfdfjaftSgärtnerei jufomme, wie viel
ber pbbfiologifchen Unterfucfung als (Ejcperimentalapparat ju bienen beftimmt (ei.
Sein neuefteS SBerfcben giebt uitS »ollen Auffcfluf über feine Abficbten unb bie
3 ur (Erreichung betreiben angewenbeten SRetfoben. Sugleich ift eS ein furggefafteS
Sehrbuch ber allgemeinen 'Pbbfwlogie ber s J(lpeitpflaii 3 en, auS bem ber Saie eben
fo gut wie ber Sadteerftänbige bie SebenSbebingungen berfeiben fettnen unb ein=
fefen lernt, warum fid) fo «iele Arten ber ©lacialflora im Hochgebirge, eingelne
an nieberen Stanborten erftalten fonnten unb wie eS möglich iei, bie grofe ÜRebr*
30 hl berfelben in ber fRiebetung ber Art 3 U cultioiren, baf fie bem Anfänger ein
treffliches (Büttel 3 U botanifcben SBorftubien, bem greunbe ber Alpenflora einen
leicht erworbenen ©emtf, bem gorfebet ein foftbareS SRaterial 3 ur beftänbigen 33e=
obachtung unb 3 U 33erfu<hen bieten.
2Bie erfolgreich bie SnnSbruder Anlage in biefer ©e^tebnug 311 wirfen »er-
fpricht, ergiebt fich !<h™ barauS, baf in ber fut 3 en griff »on 2 bis 2>/» 3abren
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595
5 alpine „©pedeS" in aufjeralpine umgefegt würben, baruitter gwei Wirten, bie ber
ftrettgc apocfer als echt ffanbinariicbe anerfaimt 1 2 unb eine (ber befannte Aster
alpinus L.), bie bistjer als eine fpecififcbe 'Pflanze ber 'Alpen unb Äarpatljen be=
trautet wirb
'Prof, ferner i(t een bem allgemein naturgeid'id'tlidjen ober geologifchen Sheil
ber ermähnten Aufgabe gang burchbruitgen. Alle 'Dioorheete, Sdiugbecfen, ©pring=
bruntten, Sdjneemcille u. bgl. mühevolles ©eimerf, baS er mit feinem trefflidjeit
(Gärtner, .penn Btinmeter anSfübrte um feine 'Pfleglinge gu fcbügen, unb fie in
ihrer Entwicflung bis 311 bem Augenblicfe gurücfguhatten, me bie langen Sage beS
rergerücften frühlings bem £id)tbebürfniffe ber Sproffcn ber A(pen 3 innen einigen
mapen genügen fennen unb ihnen ausreidjeitbe ^uftfeucbtigfeit gu ichaffen, — bicfer
gange culturiftijdje Apparat, beit Äerner in geicbmacfeelle fermen 311 fleiben roufjte,
mürbe erfonnen unb ins Serf gefegt, um miffenfcftaftlicf>ett Beeden neu ber t;ed)=
fteit Siditigfeit 3 U bienen. 3ni f ebenen ©ewu§tfein r ein grofses S*erf begonnen 3 U
fabelt, barf Der ©erfaffer tagen (2. 2): „Sir werben burcf) (iulturoerfuche fehlieh«
lid) eine febr bebeutenbe 3 ahl jener @ewäd)fe, bie gegenwärtig unjere ©beiten be=
uölfent, 3 U ben 'Pflaitgen ber benachbarten apocbgebirge in nähere 33egief>ungen
bringen fennen unb wichtige ©eiträge für bie ('eeidiidjte unterer moberneu
'Pflangenwelt gn liefern im Staube fein".
©urdb eben biefen Ausfpruch fanb fidh ber ©erid)terftatter gu ber Anbeutung
ber geologifd)en fragen berechtigt, beren am Eingang biefer ©efprethung gebaut
würbe. 2>a6 ©uch felbft befchäftigt fid> nicht mit ber Erörterung ber ©erbreitungS*
uei'hältniffe, infeferne fie baS Webiet ber Alpen »elbft überfchreiten. ’ 1
© 01 t h*-'h em wiffetifbhaftlidhen Sertfje fiitb bie Eapitel 3 unb 4 (©. 10 bis
54) worin bie SebenSbebingu itgeit ber Alpeitpflangen in ber alpinen 9le«
gion unb in nieberen ©egenben befprod;en werben. Sie fich 0011 felbft »erficht,
finb bie fDicbalitäten, nad) weldien bie eingelneit Agentien, Sidit, Sänne, Saffer,
^uftbrucf unter ber einen unb ber anbereit ©ebiitguitg auf bie 'Pflangen wirfen,
ber h au Ptfächli<he Stthnlt bicfor
Sir erfahren barauS, bah bah (M obeiben ber Alpinen feineSwegS burbh höhere
Semperaturgrabe gehinbert wirb, bah fie vielmehr bie bei he JahreSgeit im ©onimer«
fchlaf eben fo gut überbauent, wie ben langen Sinter ihrer urfprüitglid)en opeimat,
wenn nur bie Jeuchtigfeit ber ifuft eine bebeutenbe unb bie Erleuchtung währenb ber
furgen ©egetationSbauer eine gemtgenbe ift. apinficbtlid) ber ©obeithätifung muh ihnen
ber $Rebel unb ber ftarfe Shau burd> paffenbe, gleichmäßig wirfetibe fDiittel (feudste
1 Potentilla frigida Vill. ift nach £ootcr $lieb einer vjaugeu Dieitye »du gönnen, bie mit
geringen (£igentbümlid?feiten ber (Sni^ehien ben ganzen avftifcben (Gürtel umipannt unb fatnmt
ben 3 ablreid>eu Abarten ber P. verua L auf eine Stammart, 3urücfge[tibvt merben bftrften.
(1. c. p 326.)
2 doofer uermutbet, bay bie ii bir ifd>c &rt A tiaccidus Bunge mit A. alpinus ibcnt
fei unb erhärt auebrütflidj, bajj lefctere in Sfanbinameit nicfyt gefunben werbe. (1. c. p. 332.)
38 *
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Umgebung mittelft Jorfmoofen, Springbrunnen, fe^r fonfte Stiefel u. bgl.) erfefjt
»erben.
2Bab ben Suftbrucf betrifft, beffen mit ber Erhebung beb SBobenS ahnet) tnenbe
3ntenfität für eine wefeittliche Bebingung beb nieberen 2Bad)8tbumb unb beb
©ebei^enb ber Alpinen gehalten »nrbe, io lebrt nicht nur bie (Erfahrung, bafs bie
^flangen ben höh eren Suftbruef ber 3ud)tftationen leicht ertragen, eb war bieb
im »orhinein gu erwarten, ba ja biefelben SpecieS in ber ©ilu»ialperiobe alb
Bewohner beb beutfdjen .pügellanbeS an eine gum Jh e ü m><h geringere Seeböhe
gewöhnt waren alb äudptorte, wie Jnnebrucf, 9)iün<hen, ober BreSlau unb few
fie barbieten unb ihre '‘P^^ficgnomie an ben tfanbiitaoifcben füften nod) f>eutgu=
tage biefelbe ift, wie auf bem 8000 gufj b c ^ en dürfen unferer Hochgebirge
(Seite 27).
(Sine aubfübrli^e Bestechung beb Verfahrens, welcbeb im 6. bib
11. (Sapitel (Seite 73 bib 162) betrieben unb io oiel alb nötbig burd) H°4 S
fcbnitte erläutert ift, würbe unb hiev gu weit führen unb wäre auch überflüffig,
ba ja bab äBerfchen binnen furgem in ben .pänben a y er ffreunbe ber Alpenflora
fein wirb. 3<h befcbränte mich bemalt auf bie Bewertung, ba§ bie widrige Sehre
»on ben „ $)flangenf ormationen*, wie fie ferner in feinem größeren SBerte „©ab
9>flangenleben ber ©onaulänber" entwicfelt hat, ben gangen cultnrhiftorifdjen Jh e ü
burchgieht unb baß bevfelbe nicht wenige Bewertungen »on allgemein naturwiffen»
Übaftlicbem 3ntereffe enthält. So g. V. im Artifel über ben „Boben" eine gülle
»on Beobachtungen über ben (Sinfluß beb Äalfgehalteb auf bab Seben ber Alpinen
mit einer tabellarifchen Uebevficht ber Srfahrungen, bie .ferner im Anfchluffe an
bie Botfchungen Senbtnerb barüber theilb in ben (Kulturen theilb an ben urfprüng=
liehen Stanborten gewonnen hat unb bie ihn gu weiteren Verfugen übet bie
urfptüngliche Sbentität ber gahlreichen »icarirenben Specieb ber S<f>iefergebirgb=
unb ber faltalpen führen werben. 1
©ie Aufgud>t aub Samen würbe in ber 3mtbbtutfer Anftalt noch nicht in
größerem SJtaßftabe geübt, weshalb ber Betfaffer bie Anweiiungen ehteb aubrnär*
tigen fJrattiferb (N. Moe, Velledning til Dvrkning af glaciale . . . Plantes,
Christiania 1862) bin einfchaltet (Seite 137). ©odj »erheißt biefe Art »on
(Sultur, bie fi<h auch auf jfanbinaoifche Driginalfpeciee anwenben läßt, wichtige
IRefultate. 9lad)bem ber (S.rpovt lebenber fPflangen, ©an! ber (Energie ber Jpnren
ferner unb Simmeter, bereits im Schwünge unb bie 3nnbbrucfer Berpadungb*
methobe eine fo »ortreffliche ift, baß bie Senbungen eine ©auer »on 14 Jagen
ohne Sßachtheil aubhalten, io bürften 9)nrallel»erfu<he mit arftifcher 3ucht »on
©hnftiania ober Stocfholm via Breblau ober ©öttingen unb mit Alpinen in
1 Ärmer geht babei »on ben SRbobobenbronarten au$, bezüglich welche* er nachgeuncfen
hat, bag Rh. hirsutum auch auf Äalfboben ficb mit junehmenber ')Juiibtigfeit ber £>nmudi(hi<htc
(welche bie ^)flan 3 eu mm ber Unterlage unabhängig macht), jnerft in Rh. intfrmedium Tausch,
bann in bie 0chicfrrgcbirg$fpecie3 Rh ferrugineum umroanbelt. (0eite 84 u f.)
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597
nicht ferner 3«t jufianbefommen unb gar manche übet bte 3bentüät einzelner
Arten noch befietjenbe 3weifel löfen *.
35er wiffenfchaftliche Schmerpunft ber Alpinenzucht liegt aber unftreitig in
qer fcrtgefeßten Analtjfe ber mitteleuropäifchen ftlota, bte, tont Worben her fo
erfolgreich in Angriff genommen, nun auch ton Setten ber Alpenlänber unb zwar auf
experimentalem SBege unterfud>t »erben mu§. @0 terfiebt ftd> ton fclbft, baff babei bie
nichtarftifchen Alpenpflanzen, namentlich jene, bie auch ® ben Karpathen heimif<h
fmb, eine Hauptrolle ju fpielen hoben unb ba§ neben biefen ©erfuchen eine fritifche
Sichtung ber Alpenflora (ihrer jahllefen Snbfpecieö unb tiearirenben formen)
mit aller Strenge unb nach ntobetnen (geographifcbcn) ©runbläßen torgenommen
werben muffe. Auf biefem Sßege wirb ee gelingen, bie (?hora(tere ber (eingcwan>
berten „germanifcben" ftlora genauer feftjufteDen, zugleich einige Auffdhlüffe übet
ben Qrfprung berfelben ju erhalten, freilich eine JRiefenaufgabe, felbft wenn fte in
enge ©tenjen befchränft bleibt, bo<h zweifeln Wir nicht, ba§ ber ©rünber ber Alpinen«
cultur in Snnöbrucf fein rebtidb $h f *l Z ur Söfung berfelben beitragen werbe.
Alletbing« fönnen feine Sammler nicht gleichzeitig am Ctlnrence peaf (gernäo
ba Po) unb am Altai botanifiren wie bte Senblinge be« ©arten« ton Äew, wa«
aber in unb ton ber freunblichen Xiroler .cpauptftabt au« gefdjehen fann, ba« Wirb
er unternehmen unb fcurchführen, ©inen wefentli^en ©eitrag an litterarifchen unb
an ©elbmitteln bürfte ber ©jcport lebenber pflanzen liefern nnb wir wollen hoffen,
baf) eifrige unb gefthmacftolle ©lumenzüchtet geneigt ftnb, bie ftnnloie Farben« unb
Slätterpra^t mancher Salontifd>e burch ben fphagmenumhüHten haften toll zier«
lieber „Äinber bee Sicht«" Z u erie^«n nnb in bem lleberwinbcn bet Schwierig«
feiten bei beren ©rhaltung ein größeres ©ergnügen ftnben werben, al« hn füntmer«
liehen 2)urcbbringen erotifcher 2Sarmhau«pflanzcn.
Schließlich wünfehen wir allen 3öglingen be« Hortus oenipontanus, befon»
ber« feinen Alpinen, ein glücfliche« ©ebeihen. Crescant, florescant!
• Sofepty Domini! Ma Sona.
©eftorben am 8. 3anner 1864.
&uf Dem ©ebiete ber @ef(bicbteforfd)ung ift e« ni(bt 3*b*w gegönnt, ®erfe gu
febaffen, Die ifjm Den ?otbeetfrang auf bie Stinte brüefen; bie Jbätigfeit $ablreidjet
Scanner bejd>ränft ftrf) Darauf, Serffteinc gu bem mächtigen Saue 3 U f^affen
2)ef$alb aber Darf ba$ ®irfen berfelben nid?t mit StiBfd)weigen übergangen werben, ba
fte mit unermüblidjem Sammeleifer bie weitverbreiteten aber oft tief verborgenen unb
meift unscheinbaren 3eugniffe versoffener Saljrbunberte gu Jage förbent, unb ben auf
2 5)a» SBergeicbitifj bet in 3nnebrutf gur 33erfenbung (im 3Rärg unb Dctober) bereitgebal*
tenen |)flangen weist febon me^t ale 650 Wirten auf.
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ihrer ©runblage cntftebenben ©cfcbichten blcibcnbcn 3?ertb verleihen. 3» ben letztgenann¬
ten Bannern zdbitc Jvf. 2>nt. !Tella 3?cna, ber am 8. Jänner b. 3- zu ©er$,
in feiner Batcrftabt, im 73. Jahre auß biejem Veben fd;icb.
Sir weifen jogleicb auf fein i?er^üß 1 1 d>ftce Bcrbicnft bin, wenn rviv fagen, bau er
aus feinen eigenen Mitteln, ebne eigennützige 3lbjid;t nnb aus ?iebc zur Sad'c felbft
ganz allein bie reid'baltigftc bovt beftehenbe Sammlung älterer beimißber Itrfuuben zu
Stanbe bradue. 2)ies ift um fo anerfcnncnsweitljer, als cS ihm uid;t allein ben gleiß
vieler Sabre foftete nnb ei viele berfelben gcrabe^u vor Bernichtung rettete, fenbern eß
aud; in ©erg gar fein öffentlid'cß Archiv giebt, baS in bic 3cit von 1500, ber Pevicbe
ber Selbftftänbigteit ber ©vafichaft jmmfreichte. S\is 3lvd;iv, weld'cs ohne 3weifcl einft
beftanb, mag trebl bei ©elegenheit ber Befeßung von ©cr$ im Sabre 1508 butd' bie
Benetianer entweber vcrnid'tet ober, was une wuhrfd'cinlid;er bünft, nach Bcnebig gebracht
worben fein, obgleich e« bert — fo viel mir wirjen — bisher nicht aufgefunben, viel¬
leid;! auch nicht genügenb gefuebt würbe. 5)iefer Mangel ift ein gleich empfinblid'cr s 3tadv
tl>eil für bie Specialgcjd;ichtc bes ^anbe* mie für bic allgemeine beutfd'e uub ofterveidji*
fche bes 13. unb 14. Jahrbunberte iitSbefeitbcrc, ba bic ©rafen von ©övz um bic
ÜRitte beb' erfteren eine hervervagenbe Stellung in ben fübeftlicben Räubern beb SKeid'cß
gern amten nnb im beginne beb 14. Jahrbunberte jene URoflc zu jpiclen beftimmt fcbic-
nen, welche bann ben .^aböburgern zuficl. .£)einrid' II. von ©orz, Sohn 3llbved'ts II.,
ber mit Sitbolf von .foabßburg, als ber beutfehen .ftcnigSfrone werth, unter beten Bewer¬
bern genannt worben war, benfd'te außer in feinen ererbten Sefifcungen ^in ©orz, im
Puftcrtbale, in Sftrien unb in ber winbifchen 'lOtarf, thatjäcMich auch alb ©eneralcapitän
in griaul, alb Pcbefta in I rieft unb alb SReicheverwefer in irevifo, feine .ftanb fegar
biß nad) Pabtta außftrecfcnb, unb würbe burd' feine s 331ad)t, bie er mit ©hiief unb ©eiebief
gebrauchte, eine fräftige Stühe ber ©l;ibellinen in Qber-Jtalicn, gegen bie fid> bie guel*
phifd) geftnnten Patriarchen von -Jlquileja nur mit 'Blühe behaupteten, mäbreitb fein fet¬
ter, ein anbercr Heinrich, ben burih feinen Bater unb ©ronvatcr s )3ceinl;art IV. unb ben
III. von ©cr^Jirol erworbenen Säubern Stvol uub Äärnten bie bc(;mifd;e Äenigßfrone
unb ben iitel ei nee Äcitigs Von polen bin$ufügte, unb ftc beibc gemeinfaut bic Bogtci*
rechte über 3lquilcja, irient unb Briten außübten. Sieie Periobe ift auß biefern ©rttnbc
für bie Sntwicflungsgeicbicbte bes cfterrcichiichcn Staates von befonberem Sntcreffe, weil-
fte einer ber vielen Belege ift, bat? baß Bebürfniß nad' Bereinigung jener ?änbev, welche
wir fyeute unfer ©efammtvaterlanb nennen, taniale fchoit ftd; fühlbar ntad;te, unb baß alle
bal;in gielenben Schritte nur naturgemäße Sicherungen beefeiben waren. 3tuß berfelben 3eit
finben wir eben bovt ben erften Slnlauf zur ©eltenbmad'itng jenes namentlich für hefter-
reich bcbeutungevollen, in unteren Sagen ?um Schlagworte ber pclitifd'en Parteien gewor¬
benen aber and) bereits vielseitig als berechtigt ernannten principe ber ©leicbbered'tigung
ber 'Nationalitäten verzeichnet, ba nämlich ?(lbrccht III. von ©or$ im Jahve 1325 zu
s 331ittcrburg einen ®ren?berichtigungsvertrag mit ber iUepublif Benebtg unb bem Patriar¬
chen von 'Jlauileja fddeß, über welchen bie Urfunbe in bvei C^emplaren, unb zwar mit
3luS)d;lut? ber bamals bei ähnlidum Anläßen allgemein gebräud;lichen lateinifchen Sprache,
einem beutfehen, einem italienifchen unb einem flavifd>en auSgefcvtigt worben jein feil.
Äebren wir jeboch z« nnfetem eigcntlid'en ©egenftanbe guritef unb bemerfen
wir, bat; $e(la 33cna eß ftd; nicht genügen ließ, bie Schäpe bie er gefummelt hatte,
aufzuhäufen, fonbem, atlcrbingß in fpätent Sahrm erft, auch bemüht war, biefelbcn jo
wie feine reichen hiftorifd'en .vienntniffc weiteren Greifen zugänglich z u machen. Seine
Arbeiten zeichnen ficb tureb '3iüchternbeit unb ©ewiffenbaftigfeit aus, bie es ihm niemals
geftatteten, Behauptungen aufzufteden, ohne biefc nicht nuift auch burch getreue Eingabe
ber Quellen, auß benen er fchbpftc, zu betätigen. I'enuod; burfen wir, um unpavtciifcb
ZU fein, eß nicht verzweigen, ba§ feine Arbeiten tt;eilweifc baß ©epräge ber Sfolirtheit
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599
an ftcb tragen, tnbem er aitüer Serfebr mit ?ta<hgeneffen unb unberührt von bem ©eifte,
weicher bcr htobemcn ©efcbichtsfchreibung eigen ift, in einer fleinen 5)rcvin$ftabt lebte.
1853 erjehien fein „Sunto storico dolle Principate Contee di Gorizia e di Gra-
disca“, ein fuvget SHbrifc ber ©efehiebte biefer ©raffihaften feit bem erften Sorfommen
ihrer Flamen, ber feinen 3^ccf voüfcmmen erfüllt, inbem er in Winbiger, gebrängter
unb leichter ®arftellungsweife bie bemerfenswertbeflen be$üglid?cn ©reigniffe bem 2efer
»erführt. 3m 3a^re 1856 verliehen $wei Arbeiten $efla ©onaS bie treffe. 3n ber
„Strcnna cronologica per Tantica storia del Friuli e principalmente per
quella di Gorizia sino all’anno 1500“ bietet er froZ ber fchmucflcfen, wie e$ fchon
ber Sitel befagt, chrcnifenbaften germ ein recht intereffanteS, brauchbares unb fe^r voll-
ftänbigeS .£>anbbucb ber ^anbeSgefchichte jene? 3eitraumeS, wäbrenb bie non ifym neu
bearbeitete unb mit rieten ircrtbrctlen 3uja^en bereicherte „Istoria della Contea di
Gorizia“ Siorelli's, von ber bisher nur ein Sanb ant Schluffe be$ vorigen Sahthun-
bert« etfehienen war, eine umfangreiche unb lichtvolle Sdulberung ber gefammten ©nt*
wicflung feiner Heimat feit bem Sabre 1500 liefert. ®a biefelbe mit bem entfebeibenben
©enbepunfte ihrer ©efehiefe, mit bem $lnfcbluffe an bie cfterreidnfd'en tfanbe anhebt, ent*
halt fte natürlich mit Slusnahme ber @r$ählung ber hebeutenberen auftro*venetianifd}en,
anf l;eintifchcm ©oben geführten Kriege bet Sabre 1508 — 1509 unb 1616—1619
nur baS unbebingt netbwenbige über bie allgemeinen, $nr ©enüge tefannten SOßelt- unb
Staatsbegebenheiten, veranschaulicht aber bagegen in um fe eingehenberer ©eife bie ahnt*
niftrativen, focialen nnb natienabofonomifeben Buftänbe beS ?anbe£ in ihrer fertjebreiten*
ben ÜluSbilbung biß in unfet Sahrbunbert unb bringt als ©eigabe bie Siographieen'
aller Sohne beS ?anbeS, bie ftcb in irgenb einer SRichtung bervortbaten.
3n biefelben Sabre fallen mehrere Heinere ^fbbanblungen über bie erlogenen »ater*
länbifchen gamilien ber UttgriSbacb, SRetffcnberge unb ®omberge u?ie auch über eine
@cr$er ©olbmün$e aus ber 3eit «£>einrid;$ II., welche in Schweizers in Srieft erfchic*
neuen „Notizie peregrine di numismatica e d’jarcheologia“ veröffentlicht würben,
©ir fbnnen bin^ufügen, bah er hei ber raftlofen Jhatigfeit unb ber in fo h^hem Filter
feltenen ©cifteSfrifche, bie ihn fennjeidmeten unb bie er bis in feine lebten Sage pi be¬
wahren bas ©lücf batte, noch manche anbere ?lvbeiten unternahm, bie ftcb gewifj in
feinem 'liaddaffe — vielleicht unvollenbet — vorgefunben T;abett. ÜJlogen biefelben in
berufene £dnbe femmen unb uns nicht vcrentbalten bleiben.
Sei allebent gingen feine Prüfte beut ©emetnwcblc nidd verloren, wofür feine
langjährige ©irffamfeit als Leiter beS ©erfaZanttes, als ©emeinteratb, als 5(uSfd)u§*
mitglieb ber &tferbaugcfellfd;aft ju ©orj unb feine wieberhelte ©emfung als ©ertrau*
enSntann ber ^Regierung laute Seugenfcbaft ablegcn.
Seine Scitbürger, bie in grofcer 3abl hinter feinem Sarge trauemb einherfdjritten,
fönnten fein Anbeuten nicht hefjer ehren, als tnbem fie, in feinem ©eifte fortfahrenb,
burd> ©rünbung eines Vereines $ur pflege unb gerberung ber vatcrlänbifcben ©efcbicbtS*
unb ?anbesfunbe, wie er in beinahe allen öfterreiebifd^en 2änbern bereits befiehl, manches
tu biefer .pinftcht ©erfdumte nacbbclen unb fo auch bem von bem £anbtage burch ©oti*
rung einer Summe für eitt $u fchaffenbee ^anbesmujeutn gegebenen ^Inftoße burch
allgemeine Sh e ^ na h mc nachhaltige Äraft verleiben wollten.
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000
$te böljimfdje tfitterotur im 3aljre 1863.
Die „SBochenfchrift" hat im berftoffenen Sa^Te, 3lr. 11, eine Ueberftcht ber böhmt*
f^eit Sitteraturprebuete be# SabteÄ 1862 mitgetbeilt: bie nacbftchenben 3eikn bringen
einen gleiten Sericbt für ba# 3ah* 1863.
Die jehene ?itteratur weifet in tiefem 3ahte weniger (*rjcbeinungen gegen
ba# Sorjahr auf. 50Jit ©ebbten ftnb gum erften v STcalc aufgetreten: 3* Scartinec:
„Mlad^mu pokolem* (bem jungen ©efcMed'te), S. Sembcra: „Z niladych ftäder“ (5C«d
junger ©ruft), unb gr. Slna: „Zvikow“ (Ältngenberg, epifchc# ©ebicht in fünf (Ge¬
langen), 3. 91emba gab eine ©ebichtenjainmlung „Arabesky“ beraub, wäfyrenb 3- 6.
SBoceld hiftorifebe ©cfänge „Pfemyslovci“ (bie ^rempolibcn) in gweiter unb 33. 3a*
blon#fp‘# &ebe#lieber unb bibaftifd^e ©ebid?te „Bäsnö“ in werter Auflage erfreuen.
f)o#pi#il# „Jbeaterbibliothef" (Divadelni bibliotheka) ift gum 41., Sttifula# 4
„Sfyaterbilettant" (Divadelnf ocholnfk) gum 6. £efte be# II. ©anbe# oorgefebritten;
Seibe Sammlungen bringen gunaebft Uebcrfcfeungen beutfeber unb frangoftfeper Dramen.
Um ben gingerbutjehen ?uf!jpielpret# bewerben ficb 16 (Joncurrengftücfe; bie 3uerfen*
mrng ift ned? nicht erfolgt, (Erwähnt mag auch ber bramatijd?e Serfucp eine# Slatur*
biepter#, Dberefe, fein, ber bie ©efefciebte ber Drahomfra in brei Mieten bearbeitet pat.
«uf bem ©ebiete ber ©efept^te ift oor StClem ein Unternehmen angufiinbigen,
welche#, nach S^ane gu urtheilen, eben je umfangreich unb wichtig, wie nach ber
Leitung, unter welcher e# fiept, unb nach ben Mitteln, bie ihm gur Verfügung geftellt
werben, erfolgreich gu werben oerfpriept. @# ift bie# bie oem 2anbe#arcpmar, |>rof.
©inbelp in# ?eben gerufene £crau#gabe ber „Monumenta histonee bohemica“ (Star£
pam&ti döjin öcskych), einer Sammlung, welcbe ade Quellen ber bopmijeben ©ejeptebte,
in jo weit ielbe noch nicht bereffentlicpt ftnb, umfafien feil. 3(1# gur ^ublication beftimmt
werben namentlich angeführt: Sieber unebirte 6^rontfen unb ©efdjicht febreiber, fämmt-
liehe ?anbtage»erpanblungen unb Sefcplüftc bie gum 3abre 1648; Ueberbleibjel ber im
3ahre 1541 buveh Sranb gerftörten ?anbtafel, bie ftcfo anberwärt# erhalten haben;
Urfunbenfammlungen; bie ßorrefponbengen beö fatpolifdjen unb be# utraquiftifchen @on-
ftftorium#, enblicb Schriften ber behnrijeben ©rüber; bie $>erau#gabe hat mit ben Deere-
ten ber ©rüberunität (Dekreta jednoty Bratrskö) begonnen; h ,erau f i°^ en
einerjeit# bie ÜRemoiren be# «fmt. ffiilhelm Slawata, anbererfeit# bie 3(ufgeichnungen be#
f)aul Sfäla ge Styoxe beibe au# ber ftürmijeben ^eriobe oor bem 3apre 1620; bie £er*
au#gabe ber umfangreidwn Memoiren Slawata’s beforgt 3oj. Sirecef, bie nicht minber
reichhaltigen 3(ufgeichnungen be# Paul Skala ^>ref. Äarl Jieftrunf. 3U# Special-
fepriften feilen erfepeinen: ^Quellen be# bopmijd;en Siechte# bi# gum Schluffe be# 13.
SapTpunbert#", oon Dr. .frerm. Sirccef, „3lpolegie ber ?)oh>ena oon ?ebfewic", oon Dr.
©inbelp. Die .f)erau#gabe biefer £}ueflen ift bureb bic SHunificeng einiger Scitglieber bc#
hohen bopmijeben 3lbel#, be# ©rgbiicbof# oon $>rag an ber Spifce, ermöglicht werben.
Die fhibiicationen erfcheinen in .peften bei 3- Äober in f)rag.
^aladfp# „Archiv tesky“ ift gum 3. .pefte be# 5. Sanbe# gebtehen; ba# .f>eft
enthält Cerrefpenbengen au# bem 15. 3alwhunbert (in ben erften gwei heften ift bie
®labi#laifd>e ^anbe#orbnung bobtnifch unb lateinifch abgebrueft). — ?>rof. Jomef lieg
eine neue (bie britte), umgearbeitete Auflage feiner ,,©efd)id'te be# Äonigreid;e# Söhmen**
(D6je kralovstvf ceskeho), SKalp aber bie gweite, gleichfall# umgearbeitete „©efcbichte
be# böhmifchen Seite#" (D£jepis närodu öeskeho) erfcheinen, währenb 3ap# „3Huftrii*te
bohmtfeh-mährifebe C5hronif" (Cesko-moravskä kronika), in heften erfebeinenb unb
mit Driginalittuftrationen oon ’feter STcei^ner oerfeben, bi# gum Scpluffe be# 13. 3ahr*
hunbert# norgefchritten ift. Die gweite Auflage ber ^flabifchen 3lltcrthümer* (Staroäitnosti
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slovanskd“ bon J. ©afarif ift mit hem gweiten ©anbe abgefthloffen, welker einige,
in bem litterarifdjen 9lacHaß beß ©erfafferß borgefunbene ©eiträge gu ber gweiten 3lb-
Leitung ber 3llterthümer, (@ulturgefd^ic^te) mit enthält. Saß non Mifowec begonnene
®erf: „Archäologifdje Senfmale ©ohmenß", wirb bon 3ap fortgefefct. Sie unter ber
SRebaction beß ?eptgenannten ftebenbe ar(bäologif(he 3^itfd>rift „Pamätky“ bat tl>ren
10. Jahrgang abgefdrtoffen; bewerfenßwertbe Artifel ^aben gu biefem 3afyrgangc. gelie¬
fert: (5onferbator ©eneß, $>rof. Jcrncf, Sr. Gabler, 3(rd)ibar ©. ©ranbl, Sr. grühauf,
Pfarrer ©lafäf, Jof?. Miltner, 31. SRpbicfa u. a.
Sie cibtßgefdncbte ift in biefem Jahre bur<h bie w ©efc^ic^te beß flabifd?en
9Red)feß in ©ohrnen unb Mähren" (Slovansk^ prävo v Cechäch na MoravS)
non Sr. .£)erm. Jirecef vertreten; ber erftc ©anb umfaßt ben 3eitraum biß gum ©(bluffe
beß 10., ber gwcitc bie ^eriobe biß gum ©(bluffe beß 13 3ah r h un * cr t$} \&m ® atl ^ c
ift ein Äärtrhen beigegeben. Ser näd;fte ©anb, baß 14. Sa^r^unbcrt umfaffenb, feil (aut
©orrebe im 3abre 1865 erfdjeinen.
®i(btig für bie ©efdjichte ber neueren böbmij(ben 8itteratur ift bie Gotte-
fponbeng beß beworbenen 9>rof. Gelafowßfo (Sebrane listv). Alß tfeitfaben gut Drien»
tirung in ber ?itteraturperiobe, weldje mit ben lebten 3«b r ö^ n l en beß hörigen 3«b r *
hunbertß anbebt, feil baß bon Soud;a unb Itrbanef rebigirte „©ibliographifd?*
(Knihopisny slovm'k) bienen.
2$aß ältere ©dwiften betrifft, fc ift bie Äöniginhofer £anbfd)tift in biergehnter
Auflage erf (bienen unb bie .£)eraußgabc ber auß bem 15. Jabrhnnbert ftammenben ©e-
arbeitung bon SRbage^' „SPunblchre" (Rannd lekarstvi) unter Grbenß unb SB.
©tanefß Leitung beranftaltet worben, ©iblirtbetar .franuß h&t eine 'Sammlung fleineter
litterarifcben gieren auß früheren 3abrbitnberten unter bem Jitel: „Maly vybor“
publicirt. Sie gunäd;ft für ?itterärgcf(hicbte befttmmte 9DRufeumßgeitf<hrift h at gahlrei<pe
Artifel unb 9lbl;anblungen reu 3- 3iteccf r ©ibliotl;efar .panuß, iReb. ©itätfc, SB. Sie-
beßfp, 9>alacfp, .fcerm. Jireccf, 31. SRpbicfa, Jof. SRifc u. 31. gebraut.
311« h*fl rr *f^ c ^ cnc Ü ra P^ een berbienen ©ead^tung: ©olarß „©efdndjte ber
©tabl «pumpolg", ©patunß „©efdjid'te bei bebmifdjen lanbwivtbfcbaftlid^en ©efcflfebaft",
^lußfalß „Unterfud?ungen über bie ?age beß alten ©elehrab". Sie ©elcfyrabcr Jubiläum«-
feiet l;at überhaupt eine Heine l'itteratur h^Dergerufen; ni(bt weniger alß 20 ©(briften
unterfdueblieben Snhalte« fmb auß Slnlafc beß Grimterungßjahreß 1863 fewohl in Mähren
wie in Söbmcn h^uußgegeben worben.
Sie ©t. $)rofopiuß-$ärebität gur .^eraußgabe guter tl)eolo giftet SBerte h a ^
ihre J^ätigfeit mit ber ^ublicirung einet nmfangvei(hen ©d^ift, nämlid) ber ©rflärung
beß (*Dangeliumß 3Ratthäi, oon ®r. ©ußil in ©rünn, begonnen unb bereitet eine Antho¬
logie aitß ber älteren fir(bli(bcn ^itteratur ©ohmenß oor. 3&onar fe^t bie .^eraußgabe ber
Senfmale altböh«üfd;er SJcuftf fort. Sie 'Reponutceniftbe .f)ärebität ^ rc ®Ritglieber
mit einem gut außgeftatteten (Sangionale betheilt.
Sie philofophU<h c ?itteratur h at e *u 3öerf beß Sr. Jof. Saftid): w @runb-
lagen ber praftifd'en i'hilcfophie int ©innc ber aUgemeiuen (*thif\ (Zäkladov4
praktickc filosofie) aufguweifen.
Auf bem ©ebiete beßpraftifeben 3Red)tcß ftnb gwei ©ammelf(hriften gu »er-
geidjnen: Sr. ©farba’ß „©ammlung öftevveidjif^er ©efe^e" (Sbirka zäkonü ra-
kouskyeh) unb ^rof. ©embera’ß „©taatörcchtlic^e ©efepe ©efterreithß", guglei(h ein
Jahrbu(p beß böhmifdjen Sanbtageß.
®ne namhafte ©erei(herung f^t bie 8ej:ifo graphie anfgnweifen; f>ier ftnb
folgenbe s Publicationen gu Dergei(hnen: 3<>h- Crtß unb gr. ©uätefß f ,5opographif(h‘ftati*
ftifrhee s ^ejrifon oon ©ohmen", 9)iarcß' »©otlftänbigeß ?eyifon ber SRuji!", ©pfofp'ß
^Materialien gu einem 3Sßrterbu(he ber leefcnologie", Äarl f>. Äheilß t Seutf<h-böhmi-
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602
fd??iß ffiacirenfrxtfott^; „SBßrterbtrtb ber mebictnifcfren lermincfogie", f>erau«gegeben nein
Präger bofjmifdjen Vereine ber Slergte; 3of. $gnf« „33ol)mifd)*beutfdje« unb b«utjd>*
böfymifdje« Jajdpenmßtterbud)" (neue &u«gabe), gr. ©patnf« „Seutffybofjmiidje« SBörtet*
bud) für 3Birtijfd>aft«beamte, Sticrargte, Sexuologen, gorft» unb SBaibrnSuner" (2. Stefl.).
Sie grofte, unter Sr. gr. fÄieger« $auptrebaction erfd;eiftenbe ©ncpflopcibie:
„Slovnfk naucny “ bat ben britten Sanb mit lit. Ch. abgefXloffm unb ift ber niette
gnr lit. K. borgefd>r£tten. 5CRcb?r als 120 ftänbige ^Mitarbeiter bet^dti^en ati biefem
Mationalmerfe, ba« in Äober« 5>erlag erfd)eint.
Sie lebhafte 3:^ättgfcit f Yrclc^c in ber ©(bnllitteratur bhtit« tVn 3atyre 1862
Ijeroorgetreten mar, fjielt auch im 3af;re J 863 an.
2fad> jene Bitteratur, melcbe ben Sebürfniffen be« praftifd)«n Beben« utimittelbör
bient, ift ftart vertreten, cl)ne baf; nft« jebod) geftattet ift, barauf näl;et einstigeren.
Sefonberc ©rmäljnung oerbienen einige Ueberfefcungen au« anberen Bittetattiten;
©oct^e'ö „gauft" fanb an 3- ®. ÄeKar einen gleich trefflichen SöttmetfX mie bie
altfpanifcben SRomangen an Sr. ©ejfa unb Mebeoft) („Kytice ze Spftfc&sk^ch ro-
manri“). „Son Öuijrote" mürbe non Sr. $>idH überfe^t unb erf^eint in einer mtt
Driginalgeidmungcn non ®uibo 9Mane« auegeftatteten &u«gabe Ijeftmeife bei Äober. Slebft*
bem mürben einige SRoinane al« Slffafco« „gamiliencbronif", Äradgemdfi’ö „Seufel",
Äorgenicm«ff« „Äoltofacpa" unb „Ser Sucfelige" publicirt. ©f;afefpeare« Sramen ftnb
nafyegu ocüftänbig erjduenen. 3dcno« Ueberfefcung non 9D(acaulap« ©ejXidjte fctyreitet
rüftig fort, ©benfo bie #erau«gabe ber griedbifcten unb lateinifcben ©laffifet („Biblio-
theka klassikftv“).
* Son 81(freb Witter n. älrnetfy« SBerfe: „ÜMaria Jfjerefta« crfte 9tegierung«jafyre"
mürbe im SBerlage ber f. f. £efbud$anblung SB. Sraumüller ber gmeite 33anb au«*
gegeben. — Siefelbc SerlagäbudXanblung fünbigt für bie nacfcftc 3dt ba« @rf fernen
einer fcl;r bebeutenben 21ngal)l tljeil« neuer tfyeil« bie gcrtfefcung fcfcon früher begonnener
mitfehfchaftlicher ffierfe an, au« melden mir fyeroorbeben: Sr. 81. Seer« „Stögemeine ®e*
f^i^te be« 2Belt(;anbel«" 3. 33anb, auch unter bem Sitel: „®efXid?te unb ©tatiftif be«
.franbel« im 19. Safydjunbert", Cttocar Boreng* w 5£)eutf<^e ®efcf>ichtc im 13. unb 14.
2. 33anb, Sr. 9t. $)erfmann „©inleitung gur ©ufturgef^iebte ßefter-
reich«", Sr. % 23. feei§ jBef;rbud? ber 2Bcltgefd)icbte" 3. 33anb 2. 3tbtreilung,1Mfreb
n. Ißineitot« p .f)ergog ^(bre^t non ©acTfen-Jefd)en" 2. Sanb, 2)r. S. n. ßotta
„il)ie ©rglagerftatten im Sdnat unb in Serbien*, Sr. ®. Säger w 3ooIogifchc ©riefe"
1. Slbtreilung, unb Sr. g. llnger unb Sr. ÄotfcTp „Sie 3nfel ©ppern“.
* ©inige jüngae litterarifcTe Kräfte in Blgram l;aben fid) gur ^)etttu«gabe einer
croatiftben S3i«ttetjal;t9ftrrift geeiniget unb biefe erftbdnt benn aud) feit Anfang b^« lau»
fenben 3«r rcö ünt er bem Süd: „Knjizevnik“. Sie ©dbtift ift bet eroato*ferbifiTen
©pracT* unb ®ef(Ti(rt«forfd)ung f mie auch ben >Jlaturmiffdtfd;aftcn mit befonberer 9tücf*
fk^t auf bie fübftrttitfcben Bdnbebgebiete gemibmet. Sie beiben erften bi« jefct erfcTicnenen
.f)efte geben ein günfüge« 3cUgni§ non bem ^tuffcTmtinge, ben bie miffenf^aftlieTe Srätig*
feit in Slgram nimmt. S3«md^dt«md‘ff)e Slrttfel biefer gmei ^)efte ftnb: 9>acet« tptb
3agic« ätbranblungen p^ilologifchen 3nf)altc«, Äufuljeniö« Seitrdge gur Sitterargefcri^te
be« 16. 3d{Jtr : Urtf , tft« (troatif^e Sinter), beleihen ©figje ber 8fbtei SopU«fo, Sr.
SRaifi*« ÖueDtttfritif bbr eroatifd)en ©efd^ebte be« ^Mittelalter«, 5Äatfbbt6« ©tatiftifd)e
Sdtfteüüng ber ßrodtif^fldbotiiicben 3Militärgrenge, Sr. Jfalac’ SMineralmäffer in ©roa-
tten uhb ©Nonien u. k. 8ltid) bie frittftbe Bitteraturfcbau ift teit^li^ uertreten.
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603
* .f>err ©dmberp würbe tm Sabre 1862 t>ctt ber ungarifd'en Slfabemic ber
SPtffenfdxiften beauftragt, eine Seife nach 3)cittelafien angutreten, um bie bafelbft übrig
gebliebenen ©enfntale ber ungattfdben ©prac^e unb ?itteratur aufgufucbeit. 3n einem an
bie Sfabemic oon $e heran ddo. 5. gebruar 1864 aus genuteten j'ebr intereffanten
Schreiben geigt ©ämberp bie ©eenbigung feinet bon unfaglidjen ©cfahrcu unb (Snt*
bebrungen begleitet gewefenen Seife an unb erFlärt barin burd? bie gefammeltcn ©rfa^rungen
in bie 2age berfefct gu fein, ber ?lfabemic unb ber curcpaifcben 3Siffenfd>aft ben 33ewei$
führen gu Fennen:
1. £aü bie ungarifebe epracbe f(ar unb unbeftreitbar gu ben türfifd>*tatarifcbeu ©praßen
gählt, unb baß fte gu ben frnnifd'dapplänbifcben sprachen nur infofertte unb in folcper ©egiehung
ftebeit fönnc, wie bie türftfd)«oemanifd)e, bie bfagataifepe unb d>iueftfd)*tatarifcbc.
2. ©aß bie in ber oemanifeben ©pracbe oorfommenben 5lehnltch Feiten mit bem Sbiom unb
Materiale ber ungariicpeit Sprache fid> in bem s Diaße rerme^ren, in weitem wir mit unferen
gorfdutugen mehr oftwaite »erbringen f fc icbr, baß, wenn inan bei ber am Ufer ber
$bria in ©ebrätid) fte^eitben türfifd^en ©prad^c baS ©erbältniß mit 10:2 annimmt, in ber ©c*
genb reit ftemlu (in (5btna) unb bei ben cbinefiicbeit Äirgifen biefeS SBer^aftnig fith wie 10:6,
ja riefleiept aud) wie 10: 8 ftellt.
3. ©aß bie unqarifcpe ©praWc, nad'tcm il)r 3\>c>vterfcl>a0 in bem io gu fagen gum ©egen*
[taube unterer ©tubien geworbenen türfifd'cn SUtaimue, mtb gwar in urfprünglicpec $lltcrtf)üm*
tiebfeit rertreten ift, in ihrer Slrt bae ©eprage augenfällig t?eheu ^lltertpumd trägt, webnrd? ich
ißr nicht bie Solle einer Mutter* ober ©aiticritfprad'e rinbiciren will, boch barf fußn behauptet
werben: baß fte ale Snrentar bei Knalpftrung unb Prüfung ihrer ©tammgenoffeu unent¬
behrlich fei.
* 3n ber testen ©ifcung ber ©elehrtcn»®efeUfdtaft in $)rag, hielt ©r. Sowaf
einen ©ertrag über bie ©ebwanfungen in ben Ouetlenergüffcn, bie oft fo bebeutenb
finb, baf; in einer JageSgeit 7 bis 9, in einer aitberen 17 bis 18 9Jlaß per Minute
ren einer unb berfelbeit Quelle geliefert werben. ©ie DSciUaticn in bem Queflerguffe ift
nicht allein bei Jbermat* eher Mineralquellen gu frühen, fenbent auch bei gewöhnlichen
©runnen. ©tan unterfebeibet fclcbc regelmäßige unb unregelmäßige Sd)wan!ungen. (Sin*
fluß auf bie (SrgiebigFeit ber Quellen haben bie Safjrc^^eitcn unb bie meiften liefern auch
im ©emmer mehr ®affer, als im ®inter; feiere bie baS »ellftänbig tbun, I;cißen 9[RaC-
auellcn. ©aß ber fdjmelgenbe ©dmee ober ber größere Segen nicht ber ©runb biefer
Saffeigunahme finb, beweifen bie (Stbelquellen, bie aud? um tiefe 3rit waeßfen; ferner
Ratten (Sinfluß auf biefe Deciflatienen bie 9JlonbeSpba)en (mau unterfd}eibet auep @bbe
unb glutl; ber Quellen), ber 8uftbrucf ; fo gwar, baß bie ©*affcrmengc im umgefc^rten
3Serl;ältrriß gu bem ©atemeterftanbe ftehe ftnb auch viele anbere ©erhältniffe.
* &r. Jljeobor ©o mp erg ^at foeben in £cfpgig bei ©. ®. ©eubner bie in ben
herculaneijchen |)appruSrollen erhaltenen gragmente beS epteureifeben ^l;ilofophen ^ilos
bemuS „über ben 3om", gum erften SSale h^ouSgegeben. ®ir werben auf biefe hn’W*
ragenbe fritifc^e 3lrbett beS öfterrctcbifchen ©elebrten, ber mit einer größeren Arbeit, worin
ber erfte Sractat über SKoralphilcqophie ber epifüreifeben ©cbulc befannt wirb, bor baS
gorurn ber gelehrten 3Selt tritt, in umfdffenber ®eife guTÜctFommen. 2)aS ®er! ift bem
$)rof. ©r. ^erm. Sonifc gewibtitet. ©er ooUftänbige Sitel lautet: „Philodemi Epi-
curei de ira über. E papyro Herculanensi ad fidera exemplorum Oxoni-
ensis et Neapolitani nunc primum edidit Theodorus Gomperz Lipsite in
sedibus B. G Teubneri 1864“. ©ie äußere 2lu$ftattung beS SudheS ift bortrefflich,
©ie feb>r gelungener ©nfeln ftnb aus ber Iitb;egrap^tfc^en 5lnftalt oon Seifenftein urü)
Sofdh in SBien.
* ©on ©erninüS’ „©efebwh^ 19. Sahrbunberts 41 ift in ©enebig eine italienifche
Ueberje^ung aus ber gebet beS 9>tef. $. ©albufa erfchienen; baS Original fo wte bie lieber*
fefcung werben in ben SefpTechuttgen ber benetianifchen Äritifer fe^r gelobt.
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604
Unter bet Vcrau«fe$ung, bap Spafefpeare am 23. Slpril 1564 geboren
mürbe, wa« befanntlicb feine unumftcftlicpe Jpatfacpe ift, wei«t nun .£). Jeimann tm
„SJcagagin für £itteratur be« 3luelanbe«" nach, bap biefer Jag nicpt unfer 23. Upril
ift. Vor 300 3apven batirte man in ©nglanb noch nach bem 3ulianifcpen Äalenbet,
ber bcrt erft im 3apte 1754 abgefcpafft würbe unb ba biefer Äalenber tm 16. 3api>
punbert um neun Jage gegen ben ©regorianifcpen Äalenber gurücfblieb, fo ift, wie ?ep*
mann betnerft, Spaf efpeare« 300jähriger ©eburtetag eigentlich erft am 2. 5Rai —
eine intereffante Vericptigung, bie freilich wertfwefler gewefen wäre, wenn fte nicht post
festuni gefommen fein würbe.
Vott Dreöben au« paben meprere Scpriftftetler unb ?itteraturfreunbe eine ©treu*
laretnlabung $ur Jpeilnapmc an einem $u grünbenben Spafefpeare* Verein »erfanbt.
Der Verein be^weeft: 1. gorbetung ber SRecpte unb 3«tereffen ber bramatifepen Schrift*
ftefler uub Jonjefcer, namentlich burep allgemeine ©infftprung ber Tantieme; 2. ©aprung
unb Vereiterung eine« gebiegenen, »or$ug«weife beutfeben Repertoire; 3. Verebelung ber
Schaufpietfunft unb Dramaturgie; 4. bie enblicpe ©infüprmtg eine« allgemeinen beutfepen
Jpeatergefepe«. 9fiitglieber be« Vereine« fennen bramatifepe Sch^iftfieller, Jcnfefeer, Dra*
maturgen, Rlitglicber unb Vorftänbe ber Vftpnen, wie auch anbere $>erfonen fein, faß«
fte Sutereffe für bie 3rcecfe be« Vereine« paben. Die TOitglieber geben einen 3apte«bet*
trag »on 2 Jplrn. Der Vorftanb befielt au« neun SWitgliebern, non benen wenigften«
fünf am Stammfifcc be« Verein«, Dre«ben, ipren ©cpnort paben müffen. Die am Stamm»
fifce be« Vereine« nicpt wepnenben Rcitglieber griinben gilialen mit Separattwrftänben.
* ©in Ärei« »on Äunftfreunben, Äünfilern unb Scbriftftellern in Hemberg pat
bejcplofjen, auf ben nationalen ?uftfpielbicbter Sllcjanbcr grebro eine TOebaiüc au«pTÜgen
$u laffen unb bicfelbe bem ©efeierten am Jage feiner fünfzigjährigen fcpriftfleflerifcpen
Jpätigfett $u überreichen. Die TOebaille wirb non #. Jepa angefertigt.
4 31 in Schluffe be« 3&pve« 1862/63 betrugen bie ©innapmen be« ?eopolb*
ftäbter Äircpenbaufonbe« in eft 47.886 fl. tr., bie Verträge unb Stif*
tungen 24.979 fl. 25 fr.; bie Ausgaben beliefen ftep auf 47182 fl. 31 V* fr. Die
©innapmen für ba« 3&h r 1864 ftnb auf 50.000 fl. präliminirt.
* Unter bem Vctftpe be« ©rafen 3uliu« Slnbrdffp pielt bie ungarifepe ©efell-
fcfcaft für bilbenbe Äünftc in eft ipre ©eneraberfammlung im großen Saale
ber ungarischen Slfabemie. ©ir erwähnen, &ap nach bem hierüber erftatteten Vericpte ba«
JRefultat ber burep ben Verein »cranftalteten ©emälbeau«ftellung fein günftige« war, bie
3apl feiner ©citglieber bagegett um 300 ^ugenemmen pat. Die Versammlung befcplof?
bie ©rnennnng Sr. DurdHaucht be« gürften f)aul ©f;tcrpd$p äum ©prenmitgliebe in
banfbarer 3(nerfennung ber non ipm beabfteptigten Ueberfteblung ber fürftlicpen ©emälbe*
galerie naep f)eftp unb beren 3luffteflpng in ben £ccalitäten be« neuen 3tfabemiepalafte«;
ffiien »erliert pieburch eine fepr wertpoelle Sammlung unb wir, non unferem Stanb»
punfte au«, fennen biejen ©ntfcplufc Sr. Durchlaucpt int 3ntereffe ber jo $aplretcpen
grentben, welcpe ©ien bejuepen, opne ben Drang $u paben nach $eftp $u reifen, nur
bebauem.
* 3n?)rag würbe an ber epemaligen St. 5a$aru«*£ircpe (Reuftabt), je^t SRajcpi»
nenwerfftätte be« .fterrn &a«, ein f>crtal remanijepen Stile« blopgelegt. Von bebeuten
bem Sntereffe erfepeint ba« Jpmpanon, welcpe« bi« jefct eine ©clbung gdtyliep »erlegte
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606
Sn halberhabener Slrbeit ip nämlich ber föeilanb bargepellt, melier ben nom Sobe auf*
ermecften ?a$aru8, gu beffen ©eite feine ©chmefter SJlaria fteht, fegnet. Ser Unterstufe
be« Spmpanen ip mit $l;ierfignren (©reifen) unb Slattmerf gepfrmücft. Sie Portalfeiten
tragen einen ^ier eigentümlich au«gebilbeten Siunbbogenfrie«. Sa feine ber romanifchen
Äirchenbauten Prag« ein urfprünglicbe« portal aufzumeifen hat, fe bilbet biefer gunb
einen mistigen ^Beitrag zur 93augephichte präg«.
* Sn ber f. (Srjgiefeerei in Sfündjen ift bie non bem öilbhauer 3* Sielmann
mobellirte ©c^iUer-©tatue nollenbet morben. ©ie mirb einige Sage in Stunden öffent¬
lich au«geftellt bleiben unb bann nad? granffurt a. SDJ. abgehen, mo jie am Sobe«tage
be« Sinter«, am 9. 99iai, auf bent bafür beftimmten plafee hinter ber £auptmache
feierlich enthüllt merben wirb.
’ »J(m Ueberlinger©ee, unb ffoax bei bem Sorfe 9tufeborf, pnb neuerbing« lieber*
refte non feltifchen Pfahlbauten aufgefunben morben. ©« mürben gu Sage geforbert
eine grofee $lnga^l jdjmarzer geuerfteine, morunter mehrere fehr pbon gearbeitete Pfeil*
unb £anzenfpifeen, geuerfteinfägen mit zierlicher «£>olzeinfaffung, ferner mehrere £unbert
Steinbeile, Steinäxte, Steinhammer, teil« mit, tbeil« ebne Stiellech, befegleichen 9)ieifeel,
Äornquetpher unb ®ial;lpeine. 3lu« Sl;on fanben fS Scherben non Sopfen unb ©pinn*
mirtel nor. Glicht rainber merfmürbfg ift bie 3lu«beute an ergänzen Ueberreften; abge*
fehen non ber grefeen SUienge ^erbrochener unb gerfcblagener Shierfnochen rnollen mir nur
ermähnen ber au« S3ein, £orn, ©emeihen unb 3ah ncn gefertigten äBerf^euge unb 3ier-
gegenftänbe, mie geftliffene 9tabeln, burchbohrte Shierzähne, fleinere flejrtc unb SDieifeel
u. f. m.’ ©in zmeiter Pfahlbau mürbe, eine ©tunbe banon entfernt, am £anbung«plafe
non SDiaurach entbeeft; non ben bafelbp gefammelten Sßaffen unb ©erzeugen ermahnen
mir nur einer fupfemen Sljrt, be« einzigen fupfemen ©egenftanbe« au« ben SJobenfee*
Pfahlbauten, aufeerbem einer hühnerrigrofeen, fünftlid; burchbohrten 2)ernfteinfiigel. Sie
3ahl ber Slrtefacten, melcbe an biefen beiben Pfahlbaunieberlaftungen zn Sage geforbert
mürben, beträgt über 1000 ©tücf. Sie Pfahlbauten felbp gehören zn ben grofeten, bie
man bi«h er fcnnt, inbem ba« 9tnfeborfer Pfahlmerf minbeften« brei borgen, ba« ®lau*
racher über acht SDlorgen einnimmt.
Äaiffritd)* 2Uuttomtt in
©ifeung ber philofophifch'fHfl°ttft e n 6laffe nom 20. Slpril 1864.
Sa« correfponbirenbe ÜHitglieb £err Prof. ?oreng legt einen Sluffafe nor: t Ueber
bie beiben SBiener ©tabtprinilegien SRubolf« I."
3n ber Sntmitflung be« SSßiener ©tabtrechte« nehmen bie beiben auf SRubolf« I.
Flamen lautenben Prinilegien nom Sahte 1278 eine h*tnorragenbe ©teile ein. Sn«*
befonbere hat ba«jenige, meines ber ©tabt bie 9teich«fteiheit gemährte, bie Äufmerffam*
feit ber gorpher bereit« mehrmal« auf pch gezogen. Sie burch 93 5 hm er feftgefteUte
tdnpcht ip bie, bafe biefe« Prioilegium ©puren ber Unecbtheit z«Ö^ unb befebalb non
Herzog SUbrecht im Sahte 1288 befeitigt morben fei, mie bie« bie Slehnchronif in ein*
gefeenber ©chilberung ^etge. Sem gegenüber mirb aber in ber noranftehenben 9lbhanb*
lung nachgemiefen, bafe meber bie (Stählung ber Steimchronif noch auch ba« Prinilegiunt
bet 3teich«freiheit in ber norliegenben gorm ©lauben nerbiene unb bafe enblich auch ba«
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anbere Privilegium SlubolfS nt i)i in ber überlieferten SGBeife ftid^altig fei. 2)ie ^öc^ften
2Öat;rfcbein[id;feitögrünbe fpred)en vielmehr bafür, baß beibe uns vorliegeitben Urhmbett
als ein SiecbtSentmurf aufgufaffett feien, ber gu bem 3wetfe ber Srweiteruug ber Siebte
beS StabtrathS angefertigt unb bem £ergog Sübrec^'t vorgelegt worben ift.
Sugleid} läf^t ftd) aber beireifen, baß Äcnig Subelf wirtlich gwei Privilegien ber
Stabt eitt;eilt hat, von benen baS eine im wefeutlithen eine Seftdtigung beS Seopelbiui*
jcfyen StabtrecptS vom Sabre 1221, baS anberc eine SJieber^olung unb Erweiterung bee
gribericianifcben greiheitSbriefeS vom Sabre 1237 mar. Snbettt nun $evjeg Mu-ed)! bie
3lnfprüd;e beS StabtratheS, bie fid; in bem SecbtSentmurf ber Stabt auSgebrücft finben,
guvücfgewiefen unb fein beti Wienern im Satire 129G ertf;eilteö Privileg mit StuSfchluß
ber SeicbSfreiheit in ä()nlid?er Steife, wie Zottig Sttbclf, auf bie alten Stabtrecpte
bafirte, fd;ließt bie ©ntwicflung im 13. Sabrbunbert bantit ab, baß bie ßempeteitg beS
StabtratheS auf beit engen ÄreiS beS tfeopclbittumS eiitgefcbranft unb bie (Gewalt beS
vom £anbeSfürften ernannten Stabtricbters in ibrent gan 3 en ursprünglichen Umfang auf*
re^t ert;alten blieb.
2 i u n g ber m a t b e tu a t i f cb - n a t u r w i (f e n f d> a f 11 i <h e n (51 a f f e
vom 21. Slpvtl 1804.
S)er Sorftanb ber fettigl. baierifeben tHfabetuie ber Siffenfcbaftett greif), v. t*ie»
big überfenbet, mit Schreiben vom 1. 9lpril, bie auf beit SHfabetnifer, geheimen Math
2)r. Äarl greil). Pb- v. s 33lartiuS gur geier feinet fünfzigjährigen SubilaumS als
®octor ber 9Jiebicin geicblagene Webaitle.
£)err Prof. 93rücfe legt im tarnen beS 3)r. ÄovalewSfi eine $lbbanblung über
ben feineren Sau ber ?pmphbrüfen vor. S)r. Äowalewsfi h a * ein bisher votlftanbig
unbefannteS Stiftern von Jpmpbwegen entbeeft, welche fleh * n Snnere ber Salten ber
9)krffubftang I)tneingieben. 2)iefe ^pmphwege ftttb fehr fein unb unregelmäßig, aber voü*
fomtnen feparf begren 3 t. Sie giepen ftd> gwifepen ben 3etten ber Salten bis gegen bie
^Region ber Slutgefäße hinein. Stucp tu ber ßorticalfubftang ejriftiren ähnliche feine
tfpmpbmege, fte bringen aber weniger tief in bie (Elemente ber £>rüfe ein.
£err 3)r. 2t. Soue palt einen Sortrag über eine befonbere ©attung von üpälem
mit tiefen canalartigen Seeten. 3)aun betriebt er bie Pcrpppre unb Srappe Schott-
lanbS unb befonberS bie Safalte ber brei ©ruppen im nerblicpcn Stlanb, um Staffa,
um bie Sufeln 6gg, SRutti unb s 331ufe unb auf ber Snfel Sfpe. — hiebei wirb vor*
güglicp bie wahre ftotfartige tfage biefer bafaltifcben Vavaftrome unb bie wahrjd;einlicbe
Pofttion ihrer alten ©chlünbe erörtert, was bis jefct nie ber gafl gewefett ift.
Ä. M. gtoUt£ifd}e tfridjsanftalL
©ifcung am 19. Sfpril 1864.
$exr f. f. Sergrath grattg ÜRftter v. $)auer im Sorjig.
$err f. t £>ofrath unb Sirector 3ß. Jaibing er giebt aus Seranlaffuttg bet
2lbreife ©r. >331 ajeftät beS ÄaiferS Wajcimilian I. nach 93ie;rice ben ©efüf)len
ber JDanfbarfeit gegen Se. 93iajeftät für vielfache reiche Anregung, namentlich bureb bie
s 3t 0 vara»®rbumfegelung, in berebten Porten SluSbrucf.
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Steuerlicher !£pbe8fäUe u>iffenfc^aftlicber greunbe tuirt gepadU: be$ Stibin ctnri
jub. ’profeifcr, GuftoP be$ grangenö*9Euieum$ unb 5Direjctcr be$ 35Berner*Setein$, unb
be$ Seontjarb ferner m Ponton.
3u Segug auf bie Senterfungen be£ £)errn f. !. £efratbeö SKitterS b. 33urg in
einem Stuffafce im £auptb(atte bet „Wiener Bettung", erflärt ftd? £>err f. !. fcofrath
£aibinger in bet £auptfacbe burcb benfelben boüfenunen befriebigt.
£err #ofrath Jaibing et giebt einen rafcben Ueberblicf be$ beantragten ^laneä
ber ©ommeraufnahmen bet f. f. geologifd;en SHeidräanftalt. @$ wirb einet ©ection
unter £errn !. f. Sergratlj 2ipotb, mit bem .frerm ©ectionigeologen S. ©tut bie
gcrtjefeung bet localiftrten Aufnahmen aufgetragen in bem ncrbefilichen Stbfeange bet Sltpen,
gwijchen bem Sßiener Secfen, Saben*3Biener*91euftabter ©beite unb ben glüffen ©nn$
unb ©tepr, meldet bie Sllpenfohlenablagerungen enthalt; bie Herren !. !. Scbi^tmeifter,
©ottfrieb greihetr b. ©ternbach unb f. !. ©jrpectanten 3- Oiachep unb G. ^ertle
fliegen ]\d) biejer erften ©ection an. 3wei ©ectionen fcbretten mit ben Setailgufnah*
men in bem ncrbweftlichen Steile bon Ungarn in cftlicbcr SRid;tuug fett, anfdjliejjenb
an bie ntäl;rifc^e ©renge unb bie Aufnahmen bee berfleffenen 3ah reß * Sie gweite nerb*
lid)e ©ection unter £errn !. !. 33ergratb goetterle umfaßt bie Slätter bet f. f.
£uartiermeifterftab$fpecialfarten 1. Gjacga, 6. ^ruögfa unb 7. ©ittein, erftere beibe
©rengblatter. Seit ihm wirft £verr ©ecticnggeologe Ä. 3R. f)aul unb bie Werten t. f.
Gjcpectanten g. Sabanef, 3t. £otinef unb 3t. SR ii cf er. 5)ie fübliche, britte ©ectiou
unter £erm f. !. SBergratl; gtang bitter b. £auer, mit £errn Sr. ©. Stäche
ergängt noch Steile bet 33lätter 25. Sprnau unb 36. Neutra, unb nimmt ba8 Statt
16. jtremnty boüftänbig, unb ben weftlichen Speit bet Slatter 26. ©chemnip, unb
37. 2ofoncg. $ier wirften auch noch mit £err f. f. Schichtmeifter 6. SJinbafie*
wieg unb bie Herren !. f. Gflpectanten 3- Öerutaf unb 33. b. SBinfler.
Jperr ©ectionögeologe 3ä> o l f ift mit bet Stuffammlung tppifcher ©efteine au$
ben 3;rachplgegenben ben Ungarn betraut, in SDtc^rgaW gut ©ewinnung fefter Sergtei*
chungögegenftänbe, bie allgemein al$ leitenb angenommen werben, entfprech$nb ben
fRicpthof en’tdjen Arbeiten, unb ben 3(u8füf;rungen bon Sr. ©. ©tacf? e. gut biefe^
3ah r ift ^auptfät^ltcf? bie ©egenb bon Sereghpap unb bae Gperie^Sofaper ©ebirge
auäerfepen.
$erm f. f. Gflpectanten g. ^oöepnp ift eine 3lufnahm$arbeit bei JRobng jft
Siebenbürgen bon bem f. f. ginangminifterium qufgetragen.
Sifcungen bauern ben ©ommet übet fort, bie nädjfte ift am 10. 9JJai. Sie 3S4inter*
eröffnungöfi^ung ift am 8. 9tobember.
9toch merben einige bon ^)erm gtanj ® ei net, t. f. Oberbetgcouiipjiffar in ^la*
genfurt, einem Jt;eilnehmer an ^aibingeT’ö erftem 2ehtcui*fe atn t. !. i^ontgn,iftjf(hen
®tufeum, eingefanbte SERineratien borgelegt: bet tarntnerifche „SSBotcpit" bon einem npuen
gunborte bei gnefach, biefe San’etät noch mehr bem Souruonit ghnli^ g(8 bje bpn
©t. ©ertraub, bann auch ein 3trfeniüie$ in eietfotmigen u^b folbenfbrmigpn ß5eftgtfpn
in ©patheifenftein eingemachfen.
!. !. 33ergrath gtau^ SRftter b. |)auer lenfte bie Jtufmerffamteit bet 3tn*
mejenben auf ben ©nttourf einet geotogifchen Ueberfuhtötarte ber ofterreichifchen SORonarchie,
t»el<he nach bem bon ihm entworfenen Schema gut ^aradelftettuna bet in ben perfchie*
benen Ätonlänbem beobachteten gormationSgtieber 3 njammengefte;ut worben war.
©runbtage bienten bie ©tra^entarten bet einzelnen Äronlgnbet im 93ia§e bpu ^ÖQ
Äiafter auf einen 3oU ober 1 gu 433000 ber Statut, bie, nachbem fie colorirt waten,
biß an bie ©tengen aufgefchnitten unb gufc^eiggetlpbt u^tbfu. So entftanb ein Statt
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Don 10Vs guß 93reite unb 71/4 guß £6he, auf welkem nun gum erften 9)tale bte
Srgebniffe ber 3lufnahmßarbeiten bcr !. f. geologifchen Dieic^öanftalt, gu einem ©efammt-
bilbe Dereinigt, gur üDarfteflung gebraut jtnb. Sie Äarte, bereu technifcbe 3lußfübrung mit
gemeinter 3tufmerffamfeit ber 3eichner ber 3lnftalt $>err E. Sohn befolgte, wirb alß
©runblage bienen für bie beabficbtigte ©erDielfaltigung im garbenbrudf im ÜJJaßftabe Don
8000 Älftr auf einen 3oll ober 1 gu 576000 ber Statur.
SBeiter wirb ber eben erfcfyienene neue ©anb ber palaontologifchen SHittheilungen
Don $errn $)rof. 3(lb. 3lppel in SRüncßen, fowie auch eine Sammlung wahrhaft
prachtboll erhaltener Petrefacten, 70 Slrten auß ben betriebenen Stufen beß 3ura,
ber Äreibe unb auß ber Dligocenformation non £>errn Jpermann ®rotian in
©raunfehweig unb eine Sammlung geognoftifeber unb mineralogifcher Studie non
bem !. f. ©erwalter gu £atl in Sirol, $errn g. ©inna, non bem bortigen Saigberg-
baue Dorgelegt.
£err 2)r. 31. ÜJiabelung (egt einige neue ©orfommniffe Don Pfeubomorphofen
Don ©rauneifenftein unb Don Stotheifenftein nach Eifenfieß Dor, Welche er im Dorigen
Sommer im Srentfchiner Gomitat gu beobachten ®elegenl;eit hotte.
£err 3- derma! machte eine SRittheilung über eine Älippettfalfinfel am
©Idrapafie, norblich Don Srentfchin, entfprechenb bem großen 3uge Don 3ura-9liffen
am füboftlichen guße beß mahrifchen ®renggebirgeß.
6err gr. Poßepnp berichtete über eine Specialaufnahme ber JQuargite Don 35rj*
tonia, weftlich bei Srentfcbin in Ungarn, bie er alß SRitglieb ber brüten Section ber !. !.
geologifchen Sieichßanftalt im Dorigen Sommer burchgeführt hotte.
£err Äarl Siitter d. $auer ^ielt einen längeren ©ortrag über bie Don Seite bei*
f. f. geologifchen Steichßanflalt burchgeführten Arbeiten gur Ermittlung beß ©rennwer*
tßeß foffiler Achten, melier in ber „Deft. SBochenfchrift" bercffentlicht werben wirb.
£err 35. Stur legt eine am 7. 3tpril an bie ©irection ber !. !. geologifchen
3teich$anftalt eingelangte 3lbhanblung beß #erm 2>r. b. Ph^ ^heobor Schrüf er: „lieber
ben oberen Keuper unb oberen 3ura in grauten", ferner einige Segel-
ftücte mit pflangenabbrucfen Dom Äonigßberge bei äfpang, welche Dom $erm ©erg-
meifter SM. Simettinger eingefenbet worben waren, Dor. 2)ie ©lütter gehören theilß
ber Carya Ungeri Ett., theilß einer Plumeria an, bie Don Schauerleiten befannt
geworben ift.
£err !. !. ©ergrath SM. ©. ?ipolb fprach über baß 3llter ber Äohlenablagerun-
gen am nbrblichen Staube ber Äalfalpen in £ber- unb Stieber-ßefterreich. 2>ie im
Snnern ber Äalfalpen Dorfontmenben Äohlenablagerungen gehören, Dermoge ber mit ihnen
gefunbenen gofftlien, ber oberen Sriaßformation an. 2)ie am 91 anbe ber novböftlichen
Äalfalpen Dorfinbigen Äohlenablagerungen gehören bem unteren £iaß an unb führen in
bem £angenbeu ber glöße für biefen leßteren begeichnenbe Petrefacten. gür biefen unteren
£iaß würbe ber Stame ber ©reftener Schichten beibehalten, wahvenb bie Sriaßabthei-
lung Don $erm ©ergrath Sipolb mit bem Siamen ber Junger Schichten begeich*
net würbe.
gerner weißt $err ©ergrath SM. ©. i p 0 1 b eine Suite Don filurifchen ©er-
fteinerungen auß Siofycan in ©Öhmen Dor, welche bie f. f. geologifche Sleichßonftalt
$errn Slpothefer 31. Storch Derbanft.
Vcnmtvfrtlt^tr lUDarUnr Ir» fttpti» Sißwttßer. Inufcmt Uv &♦ Wftnrr Jtibtug.
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griebridj $>cbb el
IV.
R. Z. 3n bie Bt’it, ba bet Steter mit bet Stöfaffnng feinet $auptwerfe
befchäftigt mar, fielen nebft jablreicbcit ©ebid;ten unb mehreren djatalteriftifc^cn
©^eugniffen epifefjer ©attung einige Heinere bramatifdje Arbeiten, bie burch jene
atlerbin^S in ben £)intergmnb gebrängt werben. Sa 8 „Svauerfpiel in ©icilicn",
ba3 feine ©ntftehung einem äSorfad wäf»reub beS Sid)ter3 Ötufentfjatt in Neapel
oerbanft, etfd)ien 1851, bie jmeiactige Äünftleranefbote „95li<hel ülngelo", ein uit*
oer!ennbare 8 ©elbftyortrait, 1854, bie fogenannten Suftfpiele „bet Siamant* unb
„bet Uiubin" (baö erftc fcfjcn 1842 entworfen) 1847 unb 1851. Sa 8 „Stauer*
fpiel in ©icilien" bjatte bet Sinter felbft als Sragifomöbie bejeid^net unb in bem
oorgebru eilen ©enbfd;reibcn an Diotfcbct biefen Segrijf beftimmt, wie er fid) etliche
3 a^re früher in feinet 33 rcfd)üre „5)iein SBort über ba§ Srama! ©ine ©rwiberung
an fProf. Ipeiberg in Kopenhagen" (1843) übet feine Slnfi^t ton bramatifd;er
Sichtung auSgefprodjcit hatte. ©ine feiere entfiele, hiefj e 8 bort, überall, wo auf
bet einen ©eite wohl ber lämpfenbe unb unterget)cnbe SMenfd), auf bet anbetn
jeboch nicht bie berechtigte fittlidje SDiac^t, fonbern ein ©urnpf oon faulen 23er»
hältniffen oorl;anben fei, ber Saufenbe oon Däfern hinunterwürge, ohne ein eingigeö 3 H
oerbienen, #ebbel ahnte wohl nicht, bafj er mit biefer E>ccf>ft treffenben Seftimmung
noch anberen feiner Sichtungen als bem „Sraucrfpiel" allein ihren (Rang anweife.
SenigftenS läf)t fid) eben fo gut wie oon ben faulen Serhältniffen, an welken bie
Ipelbin beS obigen Srama’ß 3 U ©runbe geht, auch oon ben gcfetlfchaftliehen 8 ügen unb
S3orurtheilen, bie in ber „3ulia", wie in ber „SRaria SJiagbalena“ unb, wie wir gleich
fehen werben, noch in feinem lebten SBerfe, bem Semetri u 8 , bie Äataftroph e h ^ 5
beiführen, behaupten, bah f> e bw Cpfer, bie ihnen fallen, nicht Werth feien.
©ine Softer, bie oon ihrem leiblichen Sater als Stählung für eine uner-
fchwinglichc ©<h«lb an einen alten ©ei 3 l;al 8 unb SBucfjerer, einen in feiner 3lrt
meifterhaft ge 3 eic^neten £t)pu§, oerfcfjachert wirb, bilbet ben SlußgangSpunlt ber
Ipanblmtg; ba 8 fociale Problem beS SBeibeS, feine Schanblung als © a <h e, bleibt
auch h' er ntc^t au 8 . 9luf ber flucht oor ber unnatürlichen SwangSehe, im SBalbe
an ber ©teile beS mit ihrem ©etiebten oerabrebeten ©teHbicheinS angelangt, wirb
fie überfallen, beraubt, getöbtet unb ihr ©cliebter überbieS beS 5)?orbe8 befc^ul®
bigt; alle 8 bieß oon benfelben Seuten, bie 3 U 2ßachtern beS ?eben 8 unb beS ©igen»
thum 8 beftellt fittb, oon 3 Wei ficiliaitif^en ©birren. ©äbrenb bie ^»oligei ftiehlt
unb morbet, übt ber Sieb, ein Sauer, ber grüd;te geftohlen unb fich oor ben
©enbarmen auf einen Saum geflüchtet hat, ^ol^ei, belaufcht bie Serbrcchet unb
tB«$tnfi$rift. 1864 . Bant UL 89
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610
entlarvt fie. Sic SBertjältniffc finb auf bcn Äopf c^cftcüt; wie in beß Sitterß
Bürgerlichem Srauertyicl, bet „SJtaria SJtagbalena“, fd;lagen alle Segnungen bet
beteiligten $>erfonen inS ©egenteil um, fo baß biefc eigentlich lontifd; erfteinen müßten.
Sugteid; aber finb bic folgen biefeö §cljlfd;lagcnß ßter wie bort fo Beftaffcn, baß, wie
ber Sitter vortrefflich fagt, nnferc 8atntnßlcln Juden, wäfjrcnb wir jugleit tot
©raufen erftarren mC'tten. SBie bie «erjweifelnbe ihrcincrStochtcr an bem „Sumpf"
beß gefetlftaftliten Sorurtljeilß, baß bic cßriidjc ©ntefjrte außfteßt, aber bie cl)i'=
lofe Steineßc gelten läßt, fo gebt baß bem elterlichen Bwange cntflie^enbe SBeib
hier an ber Siechte unb $)flitten inß ©egenteil verfeftrenben Säulniß aller büt=
gerlitcn Setältniffe ju ©runbe. Sie SBirflitleit ift ^ier wie bort im ©egenfaß
jur Jbce unb jeigt biefe felbft nur im 2lugenblid beß ©rliegenß.
2Bo ber Sitter fit fclbft unb feine SBcrfc, beß ßi'tften Strcbenß fit be=
wußt, ju bem il;n umgebenben publicum in äßnlitcr Sejicßung ju crbliden
glaubte, ging biefc ironifte SScltanfd;ammg in perfönlitcn ©roll unb SSerbitterung
über. Sie günftige Slufnafunc ber „Jubit" unb ber „SJtagbalena" war für fein
empfinblid;eß ©emüt burt bie gleichgültige ber „SJtariamne", bie wenig ermutl)i=
genbe beß „Stubinß" unb ber alß SJtageHoite vcrlleibeten „©enovefa* mcl;r alß auf*
gewogen worben; feine rcijbare ^Ijantafie faß fit, wie einft bie beß ißm längft
tmpatbiften grämlitcn SJteifterß Suonarotti, ringß uoit Unoerftanb, geiftiger
Dßnmatt unb Serien nuitg umgeben. 2tuß biefer gekannten, im ©efüßl beß eigenen
SBerteß Sroft futenben Stimmung cntfßrang „9)tid;et QIngelo", eine £>außrebe
beß Sitterß, ber fit non Seuten, bie jum Steil in ber Sßat, nitt bloß feiner
SJteinung nat, tief unter ißm ftanben, einer ungemeffenen Selbftüberßebung »er*
bättigt fal), wäßrenb er in feiner fteljen Äünftlerbefteibenßeit bie waßrßaft großen
©enien berget ü&er fit erBlicfte.
£ebbclß patßetifter Stwung, ^ er tn ber Siegel, wie bei Stiller, Sbeen, nttt
feiten, wie bei ^laten, bem eigenen Selbftgefüßl galt, rnadjte ißit wie biefe beiben
unfähig jum Suftfpielbitter. 3u ftolj um wie Jener bem Sßeaterbebürfniß julieb
auß bem Sraitjofiften ju borgen, ucrfud;te er wie biefer bie mangclnbe greißeit
ber lomiften burt bic äßenbe Sdjätfe ber fatyriften Stimmung ju erfeßen. Sei
feiner Steigung jum SJtaßlofcn, geriet er aut ßiet inß Uebermaß; um brajtifte
Steijmittel «erlegen, oerftmäßte er felbft baß ©delcrregenbe nid;t; waß feine entfte
Statur tm »erjagte, futte er burt gewagteften fPßantafiefprünge, burt gro*
teßte ©ßaraftere, abnorme Situationen, müßfam ßeraußgequalte Skiffe ju er*
jwingen.
Stehen biefen jum Steile mißlungenen bramatiften, jaßlveid;en, namentlit
im i'cniengcnre uortrejfliten triften unb etlitcn noüelliftiften fProbucten, bie,
wie bie wunberbar fnappc unb ergretfenbe ©rjäßfung „bie Äuß", Jpebbel’ß ©r*
jäßlertalent junätft an baß .'pcnu-idS »on Äleift anreißen, reifte in tm, wäßrenb
er gäitjlit mit bcn fagcnßaften Stibeluitgen beftäftigt ftien, ber Äeim ciiteß
neuen geftid;tlitcn Srauerfpielcß, baß burt ein fcltfameß 3ufaHßfpiel benfelben
Stoff wie baß leßte Stitlerß bcßanbeln unb, waß not fonberbarcr ift, wie biefeß
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611
unüoEenbet burcß beS ©ichterS ©ob unterbrochen werben foEte. fProf. Sul. ©lafer
unb ©tttil Äuß haben baSfelbc auS feinem 3Reicf>tafj ^erauSejegeten (1864).
SSic bet ber „Subitß", ber „©enooefa" unb ben „Sliibclungcn", flammt bieSbee
bc3 © emctriuS auS ^>ebbel6 frübefter Beit. SereitS mit 18 Sauren, Wie auS
bem Sorbericht ber Herausgeber erhellt, bat er fieß mit bem ©ebanfen getragen,
©dHEerS Fragment ju »oEenben. ©aß biefer Sorfaß unterblieb, baju trug fieser
meßt wenig berfelbe Umftanb bei, welker ben Stoff Seibern wertß machte, fein
ßiftorif d>er ©ßaraftcr. Sn feinem „SBort über baS ©ratna" weist Hebbel bem
rein gerichtlichen ©rama nur eine untergeorbnete Stolle gu; baS Sbeal, baS er
fieß uorfeßt, foE focial, unb ßiftorifcß jugleicß fein. SBie er ben
fagenßaften Stibelungcn eine fociale unb philofophifcße ©eite abgewonnen ^at, fo
3 ießt ber gcf<hid;tltcße ©cmetriuS i£>n erft bann reißt an, wenn eS gelingt, auch
an ihm einen focialen ©efißtspunft ju entbeefen.
SDtit ber -iftibelungcntragöbic war baS Problem bet ©he bei Hebbel jum Slbfßluß
gefommen. ©ßte uub uned;te, 2 Bal;teE)e unb 3 wang 8 ehe, waren in biefer wie in ben
ootangegangenen ©ißtungen non allen ©tanbpunften auS bramatifß beleuchtet
worben, ©ie SOtagbalena unb 3ulia Ratten gezeigt, wie ba§ gefaEene SSeib, um
ber gefeEfchaftlichen Sranbmarfung S u entgehen, Heber ben ©ob ober baS buvß=
auS oetwetfli<he Serßältniß bloßer ©ßeineße wählt. ©8 blieb noch 3 U jeigett,
welches ©ßicffal ber ©proffen unerlaubter Setbinbungen in ber ©efeE=
feßaft unb ihren eingewurzelten Sorurtßeifen h a vte.
©chiEerS ©emetrhtS ift ein frembeS Äinb, baS butß bie 8 ift eines
ÜRönßeS, ber fi<h an ©jar SoriS ©obunow rädjen wiE, bem auf beffen S3e*
fehl ju Ugtitfß ermorbeten ©ohne ©jat SwanS in ftolge feinet täufßcnben Sfeßn*
lißfeit untergefchoben wirb, ©iefer felbft glaubt an fiß; äußere Umftänbe, bet
ehtgeijige SBoiwob non ©enbomir, bet feine ©oeßter als ©jarin ju fehen brennt,
bie SEationaleiferfucßt ber $>oten auf ihre ruffifßen 3tad;barn, begünftigen ihn;
feine Sahn ift geebnet. Stuf bem ©ipfel feines ©lücfeS angelangt, erfährt er auf
einmal, baß er ein Sctrogenet fei: in ber Sllternatice, als ehrlicher ERamt bie
unrechtmäßige Ärone fahren 3 U taffen ober als fühner Setrüger biefelbe 3 U be=
hausten, Wählt er baS leitete. 316er baS ©efühl feines Unrechtes maßt ihn, ber
bis bahnt ebcl unb großmütig etfeßien, argwößnifß unb gtaufam; bteS führt
feinen ©turj herbei.
Son biefer „©runbibee" ©ßiEerS ift bei Habbel, wie er felbft fagt, nichts
übrig geblieben, ©obatb er, erjählt fein H erau§ 3 c ber, baS ©rama wirfliß in
Singriff naßm, »ermoßte er gar mißt 3 U faffen, wie et jemals bamit habe umge=
hen tonnen, fidt> bem ©ßiEer’fd;en ©orfo anfd;miegen ju woEen unb beantwortete
fpäter bie fyrage: ob eS benn wahr fei, baß er ©ßiEerS ©emetriuS auSfüßrc?
mit bet Semerfung: ,,©S fann eben fo wenig Semanb bort anfangen weiter 3 U
bitten, wo ©ßiller aufgehört, als Semanb bort ju lieben anfangen fann, wo ein
Stnberer aufgehövt."
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•fjcbbetS ©emetriuS ift nun toirflid^ ein (Sf)araftcr geworben, wie er ihn liebte,
©ie rßmifche Äirtfje hat ben jüitgften ©ofm ©gar JwanS ben SE)iörberl)änben
©obunewS entjogen, um ficf) an if>m ein Sßerfgeug gu ergießen, baS, einft auf ben
Sf)ron gebraut, bie Union ber morgeniänbifcfycn mit ber abenblänbifdjen Äird)e in»
33ollgug fe^en foll. ©in fcfjtauer SRond) hat eS übernommen, ben echten ©emetriuS
gegen baS mit ifmt gugleich geborne Äinb einer ^)alaftn>äf(^erin auStaufcfjen gu
laffcn, unb ben if)m anoertrauten Änaben fictjer nach ^)o!en gu retten, wo er als
ginbling am £>ofe be§ SSoiwoben oon ©citbomir aufwächst. ©ie römift^e Äird^e
ift beS ©laubenS, ben echten ^ringen in iljren £>änben gu galten, ber ©olcf> ber
SJtorber ©obunowS habe ein fvcmbeS Äinb getroffen. Sfber bie SOtutter beS ©auf<h=
fiubeS, welche bie ©garin betrügen foHte, hat ftatt beffen ben üRötuh betrogen,
©ie hat ihr eigenes Äiitb in bie Äleiber beS ^ringen geftecft, biefen wieber gu*
rütf in bie SSiege gebraut, unb ben eigenen dfnaben bem 33oten bet römiftijen
Äirdfe übergeben, ©o ift ber echte ©emetriuS tro^ ber gürforge ber Jefuiten in
Uglitfdj getebtet worben; ber 3ünbcr, Welker in i£>rer £anb ©obunowS S^ron in
bie Suft fprengen foH, ift ihrer 8ift ungeachtet ein faIfer fPring.
2lber nur gur £>ä(fte. Jene fPalaftwafcherin ift eine oon JwanS oorüber»
gctjenben Seibenfcfjaften gewefen; baS Jlinb, baS fie im ©cljoohe trug unb anftatt
beS echten ©garewitfdh in bie £änbe beS ÜJiöncfieS legte, ift eine $rud)t beS
©garen! ©er oermeinte ed)te ©emetriuS ift gwar nicfjt SJtarfa’S, aber bo<h JwanS
Äinb, ein Slebenfprofj beS Kaufes Siurif, fein legitimer gwar, aber hoch ein
23 a ft a r b p r i n g. Stun ift er für ben Hautgout beS focialen Problems gugerid^tet.
Saft fc^eint eS, als ob feine uneheliche ©eburt ihn bei £ebbel erft courfähig
machte. ©ie gerichtliche iSlfjcitfactjc, bafj ein falber fPring, an ber ©pijjc eines
bewaffneten SlachbaroolfeS butef) ben Sauber feines SiamcnS ein gewaltiges Steich
erobert, einen ftaatSflugcn unb tapferen ©egner befiegt unb gulefjt an ben folgen
feines großartig behaupteten 23etrugeS untergeht, intereffirt ihn oiel weniger, als
baS phpfiologifch=pfpchoIogif^e Problem, wie fiep im 33aftarb ber gürft äußern,
unb wie baS ©efüljl, in ben 2lugen ber SSelt ein SluSwürfling gu fein, erjt
auf ben 90Rettfcf)en unb bann auf ben gürften gurüefwirfen werbe.
SBaS fann ein 23aftarb bafür, bah er ber ©proffe eines ÄebSweibeS ift? Sft
eS geredet, bah ih n ^ er ©pott, bie 23erachtung aller berjenigen treffen foH, beren
SERütter mit ihren fßätern gefeplich »erheiratet gewefen finb? SBenn et nun ooU
lenbS im Snnern einen h% ren ^8cruf gu ahnen glaubt, wenn er, oon ber
Statur mit allen ©aben oerfchwenberifch befcljenft, fiep gum Änecf)t8bienft in einer
Umgebung herabgewürbigt fieht, in beren Slugcn ein 23aftarb nur „ein #unb"
ift, wirb fi<h in ihm, bem überall feine uneheliche ©eburt im Sßege ift, gulejjt
nicht bie SBorfteHung einwurgeln, bah bie uneheliche Slbftammung nicht nur in ber
SJteinung ber SJtenfchen, fonbern an fi<h ’ein Uuglücf, bah ber unehelich ©eborne
nicht blofj burch 3Jtenf<henfa{5ung, fonbern oon ^Rechtswegen rechtlos fei? wirb er
baburch nicht matt, fraftloS, im entfeheibenben Slugenblicf oergagt werben, unb
wenn ihm eine Äronc aufs £>aupt fallt, fie freiwillig bem erften beften ehelich
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613
©ebornen abtreten, ber fte „am fetten Sage tragen barf", weil er fid; felbft
beren nicf>t für würbig f)ält?
©er baftarb äßill;elm von ber Stormanbie f)at ficf>, ate er auf bem ©d)lad)t=
felbe non ^aftingß bic englifd)c & rotte fanb, weniger ©crupel über feine illegitime
©eburt gemacht, Hebbel, ber un» burd;auß baß SSerbred^en gu flauen geben
will, baö bie elielid) geberne ©efcflfcfiaft an ben Mtelieltd) ©ehernen verübt, fafjt
feinen ©emetriuß fo auf, baff bie (Sntbecfung feinest baftarbtl;umß ihn gum frci=
willigen 93 erjid)t auf bie bereits gewonnene Ärone von 3 iiifjlcirtb 3 U bewegen im
©tanbe ift. 9(n einem ftolgen x’lbelßbof als fyeintatlofer gittbling anfgewadjfeit, l)at
fid) ifmt ber Siefpcct vor ber untabelljaften ©eburt bergeftalt eingeprägt, baff,
al 8 if)m bett Sag vor feiner Ärönnng in SWcßfau bic $)alaftmäjdjcrin barbara
baß ©eftänbnifj matf)t, er fei if>r ©o|n, unb ber „edife ©obn beS Ggaren", er
felbft bic bojaren berbeirufen will unb eß ganj in ber Drbnung fättbe, wenn fie
ityn „wie einen £)unb" fortjagten! SJtarfa, bie Söittwe beS (Agaren, feine angcb=
tid)e SKutter, fiat tyn zweifelhaft empfangen unb baburd) feine Slnljängcr in ber
grage, ob er Swanß ©ofm fei, felbft gweifelfiaft gemacht. 9tun l)at er ein unwiber=
fpretfilidfieß Beugnip von feiner wahren SJiuttcr, bafj er wirflicf) Swanß ©ol;n
fei; aber ftatt baff et fid) bttrd) biefe Sliatiad;e gehoben unb nun erft recfyt feft
in feinem Sterte füllen feilte, läfjmt ber Umftanb, baff feine SRutter feinen ©rau=
fd)ein aufguweifen f)at, feine gange Äraft, unb wirft il)n, ber jefit erft ber ungwei=
felhafte ©proffe beS £aufcß Diurif geworben ift, „inß leere 9iicf)tß" gurücf! 2lugen=s
blidlid) läf)t er ben dürften ©djuißfoi, feinen ©obfeinb unb offenbaren .!pcd)=
Verräter, beit er foeben auf baß ©rängen feiner braut unb feineß ©^wieget
vaterß gum Sobe gef^idft hat, frei, benn
— — wo ift bie ©lajeftät,
©te er belcibigt, wo ber hocfwerratl;,
©en er begangen bat?
(Sr fiabe „alß Swanß ©olw" ein 3 ted)t auf bie Ärone gehabt. Sejjt, wo er felje, baf
er ein betrogener fei, bleibe ifmt nid)tß übrig, alß fie wegguwerfen, wenn er niefjt
felbft gum betrüget werben wolle. 2 luf ein Äofafenpferb will er fteigen unb wie
er „alß ©gar" eingegogen, „alß Säger* Ijeimreiten.
3 ft baß gum Sachen ober gum bewunbem? 3 ft er benn alß barbara’ß nid>t
mefyt „Swanß ©ofjn?" SBemt er, ber wirf lieh ein ©proffe, wenngteid) ein wil=
ber, vom bäume Sturifß ift, bie Ärone vcrfcf)mäl)t, fo nimmt fie ein Slnberer
auf, ber nic()t einmal ein SSilbling vom (Sgarenftamme ift. SBer fiat, ba bie äbrone
einmal nach ^m S 3 lute forterben feil, ein näfiereß 9ted)t auf biefelbe alß er, ba er
ber eingige nod) Sebcnbe ift, in beffen Slbern baß blut Swanß rollt? Unb wenn er
gu jtolg ift, für ben cf>elid)cn ©ofyn beß ©garen gu gelten, ber er nicht ift, wer
^inbertifynbenn gu betennen, bafj er fein nnefidicker fei? Sßenn bie geburtßftolgen
bojaren von feinem £albblütigen werben bc^crrjdjt fein wollen, wirb baß ruffifdje
bolf, baß in ihm nur ben ©tammfialter Sturifß, ben „ccf)tcn ©ofm Swanß“
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ficht, eben fo tjeralbifct) fccbeuttid) fein? ©enigftenS fcnntc er cg auf bie 'probe
anfommen taffen. ©enn er bie Ärone nieberlegte, weit nur ber eljclid; ©cborne
fie tragen barf, fo wäre eS grofj; wenn er fie trejjbcm behauptete, weil er fie
einmal trägt, fo wäre cS füljn; wenn er fie aber nur bcfjfjalb nieberlegt, weil er
ficf> feiner unehelichen ©cburt fd^ämt, fo ift eS erbärmlich-
©hafefpeare’S wacferer 23aftarb gaulconbribgc bcnft gang anberS als £ebbel8 ©e=
metriuS. (Sr fd;ämt ficb burcfjauä nicht bcö PlafelS feiner ©eburt, weil er fühlt, bah
er ber Pc'aitn fei, ber ihn »ergeffen machen fattn. ©ie Sbftammung oon CRid>arb
8ßwenherg giebt ihm in feinen Sttugeit met mehr, als ber Fehltritt feiner Ptutter
ihm gu nehmen im ©tanbe ift. ©ie Slncrfcnnung ber SSRarfa ift für ben ©emc=
triuS nur barum oon SEBerth, weil fie ihm ben Swan gum SSater giebt; fobalb er
beSfetben auf anberem ©ege gewifj fein fann, uerliert jene gum größten ©heil 'h re
entf^eibenbe 33ebeutung. 23arbara’S ©ohn fann ein unechter ©emetriuS fein, aber
er ift ein „echter ©ohn SwanS" unb als folget hat er, ba alle legitimen 5Ra<h=
fommen fehlen, bei feiner fonftigen ^errfdjergabe ein 2lnrecf)t auf ben ©Ijron, kaS
nur ein ©ljor D ^ cr c 'n Äranfer an feiner ©tatt leichten ÄaufeS hmgäbe. ©et
nun baS ©ine ober baS Slnberc, eS hebt baS bratnatifche Sntercffe auf. Ueber ben
©hären lachen wir, ben Äranfcn übergeben wir bem 9lrgt. ©enn fid> in biefem
©emetriuS bie falfdje ©cham, 23aftarb gu heifjen, fo feftgcfejjt hat, bah er eher
bie Ärone fahren gu taffen, als jene gu überwinben im ©tanbe ift, fo hat baS
fociale SSorurtheil fein Pleifterftücf an ihm gemacht, eS hat feinen gefitnben 33er=
ftanb unheilbar oerfd)reben. ©eine freiwillige Sicfignation, bie nach bem SMlen beS
©idjterS als f>5chftcr ©belmuth crfcheiiten foll, befommt einen fcmifdicn 2(nftri<h,
weit er fie nidjt nöthig hätte, ©ie golgen ber ©chwäcfje aber, bie ft<h nicht ent=
}d;lie{jcn fann, als SBaftarb SwanS wirtlicher ©ohn gn fein, unb liebet als fal-
fcfjcr ehelicher ©ohn bie „©garenrechte*, wenn aud; nur fo lange weiter trägt, bis
Piatina als „Äaiferin aller SHeuhen" nach Polen heimgefchrt unb bie 2lnbem im
„fid)crn S3oot" untergebracht finb, finb nicht nur für ihn, ber batan untergeht,
fonbern auch für Stufdanb tragiieh, baS baburch eines fo oortreff(id;en JperrfcherS
beraubt wirb, als ©emetriuS nach bem Silbe, baS bet ©idjtcr unS entwirft, ge*
worben wäre; ©emetriuS opfert fidj unb fein SSaterlanb ber flägltchen ©itelfeit,
nißht S3aftarb heihen gu wollen!
Unwtllfürlich werben wir an bie ©orte erinnert, burch welche ber ©idjtcr
fo treffenb bie „©ragifomöbie" charafterifirt. ©ir erftarren oor ©raufen bei bem
Slnblide beS tübgrunbeS, in welchen ©emetriuS unb Siuhlattb ftürgen muh, welches
in ihm ben lebten ©proffen feines uralten IRcgentenhaufeS einbüht, aber unfere
2a<hmu8fcln guefen bei bem Stnblicf beS SRitterS oon ber traurigen ©eftalt, ben ber
oor fich felbft als Saftarb enthüllte ©emetriuS fpielt.
©aS ©rama ©emetriuS ift unoollenbet, ber ©harafter ©emetriuS ift, fürch»
ten wir, oollenbet. $ebbel3 SieblingSthema, baS fociale Problem, wirb bem um befj»
willen gum Saftarb gemachten ©lüdfSritter oerbcvblid). ©ie er baS ©ingige ift, waS
bem ©i^ter am ©toffe eigentlich oon ©i<htigfeit war, fo hat er ihn auch noch fo
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weit geführt, baff wir genau wiffcn, wad er mit bemfclbott gewollt Tjat. Gr hat
.feine ßntwicflungdgcfd;id;te bid gu bem fünfte gebracht, wo bie folgen feiner
Sugenbeinbrücfc fid;tbar werben feilten; wenn er Weber beit 5)iutf) f>at, Setrüger
gu fein, nod; Saftarb gu l)eifjcn, fo ift ihm nid;t gu Reifen. Snnerlid; ift er fd;ott
verloren am Sd;lufj beö eierten 3lctcd; ber fefdettbc fünfte fönttte nur nod; gci=
gen, wie er and) äußerlich gufammenbriebt. SBenit ihn bie ruffifd;cn Sojaren ttid;t
ftürgett, fo „günbet er felbft bie 'Pulverfammcr au", ßd ift alfo im ©attgcit giem=
lidj gleichgültig, Wad jefct nod; folgen füllte. Sie Peripetie ift fd;on eingetreten,
nur bie Äataftropl;e mangelt. 2lbcr and; jene, weld;e bei Sd;illerö Semetriud
ungefäl;t auf bem £>öf;epuitft ber .vjanblung im brüten Stete erfolgt wäre, tritt
hier bem epifeh fchilbernbeu ©attge gentaf;, ber mit ber 3itgeitbgefd;id;te anhebt,
erfi am Schluffe bc3 eierten ober, bad Sorfpiel hingugered;itet, eigentlich beö fünf*
ten ein. Sau ©ange erhält baburd; aud; mel;r beit ßl;arafter einer gebend*
ober Seelcttgefd;id;fe alö einer bramatifd;en .vjanblnng; wä(;rettb und Schiller mit
bem Slufgk'hett be3 Sorl;attge8 mitten in bie Staatdaction verfemt, läft und ber
grübelnbe Sichter in breiter ÜluSmaluttg 3euge bed Sor* uttb Siebelebend be8 £>el=
ben fein, bie wir, auch wenn fid; ihr 3«halt nid;t Türgcr uttb beffer ergäl;(cnb
mittheilen liefe, wie ed Schiller getl;au l;ut, um ihrer baroef gefuchten Nianicr
Willen bem Sid;ter gerne erlaffen hätten. Sie Segatettfcene, an fiih großartig ge=
bacht, wirb burd) bie fajt wörtliche 3Bicbcrl;olung ber ^auptftellen int vierten Stuf=
gug überflüffig. 3n ben erften gwei Steten, Weld;e ber Sichter, wie e8 nach ^tt
2lufgeid;nungen im Hagebuche fcheint, in ben 3uh ren 1857 biö 1859 gefd;rieben
hat, h err id)t ein frifd;er realiftifcher 3ug «nb rcil;t fie bem Seften an, wad
äpebbel je gcfd;rieben. SEJtit bem brüten, fdion auf bem ÄranTcnlager verfallen
Stet, tritt ein nterflid;ed Sittfen ein, wad gleichwohl nicht bjtnbert, baff bie Sd;luf 5 =
feeite bedfelben am ©ruftgewölbe bed Äremld gtt ben effectoollften gu rechnen ift.
3m vierten Slufgtig häufen fid; bie 23unberlid;feiteit. von ber unbegreiflichen Scene
SRaritta’d an, bie fich in cpnifd; behaglicher Sludfübrlidffeit über ruffifche SDiobe unb
Äodjfunft erget;t, bis gu ber tugenbhaft fein follenbett Sonquipotteric bed Semctriud hin,
ber um bed fehlenben 2rau)d;eiue3 willen Ärotte uttb Neid; aud ben Cpänbett giebt.
Siefer vierte Set unb bie ßingangdfeene bed fünften, and ber fid; nur fo
viel erraten läfjt, baff bie ßmpörung nunmehr in vollen Slam men auöbred;en
foHte, finb bad Scjjte, wad Hebbel gebietet hat. 3n feinen lebten Scbettdjahren
fchien bad Sthicffal, bad er oft bitter angeflagt hatte, wahre unb vermeintliche
Unbilben gutmachen gu wollen, inbem ed bie fang verjagte äufcere tSnerfennung
ihm mit vollen Rauben gu 2h c 'l werben lief. Sie Sfufnaljme ber Nibelungen auf
ben beutfehen Sühnen übertraf felbft bie Grwartungen bed Si<hterd unb feiner
Steunbe. Sad Sorfpiel ber Srilogic unb beren erfter Stjoit errangen niöht nur
auf ber Sutgbühne, fonbern wo fie erfchienen, einen vollftänbigen ßrfolg; bad
23crf trug bem Sichter mit feltener Ucbereinftimmung bed allgemeinen Urtheitd
ben für bie bebeutenbfie Sciftung auf bramatifchem ©ebiet am Schillertage geftif*
teten Schiüerpreid ein. Sic fchwere ©olbmüngc, welche ben Lorbeer vertrat,
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erreichte bett Siebter, glücflicbcr als Saffo, nod) auf bem (Sterbebette. Sie lang*
wierige Äranfheit, bic if)n bem Sobe jumfjrte, fc^ien feine Suft unb £aft beS
^cctifdjen ©Raffens ju oerboppeln. GiiteS feiner fdjönften ©cbichte „ber ©ramine",
welches nach feinem Sobe in ber „treffe" erfchieit, ftammt auS ber ärgften Sei*
bcnSjcit; im Setober IS63, fchon an baS Säger gefcffclt, nahm er bie Arbeit am
„SemetriuS", welche brei Sabre geruht hatte, m >t fieberhafter Ungebulb auf unb
führte ihn bis jurn 6. SRooembcr, fünf SSo^en oor feinem Sobc, ju feinem gegen*
wärtigen Umfang. SSic ber (Solbat mit ber SBaffc, ftarb er fo jn lagen mit ber
geber in ber ,(panb. Snmitten bcS (Schaffens, unmittelbar nach ber ©ollenbung
feines beften unb oor ber Sccnbigung eines f^wä^eren SßerfeS, fd>ieb er wie
©oetbc Don ©filier fagte, als ein ©lüdlicher »on unS; fein febwer errungener
Äranj ftrahlt in ungetrübter griffe. Stöbert 3immermann.
(SrAn, baö Öanb jtuifc^cn beut 3itbuö unb Xigriö
©eiträge jur Äcnntnifj beS SanbcS unb feiner ©efrfjiehtc oon Sr. /rif&ritlj Spiegel,
(©erlitt 1863. ©erlag üon ©itmler.)
Q Sie Stbljanblungen unb ©f^jen übet e'ränifche Suftänbe, welche man
unter obigem Sitcl ju einem jicmlich ftarfen ©anbe cereinigt finbet, finb jum
größten Sheile fchon früher im Srucfe erfchienen. 3h re ©ntftchung oerbanfen bic*
felben einem h^cfjft löblichen ©cbürfniffe beS ©erfafferS; inbem eS berfelbc für
nöthig erachtete, fi<h bei feinen ©tubien über bie Äcilinfcf)rtftcn unb baS Sfoefta,
beren Ulefultate rühmfid;ft befannt finb, nicht blofj mit ber ©rammati! unb bem
Sejrifon ber tcrfdjiebenen e'ränifchen Sialefte, fonbern auch mit ber ©efdhaffenheit
beS SanbeS unb ben 3uftänben feiner ©ewohner in oetfehiebenen Seiten befannt ju
machen gür ein folcheS ©tubium bietet baS treffliche SBerf SiitterS allerbingS
eine gute ©ruitblage, aber ntand;c wichtige Sctailforfchung ift Don neueren 9lei*
fenben feit bem ©rfchcinen biefeS SBcrfeS befannt gemacht worben unb wirb hier
jur ©erooflftänbigung beS ©ilbeS nachgetragen. Sen ©efammteinbruef, ben bie Der*
fehiebenartigen SueHen Don bem Sehen unb Sreiben einer einzelnen ^rooinj geben,
fajjtc ber ©erfaffer immer in eine geographif<h c un ^ namentlich ethnograph'fd> c
©fijje äufammen unb biefe finb fümmtlid) in ber 3eitfchrift „SluSlanb" in ben
Sahren 1858—1863 erfchienen; hoch haben biefelben Dor biefem SBieberabbrucfe
mannigfache ©erbefferungen unb ©errollftänbigungen burch neue wichtige ©nt*
bedungen erfahren.
Slufjer biefen ©etrachtungcn übet bie einzelnen &h e *t c ^ SanbeS, enthält
baS ©uch auch eine Slnjahl anberer über po(itifcf)e ober culturhiftorifche ©erhält*
niffe, welche bie gaitje e'ränifche Station unmittelbar ober in ihren folgen betreffen.
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Sud) von biefen ftnb bie meiften fdjon in genannter Beitfcbrift gebrudt worben,
fo bie Abljanblung über „SDejofeS unb bie Anfänge ber mebifcbcn Jperrfcbaft",
über bie „^Regierung beb 2)ariu8 na<b ben Äcilinf<$riften", unb über bie „cultur»
biftorifcbe (Stellung beb alten dran"; begleichen ber Auffajj „Aocfta unb Seba"
b. b über bie Schiebungen ber alten dränier gu ben Snbern. 2)ie8 lefcterc Ser»
bältnif) ift neuefter Beit oon ber orientalischen Philologie unb ber Siiguiftif mcl*
fa<b erörtert worben unb ber ttmftanb oeranlafjte wohl ben SSerfaffer, jene Sb*
banblung für baS oorliegenbc Sndj berart umguarbeiten, bafj bicfelbe füg lief) als
eine gang neue Arbeit gelten fann. 2)ie ©arfteHung ber „eränijebeu Stamnwcr»
faffung" erfdjien guerft in ben Sbl;anblungen ber f. baier. Afabcmie ber 3Eöiffen=
fhaften. 9leu bingugefommen finb hier tio<b „Aoefta unb ©cncfiS ober bie Sc=
giebungen ber dränier gu ben Semiten" unb bie Abbanblung „Bur neueften
©efcbidjte beS fParfiSmuS".
Sn biefen Auffäjjen fuebt ber gelehrte SSerfaffer ficb möglich|t anf e'ränifcben
Stanbpunft gu fiellen unb oon biefem au8 bie Scbidfale bc8 SanbcS gu betrad;»
ten. S)ie cinbeimifcben Duellen: f£)ie Snfcbriften ber Könige ber Acbämäniben, bie
Sücber be8 Aoefta unb baß Äönigäbud; g-irböfi’S, finb bie ©runblagcn, auf wcld;e
er ficb oornebmlidj fiüfjt; baran fcbliefjen fi<b bie Sericbte ber ©riechen, nament*
li<b be§ mit ben e'ränifcben Duellen fo wobl ftimmenben £erobot, bie un8 Spie»
gel, fo gu fagen in8 dränier gutücfüberfebt. 9Jiit Ucbergebung jener ^artieen,
welche manchen nnferer Sefer auS bem erften Abbrucfe befannt fein bürften, über»
bliefen wir blofj bie drgebniffc ber neu bingugefommenen Arbeiten.
SBaS bie Segnungen ber alten dränier gu ben Snbern anbefangt, geigt ber
Serfaffer, bafj ein großer 3d)cil — wo nicht ber größte — bet gemeinfcbaft(id;en
mhtbologifdben Sorftcüungen febon biö in bie inbogermanifebe Beit gurücfreicbt unb
auch in ben Sailen, wo man bicö nicht naebweifen fann, läfst ficb J a nicht ber
fidjere Schluß gieben, bafj biefc Sorftellnngen früher nicht oorbanben waren, benn
jene ferne Urgeit ift un8 überbauet nur febr fragmentarifcb überliefert. 2Ba8 aber
bie beiben arifeben Söffer nabet aneinanber binbet als bie ©leiebbeit beö Stoffes,
ift bie grofje Aebnlicbfeit ber Sorm, in welche bie SorfteHungcn gegoffeu finb.
5)iefe Slebnlicbfeit ber fjorm nun nötbigt gu ber Annahme, bafj bie beiben arifeben
Sölfer nach Abtrennung ber übrigen Subogcrmanen noch eine Beitlang beilammen»
geblieben feien unb fi<b gememfcbaftlicb entwicfelt haben, hingegen finbet ficb auch
nicht ber fleinfte Bug, weither ber Annahme 2öabrf<beinli<bfeit »crliebe, bafj bie
dränier bie »ebifebe ‘periobe mit ben Snbiern bnrcblebt batten, mithin auS ben
Snbern beroorgegangen wären. Söenn wir baS beiben Sölfern ©emcinf<baftli<be,
fei eS in ber Sprache, fei eS in ber Religion, betrauten, fo finben wir baS Ur=
fprünglicbere halb auf ber einen, halb auf ber anberen Seite. Sollte ftcb im ©au»
gen bie Urfprünglicbfeit öfter auf ber inbif<ben’Seitc finben als auf ber e'ränifcben,
fo wirb barauS -Jliemanb ben Schluß gieben wollen, bafi bie Snber bie Sorältern
ber dränier feien, fo wenig wie man auS bet gleichen Sbatfacbc fcbliefjen wirb,
bafj bie ©riechen unb ©ermanen oon ben Snbern abftammen. Safj bie Snber
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i
in Sprache als 3)ii;tbologic mcift ba 8 Urfprünglidbe aitberen SBölfem gegen*
über erhalten fyaben, rührt einfach bafjer, bafj tfjre Spradje unb Sitteratur am
närf)[tcn an bie Urzeit I;inanrcirf;t, nicht baf)cr, bafj fic baß Urcolf felbft finb.
23er ba beweifen wollte, bafj bie Gräuier bie t?cbifcf>e Seit mit burcfjlebt
haben, ber müfjte £^atfad;en beibringen, bie fiel) eben nur ait 8 ben SSebaS, nietjt
a «8 jener Soweit erflären taffen. So lange foldjc JSeweife nicht beigebra<f)t finb
— unb fie «finb eS bi» jejjt nid?t — flehen wir auf ber fd;on »on Waffen au§=
gejprcdjenen Sebauptuug, bafj Seba unb Sloefta bie erfte Gutwidfelungßperiobe ber
getrennten arifd;eu Seifer bejeidjncn, unb bafj beibc Söller fdbon lange gerieben
waren, cf;e biefe 23erfe gefdjriebcn würben. Sod; muffen biefelbcn jebenfaß 8 früher
längere Beit ein einjigeS Seif gebilbet l;aben; eS ift beitfbar, bafj fie batnalß ein
anbereß 2 anb bewohnt haben alß jeiü, c 8 ift aber cbenfo benfbar, bafj bie SeWob 5
ner »on ©rätt unb bie Sewefmer be 8 $)entfd;ab (fcenn baf)iit muffen wir bie älte=
ften SBobtifipe ber Silber »erlegen) ein einziges Seif bilbeten, offne ben 2Befm=
V'tap ju »eränbern, unb bafj bie öftlid;en Stämme, in einem ganj »ergebenen
Älim« wo^nettb, fidb mit ber 3 eit eigentümlich außbilbeten unb enblid; als ein
felbftftänbigeS Seif abtrenuten. SSann biefj gefd;el;eit fei, läfjt fidb natürlich mit
Seftinunt^eit nidfjt mel;r angeben, aud; ift bie Brage nicht »eit fonbcrlidf>er ©rbeb*
lid;feit; cß gcfcljab gewifj »or bem Seginne aller @efd;id)te unb weit früher, al 8
irgenb ein SebaftymnuS »erfafjt würbe. Slu dj bie (dränier mitffen nad; ber $ren=
niing eine Beitlang fid; fclbftftäubig eutwicfelt buben, el;c Baratbuftra auftrat unb
bie gefammten DteligionSanidbauungen in ein Softem jufammenfafjte.
Sn ber §rage, wann Baratbuftra gelebt habe, giebt eö, man mag abcitb*
länbifdfje ober morgetifäitbifdtje Quellen 31 t 0iatl;e jiel;en, fein anbereß Siefultat, al 8
baff bie SebcnSjcit Baratbuftra’ß eine burd;au 8 mt)tf)iid;e ift unb wir fomit feine
angenommene ßjriftenj feilt weit Ijinauf nicfeit muffen. Stuf bie Brage, wo
Baratbuftra 31 t epaufe war, geben bie abenblänbifdjen Sendete fetjr abweidienbe
Slußfunft; au 8 ben »erwirrten 9iadf)rid;ten gebt jebod) fo »iel mit ©id;erf)cit ^er=
»or, bap nid;t nur bie meiften 3eugniffe ber Sitten ben 3aratbuftra nach bem
SBeftcn feiert, fonbent audb bie älteften. Sie Slutorität für ben oft>eränifd;en Ur=
fprung Baratbuftra’ß ift eigentlich blofj Stntmianuß 5Diarcellinu8, ein fo fpätcr
Sdbriftfteßer, bafj er faum etwas anbereS über Baratbuftra bjßrte, als wa 8 wir
fonft audb wiffen, unb beffen Beugnif) eigentlich gar nicht in Setracbt fommen
fann. Sie morgenlänbifdjeit Duellen finb über biefen ©egeitftanb weniger uneinig.
Ser 33unbef)ef<b läfjt ben Sater be 8 Baratbuftra in 2 lirpana=»aebfd)a wobtten,
b. b- in ber 9trajrc8=Gbene unb eben bort audb ben 3 arafbuftra guerft fein ©efejj
»erfünbigen. Siefe Shtgabe ftimmt nun audb mit bem Slocfta felbft. Spätere SueU
len fepen ibn nadb Sltropatene unb geben Siagba als feinen ©eburtßort an; aber
bie Slnfidbt, bafj 3aratbuftra au 8 >Dft=@rän ftamme, ift ihnen »oßfommen ftemb.
©in inbiftber Urfprung ift »oßenbS gar nicht bc 3 eugt.
Siefe Sbatfadbe bringt un 8 freilidb feine ©rflärung über ben urfprünglid;en
3 ufammenbang ber ©ranier unb Snbcr, fie nötigt un 8 im ©egentbeil ba 8 Bu-
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fantmeitleben beiber ©ölfet in um fo fcntcre 3cü jurücfä«ta{i'j}en. ©agegeit wirft
fie ein gang neneS Sicfjt auf eine anbere 513erroaubtfrf;aft, weldje nid)t weniger
unzweifelhaft ift. ©ie Sbeen. welche wir in ben eilf crfteit Kapiteln ber ©citefiS
finben, jeigen eine uncerfennbore ©crwanbtfchaft mit Sbeen be§ 'lloefta, wie bie8
längft con SDcümtem wie Grwalb, Baffen unb 9ienan anerfannt würbe. Go lann
biefe ©crwanbtfchaft nidjt etwa baber fomnten, baff bie Hebräer 3(nfirf;ten au3
bem Ütuefta entlehnt hätten, benn bie ©cfanntfdjaft berfelben mit eränifthen Sbeen
Zeigt fid; erft feit bem ©eginne ber 'lld'ämenibenf)errirfiaft. SBir finb folglich
genötigt, bie Duelle biefer ©erül)tuugcn in fehr alter 3eit z u fueben unb zwar
früher, als bie Hebräer nad) $>aläftina einwanberten, benn bort ift eine folcf)e
Berührung nid;t mehr gut benfbar. ©er SluSgangöpunft beb hebräiiehen ©olfcS,
auf ben feine ©cldjiditc felbft hinweist, ift £>aran, Weld;c3 Sanb mit Olrran, b. i.
2lirpana=oaebfd)a, ibentifd) zu fein fcheint. äpiemit werben wir auf ba3 ©aterlanb
Saratfwftra’S geführt, unb bafj in ber S[;at in ber 3Rät>c bcSfelbcn bie ©renzen
ber Snbogermanen unb Semiten fid; fehr enge berühren, zeigen bie früheren
cthnographif<hen Unterfudjungen be8 ©erfaffetS.
(58 ift fomit leicht benfbar, bafz Saratfmftra femitiidje 3been in fein Softem
aufnahm, al8 auch umgclehrf, baff bie Semiten mit jaratt)uftrifd;en Sbeen befannt
werben fonnten. ©aff wir bie un3 unter bem Flamen be8 'Kvefta überlieferten
©ü<her nicht al3 unmittelbare SBcrfe 3arathuftra’3 betrachten bürfen, ift erwiefen,
boef) ift bamit nicht gefagt, bafj feine z^ratf;n ftrifd^en Sbeen in benfelben entl;al=
ten feien, ©ie ©ergleidjung mit ber @enefi8 bietet bie SO?cglidjfeit, eine 'Unzahl
folcher Sbeen auSzufdjeibcn, benn Slnfchauungen. bie fi<h foroohl im Slocfta al3 in
ber ©cncftS finben, müffen unzweifelhaft alt fein, ©er ©erfaffer fteflt baö »er*
glei^bare SRateriale in beiben ©üchem nach bem gegenwärtigen Stanbe ber §or*
fchung fcl;t anfdjaulich z u ^ ammcn - Safnu gehört, wie längft hctcorgehobcti worben,
bie ben Semiten unb Snbogermanen genteinfame ©orftellung, bie ©auer ber
SBelt in cicr 3eitaltcr zu ßcrtf;cilen. SBie ferner ba8 erfte Gapitcl ber ÖencfiS bie
SBclt in fcd)8 Sagen gefchaffen werben läfjt, fo fefjt baö Cloefta für bie Schöpfung
ber SBelt fedj8 Sd)öpfung8perioben, bie halb langer, halb fürger gcbad;t werben,
Zufammen aber ben 3eitraum eines SahreS auSmachcn. ©en ©ipfclpunft ber
Schöpfung nach bet einen wie nach ber anbent Baffung bitbet bie Sd;öpfung be8
5Jtenfd;cn. SBie bie ^dbräifdje, fo enthält auch ^ie e'rdnif^e Sd;öpfung3gcfchi<htc
bie Bchte omt bem Balle ber urfpriinglich gut gefd>affenen Urmenfchcn; wie bort
bie Schlange, fo ift e8 hi« Slhriman mit feinen ©e'rS, ber fie gu üblen Shaten
verleitet.
ttneerfennbar ift auch bie Sfe^nlidjfeit ber im zweiten Gapitel ber ©enefiS
gegebenen ©efdjreibung beö ©artenS ©ben unb feinet Sage mit 9lnf<hauungen be8
Sloefta. ©ie Bage be8 9>arabiefe8, wie e8 fich ber Hebräer badete, war bcfonberS
burch »ier Bluffe charafterifirt, welche con bemfelbcn auSgehen. 3lm genaueften
entfprid;t bie Sage con 'Armenien, bod; finb wir nicht an biefeS Banb felbft gebun=
ben, wir müffen bfofj ein norblich gelegenes $och(anb annehmen, ©on bem ^)arabicfe
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cjefjen nämlich »tcr ^auptftrömc au8 in bie bewohnte SBelt, non bcnen jwei be=
ftimmt bet ©upfwat unb bet £igri8 finb, über bie beiben anberett, im ©runbtejrte
i'ifchon unb ©i!jon genannt, f^nxutfen bie Slnfidjtcn; nad> Soffen finb c8 bet
3nbu8 unb ber Dru8 unb bicö fiat, namentlich wa8 ben erften glüh betrifft, bei
ben Grffärern ber ©enefiS riefen Sfitflang gefunben. Unter bem ©ifjon »erftc^t
Safjett ben Djru8, unb Sieitan ftimmt if>m bei, obwohl er richtig bemerft, baf) man
einen 33cwei8 für biefe 2(itnal;me barin nicht fud^eit bürfe, baf) ber Dpt8 nod)
heute oon ben Sfiohamebanern ©fdiihun genannt wirb, benn ber fftarne fann con
Suben unb 9)lo8lemen auf ben Dru8 übertragen worben fein, weil man biefeu
Stuf} für ben ©ifjon ber ©enefiö hielt. 2fuf affe gaffe wirb man aufjer an ben
£)jru8 nur an ben 3nrarte8 benfen fönnen. 'Scfjwicrigfeiteii madjte aber oon jeher
bie 23emetfung, bafj ber ©ihon ba8 Sanb Äufcfj umfliege, unb ba8 hat öftere wie
neuere ©rflärer ju ber Einnahme »eranlafjt, baf) unter bem ©ihon ber 9UI ju rer*
flehen fei, trofjbcm bafj biefer glujj fonft im aften Seftamcnte unter anberen
Flamen erfcheint. (©d)luh folgt.)
SRityreits aUgemetite ©efdjidjtc.
3nt Aufträge be8 mäf)rifd;eu Sanbcöauöfdjuffeö bargcftcllt oon 2)r. ß. Qubik,
0. S. B. 3. 23anb. 23om Sah« 1125 bi8 3 um 3ahre 1173.
(33rium 1864. Sßcrlag bcö mäfyriid'cn Somcfticalfonbeö. Srucf »on ©eovg @aft(.)
J. A. T. UJtan mufj geftehen, bah bie öfterreidjifche ^rooinjiaf' unb ©peciaU
gef<hicht8f^reibnng angefangen ^at, fid; bc8 ooffen ©ntfteS ihrer Aufgabe bewußt
ju werben. 3n6bcfonberc finb c8 jwei fölomente, bie einen etfreulid;en gortidfiritt
in biefer ^infidjt diaraftcrifiren, »on benen freilich ba8 erjle für bie 33eurtheilung
be8 SScrbienfteS be8 @cfcf)id)täfchrcibcr8 fdjweret in bie SBagfdjafe fällt, ba8 anbete
noch immer oon ber gröberen ober Heineren ©unft bet 33erhältniffe abhängig
bleibt unb beö^afb mehr ober weniger auherhafb ber SiffenSfphäre be8 Schrift*
ftefferg liegt.
©inmal liegt barin ein ni^t hoch genug anjufchtagenbcr gortfdjritt, bah auch
bie ©pecialgefchi(ht8fbhtoibung begonnen hat au8 ben engen greifen herauS^utretcn,
in bie fic früher ein !aum ju ertragenber S)ilettanti8mu8 gebannt hatte, bet feine
Nahrung au8 einer 8lrt Socalpatrioti8mu8 fd^öpfte, unb in biefem nicht blojj feine
©ntfchulbigung, fonbern auch fein S3crbienft ju finben glaubte. Sit erfreulicher
Sßeife hat bie ©inficht immer mehr SBur^el gefaht, bah ein einzelnes ©lieb fich
fclbft ju ifoliren nidjt im ©taube ift, bah e8 in bem 3«fammenhange gerichtlicher
©rfcheinungen unb Silbungen fi<h ber burch bie gan 3 e Äette laufenben ©tromung
nicht cnt 3 iehen !ann, burch bie e8 erft feine eigentümliche Dichtung unb ©efialtung
erhält. SfKan hat erfannt, bah auch eine not f° forgfäftige Unterfuchung, bie fich
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auf bic ©rfenntnifj bet gunacfft liegenben SBirtungen befd)rcinft, ohne in if)re
oft tief unb entfernt Iiegenben Urfadjen eingubringen, notl;wenbig 31 t befd;ränften,
oielfad) einfeitigen unb unnötigen 9lnfid)ten führen muffe. SSenn man aber an*
gefangen t)at fidj beg innigen BufammenbangoS bcwuft 3 U werben, in bem bie
(Srfctjeinungen auf bem Selbe beutfdfjer ©cfcf)id)t?forfd)iing unter einanber ftehen,
»tnb frifd) unb unoergagten Sdiut^eg in ba§ grofje Selb eingetreten ift, auf bem
bie neuere beutfdfe @ef<$idjtgforfdjung unb ®ef<hi<htgf<hreibung il;re großen Bieful*
täte für bie ©rfenntnifj unb geiftige S)urd)brütgung ber Vergangenheit gewonnen
hat, fo ift eg anbererfeitg augenfdjeinlid;, bafj eine Klärung ber Slnfchauungen in
biefer fRichtung ber afribie ber ©pecialforfchuitg eben fo wenig ©intrag thut, alg
fie fie bet Verpflichtung enthebt, bie Duellen, aug bene« fie gunächft bie ©rfennt*
nif ihreg befonberen ©ebieteg fctjcpft, felbft ber forgfältigften Prüfung 31 t unter*
werfen, unb fi<h fo ber unentbehrlichften ©runblage für ihre fpecieBe Aufgabe in
ihrem rollen Umfange 3 U »erfichem.
©ieg führt ung 3 U bem 3 Weiten fünfte, ber übrigeng tu einem gewiffen
©rabe mit bem »on ung bereits berührten gufammenhangt. ©r betrifft bie fritifche
Prüfung beg oorgefunbenen urfunblicheit QueBenmaterialeg unb bie richtige 9Jie*
thobe feiner Senkung, bie felbft oor 3 uggweife bem eigen ift, ber fidj im ©ebiete
ber beutfehen ©efdjtchtgforfc^ung umgeben unb gelernt hat, ben richtigen SDtafj*
ftab an bie Quellen 3 U legen, bag Unbrauchbare unb Verbädjtige aug 3 ufchci*
ben, bag U n 3 w ei felhaft e unb alg echt ©rfannte 31 t einem lebengueHen Vilbe 3 U
oerbinben. Unb hier ift eg, wo ber ©cfchichtgfchreibet eineg eingelncn öfterreid^ifc^en
Sanbeg oft mit ben primitiuften ©cfwierigfeiten 3 U lämpfeit hat, wo er fich nid;t
feiten erft felbft bag nothbürftigfte SJiateriale mühfam gu fammeln genötlfigt ift,
ba bie wenigften fProoingen bisher brauchbare unb genügenbe Urlunbenfammlungen
befi^en.
3n biefer Vegiepung beftnbet fi<h allerbingg ber ©efchichtgichreiber SJtähreng
in einer oerhältnifmäfig günftigeit Sage. Sn bem oon Voce! angelegten, oon ©hptil
unb ©hlumecfp fortgeführten Codex diplomaticus et epistolaris Moravia befifct
SDRähten eine Urfunbenfammlung, bie wenigfteng an ^eichhaltigfeit faum hinter bet
eineg anberen Sanbeg gurüeffteht. ©g ift gu h c ff en , bafj bag SSerf, burd) beffen
Sörberung fi<h ber mährif^e Sanbegaugfdmfj ein bleibenbeg ©enfmal gefegt hat,
na<hbem eg namentlich burch ben ©ifer beg leiber 3 U früh nerftorbenen, eben fo
fleißigen alg genialen ©hlumecfp mit bem fiebenten Vanbe big in bie SDiitte beg
14. 3ahrhunberteg fortgefchritteu ift — bic le£te baiirte Urfunbe ift com 27. 2)e=
cember 1349 — auch nach beffen Sobe nicht ing ©toden gerathen unb feine
Sortführung in bie rechten tpänbe gelegt werben wirb. Sür ben abfdjlufj in ber
einmal angenommenen Sorm bürfte fich, nnc etwa bei VC'hmcrg „Codex dipl.
Majnofrancofurtanus“ bag 3ahr 1400 alg bag geeignetfte barftellcn.
Slllein fo reichhaltig auch bag barin enthaltene utlunblid)e SKaterial ift, unb
eine fo wiBfommene ©runblage für feine Slufgabc ber @efchi<htgf<hvei 6 er SDRähreng
auch in ihr oorfanb, fo wenig war er burd; fie beg größten unb fchwierigften
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SfjrileS feiner Verarbeiten entheben. Urfunbcit ju famnteln, fie correct unb biploma*
til'd) genau abjitf(^reiben, cfjrcnotocjiidj ancinanbc^urcibcn unb in fcf>cn auSge*
ftatteten volumiitöfcn Väitbcn ber Dcffcntlidjfcit jn übergeben, fcjjt unter Vorauf
feßung ber ©unft bet Verfyättniffe, bie bic t)inreic^citbcn ©elbmittel ^crbeifc^afft,
allerbingS einen großen ©ifer, einen emfigen unverbroffenen 8 'lriß, biplomatifd)c
©enauigteit unb ardjiualiic^e ©ewanbtheit voraus — ©igenfehaften, bie rcd)t
febäubar unb anerfcnncnSwcrth fiitb. 9lbet bic eigentliche Vetwcnbung bc 8 ©toffeS
für bie ©efdjichtSfchrcibung, bie fritifebe Sürbigung unb ©id^tung beS urfunblidjen
NtatcrialeS, bie SSerbinbung ber barauS gewonnenen 2 lnfchauungen mit einanbet
in ihrem pragmatischen Bufammenl;ange, bie Einfügung berfclben in ben ©aufal*
neyuS ber fid; wedjfelfeitig bebingenben unb butchbringenben, burch anberweitige
«orf(jungen an ben Sag geförberten Urfadjcn unb Sirfungen, gehört {ebenfalls
einer lwh eren ©tufe ber geiftigen Sihättejfeit an. 5)aburch erprobt fi<h erft ber
wahre 33cruf, bie cigcntlid;c gäpigleit 3 U gcfdjidjtlichen ^orfchungen. 55ct bloße
gleiß, ber unuerbroffenc ©ifer reifen hier eben fo Wenig au 8 al 8 eine burdf wiele
Uebung gewonnene avetnoalifebe gertigfeit unb ©ewanbtheit. 55er Scrth biefer
geiftigen Shatigleit ift aber um fo h^h ct aujufchlogen, wenn, wie bei ber ntähri*
fchett Urfuitbenfammlung in ihren erften Steilen, bie fritifd;e Vehanblung beinahe
gänzlich abgeht, ja theilweife fogar ber Vcrbad;t einer abfid;tlid;cn Nlpftification
nidd fern geblieben ift, Wenn ber Vennßer ficb vielfach genöthigt fieht, auf bie
Driginafquellcn jurüefjugehen, um ben Ülbbrud richtig 3 U ftellen unb 3 uweilen troß
be 8 cifrigften Nad;fpüren 8 gerabe bie wichtigften gar nicht mehr wieber auf 3 ufinben
im ©taube ift. 2)a bleibt nun nichts anbercS übrig, als Urlunbc für Urfunbe
abermals oct 3 imehmen, bie fritifche ©onbe an fie an 3 ulegcn, mit einem Sorte,
ba 6 Ser! red;t eigentlich wieber vom Anfang 3 U beginnen.
©d;on barauS ift 3 U erfehen, wie fdjwierig fid> bie Slufgabe bc 8 VerfaffetS
ber ©efdbichtc ÜKahrenS, beten rafche gortfeßung wir nunmehr 3 U begrüben in ber
Sage finb, geftaltete, unb wie feine gan 3 e, butch hiftctif<he Serie bet verfchiebenjlen
9lrt bereits vielfach erprobte gefchid;tli^e ©ewanbtheit basu gehörte, um ihr in fo
befriebigcitber Seife gerecht 3 U Werben.
©ine ©d;wierig!eit cigcnthümlic^er 9lri lag für ben mährifchen ©efc^id;töfd^rei=
ber in ber Vefchaffenheit feines ©egenjlanbcS felbft. Ntähren war, abgefehen von
ber ephemeren 55auer be 8 großmährifeßen SReirfjeÖ, 3 U feiner Beit eine nach außen
vollfoinmen unabhängige politifd;c ©riftcu 3 3 U Sh eil geworben. Sur<h lange 3 eit
ein böhmifcheS Shcilfürjicnthum, ftanb e 8 nach feiner ©rhebung 3 ur ÜJtarfgraffchaft
regelmäßig unter ben böhmifchcn Königen. Sie ©leichheit ber Nationalität unb
©praeße ber urfprünglidjcn Vewohner, bie Olehnlicßleit ber ©itten, Slitfchauungen
unb ©ebräitche, ber analoge ©ang ber inneren ©ntwidlung, bie engen unb viel*
fachen Ziehungen 3 U bem größeren Nachbartanbe SBößmcn, aHe 8 bieS ließ auf
ben erften 93lid ba 8 Unternehmen, wenn nicht al 8 wiffenfchaftlich unhaltbar, fo
hoch als gewagt crfchcinen, bic ©efd;id;te NiährcnS 3 um ©egenftanbe einer eigenen
wiffenfchaftlicheit Vcßanblnng 31 t machen, bie ihren ©chwerpunlt in fich felbft finben
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uttb ihn nid>t Don aufjeit ^crBeijic^cn Teil. ($3 fdn'ctt ber Stitfidd nid;t an innerer
23erecbtignng 3 U fehlen, bie ber ®efd)td)te 30tät;renS jebe felbftftänbigc 23ebcutung
al'ipred;en unb fie nur a (8 einen Sbcil ber böl'nriid'en ®cfd;id;te gelten taffen will.
23on biefem ©eficftS^unfte au3 hatte aud; wirf(id) fPatadt) bie mä(;ri)ct;c ©e»
fdjichtc aufgefafjt, unb feine gcfd)icfte Snrftcttung fwtte nid;t Wenig basu beige»
tragen, baf; fid; altmälig aud) in unbefangenen Äreifctt bie Ütnficbt au 8 bilbcte, bah
bie ©ef<hid;te ? 0 iäf)ren 8 gans mit ber 23öbmen6 jufammen, ober rictmetjr in fie
^ineinfaHe.
Sßir muffen baffer geftetjen, baff mir bcfonbcrS barauf gekannt waren, wie ber
■Sperr SBerfaffer gcrabe biefc ^eriobe, bie ben größten Sbeit bc 8 vorigen SBanbcS
unb ben oorliogenbcn auöfüCtt (Mähren als bötimitdjcS S[;ei[furftentbum 1029 bis
1197), betianbctn werbe, ba in biefer fetbft bie territoriale Setbftftänbigfeit unb
Integrität be 8 SaitbeS gan 3 in ben $intergrunb tritt. Unb ba fcf)eint e 8 un 8 , bajj
e 8 bem SBerfaffer gelungen fei, aud; für biefe Seit, in ber er noch überbicS häufig
mit ber Sürftigfeit unb fetbft ber 33efdjaffenf)cit ber Duetten 31 t fämpfen hatte,
ba 8 rotte 2 tnred;t fcine3 ©cgcnftanbcS auf eine gefonberte 23et>anbtung in ein
ftareS Sid;t 3 U ftellen. ©r fteltt jeboct) biefe 2(bfid;t weber tcnbcngiöS in ben SBor»
bergrunb, nod; ift er bemüht einen ©cfidjtSfjunft in bie Sf'atfadjcn ^iiteingutegen,
ber nidjt in ihnen fetbft liegt unb fich jebent unbefangenen Sefer »on fetbft auf»
bringt — er geht oietmebr ftreng objeetio unb gewiffenhaft 3 U SBerfe, unterfucht
gan 3 unbefangen bie SSegictjuncjen unb bie jebcSmaltge (Stellung beiber Sänber 311
ihren SRad)barftaaten, ^oten, Ungarn, Dcfterreid) mtb incbcfonbcrc 3 um beutfc^en
9iei<he unb 3 um tömifchen Stuhle unb legt c 8 fo augenfct)einlich an ben Sag, baf)
bie Sntereffen unb bie ©efd)ide beiber Sänber, fo häufig fie auch 3 ufammenfielen,
im ©an 3 en unb im ©rohen oon einanber octidjicbcu waren, unb baher nicht mit
bemfelben SKafjftab gemeffen werben fönnen. So bereitet fdion jene frühe Beit ben
Stntheit oor, ben fUiähren an ber Staatenbitbung, bie fidf im Saufe ber 3 cit
entwicfelt hat, bur<h feine Sage unb feine baburd; bebingten Sntereffen 3 U nehmen
berufen war, unb läfst e3 ahnen, wie grünbtid; »erfdjieben jene ©eftattung hätte
werben müffen, wenn bie ©cfd)id;te wirTlid) biefem Sanbe feine anbere Oiotte 3 U»
gewiefen hätte, als uubebingt unb willenlos 3 U jeber Beit ben politif<heit 3 nter»
effen 33 öhmcn 8 3 U Sienflen 31 t ftehen.
Samit muhte ficf> aber auch nott;wenbig ber ©cfi^tSfreiS erweitern, ben bet
SBerfaffer 3 U beherrfd)cn genötigt war. Sein SBerf tritt baburch au 8 bem engen
Nahmen ber ^rooingiatgefchichte heraus unb erwirbt fich t>en Slntyrudf auf ein alt»
gemeines Sntercffe. @3 geftattet fich in einem gcwiffeit 93iaf)c 3 U einer ©efcbichtc
ber öfterreichifchen 9)ionard;te fetbft, unb untersicht infofern bie ©efcbi<hte ber benadj»
barten Sänber unb in erfter Sinic jene bcS 9iad;bartanbc8 Söhnen einer grünb»
liehen Dieoifioit. 3 a fetbft bie gleichseitige beutfd;c ®cfd;ichte wirb in manchen
fünften in Sotgc ber engen S3egict;ung ÜKätjrcnS sum bentfehen Sicicfje nicht un=
wefenttid; aufgehellt. Sah ber S3erfaffer eS aber oerftanben hat, babei mit feinem
Sacte bie ©renstinie cin^ul>altcn, bie er fid; sichen muhte, um nicht über bem
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Slllgcmeinen feinen concreten Veben ju cerlieren, ihn »ielmehr ftet 8 als ben Äem*
V'itnft feiner Unterfudjungen im 9(uge behält, regnen mir ihm al 8 md)t geringes
Verbienft an.
©er uns oorliegenbe britte Vanb umfaßt ben Beitraum com Saljre 1125
bis 1173 unb belfanbelt bie 3 iegierung§ 3 eit ^>erjog§ ©obeSlau I. unb SlabiSla» II.
auf ungefähr 29. Vogen. 3« ben im Sabre 1836 erschienenen erften Vanbe bet
©efdjidjte VöhmettS non $)aladfy mirb biefetbe 9>eriobe in jrnei Gapiteln auf 67
(Seiten abgehonbelt. Sir führen bieS nicht nicht besbalb an, um baburch ju einer
Vergleichung mit bem Serie be 8 greifen böhmifchen ©efc^icfjtöforfdjcrS b erau ^U s
forbern, bem baS unbeftrittene Verbienft gebührt burch feine ©efd)id)te VöhmenS
guetft ju einer wiffenfd;aftlid)en Öi'fdjid;tgfchreibung ber öfterreichifcben Sänber ben
Slnftoß gegeben 3 U hoben, aber c 8 ift immerhin lehrreich unb erfreulich, 3 U fehen,
welche große gortf^ritte bie ©efdjicftSforfchung in einem oerhättnißmäßig fo fut 3 en
Beitraum oon faum breifjig Sahren gemacht h fl t unb melch’ fchöne Siefultate auf
©runb beS mittlermeile angewod;fenen DueUcnapparateS ber neu ermatte Sinn
für bie Vergangenheit feiger 3 U Sage geförbert hat.
Sn baS ©etail beS SerfeS ein 3 ugel;en, Tann natürlich nicht bie Aufgabe biefet
Steige fein. Sir fügen nur ben Suitfch h«n 3 u, baff e 8 bem Verfaffer, ber un 8
oon feiner unermüblid;en 9lrbeit8fraft fdjon fo 3 ahlreiche groben gegeben h«t,
gegönnt fein möge, mit gleicher SRüftigfeit baSfelbe weiter fort 3 uführen.
©ic fRettigfeit, mit ber bie Vudfhonblung ©eorg ©aftl in Vrünn ba8 Serl
auSgeftattet hot, oerbient alle ülnerfennuug.
% 6afarif$ ©efd)iif)te ber flibflauif^ett Öitteratur.
3luo beffen honbfchriftli^em fRadjlaffe h^ouSgcgebett non Sofeph 3irfceh.
I. ©looenifcheS unb ©lagolitif<he8 ©chriftthum.
($)rag 1864. %. SentpSfp.) liSlngejeigt non s ))rof. ©r. Sinn.
,,©ie ©prache ift bie äußerliche Srfdjeinung beö ©eifteS ber Voller; ihre
©brache ift ihr ©eift — unb ihr ©eift ihre ©brache" fagte ber ©brachfürfi
SaTob ©rimm. Dßne Äcnntniß ber ©brache unb ber Sitteratur eineß VolfeS
giebt eS feine Äenntniß beS VolfeS felbft, unb bech werben nicht feiten Urteile
über ein Voll auSgefprochen, ba8 man faft nur oom ^örenfagett fennt. SnSbefon*
bere finb eS bie ©lieber be8 flamfchen ©brachftammcS, über welche nicht feiten
bie wegwerfenbften Urtheile — allerbingS oon nur ^albgebilbetcn — gefällt wer=
ben, wa8 eben bie ooflftänbige Unfenntniß beweist, bie über ba8 geiftige 8eben
biefer Stämme f)crrfrf>t. ','lcn menigften bürfen berlei Urtheile in unferm Vater*
lanbe, in De ft erreich, wo fo vielerlei ©pracbfamilint frieblidf neben eiuanber
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625
weinten foflen, fPlaf, greifen uub eS ift eine Pflicht, burdE) 2lufflärung unb gegen»
feitige Belehrung bie Sefanntfebaft bet einzelnen Stämme bei* IWcidjeS unter ciit=
anber mijitbalmeu utib bahud) gegenfeitige 2 ld)tung unb ltachbarlidje ^reunbfefeaft jtt
»ermitteln, ^ublieationen, welche bie Äenntniß ber S»rad;e unb ber Hitteratur
etnc§ oftetrcid)ifd) en 23olfSftammS, möge er wuS immer für einer Sprach»
fantilic angeboren, 31 t »ermitteln fiel) beftreben, begrüßen mir atro nicht bloß »en
ißrer wiffenfchaftlidjen Seite; fie finb unw emd^ politifd) nidjt bebeutungsloS.
Senn je mehr bie Äenntnif; be§ geiftigen Hebens ber miebiebenen 23elfer Defter*
reichS ein ©enteingut wirb, befto fefter fdjließt fiel; baS 23anb um bie ©lieber ber
großen Familie, beftc naturgemäßer entiuicfett ficb auS ber fpradblidjen unb natio*
traten 23ielf)cit bie geiftige, bie ftaatlidie Ginbeit.
.v>err[ctjen über ben Sla»iSmnS im 2lllgenteineit, troß ber epedjeinacbeitbcn
Sbätigfeit beS berühmten 9)iif lofich, beS ©rinim ber flaoijdjen Spradjgeleljrteit,
and) in iDefterrcidj «cd? »ielfacß feljr unflarc, mitunter bödjft eiitfcitigc 2 tnfd;amtn=
gen, fo finb cS »ergugSweife bie Slowenen, roeldje einer weit geringeren 33e*
adjtung gewürbiget werben, als fie eS »erhielten. Ser ©mub baren liegt nidjt in
einer geringeren Segabmtg beS 23olfeS, ober im Siangel geiftiger s Probucti»ität;
fonbern vielmehr barin, baß bie Äenntniß beS HebenS unb SdjaffcnS, ber geiftigen
SJeftrebungen unb ihrer Grfolgc unieren beutfdjeit 2?rübent nedj gar nidjt bargelegt
uub beleuchtet worben ift. baß bie Slowenen feine Hitteraturgcfdjid)tc in beutfeher
ober in einer anberen ber großen curoßäifdjeit Gulturfpracheit befißett. ÜtllcrbingS
finb im „SKpriidjen 33latte", in ben „23tättern aus Ärain", in ben „Ijiftorifdjcit
9Mittßcilungen auS Ärain“, in ber „Novice“ u. i. w. jaljlrcidje, mitunter ßödift
fdjäßenSmertlje Beiträge veröffentlicht worben; ber 23erfaffer biefer 2lit$eigc ßat bie
bis 311 m 3ahre 1857 reidjeitben 23orarbeiten 311 einem Awamniciibäugenben GijfluS
»ou 2 luffäßeu über bie 2 itteraturge|d)idjte ber Slowenen bearbeitet unb in ber
„Russknja beseda“ (ShoSfau 1S57 it. 1858) veröffentlicht; allein in beutfetyer
Sptadjc eriftirt eine fritifeße -Beleuchtung ber litterarifcßen Sdjätigfeit bet Slowenen
im 2111 gemeinen bis 311 t Stnube noch nidjt.
Seßßalb begrüßen wir Safarifs „©efdjicbte ber fübftaui'cben Hitteratnr",
beten elfter 2?anb baS flowcitifdje unb glagolitifd;e Schrifttljum beljanbelt,
mit warmem Sanf. Ser Herausgeber, 50tiniftevialfecretär 3of. 3 i r e c c f ßat Safa»
rif burdh bie Verausgabe »on beffeit Ijanbfdjriftlidjem 9?ad)laffe nießt nur ein wür=
bigeS Senfntal gefeßt; fonbern fid; audj ben Sanf aller Sreunbe unb 23creßrer
beSfelbcn, baS ift aller Slaoen, bie fid) um baS geiftige Heben ihrer Stamme?;
brüber intereffiren, erworben. Diidjt minber wiflfomnieit wirb bet Safariffcße
„%td)laß“ bett beutfdjen Sprachgcleljrten fein, weil hier bie ausführlichen Sarftel*
luitgen ber ein 3 ehten Hittcratureii 3 U feiner im 3 afjre 1S26 eridjieneueit „©efdjidjtc
ber flaoifchcn Spraye unb Hitteratur nach allen SOiunbarten", wcldje gewiffer»
maßen mir eine cinleitenbe Uebcrfidjt ift, geboten werben Safarif hatte bie öe=
fdiichte ber Hitteratur ber Serben, ber Groaten. ber Sllijricr (Salmatiuer), bet
Slowenen mtb beS gtagolitifdjen SdjrifttßumS »ollenbet. Slanientlid) iji ber
:Bo$tnf<$tift 1864. Sank UL 40
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gittcratur bet ©erben eine eingehcnbe ©arfteKung in bem umfangreichen SBerfe
gewibmet. Jcber ©h e ü beS SBetfeS gerfäGt in gwei Hauptabjchnittc, wouon bet
crfte bie JRei^enfctge bet ©cfjriftfteller mit reid^K^m biograp^ifti^en Nachrichten,
nach bet Beitfelge georbnet, — bet gweite eine fyftematifche ©arfteUung bet £anb*
fchriften unb ©rucfwerfe mit Notigen über beit Snhalt bet einzelnen berfelben
umfaßt. ©eibe Stbfchnitte reichen gwar nicht weitet als bis gum 3ahte 1830;
allein bie ältere Periobe ift barin fo uoflftänbig behanbelt, wie eS nur bei ^afa*
rifS gewiffcnhafter ©enautgfeit, bei feinet ©orliebe für SllleS, waS bie ©übflaoen
betrifft, unb bei feinet weiten litterarifchen ©erbinbung unter allen fübflauifchen
©tämmen gu erwarten ift. @8 wirb burch bie ©eröffentlichung biefeS SBerfeS ein
helleS Sicht über bie älteren, vielfach bunflen Sitteraturgujtänbe »erbreitet, ©ie
©ebeutung biefe8 SerfcS, gu welkem feine namhaften, ja faft feinerlei ©orarbei*
ten rcrlagen, wirb nur berjenige gu beurthcilen uetmßgen, welcher bie trojilofen
©erhältniffc unter ben ©übflaoen in jener Beit fennt, in welcher ba8 SBerf ent*
ftanb. SBährenb jefjt bie Negierung bafür fergt, bafj jebet eine höhere Silbung
aitftrebenbe Nationale in £>eft erreich eine auSreidjenbe Äennhtif) ber Sitteratur
feines ©olfeftammeS fchen in ber ©chule erlangt; gab eS bamalS fclbft unter ben
gelehrten ©lauen äufjerft wenige, bie fich uon bet (Sntwicfelung ihres älteren
©chriftthumS eine beftimmte unb überfi<h>tlid^c ©orfteDung gu machen uermochten.
Niit uoflem Ned)te betont Jtrecef biefe ©erhältniffe unb fchilbert fie mit Särme
unb Klarheit.
©er Herausgeber hat fich üon ©afarifS Hanbfchrift nicht entfernt, unb bie
wenigen ^Berichtigungen finb mehr formeller als fachlicher Natur, mit welchem
©erfahren wir uns oollftänbig cinuerftanben erflären. Cibenio fßmten wir eS nur
billigen, baf? Sirecef im uorliegcnben ©anbe bie bermaligc, eben io einfache als
fichere ©chreibweiie ber ©loweiten aboptirt hat, unbefümmert um bie ©ohoricica.
©ic glagolitifchcn 9tamen unb ©üdjertitel finb mit amllifchen ©uchftaben umfehrie*
ben, waS gleichfalls baS Bwecfentfpredjenbfte ift.
©euiel im Sldgemeinen über ©ebeutung, Anlage unb 'Plan beß SBerfeS.
©5a8 fpeciefl ben uorliegenbcu ©anb, bas „flowenif cf)c unb glagoliti*
fd)c ©^riftthum", betrifft, fo ift bie Hauptquelle bafür eine ©orarbeit beS
gelehrten Öop, ©ibliothefarS in Laibach, ber leibet in ber SBlüthe ber Jahre (im
Jahre 1835) in ber ©aue am ©«hlagfluffe geftorbeit ift. Na<hft Ntitlofich finb
Äopitar unb 6 cp ohne Stage fcic bcbeutenbften Nlänner auf bem ©ebiete flo*
wenifcher ©pracbe unb Sitteratur; unb ba (fop unb Äopitar bem grünbli^en Sor*
jeher ©afarif bei rorliegenber Arbeit ©eiträge lieferten, fo ift beten wiffen*
fchaftlicher Sßerth ficherlich nicht git unterf^ähen. Süt bie ältere Periobe, b. i. bis
gum Jahre 1830 enthält biefer ©anb ungemein SöerthoolleS; alfo gerabe für
bie fchwierigfte periobe. ©ie Beit feit 1830 unb inSbefonbere feit 1848 ift aller*
bingS ungleich reicher an litterarifdhen Prebucten, bodb ift biefe bei weitem leichter
gu überfeinen unb gu bewältigen. Namentlich hoben Ärigcf (im „ Casopis Musea
Kralovstvi Ceskeho, 1860. Bd. 34, p. 366 sqq. u ), bie „No vice“, bie „hiftori*
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fdjen 9)Zit%ilungen aus Ärain", baS „3Kt)tijd;e 23lat t" u. }. m. ncbft auberett
9)ublicationen einer ^Bearbeitung ber jloroenifdjen Sitteraturbeftrebungen in bcr
©egenwart bereits corgeavbeitet. Sft auch mandjeS in ber nette ft en Seit oen
gweifeltyafter ober iefjr geringer fSebeuhtttg, fo ift atibererfcitS bod) ni(f>t 3 U beftrei»
ten, ba^ auf faft allen ©ebieten littcrarifd;en SBirfettö, in SSerS nnD ^rofa, in
naturroiffeitfd;aftlicfyer, f>ijtorifd;er unb rein p^itolo^ifc^er 23ejiebuttg Arbeiten gelie*
fert worben fittb, treibe ein fe£;r empfel)lenbe 8 Seugnifs für bie aufftrebenbc flo»
wenige Bitteratur abgeben unb ber 33eac^turtg auch unterer nidjMlaoifdjen 9Rit=
bürger £>efterreic |8 würbig finb. 2>a§ faft jebe üitteratur ipre „Sturm* unb !Drang=
periobe'' burdigumadjen b>at, ift befannt; aber ift einmal ber SäuterungSprocefs
BoUjogen, bann ift ber Uitteratur aud) eines Keinen SpvadifitammeS bie 93ererf)=*
tiguitg ni<bt at^ufprec^en, einen Cinflujj auf bie geiftige Gntwicfelung ber 9 Jleuf<$»
beit tm Allgemeinen auSjUÜben, an bett AuSfprücfjen beS AreopagS bet ©eifter
mittljätig fitfj gu beteiligen.
$err $öftiöt=@d)uf 5 e uon ber öfotiouttfdpe 3ulian, ober
Kapital unb Arbeit.
2?ott 4-rrbiitaitb £nfallr. SBerlin 18G4. (Sd)liegmann.)
Tg. SDian t(;ut ber oerliegeitben Schrift Unrecht, meint man fie bfof; com
Stanbpuntte eines rolfSwirtidiaftlidien ^auiptileto beurteilt. (?S ift baS $d)icf=
fal ber ©otftacr, bafs fie, io oft fie fid) rott betn fidleren epafett, in weld;em fie
fid; ifyre wed;felfeitige Unfterblid;fcitSaffccuraii 3 errichtet babett, 31 t weit hinaus
wagen auf baö SDieev beS Gebens, Käglicbett Schiffbrucf) erleiben. ,£)err Sd^ilge auS
2 >eli$fd; ift ttodj einer ber 13eiten cott ihnen uitb mir finb rncit entfernt, and; nur
ein ^receitt ber iSdnuütniiigen gu unterfd>reiben, wcld;e ,'pcrr tiafallc aud; auf
leinen Gl’arafter l;äuft, aber ehcaS von bent Grbtbuni ber ©otbaer fiat er aud;
an fiefy, unb läge eS nur barin, baf) er fid) für einen organifatorifd;en ©eift Ijatt,
mie fie Alle, fei eö nun auf ftaatlicbent, litteravifdjem ober roirtl;fd;aftlid)em ©e*
biete. SBcnn man baS natienaUüfonemifdjc ^ilifterium in ein Stiftern bringt, fo
l;at baS aud) feine Skrbienftc unb tbeilireife fet?r praftifd)c unb unmittelbare 33er*
bienjte, nur l;at man fid) 31 t l;üten bieS für ctmae ISeltbemcgenbcS uitb gan 3
GrftaunlicpeS angufetyett. £>ieS ttaice Grftaunen übet fid) felltft, bie S3emnnbcruttg
ber eigenen Seiftungcn unb nod) mel;r beS eigenen SöofleitS ift eine gan 3 fpeci*
ftfd)e Gigeuid;aft ber „Gbelften ttnb 2?eftcn" ber heutigen SRatioit.
25afj eine fo rabieale unb rücffid)tSlefe SRatitr, mie bie beS £>errtt liaiafle, nicht
eben mit fd)onenbet epanb itt ben „mirtf)id)aftlicf)en uitb öfonomiicbeit 9JJeb"
gefahren ift, wie feinergeit in ben litterarifcfjen, cerftefit fid) con felbft unb ift
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Med in Mau genommen eigentlid; bebauoruen.'crtb. SMee politit'd;c unb liltcrari*
'd'c Siaufbelbwofon — G m ' Mulle tonnte bic Grfal;ruug uad'gcrnbe gemacht
haben — iebabet cntfdncben mehr als cd nüht. 2)af; ,r>crr Sd;ulje abhängig ift reit
tBaftiat'idien £f)cericeit, hätte fid) fidier mit geringeren 3neectircit, wenn and) aller*
bittgd itid;t leidtt id'lüffiger imb bemeiefräftiger tagen laffett, nnb bafa man falfd;e
2lnfid;trit über bad Söeiett ber Ülrbcit, bcö Gapitald, über 2auicb, 23crtf) unb freie
Concurrenj bat, berechtigt ben Gegner noch nid;t, bic fteber in beit gangen Sd'imit)
periünlichcr Angriffe 311 tauchen. 3 um lleberflnffe traut fiel' G crt ?afalle entfliehen
31 t riet 31 !, trenn er meint, io ebne weiterd bie Nation am? ihrem natienat=öfonc=
mitten Sd;lafe gerüttelt 51 t haben. Gr mag jebe 3rile bie er ichrcibt, febreiben
„beiraffitet mit ber gangen (Bilbung 'eincd 3abrbunbcrte" (Seite 241), er ift aber
febr im Jrrtluim wenn er meint, and) mir 311 m übcririegcnben 2 bci!c populär
icbreibeit 51 t tonnen. 93ian bettr theile bciipielcmetie fofgenben Saft and bem „Softem
ber ertrotbenen 9ied;te" (I., 2(i4), ben er telbft ald bad Programm eitted fnftema*
tiidjeit ttationaf=öfcitomifd)cn SsJerfcd bezeichnet:
„3n focialer SBegichung ftel;t bic Si'elt an ber gragc, ob ^cute, tro cd fein
Gigeuthitm an ber unmittelbaren JBettüfbarfeit eitted anbertt 93icitid;eit mehr giebt,
ein folcbed auf feilte mittelbare Mebcutung nteftr cjrifiirett tolle, b. b. grüttblid;:
ob bic freie S3etl;ütigintg unb Gitlwicfclung ber eigenen Slrbeitdfraft andid)licf;lid)ed
''Prirateigenttuun bed SPefijjcrd ron Slrbeitdfiibjtrat unb Slrbcitdoorfcbuf; (Capital)
fein, unb ob folgetreife bem Unternehmen ald fold;cm unb abgeieben ron ber
(Remuneration feiner ehvaigen gciftigeit Arbeit, ein Gigcntl;unt an frentbem (Sr*
bcitdwcrtf; (Gapitnlprämie, Gapitalprofit, ber fictj bilbet burd; bie Sifiereng guütd;en
bem SBerfattfdpreid bed ^rebucted uitb ber Summe ber So(;ne unb Siergütuiigen
fämmtlichcr attd; geiftiger Slrbeitcn, bie in irgettb treld;er S'oeiie gttm 3 uftuubc=
fontmen bed f*robiteted beigetragen buben) gnfteben iolle."
23ie Unterfucbung tiefe» Sajted ift befanntlid) ber 2lngelpunft ber Saiaflc'id)cn
23octritt, feilte rabicale (Beantwortung ber Slngefpunft ber SafaUe’fcbcit (Ägitation,
mir fragen aber, ob er feiner Raffung ttad) and? nur entfernt geeignet ift, bie
Station aud ihrem uatiena!=cfciicmifd;en Sddaic auf gurüt teilt V
Vortrefflich finb gtttn grojsen Steile bie tl;eoretifd;en 2(itdiitf;rungen üaialle’d,
namentlid; Sille», tuad er gegen ben 93?if;bratuh, alle itationaUöfonomifd;en (Begriffe
auf ben Saufd;begrirf gttrürfgufübrcu, rerbringt. Gin Sheil feiner Ginweitbuiigeit
mtb (Bcifpiele gegen ben Sn (3 bed .Gerrit Seimige, baf; jeber „bie gewonnenen
'Protitcfe, bie er nid;t felber für fid) gebraucht, im 2ludtauid;c gegen bie fProbitcte
bed Sfttfcent biugiebt", möge l;ier gttgleicb ald s J3robe bed ffurileit 2afalfe'id;en Guntord
feine Stelle fittbett. ’
„Guben Sie beim gar feilte Slfintiug baren", ruft Gert (lafalle aud, „baf; fid; bie
beutige gcfcflfd;afflid)e dlrbeit gerabe babttrd; djarafterifirt, baf; Scber bad probu*
eilt, mad er für fid) ielbft nidjt gebrauchen Tantt? hüben fie gar feine 2 l(;nuttg
buron, baf; bied ieit ber groftett 3 'nbiiftrie jo fein mit ft, baf; ttiorin bie $orm unb
bad Sefcn ber heutigen (Srbeit liegt, unb baf; ol;nc bie fd;ärffte ^efthultung biefed
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fünfte? feine einige Sette unfern heutigen ofonomifchen Bwftünbe, feine einige
unterer heutigen ofonomifchen Grfd)einungm begriffen »erben fann?"
„fRa<h Sitten probucirt alfo .perr Seonor SReictjen^eim auf S?üfte=@ieruborf
gunädjft ba? Saumwollgam, ba? er für fid> gebraucht. ©ett UeBcrid;ufj beefelben,
ben ihm feine Setter nicf;t mel;r 3 U Strümpfen unb SRadjtjacfeu verarbeiten föit=
nett, tnufd;t er au?."
„£err Seifig probucirt junäcbft 9Rafd)incn für feinen gamilienbebarf. ©ie
überfcfjüffigen ÜRafdjinen verlauft er bann."
„©ie ©rauermcbenmaga 3 ine arbeiten vorforglid; für bie ©obe?fätle in ber
eigenen gamilie 25a? bann, inbem biefe 31 t fpärlicb au?ra((en, an Srauerftoffen
noch übrig bleibt, taufeben fie au?."
„perr 25olff, ber Gigenthümer be? ©elegraphenbureau läfjt junätbft bie ©e=
pefebett ju feiner eigenen Selehrung uttb feinem Vergnügen femmeu. 2öa? bann,
nachbem er fid> hinreidjenb an ifjuott gefättigt, necb übrig bleibt, iaufcf't er mit
ben Sörfenwölfen unb 3eitung?rebuctioncn au?, bie ibm bagegen mit ihren über*
fdbüffigen 3 eitung?cerrefponben 3 en unb 91dien aufwarten!"
„Unb bi? in? Apanbwerf hinein ift e? wahr geworben, bah Seber ba? probit=
cirt, wa? er nicht braucht. 9Rofe? & Sott, bie gewaltigen Äleibethänbler ber 8 ou-
boner Gitp, begießen wal;rfcbeinlich bie fRörfc, bie fie felbft tragen, von irgenb
einem fafhionablen ©chneiber be? Sßeftenb?, wäbrenb biefer felbe Schueiber, beffett
2 frbeit? 3 eit, fRamen unb garen man 31 t einem gan 3 anber? hohen greife be 3 ahlt,
eben beftfjalb fehr öfonomifch £>aitbeln würbe, feinen fRocf bei 9Rofe? & Son 311
faufett."
Sn ber gerat, in welcher Safatle l;iev ben Untcrfdjteb gwifepen ©aufch* unb
SRufcwerth au?cinanberfe( 3 t, ift ba? gan^c Such getrieben. SRau vergleiche nament*
lieh bie wertpvollfte Partie be?felben, iu welcher von ber objectiveu Slnalpfe be?
Gapital? unb ben $)robuctiv= 2 (ffeciationen gehanbelt ift. Se 3 Üglicp be? testen s f)unf'=
te? wirb auch manche? ^ofitive entwicfelt, obwohl wir bern eigentlichen Programme
Safatle’? nicht näher treten unb einem beftimmten Sorfd)tage (wir fe^en ab vom
Slrbeitervcrein), in welker Söeife ber Sa 13 burchgeführt werben feil, bah ben 91 r*
beitem aujjer bem SlrbeitPlehne and; ber Untemehmergewinn gugcmittelt werbe,
noch immer niept begegnen.
©iefe 5 Roti 3 en wären übrigen? gätt 3 lich unvoUftänbig, wollten wir nicht aud;
be? Schlufccapitel? erwähnen, in welchem bie von ber Malle'fchen Agitation per
befannten Gegeniäpe gwifchen Sourgeoi?ftanb unb Ülrbeiterftanb neuerbing? unb
3 um ©h«t mit grober Schärfe unb rhetorifchem Slnfwanb iu? ©reffen geführt
werben. G? ift heroorgepobeit worben, wie nahe hier bie SlnfcpauungeH Malle’?
mit benen bet feubalen 9ieaction 3 u}ammenfnHeu. Sn ber ©h a * h a * ^err Unfälle
in ben ©eclamationen gegen bie Sourgeoi? fchon au Stahl (vgl. „©ie gegenwär«
tigen Parteien in Staat unb &ird;e") feinen Safttat gefunben. tRun »ollen wir
allerbing? niept läugnen bah manche? Sebcnfliche in unferem ftaatlidhen Seben mit
einfeitigen Strebungen ber Sourgeoifie 3 ufammenhängt, unb bie Sprache hat ba?
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G30
flar genug angebeutet, wenn fte baS fraugöfifebe SBort bem beulten SBürgert^um
gegenüberftellt. Slber wa 8 man and) fagen mag, ber ©egenfaß gwifeben bem Sit*
beiterftanb unb 33ürgertfjum ift gur ©tunbe in 2 >eutfcf>lanb noib ein fingirter unb
wir troffen, er wirb eS bleiben. fötan b a * ben beutfd;en OJtittelftanb mit rollern
Siechte als bie 35lütt)e beS 9(rbeiterftanbe8 begeid;net, unb bie@ fBerbältnifj wirb
fit^ nicht änbern, wenn and; baS witflid) SBidjtige an ben Safalle'fcben Problemen
rerwirflidjt unb bie unbebingte £errf<baft bc 8 (Kapitals in ber jpanb beS ^injelnen
gebroden fein wirb.
$ie genersfirünfte in unb um $Men im Sabre 1868.
G. ©er unbefangene Seiet- fühlt fid) beim Slnblicf von Biffem, bie fi<b in
borijontaler ober oerticaler SluSbebnung aneinaitberreibcit, ron einem geheimen
Sdjrerfeit befallen. Sa muß benn bie Biffer fid) in baS weitfaltige ©ewanb
ber 33efpred;ung fleibett, um fi<b jene Gleitung 31 t rerfebaffen, auf welche fie non
recbtSwegen, Dom t^atfäc^li^en ©tanbpunft fd)on an unb für fid) ba 8 ^ö^fte
Slnredjt batte.
Unb fo wollen wir eS oerfudjcit, bie ©tatiftif ber fteucrSbrmtfte ju beren
Sämpfung in nnb um SBieit bie ftäbtifcfje Feuerwehr auSrücfte, in einer genieß
baren Sonn gu geben. 33or Stllem fällt bie bebeutenbe Bunabme ber föränbe in
SSieit fetbft gegen baS Sorjafjt auf; man jaulte beten 174 gegen 102 im Sabre
1862. Sie Urfac^e jener 3 una^me ift fjeute ebeitfowenig ermittelt, wie bie mancher
anberer @rfd>einungen; bcd> ift eS bemerfenSwertb, baf; bie 9taud;fangfeuer bie
größte, nämlich mef)r als bie hoppelte fßermebruug gegen baS SSorja^r geigten benn
fie Ratten 1802 nur bie Biffer Don 48 enreic^t unb betrugen 1863 99; bie Der*
bältnijjmäfug ftärffte Bunabme geben f)iet bie ÄeHerfeuer (10 unb 0 ), bann fontmen
Sacbfeuer (25 unb 15), SJtagagin* unb ©tallfeuer (14 unb 11 ) u. f. f. Slnnäbcrttb
biefelben Biffern finben wir aber für bie Bimmerfeuer (19 nnb 18) aI 6 3?eweiS,
baf; bie Uiworficbtigfeit ber öauSleitte uaf)egu in jebem Sabre biefelbe bleibt. Sebett*
falls ift aber bie mächtige Bunabme ber Staucbfangfeuer aller 33ead;tung Werth,
benn fie beutet bei ber Don Sab 1 ' 3 « Sabr gunebmenben Cf.onfumtion ber ©tein*
foble als fteuerungSmateriale entweber auf einen Bufammenbang gwifeben biefen
beiben Sb a ^ a ^b en °ber aber auf ungureicbenbe Steinigung ber betreffenbe« Stand;*
fängc; in bet 33auart ber Äamine ift biefe nacbbaltettbe 3unabme aber Wobl !aum
gu futben, benn eS ift feine Urjacbe attgunebmen, warum bie fcblecbte Gfonfection
ber ©cblotc ficb gegen baS SBorjabr in fo eminenter SBeife geltenb machen follte;
baf; eS aber gumal ältere, itad; einem älteren ©pfteme gebaute Käufer ftnb, in
benen Sacbfeuer am bäufigften oorfommeit, bafür fpriebt ber Umftanb, baf 1863
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fo mie 1862 bie innere «Stabt bie meiften Sdjabenfeuer biefer Äategorie gätjlte;
am hauftgflen mürben felBe in ben SJionaten SRooembev, 2 )ecemBer unb Jänner
(44mal), am feltenften (3mat) im Sluguft Beobachtet, maS fid) begreift, wenn man
bie Semperaturüerljältmffe jenes USierteljaljreS mit bem barauS erwadjfenben 33e=
bürfnifj nad) SBärrne gufammenl)ä(t. 3ntereffant ift ber Untftanb, baf) unter 18
geuer in ber Umgebung 1 , unter 174 in ber Stabt aber 99 5Raud)fangfeuer be»
ebnetet mürben.
Unter 100 3Rau<hfangfeuet tarnen 61 bei Jag, 39 bei SRadbt oor. «Der
Stürmet jeigte beren nur 21», Stnbere aber 79mal an.
(5S ift ein gang anbereS ©efüfl, am lichten Sage bie 3üge fecf unb fröhlich
bareinfefenber 8 öfdjmänner im raffen ginge an fid) uorbeiia^ren gu fe^en unb
über allfällige Anfrage fofort 3 U erfahren, baf; eS in einem aitbereit ©tabtt^eile
brenne, als in bem, meldjen man eben bemofnt, ober aber in ber 9iad)t aufge»
f^recft 3 U merben burd) bie Sone beS Signalhorns meldje fid) mit ben Älage»
lauten ber 00 m Sturme rufenben ©locten »ermij^en, unb »eit biefem Stanbpunfte
mirb eS roofyl jeben Söiener intereffiren, 3 U erfahren, baf; unter ben 174 fyier in
SBien angemelbeten geuerSbrünften 102 bei Sage unb 72 bei 9iad)t oorfamen.
SBemt aber auch bie in SBien bei Sag rotfommenbeit geuerSbrünfte häufiger
maren, galt bieS boch nicht auch »ott ber Umgebung; bort famen nämlich 8 Sag»
gegen 10 9tad)tfeuer oor, unb in bem Umftanbe, baf; bort 88 pCit. (in Sßien nur
14 f>(St.) S)acf)fcuer »orfamen, liegt im Vereine mit beit oben ermähnten häufige»
ren nächtlichen bie h°h e 3®af)tid)einlid)feit, baff eS fid) bort mfä Itnifmafig häufiger
um SSranblegungen banble.
Slber aud) in SBien felbft maren Bintmerfeuer häufiger bei Stacht als bei Sag
(12 unb 7), maS fid) burd) baS SJtoment ber 99eleud)tung begreift, unb in ber
Sljatfaihe, baf in ben SJtonaten Stooember bis 9Hai nur 6 », in ben anberen aber,
in benen nicht gefegt mirb, 13mal 3immerfeuer angegeigt mürben, liegt eine 3ln=
beutung für bie ©runbfaltigfeit jener Sinnahme.
SDie räumlichen SSerhältniffe aulangenb, mürben bie meiften S3ränbe auS ber
inneren Stabt gemelbet, nämlich 54, barunter 36 9taud)fangfeuer — h’ ei ‘ au f folgte
bet SBejir! Seopolbftabt mit 28, 3 ofeyl)ftabt mit 22 , Sanbftrafje mit 18, SReubau
mit 16, Sllfergrunb mit 12 , SBieben mit 10 , SUtariafilf mit 9 unb 9Jtargoretf>en
mit nur 5 geuerSbrünften,
SßaS bie 2(rt ber 93ranbe betrifft, 3 <äblte man h^v 99 5Raud)faug», 19 3im*
mer». 25 ©ad)=, 10 Äeller», 14 Stall» unb SJtagagitt», 7 anbere geuer. gür alle
SJtänbe, mit SluSnahme ber leftgenannten, gab bie innere Stabt bie abfolut Ijöd ) 5
ften 3ahl«i-
@8 erfcfjeint nun oon Sntereffe, bie häufigleit biefeS ©lementarereigniffeS mit
33egug auf bie 58ertf>eilung in ben eingelnen Senaten beS SaljreS ber Unterfudjung
3 U untergiehen.
33on ben 192 geuent, meldje in unb um SBien in ben 12 ÜJtonaten beS
3af)re8 1863 3 ur Se^anblung famen, mürben 27 im Stooember, 26 im IDecember,
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19 im 3uli, im ü)tai itnb (September je 18, im 3änner 17, im fduguft 16, im
3uni 15, im Februar unb 3)targ je 10, im 2lpril unb Cetoher je 8 angegeigt,
bemnad) bie meiften (70) iit beit 3 Senaten November, ©ccemhcr unbSänner;
unter ben 55 ÜBränbeu int 9){ai, Juli unb September mären 18 ©ad;fcuer, wa§
ficb bei ber au§ucb;neiibeit ©ürre unb Srocfenbeit be® lebten Sommer® Verhältnis
mäßig leitet begreift.
©ie näcbfte 23ead;tung oerbient bie 9trt ber äugeige, bemt e® erbeilt barau®,
inmiefent bie ^cuerlefcftcommiffton be§ Genieiuberathe® oollfommen berechtigt mar,
biejern Momente ihre rode Ülufmerfiamfeit guguwenben. G® tarnen von ben 192
angegeigten feuern 4 0, barunter 27 ©ad>= unb 19 STaudfangfeuer unb 3 anbeve
23ränbe burd) ben Shürmer, bie übrigen von anbever Seite gur 9)ielbung; unb
mirb e® bei ber .Gobe mandjer Raufer, melcbe bie freie Ginfid)t in bie eingelnen
Kartellen bebinbem, begreiflich, baf; ein 3nbivtbuunt vom Gentrum ber Stabt
lange nicht alle betreffenben SBorfommniffe nberfeben Tann.
©ie ISeforgniß, bureb ein lieb ermaß von Grunblicbfeit (angmeilig gn merben,
halt un§ ab, in meitere ©etail® eingugeben, unb mir fühlen un® bem Sefer
jebon jeßt verpf(id;tet, rnenn er bie gebauten ©aten feiner Dlufmerffamfeit gemür»
bigt — fie haben aber, fo troefen fie auch für ben elften 9fugeitblicf erfebeinen,
eine b D b e praftijd’e 2?ebeutung für StUe, bie ficb für fold;e fragen intereffiren, unb
bie Äemttniß fotefjer Sbatfad;en liefert ben mertbvollften Stoff für ein rationelle®
SJerficberungsmcfen.
SSir fitupfcn an biefe fbiittbeilung bie Eingaben einiger 33erl>ältniffe ber SBer=
lincr ftäbtifeben fscucvfvcietät, bie infofent auch für uit® Süiener einige® 3nterefje
bieten, al® bie Siebe bauen mar, au<b hier ein ähnliche® Snftitnt gu grünben. Gnbe
Dctober 1850 betrug ber SBcrth ber bort verfid;erten Gebaute in runber Summe 128,
1860 aber 163 3)1 iII. Shaler, ma® einer Bunabme von 27 pGt. entfpriebt. G®
mürben bort für 705 S3ranbfd)äben in runber Summe 723.000 Sßlr. verausgabt
unb Tarnen auf je 100 Shlr. ÜBerficheruitgSwevth nur 18 1 /« Pfennige Auslagen.
IT. T. Sn gelehrten greifen war bereits feit längerer 3eit befannt, baf; Gerv
S- Bahn, 'Jlrd'iiMV be® Soanneuni® ba® ©lücf hatte, in einer Gmubfcßrift ber ©ragev
llmvtvfitatebibliclbef ta® Original be® fogenannteu Anonymus Leobiensis aufjufiuben.
©a® tßevbältniß tiefer Duelle, wie fie au® bem Jlbbrucle te® £>. fßeg befanut war gu
ten veriibietenen gertfeßungen te® Mnrtinus Polonus mit gu tein »orgüglithen SiJerfe
te® Sitte® Sohaun v. 3>iftring, war felbft einem fo eminenten gerfdjer, wie SJölfmer,
unbeftimmt unb unflar geblieben; tev neuen Gntteefung war e® Vorbehalten, ßid't über
tiefe bunfleit unb verworrenen tBegießungen gu verbreiten. Gerr 3al;n bat in einer
äufievft grüntlichen Slrbeit alle mit bem Anonymus verwanbten Duellen einer eingeben«
ten Slergleithung untergegen, unb ift taturch gu felir glücTlichen Dieiultaten gelangt, bie
man in tem 1. Sabrgang (1864) tev „^Beiträge für Äunte ftciermärlijcher ©efchid't®-
qnellen" nadjlefen mag. Sein £>erfprecbeu, „ten d;romfti|d;en Äein te® wahren A. L.
gu veröffentlichen", ficffcn wir halt in Erfüllung geben gu leben. — 5n betitelten
Beiträgen finten wir and; von tem Germ 'Xvd'ivbcamtcn 9)}. Bangert eine biogra«
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pljifcfce Slrbeit über bcn Sodann Wiaitedborfer (ftarb um 1490), einen gebomen SSiener,
ber ald Stynbicud bed Stifted St. l'ambrecht in Steiermarf burcb bie Sammlung unb
(Maltung bcr intereffanten Urfunbcn biefed jücfterd unb burd; eigene l;iftcii|d;e Sluf*
geicbnungen fid; nid;t unbcbcutenbe Serbienftc um bie ®efcbic^tefevfd;nng crmovbcn f;at.
93eibe Slb^aublungcu finb and; in Separatabbrüctcn crfd;icucn.
* Ser Sire l er ?anbtag I;at auf bic~ Sauer bcn bvei Jahren eine Subvention
von 400 fl. 3 ur $eraudgabe einer ,,3eitfdmft für ©efdnc^te unb Sütcrtbumdhmbe
Sircld" angemiefcti. Sen §Man hie;u haben bie ^refeffcreu Sr. 31. £> u b er unb
Sr. 3ittgerle, S. ©d;enherr, Webacteur ber i'clfd unb Sdumei^eitiiug, S J). 3.
£aburner unb Scßrer J. Sürig audge arbeitet unb bie .^cvaudgabc ber 3^tfchrift bie
ät>agnerfcbe SJuchhanblmtg übernommen. ©s ift ?(udficbt mT;anben, bau bad cvfte
£eft biefeo Jahrganges in fuvgcfter 3eit erftf'eint. Saefclbe wirb einen eingebenben
Sluffafc non ?aburncr über ben ©infall ber Sdunalfalbner in Sircl im Sabre 1546,
einen Stuflab von S cb c n b cvr über tirclifcbe Äunftgefd?id'te im XVI. Salnhunbert
mtb Heinere Beiträge unb Stetigen enthalten.
Sui Sabre 1858 hatte bie ®del;rteu*©efdlf(^aft in jfrafau einen Geucurd auf
eine imjmlare Sarftellung bcr 9ied;tdgnmbfa($e unb 3>erfd;riften über ©rblaffungen,
Seftamente unb Scheidungen in Ceftcricicb, Suiülanb, ^rennen, Äcnigreid; s JMeu unb
ber früheren greiftabt Ärafau anögefd;rieben. Sw ber Sectieudfifcuug vom 2. 9)iai
mürbe einer über tiefe gragc eingelaugten 9lbt;anbluug and bem i\ Siemicndfi’Kbeu
gonbe ber ^reid von 2000 fl. $ucrfannt. Ser Warne bed SSerfaficrd berfelben ift in
ber „Ärafaucr 3dtung", melier mir tiefe Wad'riebt entnehmen, uid't befaimtgcgcbcn.
’ Sad in $>rag tagenbe konnte für bie naturmi|fenfd;aftlid)e Surd'ferfcbimg non
33ö^men, beftefyenb aud Wlitgliebcm ber naturmiffenfcbaftlid;en Sectien bed behmifeben
?anbedmufeumd unb ber I. f. ^atnetifcb^ofcncmifcbcn ©cfellfd;aft bat feine 35eratbungen
über bie gcftfteüung bed planes genehmigt. Stach einer nochmaligen fergfältigen Prüfung
bed lederen mürbe ald jährliches ©rferteruiu eine Summe vwt circa 6000 fl. feftge*
fteUt, mevon auf bie Surd;forfcbungdarbciten 3900 fl., auf bie Wcbacticn bed 33erid;ted,
3eid;tiuug ber Äarten, ßerrefponbenj unb Heinere Sludgabcn 900 fl., auf bie Srutf*
leguugen 1200 fl. entfallen mürben. Sie Sir beiten bcs ©emite finb uad;fclgcnte:
a. bie orograpt;ifd)e Slufnafmte bed ?anbcd (circa 900 fl. jährlich); b. bie geolcgifd;-
agronomifche Slufnaljme (circa 900 fl.); c. bie botanifebe Surcbforfc^nug (400 fl.);
(1. bie §oologifd)e Surd;forfcfcung (circa 400 fl.); e. bie meteovelegifdje Surd;ferfd;ung
(600 fl. unb für bie elfte 6inrid;tung ber Stationen 1000 fl.); f. bie dgeinifthe
Unterfuc^ung (circa 700 fl.). — Sie 3?eenbigung ber Slrbciten feil innerhalb 12 bid 15
S«l;ren erfolgen.
„Viribus unitis.“ Unter biefem Sitel ift im eigeuen Verlage bed SSerfafferd,
eines f. f. Wiilitärbeamten, in Stein foeben ein SSßerfcben erfd'ienen, welches feinen
geringeren 3wed »erfolgt, ald ein i^roject oorjufd^agen unb an^uempfehlen, bind) beffeu
Surd;füt;mng bie 33eftreitung bed efterr. Wulitärbubgetö aud ben eigenen ©intim ften bei* f. f.
Slrmee erjielt merben folt. Sn bürgern beruht ber gutgemeinte 9>crfd;lag barauf, baj) fiiv
bie gefammte 3 um Sriegdbienft oerbflidjtctc Sugenb (meld>e fid>, bid 3 um 21. ^cbendjal;re
geregnet, bei meldjent nad; bed SScrfaffed Slbficbt bie Steünngdpflicht eii^utreten hätte,
auf etma ac^t Wcitlionen Äcl)fe belaufen. bürfte) eine na^ fünf oerictyiebencn 9>ermcgcnd*
claffen gu bemeffenbe Sefrehmgdgebül;r eingeführt mürbe, meldje fpäter aud; in 42 halb¬
jährigen Waten bon bei 1 ©ebnrt bid 3 um oollenbeten 21. s ^ebendjahre entrichtet mer¬
ben fbnnte.
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* ©in tntereffanteß SPradjtwerl, welcheß feine ©ntftehung bem ^o^en beutfehen
Orben ober otelmel;r feinem gegenwärtigen $>ech* nnb Seutfchmeifter Der*
banlt, wirb bemnäd;ft bie treffe »erlaffen, @ß war früher fo bie (Sitte im beutfehen
Drben, baß ein neuerwäl;lteß Cfrerbaupt ben Antritt feiner Regierung burch irgenb eine
tüljne Äriegßthat ober einen bebeutungßoetlcn politischen 2(ct lunbbar machte. Siefe 3eiten
fmb für bie Seit unb fo aud; für ben Drben längft »orbei. Ser gur Griunerung an
einen großen fflioment ein im ?lnbenlen ber SWenfc^en bleibenbeß Senfmal ftiften will,
muß Ijeute eine Shat beß ©eifteß »errid;ten, nicht beß ©chwerteß. Sn richtiger Sürbi*
gung beffen, hat ber ncuerwählte £cd;* unb Seutfchmeifter, ©e. faif. $ot;eit ©rjh^og
Silhelm, bei bem Eintritt feiner Sürbe bie $)eraußgabc eineß lunfMitterarifchen Serleß
befohlen, welcheß für ben feierlichen Sag feiner Sntl;ronifation ein ewigeß ®ebenf$ei<ben,
ihm unb bem Drben 3 ur Gl;re Bereiche unb gugleich ber Seit nüfclich fei. Gß ejriftirt
nämlich fchon feit ein paar 3 al;rhunberten im Crbenßl;auß ein reifer Schaß foftbarer
@erätl;e unb ©efäße, weld;e fowol;l in S^ieljung auf ben Äunftwertt; wie auf ihre
herfunft unb ©efcpichte »eu hochftem Sntereffe fmb. ©e. faif. £ol;eit h a * nun bi* 4>ttauß*
gäbe biefeß Scbaßcß in Bilb unb Sejrt befchloffen unb mit berfelben ben befannten £>ifto*
rifer ^)rof. Subil betiaut. Subil ift 3 ugleich ein Kenner aller europäifchen SJJufeen unb
Sammlungen, fo baß alfo ber gewiegte ©efchichtßforfcber »cn ber notigen fünftlerifchen
©ad)lenntniß, bie gerabe bei folgen ©egetiftänben feiten ift, unterftüßt wirb. Semnach wirb
alfo baß Serf — in beffen bereite »otlenbeteß DJianufcript unß bie ©inficbt freunblichft
geftattet war — nicht bloß bie gefchichtlid;en auß ben arcbioalifchen Duellen entnomme*
nen Säten über £erfunft, ©chicffale unb Befißer bringen, fonbem auch baß Berflänbniß
ihreß Äunftwertheß crfd;ließen; cuiturgefchichtlid;e ©eitenblicfe auf alle betreffenben 3 meige
»ergangener funftinbuftrietlev Shätigleit werben baß Sntereffe beß Serfeß nod> erweitern.
60 ^botographieen »on Sefelßf», bereite fämmtlich fertig, enthalten bie Slbbilbungen;
ber Sejrt, ber ebenfallß fchon im Srucf »orgefchritten ift, wirb etwa 200 golioblätter
umfaßen. — Sir fügen noch bie Bemerlung baß biefer ©chaß beß beutfehen
ÖTbenß im f. f. ofterr. SJlufeum für Äunft unb Snbuftrie außgefteüt fein wirb.
D. (Bom beutfehen Büchermarlt.) 6 ß giebt 31 t traurigen Betrachtungen
Slnlaß, wenn wir bie geringe 3lußbeute muftern, welche bie jüngft »ergangenen brei Sechen
für ben heutigen Beriet bieten. Sirflich, feit »ielen Sabren erinnern wir unß nicht
einer fo anl;altenben ©title unb eineß fo großen 9Kangetß an Unternehmungßluft, wie fie
gegenwärtig auf bem beutfehen Büchermarft herrfcht. ffllehr alß ein Srittel beß laufen*
ben 3al;reß ift »ergangen, unb wie wenig wichtigere Grfcheinungen finben wir in ber
Bibliographie tiefer SKonate. gaft alle bewährten Berlagßhanblungen, bie fonft regel¬
mäßig 3 U Dftern mit einer $(n 3 ahl neuer ©rfcheinungen ben SRarft be 3 ogen, haben bieß
Sah r no( h nichts »on ftch Ifixen laffen. Sir fürchten biefe traurige 2age beß beutfehen
Bucbhanbelß ift nicht allein auß ben 3 eit»erhältniffen 3 U erllären, fonbem wir mosten
in ihr ben Stnfang einer Ärijtß erblidfen, hernorgerufen burd? baß SJcißoerhältniß, in bem
feit Sahnen bie litterarifche f)robuction 3 U ber ©onfumtion fteht. 9Han giebt fi<h hier¬
über »ielfach Säufcßungen h* n ; toer aber bie 3uftänbe beß beutfehen Buchhaubeiß im
Bergleich mit grcmfreich unb ©nglanb fennt, wirb halb erfahren, baß baß bentfeße gebil*
bete publicum, baß Bolf beT Sinter unb Senler, bie Serie feiner Sinter unb Sen*
fer »erhältnißmäßig wenig ließt unb noch weniger lauft.
Ser Beifpiele h^ 3 « bieten ftch nur afljiwiel; Serie mit ben beften 9lamen an
ber ©piße bleiben treß aller ©mpfehlungen bem unglücflichen Berleger wie Blei auf
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bem ?ager Kegen. So ift e?, um nur ein Seifpiel anjufübren, bem im Sommer vori¬
gen Jahre? erfd;ienenen „Briefwecbfel ©oetbe’? unb Äarl 5luguft? M ergangen. 3uge*
geben auch, baft er bie fyocbgefpannten Gnuartungen wenig befviebigt (;at, fo batte er
bocb al? ba? Senfmal ber fo(gereid;en, langjährigen Berbinbung gmiftben Seutfd;lanb?
größtem Sid;ter unb feinem fürftlidwn gveuitbe eine belfere Aufnahme vcrbicnt.
2£ir beginnen unfern 23crid^t mit einigen G^eugniffen be? inlanbifd'en Bud'ban*
bei?, auf welche mir jum 2 bei(e ned; auSfübrl d; 3 urücffommen werben. Cf? ftnb aufter
bem febon ange 3 eigten 3 weiten Banb von 5lrnetl;? trefflid;em 3Sevfc: „9Raria £bercfia'?
erfte JRegierung?jabre", bie gortfepung von grobel? B>erf: „Sie Sbeorie ber ^clitif,
al? Grgebnifj einer erneuerten Prüfung bcmofratifc^cr ^ebrnteinungen“, beffen Snl^alt
(„bie if;atfacben ber 9latur, ber ©efehiebte unb ber gegenwärtigen Weltlage, al? Bebiit-
gungen unb Bemeggvünbe ber ^clitif") fid; vielfach niit ber Gvbrterung politifcher
gragen, welche noch beute auf ber JageScrbnung fteben, befajjt.
5(1? nad^träglicbe geftgabe 3 ur Jubelfeier ber Bereinigung 2irol? mit Cefterreicb,
f;at, wie gleicbfall? fdwn ermähnt mürbe, $>rofeffcr $)uber in Jnn?brucF eine ©efd'icbte
biefer Begebenheit unb ihrer 3<Ht erfebeinen (affen, bie 3 U ben beften Slrbeitcn ber ofterreicbi»
fdjen Specialgefcbid>te 3 äblen mivb. gaft bie ^dlfte be? Banbe? nimmt ber ?lbbrucf 3 abO
reicher UrFunben au? ben Archiven 3 U 3nn?brucF, ©ra 3 k. ein. Gine anbere litterarifcbe
©abe au? $irol liegt un? vor in ben „Briefen au? (Rom von Sr. Slloi? glir,
berau?gegebcn von ?ubw. (Rapp". Sie? B>erfd;en, fd;on vor einiger %c \t erfebieuen,
tragen mir I;i^‘ um fo lieber und;, al? von vergebenen Setten, namentlich in einer
au?fubrltcben Befpredjmng in ber „3lug?burger allgent. 3dtung" auf ben böcbft inter-
effanten Jnbalt biefer Gorrefpcnbenjen bittgemiefen worben ift.
Ser im Jahre 1859 verdorbene ORarfgraf 2 Bilbclm von Baben b at in feinem
s )lacblaffe umfangreiche 5 luf 3 ckbnungeit au? feinem vielbewegten ?ebeit fy n ^ rla fl eu unb
mit ihrer Beröffentlicbung ben babifd;en ©euernllieutenant greibemt von (Röbcr*Sier?*
bürg beauftragt. Ser rein militärifcbe 2l;eil bctfelben, über bie genüge von 1809 bi?
1815 erfd;ien jept al? Bcrläufer eine? untfaffenben 2ebenebilbe? be? (Diavfgvafen, weiter
ben übrigen ber hinterlaffenen ORemoiren enthalten feil.
lieber bie internationale Äunftau?ftellung in 9Rüud;en vom Jahre 1SG3 evfd?ien
von ©. 9öittmer al? Beitrag 3 ur neuem ©efehiebte ber SDialerei ein Berid;t, auf ben
ausführlich 3 urücf 3 uFomnten mir un? Vorbehalten.
®i$mtQ0lieri(f)te.
Äaifierüdje ^Ckatifmie b£t UDiflenftyaften.
Sipung ber pbil ofopbifcb*bif tcr il c b en Glaffe vom 27. Slpril 18G4.
Ser Gommiffton für £erau?gabe oftevreiebifeber 5£ei?tbümer fittb 3 ugefommen:
a. Surcb ben lobl. ?anbe?au?f (hup von Sirol, ein Schreiben au? $ai\
über in ben bortigen Slrcbiven befinbticbe barauf be 3 Üglicbe Urfunben:
b. von bem hoeb^- ?lbte von (Rein Sl^eige, ba§ in bem 5 (rd;ive ber £errfcbaft
$>fannberg bei gronleiten unb in bem Stift?arcbive von (Rein fleh $Panthaibingen au?
bem 16. unb 17. Jahrhunbert vorftnben, bereu Ginfenbung angeboten wirb;
c. von bem Borftanbe ber lanbe?fürftl. Stabt Btucf a. b. ?eitl;a, Bericht über
in ber bortigen (Regiftratur befmblicbe Urfitnben, nebft Ginjenbung von vier Driginalien;
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d. Don ber fürftl. 2luerßperg’fchen ©üterDerwöltung 31 t Üofenfteinleiien in Ober*
Defterreid;, gu?ci Urbarien im Original, worin $Panthaibingen Dorfonuncn:
e. von ber ßanteralbircction beß gürft*33ifd;cfß Don Sreßlau 3 U So^amteöberg (im
c[tetreicbi|\l;eu Schlefieit), Slngeige, baß, nnb warum bie s )iad;forfjungen nach berartigen
Sedimenten in bcn bortigcn 9lrd)inen unb Dicgiftraturcn frud)tloß geblieben feien.
Sann wirb ber (Slaffc Dorgelegt ein Den £>errn 9\egterungßrath .fpiller in £anb*
feC'vift hinterlaffeneß Seif: „ 3 ?ittafe(n für ©efc^i^te unb 9humßntaii£".
£err 93t i f 1 0 f i d) legt Der für bie Senffdjriften feine 2lbhanblung : „Ucber
bie Crtßnamcn auß ^evfenennamen im SlaDifd;eu".
Saß w. 9)1. ^)rcf. Sr. Siegel (egt Der eine ihm Den $rof. SWaaffen in
®va _3 übevfanbte Slbbanblung: „Scbbienfer ©jrcevptc beß remifd;en Siechteß".
Sn einet auß Sobbio ftammenben ^aitbfc^rift ber 9)Jailänber Simbrcftana auß
bau 10 . Sal;r(nmbcvt ift eine Meine Sammlung beß rcmifchen SRechteß enthalten, bie,
wie bie lex romana canonicc compta, für ben fircblic^en ©ebrauch »erfaßt, aber Den
i(>r unabhängig ift. Seiüipt finb ber ©obey Suftiuianß unb, Derwiegenb, 3 u l i a n ß
9 toDettenauß 3 ug. Sie Stellen finb wcvt(id) übertragen. Slubcve Spuren ber Selbftthatig*
feit beß Verfaffevß, alß bie Silbung einiger JRubrifeit unb bie 8 lußwaf;l unb Slnorbnuitg
bev ©apitel, finben ftd? nid;t. Sie Slbfaffung fallt nicf>t nad; bem 9. 3 af)rf;unbert. Saß
SJaterlanb ift Stalien.
S i p u n g ber nt a t f; e m a t i f dj • n a t u r w i f f e n f i) a f t (i d) e n 61 a }} e
Dom 28. ?lpril 1864.
Saß (;. Kuratorium übermittelt, mit Bufchrift Dem 26. 2(pri(, in golge beß Don
ber f. Slfabemie ber $>iffenfd;aften gefteKten 2lnfuc6cnß, ben für baß correfponbirenbe 9Jiit*
glieb £)crrn $)rof. Sr. Äarl $)eterß in Slbjicbt auf feine beDorftebenbe wiffenfchaftlid*
Sereifung ber Sebmbfdja unb ber eftlicben Salfangegenben erwirften gro^errHc^en ger*
man an bie betreffenbett türfifeben ^anbeßbel;crben nebft Dier gleichlautenben ©mpfehlungß*
fdn*eil’en beß ®rcß-Ve 3 ierß an bie Statthalter Don JRuftfchuf, Sultfcha, Varna unb
Söibbin im Original unb in lleberfepung, fewie ein offeueß Vorfd;reiben beß f. f. 9)iini*
fteriumß beß faifetlic^tui £aufeß unb beß Sleu&ent an bie f. f. ©onfularämter in
Vulgarien.
Saß wirtliche SHitglieb £)err ^ofratl; Jaibing er berichtet über einen 9Re*
teorfaU, welker am 10. Secember 1863, — brei Sage nach bem gatte Don Sourin*
neßda»©roffe — bei Sulp in ber 9tad;barfd;aft Den Srapejunt ftattgefunben. Sei £err
33ericbtevftatter äußert |icb (;iebei wie felgt:
£>err Sirector Suliuß Sd;mibt in 2lt(;eit hatte bie erfte 9tad)rid)t mitgetheilt;
$err Sirector £öriteß gewann bie Wol;lwottenbe gürforge beß £errn f. f. Sntemun*
tinß greif;erm Don ^)rofefd;*£)ften in (Sonftantinopel, id) wirfte glei^eitig burd) bie
3 UDorfommenbe Vermittlung ber Herren f. f. Diegimentßarjt Sr. granj Sd;warg in
s Pera unb f. f. (Sonful 6. Sragorid) in Srape 3 unt. Saß Phänomen fanb um 3 Uljr
9Korgcnß ftatt, mit bem furdjtbarften ©etöfe unb Stur 3 Don geuermaffen. Salb nach
bem Stuqe würbe bie ©egenb burd? eine Sthneebede unbefuchbar. 2lm 9. SCTidrg fam*
melte £err Sr. 50cicf)cl, 2lr3t in Sripoli, auf Veranlagung beß Sr. -Btetajra, grie*
d;ifchen 2lr3teß in Srape 3 unt, bem ein angeblicher Meteorit eingefanbt würbe, waß fich an
bem galloite, alß Don bem gatte herrül;renb, wahrnehmen ließ, ©ine fleiue 9Jtenge, Don
3y 8 b'ctb eineß „Dunbe“ unb Don s s Soth eineß w Äem M genannten St;eileß fanbte
£>err f. f ©onful Sragorich an mich- Scb tuage ihn inbeffen nicht unbebingt alß
meteoritifch an 3 ujel;en, ba er Don allen bißber beschriebenen 9JJeteoriten gütlich
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Befcbaffcnl;cit abweicht, wenn attd> unferc ©tubicn über biejen ^'unft aflerbingö noch
nicht gcfd;lcffcn fiitb. Sie ©tücfdwn finb aber bod; gar gu unbcbcutcub in ©veßc, wo
bei ber geringen SluSbcbiiMig ber cingcltieu 2 l;eile, wetd;c bmd'ftucfn?eifc cingefchloffcu
fitib, nod; cingebenbc ©tutien vergenemmen werben feilten. Ser „Siiinbc" genannte 2l;eil,
ber aber nid'tö einer eigentlichen ©chmelgiinbe ähnliches geigt, enthalt Bntcbftncfc ei nee
gang d'arafteviftijchen ftrabligen s Pprclufit^ cingcfd'l offen. Ser „Äcrn" von fcbauinavtigcr
©tructur, beeb auö feinften tryftafliniid;en 2 heilten beftebenb, ift leid;t gwijdwn ben
giiigent gcrrciblicb. (iin etwaö grßßercö als baö an mich gefanbte ©tuet erhielt ber .pevr
f. f. $ntcvmmtiuö. Sie .pauptmaffe, etwa fed;ö 3«3l im Surc^meffcr, beabfidffigt Apere
Sr. Stöetajra nach Sltbcn 311 bringen.
perr pefratl; 38. p a i b i n g e r legt ferner eine S tetig een perm prüfen er S J(.
Ä einig ott vor, über ein een bemfelbcn in ber ©ammlung ber Unieerfilät gu Soviel;
rtufgefintbcncö ÜJietecveiien. Saefelbe war een einem 3 cttel begleitet mit ber ©d;rift:
„©ebiegeneö ßifen fc^r rar, au* ©tcieruiarf. E. N. 1 ". (Sine genaue Bcfchrcihnng ift
gegeben, namentlich mad;t &einig ett auf bae gleichzeitige Borfcmmcn een gwei ver¬
fehl ebenen ©ilicaten, einem ln Kern nnb einem tuuflcm, aufmerffam, wdd;e er mit £li^
bin einerfeitö unb Slugit ober CSnflatit aubcrcvjcitö verglddd. Saö föifen jclbft war eben*
falle an pevru Sirectcv p er nee eingefanbt werben, l$ö würbe mm cntgwcigefdmitten,
woburd; bic mctecri|d;e Oiatur fchr jdwn gu Sage fani. 31 ber eö geigte bae Bicteorcifeii
eine fo große 3(ebnlichfeit mit bem bereite in ben paupt^JictceiitcmSammlungcu auf-
bewahrten alten fächfifdwn (Sifen ben ©teinbad;, gwifd;cn 3ct;amigcorgcuftabt nnb (Sibcu*
ftoct gefunben, baß wcl;l fein Bweifel baran bleibt, baß eö ebcitfallö auö bcrfelben Quelle
flammt. 3luö ©teiermavf ift bieder fein SKeteoreifcn befd;ricben worben.
perr Socent Sr. 38ertl;cim l;at Untcrfucbiingcn über ben 33an bcö paarbalgeS
beim SWcnfdjcn nnb beim Äanincbcn angcftellt, welche ergaben, baß beifelbe nid;t ein baö
paar ringe umfaffenber, blinb enbigenber ©atf, fonbern ein feld;artig geformteß ©ebilbe
ift, baö von einem ©tengel ben an)eljnlid;er tauge getragen wirb, jo baß bie Slel;nlid;»
feit beö ©ebilbcö mit Äolch unb ©tengel einer Blütl;e unabweiöbar ift. Ser Stengel
gel;t gulc^t in einen jener Strange über, bie bie Kars reticularis beö (äcviumö unb
baö llntcvbautbinbcgcwebc, in mcl;r weniger l;erigontaler Oüd'tung, in großer 3 lngal;l
burcbgiel;eu. 33eobad;tungen, an [Reiben von parallelen Öiierfclmittcn angcftellt, fefceit
außer 3 weifel, baß biefe 23ilbnng eine normale, bem .paare jebeö ©tanborteö gufemmenbe
nnb baß fic nicht ibentifd; mit jener ift, bie s J)vcf. Sänger ber längerer 3eit be|d;vie«
ben bat unb weld;e nad> ihm gmn paarwcdffcl in naher 33egiel;ung ficht. 31 m Quer*
jebnitte bcö ©tengelö laßen ficb brei conceutrifd;e ©ebilbe naebweifen, bie 38crtl;eim
alö ÜUlarf, 3)tarffcbeibe unb jRinbc bcö paarfteitgdö begeiebnet.
Sic bisherigen 33cnennungen: „innere unb äußere SSurgclfcbeibe beö ApaareS"
fd;lägt ber Bortragenbe bemgufclge vor, in „innere unb äußerere paarfebeibe* gu »er*
wanbeln, ba bie Bcgcicbnung „3Surgel" gewiß nicht bem paarfuopfe unb feiner näd;[ten
Hingebung, fonbern allenfalls bem 3luSläufer beö ©tengelö entspricht.
©cbließlid; tl;eilt perr Sr. 26ertbeim 'mit, baß er alö pärtuugömittd für ergani*
fd;e ©ewebe unb jpeciell für bie paut unb bie in *Rebe ftcbeubeu Präparate verfuebö*
weife baö 3(nilin angewenbet unb baß er biefen Äörper in mehrfacher pinfiebt alö fel;r
' empfehlenswert!; für ben gebuchten 3 wecf gefunben l;at.
SGBirb einer Qonrauffion gugewiefeu.
.per Sr. ©triefer macht eine ?3iittl;eilung über bie felbftftänbigen Bewegungen
-embryonaler Bellen, wcld;e er an ®ern von Kami temporaria beobachtet hat. grifch,
ohne 3ufa^ von Dtcagenticn unb unter Bcrbältuiffcit unterfucht, weld;c baö Präparat vor
Berbunftung fduifcen, geigen bie embryonalen 3d(en cigcntl;ümlicbw‘ Bewegungen, ©ie
febiden gortfä^e auö, gieben fie wieber ein, werben halb länglich, biSquitformig, bann
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wieber runb Sieje SSeränberungen betreffen bie gange 3dlenmajjc unb bauern nur einige
Minuten, baun aber treten jene belannten ftructurlofen Surfet I;eruor, welche früher al$
burct) Siffufion eutftanbene Sludbuchtung ber 3tffenmeuibran gebeutet würben. Sa fein
Steagen« gugejegt würbe, fo fcblicßt ©trirfer aud) für biefc Surfet bie Siffufton au«
unb jpricht fte gleid;fall« al$ Steigerung be$ Seben« ber 3ette an.
Stußcrbem führt ©trirfer noch einige 33etrad;tungcn über bie gurchung an, welche
if;n beraitlaffen, jich bem Stuejpruche 9Jt. ©chulge’«, baß bie gurchung auf einer 6on*
tractitität be« Selter« beruhe, anguf fließen.
3um Schluffe lüeiöt er noch auf Socomotionen embryonaler 3eHen ^in, beren er
jehon an anberen Orten gebadete.
SBirb einer* (Sommijfton gugewiejen.
£err Sr. 95tac*©illabry, Oberargt in .£)otlänbijch*Oftinbien, überreicht eine
5tbl;anb(ung „gur Slnatcmic ber Seber", welche bie Stejultate einer im phbftologifchen
Suftitute ber f. f. 3ofeph«*3[fabemie angeführten Unterfuc^ung enthalt.
Sie 95titt^eitung begießt ftd; auf bie Sebent uon £uitben unb Äaninttyen. SBenn
man bie ©attengange unb bie Slutgefäße mit terfc^ieben gefärbten 9Jtaffen anfütlt, unter
Slnwenbung einiger befonberen SScrftchtSmaßregeln, |o lehrt nachträglich bie mifrof!opif<hc
Unterfu^uug ber alfo gubereiteten Seber, baß bie intertobulären ©aHengänge fic^ auf*
lefen in ba$ befannte 9tegwerf bon ©apiflaren.
Sie 9J?ajcben biejeö 9tege« t;aben bie ©reße ber Scbergelten unb fmb in allen
möglichen Sbenen angeorbnet. Sie ©aHencapittaren haben eigene SSanbungen, gehen bi«
gur Vena centralis unb freugen fid; ungafylige 9)iate mit ben Slutgefäßen, an beren
38anb fte öfterß anliegen. Sie ©aUencapiflaren oen benachbarten Öeberläppd?en anaftamo*
fiten an ber ©tenge ber Süppchen überatl miteinanber.
Sie Sbmpfigefäße ber Scher gerfatten in bie für bie Seber fclbft beftimmten unb
bie ber ©allenblafe unb ber gröberen ©attengange.
Sie 33 Ja je ift ungemein reich an Sptnphgefäßen, beren ©nbber^atten gang jo bejebaf*
feit ift alö in analogen 33inbegeweb8gcbilben.
Sie eigentlichen Spmpbgefäße ber Seber feuneit eingekeilt werben in tiefe unb
oberflächliche. Sie tiefen treten alö hotte, mit gasreichen Etappen nerfehene Stämme au«
bem Hilus ber Sc ber lappen herber. Verfolgt man fie in ba« Snnere be« Organe«, jo
ftel;t man fte guerft nod; alö wirflid;e ©efäße neben ber adventitia ber Slutgefäße »er¬
laufen, barauf in Spmphlacunen übergeben, bie man fich beuten muß al« bielfach anafta*
mofirenbe ©patten in ber Sinbegewcbömafjc, welche bie Seräftclungen ber Vena Porta-
nim umjpinneu. eine Slutcapitlare in ein Seberläppcben eintritt, befommt fte eine
met;r ober weniger ooUftänbigc .£>ülle, welche eine gortfegung ift be« ©inbegewebe«, ba«
bie interlobulären ©lutgefäße befleibet. Siefe £ü(le ber Slutcapiflare berliert ftch alt*
mätig nad; bem CSentrum ber Seberläppchen gtt.
Sic obcrfläd;lid)en Symphgefäße ber Seber finfc bei unjeren Seobachtung«tt;ieren nur
in ber 9iäfie ber ©allenblafe bargufteften unb entleeren ficf> in bie mächtigen Symphftätnme
bieje« Organe«.
Sie SÖanbuitg ber feineren Syntphgefäße im Snneru ber Seber befte^t an« einer
bünnen £aut, auf ber gasreiche gibrilten unb gettenartige ©ebilbe gelagert ftnb. Sic
innere Oberfläche finbet man in einigen Präparaten mit einem Epitlielium beflcibet,
befjen Elemente lebhaft an bie Symphforperchen erinnern. 3(e^nlic^e f3cHenformcn fommen
auch * n ^ en Spalten rer, weld;e in ber 9iät;e ber Symphftäuune gwifchen ben gibrillen
bc« Sinbegewebe« übrig bleiben.
Sic ©efäße haben bie befannte SRcfenfrangform, wctd;e babutch entfielt, baß fte in
beftimmten Sntcioallen non freiSformig aufgetagerten gibriltenbünbeln umjehnürt wetben.
Oefter« ßnbet man auch Älappen in ben legten 33eräftelungen ber wal;ren ©efäßcu
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639
Surcp 3njectien gefärbter SORaffen in bie Spmppgefäfce unb bie mifroffopifcpe Unter*
fucpung fann man nacpweifen, baß bie SSJtaffe oon ben ’?pmppgefäf$cn in bie Sacuncn unb
weiter in bie Scheibe ber 23luteapil(aren burd;bringt, biö fie enblicp, nacp bem Zentrum
ber Säppcpen 3 U, bie Sebe^ellen umfpült.
SSenbet man für bie Jpmppinjection eine wäfferige ?öfung oen 33erlinerblau an r *
fo fiet;t man in einigen gälten, baß bie SSanbungen ber ©aflencapillaren unb bie Äerne
ber geber^etten blau gefärbt werben, wäprenb bie um ben Äem gelagerte förnige Sub*
ftanj ber Sebe^eHe farblos erfcf>eint.
golgenbe Slbpanblungen werben jur Slufnapnic in bie Sitzungsberichte beftimmt:
a. „Beitrag $ur Äenntniß ber £emmungSbilbungeu beS $am* unb ©efcplecpts*
Apparates bei Söieberfäuern", uon #erm Sr. 31. grieblowsfp. (SScigelegt in ber
Sifcuug am 14. Slpril 1864.)
b. „©inige ^feubomorppefen", III, oen #errn Sr. ©. Sfcpermaf. (SJcrgelegt
in berf eiben Sifcmtg.) .
Urajarifdje 2Utaicmte.
3n ber Sifeung oont 25. Slpril laß $err &enßelmann bie ÜSergeid;niffe jener
Bücher oor, welche SJiorbtmann, Sifcpenborf, ?epftuS, gran^ Stubinpi, Spelm unb £cnßclmann
©elegenpeit patten aus ber SerailSbibliotpef in ©onftantincpel $u fepen unb gu üergeid)*
nen; eS finb im Sanken 75 oevfd'i ebene Gcbeye. 3m Stnfcpluffe an bie SJlittpeilung
£enßelmann$ pielt £>err Solbp im Sluftrage beS arcpäclcgifcpen unb ^iftorifc^cn
Gemite einen Vertrag, in welchem er bewies, baß fiep in Gcnftantinopel ein bebeutenb
größerer Scpafe oon ber Goroinianifcpen 33ibliotpef oorfinben muffe, benn biefe Siblio*
tpef ^äplte 50.000 5?änbe, unb wenn auep unter ben SaßcHonen unb naep ber 9)iopacSer
Sd;lacpt befonberS in ben Sapren 1527 unb 1529 uiele 33ücper entwenbet, oerfepeuft
unb oerfcpleppt würben, fo war bod; noep eine große Sammlung oorpanben, als bie
Surfen Dfen befehlen. Slucp pält er es für niept unwaprfcpcinlid;, baß man in ©enftan*
tincpel auep ungarifepe 33 ücper finben werbe, um fo mehr, weil fiep bie bamaligen ©c*
leprten, weld;e bie ©croiniana gu berauben beftrebt waren, gerabe um bie ungarifd;en
33ü<per niept fünimerten. 6 r eiflärte baper bic Slbfenbung eines Gomite, unb bic 4>er*
faffung eines Catalogue raisonne für eine ®prenfad;e. Sie Sifabeinie befcplcf; in golge
biefer Verträge, eoentucll einige DJiitgliebet nad? Gonftantincpel 3 U fenben.
«£>ert 9tagp überreiepte ein ron «pemi Scpann ÄerefeS oerfaßteS 9J5anufcript,
weites bie @efd;id;te oon 16 Sd;leffern beS 3$aagtpaleö entpält, unb wcUpeS ber SSer*
faffer ber Slfabeniie fepenft. 3 ugleicp ftellte er ben Slntrag, bie Slfabcmie möge bie geeig*
neten Scpritte tpun, um bie Srieffammlung ber ©rafen 3 llbeSpa 3 P, welcpe in Subni£
aufbewaprt wirb, 3 U apalten, W 03 U große 3lu$fid;t oorpanben ift.
Atcneo veneto.
SaS „Ateneo veneto“ pat eine Gemmiffien 3 m Prüfung ber piftorifepen unb
artiftifepen SJebeutung jener SRumen eniannt, bie oen ber Äircpe „Santa SORaria bei
Semi" in SJenebig noep erübrigen. Sie Gommifficn pat ftd; biefeS SluftrageS entlebigt
unb in iprer ffieriepterftattung naepgewiefen, wie bie pracptuoUe, im 3 «p« 1816 bemo«
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livte &ird;c eine bet gierten unb intcrcffauteftcn S>enebigß war. Sei* im 3al)ve 131 ö
angeregte 3?au war 1101 rodenbet. 3'iele ber außgejcichnctftcn SSenettanev imb ?ucc^cfeu
batten ihre leide SUu^cftättc bafolbft gcfudit imb gefitnbcn unb eine gi*ef;c 3(nja^( ren
bert aufgcftcliteu Nicnumentcn erinnerte an ihr Sehen unb SBirfen. Sie (Sommifficn
empfiehlt nun bie ©rhaltung bev wenigen ned; aufrecht ftefyenbcn 9Jtauerreftc ber eifrigen
gütferge beß Ateneo.
Herr Sllbertc ßrrera bat über bie Buftäube beß (Svebitwcfenß überhaupt unb auf
bev italienifd;cn Halhintel inebcfcnbcrc einen 3?ertrag gehalten unb ben Sknetianem bie
ren ber Stabt 3>iccn$a auf bem ©ebiete populärer Örebitbanfcn ergriffene Suitiatire jur
Nachahmung ancmpfcblcn.
Sn einem Vertrage „über bie 3lnfichtcu bev Bereit, baß Slltcr beß 93icnfchcn-
g cf chi echtes betreffenb" bat Sr. (Jarle (?al$o bie Scctrincn Santarfß, Satwtnß :c.
^njamntcngcfteflt unb namentlich bie il>ecriecu beß leptern betampft. 33on ben 35evfcd;tern
berfelbcu »erlangt er $unad;fi bie 33eantwcrtuug ber gvagc, in weld;cnt Momente ber
pr*greffiren (Sutwitflimg bie Ncprafeutanten irgenb einer Jbievgattuug bie bem 9J?cnfchcn
eigcntbümlicbeu mevalifehcn unb ’intcllcctucllcn gähigfeiten erlangt haben mögen? 9Rit
anbereu Sorten: jn welcher Seit unb unter welchen Scrhaltnin’en hat ber äffe aufgehert
Slffc ju fein, um Nicufrf; ju werben?
®nitfrij-lji|hmfd)cr Unttit in öüljinfit.
* Sn ber jiiugft ftattgefunbeuen 3lbcnb»crfainmlung ber 3lbtbeilung für Sprache,
Silteratuv unb Äunft legte bev $ur 3luöarbcitung einer 9iid;tfd;nur für bie Shätigfcit
biefer Stbthcilung gewählte Sruberaußfcbuf; feinen (Entwurf ror. Sn bemfelbett werben
alb Hauptaufgaben ber äbtheiluug bc^iehungßwciic ihrer Nlitgliebcr anfgeftcllt: Sie 31b*
faffung eineß meglichft »ollftanbigcn i^erseid;niffeß ber in 33 ob men bcfmblicben Sßerte ber
33autunft, ber Malerei unb 33ilbbauerei, bie Sammlung ber auf baß Seben unb bie
Sirtfamfcit reit in 33ehmen geborenen ober thätig gewefenen Äüuftlem beutfeher 31b»
ftammung be 3 Üglid;en Nachrichten, bie 3(bfaffung einer ©efd;icbte ber Stfabemie ber bil*
beuben fünfte in ^rag, beß h trügen Ceufcrrateriumß ber 93iuftf, fowie ber Sebcnß*
lefchrcihimgen bchmifd>cr Scufüuftler bcutfd'er Slbftammuug, bie Sammlung ren s J>ro*
ben boutfdvbelmiinhcr Niunbarten, ber Sagen, Sitten, öebrauebe, brachten, Sprü ^werter,
Victor, Aiinberfpide unb s 3Jiärcheit in ben beutfd;*bchmifd;cn ©egenben, ferner ber $)er*
fönen*, £rlß», glur», gelb* unb Spipnantcn, biegraphifeber unb bibliegraphtfd)er 9J!ittf;ei»
luugen über bcutfdw Sid'ter unb Sd;riftfteller in lohnten u. f. w. Um bie Ühatigfeit
in biefer 9iid;tung namentlich auf bem Saitbe anjuregen, wirb ein entfprcd)enber 3lufruf
erlaffen werben. — Sie reit bem Nebactcur bev Beitfd/rift „(igeria" ciugefenbete
Schrift über bie Urgefdjichtc beß „(vgcrlanbcß" würbe einem befonberen 33erichterftattcv
^ugewiefen, bagegen bie Haubfcbrift w @cfd;idtie beß SRegimentcß Älenau" (jept Vid;ten*
ftcimUblanen), weld;e bie Beit rom Sabre 1028 biß 1790 umfaßt unb burep ihren
eigcnthümlidwn Stpl bie Hcitcrfeit ber Nerfammlimg anregt, cinftweilen bem SJereinß»
ard;ir gngewiefen. Schließlich berichtete ncd> H crr *J>ref. Jhurnwalb über bie 3(rbcit beß
Herrn -J'rrf. Staffel „Sie jcplcr Niuntart", unb Herr Öippman über bie Slvbcit beß
H. ren llvbanftabt, betreffenb bie (5'gcrer Zünftler. 3htß lepterer wirb Crinjclneß in ben
3>ereinemittbeilungen rcvcffeutlidd werben.
OerantmurUtditr Uebacleur Br« teopolb Sd )wdt}tr. Brudimi ber li. Hienu ieliung
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$te ßröfouer Umucrfität uui> iljre Säculnrfcier.
S3oit $rof Sr. iSltdj. ßorjpshi.
SBieWofd Äriegflftürmc unb ©elagerung^uftanb feine für bie fPflege ber
SBiffenidjaft gebeihlid;cn ©erhältniffe finb, fo haben biefe mißlichen Umftänbe ber
geiftigen Siül;rigfeit itnfcrcr Unioerfität feinen befmtberen SfbBrudj get^an.
SBeun baficr bie pelitifdfje Sagedprcffe mehrfad; bie 3lnfi($t betjenigen funb»
gab, bie ba meinten, bafj hier ba3 wiffenfchaftliche 8 ebeu ftitfe itnb »elf ftef>e, ja
e 8 fei ba 8 fcientififd;e Sliocau ber Unioerfität fc^on feit ber partiellen SBieberein*
füijrung ber pcfnifctjen ©ovtrag?fyrad;e gar fe^t gefnnfen, fo ift eö wohl anberer*
feitö $>flid;t, eine unbefangene Sarftellung ber tf)at)äcf)li(f)en ©erhältniffe 3 U geben.
Sie vor brei Sauren burd;gefübrte Siegelung ber ©ortragSfprache beruht auf
legitimer S 3 afi§, weil einerfeitä auf ©taatöeerträgen, anbererfeitö auf bem woljl=
oerftanbenen Sntercffe be 8 Stcid)c3 unb ber bem Sieidje ange^ßrenben gatijif<hen
Staatsbürger.
Sem lautgeworbenen ©orwurfe oom Sal)i:tfd;winben ber gtequenj unb 23e=
beutung ber itrafauer Unioerfität burd; angebliche ^'reibgebung ber Unioerfität an
bie ^Rationalen, glauben wir in bünbiger SBeife burcf) 2l;atfad^en unb Siffent ju
begegnen.
Unfere Unioerfität 3 äf)lte »er bem 3ahre 1861 burdjfdntittiicf) faum 240
©tubirenbe ©eitler, baß ift feit ßinfü^rung ber polnifdjen Unterri<ht 8 fpra<he, h«t
fi<h bie 'Jfiijaljl ber ©tubirenbeit an ben brei weltlichen gat ultäten im Sommer*
femefter 1861 — 62 auf 315, im ©Mnterfemejier 1862—63 auf 388 gehoben,
blieb im folgenbeit ©onimerfemefter conftant unb erreichte hi crau f iw erften ©eme=
fter be3 ©tubienjaljref' 1863—64 bie gewifs nicht unbcträd)ttid;e 3iffer ron 480
infcribirteit 3 nt)öran. ©innen jwei 3 al;re»t l)at fid; baf)er bie Sahl bet ©tubiren*
ben faft verboppelt. 3 11 neuefter Seit ift bur<h bie 3nfurrection im Königreiche
geleit unb in golge ber befißrbli^en 2 lu 8 weijung fämmtli^er QCuSlänber, welche
immer ein fetyt namhaftes (Kontingent ber Jpßrerf^aft bilben, bie grequeuj wie*
ber auf 297 ©tubirenbe Ijerabgegangen, was jebo<h bei ben leiber fetyr abträg*
licken 3 «itnerl;ä(tnif[en fürwahr fein fo fcf)limmeä (Srgebni'j auSmad^t
hiebei fann nicht uitbemerft bleiben, bafj bie ftubirenbe Sugcnb trojj ber
allgemeinen unb fe^r erflätlichen (Srvcgtfjeit ber ©emüther im 2 anbe bie afabe«
mifc^e Drbnnng ungetrübt aufrecht hält, bie ohnehin f^wierige Stellung ihrer
Lehrer in nid;t3 erfctjwert, ja itt ihrer übetwiegenben SRehrjahl mit reblichem ßifer
ben ©tubien obliegt.
Bo 4 «n|^rift. 18 ( 4 . Canb m. 41 *
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642
Unter bcr Slegibe bcr pcd'idmle regt unb Betätigt fid) ba3 miffcnfdjaftlicfye
SeBen unb SSirfen in alten 9üd;tnngen auf eine SBcife, bie mol;l ber Ulncrfennung
nid;t unmürbig crfd;eint.
So ift vor bent 3al;re 18G1 Bei und feine Habilitation 311 vergeidpten
gemefen, unb bod) gilt mit Diedjt baö Snftitut ber ^rivatbocenten a (3 bad mid;=
tigfte SnBftrat int Univerfitätdmefen. Seitbetn fwBett breigef;n HaBilitationdacte
ftattgefunben; gmei ^rtvatborenten fittb Bereites gitr ^rofeffnr vorgerfteft unb jed;d
bericlBen mirfen mit fichtfid; erfolgreichem Gif et in intern afabemifd;eu 2 ef)ramte,
mät;renb bie nod) eniBrigenben «paBilitationcn entroeber in 33erf>anb[ung Begriffen
finb, ober ber minifteriellen 23eftätignng ber „venia legendi“ entgcgenfel;cn.
2tn bie Stelle ber in bem eben ermahnten 2 >al;re aBBerufencn 'fkofefforen
mürben über Eintrag ber garultäten burd; bie moldmollenbc gürforge bed Staat 8 =
minifteriumS nid;t minber namhafte Sel;rfräfte l;erBeigegegcn.
UnüBerminblid;c .piitberniffe vereitelten 31 t unferem Seibmefen bie angeftrehte
Berufung be 8 rn^mlichft Befanuten 9iomaniften 3 ielonacfi, g!cid;mie bcr an 8 =
gegeidmeten f)M;ilelogcn SÖiotti;, Bronifomdfi unb SSgclcmdfi, oBmofyl bie
Hoffnung auf il;re ©eminuung nodj immer nid;t enbgültig aufgegeBeu ift.
Sic Unmcrfitätsbrud'erei Behauptet il;ten altbemä^rten Diuf burd) bie correcte
Herausgabe einer gangett 9ieif)e von fad;miffenfd;aftlid)cn .'panbBndjern unb ?(&=
Ijaubluugen in polnifdjet Sprad;e. G3 erfdjienen in tafcfyer Jlufeiuanbcrfolge anjel;n=
liefje litterarifdje Grgeugniffe al 6 2Sa^rgcid;en eines reblid;en StreBenS >.
3tt biefett Beitraum fällt aud) bie Begrünbung bcr mebiciniid;=d;irurgijd;en
3Scd;enfd;rift „Przegltjd lekarski“ rebigirt von ben ^rofefforeit Brt;f, Sietl,
Spiajcr, SfoBet unb Sr. Cettinger. Gin gmeitcS gelehrtes Sournal cntftanb
in ber red)tS» unb ftaatdmiffcnfd;aftlid;en 3eitfcf)rift „Czasopismo poswigeone
prawu i umiejijtnosciom politycznym“, meld;e unter ber verautmorttid;en 9 tebac= N
tiou beS 'Prof. Äecgpndfi von SDiitgliebern beS red;tä= unb ftaatdmiffcnid)aftlid;en
Profefforencollegiumö ^craudgegcBcn mirb.
Bcibe 3eitf4>riften erfreuen fid; eines ununterBrod;enen Beftaitbed, unb merbeit
if;rcn für bie polnifdje gad;littcratur ftheranS mistigen Beruf aud; fernerhin gu
erfüllen miffen.
1 3u bat ivicbtigcTcn, feit 18G2 publidrten 3}crtaflöwcrTcn biefer Srutfcrci aafyfcit rvir:
„randccta czyli wyklad prawa prywatnego Rzymskiego“ (?etnbud; bcr Baubeiten) Den
$Profcffcr äielcitadi; „Wyklad filozofii prawa“ (.^nnbbud; bcr 9icd;t£?pl;iiofopbic) von 9i$c[inefi;
„Wyklad Europejskiego prawa narodöw“ (£)anbtnd) bc$ curcpaifdicn SBclfcrmbtcd), nach ^£>cfflcr
bearbeitet von 9i$efiiiefi unb er^an^t von Xx. 9ivb^eu^H ; „Najuowsze prawa Ko£ciolakatolio
kiogo w Austryi“ (£auimluu$ bcr neuen fat^oli[d;cn Äird;cngcfc^c in £cftcrreid)) von ^rofeffor
VeVjinami; ^>rofrffi?r (5$cnviaFen?efrd „£cl;rbucfy ber 5Botanü" in 6 33rinbcn; ©r. S)ictlö
„^bbanbtmiß über ben SB.cid^fcI^cpf"; yrofejjor C^vruianofi’ö „Sljccric ber d)emijdKU Serbin*
bunten, bafirt auf ber rotircuben 'Setvcvjuuß ber Sltomc"; ^rofeffor fteqvnoti’ö „Stritt! bcö
neuen ruffiidvpolnijd;cn ^traf^cfe^biubeö" u. f. u?. — Uucrmübet im littci\irl;ifterifeben ^Berufe
übt ^vofeffor ?3ratranef baiS ^crmittlcramt Jtvifdjcn ydcuö unb £)cutjd;[unbö 2)id;tcrn unb
^ellctriftcu.
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643
Slnfjcrbcm beteiligen fit bie 9)iitglieber ber Unioerfität mit c|ncroo(lem 3(r=
heitSmutbe an ben Safuhütern ber f. F. Ärafauet ©cleljrtengefellftaft, unb allen
wiffcnfd;aftlid)cn Unternehmungen bcrfelbcn, wie bie jal;frad)cn litterariften $>ubli»
cationen bartfiun, wovon wir heifpielSwcifc nur ba 8 rcttS* unb ftaatSwiffenftuft 5
lid)e beut|d; 4 'cfnifd)e terminologifte Sejeifon anfiil;ren wollen.
2 >iefc Tm^ffiggirte llmfdjau bftrfte fd)on einen 33 cwci 8 erbringen, bafj bie
Äralaner Univevfität feit bem 3<t re 1861, weit entfernt in Söegng auf i(;re §re*
queng 0 iüdfd;rittc getan gu haben, fit vielmehr wiffenfdmftlid; geträftiget unb
gehoben I;at, angemeffen ben materiellen SOiitteln, bie ihr ju ©ebotc fielen, unb
ber gürforge, bie if)r feitenS beS l;ol;en ©taatSminiftcriumS 31 t Steil wirb; bafj
fie bal;er, ben geiftigeu gortftritt unoerriirft unb auSftliefjlit iw 5luge beljaltenb
unb betätigenb, fit roürbig ben anberen Univerfitäten be 8 Äaifert^umS ange»
reif;t ^at.
3(u8 billiget 9tüdfid>t auf ben befdjränften Staunt ber „2Botenfd;rift" wollen
wir bie vorgeljabtcn 9)iittl;ei(ungen au 8 ber StectoratSperiobe be 8 ocrbienftoollen
fProf. Sietl über bie wiffenftaftlid;en ^)ülf 8 anftalten an ber epotl’djule, übet bie
SQtüfjeWaltuug ber Stcvinbication bc 8 UniverfitätSvermögenS, weites auf fteben
Millionen ©ulben öftetr. 59äl;rung bcjiffcx't wirb, über bie au 8 Slitlafj ber ooit
<2r. SJtajeftät bem jtaifer grätig Soiepf) bulbreit voflgogencit Siegenerirung ber
Sngiellcniften .fiocbit 11 ^ »on einigen Magnaten erritteten £)anbfttycubieu 3 ur
l)öl;eren SluSbilbung 001 t Ganbibaten bc 8 afabemifd;cn gegrämtes u. m. 31. gurücf=
galten, um gleit S ut S3crid'terftattunej über bie Subelfeier bc 8 l;albtaufenbjäf)rigcn
33 eftanbc 8 ber „alma matcr“ 3 U gelangen.
Untere £otft u le *, geftiftet von Äafimir bem ©rofjcn 3 U ^'fingften bc 8 3al;=
re 8 1364, war fd;on im 14. Sabtunbcrte ein geiftiger 8 eud;ttburm für ben l;al=
1 In nomine Domini. Amen. . . . 1361. f — Ea, quse ex rcgalis magnificentise
bene placito, eximium, nimirum devotione et fidei puritate, ad profectum subditorum, et
salutem humame conditionis, piis et g enerosis affectibus ordinantur, adhibitionem fidei
conquirant, et gaudeant majori fulcimine firmitatis; quia nihil valet, quod statuitur, nisi
statuta ex ampliore diligentia observentur, Proindc Nos Casimirus, Dci gratia Ilex Polo-
niae, Russiaeque Dominus et Heres, cupientes ferventi desiderio, veluti ex debito tenc-
mur ut res utilis, omnisque prosperitas, humanae conditionis dilatetur, mcliora prospici-
entes, nec ea dubitantes, clericis et subditis regni costri profutura, in Cracovia civitatc
nostro, locum, ubi Studium vigeat generale, in qualibet licita facultate, nominandum,
eligendum, constituendum et ordinandum duximus, et in antea futuris perpetuis tempo-
ibus esse volumus in his scriptis. — Sitque ibi scientiarum pnevalcntium margarita, ut
viros producat consilii maturitate conspicuos, virtutum ornatibus redimitos, ac diversarum
facultatum cruditos; fiatque ibi fons doctrinarum irriguus, de cujns plenitudine hauriant,
universi litterarum cupientes imbui documentis, ad quam scilicet Cracoviam, universi non
solnm regni nostri et regionum circumjacentium incolcc, sed alii ex diversis mundi par-
tibus, libere et secure confluant civitatem, praeclaram hujusmodi seiend® margaritam
assequi, affectantes. Quibus omnibus et singulis subscriptos articulos, in prresenti ciro-
grapho contentos, promittimus et bo/ia fide spondemus, tenere irrcfragabilitcr ac observare,
videlicet Rectoribus Universitatis, Doctoribus, Magistris, scholaribus, scriptoribus, statio-
nariis, et bedelis, ac corum familiaribus, quibuscunque, qtd se gratia studii in civitatem
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644
freit 2Se(l%il. 0ic uom Setzte 1400 angefangen oljne Unterfrredjung geführten
SUatrifel* unb 'PrL'mettensbüdjcr finb ftummc afrer mwerbädjtige Bongen ber großen
SSerbienfte biejer Untivrfität um bie Eljriftcnljcit utib 5Siffenfd;aft. Ülufjet ber pol*
nifd;en unb cjed;i]d)en frefanben ftcfy in Äratau eine bcuifdje, eine ungatifd;e, bann
eine fiefrcnfrürgifdie, fdiwebtfdje unb r^einlänbifcbe Uanbennanujdjaft an ber Unioer*
fität, unb für jebe berfelfren waren eigene atabemiidje ©efräube (burzy cudro-
ziemcow) i'otfranben, worin bie atabemijd;en 33itrfd)eufd;aften au fjer ber Untcrluntt
nodj „communcm focum“ unb „commuuem familiam“ frefafsen.
Unter allen ftfrlid;erweife gelehrten Süüktplinen tarnen Suriepnibeng unb 9Ra*
tljematif, insfrefonbeve aber bie Sfieologie (itad) ihrer Einführung an ber Unioer*
fität buvd) bett Äönig Xabielauö Sagieüo) gnr Ijödjften Entfaltung. — Äratauet
^)rofefforen interoenirten in allen pclnifd;cn Staatbactionen jener Beit; Ätafauer
St;eologen errangen eine ^eroerragenbe Stellung auf ben allgemeinen Äird;enuer*
fammlungeit in Eonftar.g, S3afet unb Srient. Ein Bögliitg ber Äratauer . l ped;fd;ule
prmdictam transtulerint, ct ibidem morara transierint, eisdem esse volamus Dominus
gratiosus ipsosque et eorum quemlibet in suis juribus, privilegiis, libertatibus et ßtudiis
ct cousuetudinibus omuibus aliis, qua in studiis generalibus, videlicet Bononiensi et Pa-
duauo, tenentur et obscn'autur, conservare et defensare ac tuen e. t. c. . . — Item ex
nunc salariamus sedes infra scriptas, videlicet sedem decrctorum de quadraginta marcis
argenti anuatim; sedem decretualium de tolidem; sedem sexti clementinarum, de XX
marcis. Item providemus legenti legum codicem de quadraginta marcis argenti; legenti
infortiatum de totidem, et legenti voluraen parvum de XX marcis pro anno ßequentibus.
Similiter juxta consvetudiiiem studii legatis Icgentibus digestum vetus et novum euilibet
ipsorum de XL marcis providemus; duobus vero magistris legentibus pliisicam ordinamus
salarium XX marcarum euilibet anuatim. Et magistro in artibus, damus scholam beatm
Virginis et X marcas reditus aponemus eidem. Kectori Univcrsitatis pro suis laboribus
providebimus X marcarum, prouti in aliis studiis est consuetum. Qiuequidem salaria ex
nunc in nostra zuppa salisin Weliczca deputamus; ita quod noster zupparius Doctoribus
et Magistris legentibus in IV tcmporilms prmdicta salaria in Cracovia prmsentare tencatur
etc. etc. etc. (Conf. Kaczyiiskis Codex diplomaticus majoris Pclonim. F. Xr. XC1V; tanu
bie 3at)rbitd)cr ber Strafaucr $elehitengcjc[Ifchaft, «v>cft II ü. 3. 1849.)
Slns tiefem (£jccrptc jeiejt fid>, baj) jtajimir t. fein Studium generale (szkola
glowna) uad; tent Horbilte ter £wd>fd>ulen $talicuo (inebejjnbere jener 311 33 elcgna) erga*
nifirtc. tiefer fcbi'pfeiifd'e ®efetjgeber, welcher Derbem feine für jene Beiten bewtinberungewürbigc
teebifieation auf ter 9ieid;euerfanunlung 51 t 2&talica im 3- 1347 promnlgirt l>ittc, modele bie
(Entfaltung ter cd; tewifjai jehaft bei ter Stiftung ter Mrafaucr Uniucrfitat am allermciftcn
bcabfidyti^t l;aben. 0cf;wcgeit bcbadjte er bae Collegium juridicum mit neun l'ctyifttifylcu (sedes)
alfo mit eben fe i?iel Vchrfai^eln, als gegenwärtig tic recht*« mit ftaatewiffenfchaftliche gacultüt
3 u .Stvafau befifct
0 er foniglictye Stifter will in ter iienerrid;teteit ^ehranftalt eine foftbarc perle feiner
9icid;otume beifügen, nach feinen eigenen, wieberholt gebrauchten Sil uebr liefen. gern neu (Eng*
herjigfeit will er auch, burd; taö slMptct tee feomopolitijdien Latein* feine lwh e Schute alleu
Vernbegieiigcu ter galten Seit offen ftebe.
, anftäutig tie materielle Slueftattmig fcccf t'chvftanbeö befdyaffeu war, eigiebt fich fd;en,
wenn man erwägt, tafj (Eine Marf (Silber* 311 jener 3eit bei 50 (Kulten heutiger -I'oabruug
beteutete, WC311 mau noch tie firdUicbeu prabeuben hi^ufügen mnjj, welche tic meift tan gciftlid^cn
Staute im Mittelalter augehorcuben profefforcii v 01311 ge weife 311 erlangen gcfchmafjig berufen waren
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— bet CSarbittat VofiuS — präfibirte als päpftlicber Sfblegat großenteils bet
bem leßterwäbnten (Sonette.
Um nttt einige oon unferett wiffenfcbaftlicbcn ©roßen 31 t nennen, fo hüben
bie Slfironomett S^rub^eruöti unb GopernieuS, ©iteßiuS (©oief), bei - ©egrünber ber
Dptif, bie 03cfct>tctjtic^reiber SlugoSj, SWiccborta, Äromer, Buluöfi unb Selewel
fcie Surijkn jperburt, WojeciuS, Dftrorog, Beibae'^croSTt, SatnowSfi, 'fh^htSfi,
S 3 C 3 cvbic 3 , 33urfiu§, ©ftytuSfi, StarowelSfi, SDrjedjoujßfi u. a. m., bie Siebter
ÄocbanowSfi unb SarbicwSfi, bie gelehrten Staatsmänner ßleSiticfi, EaSfi, So»
miefi, SSurjo, SencjqnSfi, ©jacti, BamotySfi, Äottqtaj, StaSspc, bie ©ebrübet
©niabeefi unb ©anbtfie hier gelernt unb gewirft.
töiSbcr finb nur ©rucbftücfc attS bet einen großen Sbeil bcS ffaoifcben 6 ul=
turlebcnS barftellcnben ©efc^idjtc ber Ärafaucr Unioerfität oon ben ^rofefforen
SW. SPßiß^niewSft unb 5- 9 Jluc 3 fow 3 fi ber Deffentlicbfeit übergeben worben *. ©egen»
wärtig befaßt fidj $)rof 31. SSacbolj fd^on feit längerer Beit mit eittgebenben
Stubiett biefeS ©egenftanbeS, unb eS foll jufotge fieberen ©ernebntcnS fein
SWanufcript bereits oollenbet fein unb nur beS SBertegcrS beirren.
3ur feierlitben ©egeßung beS 500jährigen SubiläumS, weites mit SiücFfiebt
auf bie nach ber ©rünbitttg ber Unioerfität eingetreteite Äalenberreform auf ben
20. SÖtai beS SaßteS 18G4 fälft, b fl t ber afabemifebe Senat bereits cor oier
Sabren bie erften Schritte getban.
©3 conftituirtc ficb eilt befonbereS geftcomitc, gebilbet auS je 3 Wei Selegirten
ber fämmtlicben ^aeuftäten unter bem ©orfijje beS fProf. SOiajer. Sie Stufgabe
beSfelbett war, alle jweribienlidien (Einleitungen 31 t einet würbcooßen Seiet beS
©eburtSfefteS ber „antiquissima et celeberrima Universitas litterarum“ oor»
3unebmcn.
SaS ©tgebniß feiner ©eratbungen fiel babin auS, bie Verausgabe eines
„Codex diplomaticus universitatis Cracoviensis“ als einer wünfebenöwertben
Unterlage für jebe pragmatifebe ©efcbicbtßbreibung gu oeranlaffen; auch befebloß
man bie Sntcflegung oon V an bbüd>em uttb biftorifeben 25>erfen in afabemifeben
©erlag 3 U übernehmen , überbieS bie bodboerbiente ©clebrtengcfeflfcbaft gut wirf»
famften ©ctbeiligung an ber afabemifeben Seiet aufguforbem; cnblicb baS eigent»
liebe Subelfejt in folennet SBeife 3 U begeben, alfo felbftocrftänblicb 311 t Sb c ^ nn b mo
baran fämmtlicbe Unioerfitäten beS ÄaiferftaateS einjulaben.
Set bermalige Dtcctor butte im ©inoerftänbniffc mit bem afabemifeben Se»
nate an baS StaatSminifterium bie ©Ute geftellt, eS wolle ber Unioerfität auS
3lnlaß ihrer 500 jährigen Subelfeier baS ©ilbniß ©r. f. f. Slpoftolif^cn SDiajcftät
3 Ut feierlichen ©ittbüflung gefpenbet werben, ©lei^eitig warb oon ihm bafür
Sorge getragen, baß bie ©ilbniffe ber beiben Stifter, ÄafimirS beS ©roßen unb
1 ©ielje „Historya literatury polskiej“ oon 'DiicfuKl SBiejuiciuäfi, in IX tauben, Äratau,
1844; bann „Statuta, nec non über promotionum philosophorum ordinis in universitatc
studiorum Jagellonica ab anno 1402 ad a. 1849, edidit Iosephus Muczkowski. Cracovia
1849. Typis Universitatis“.
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8 abiStouS Sagießo'S, von bewährtet Äünftlerhanb für bie llnivcrfität angefertigt
werben.
Snmittcn aß ber mit S^alTraft in. Singriff genommenen äSorbereitungcn trat
baS 3<tr 1863 ei«. ©ie ©veigniffe beSfetben veranlagten ©c. ©reeßeng ben ^errtt
©taatSminiftcr, vermittelt eines ©tlaffeS vom 3. Steril b. 3- 3« beftimmen, bafs
in S3erüdfi(^tigung bet öffentlichen Stimmung unb ber bcbaucrliten SSerhältniffe
bcS SanbeS bie auf ben fölonat 2Diai b. 3. entfaßenbe ©äeularfeier ber 3agießoni=
ften $o<hftbulc auf nnbeftimmtc 3cit 3 U vertagen fei, uttb baff ber @cbäd>tnif}tag
felbft im taufenben 3 ah re nur m *l einer, lebiglit ouf bie a!abemifd;e 3 ugenb
ju befträntenben firdhlidhen §(nba$t $n feiern märe, hiebei pat fiel; not baS
©taatSminifterium bie befinitive ©ntfteibung über bie mit früheren Berichten ber
tjiefigen afabemtfcfjen Dberbepörbe begüglit ber SubiläumSfeier gefteßten Anträge
(wohin inSbefonbere ber Antrag auf minifterieße ©Genehmigung einer aflgemeinen
©oßecte in unferem Äronlanbe gunt äkljufe ber 9luffteßuitg von monumentalen
©tanbbilbern ber beiben ©rünber uitferer ^>od)fcf;ule gehört) auSbrüdlit oor=
behalten.
©ie gange ^eftlitteit beftränft fidj alfo bemalen auf bie erwähnte Äirten=
anbad;t in bem altertümlichen Äratauer ©ome, wo bie ©rabftätten ber fönig=
licken ©tifter flehen, worauf noch in bem grofjen’UniverfitätSlocale bie ©nthüßung
bcS ÄaiferbitbcS uttb ber beiben itt SebenSgtöfje gemalten ^ertraitS ©aftmirS b. ©.
unb SabiSlauS Sagießo’S erfolgt.
©ton noch bem urfprüngliten ^)lanc foßte baS .pauptmotnent ber 3ubel=
feier in ber Sßeröjfentlitung von litterarifchen ©rgeugniffen beruhen.
©icfeS Vorhaben tyirb ungeachtet ber SSertaguitg beS SnbelfefteS nach 30laj}=
gäbe ber befteibeiten SOiittel, bie unS ju ©ebote ftauben, auSgeführt werben, ba
bie ©rudlegung einer ©erie von fträliminirten SBerfctt fd;on tpeilweife gum ge=
Wüttfdjten 2lbf<hluffe gelangt ift GS finb bicS namentlich natftepenbe ©rudjaten:
1 . „Liber beneficioruw dioceseos Cracoviensis Ioannis Dlugossii, C. C. C.“,
auS einer bisher unebirten, im 9lrtive beS hit'figen GathebralcapitelS aufbewahrteu
^anbfehrift 3 um elften fötale hemrägegebett von SÜejranber ©rafen ^rgegbgiecfi,
unb (bem $>rivatbocenten bet StlterthumSfunbe) Sofepp LepfowSti, mit beigefügter
polnifter Uebertragung beS UrterteS von ^)rof. Ä. föietergpuSfi. Äratau 1864.
2 . „Nanka prawa w uniwersytecie Krakowskim w citjgu czasu od roku
1364 do 1795 r. Wyimek z dziejöw tego uniwersytetu opracowany na
pierwotnych zrödlach. Wstgp.“ (Einleitung jur ©efc^id;te ber fRcttSlepre an
ber Äratauer §otfd;ule), von ^)rof. ©r. SurzpiiSli, in einem ©oppelhefte ber
Ätafauet 3citfd;rift für bie 9ted)tS= unb ©taatSwiffenfchaften, Weld;e als fünftes
§eft beS 3 Weitcn 3aprgange3 biefer periobiften ©ruditrift, itn SJiai l. 3.
herauStommt.
3. „Magistri Vincentii (Kadlubek) Episcopi Cracoviensis Chronica Polo¬
norum“ auS, einer bisher nngefannten ^anbftrift perauSgcgeben vom fBibliotpefS;
GuftoS ©r. 91. fölultoWSfi. Äratau 1864.
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4. „Prawo narddow Europejskie“ (®a§ 33 fff erregt in Cfuropa, fie^e
SRotc Seite 642), mit einer im Sin hange beigegebenen Sammlung ber wichtige*
ren auf fWlen tBegug net;menbeit cölferrec^tlidjen Siete unb Sractate auß beraten*
geit, .im Verlage ber Unioerfitätßbrucferei. Ärafau 1864.
5. „Monografia Mogily“ (^iftcrifdje Sfigge beß in vielen 33egiehungen
benfwürbigen Giftergienferflofterß fDtegila bei Ärafait), gebrueft auf Äoften ber
(Mebrtengefellicbaft. Ä ruf au 1864.
6 . „Jaköba Miehalowskicgo, Kasztelana Bidckiego; Ksiega Pamietnieza
z dawnogo rgkopisma“ (fötemoiren auß ber SRcgienmgßgeit beß Äonigß Sodann
Äafimit Sßafa), ebenfallß im Verlage ber wiffenfd;aftlid;en ©efeflf^aft. Ärafan 1864.
7. „Album Universyt.etu Krakowskiego“ (^eftalbum, eine gebrängte fRuttb*
fd;an ber fäntmtlidjcn Sammlungen unb ,£mlfßanftalten, welche an ber Unirerfitäf
befielen), gfeicbfullß oom (Mefuteni'eteine aufgelegt.
So loirb beim bie fünfte Säcularfeier ber Ärafauer Uninerfität gerauft-,
aber nid;t tbatenloß oerübergeben, beim eß bat fieb unter bem belebeitben ©influffe
nationalgeiftigen Strebenß eine wahrhaft rviffenfcfjaftlicBe SbeiH^feit an biefer gyoch*
fdiule entfaltet, bie mit bem 20 . SDiai 1S64 311 einem ehrenvollen ffmfbunbert«
jährigen Slbfd)luf|e gelangt.
9ieuc Serie über 9Ru|tf.
1.
1. „Sie ©pmpbomeeu Sectffoüeuä mtfc anberet berühmter ©triftcr." 'Diit ^injutiehuug ber Urtljfile
geiitreiefcer 'lWinner auatvjfirt unb jum ©erftänbnifje erläutert uen 8. 8. ©. ». Suren»
berg. (Seidig 1863, £>. l'iatt^cS.)
2. „Sie $ülf£mittel bc8 nmnfalijcben (SffcctiS “ (Sin epiinrci? für jdjaffeube unb «uäübetibe
Äüuftlcr l’nt 8. 8. ©d;ubcrt. (8eipjig 1863, £. 'Diattkii.)
h. Unfer befebeibeneß Unternehmen, bie Sefer bet „Sßoe^enfcfjrift" mit einigen
SRooitäten ber mufifalifdjen Sitteratur befannt gu machen, Beginnt — mir müffen
eß befemten — unter einem ungünftigen Stent. Söaß wir »on ben in ber Heber*
febrift benannten Söerfett gu jagen b^hen, bürfte ben 2efent nicht allgu grofje
«uft machen, näher bamit befannt gu werben. Sn bet £b a * flehen hie beiben Sir*
beiten, bie wir auß einer Partie mufifalifcber Bonitäten guerft hewußgegriffen
haben, auf einem Stanbpunfte fd,riftftellerijd)et fftaieetät, ber in ttnferet 3eit nid)t
mehr aHgubäuftg ift. Senn ein £mupt<baraftergug biefer Beit ift eß ja, eine geWiffe
allgemeine Silbung but<b taufenb (Sandle fo rafcb gu verbreiten, bah man ih r
eigentlich faum mehr außweidjen fann Siefe allgemeine Silbung äußert ftcb bann
im ^acbfcbriftfteller weitigfienß alß richtige Unterfcbeibungßfraft bafür, waß gu
fagett wefentlicb ober überflüffig ift, unb alß außreicbenbe SpracbgeWänbtbeit, baß
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gu ©agenbe forrett außgubtücfen. Ser aber bie SBüdjec Oon ©ürettberg unb
uitb 2 . Säubert burfließt, ber wirb fif am ©bluffe oergeblif fragen, wa 8
biefe Herren bem publicum eigentlif 3 » fagen Ratten unb welkem SSebürfitifj
Slutor unb 33erleger bamit mögliferweife abhelfen wollten?
Ueber 33eethooenS ©pmphonien muff man ^eut 3 utage entweber gar
niftS, ober etwas ©rheblifcS fagen 3®er mit einem eigenen 33uf barübet auf*
tritt, oon bem erwarten wir, baff et in 9tnalpfe unb 33eleuf hing be 8 rein üRufica*
liffen, in äffetiffer ^Beurteilung unb fyiftorifc§er Äenntnifj, ober bof wenigftenS
in einer biefer brei Stiftungen SteueS unb 23ebcutenbe8 oorgutragen fabe. SSei
bem oor^anbenen Steiffumc an geiftreifen unb gtünblifen 9hiffä|gen über biefen
Hbhenpunft ber gefammten Snftrumentalmufif ift e 8 ein ffwcreS unb oerantwort*
lifeS Unternehmen, ein neucS 33uf biefcö Sifaltß in bie Seit 3 U ffiden. Herr
oon ©ürenbetg ffeint in bet 2fat gefüllt 3 U h a & en i bafj er au 8 eigenen 3Kit*
teln eine folfe Aufgabe nift 31 t beftreiten oermöge, — er fügt feinen 9 fnalpfen
jletS bie „Urteile geijtreifer SDtänncr" bei — b. h- bie befamrten Sfuffä^e oon
33etliog, St. Sagnet u. 91. ©ieS fut et fo unbefangen, bafj er gar nift
merft, wie biefe Urteile beit feinigen mitunter oollftänbig ben ©atauS mafen.
©in beftimmteS äffetiffeS ^rincip, ein confequent burfgeführter leitenber
©ebanfe, Welfer als ibeelleS S 3 anb biefe einzelnen Äritifen oerbänbe, fehlt gang*
lif. (Sine ©harafteriftif bet SBeefooen’ff en Snftnimentalmufif überhaupt unb ihres
33erhältniffe8 3 U SBorläufem unb 3Raffolgern ift faum oerfuft. ©et Sßerfaffer be*
ginnt jebe feine Äritifcu mit wenigen allgemeinen Sorten, giebt bann eine tef*
niff=mufifaliffe 9lnalpfe unb fügt bie Urteile ber „geiftreifen ÜJlänner* in
extenso bei. ©ie mufifaliffeit 9lnalpfen, wie fic Herr 0 . ©ürenberg giebt, finb
eigentlif ein blofjcS 9 lbffreiben ber fm oorliegenben Partitur. 33on einem
©inbringen in ben ©eift ber Sefnif (wie wir e 8 in ben analogen 2 (rbeiten oon
9Jfarjr, 93 erlio 3 , Seng u. 91. finben) ift nirgenbe eine ©pur. Saß folf blofjeS SRaf *
ergäben oon fötufifftücfen nüjjen foH, begreifen wir nift; ber Sefer mag naf ber
näfftbeften fProbe urteilen, 3 . 35. gleif naf ber Qlnalqfe oon 35eethooen8 erfter
©qmphonie: „9Raf bem Hauptthema beß 9lllegro werben bie oier erfien Safte oon
ben ©treifinftrumenten au 8 geführt, bei beten 33eenbigung bie Hofginftrumcntc
einen Uebergang in gangen Saftnoten mafen, um ba 8 Shema oon ber ©ccunbe
au 8 in D eintreten gu taffen, ©iefeß Hauptmetio h a * in feinem (Shatafter etwas
SrofcigcS, waS burf ben Uebergang ber 35laSinftrumente gemilbert wirb, gleif fam
als wenn ber ©igenftnn eines Änabcn burf 3 ureben ber SDtutter befänftigt wer*
ben feilte, hierauf erfolgt ein ftärfereS 9lufbraufen, baß beim ©intritt beS gortiffimo
förmlif gur ©eltung fommt, ohne jebof biefem ben 9lu3brucf beS 3omeß 3 U
geben, unb ein unoerborbeneS ©emüf in feinet Klarheit geigt. SJtit 33eibehaltung
ber Hauptfigur geht nun bie SWobulation in natürtif et Seife oor fif unb baS
gwette Hauptthema tritt in ber ©ominante ein. ©aS barauf folgenbe ixortc geigt
ein freubig erregtes ©emüf. SSioIoncell unb ©ontrabafj ergreifen bie frühere
9>hK»f e ber 35laSinftrumente, bie ungehinbert fortgeführt wirb, obgleif bie $oboe
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mit einer neuen SRebcttmclobie I^injutritt, bis baS eintvetenbe Sorte mit beut
St^ema fei;!' gerieft mit ben früheren SMotiuen fiel) ocrmijdit, ben ©d;lufi bcS
erjten S^eilcS ^erbeifu^rt uub bie SMnöinftrumentc bic SBieberljclung beß elften
S^eileS einleitcn." (S. 5.) ©enan in biefer Söianier gebt eS burd; baS gange Sud;
fort. SJian brauet nicht »iel mefr Seit, ben elften Sl;eil bicfcS C-dur=2tllegro8
burcbgufpielcn, als Wetrtt v. ©ürenbcrgS Sejd;rcibung gu lefen, welche bod; am
Gnbe nichts anbercS fagt, als bafj baS ©raS grün ift.
„©aS 2(nbante ber gweiten Symphonie", fagt unS ber Serfaffer, „geigt in feinem
Gharafter ein gartfüijlc nbeS ©emütl), man möchte jagen mct;r rcligüfcS ©enuttl;
unoetborben, baS nicht burd) %>faffenbunft gut (£d;cinf)ciligfcit ^cvabgelunfen ift!"
(©. 13.) ^>err v. ©ürenberg tlagt, bafi man bie gweitc ©pmphonic „an ben b<c
ftaubten Drt legt, wo bie erftc liegt". Siegt bie elfte ©i;mpl;onie an einem beftimm*
ten „beftaubten Drt" ? — SSon ber „Groica" feift cS, „man mutl;mafsc", bafi
fie b(e ©arjlellung eines wirflid)cn $etbcnlebcnS fei. Wat ber SScrfaffer nie etwas
oon ihrer — nid;t „muthmaf)(id;en" fonbern autt;entifd;cn — 2?cgichung auf
„23oitaparte" gehört? 33om fsinale ber vierten ©pmphonic fagt Wert u. ®ürcn»
berg t eS ift »oller ©eift unb Seben, worin nietjt feiten aud; tSttSbrüchc wunber«
lieber Saunen gum Sorfdjein fommen unb ber peetifrf)c ,v>umor 33eetf'o»en8 fpiclt
eine nicht unbebeittenbe UloUe". 5)ian ficf)t, ^>err o. ©ürenberg bcfianbelt Seetho*
Den im Slllgemeinen red;t freunblidj Sit bem erften ©a^e ber C-moll*©pnipl;onic
erfennt ber Scrfaffer bie ooilfommene 23eftätigung beS ©prüchwortS: „Gr macht
auS einer SDJurfe einen Glephanten".
9Rad;bent $err ». ©ürenberg 23 erlieg’ geiftooKe Seet^ouen=2luf|a^e üoÜftätt*
big abgefdjrieben, glaubt er bod; feine fritifdje Unabhängigst burd) verfd^iebene
eingefd)altete Stage* unb 2(u6rufungSgeid;en, enblid) fogar burd) bie ironifd;c 23c*
merfung (©. 44) „SKaS nid)t ein Srangofc alles hcrauSbüfteln fann!" bocumcn*
tiren gu feilen. @id; in biefem fPunft gu überleben, hatte Jpen o. ©ürenberg
eben nicht notl;. Gr weif) g. 23. bei ber j))aftoralft;mphenie (©. 52), baff in baS
„Suftige 33eifammenjein ber Sanbleute" ftd) „ivab>rfd>etnlid; aud; ©täbter
gemifdjt haben", ja in bem Ülllegretto ber A-dur=©pmphonie erblicft er fogar „eine
in Siebesträumerei »erfunlenc fd)öne DbaliS fe, beten Hoffnungen gu ©rabe
getragen würben!" SBaS nicht „ein Srangofc alled" u. f. w.! 3ln ber achten
©pmpljonie lobt ber 23crfaffer, fie habe „in mehrfacher epinfid;t l;öchft originelle
3üge bezüglich» feiner 9Mobie, Harmonie unb feines DihpthmuS, ebenfo feiner
3nftrumentation" — ein Urtl;eil baS recht wohlwoUenb, aber etwas ungrammatt*
falifd; lautet. 23on bem genialen 2lUegrctto biefer ©pmpheitie im 3weiiücrteltalte,
fagt bet 23erfaffer: „©iefer gweite ©afi hat für Siele ein bejonbereS Sntereffe
feiner Gigentf;ümlichfcit halber. Gr gleicht einer Seiet eines frohen GreigniffcS in
einem auSgewählten Girfel, wo aufjer ber Weiterleit unb bem Srolfüiu bic ©ragie
unb bie fSnmutlj unoetfennbar eine nicht unbebeutenbe 9ioUe fpiclcn."
3lu<h recht wohlwoUenb!
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9iüdfid;tlid; bcr neunten Symphonie bel;ilft fiel; ber Sßerfaffer foft vollftänbfg
mit fMeihcit bei ben „geiftreidjen föiäitnem", maß ihn aber niebt abf;ält ben üu*
banfbaren Slußfpvuch ju tl;un, 33 erlieg fd;eine „ben inneren Sufamntenhang ber
neunten Spmpheitie nicht ju ahnen". föuter .jperr v. Sürenberg!
<S 8 folgen, im fetben ©eift unb Stil gebalten, Äritifcn einiger Symphonien
von £>aybit, SOio 3 art, Spohr, SDicnbelßfohn, ©abe unb Schumann. ©tut
S p 0 h r ß alterßfchmaihor Soppelfymphonie („3rbifcheß unb @ottlid;eß") fagt ber
©erfaffer: „So oiel ftcl;t feft, bafj über biefe Symphonie ein großer Sauber anß=
gegoffeit ift; unb eine Steinzeit unb ©erflärtheit finbet man nicht Io
leicht tt’o anberß. Sen Sauber beö ©cleritß 3 U erhoffen, fam freilief; bem 6 ont=
poniften 3 U ftatten, bajj er fid; 311 'ei SDrdfjeficr 311 feiner ©erfügung ftetlte, unb baß
ift auch eine von ben Sbecn, auf bie nicht jeber fällt, ober, fällt er barauf,
fie fahren läjjt anß ©rüitbcn". (S. 148.) Sah in ©abe’ß C-moll=Sym=
phonie baß Sdjciyjo einem £ a n 3 e äl;nelt, „ben bie SSilben bei ©tonbenfehein um
il;re 3 U fcl;lad^tenbeu §einbc beginnen", muffen mir bem ©erfaffer aufß 'SBort
glauben, ba mir felbft nientalß einer folgen Unterhaltung beigemofnt l;aben. Sie
Äritif über Sdjumannß C-dur=Svmphonie leiten folgenbe SBorte ein, bie ein«
gigen, bie ber ©erfaffer überhaupt Sdiunianuß füuftlcrifcher $)erfönlichfeit unb
23ebeutung mibmet: „Sa biefe Symphonie in bie fPcriobe fällt, nachbem beß
Sonbidjterß förpcrlichcß unb geiftigeß ©efinben eine franfhafte (Erregtheit h^wor*
rief, mcldje fid; in franfhaften Simteßtänfchungcn änderte, jcboch burch 33 äber
befeitigt mürbe, fo glaubte baß größere mufifaliid;e publicum batin einen
©runb gefnnben 31 t haben, mar um man über bie 33 ebeutung biefeß Sonwerfeß
nid>t reiht flat merben fonnte". Sßir glauben von bem 33efinben beß $errn v.
Sürcnberg, baf cß „burch ©äbet" feine mefeutlid>e ©eränberang erfahren bürfte.
Sie srneite im 9)i a ttl; eß’tcf)en ©erlag erfd;ienene Novität hat unß fchon
burch ih ren 2.itel ftu^ig gemalt. SBie mill man ben „mufifalifchen (Effect" ft;fte=
matifih lehren? Ser echte CSffeet ift boch nichts Slllgemeineß, ^eftftel;enbeß, fonbern
eben bie geiftreiche Slnmcnbung, bie ein (Eomponift an rechter Stelle von ben
mufifalifd;en ©efe^cn überhaupt macht. Siefc ober jene SSenbung ift ein „(Effect"
gerabe an biefer beftimmten Stelle, in biefem beftimmten Sufammcnhang, anber«
märtß ift fie cß nicht ©in Sehrbuch beß „mufifalifchen (Effects" quand meine
fonnen mir unß nid;t benfen. Slllenfallß baß begreifen* mir, bah e * n t * 1 beftimmtem
ga<hc viel erfahrener, geiftreicher (Eomponift unß feine perjönlid;eit 2 Bal;mehmungen
barüber mittheilt unb über manche Setailß Qluffdjlfiffe giebt, bie nur baß praf=
tifd;e Sehen, nicht bie £h eor * e gewahren fann. So märe eß von großem Stoßen,
menn Dperncomponiften mie £ 0 ?er;erbeer unb SBagner unß fpeciell über bie
theatralifchen ©ebingungen einer mirffameit Dpernmufif, menn ffiirtuofen mie Sifjt
ober 3 0 a cf) i m unß über noch unnußgebeutete Seiten bcr Sedrnif ihreß Snftrumen«
teß perfönlich (Erprobtes mittl;eilten. Ueber bie £unjt ber Snftrumentirung, melcbe
ben ©egrijf beß „(Effecteß" am meiften 3 nlä§t, l;at befanntlid; einer ber größten
Dvcbcfterfünftler, SBerli 03 , berlei merthvoUe Beobachtungen veröffentlicht.
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651
©ol<he föingergeige, fetten fic wirflid) nugbrittgenb fein, werben fid; auf rein
2ed;iufcf'c8 unb gwat in fo engen ©rengen alb möglich befd)vänfcn. Sie werben
fpecieUe ^Beobachtungen über £[;atfac^en ber s Pvari8 bringen, »on beiten bic tf)co=
retifdjen £>anbbüd)cr nid)t3 ober nur Ur.»ollftänbigc3 wiffen.
3n äperm ft. 8. (Schuberts Setf »om „mufifaliiehen Gffcct" t;offtcn wir
minbeftcnS eine 9ieil;e folget praftifdjer, rein tcchnifd)er Gvfalmuigl'fäöe gu fiitbeit;
ein 23ud), bem man als CÖiolto fandet« Sorte »orfe^en leimte: „GS giebt Singe
im Fimmel unb auf Geben, non benen Git’rc Schulweisheit fid) nid)t3 träumen
läfjt*. 5n 2Birttid)feit ift aber ba3 33ud) non 8. © d) u b e r t eine confufc ©amnt*
lung aller möglichen mufifalifd)en SiSciplinen, — .Harmonielehre, SJMobif, fser*
menlehre, Snftrumentirung, ©eid)ichte, rieftbetif unb nod) einiges rinbere. rille«
wa8 ber Verfaffcr über biefe Singe fagt, ift guoicl unb git wenig. 3» wenig für
folcfje 8efcr, bie erft au3 tiefem 2?ud) SOtufif lernen wollen, guuiel für fold)e, bie
bereits als ange^enbe ober fertige Gonipeniftcn eS gn 9iatl;e gieren. Unb für Sez¬
iere fdjieu c§ ber Verfaffer bod) felbft gu beftimmen, ba er in ber Umleitung
fjernor^ebt, eS feien „natürlich“ bie „nöt^igften jfennhtiffc in ber mufifalifcbcn
Sfjeorie »orauSgcfejd". (©. 5.) Sogu bann fcent 8efer, ber befonbere ©ebeimniffe
bc8 „mufifalifcben GffectcS" gu erfahren fiefft, ausführlich (unb meift in redjt mifj=
lungenen Sefinitioncn) erflären, wa8 „SMobie", „Harmonie“ unb „SibntfmmS"
fei, wa3 man unter „Variationen“ uerftetje, wie uiet ©äjje eine ,,©t)m('l)onie"
bilben u. f. w.! ©ogar wa3 überhaupt SDJufif fei, wirb in ber Ginleitung nnterfudjt
unb butd) Sefinitionen— non Dien unb ribral;am a ©anta G lara (!) erhärtet.
rim ungenügenbften ift alles ipiftorifd)e uub rieftt)etifd;e. SaS ber Verfaffer
eigentlich unter „mufifalijchcm Gffcct“ »crftelje, unb wie er bieS Dl;ema feiner
Unterfuchnng fid; abgrengc, lagt er un8 nicht. Gr cerfidpert nur, „ber Gffcct in
ber SSRufif erftreeft fief) nicht nur auf gebilbetc unb ungebilbete Stationen, foubern
fogar auf bie S^ierwelt". Ser Hauptfaj> feiner Sehre »on ber SOtelobie lautet:
„Ser Gffect, ben ein Sonftucf »on lleinerem ober größerem Umfange gu
erringen im ©tanbe ift, beruht guni großen Sf;eil in ber SJielobie".
Sa3 foll ein Gomponift mit fo niebtsfagenb allgemeinen ©äjjen anfangen 'S SaS
fott er t'ollcnbS gu ber unglaublichen 53el;auptung be3 SBerfafferS fageit „e8 fönnc
an8 bet dhromatifcfien Sonleiter feine SDielobic gebaut werben, ba if>ve
Sonfolge nur au3 halben &ßncn befiehl". (©. 7.) Ueber bie einfachftcn 23cgviffe
ift bet Verfaffer mitunter im Unflaten: „9Kan »erficht unter einer wirf liehen
SJlelobie im engem ©inn einen ©efaitg, unb fagt bal;er ftatt Sieb: SDMobie,
Seife“ (©. 7). Sie Vegriffe „SDielobie" unb „föiotio" gu »erwed)feln, überläßt
ber Verfaffer bem Velieben eines jeben Gingefnen; bei biefer ©elcgenhcit erfahren
wir, bajj ein SDtoti» auch au8 „einer Siote" beftehen fönne. (©. 8.) Seifer
lehrt bet Verfaffet „e8 fann »on jebem Souftücf gefagt werben, e3 hat $)te=
lobie, welche jeboch nicht jebem gefällt, ihn nicht aufpridjt, obgleich fie
ihre richtigen Gigenf^aften hat“. (<B. 8.) SOtan ficht, ber ©til be3 £erm ©d>u=
Bert hat auch fein* „Gffecte“, wenngleich feine nuififalifchen.
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G52
©aS 23crf)ältmfj gwifdfen Tort unb Mufif crfdböpft ber Söerfaffer mit ber
Slnweifung: „Ser Siebevcom^onift f;at mit Umfidjt unb ©ejdjtnacf feine Si<htun=
ijen 3 U wählen, beim nur eine [ebene Sichtung ift im ©taube, bie SBegeiftcrung
be3 dompeniften benjorjitrufeu, unb nur auS einem reifen ©ameitfont fann eine
fdjöite 23(umc entfpriejjen". (3. 9.) Unb anS folgen ©emeiitpläjjen [dH ein dorm
ponift „mufifalifd;en dffect" lernen, Dfaturlidy führt ber SSerfaffer a (8 33 eleg obigen
SluSfpruchcS eine Menge „unoergefjlicher" Siebercomponiften an, bie jum Stjcile
bie jämmerlichsten Teyte in Mufif gefegt haben.
3m fünfte ber £)armonifirung wirb ber Scfer bcö ©djuberfftben SBu^eö
auch nicht riet weiier werben als in ber Metobif. „Set oerminberte Septimen*
accorb (heifjt cS ©eite 13) ift in älterer unb neuerer 3cit gu fchauerlichcn dffec=
ten benujd worben, bcfonberS in Tonmalereien bei ©ewitterfeenen unb fchaucrcrrc*
genbem ©efpenfterfpucf. Ser benfenbe domponift wirb halb finben, W 03 U er
fith eignet (itämlid; ber 9lcccrb, nidjt ber domponift) unb ihn aud; bei be=
[onberen Seibenfdjaften unb dmpfinbungen, Melancholie, ©d;mer 3 , Trauer,
wenn auch nnr i'orübergchcnb unb nicht ju oft, oerwenbcit, jebod; in folgen
©eenen, wo er unbebingt nid;t hingehört (nämlich ber 8 lccorb, nicht ber dom*
ponift), wie eS neuerbingS gefd;el>en in einer dompofition ooit ©oethe’ö „®ret=
d;en" bei beit Worten „fein .'pänbebruc! unb ach f c * n «ftufj", oerbirbt er jeben
dffect". 9htn weif) man hoch wie man e§ machen foll. — 3n Aperrn Schuberts
Sehre vorn !>i l; t) t h m u 8 herrfcht bie tieblichfte Ungebunbenhcit „3n bet öf%crreid>i=
fd;en 33olfSmefobie oon a p b n " erflärt ber 33erfaffet ©. 24, „fällt baS dnbe
einer Oihpthme (waS ift baS # „ ein e Oibvjt^tne"?) auf bie £)älftc eines TafteS aller
jwei Tafte, ba ber Sluftaft eine halbe Taftnotc ober ^wei Viertel beträgt unb
baher ber leftte Taft be§ Siebes nur auS einer halben Taftnote befielt, ba ber
3tuftaft ju bent lebten Tafte gc 3 äl)lt wirb". Äann man ScntlicbeS unbeutlichcr
auSbrücfen? — 3$on ber Tan^mufif lehrt ber SSerfaffer (©. 27): „Um in
ber Tanjntufif dffect ju machen, hat bie Melobie nur bie Aufgabe, bie Suft
jum Tanken hfnjor^urufcn unb butd) einf^mei^elnbe, leicht fafjliche Melo*
bieeit bem Ohre gu fdjmeichcln". SSBir bähten, um folchc Wahrheiten an Mann
ju bringen, brauchte man fein 33uch ju fchreiben.
23on ber Unflar^eit, in welcher ber SSerfaffer fich über bie widjtigften $yra=
gen befinbet, ohne eS 311 ahnen, bietet baS dapitel oon ber „ dftaraftcriftif ber
Tonarten" bie hübfdycftcn idifpiele. @r fagt (©. 30): „Sa bie ©timmung ber
Snftrumente nach nnb nach in bie Jpölje gefchraubt worben ift, unb bieS feit
Mo 3 art 8 3 »-'it einen halben Ton betragen mag, fo fann an eine dt>arafteri=
ftif ber oerfchiebenen Tonarten tti<h>t gebacht werben, ba ber dharafter
eines TonftücfeS oon feinem inneren Wcfcn unb feiner ©ajeweife unb nicht oon
ber Tonart abhängt". Allein fd;on brei ©eiten fpäter (©. 34) hat ber 83er*
taffer bieje feine Uebeqeugung gän 3 lich oergeffen unb prebigt in einer Steifte oon
93cifpiclen baS gerabc ©egentf;eil. „.konnte wohl Son 3«an feine finnlichc
Siebe 31 « Bcrlinc in bem Suett „@ieb mir bie £)anb mein Sebcn" anberS 3 U
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653
»erftel;en geben, a(ü in bem järtlidjen A-dur? SBarum geljt bie ©eene am Sad)e
in Seetl)o»en8 9)aftoiaI[i;mpl;onic in B-dur?" je.
Ser Scrfaffer übergcl;t 511 t ^ctjrc non ber m u f i f a 1 i i d; e tt gönn (0. 38) :
„Sie mufifalifd;e gönn eine® SonftücfeS umfafjt beit gan 3 en Umfang eines
®alge 8 unb ift ber hgmniehrifd) georbneic £l;cil feine 8 JDrgaitiSmuS, nad) ber
SarftcUung einer tünftlcrijdjen Sbee, melde bie GrfinbungSgabe be 8 Gont-
poniften in SUoten aufjeidgnet". fftuit fett jemanb nod) fragen, wa3 mitfifa*
lifd;e gorni ift! — 3118 „meiftevl;afte Schöpfungen" im gad; ber „'pbantafie"
werben 23ad;3 d;romatifd;e, SJiojavtS C-moll='pI;antafie unb Sectl;o»en3
Cis-iuoU=0onate in einer 9teil;e mit SfjalbetgS unb 2 i fj t 8 Dpentphautafieit
„über ÜJiotiüe non Dicffitti unb Serbi" aufgefül;rt. 2(18 ÜWcijtcr im Draterium
nennt ber 23erfaffer $ anbei, a p b 11 , gr. ©djnetber, SCR c n b c 15 f c E) n u. 21.
„ 3 . Sa dp 3 spaffieuSmufif* fügt er I;i 1151 t, „ift ebenfalls ju beit berühmten
Oratorien ju jäl;lcn". (0. G4.) Siioju fid; übrigens Sperr ©d;ubert mit feinen
Unterwciiungen in ber „gorm" fo folge abmül;t, ift fdpucr begreiflid;, ba er bod;
fd;lie[jlid; (0. 57) »erfidgert: „GS fontmt nur auf ben 3nl;a 1 1 an, ben eine
gorm iu fid; birgt. Ser Sabel eines 20 nftücfe§ (?) trifft nid;t bie gorm,
fonbern ben 3 nl;alt."
Ser 2 cfer wirb nad; weiteren groben ber 0d;ubert’id}cit „Gffcctleljre" faum
Verlangen tragen. 23it würben bie gritnblidje Gonfufioit unb ?Dtange!f;aftigfeit
beö tl;eoretiid;en Sl;ei(3 jwat nid;t entfd;ulbigeit, aber bod; gebttlbiger l;iiittel;meit,
wenn ber Scrfaffer bem angel;enbcn Gomponiften wcntgftenS nebenbei eine 2 ln 5 al;l
wertvoller SBinfc rein praftifd;er Statur mitgetljeilt l;ätte. Gr finbet jefccdg
in £evnt 0d;ubert3 Sud; nid;t 8 , gar nid;tS, was er nid;t grünbficbcr gebaebt
unb beffer auSgebrücft in jebem $anbbutb ber Gompofition3lel;re anträfe. SBenn
irgenb ein Gomponift und auch nur Ginen geiftreid;ett unb neuen „Gffect" »or=
weist, ben er au 8 £)errn Sd;ubcrtS Sud) gelernt t;at, fo wollen wir bem Ser=
faffer 2lbbittc leiften. SiS bal;in aber gäfglen wir .Sierra 0d;ubert6 wie Jpcrrn
». SürcnbergS Sud; ju jenen ^ublicationen, bereit Gittbrucf auf ben Sefer fid;
in ber oerwunberten grage jufammenfafjt: wie bod; V u ^utage fo etwas fonitte
gefdjrieben unb »erlegt werben?
9teue Montane.
1.
(Der Vornan in Dcutfdjlanb. - 8t. ü. Stevubcrü* Sjerrcbcn. — „Il;abbaub ^oöciiu^To." —
„Daö (^rb[d;Icj 3 .")
Süt bat Siomait loerben fo nuberfyrccfyenbe gorberungat gcftcllt, bafj man
barauö allein fdjon feine jmeifel^afte ^Berechtigung im SKeid; bet bid()terifd;cn
$)robuction cifennett mag. S 3 alb ift i^m bie oollfte UnaM;dngigfeit non ben 33 c*
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biitgiutgeit bcä füuftferifd; ©dienen gcftaltef, wenn er mir unterhält; Batb wirb
ifat Schwereres jiigeiitutlicf, als fclßfi ber ftrcncjftcn SKufe, al 8 ber wiffenfc|aft=
liefen ÖefdMchtyfthroibung, itibem man rott if)in ein Gulturbilb ber nod; ringenben,
unferligen Gegenwart pcrlaitgt.
©er Sicinan gleicht einem armen .fjeimatlofen, ber, um nur in bem großen
•Öuufc ber Sitteratur eine ©teile ju erhalten unb 311 bewahren, fiel; jebent Sienftc
uuterjiebt, jebc Slrbcit verrietet, bie eben in bem £aufc porfomtnen mag. 68
giebt Siomaite, bie ein grcfieS hjrifcbeS ©ebidjt in Profa finb, anbere, bie bem
unerfahrenen Säugling ein Gcmplimcntirl'uch, bem angt’henben Santo; ein ©djnci*
biTjeuni.il erfcjjcn feinten. Sine Si;ra, Wenn er 3 . 23. „Ldlia“ Ftcif^t, ein ftleiber=
fteef, wenn 3 . 23. eine Sabt; 23leffiitgfon il;n 31 t [ittcrarifdjen Grfolgen auf ben
Jllmacfsbaflen benähte, ift ber Vornan aud; bereit, je nadjbctn e 8 een einem fub-
jectieen pber pem allgemeinen ©efdjmacf befehlen wirb, ©canbal ober ptjilofophw.
äfthctifthcS 3;heegefd;wäh ober fdjwerfäflig bocirenbe £>iftoriegraphie 3 « fein.
IDiit all biefen Perfdjicbencn Aufgaben unb Seiftungen ift ber fttoman nid)t
um ihrer ielbft willen,, nicht au 8 Pollern Grnft befdjäftigt; er will nur etwas
perftetlen, ber arme jgjeimatlefc will nur feine @jriftett 3 friften. Unb eben weil er
fein ernfthafteS SSefen ift, weil er ©runb, -jfcothwenbigfeit unb Dicd;t 31 t ejriftirctt
nicht metaj.'hhfif'h ltad^uweifen permag, rerftcf;t fid; ber ernfthafte Scutfd;e itid;t
auf baS 9lomanfd;reiben. Stjrif, Sratterfpiel tmb Philofopljw führen ein PoHberedj*
tigteS Safein, man tarnt Gruft mit ihnen mad;ett, beim fie h'iben ihren SPßur 3 cl*
fern im Snuerfteu be 8 beuticfien ®emütf;e 8 . Sin SSerhältnift 3 U unferem 9feichtl;um
an guten Sraitcrfpieleit, re*trofflid;er Sprit unb unübertrefflicher pfjilofophie finb
aud; nur leibliche üftontatte eine feltene SluSnahmc itt Scutfchlaub. SRomane finb
uitfcre litterarifd;e Slrmutl;.
SSaS beit beutjdjen Montanen fehlt? ©ie finb gerietet pmt bem groftett
äfthetifchen ©pfteme SBoltaire’S, ta§ nur einen einigen Paragraphen h a * : f* e 3 C =
hören nicht 31 t ben erlaubten ÖenrcS, benn fie unterhalten nicht. Plan mag ein
ne cf; jo gewaltiger grat^efenfreffer fein, man wirb babei hoch aud; — ihre 3io=
matte oerfdilutgen. Seitliche 'Romane aber liebt man nur in aujjerorbentlid;en
gälten, nur wenn 11118 ein Äritifer ben Äopf warm macht mit bet beutfdjen Sicfe
ihrer ©eubenj, mit ber ätraft ihrer beiitfd;ctt ©efinttung, nur wenn un 8 , fie 3 U
lefen, 31 t einer patriotifd;en Gl;tenfad;e gemad;t wirb. Seutfd;e Montane ließt man
nid;t auf bem gauteuil unb nid)t auf ber Mafcnbanf, man ließt fie bort, wohin
man ba 8 ©elb für ©d;le5wig=$olftcin legt, man ließt fie auf bem Slltar beß
ffiaterlanbeS.
Sem Gruft ber beutfd;cn Matur fd;eint baS netfifdjc ©cheimnift nid;t ©tanb
hallen 31 t Wollen, auf welchem bie Unterhaltung in Montanen beruht, ©ie ift bie
gefd;icftc Bnfammenfejutng pon 3 Wei Glenteutcn, bie fid; fd,'einbar auSfchliefjcn. Gittc
imterhaltenbe Gi^ähltuig foll im l;öd;ften ©rabc glaublich, »nh r f flU ® bem Seben
gegriffen, tiub fie foll 3Ugteidj int IjöeTiften ©rabe wituberbar, neu, noch nicht ba=
gewefen fein. 3m Äunftwerf ift biefe feltfamc S3erbinbung wie oon ielbft per*
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witffidd; cb ift bab tyccrrfijd; nidit aitfgulöfcnbe 93it;flcriunt ber ätunft, baff fic
hcibc Gtcmcnte 31 t etwa» vcrjd^nilgt, mab bic 3lcft(;ctif nid;t 31 t Siegeln gcrlcgen,
bie Äritif uici't tcfdjvcitcn fann, am <3 um erfannt 3 U »erben unmittelbar ejeneffen
»erben muff. Gine gricd;ifd;e Statue jpriiht getreulich bic 3bce ber Statur aub,
Wnhrcnb fic 31 a gleicher Beit in bie tiefverl;ülltc Statur ber 3bee l'liefeit läfd.
Sl;afcfpearc'b „Sfcacbctl )' 1 beutet auf .v>öl;feu unb Slbgriutbc l)iu, bereu Soorhaubow
fein im mcnfd;lirbcn •'öerjeu feit beit Sahrtaufcubeii, baff ein fc'ld'cb cjriftivt, fein
Sterblicher läugttcn wirb, U’älirenb fic ficf> bed; in beni 3?ilb beb Siddcrb alb
etwab wunberbar Stcucb, bib babjiit uod; uid)t SageweiencS ahfpicgcltt. Jm Sictuan
aber, ber fid; feinem beftimmten fünft(eriid;en 33cvuf mibmet, ber je frivol au
allen Safcltt beb ©ciftcb najd;t, fann jtch ein ä()nlicf;cö Phänomen nur jd;ciubar,
ttnr antjerlid; vollziehen; ©ragie, SSip, Slcffcjcion combinireit fdjon gegebene, hi “ 1
länglich befanntc Singe 311 einem Gffcct, ber bab Sutereffc ber Steilheit hat. Sab
ift nicht bic Steilheit beb Äunftwerfeb, beb ewig neu bleibenbcn, bab ift bie Sicu=
heit, bie fegleid; etwas Sllteb wirb, febalb man l;inter bab ©eheimnijf ber Cembi=
uatien gefentmeu ift, febalb bie blefjc Steugier gefättigt ift unb ber leide 33 aub
beb Stcmaneb aub ber Apanb gelegt wirb. Slhgcfchnt nun baren, baff ber Seutfd;e
felbft in ber Stealität ber fd;en gegebenen Singe nid;t allfeitig 311 $aufe ift, weit
ein faft inbifd;eS Äaftenwefen bie vctid;icbeneii ItebenSfreife reu eiuanbcr getrennt
l;ä(t, bringt er auch 3 U einem hlejjen Spiel nicht beit rcd;ten Gruft mit, wäl;renb
el;tte ben rechten Gruft and) ein bleffeb Spiel itid;t 31 t eergitüglicher äSirTnng ge=
fangen fann.
ÜBal;rc Siemane, wie fie bie öraitjefen itub Gnglänbet in ff idle lieferten,
femmeit fo wenig aub ber Sllobc wie wahre Äuitftwerfe, fonberit erben fid) reit
einer Generation gut anbcrcit fort unb muffen von jeber wieber gelefen werben,
gur Soervollftänbigung ber 33ilbiiug. Ser mobentc minder an hat fiicriit nichts vor*
aub vor bent alten gielbing, bie Sanb nid;tb vor bem Sibbe von fP reo oft. 23ehiu
gerathen aber in Seutfd;lanb felbft fo(d;e Siontane, bie cinft Sftebc warenV 31'irb
cb 3 . 33. für eilte folgenbe Generation ein unabweisbares Grforberuif? ber 23i(buitg
feilt, bie Siomatte beb bperrn 31. v. Stern borg gtt fettnen? Söab fie für einige
Beit in bie S3iobe brachte, war bab Stücfd;en SebettSwabjrhcit, bab fie enthielten,
im ©egenfap 311 bem SSolfenfucfucfShcitn gewöhnlicher beutfd;er Sicmanc. Unb jene
gebettbwahrheit war obenbrein ben erclufioen Greifen entnommen, von beiten beutfd;e
Sd;riftfletler fonft noch weniger 31 t ergäben wiffett, alb von beit anbereit Schichten
ber Weieflfd'aft. 5)iait faitt aber mit ber Beit baf;iutcr, baff eperr v. Steruberg
fein ^agauini ift, um ein vollftänbigcS Gonccrt auf Hoff Giner Saite vertragen
31 t feinten. Unb, »ab nod; fcblimnter ift, alb man eitblih eine gange SSlufif 001 t
ihm verlangte, geigte cb fiel;, baff ber Vertrag auf ber einzigen Saite fein frei*
ivilltgeS irtncfcnftücfc^eu von ihm war, fonbcrit bah cr mit aller Slnftrengung
feine anbereit Saiten auf fein Suftrumeut 311 fpaniten vermochte.
Stad;bem cr mm bte ciitfaitigc Giufcitigfcit fo weit anbgebeutet heit, baff man
311 leid nid;tb mehr von ihm vernahm, alb eilte Frivolität ol;ne esprit, eine
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taffinirtc <Sd; eitlobctunft, bcr bod; jebcr feciale ober politifd;e Gehalt fefjtte, ohne
weld;cn eine Ghavafteriftif ber I;eueren ©läitbe alle Hebcutung verliert, nadjbcm
.<?crr r. ©ternberg lein ariftefratifd;eö Steina auf feine Seife ganj crfd;5pft I;at,
ift er felbft cijd;opft. Gr bat längere Beit feine Montane mcl;t gefd)rieben unb baö
li'äre lobcnöwertb, wenn er nid;t, um noch einigen Bnfaittmcnl; attg mit bcr Sittcratur
511 behaupten, Montane attberer ©cfjriftfteller itt bie Seit fenbete unb 3 U biefem
Bwecfc Herrchen fcfjriebe. ©0 erfdjiett itt biefett Sagen in geizig bei Goftenoble
ein I;iflerifdjet Montan in vier Hauben reu DMariattna Sugomiröfa, betitelt:
„Shnbbäitö ätoöciuöcgf 0 ", unb toill matt fid) übergeugen, wie erfefmpft ^err
r. ©ternberg an ©til, Gebauten unb fogar an Sogif ift, wie fein Greift feine
Bäbne mel;r I;at, ttnt etwaö gefteö, Gegeitftäitblicheö 31 t betuältigen, fo lefe man
bic Herrebe, burd; bie er baö Serf ber Scfcwelt empfiehlt, ©ie beginnt mit bem
folgeitben mcrfirftrbigett ©ajjc:
„Setin mir beit grauen baö Medjt gugeftel;en, in jeber bebeutenben Hegeben*
l;cit unferer Sage einSort ntit^ufpretfjen, fe bat befonberö bie DMittfyeilung butch
bie geber bie Gigcufd;aft, baf? fie auf bic in grage ftebenben Sbatfad;eit ein be=
fouberö fdjatfeS unb eigentf)üntlidpe3 8 id;t wirft, mctd;cö bent Gcntälbe alö Dr*
gauiiation gilt, halb alö intereffante Gbarafteriftif fid; in ber Satftcfluiig geltcnb
macf't unb ren ttnö SMätittern alö l;obe Savftcllitngögabc aiterfannt wirb".
Sie Hegrifförermirrnitg, bie itt biefent 'Pcriobettbau f)errid;t, fünbigt fid; 31 '=
itäd;ft bahtrd; an, baf; matt felbft bei wieberl;oltem liefen rott bem eigentlichen
©intt beö ganzen ©aftgefügeö feine Hcrftefluttg bcfomnit. gcrfdit matt bann bem
3nl;alt ber einzelnen Gebauten nad), bereit ilneinanberreil'tittg etwaö fo llnrer=
ftänblid;eö bilbet, fo ergiebt fid; guerft eine ber Matur unb (Srfafjrung wiber=
tpreebenbe Hel;auptnng. Senn baf; bie grauen beffer (pred;on alö fd)reiben,
ift in ©djerg unb Gruft ju allen Beiten aiterfannt worben. Gewif; l;at ror öperrn
r. ©ternberg Mtcntanb behauptet, baf; bie Miittbciluug ber grauen burd; bic lieber
rott ttttö ÜJiäitttern ftetö alö l;ol;e Surftellungögabc aiterfannt wirb, rott ber fehler*
haften Genftmction bieleö ©afeö gang abgefeftett. Hollenbö ift nid;t 3 U begreifen,
wie auö bent Maifonneineut ber grauen (wenn wir ihnen in beit Sageöbegebeit-
l;eiteit ein Sort mitguiprechen geftatten) burd; bie gebet eilt Gewölbe wirb unb
jttgleid; bie Drgauifation biefeö Gemälbeö. Äurg, eö liegt fj'et ein Heifpiel ror,
mit welcher Geiftcöabrocfenhcit man fid; in £>entfd;lanb 31 t febteiben geftattet, wenn
man beit Manien eines Momaii}d;riftftetlerö fül;rt, bcr eine 3citlang in ber
9J?obc war.
Saö „in gvage ftel;eube" Hudi, ber Montan rott DMariantta Vugontiröfa l;ättc
eine beffere Giubcgleituttg rerbient. Unter beit taufenberlei ©pielarten beö Motnaitö
hat in Seutjd>lanb ber l;iftorifd;e Momatt nod; am ttteiffeit entfprcd;enbe Gcftalt
gewonnen. Sic bem Momatt fo unentbehrlichen rcaliftijd;en Glemettte, Welche ber
gemeiut;in fo engbefd;räufte Uebenöfreis eitteö beutfd;eit ©d;riftftcllcrö il;nt nicht un=
mittelbar barbietet, laffen fid;, wo ber Momait eben nid;t „Gpoö ber Gegenwart"
ein will, fonbern an bie Hcrgaitgeitheit gelehnt bleibt, burd; fleißige Gulturfhtbien
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herbeigiehen. Äßmmt nun noch ba gu, bafj, wie ^ier, Nationalität, gamilien»erbin*
bungen unb 8eben8fdhicffate be8 9lutor8 i^n mit ben ©inridhtungen unb ©itten
beö SolfeS »er traut malten, ba8 ben Ntittelpunft feines ©emälbeS bilbet, fo er*
hält bie f)iftorifcf)e ©arft eüung bie einbringlidhe 93ewei8fraft, bie brennenben gar*
ben, womit perfönlidh GrlebteS er^ätjlt gu werben pflegt. Äo8ciu8gfo’8 ^elbenleben
umfd)lie§t befannttich bie brei großen ©rfchütterungen, buid) welche ba8 SBa^l*
föttigreich unb gwar gröfitentheilS in golge be8 NationaldharafterS unb bet focialen
©ebredjen feiner abnormen Serfaffung au8 ber Steife ber felbfijtänbigen Staaten
gebrängt würbe unb ber tpelb, ber guerft ben SluSruf „finis polonise“ t^at, fah
noch »ergebliche Bedungen be8 SSieberauflebenS, ba et erfi nach Sonaparte’8 •
©turg, nämlich 1817, ftarb.
©ie Beit oon feiner ©eburt bi8 gu feinem 3üngling8alter, bi8 gut 3rit, ba
et in bie Gabettenfchule nach Sßarfc^au fömmt, füllt bie Serfafferin mit einet fe$r
lebhaften Schreibung be8 SanblebenS, wie e8 ber niebere Slbel führte, fo wie
be8 £>oftreiben8, ber SlbelSfefte unb ber gangen oon fPariS au8 überfirnifjten @e«
fellf^aft in bet polnifchen -Ipauptftabt au8. ©er Stob 9luguft8, be8 fächfifchen ?)olen»
fßnigS, unb bie SBafyl $>oniatow8fp’S bilben babei ben §ifiorif<$en £intergrunb.
üJtit leifer 3ronie, wie fid? benn überhaupt bie ©ubjectioität ber Serfafferin nicpt
ftörenb »orbrängt unb politifche unb nationale ©eclamationen »ermieben jtnb,
werben un8 bie »omeljmen Slbenbgefellfcbaften in SBarf^au unb wirb un8 nament*
lt<h eine geifiteiche Serü|mt^eit Polens im »origen 3al)t^unbert, „bie ©appho
^olenS" genannt, bie Sürftin Ggartorpgfi, geborne gtemming, gef^ilbert.
ü)iit Unrecht hat 91. ». ©ternberg, ber fo oberflächlich gu lefen f^eint al8 er
fdhreibt, ba8 Such in abfidjtlic^e unb unmittelbare Segnung gu ben ©ageSbege*
benheiten gebracht. ©8 ift weniger Neman al8 Siographie unb felbft als folche
objectiner gehalten, benn fonft SebenSbefchreibungen, fogar wenn fie au8 männlicher
gebet fließen.
9Wan behält barum auch h' er von bem tragifdfjen ©efepid ber Nation ben
©inbrud gurüdf, wie man ihn guweilen »on bem Unglüd einer beftimmten 3nbi=
»ibualität empfängt; al8 ob ba8 Unglüd ein burch ben ©harafter »orgegei<hnete8,
präbeflinirteS wäre. Nitterlidhfeit unb ©nthufia8mu8 »erwögen ben unparteiifchen
Seebäder hierin nidht gu täuf^en, wie fie ihn ben abfoluten Ntangel jener focia«
len ©tunblagen nidht überfehen taffen, auf welchen fich fchon im »origen 3ah r ^un*
bert eine bürgerliche Freiheit unb eine nicht blofj an Sprache unb Namen ge*
fnüpfte, nicht blofj eine dhimärifdhe Unabhängigfeit behaupten fonnte. ©iefer ©in*
brudf hat übrigens fo wenig wie bet Noman felbft etwas mit ben ©ageSbegeben*
heiten gu thun.
Unb abermals eine Sorrebe »on 91. ». ©ternberg. ©ie begleitet einen in
bemfelben Setlag erfdhienenen Noman, „ba8 ©rbfchlofj", »on bem wir nicht mehr
fagen wollen, als bah « nach ber Serficperung beS SorrebnerS au8 ber Sefamtt*
fepaft mit 3uftinu8 SBerner unb feiner ©eifiertheorie h^worgegangen wäre, ©et
fBo^enförift. 1864. Saufe HL 42
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SRotnan ift in bet £l)at feinem toefentli^en Sn^alte nad) bie ©efpenftergefd)id)te
eines ©rbf<hIoffe 8 ; bie Äritif !ann nid)t mel;r tl)un, als iim Senen empfehlen,
weld;e „lüftern finb ein SBert mit biefein ©eift 31 t fpre^en".
^ieronqmuS Sorm.
(Sr An, böö £anb beut 3nbu$ unb £tgri$
SSeiträge 311 t Äenntnifj be§ SanbeS unb feinet ©efdfjicfyte non Sr. dfrieöridf Spiegel,
(©erlitt 18G3. ©erlag öott ©fintier.)
(©djluff.)
Sie grofje 9 lel)nlid)feit, welche biefe ©qafilung bet ©enefiS mit einer anberen
beS Sunbefiefrf) t)at, ift non 9ieitan heroorgeljoben worben unb ©piegel glaubt,
baff bte 33ergleid)ung beiber Senate 3 U günftigcn Stefultaten fü^re. Sabei ift 3 U
bemerfeit, baff ber früher mofyl erhobene ©nwanb, als fei bet 33unbe$ef<h eben
ein fe^r fpäteö 33ud; unb banttn unwürbig mit bet ©enefiS »erglic^en ju'werben,
burd) SBinbifefmtannS eingebenfce Unterfud;ungen befeitigt ift; beim biefet weist
nad), bafj ber atferbingS fpdte SSerfaffer beS 33ttnbef)efd; nur in fein SBerf auf*
genommen Ijat, waS er burd; alte Urfuttbeit bezeugt fanb; cS war freilich ber
Umfang ber alten Urfuitben 31 t feiner Seit etwas gvöfjcr als l)tut 3 utage. Qloefta
nun unb ©uttbebefd; neunten einen großen ©trom an, ber im Storben 00 m ^)im=
mel l;erabftromt, ficf> bann in 3 Wei Sltmc tljeilt unb bie SBelt gegen Dften unb
SBeften begren 3 t. Ser öftlicfjc Slrm ift ber SubuS, ber wcftlid;e ber SararteS. Sie
SBeltfenntnifj ber Grdnier f^eint fid; im Saufe ber Beit nid)t im gleichen SJtafje
im Often erweitert 31 t haben wie im SBeften, waS ein 23licf auf bie ©efd)idjte
ber 9lcf)ämeniben begreiflich mad;t; man befielt ba^ev ben SnbuS als oftlidjc ©ren 3 e
bei, allein na<h SBeften 3 U war eS nötfjig ben Stil ttod) unter 3 ubringeit. SOian »er*
banb bafjer ben SararteS unb Stil 3 U einem gfuffe unb 3 War »ermittelft ber im
2lltevtf)ume nid)t ungewöhnlichen Sinnahme eines unterirbifd;cn SaufeS. Saburch
erteilte man wie im Sterben unb JDften aud; nad) biefer ©eite h*n eine fefte
©teit 3 c unb erflärte 3 ugleid;, woher cS fam, bafj ein fo mächtiger ©trom wie ber
SararteS nicht in baS SBcltmeer auSmünbe; bie ^Beantwortung biefer grage für
ben SararteS gilt natürlich 3 ugleid> für ben JDruS, ba beibe ©tröme in baSfelbe
SBafferbeden fließen, ©egen ©üben brauste feine @ren 3 e angegeben 31 t werben,
eS bilbete biefe felbftoerftänbtich baS SJteer.
Sie 3Serwanbtfd)aft biefet geographifdjen Slnfdjauung beS S?unbef)efd; mit ber
ber ©enefiS ift augcufd;cintid). 3luch ber Sunbefyefcb fennt im SBeften ben ©ufj^rat
unb SigriS, für ben Sterben g(eid;t aber bie erdnifdje Slnficht »on ber unterirbi*
f<f>en SJcreinigung beS SararteS unb beS Stil bie Slbweithung auS, bie bis jeftt
unter ben biblifcfyen ©egden über bie ©rfldtung beS ©il)on beftanb. Ser ©il)on
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ift fowoBl ba 8 eine wie ba 8 anbere; unb biefe ?lnfid)t fonnte füglt’dj nur inner»
IjalB ©räit 8 , 2 lir»ana*»aeb?dja mit cingefddeffcn, entftanben fein.
fJiocf) in aitbever .vsinfidjt ift ba 8 freite ©apitel ber ©enefiS ^ier Beacf)ten 8 =
wertl). (58 f)eif$t bort, bafj in ber SDiitte bc 8 ©artenS (Eben swci Säume ftefjen:
bcr Saum bc 8 2eBen8 unb ber Saum ber ©rfeitntnifj bc 8 ©uten unb Söfcn.
©inbifcfjmann Bat gezeigt, baf) ent cf) bie ©ranier gwei feiere Säume fennen, ben
einen a (8 Saum be 8 SeBenS, ©aoTerctta gefjeifen, bcr ben weiten $aonta trägt,
mit bem fünftigfyin Bei ber 2 luferftef)ung bie UnfterBlicBfeit BewerffteUigt wirb, unb
einen jweiten, ben Saum ebne Seiben, ber bem Saume ber ©rfenntnif) be 8 Söfen
unb ©uten cntfpricfyt.
Snbem bcr Serfaffer eine Staifje fetter Serglei^ung 8 punfte jufammenftefft,
ftimmt et ben Bisher fd)en geftenben 2 lnfid)ten über ben urfprünglicben genauen
BufammettBang ber Snbegermanen unb Semiten Bei, nur faßt er im ©injelnen
SDiandjeS beutlidier, a !8 e 8 Bisher gefd)eljen ift. ©8 BlciBt uad; wie not hefteten,
bafj fowo!)l Snbcgermanen al 8 Semiten ein Urlanb annefttnen, au 8 bem fie
urfprwtglid) an 8 gewanbert finb, unb ba 8 fie in ben l;ef)en Starben, in bie Quellen*
gebiete be 8 Qpu 8 unb 3a,rarte8 »erlegen. 216er e 8 ift gewifj, bafj biefeS Urlanb
nidjt 2(irpana=»aebfd;a ift; biefeS 2anb liegt »ielmetjr am ©nbe be 8 2lrarat. ©af)in
fe^en aber bie Semiten i(;re S errät er, ren benen fie gnnädjft abftammen; bal)in
feiert bie ©ränier ben Stifter if>rer Religion unb mithin ben Urfprung i^rer Sil*
bung. 2ßa8 nun wa 6 rfd)einlid) mad)t, bafj biefe Sagen einen ^ijtorifc^en hinter*
grunb l>a 6 en, bie 8 finb bie etfynograpfyifdjen Sertiältniffe jener ©egenb. Stad) l)eute
wol;nen bert Semiten unb Snbogermanen in naf)er ©emeinfe^aft. ©afj bie 8 im
2 lltertfiume necb weit mehr ber galt war, läfjt fi<h erweifen. ©et Serfaffer jeigt
ferner, bafj fid) bie Bonn ber femiti)d;en UeBerlieferung näl;er au bie eränifd>e
anfd;litfjt al 8 an bie iitbifdpe; auch baburd) wirb eine Serüf)nmg biefer Beiben
Sölfer ^öcBft watjrfdteinlicf). ©8 mufj beider in jenem Sanbe ein alter Jperb bet
©ultur gewefen fein, bie fid; t'en ba ab fomcfyl itaef) Qften al 8 nad) 2 Beften »er*
Breitete. Selber »on Beiben Sölferftämmen ben gröfjten 2 lntl)eil an bet Schöpfung
biefer ©ultur hat, ba 8 Bleibt baljingeftellt unb wie e 8 fd)eint, fielen wir fo 3 iem*
li<h an ber ©renje beffen, wa 8 wir mit unferen gegenwärtigen £ülf 8 mittetn erfer*
f^en fönnen; fernere 2 lufid)lüffe laffen fid) »ieUeid)t »on bet weiteren ©ntjifferung
ber Äeilinfdjriften erwarten. Sorläufig genügt e 8 un 8 gu wiffen, baf) 3 aratfmftra
unb feine 3eit eine wichtige ©pod;e Bilben in ber ©ntwicfelung ber SKenf^^eit,
©ie Seine be 8 mt)tl)ifd)ett 3taligien8fiifter8 mit ihrer fc^Iic^ten aber tiefen
SÖtaral hat fid^ burd) alle 3Bed;fel be 8 Sc^ic£fal 8 bis auf bie ©egenwart erhalten,
wenn aud) bie 3af)l i^rer Sefennet fe^r jufammengejdjmoljcn ift, unb if)r 28efen
burd) ben ©influf) neuer ©ulturcerfjältniffe grojje Seränberungen erlitten hat. äßie
bie Sehre 3 »roafter 8 im Staidje bcr 2 ld)ämeniben bie §etrfd)enbe Sieligion gewefen
war, fo würbe biefelbe aud) »on ben Safanibcit 3 U neuem ©lan 3 e erhoben. 2118
aber nad) ber Sernic^tung be 8 Safanibenret^e 8 burep bie 2lraber bie ^errfchaft beS
s Parfi 8 mu 8 il;r ©nbe erreicht hatte, fd;wanb auch bie 3af)£ bcr Sefennet ber alten
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Religion, fetbft in intern eigenen 93aterlanbe, gegenüber bem 3Slam mepr unb
mepr. Rur in ben ©ebirgSlanbjcpaften, weldje überhaupt bem ©ange bet Silbung
ferner fielen, erhielt fiep bie alte Religion etwas länger, aber auep bort waren
ipte Sage gegäplt. (Stamm um Stamm, Häuptling um Häuptling traten ju bet
neuen Religion über unb. halb bilbeten bie Sefenner ber alten nur einen wingigen
Rejl, bie non ben RicSlemen als Ungläubige angefepen unb mit immer fieigenbem
Uebermutpe unb SJeratptung bepanbelt würben. Rur ein Speil ber Sreugebliebenen
ping fefi an bet alten Heimat, ein anberer gog eS cot, fidp ben Unbilben feiner
ganbSleute ju entgiepen unb eine neue Heimat ju fudpen. Söäprenb bie Reffe bet
Surüdgebliebenen nodp peute in 2)egb unb Äirman leben, fanben bie SluSwanberer
naep oerfepiebenen ©cpicffalen enblicp eine neue Heimat, unb fie bewopnen nodp
peute bie 28efitüfie SnbienS unb bilben in ben ©täbten 33ombap, ©urate, Rau*
fari, 2ldpmebäbäb unb beten Umgebungen einen fepr gearteten Speil bet SJecol*
ferung.
©utdp biefeS geftpalten an ber alten Religion unb Sitteratur festen fidp nun
anfangs bie Warfen in einen eittfcpiebenen ©egenfap gu ben um fie perum ent*
ftepenben neuen. Spre litterarifepe ütpätigfeit befepränfte fiep mept barauf, bie con
ipren SBorältern ererbte Literatur na<p allen ©eiten pin gu burtpforfdpen unb gu
begreifen, fie oerfuepten aber niept ReueS ju ptobudren. ©ie SuSwanberer in
Snbien cergafjen jeboep nie, ba§ ©rän ipre eigentliche £eimat fei, fie fügten bie
Sßerbinbung mit ipren ©laubenSgenoffen gu erpalten unb finb bis peute reblicp
bemüpt, ipnen beignftepen unb ipt fcpwereS SoS gu erleicptern.
SBenn nun aber auep bie Warfen unb namentlich bie fParfenpriefter gang in
ber 33orgeit gu leben fepienen, fo fonnten fie fidp bodp ber ©inwirfung bet fie
umgebenben 33ilbung niept gang entgiepen, unb ber ©influfj bet ceränberten Beit*
rieptung erftreefte fidp halb ni<pt blof? auf bie gorm unb ©pradpe, fonbetn er
ergriff audp felbfi bie Slnftpauungen bet Warfen. Sieben ben ©(priften, bie auS ber
alten 3eit beS fParfiSmuS nodp erpalten finb, unb ben neueren, beten genauer Bu*
fammenpang mit ben alten ReligionSfdpriften augenfcpeinlicp ift, finben fi(p in
ipren Slufgäplungen gwei ©üeper genannt, beten Slnfepen auffallen muff: bet
„©abiftan* unb bie „©efattr". S3eibe 23ü(per finb jept nidpt nur gebrudft, fonbern
auep auS bem ^erftftpen inS ©eutfdpe überfept; biefelben laffen baper eine birecte
SBeurtpeilung gu. ©ie erftere, ber „©abiftän“, ift in ber Spat fepr leprreiep unb
entpält einen furgen täbrifj aller Religionen unb ©ecten, welcpe bem SJerfaffer
befannt waren.
©ie ©ecten ber $inbu8 unb ber RioSlemen, bie Religionen ber ©priften
unb 3uben werben befeprieben, oft etwas furg unb fragmentarifdp, jeboep im 91(1»
gemeinen ridptig unb mit unferen fonftigen Quellen übereinftinimenb.
Rur in einem Speile giebt bet 33eridpt beS ©abiftän gu geredpten Bweifeln
Reranlaffung, in bemjenigen nämtiep, wo er con ber Religion ber alten Warfen
panbelt. Slnftatt fidp an baS Slcefta ober wenigftcnS an bie SRittpeilungen älterer
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mohamebanifcher ©efchichtSfchreiber gu galten, fdjcpft ber SBerfaffer feine Äemttnt’h
über bic genannte alte ^Religion auS ben „2)efätir". SDiefe ftimmen in ihren 5D?it»
Teilungen übet bie e'rönifdje SSorjeit mit unferen fDuftigen JDueUen nicf>t überein
unb miberfprechen ihnen fcgat. Anftatt ber gmei entgegengefefcten 9)rincipien beS ©uten
unb Söfen, welche ber gangen im Aoefta bnrgefteüten SBeltorbnung gu ©runbe
liegen, neunten biefetben blofj einen ©ott an, auS bem eine JRetye een Oberen
SBefen emanirt. Sieben Dielen folgen SBiberfprüchen auf bem ©ebiete ber ©og=
men finben fich in ben „2Mätir" unermartete ©rmeiterungen ber foSmogonifchen
©agen be8 Aoefia.
SDic alte garathujtrifche 8et>re mar übrigens bem SSerfaffer beS „©abiftän“
aud) befannt, benn er fügt bie 9tact)rid)t über biefe ^Religion ben übrigen 23eridj=
ten über alterdnifdfjc Religion bei unb mochte biefelbe offenbar als bie jüngfte
Abart betrachtet miffen.
SDie Seliren beö Aoefta ftimmen freilich f4>l <( $t gu ben angeführten Berichten,
hoch finbet fi<h hi« «in AuSmcg. JDie Warfen felbft geben gu, baff fie feit Aleran*
berS ©infall in ©ran nicht alle ihre alten IReligionSfchtiften mehr befifcen. —
2)ie ermähnten Sehren fönnten alfo in ben Derlorenen 23üd)ern geftanben haben.
3n ber £h a t belehrt unS ber „üDabiftan", baf) eS gmei e'räuiiche 3leligionSbü^er
gegeben habe: ben „großen Bcnb" unb ben „Keinen Benb". Slur ber ledere, bet
oielfach enigmatifch unb bunfel fei, habe fi<h erhalten, mähtenb bagegen ber „grofje
3enb", ber gang mit ben Sehren ber „Sefätir" geftimmt habe, Detloren gegangen
fei. Slatürlich muff auch ber unS noch erhaltene Keine B«tb ebenfalls mit biefen
Sehren ftimmen, nur barf man benfelben nicht mörtlich faffen, fonbem man muff
gugeben, baff ber £e;t neben bem materiellen roörtlidjen ©inn, nach welchem ihn
bie SDtenfdh«« gemöhnlich auffaffen, noch einen anberen geiftigen hat, ber gerabe
bie haufjtfadhe ifj ; U nb fo mitb benn auf gemaltfame SEöeife burch Seutelung aller
Art bie gemünfehte Uebereinftimmung h«gcfielli
2)ie gange (Streitfrage über ,,‘Dabiftän" unb „3)efättr“ ijt, in ©utopa meni.g«
ftenS, gu Ungunften ber beiben SBüdjer entfliehen, ©iefelben ftnb baS ©rgeuCjirifj
bet neueren, ja einer gang jungen Beit, bie faft bis an bie ©egenmart b«anr.ei<ht
SBi^tig ift aber bie Shatfache, bafs ein Sh«t ber Warfen anberS über biefe benft,
unb bah biefe Sehren bei bemfelben entliehenen AnKang gefunben haben. @cf)on
bet Umfianb, bah «n gelehrter $>arfe bie „SDefätir" h«auSgeben fonnhe, fpri<ht
bafür, bah « bie barin enthaltenen Snftdjten billigte; fein 23eifpiel mu'jjte Anbete
oerleiten, baS ©leiche gu thun. £>ie Warfen fonnten fich eben bei aHet 'Abfonberung,
bodh nicht gang Don ber fie umgebenben S3ilbung entfernt halten.
©S ift leicht gu ermeifen, bah*inbifche ©ebräu^e unb inbifcfyet Aberglaube an,
Derfchiebenen ©teilen bei ihnen eingebrungen finb. 3n bet neue ren $eit haben fie,
ft<h gang an bie ©uropäet angefchloffen unb Siele Don ihnen finb mit eutopäifcher
SSilbung Dertraut gemorben; eS mar unoermeiblich, bah jie früher ober fpäter
barauf aufmerffam merben muhten, bah ß<h We Sehren, her neuen SSiffenf^aft
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nicht mit bcm Sloefta »ertragen, ©ie Stjeorie beb „©abijtän“ zeigte nun einen
fe^r anfyredfenben 2Beg, um aub biefem ©ilemma t)crau§juT»mmen, unb an biefen
Hämmern fi<h nun reformatotifdic ©enbenjen, bie innerhalb ber attcräjd)Wad)en
3 arat^ufkif(^en Religion aufgetaud;t finb.
„SJtaria ^erefia’s erftc föegierungejaljre", non ^Ufreb
ö. taetl).
II. Sb. 1742—1744. (Sßien 1864, bei 2B. Sraiirnftder.)
Sßer bet mobernen ©efcfiiditbichreibung in Defterreich »ottfontmen geregt
»erben »iß, |at »or 9lttem im 9luge gu bemalten, »eichen (Sinfluh (ie bewuht
ober unbewußt auf bie Hebung beö Bolfbgeijted aubübt. (Sb ift ein alter unb mit
gemiffen (Sinfchränfungen fidjer wahrer (Sah, bafj bie äSiffenfcfjaft gule^t bod;
überall ihre Serüljrungetyunfte mit bem Seben fudjt unb ftnbet. 9ttd)t leidtjt tritt
bieb aber auf itgenb einem ©ebiete lebhafter unb unmittelbarer (jercor, alb auf
bem unferer Ijeimtfchen ©efdjidjtbfchreibuttg. 3n ber Sl;at ift eb, fefjon äufjorlid)
genommen, fe^t begeidjnenb, baf) fid> in jüngfter Seit bie Slufmerff amfeit mit 33or=
liebe ber neueren ©efchid)te Defterr ei d)b jugewenbet hat. ©ie Slrbeiten ©inbelty’b,
©jlumejjfy’b, Slmethb geben ben Beweib, bah eb nicht blofj rein wiffenfdjaftlidjc Be=
bürfniffe finb, oon benen aub fic unternommen »urben, »eitn fte auch immerhin
in Wiffenf<haftli<hcr äßeifc burdtjgefrifjrt fein mögen. Unb »ab innerlich ©emein=
fameb an biefen Arbeiten ift, liegt nid)t blofj bann, bah bie ©efd)id;tbauffaffung
im Slttgemeinen an geiftiger Freiheit gewonnen fiat, felbft barin nid)t allein, baf)
bie nationale unb prooinjiale Befangenheit überatt größeren ©cfic^tbpunften ge=
widmen ift, fonbern »or ülttem barin, bah unwillfürlid) bie Sntereffen ber ©egen»
»art allenthalben gefireift unb bie Probleme blohgelegt »erben, an beren Söfung
ju. arbeiten eben Aufgabe unferer 3eit ift.
©ie „Defterreidhifdje 2Bod)enf<hrift" barf fi<h bab Berbienft oinbiciten, bieb
ebenfotoohl an ©hlumehf^’^ „3ierotin" alb an ©inbety’b „Slubolf II." unb felbft
an ©arfiettungen aub ber älteren ©efcf)ichte Defterreichb nadjgewiefen unb feftge*
halten ju h^en. ©cb ftaattichen unb f>olitifdhen Blicfcb auf gegenwärtige Suftänbe
unb bie ©runblagen ihrer (Sntwicfelung h fl t fi<h feiner biefer .v^iftorifer erwehren
fönnen, ja fte haben recht eigentlich SJtafj unb üton für ihre ©arjiellung baraub
gewonnen. (Sb mag zugegeben werben, bah babei bie ©efahr nahe lag, mit fer»
tigern Urteil an bie ©h n ^ a( ^ cn h eran S u treten, U1 'tt ben ^»ragmatibmub ber ©e*
}d)idhte umjufehren, anbererfeitb wirb gerabc au ber £>anb ber neueren ©arftettun»
gen nicht geläugnet werben fönnen, bah < m ©rohen unb ©anjen bie politifchen
Folgerungen, Welche ben Befultatcn ber ©egenwart entbrechen, fehr natürlich unb
ungezwungen fich ergeben Sener ©efahr ift fomit in allen wefentlichen ©tücfcn
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bie ©pifcc abgetreten. GS ift feine ungefunbe Gntwicfelung, in ber mir fjeute
ftcfjen unb ber öfterreid;ifte ©ejd)id;tS)'cf)>'eit'er bebarf TeineS SSorurtheilS unb feiner
politifd;en Ginfeitigfeit um bie» natgumeifen. Sn ber Stjat muff, foweit mir fefjen
fönnen, eben bie einfad)e Cfrforid;itng unb Darftcllung ber geid;id;tlid)en Sirfitt*
feit wie uoit felbft 31 t ben politiften 3 ielputtfteit leiten, auf bie wir heute angc»
wiefeit finb.
9ln bem erften Saute be§ üorliegcuben Söerfed f?at fit bicS in ftarer unb
faum 3 U uerfennenbet Seife ergeben. Snsbefonbere war eS bie (Stellung Dcfter»
reid)» 3 U ben allgemeinen beutften Sntereffen unb bie wittigftc unferer inneren
fragen, bie ungarifte, für weite bie praftifd;en Goufequengen aus ber Darftetlung
0 . 3tvnctt)ö le 6 enbig fjea'orgetreten finb. 9)ian fennt bie id;tid)te unb einfate 3l*t
unb Seife, in Weiter £>err » Slnxetf) bie 5Berl;ältnif|e auf fit wirfen läfjt, bie
ungefutte Offenheit, mit ber er feine SOteinuug ausfprid;t. DaS mafwolle unb
ruhige Urteil, baß er über bie s })er|’en!id;fcit griebritS beS 0)ref;en unb über bie
SJiittel fällt, bnrt weite Preufjeu in bie 9ieil;e ber europäifd)en Staaten getre»
ten, war eine eben fo erfreulid;e als feltene Grfd;einung einem ©egenftanbe gegen»
über, in ben in alter unb neuer Beit nur all 3 U fiel Senbeng hineingetragen worben ift.
GS ift nitt ju überfefjen, baff cS fit um baS ©tiboleth Ijanbelte, unter weitem
eine namhafte politifd;e Partei in Deutftlanb ihre ©djlatten fd;lägt unb baS in
mef)r als einer Segieljung gurn Prüfftein für bie Unbefangenheit unb Dbjcctioität
beS ©eftitt»lt re ^er 8 geworben ift.
9tot ft»ieriger oielleitt geftaltcten fit inbef; bie Aufgaben beS S3erfaffer§
für ben gweiten 23anb. GS finb bie 3al;re 1742—1744, weite in ben ÄreiS feinet
DarfteHung fallen, 3af)re, in benen bie 23erf)ättniffe complicirter unb mehr not
als guoor burt einen Ärieg, ber gang Guropa burtwüthet, unb bie 23erl)anblun=
gen einer Diplomatie, bie bamalS faft ben ©ipfelpunft ilfrcS GingreifenS in 9351»
ferintereffen unb Sänberguftänbe erreitt ^at, oerwidelt unb geftört erfteinen. 93on
einet bis inS lefcte Detail ftarfgeprägten unb mit unerbittlitcr Gonfequeng butt*
geführten Politif fann in Beiten nitt bie fRebe fein, wo bie politifte Sage mit
bem Sage ftwanft, imb bie Ghancen beS SaffenglücfS baS Ptafj beS Slnguftre»
benben unb gu Grreitenbeit beftimmen. GS ift nitt leicht ben eingelnen Sanb»
lungen ba gu folgen, unb baS um fo weniger, als mannigfate Parteiungen an
bem $ofe SSKaria Sherefia’S felbft ben 25ticf eher oerwirren als Hären, unb
gerabe baS Detail bie feften Bielpunfte, weite bie Politif ber Äaiierin immerhin
behauptet, mantmal faft »odftänbig in ben £intergrunb treten Kifft.
Der erfte S3anb bet Slmeth’ften „Ptaria Sherefia* ftlof) mit bem Sahre
1741 ab. GS war bie trübjle Beit ihrer £errftaft. Dber=Deftcrreit unb ©tieften,
ein großer Sheil »on 33öh men befanben fit in ben .fjänben ihrer Seinbe, SOtäh*
ren ftieu faum not länger gehalten werben gu fönttett, bie ©treitfräfte Defter»
reitS, fo wie feine materieflen JpülfSmitiel waren in gleiter Seife geftwätt.
GS fehlte nitt an Stimmen, weite meinten, man lernte eS als ein @lü<f prei»
fen, wenn man nur auf ©runblage beS gegenwärtigen 23efijjfianbeS unb mit 9luf=
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gebung bet otynebieö unwieberbringli<h »erlorenen ^rocingen Stieben gu fdhliefjen
»ermödjte. Gin ÜRamt wie Ä^ecenbutler erflärte bamalS, bie Königin ^abe genug
©tanbhaftigleü bewiefen, um ihre 0 le<$te 3 U »erfechten. ©egen ben ©trom »et*
möge eben fRiemanb gu f^roimmen.
@8 ift befannt, bafj SDlaria J^erefta ihr Raubein nicht nach biefen Stnf^auun*
gen einrichtete. SBeit entfernt ftdf> auf bie blojje Gertheibigung bet 9 )ro»in 3 en 3 U
befd)tänfen, bie ftd) noch in ihrem Gefifce befanben, fafjte fie melmefyr ben ©eban*
fen, eine neue ©treitmactjt aufgujteUcn um bem Seinbe einen Streit be 8 ©ebieted
ab 3 utingen ( bad et erobert hatte. £>et Sfibjug in Gaiern Wat bie 9(u8fü^rung
biefed ©ebanlend.
• Uebet biefen Selbgug, bie ^erfönlidjfeit Ä^eoen^üDer 8 , SSRengeld, SErenfd,
Gemflau’ 8 , »erbanten wir $erm 0 . Slmetf) eine Süße neuer unb mtereffanter ©in»
gelnheiten, bie wir natürlich an biefer ©teile auch nicht einmal anbeuten fönnen.
©ein Urteil über Sriebridj 8 n. bamalige ^anblungdweife gegen SJlaria S^erefia
fcheint un 8 aber wichtig genug, um ihm fyier 3Raum 3 U geben.
„Um 3 U einem unbefangenen Urteile über bie bamalige £a nblungSweife Stieb»
ri<h 8 3 U gelangen", fagt er, „ift e 8 am beftcn, wenn man bie fieroorragenbften
Gegebenheiten, bei welken feine $anb im Spiele war, ber 3eitfolge nach einfach
aneinanber reiht. 2lm 9. Dctober 1741 fdjlof) er perfönlich mit bem SelbmatfthaH
©tafen ffteipperg bie Gonoention »on ÄleinfdhneHenborf unb am 15 trat bet
legiere ben SRü^ug nach fBiähren an. 9lm 18. begannen bie ^reufjen bie ©chein»
belagerung »on Sdeiffe unb brei Sage fpäter führte ber Äönig Gefdhwetbe über
bie but<h ben ©rafen Äheoenhüttcr gesehene Verlautbarung ber Gonoention »on
ÄlemfdhneHenborf. ©Iei(h 3 eitig würbe auf feinen Slntrieb ber Königin »on Ungarn
in fdheinbat angelegentlichftcr SScife ber SRath ertheilt, balbigji 3 um wirtlichen
Srieben 8 f<hluffe mit 9>teufjen 3 U fchreiten. 9lm 21. Dctober ergab fiel) mit pünft*
lichfter Serütfftchtigung ber Gonoention »on Äleinf^neßenbotf SReiffe an Stiebridh-
£agd barauf würbe but<h feinen GeooHmächtigten in Sranffurt a. 99?. bet Geitritt
9 >rcufjen 8 3 U bem gwifchen Stanfteidh, Gaiern unb ©a<hfen abgefchloffenen Ger*
trage erflätt, butch welchen bie Gerabtebungen über bie Steilung ber öfterreidhi*
fdhen ©rblänbet näher bejtimmt würben. Unb am 4. Gooember fam in Gtedlau
ein fpecieller Gertrag gwifdhen ^»teu^en unb Gaiern 3 U ©tanbe, traft beffen
©Rieften bem Äönige garantirt unb bie ©raffdhaft ©lafc ihm 3 ugefprodhen würbe.
Sriebridh aber »erfprach bem Äurfürfien feine ÜJtitwirfung, ihn fowohl im Geftfce
£>ber*£>eftetreidhd unb Göhmend 3 U erhalten, al§ ihm 3 U bemjenigen ütirold unb
Gorber=£>efterreich 8 , fo wie gut Äaiferfrone 3 U »erhclfen. SBer bie Sangfamleit
bebenft, mit welker in Solge beS bamaligen 3u|tanbed bet ©tragen unb aßet
fonftigen Gerfehrdmittel felbft eigend entfenbete Goutiere ihren 2Beg gurüdfgutegen
gegwungen waten, bem wirb e 8 leinen Slugenblict gweifelhaft fein, bafs 3 U berfel*
ben 3 «t, in weldhet er feinen angeblichen SBunfdh begeigte, gum befiniti»en Stie*
ben mit 99taria Sherefia gu gelangen, gu betfelben 3«t enblidp, in welcher er traft
be 8 Vertrages »on Äleinf^neHenborf SReiffe in Gefifc nahm, er feinem Ge»ottmä<h*
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tigten in granffurt gcrabe bie entgegengefeßten Snflructioncn eriheilt f)abcn muß.
IDet Sruh feines UebereinlommenS war alfo eine (äugft fcefdjloffcue (Sache, unb
baß bieS wirtlich ber gatl gewefen, beweifen bie um jene Seit erfolgten ftiegerifhen
Unternehmungen ber Preußen, ihr Einbringen in Söhnten unb ®iät>reti, bie ©eg=
nähme »on Dltnüß »*
Vorgänge biefer Strt waren eS, welche baS tiefe 50?i§trau en ( *ba8 SJtaria
Sherefia griebrih gegenüber bt8 jum testen SÄugenblicf beherrfcht hot, wachriefen
unb nährten. !Die biplomatifhen Serhältniffc Eurepa’S waren in ber £hat im
Stflgemeinen oon bet 3trt, baß gegenfeitigeS SRißtrauen ber hetoorragenbfte 3ug
an alten ben Serhanblungen ift, bie unS bie {DarfteHung beS .fperrn o. 3trneth
»orführt. StHiangen unb ©egenadianjen finb fo fehr baS ©erf beö augenblidti^en
SntereffeS, baß an ein gijciren beftimmter Schiebungen taum ju benfen ift. ©elbft
Englanb, baS noch am treueften ju Oefterreidf) hielt, ging nid)t eine Sinte weiter,
atö eS fein eigenes unb gan^ unmittelbares Sntereffe erforberte. „Slbgefehen baoon",
fagt #err o. 3lmeth an einer ©teile, in Welcher et bie Uebertreibungen bezüglich
bet Jpülfeleiftung ©roßbritannienS auf ihr richtiges 9Raß jurücf führt, „baß fiep bie
englifche {Regierung weislich hütete, für SRaria Stjerefta gegen griebrih bie ©affen
gu ergreifen, gab eS teine gotberung beS ÄöntgS, fie mochte noh fo weitgehenb,
noh fo unbegrünbet fein, fie mochte noh f ß f e h r 5ö?atta Sherefia im Snnerften
oetleßen, weihe bie englifche {Regierung nicht mit gewohntem Ungeftüm bem
©tener £ofe 3 ur Stnnahme empfohlen hätte."
3a faft an Sweibeutigfeit ftreifte bie Haltung ber ’englifhen {Regierung be»
jüglih bet italienifhen Serhältniffe, bie £err v. 3lrneth jum erften SRale mit
eben fo oiel ©rünblihfeit als überlegenem Urtheile jum ©egenftanbe feinet Un»
terfuhung gemäht hot. 3h re S)arfteHung ift ohne 3»eifel bie heroorragenbfte ^)ar*
tie beS SuheS. {Die mannigfahen Serfhlingungen ber $)oIittf beS Kaufes ©a=
»open, bie fih freujenben $)lane unb ^rojecte treten unS in »oder Älarlfeit ent=
gegen, unb nicht minber bie einzelnen honbelnben s perfönli<hleiten, in beten ®h as
rafterifirung anerfanntermaßen bie ©tärfe ber SarfteHung beS SerfafferS liegt.
3nSbefonbere möge bei biefer Gelegenheit bet ©hilberung beS SRarquiS b’Dtmea,
beS ©rafen Staun u. f. f. gebäht werben.
{Die ©hlaht oon Eampofanto mäht einen äußerlichen 3lbfhnitt in biefen
Serhältniffen. „©ie ganj anberS", fagt $err o. 3lrneth, „erfheint boh bie Sage
3Raria Sberefia'S in bem Slugenblicfe, in welhem fie bie 5Rahri<ht »on bem©iege
bei Eampofanto (gebruar 1743) empfing, wenn man fie mit berjenigen Bergleiht,
in bet fie ein 3af)t juoor fih befanb, als ber erfte Seriht oon ÄheoenhütlerS
glüeflihem S orbringen in £>6et=Defterreih unb Saiern nah 2ß*en gelangte. 3lder»
bingS war jeßt bur<h ben griebenSfhluß mit Preußen ber tfjatfählih löngft er*
1 3« ähnlicher SBeife fagt ©fröret: „©efcfcic^te fceö 18. Sa^r^uiiterte" in. 131. „Srieb*
Arid} U. h«t ben SB ertrag oon &(einfchndlenborf burcpauS nicht in ber Slbficfat SBort ju halten
abgef^ioffen.* 2)ajj Slrneth über bie Stage bet ^ublication beü Vertrages) etwas leiebt hinweg*
egangen, möge ubrigeuö hier boep nicht unbemerft bleiben.
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feilte Bcrluft beS größten Sfjcitä »on @d)leficn aud) »ölferrechtlich anerfannt.
Aber alte bic übrigen Entwürfe gut Herbeiführung einer £h e 'l un 3 ^er öftcrretchi*
fcheit Erblänber burffen als »eilig geicheitert angefchen werben. Dber=De|'tcneid),
Böhmen nnb Mähren, bantalS faft gang in bet ©ewalt ber fctnbli^en H ccre »
waren jejjt wieber erobert, $)teufjcn unb Sachfen »on bem gegen SOiaria ©herefia
errichteten Bunbe getrennt, ber Äaifct tief gebemüthigt, granfrcich in peinlichfter
Sage, baS fpanifchc ÄönigShauS aber auf bem fünfte, bem ©ebanfen an ©robe*
rungen in Stalien gang eittfagen gu muffen, ja in ber ©cfahr, bic »er wenigen
Saften bafelbft gemachten Erwerbungen wieber gu »crliercn. Sn bem Augcnblicfe,
in welchem man ber Bcrwirflichung beS lang gehegten planes, bie SJiacht beS H aUs
feS Defterreibh gu »entibhten, näher gu fein glaubte als je, erhob fid; biefelbe mit
ungeahnter Äraft unb ftatt fid; anher ©ddefien and; noch anbere, für fie noch
wichtigere ^roeingen burch bie ©ewalt ber SBaffen entriffen gu fehen, fonnte 9Jta*
ria ^herefia nun bantach ftreben, für bie erlittene ©inbuhe anberSwo unb auf
Äoftcn ihrer geinbe ©ntfd;äbigung gu »erlangen."
©er aSerfaffer finbet hier ©elegenheit, uitS mit ben Berljältniffcn am Hofe
SJtaria Shercfia’S befannt gu machen, ©ic Werfen bet Äaiterin, ihr fchöneS 33er«
hälhiiß gu bem ©rafen ®pl»a=£arouca, bie SJtitgliebcr ber geheimen ©onfereng
werben unS in lebhaft gefärbten unb intereffantcu ©chilberungen »orgeführt. Ueber
ben ©rafen Utfelb urtheilt Arneth nicht fehr günftig. ©r hebt feinen gleih, feine
©enauigfeit in ben ©efchäften unb beit wohlbegrünbeten 9iuf ber Unbeftechlichfeit
her»or, ben er geitoh, ab« nicht minber, bah *wn feiner geiftigen Befähigung SRie=
manb eine h D( H' 3 cipannte Meinung h c öte. Stuf feinen Soften brachte ihn, wie eS
fcheint, fwuptfächlid; ber ©influfj BartcnfteinS, welchem bie SBahl eines wenig be=
beutenbeit SJlanneS eine Bermehrung feines ©influffeS in AuSfid)t {teilte, unb ber
auherbem bamit eine perfönliche Animofität gegen ben ©rafen ÄinSfp, ben näd)=
ften Anwärter auf bie Seitung ber auswärtigen Angelegenheiten. befriebigt haben
mochte.
„Ulfelb gählte bamalS nahe an fünfgig Sahre. ©r war »on giemlid) grober
unb fchlanfer ©eftalt; feine gebräunte ©efichtSfarbe, bie hellblauen aber tiefliegen*
ben, etwas büfter bliefenben Augen, bie bichten fchwargeit Staate unb Augenbrauen,
bie etwas aufgetriebenen SBangen gaben feiner ©rfdjeinung nichts AngiehenbeS, wenn
man auch auf ben erften Blicf ben »ontehmen SJiann in ihm erfennen mochte,
©ie eifige Äälte, mit ber er Aden begegnete, welche mit ihm gu thun hatten, bie
auffallende Sangfamfeit feiner Auffaffung, bie Art »on Beftürgung, in welche jebe
neue 3bee, jeber neue s piait ihn »erfejjte, bie Unflarheit feiner AuSbrucfSweife, bic
wohl gumeift bet Unflarheit feines ©ebanfengangeS entfprang, bic unbeugfame
Hartuäcfigfcit cnblich, mit ber et an bem einmal ©rfahten fefthielt, unb bie ihn
troj; feinet fonftigen Steifheit bei jebem SBertftreite leicht in übertriebene Heftig*
feit gerathen lieh, ade® bieS machte bie Berhanblitng mit ihm gu einem peinlichen
©efdjäftc. Sn cS f^eint faft, bah cr S u jebem Amt eher als gu bem eines 2Jlini=
ftcrS ber auswärtigen Angelegenheiten getaugt hätte."
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(53 ift in ber !Jßat ungemein cßarafteriftifcß für bie SBebentung tiefeS 9)iait=
ne$, wie wenig er bei ben umfangreießeu bipfomatifcßeit 33erbaiibtiiugeit feiner Beit
aueß nur einigermaßen in ben 33orbergtunb tritt. Sn beit SRegetiationen mit bem
Äöuige i'cn (5itglanb bei ber pragmatifdjen Elrmee, in ben 33erßanblungen mit
©arbiniett begügltcß eines befinitiven 33ünbniffe3 u. f. f. fielen Äarl von 8otl;=
ringen ober ©raf SSettgel Äauniß nießt bloß äußerlich bie Hauptrolle. Sie man*
ltigfacßen $)rojecte unb glätte, welche barnalS auftaud;ten, wie bie einer tüerpflait*
gung be3 furfürfttief) baierifdjen HaufeS ttad; Stalieit, unb SkientS Erwerbung bureß
SDeftcrreicß geießnet un8 bie Sarftelluitg beS H cr m 'Etrnetß in fcßuir nurtirten
Umriffen. SRidjt minber eingeßenb ift baS 58evf)ältniß £>cfterreid)3 gu Diußlanb unb
gum päpftlicßen ©tußle entmicfelt. 35on befonberem Sntereffe aber fiub bie EluS*
füßrungen beS 35erfafferö über gricbrid;3 ©tellung gu Defterreicß im Saßvc 1744
©<ßon in ben erften SDRcuaten beö SaßteS 1744 ßutte Sriebricß mit bem Äai-
fer unb bem Könige von Sranfreicß 33erßanblungen gepflogen, um fid) ben fPreiS
auSgubebingett für feine bewaffnete Sßcilnaßme an bem Äampfc gegen s ))lavia
Sßcrefia. 9iur um ber (Srwcrbuttg beS ant regten Grlbeufer gelegenen SßeileS von
33ößmen unb feiner ferneren Gntwürfe willen, brad; bet Äönig ben Stieben unb
gefeilte fid) abermals gu ben Seinben SOtaria ÜSßerefia’S. Herr v. Elrnetß bemüht
fid) ade anberen ©rmtbe, bie bet Äönig felbft anfüßrt unb bie feitßer micberßolt
unb häufig genug als unwiberlcglid; ßiugeftellt worben finb, ber Steiße naß gu
wiberlegen.
„23a8 baS ©cßreiben beS ÄönigS von Guglanb an fDlaria Sßerefta (mit
ber Elufforberung, Sriebricß ©djleften gu entreißen) anbelangt, fo barf wobt troß
ber 33crficßcrung Sriebrid;S, eine Elbfcßrift berfelben gefeßett gu baten, bie Elnttaßme
nicht allgulüfm erießeinen, baß eS niemals eriftirt ^al'c, niemals eriftirt ßabett
fonnte. Sener Äönig füllte cS gefebrieben baten, ber fDtaria Sßerefia bagu gebrängt
ßatte, ©djlefien an Preußen abgutreten, beffen ernfteS SBeftrebcit unabläffig baßin
ging, baS leßtere im ungeftörten Sefiß jener fProving gu crßalt eit unb ber ißm
benfefben erft feierlich garantirt batte, ©o wie in feinem eingigen ber oertrauteften
33riefe SSftaria Sb>erefta'S ober ber bervorragenbften öfterreich ifeßen Staatsmänner,
fo ift aud) in ber gangen umfangreichen Gorrefpoitbeng gwifeßen ben Höfen von
@t. SameS niemals nur bie leifefte Einbeulung ber 3ERöglidE>feit einer 3mücferobe=
jung ©cßlcfienS vorßanben. ©tetS fomrnt bie Königin auf bie 3Serfid;ctung gurücf,
baß, fo feßwer ißr jenes Dpfer aueß geworben fei, fo unverbrüchlich gebeitfe fie
boeß ben SSefcßließungcn treu gu bleiben, welcße ißr ber 33reSlauer Soeben auf*
erlegt."
Sfticßt beffer ift eS mit ben übrigen ©rünfcen befteflt, bie ber Äönig von
Preußen anfüßrt: „baß bie waßren SBeweggrünbe beS ÄönigS gum 33tucße beS
33reSlauer SricbenS nur in feiner 33cgierbe naeß neuer unb aiifeßitlid)er ©ebiets*
Vergrößerung gu fueßett finb, barftber wirb fein Unparteiifcßer bem leifefteit 3weifet
fieß ßingeben fönnen".
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SJlan fietyt, wir haften bei biefett Slnbeutungen über beit teilen 3n^alt be9
»orliegenben VanbeS junäcbft nur jene ©teilen ^eroorgc^oben, welche unS ben
©tanbpunft beS SBerfofferS am enti^eibenbften 3U djarafterifiren f «bienen. 5Rit Ve»
bauern mußten wir baranf »erjicfjten, auf feine ©arfteHung bet Äriegfübrung bet
pragmatifdjen fürmec, bcr gelbjüge in Statten, beS gelbjugeS non 1744 in ben
fftiebcrlanben einjugehen. 2Ber frühere Arbeiten beS 23erfafferÖ fennt, wei|, bafj ber
Verfaffet getabe für bie ©arfteßung berartigcr SSer^ättniffc ein eigentümlich
fixeres Salent ftefijjt. ©aS überaus reiche unb wertvolle SDiaterial, weites ihm
inSbefonbere bie ©«böjje bc8 .$auS«, £ef= unb ©taatSarcbweS unb ba8 ÄriegSarcbi»
lieferten, fejjt ihn, wie übrigens bei einem SBerfe, welches jum weitaus überwie*
genben Sbeile auf eigener unb felbjtjiänbiger gorftung beruht, faum ber Grrwäh»
nung bebarf, in ben ©tanb, auch h* £ t t?ielfa«b neue unb richtigere @efid)t8punfte
ju eröffnen unb ben inneren 3wfammenhang ber Gcreigniffe in echt wiffenftaft*
liebet SSeife aftgufcbliefjen.
SlHeS in Slllem genommen, mufj ber jweite Vanb ber „SKaria Sberefia' 1 aber«
malS als eine 3ierbe unferer beimiften @ef«bi<bt8litteratur begrübt werben. SBir
in Defterreicb bebürfen heute wie bamalS einet Erhöhung unfereS ©elbftuertrauenS,
beS muthtwUen SBltcfö auf unfere innere .Straft, auf bie 9Ka<bt, bie in nnferem
©taatSleben unb in ben materiellen Vebingungen unferer Politiken ©jrifienj ruht,
©iefet Vlitf trübt ftcb, wenn er auf baS fParteigetriebe unferer Sage fällt, et
Hart fi«b an ben Silbern ber Vergangenheit. SßaS entftiebeneS Sollen, fluge Se«
nü|ung aller Umftänbe, Vertrauen auf baS eigene 9te<bt unb bie eigenen £ülf8»
mittel »ermögen, lehrt unS bie ©ef«bi«btc ber Sage, bie unS #ert ». Slmetb fd>tt«
bert. ©lögen unS biefe Sehren auch in günftigeren 3eiten unb Verhältniffen mah*
nenb jur ©eite flehen. —t—
* Von ben „©tittbeilungen beS f. f. öfterrcichtf«hett fölufeumS für ßunft
unb Snbuftric" würbe baS erfte $eft auSgegeben. ©aSfelbe enthält bie auf bie @rün<
bung unb Drganifation beS SnftituteS bezüglichen Veftimmungen.
* Stntcnio batf Slcqua ©iufti hat in Venebig unter bem Sitel: „II Palazzo
ducale di Venezia“ ein SBerfdjen erfcheinen laffen, baS ben ©ogenpalaft »om
gerichtlichen unb tünftleriftben ©tanbpunfte auS befpriebt unb ftcb bur<b jenen gefätti*
gen Stil auSgeicbnet, ber allen Arbeiten ©iufti’S eigentümlich ift.
’ ©er SBunfcb, bie ©eftalt ber (5rbcbexftäcE)e beutlicb gut 9lnf<bauung ju bringen,
hat ben in (Saigburg lebenben £)rn. gr. Äeil »eranlafjt, topograpbifcb 6 SRelief»
farten aus ben beutfeben Süpen angufertigen, welche als fehr gelungen begeidjnet
werben. SIS mathematifebe ©runblage bienten ihm für ben öfterrei«bifcben Sh^l feiner
9i di eff arten bie betreffenben Driginalfectionen ber S!Ktlitäraufnahme, welche ihm im f. I.
milit. geograph. 3nftitute in SBien eingufehen geftattet würbe, bann bie aus benfelben
rebucirten Specialfarten beS ©eneralquartiermeifterftabeS unb enbli<b bie ätataftralmappen
ber betreffenben Segirfe. gür ben baierifeben Stntbeil würbe bie treffliche ®. ©t. Äarte
Ben Vaiem benäht, fo wie bie ©tonograpbieen unb Starten eingelner ©ruppen vielfach
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außgebeutet. 3)er bon ßeil geWaplte SJJaftftab ift 1 :48000, fo baf$ 1 beutfcpe SJleile
= 60 3Br. 3cD/ 1000 Älftr. = l 1 /, 3oKunb 1000 guf} = 3 Sinien ber Äarten
entfprecpen. 3n ber lepten SJlonatcberfammlung beß SSereineß für ©algburger Sanbeß*
funbe pat er gepn ©ectionen biejer Sielieffarteu borgewiefen unb mittelft eineß pötpft
angiepenben Sortrageß näper beteuertet. 3>iefe gepn ©ectienen umfaffen einen gläepen*
raum non mepr alß 75 jQuabratmeiien. ©ie reichen bon ber Jauernfette biß gur ©bene
©algburgß, unb bergegenwärtigen unß bie Jpäler non ©aftein, Stauriß, gufcp unb
Äaprun, bann baß ©algac^t^ar non Uttenborf biß ©algburg, gan 3 9Jlitter*Pinggau unb
baß Sercpteßgabenerlänbcpen, alfo ben größten unb intereffanteften Jpeil unfereß ©el'irgß*
Ianbeß. Äeilß topograppifepe Sielieffarten atiß ben beutfepen ?llpen werben, wenn fte bott»
enbet fein werben, auß 35 gangen unb groei falben ©ectionen befielen unb beinahe baß
gange &ergogtpum ©atgburg, bann baß Sercpteßgabenerldnbcpen, baß ©algfamntergut unb
einen Jpeil non £)ber*©teiermarf unb Ädmten umfaffen.
* S)er 2anbeßaußf(pu§ für ©teiermarf pat im ©inberftänbniß mit ber ©rager ©e*
meinbe ber StuffteHung beß ©rgpergog 3opann*9Jtonumenteß am 93tur*£}uai (gwifepen bern
3oanneum*®arten unb bem SJturufer) feine 3uftimmung gegeben.
* Stacp ber in ber testen 5Directionßft^ung beß Prager Sombaubereineß borgetra*
genen Sermcgenßüberfupt ftettte ftep ber Gaffeftanb mit 21.540 ft. 83 fr. perauß. —
Stebft ben eigentlichen Sieftaurirungßarbeiten, Weldie jept beim Seginne ber befferen 3ap*
reßgeit wieber ipre frühere gtofcere Stußbepnung annepmen unb fiep auep fepon auf bie
Steconftruirung ber Strebepfeiler unb Sogen beß $o(pfcpiffeß erftredfen werben, ffpreitet
auep bie Slußfüprung ber weiter beftellten brei neuen farbigen genfter rüftig uorwartß.
— 2)aß eine beftnbet ftch bereitß unter ben «hänbett beß pieftgen ©taßmalerß jQuaft, unb
mit ben beiben anberen wirb berfetbe fofort beginnen, fobatb bie 3eicpnungen gu ben*
fetben boflfontmen fertig fein werben.
P. (93om f rang ofif (pen Sücpermarfte.) Sie romifepe ©äfarengeit wirb
in granfreiep gegenwärtig ftei§ig ftubirt. 35ie Seweife hierüber liegen in öfteren Publi*
cationen bor. Äaum pat 3uteß Saninß ffluep „1’ £loquence et la po^sie au temps
des Casars“ bie treffe berlaffen, fo ftept fepon ein anbereß apnlicpeß Söerf an ber
©cpwetle: „L’&oquence sous les Casars par Amiel“. 35er Serfaffer erftart gleich,
fein 33ucp fei Weber ein Sloman noep ein geuitleton, fonbern eine Stubie über bie
Äunft ber Siebe bei ben SRomern in ber Periobe bon Sluguft biß Jrajan. 55a Sanin
immer noep ein fepr populärer SJJann in Pariß ift, fo fiept ft«h £>err Stmiel genötigt
eine ©renglinie gwifepen ftch unb bem berühmten geuilletoniften gu gieren, mit bem er
feineßwegß gu concurriren beabftdptigt. 3auin unterhalte alß 5)ilettant unb geiftreich^r
geuittetonift alle Seit, waprenb fein (9lmielß) SSerf emfterer Statur fei unb nur bem
©eleprtcn unb ©tubirenben Anregung geben werbe.
Unter ber fpeciellen protection unb ©ntpfeplung beß Sifcpofß bon Drleanß
(35upanloup) erfepien: „rimmortalit^, la inort et la vie; £tude sur la destin^e
de i’homme, par Baguenault de Puchesse“. 3n einem bem ffiuepe borgebrueften
Sriefe begtücfwünfcht ber fflifcpof bon Drleanß ben SSerfaffer über bie grünblicpe unb
habet boep aDgemein berftänblicpe SBetfe, mit welker berfelbe ein fo bebeutenbeß Jpema
bepanbelt, unb wie er bie ©egner auf ipretn eigenen ©ebiete auffuept, um fte mit
©efepief unb ©lücf gu befämpfen.
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670
©ne Steife ron pT;>ilofopf;ifd;en 9lbl;anblungen begann unter bem Sitel „Bibliotheque
de Philosophie contemporaine“ ins Leben 311 treten, beren erfte Bänbd;cn auf
©tglanb Bejttg nehmen unb beibe Venn Sainc, ben SSerfaffer einer breibänbigen, and?
auf philofophifeber ©runblagc berut;enben ©efebiebte ber englifäen Litteratur, 3 um 9lutcr
haben. SaS erfte Banbcben ift betitelt: „Le Positivisme anglais, dtude sur Stuart
Mill“, baS jujeite: „ridöalisme anglais, (Stude sur Carlyle“. Sie britte Lieferung
befefjäftigt fid; mit ben beutfefen Riatcrialiftcn ber neueften 3 eit.
Bon franjeftfe^en fpecta(gcfd;id}tlidKn Slrbeiten fmb 3 U erwähnen: „Le Roi chez
la Reine ou histoire secrete du mariage de Louis XIII et d’Anne d’Autriche
d’apres le joumal de sante du roi, les depeches du Nonce et autres pieces
d’6tat par A. Baschet“ (befannt burd; feine Verausgabe unb Bearbeitung ein 3 elner
Relationen ber nene 3 ianifcpen ©efanbten) unb „Les amours de Henri IV par Mr.
de Lescure“.
SaS (entere Buch fdjeint weniger Slccent auf grünbltc^e l;iftorifd;e ©tubien, a(S
auf eine gefällige Sarftetlung 31 t legen. Ser Berfaffer fagt felbft, eS fei friool nach bem
©ujet, leicht in ber gerat, cmft burch ben ©runbgebanfen unb moralifcf burch ben
©d)luß.
Ueber Rlejcico f;at ein großes fPradjtwerf 3 U erfreuten begonnen: „Monuments
anciens du Mexique et du Yucatan, PalenqucS, Ococingo et autres ruines
de la civilisation mexicaine“. ©S ift bieS eine ©ammlung non Bafen, Basreliefs,
9lrd;itefturreften, Scrracotten, Äarten, planen unb 9lnfid)ten, in Lithographie unb tl;ei(*
weife in garbenbruef auSgefül;rt nad; ben Bci^nungen eines 9Rr. be Söalbecf mit einem
Sejrte bon Braffeitr be Bourbourg. günf Lieferungen ftnb bereits fertig unb breijeljn
wirb baS ©anje uutfaffen. Sie SluSftattuug ift febr gldngenb. Obgleich ncr einigen Sauren
ein fPraditwcrf über benfelben ©egenftanb mit phetograpl;tfchen Slbbitbungen erfd;ienen ift,
fo wirb baS neue bei bem großen Sntereffe, baS ftcb jeßt fefon für Rlejrico geltenb mad;t,
hoch bieten 9tnftang finben. Rur will eS uns bünfen, baß gerabe für arc$äologifd)e
SetailS bie Photographie betenberS geeignet erfc^eint, Rid)tS bennag bie burch (entere
gewährleiste Sreue ber Slbbilbungen 3 U erfeßen.
P. (Born englifeßen Büd;ermarft.) „The decline of the Roman Republic
by G. Long“ ift ber 2itel eines hübfeben BucbcS, baS ben 3citraum ber romifd;en ©ejdji^te
bon ber 3crftorung Äartl;ago’S bis 3 um jugurtbinifchen Ärieg im erften Banbe ent^üQt
unb im jweiten (Schluß*) Banbe bis 3 m Beenbigung ber Bürgerkriege fcrtgefül;rt
werben feil. 9ln ber ©piße jebeS Kapitels giebt ber Berfaffer geuau bie clafftfcfjen Quellen,
uad; benen er gearbeitet, an. 3m ©ansen fc^eint SRcmmfenS Borbilb nicht oI;ne ©nfluß
*auf biefe Arbeit geblieben 3 U fein.
©ne fet;r intereffaute Lecture ift 3. SaplorS „Words and places or etymolo-
gical illustrations of history, ethnology and geography“. Sie gerichtlich* 9tbftaim
tnung 3 wifd;en geograpl;ifd;en Benennungen naef^uweifen, ift ber beS 9lutorS.
Sabei fommt er aber auf eine Rlaffc an 3 iet;cnber Roti 3 en ar^äologifd^er, fpra^wiffen*
fd;aftli($er unb cultur^iftorifd;cr Ratur. gür bie ©eiehrten wirb baS erwähnte SLerf
oietleidjt wenig ReueS bringen. SBer fcboch gerne auf bie Ur 3 eit beS eurcpäifdjen Bolfer*
lebcnS unb auf bie mittelft ber Bclferwanberungen bewerfftetligten Berfchiebungen unb
eigcntl;ümlid;cn Kntwicfelungen 3 urüc!get;t, ber finbet in SaplorS Buch eine fe^r banfenS»
wcrtf;e unb a^iehenbe 3 ufammenftellung beffen, was man über bie Ramen ungefähr jeßt
weis. Sie Litteratur, aus welcher ber Berfaffer gefd;epft, ift im Beginne beS Bud;eS
genau angeführt unb 3 eugt uon feinen fleißigen ©tnbien. BefouberS praftiieb für baS
Radschlagen ift baS 9iamcnSregifter am ©d;htß. Saß baS Baub, welches biefe fielen
C£'iu 3 clnftucfd;ctx menfd)lid;en Kiffens 3 ufammcnl;ält, moglid?ft wenig pcbantifd;er Ratur ift,
muß bem Berfaffer eben fo gum Lebe wie bem Lefcr 3 ur Beruhigung gereichen.
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671
ermahnen wir gifcgeralbß „Life of Laurence Sterne“, welcbeß in Gnglanb
btel gelefen wirb, nnb befonberß beßT;alb ein gemiffcß 9(uff eben macht, weil eß ben
berühmten 5 ?erfaffer ber „Sentimental journey“, ber ^i^T;er in SBcgng auf 9!JccraI unb
Gharafter nicht im heften ttiufe ftanb, gegen atterlei Serläumbungen gumeilen mit
fchlagcnben ©rünben bertf'eibigt. SIGie bie SKe^at;! ber Siograpbeu ift aud) 93er. gi(?*
geralb bagu geneigt, feinen gelben in befonberß gutem Siebte crfchcinen 311 laffen. Senn
man inbeß auch biefer Senbeng einiges 3 ur Saft fdjreiben muß, fo febeint eß bantm bod)
nid?t minber wahr, baß man bieder in ber Seurtheilung ©terneß etwaß 3 U weit
gegangen ift unb bat) berfelbe in moralipher ^inpebt wobl ein Äinb feiner nid>t fein:
pttenftarfen 3 ?it, aber nid;t ein befonberß bebenflicheß Äinb geWefen ift.
<§t$img$fierid)te.
äusjuö mra üeitt flrrtühülle
ber 4. Sitzung ber f. f. Gentralcommiffion 311 t Grfcrfd)ung unb (Spaltung ber Sau*
bettfmale, meiere unter bent Sorpßc Sr. G]tcetten 3 beß £crra ^rapbenten Sofepl;
9lle;ranber greif'errn b. geifert am 7. 9lpril 1864 abgcljalten mürbe.
Ser $err $)rcipbcnt eröffnet, baß ©c. Gjrcettens ber £)err ©taatßminifter anftatt
beß Sireclcrß ttluben unb £>berbauratl;ß 6 b. San ber s Jiütt ben $>rofeffcr ber ?trcbitcf*
tur 6 . SRößtter unb ben ^rofeffor ber Malerei 6 . Sur 3 inger 3 U Sertretern ber Sie*
ner 9lfabemie ber fctjbnen Äunftc in ber Gentralcommiffion ernannt l;abe.
Sie Leiben letztgenannten neuen 9Jiitglieber werben bon ©eite beö £errn ^rapben*
ten begrüßt unb ber Gommifficn uergeftettt.
Saut einer SHitt^cihjug beß !. f. ©taatßminifteriumß l;at ber mit bern Sau einer
neuen SRepbcn^ für ben gr. n. u. Sifchof in G 3 ernowitz betraute biepge 9lrd;iteft Sofepfj
£ddbfa über bie in ber Sufomina bcpnblid;en Seufmale Serid;t erftattet; mit Oiücfpc^t
barauf, baß $ldbta wdfjrenb ber auf peben Sabre berechneten Sauer beß ermahnten
Saueß, Weld;er feine 3lnwefenl;eit minbeftenß gmeimal im 3 al;re nbtl;ig mad;e, ©clegcn*
heit habe, ben Saubenfmalen ber Sufcmiita feine befenbere Sfufmertfamfeit 3 U 3 umcnben,
befchließt bie Gentralcommiffion £>errn £ldbfa 3 U ihrem Gorrefponbenten 31 t ernennen.
Ser £et*r Statthalter in trieft eröffnet, baß bie 9lcquirirung ber SUterthumßfamiu*
lung beß ©rafen Gaffio in Sftcnaftero bei 9(quileja auß Sanbeßmitteln leiber nicht meg*
lieh H baß aber bie nott;igen Sorfehrungen getroffen morben pnb, um wenigftcnß bie
bißt;er gan 3 planloß betriebenen 9lußgrabungen in Slquileja 3 U regeln, ferner eine ©amm*
lung unb entfprechenbe Slufftettung ber bereitß borhanbenen unb noch auf 3 uptibenben
9llterthümer angulegen, unb für biefen 3wed fomohl ein paffenbeß Sccale 3 U pnben, alß
auch bie nothige Seitung unb Ueberma^ung aufguftetten.
Siefe SDlittheilung mirb 3 m fienntniß genommen.
Ser Gorrefponbent Sr. Äenner befpricht bie neuerlichen Sorfagen, betreffenb bie an
ber fogenannten £eibenwanb bei ^allein angeblich borgefunbenen coloffalen Äopf*
baßrcltefß.
Ser $err Serichterftatter erfldrt, nicht im ©taube 31 t fein, pd; nach ben bermalen
bcrliegenben photegraphifeben Aufnahmen bon bem Sorhanbcnfein jener Saßrelifß 31 t
über 3 eugen. Slbgefehen bon ber befannten 2 hatfache, mie oft ©efteinformen menfchlichen
Äunftarbeiten ähnlich werben, unb abgefehen bon bem gütlichen Mangel analoger Gr*
feheinungen, müffe noch bemerft werben, baß fo coloffale Arbeiten, obfeben unbottenbet,
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bo<h nur einer fjerfcorragenben Segebenheit ihren Urfprung toerbanfen fonnten, ferner, baß
»on fo bebentenben Senfmalern in ber Segel Sagen unb Ueberlieferungen im Solfe
cjriftiren unb ficB fcrterben. Saoon fc^eine aber um ^allein feine ©pur 3 U fein, ba
nicht einmal ber Same „£eibenmanb" allgemein fei, auch fein ÄnljaltSpunft aus ber
©efc^i^te ber Eroberung ©a^burgS burch bie Somer »erliege, ber feiner Sebeutung nach
mit fo großartigen Monumenten »erfnüpft merben fonnte.
(Sö mirb auf Slntrag beS ^)erm Sr. Äenner beßhloffen, vorläufig menigftenS noch
bie gelegen^eitlic^e Unterfuchun g jener angeblichen SSaöretiefö burch Slutopfie einer com«
petenten Autorität ab 3 umarten, beoor in biefer Shtgelegenheit eine beftimmte Gntfcheibung
auSgefprochen mirb.
Sa$ Minifterium be$ 9leußern überfenbet 3 man$ig im 3Bege ber faif. ©efanbtfchaft
in Mabrib eingelangte $efte beS auf ©taatsfoften l;erauögegebenen, mit mahrhaft fonig*
lichem Slufioanbe auSgeftatteten ^PrachtmerfeS: „Monumentos arquitectonicos de
Espagna" unb erfuc^t um 3ufenbmtg ber ?)ublicationen ber Gentralcommiffion behufs
beren Seforberung an bie f. fpanifche Diegierung als ©egenleiftung für baS toorlie«
genbe Söerf.
G$ mirb besoffen, biefem Grfuchen fofort 3 U entfprechen.
Ueber Anregung be$ GonferoatorS ©cbeiger mirb bie Seranlaffung einer ausführ¬
lichen Sefprechung unb Sarftellung ber bei Srucf a. b. Mur befmblicpen breieefigen $ei*
ligengeift-Äapelle in ben „Mitteilungen" in 2lu$ftcht genommen.
$iemit mürbe bie Serhanblung gefchloffen.
Htn^arif^ Äkatenrä.
3n ber ©ifcung ber mathematifchen unb naturmiffenfchaftlichen Slbtheilung »om
2. Mai las Solenn $unfal»p eine Slbhanblung beS correfpcnbirenben MitgliebeS $arl
ÄalfbTenner: „Seifebemerfungen aus ber 3 ip$'\ »eiche »ornehmlich bie ^)flan*
3 enmelt jenes intereffanten SanbchenS fchilbert. hierauf folgte ein Sortrag beS correfpon*
birenben MitgliebeS Sincen 3 SBeninger über ^enftcnS* unb Seichenuereine, morauf
baS correfponbirenbe Mitglieb 3ofeph © 3 <ibd über ben Sanier großen »erfteinerten
Saumfiamtn biffertirte, ben §ran 3 o. Äubinpi im 3af; re 1837 entbeeft unb betrieben hat,
unb ber 1839 »on ben ©runbbeftßern bem Sationalmufeum gefepenft mürbe. 3m »ori«
gen Saht« motlte ©raf Sofeph gorgdeh ihn für ftch auSgraben laffen, moburch ein Gon*
flict mit ben übrigen Gompoffefforen entftanb, ber inbeffen 3 ur allgemeinen 3ufriebenheit gelost
mürbe, inbem ©raf Sofeph 8 orgd<h ftch bereit erflarte, bte SluSgrabungSfoften 3 U tragen,
menn baS Mufeum bie StranSportfoften nach ?eft übernimmt. £err © 3 abo erflarte, baß
ein Transport beSfelben megen beS 3 U großen ©emi^teS nicht tunlich fei. ©eine Mei*
nung ging bahin, ben ©rafen Sofeph Sorgdch 3 U erfuchen, ben Saum in feinem GafteUe
auf 3 ubemahren. (Schließlich theilte baS correfponbirenbe Mitglieb Gmft £oHan mit, baß
er, oon ber Sth at f ac ^ e auSgehenb, baß bie ungarifchen Gifenbahnen h e $ 3 U flehen fom*
men unb menig eintragen, ein Such barüber geschrieben habe, mie man in Ungarn ofo*
nomifche Gifenbahnen bauen feilte, mie fie in ©^cttlanb üblich ftnb unb mie eine fol<he
unter Slnberem auch 3 »ifchen unb Sleupeft projectirt ift. 3 n ber ©ifcung mar auch
baS eben »cn Dftinbten 3 urü cf gef ehrte correfponbirenbe Mitglieb £err ^heobor Sufa
anmefenb.
•rrantnrnrtltdjer «tbarinu: fflr. iTeopolb SUpnetyrr. fflnukeret brr k, Wenn .Belting.
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Witter unb $umfiolbt, bie SÖegrünber ber torijfenfdjflftlidjen
(Srbfimbe.
Bon $>rofeffot 2>r. filun.
„Die @rbe ift nitfit nur ber Beben, bie ©fege, ber ©o^nort
jonbern au* bie (intuMifluncjöanftalt be 8 2)ienfd?en0ef*lec^tl. < '
(S. Kitter.
i.
@8 ift eine erfreuliche Mh a if at h e i baff bie erbfunblic^en ©tubien in ber Beu»
Zeit einer wachfenben regeren Übernahme erfreuen, baff beren ©rgebniffe al 8
ein toefentlidje§ SBoment allgemeiner Bilbung nach unb nach ein ©emeingut wer»
ben. SJian bezeichnet gegenwärtig bie ©eographie nicht al 8 eine blofj nüchterne
„Befchteibung ber ©rboberfläche", fonbem man ftrebt nach ©rforfchung ber Ur*
fachen, Welche bie bermalige ©eftaltung erzeugt; man erhebt ft<h zur Betrachtung
unb ©rtlärung ber SBirfungen unb felgen unb ift baburch bemüht, all ba 8
®e w o rbene al 8 ein ©anjeS zu erfaffen. Batur unb Btenfcpengefchichte, bie
©rbe unb ber Btenfcp flehen in innigen Beziehungen 3 U einanber unb bie ©rfor*
fchung be 8 gegenfeitigen BerhältniffeS, bet SBechfelwirfung, bie ©rhebung be 8
©angen 3 ur harmomfd)en ©inheit, — bie 8 fennzeichnet ba 8 ©tubium ber ©rb=
funbe, feitbem £umbolbt unb Bitter bie ©eographie 3 ur wiffenfchaftlichen
©eltung gebracht, bie wiffenfchaftliche ©rbfunbe begrünbet höben.
55ie ©eographie I>at, wie jebe SBiffenfchaft, eine ©efc^idjte ihrer ©ntwicflung.
SOiit bem 2Bacf)8thum be 8 geographifchen Materials ift auch bie Mljeorie ber Be»
hanblungSart gewachfen uub bie ©efcbichte ber ©ntwicflung ber geographifchen
SBiffenfchaft führt un 8 fo recht zur Grfenntnifj be 8 inneren Drgani 8 mu 8 ber SBiffen»
fchaft felbft. Snbem wir nämlich ben SebenSeutwicftungSprocefj, b. i. bie Strt, in
welcher fich ihre Snbicibualität geftaltete, wie fie ’mit anberen wiffenfchaftlichen
3weigen in Berbinbung getreten, barin gewefen ober cerblieben ift, nachweifen, —
gelangen wir zur tieferen ©rfenntnif; be 8 bermaligen ©tanbpunfteS ber SBiffen»
fchaft felbft 1 .
SBährenb oormalS bie ©eographie auf bem Boben ber einfachen Berichter*
ftattung mit bem Stempel ber Gmpirie unb Slutepfie ftanb, nahm in ber Beu»
Zeit ba 8 menfchliche Streben eine ganz reränberte Bietung nach Totalität be 8
©rfennenS, wa 8 gerabe bie wiffenfchaftliche Betrachtung be 8 ©rbgan»
gen begrünbete. ©hemalS war bie ©eographie eine unbefangene SDarfteHung be 8
unmittelbar Sfagefchauten, fie reichte übet Mopographie unb ©horographie zwar
1 Siibbe: r/ ©efcf>ic^te ber ÜRet^obolo^ie ber ©rbfunbe/
ffiBo<$tuj$rift. 1864. Bai* m. 43
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nicht fyittauS; «Dein bie 23 efd)reibung beS unmittelbar Angefdhauten, be8 Selbft»
erlebten geidhnet fidh burch einen eigentümlichen Steig, burch SebenSfrifc^e au8.
©a8 ÜJtpthifcbe unb Sagenhafte, welkes in ben älteften Seiten in bie Sd;ilberun=
gen ber Sänber unb SSölfer hineingewebt würbe, »erfdjnnnbet mit ber (Erweiterung
beS SßiffenS, ba8 auf Steifen, im frieblidjen ober feinblidjen SSerfe^r mit anberen
Sänbern erworben würbe. 3 e mehr fid> bie 9 Jtenf<hheit über ben (EtbfreiS au8*
breitete, befto großer Warb ber Schafs geographifdhen SBiffenS. Aber e8 war ein
oielfadj ungeorbnet aufgefpetdjerter Schah oon ©etailfdhilberungen, weldhe ben
©harafter ihrer Seit an fi<h tragen unb ben 33 ilbung§jianb beS 35 eri<hterftatter 8
ober 33 ef<hreiber 8 oeranfchaulichen. ©enn, je frember ber SDtenfdh bem ©omplejr ber
SBeltereigniffe bleibt, befto mehr bewegt ftdh bie ©eographie in ihren Anfängen
ber Topographie unb ßhorographie, um fo mehr wirb ber (Efwtograph g«m ©eo*
graphen >. betrachten wir 3. 33. SJtofeS, beffen ältefte allgemeine Ueberfidht ber
Sänber unb b öfter über bie ©reitgen enger ^eimatgfunbe hinauStritt, unb in ber
„SSölfertafel" nidht unbebeutenbe gcographtfdhc Äcnntniffe über ba 3 Zentrum ber
„alten SBelt" befunbet; — ober $omer, weldhen Strabo unb .JpippardhuS
ben „Urheber ber (ErbbefchreibungSfunbe“ nennen, ber bie Sänber betreibt, bie
„au8 fanftwaHenber glutfj beS tiefen DfranoSftromeS" fid) erheben, beffen „(Erb*
tafel* ©egenftanb Dielet gelehrter gorfdfjungen geworben ifi; — ober ben £>alifar=
naffier ^erobot, ber Diele Sänber breier (Erbteile burdhgogen, beffen 5 Büd>er für
bie (Erbfunbe omi unfehäfsbarem SSerthe finb; bie fd;öne treuherzige (Ergählung,
bie Aufrichtigfeit bei ber Angabe feiner Quellen, ber rege unb feine ©eift ber
^Beobachtung erheben ihn 3um S 3 ater ber ©eographie gleichwie ber ©efehiepte. gol»
gen wir im ©ebanfenfluge ben fühlten gafften ber alten hanbeltreibenben S 3 ölfer,
ben unternehmenben gelbgügen ägpptifdher, gried^ifc^er unb römifdher gelb»
herrn, oertiefen wir uttä in bie ©efänge unfterblidper ©id;ter, in benen wir
häufig bie fprechenbfte Uebereinftimmung be8 Schauplafjeö mit ber heutigen Sßirf»
lichfeit finben (wie 5. 35 . in ber „SliaS") — fo ftellt eS fid; oon felbfi h crau8 i
bafs ein fefter Sianbpunft, ein tlarer begriff ber ©eographie in ben
meiftenS fragmentarifdhen befepreibungen einzelner Sänberftrerfen nirgenbä gu finben
ift. Subem finb nur oon „gebildeten" Stationen beS Altertums benen ber neueren
3eit Äenntniffe oon ber (Srboberflädhc al8 ®ange8 überliefert worben; bie unge»
bitbeten, minber entwicfelten bölfer haben gwar eine „Äunbe ihrer Heimat", aber
feine „(Erbfunbe". Swifchen ber „Äenntnif; ber £eimat" unb ber „SBiffenfdhaft
ber (Erbe* aber — ba8 braucht wohl nicht erft bewiefen gu werben — befiehl ein
gewaltiger Unterfdhieb
Auch ba8 SJtittelatter mit feinen „bewaffneten SBaUfahrten nach ^ em
heiligen Sanbe", feinen oereingelten gahrten fühner Abenteurer ober feinen nach
Schäften fud;enben £>cuibel8reifenben, aud; ba8 SJtittelatter erhebt fidh Wähtenb
feinet taufenbjährigen ^Jetiobe nicht über ben Stanbpunft ber (Singe Ibefchrei*
1 Äapp: „'P(ilofcpt)ifd)e ©vfcfunbc." ©iiileituncc I. 6.
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bring, obwohl fid) mit biefer ^eriobe ein gang anbereS gelb ber ©rbfunbe eröjf*
net. Körner unb ©rieten waren als ©eograpljen in ben £>intergrunb getreten,
fobalb fie com großen ©chaupta|} ber 3BeItgefdjicf)te abtraten. SReue SBölfer unb
8 änber, neue ©praßen, neue Sehren unb wiffenfchaftliche ©pfteme, neue Iitterari*
f<he Quellen unb ©rfahrungen treten in ben mannigfachen formen fyerüor. ©efj*
ungeachtet finben wir feine Totalität in ber Auffaffung beS immer reii^li^er
gufliefjenben föiaterialS. ©enn, mag auch ' n fpäteren ©cf;riften „bie gange befannte
©rbe" betrieben worben fein, fo war bo<h eine folche „allgemeine" ©eographie»
nur eine äufjerlidje Bufammenmgung non (Singclfchilberungen ohne innere 33er*
binbung, entbehrenb eines leiteitben, burth ba 8 gange SBerf fich bur^giehenben
©runbgebanfenS; — furg, eS war nur ein Aggregat »on ©etailbefchreibungen
eine ©urnrne »on Sopographieen.
AllerbingS warfen »on Sahrfmnbert 3 U 3 abrf)unbert bie gefammelten ©<häfce
erbfunblichen SSiffenS. ?)lano ©arpini unb Söilhelm ». fRupSbroef giehen
als griebenS* unb @lauben§hetben fcpon um bie 9Ritte fceS 13. SahrljunbertS an
ben £of beS ßrojs=Ähan 8 unb hellen ba 8 ©unfel auf, ba 8 geheimnifcooU über bem
fernen Qriente ftd^ lagerte. Am ©cfjluffe beSfelben SahrhunbertS bringt SRatco
9 >olo materielle unb geiftige ©chäfce au 8 bem entfernteften Elften unb weift in
(Europa ben ©inn für größere Unternehmungen unb ben £anbel 8 »erfehr mit jenem
©rbtlfeile. (Etwa ’himbert Sahre fpäter fahren bie 33rüber Beno nach bem äufjer*
ften fRorbweflen ©uropa’S unb bringen Äunbe über SSlanb unb bie SReere bi 8
©rßnlanb unb SReufunblanb nach ihrer ipeimat. SRicpt minber fd^a^bare SSereid^e*
rung erhielt baS geograpfjifche SBiffen burd) bie Araber, beren Jieifeberichte fi<h
nicht feiten benen ber ©uropäer würbig an bie ©eite ftellen. Ueber ©hina unb bie
Äarawanenftra|en beS Orients unb Africa’S erhalten wir bebeutungBooUe 3Racf)=
rieten unb bie breifjigjährigen Söanberungen ©bn 33atuta’S, Welker ben @e*
birgSgürtel SübetS überfliegen unb Simbuftu am ©joliba gefe^en, flehen ungwei*
felhaft ben fühnflen ©rforfchungen ber fReugeit nicht nach- ©ie großen gortfchritte,
welche bie ©rbfunbe burch bie Ausbreitung beS ^halifenrei^eS unb burch bie Ara*
ber machte, lernten bie europäif^en 33 ölferfRatten guerft burch bie perfonliche 33e*
famttfchaft mit bem Qriente in ber 3eit ber Äreuggüge fennen unb auch be*
greifen».
3ßie 33iele8 müfjte ich fagen, wollte ich eine auch uur überfi^tli^e ©figge
be 8 BeitalterS ber großen ©ntbecfungeit geben; wie gro§ finb fernerS bie gort*
fchritte nach biefer SRicbtung feit ber Beit ber ©rfinbung be 8 ©ompaffeS bis gu
ben ©rbumfeglungcn in unferen Sagen! Unb bann erfl bie unternehmenben 6 r*
forfcpungSgüge tief in bie 33innenlänbcr hinein beS alten unb beS neuen ©onti*
nentS! 2Bie fie auSgogen als ^ionniere ber 3Biffenfchaft, bie geifligcn ©roherer, bie
muthigen gelben beS ©laubenS unb ber SBiffenfchaft, in bie Urwdlber Ametica’S
unb in bie brennenben ©anbwüjien 3nner*Africa’S, in bie ©teppenlanbfcpaften
4 SHitter:
n
@efcf>icbtc bet <£rbfunbe unb ber (Sntbecfungen." ^Berlin 1861 .
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676
äfienS uttb in .bie eben fo gigautifche als majeftätifdje GebirgSwelt, welche gurtet«
artig lie GangeS«9tieberung »on bem ^od)ften welligen $)lateau bet Grbe fdjeibet,
in bie traurigen, »on häfdidjen Stujtratnegern burdjjtreiften Ginßben beS Gon*
tinentS non 5Reu*$oflanb. Unb überall begegnen wir beutfdjem UnternehmungS«
unb gorfchergeifte. ©ort, wo „bie htybrographi|d) e fRiefengeftalt beS SDlatanon, faft
ungebänbigt oon ber £>errf<$aft beS SJtenfdhen, fcurd) bie am reichten auSgeftattete
SJtitte ber fübamericaniichen Stropenwelt fi<h auSftrecft" >, bort, wo jenfeitö beS
wilben engebirgeS an ben Ufern beS SaljfeeS in phantaftifcher Verblenbung
religißfe ©ectirer ein „neues Serufalein" bauten, unb in ber Slbgeidjtoffen^eit ein
neues „Jpimmelteich auf Grben" grünben mosten, unter ben ©olbfu^ern im
S^ale beS ©acramento, an ben Ufern be§ S£fab=©ee 8 am ©übab^ange ber
größten SBüfle ber Grbe unb in ben gahllofen Slegerftaaten, welche ben füblidjen
Gürtet ber ©d^ara oon ben Quellen beS öliger bis hinüber 3 U ben Siilquellen
unb bem üüpenlanbe oon £abefch bilben, in ber Gapftaöt, auf ber fähigen
tpodjfläbbe 3ran8 wie auf ben ©djiteefelbem beS »ulcanifd)en ©emaoenb, in
ben parabiefifdjen Sanbfd^aften beS 9>enbjab, in ben Jätern unb auf ben
£öl)en beS mä^tigften GebirgSjugeS ber Grbe, beS ^immalapa, an ben Ufern
ber <jf)inefif<$en 3wiDiingSftröme, auf ber Snfelwelt SlfienS wie auf berjenigen,
welche als 33 tüde bienen foll über ben grofjen Qcean, auf welker ber cioilifato«
rifd^e Söerfe^t gwifchen Dflafien unb SBeftamerica ein^erfc^reiten wirb, in ben
fanbigen, wafferarmen Gbenen ÜReu^olIanbS, unter allen Älimaten, unter faft
allen Stammen unb Vßlfern ber Grbe finben wir beutfc^e Sorfdjer, beutfcbe ÜJtif«
fionäre; überall treffen wir ©puren, weldje beutfcbe SBiffenfchaft, beutf^er Unter«
nebmungSgeift, beutfcbe Sbatfraft unb SluSbauer fegenSreich gurücfgelaffen, oon
allen Sh e *kn ber bewohnten Grbe laufen beutfcbe Seridjte ein unb finben wiffen«
fchaftliche Verarbeitung in ©eutfchlanb. ©ie oon beutfdjen unb fremben (nament»
lieh eng(ifd)en) Uieifenben gefammelten ÜJlaterialien finb hauptfächlich »on beutfdjen
Gelehrten „p^itofo^ifd^" »erarbeitet worben unb biefe „pljilofophifche ®eratbei«
tung" beS geographifd;en ©toffeS ift eben bie „allgemeine »ergleichenbe Grbfunbe",
welche baburd), b. i. burch bie philofophifche ^luffaffung unb ©arftellung beS ge»
fammten SOiaterialS, ju einet beutfchen SBiffenfchaft geworben ift. Sticht fo {ehr
bie burch beutfche SReifenbe erhielte Vereiterung beS SBiffenSfchajjeS, als »ietmehr
bie wiffen fchaftliche Vehaitblung unb ^Bearbeitung aller gufliefjenben geo»
gtaphifchen SOlaterialien ift eS, welche biefe ©iSciplht, „bie allgemeine »ergleichenbe
Grbfunbe", als eine beutfche SBiffenfchaft erteilten läfjt, angeregt unb
begrünbet burch beutfche §otf<her, erweitert unb »erooHftänbigt burch beutfche
Steifenbe, enblidt> bearbeitet unb auSgebilbet »on beutfchen Geographen. 3«h r f“ r
3ah» mehren fich bie eingeiammelten ©c^ä^e, 3aht für 3ahr wächst bie enorme
fölaffe beS juftrömenben Materials unb fd)on »erfchwinben »ielfach bie. weiten
leeren ©teilen auf unferen Banbfarten. Gin Sahrgehnt leiftet gegenwärtig mehr,
als »orbem Sahrhunberte geleiftet haben.
1 #umfcolbt: w !Keifen in ben Beqninoctial ©egenben America*.
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677
33iefe (Erweiterungen unfcreS geograph>f<hen SBiffenS finb jeboc^ mit manchem
hoffnungsreichen Beben treuer erfauft worben. GS ift nic^t meine Stufgabe, jejf
eine ©figje bet bebeutenben Steifeerfolge gu geben, welche wir beutföen unb eng*
lif^en gorf^ern »erbanfen; ober mich in eine SBeleudjtung ber ©efahten, 9Dtüh=
feligleiten unb JDrangfate eingulaffen, mit welken jene Grfolge erfauft worben
ftnb. 3$ erwähne nid^t beS eblen SluteS, welches in .fjoebafien unb in Gentraf*
Slfrica fühne ^orfd^er ber beutfefjen Station in ber S3lütf)e ifjrer 3a^re im ©ienfte
ber SBiffenfdjaft »etgoffen haben: — aber eS ift unfere fPflidjt bei einem 23ltcfe
auf bie gewaltigen Grobcrungen ber SBiffenfchaft in unferem 3a^rf»unberte, bei ber
SSetrachtung unb bem geiftigen ©enuffe ber grüdjte auch ber wadferen Kämpfer
im fDienfte ber 3Biffenf<haft unb beS ©laubenS, ber ebfen, in SBegeiferung für
bie ^ö^ften Sntereffen ber 5Ren[cf)f)eit ©efallenen, banfbat wehmütig gu gebenfen.
Stach bieten flüchtigen 3ügen, welche ben ©tanbpunft meiner folgenben 33e*
Pachtungen nur leidet anbeuten tollen, gehe ich an bie Seantwortung bet grage:
3fl ob ber gewaltigen SJtaffe geograp§ifcfyer SJetailfenntniffe, über wetd^c bie
SBiffenfdfjaft gegenwärtig »erfügt, auch bie Geografie als 2Biffenf<haft auf
einen anbern ©tanbpunft getreten? ©teht fie noch immer auf bem anfänglich begeich*
neten ©oben einet bloßen Topographie unb Ghotographie, nur * n erweiterter
gorm, ober hat fie fich wirflidh oom btofj aggregatioen ©tanbpunfte auf einen
allgemeinen, ^tfofo^ifdhen, wiffenfchaftlidhen erhoben?
3 a wohl fleh* b‘ e ©eograpfie gegenwärtig auf einem anbern ©tanbpunfte
als chemalS; fie hat fich com re ‘ n aggregatioen ©tanbpunfte gum wiffenfdhaft*
liehen burdhgearbeitet. SRitter erfaßte bie SSreite unb SJtaffe ber Grfcheinungen, bie
Totalität beS aufgefpeidherten SJtaterialS unb „gwang biefc pofitioc 3Biffenf<haft
3 um ^^ilcfo^^iren", wie er fi<h felbft auSbrücft. Witter begeidjnet bie ©cographie
als „bie SBiffenfchaft ber irbifdb=erfüHten Staunroerhältniffe", als „ben an bie
9täumli<hfeit beS platteten gebunbenen ©ebanfen". Siitter’S S3ehanblungSweife beS
erbfunblichen ©toffeS ift eine oon ben früheren 33ehanblung8 arten Wetcntlidf) »er*
fdhiebene. 3Bie auS bem 33orangehenben erfichtlidh ift, war ber frühere ©tanbpunft
jener ber unmittelbaren gerichtet fattung; — {Ritter aber feilt fich auf ben ©tanb»
punft bet Steflejrion, alfo auf einen philofophirenben. ©effafb fann bie „allgemeine
oergleidhenbe Grbfunbe" auch bie „^iloto ppifdhe Grbfunbe" genannt werben. „SW*
gemein“, fagt {Ritter», wirb bie Gtbbefhteib ung genannt, nicht weil fie SlUeS gu
geben bemüht ift, fonbetn weil fie ohne Stücfficht auf einen fpeciellen 3wedf jeben
Theil ber Gebe unb jebe ihrer formen, liege fie im glüffigen ober auf bem gefen,
m fernen SBelttheil ober im SSaterlanbe, fei fe bet ©chauplafc eines GulturoolfeS
ober eine SSBüfte, ihrem Söefen nadh mit gleicher 3£u fmerffamfeit gu erforfdhen be*
müht if; benn nur auS ben ©runbtypen aller wefentltchen 23tl bungen ber Statut
fann ein natürliches ©Aftern ^erooegehen. „?>hhftfalif ch" wirb biefe SBiffenfcpaft
genannt, weil in ihr »on ben Statur fräften bie {Rebe ift, infofeme fie im Staum«
1 SRitter: „©tbfuitbe.* I. 33b.
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678
werfen, Befiimmte formen Bebingctt unb 33eränberungen hetBorbringen. 3nbefj fann
hier nicht Blofj Bon ben Sirfungen mechanifchcr unb (^emtfdjer, fonbent audj non
otgänifchen unb minber Berechneten Äräften unb SSirfungen bie Sftebe fein, bie nur
in ber 3cit jtch offenBaren unb auch in oerftänbige unb fitttiche Sßaturen eingehen.
Saturn ift ber herföntmliche 9lu§brucf @eograpf)ie" als eine 3 U enge
©phärc Be§ 33egriffcS, ber ungebräuchliche, fich ihr mehr nähcrabe „phpftolo*
gifche ©eographic" als frembartig unb nielftnnig weggulaffen, baß SBefen ber»
fetBen aber bur<h gwei Begeichnenbe SluSbrücfe angebeutet werben. „33ergleichetib"
wirb fie 31 t nennen Berfucht, in bemfelben Sinne, in welchem anbere Bor ihr 3 U
fo Belehrenben SiSciplinen auSgearBeitet worben finb, wie oor aßen 3 . 33. bie
»ergleithenbe Anatomie. Sir fte^en in unferet Äenntni§ ber ein 3 elnen Steßen be 8
(SrbrunbeS wenigftenS hie unb ba febon auf bemjenigen fünfte, Bon welchem aud
bie 33ergleichung analoger formen unb SirfungSarten möglich ift. «$>at hoch f<h<m
£erobot biefe 3 bec für bie ©eogtaphie angebeutet unb fie gro&artig gur 33 er=
gteichung Bon £pbien unb Europa (II. c. 33) burd) ben SRiger unb ben Sfiet
angewenbet.
©oß nun bie Slnorbnung ber geographifchcn Shcttfcicfjctt 31 t einem natürlichen
©pfteme führen, fo tnufj fie einen angemeinen haltpunft, einen ibealen hinter*
gtunb haben. @8 werben fomit bie Borhanbenen Materialien — beten Äenntnifj
Begreiflicherweife in giemlichent Umfauge BorauSgefejjt wirb — gufammengejieflt,
fie werben non Betriebenen ©efichtSpunften au 8 Betrachtet, ctngclne $)artieen ein*
anber gegenüBergefteßt, terglichen, unb bie ©ummc ber gegebenen (Stfcheinungeu
unb SirhtngSarten führt fobann gut aßgemeinen (Sinficht in ba 8 ©efejj, welches
Borerft -£)ppothefe ift unb eBen burch bie Äritif ber SBahrheit be 8 (Singelnen Beftä=
tigt wirb.
Stuf biefem ©tanbpunfte ift bie ©eogtaphie nun nicht mehr „ein Aggregat
Bon Äenntniffen au 8 bet Slftronomie, ber ^' r gefammten SRatnrwifjenfchaft
unb @ef<hi(hte f in welker (Sigenfdjaft fie Bei ben ßlaturforf^em unb ^iftorifem,
früher bei ben Mönchen unb ber claffifchcn ^P^tlolccgie, bann Bei ben ßettungS*
tefem in Sienfte ging, fonbent fie ift au 8 ber Änechtf^aft erlöst worben gut
Freiheit wiffenfchaftli^er ©elbftftänbigfeit. Sie ift frei geworben burch bie (Srfennt«
ni§, ba§ ba, wo ein SeiB ift, auch eine ©eele, bafj ba, wo eine ©cele, au$ ein 8 eib
ift, unb ber ©tem wiffenfchaftli^er (SBenBürtigfeit hat nunmehr ba 8 Sunfel be 8
abjtracten SualiSmuS burchbrochenSen Seutf<hen, ben Schöpfern ber fpecula*
tioen 5 )h^°f°h^ e » war oorBehalten, auch bie ©eogtaphie auf ben fpeculatioen
Stanbpunft gn erheben, unb einer Bisher tobten SiSciplin burch bre ©rfenntnifj
eines Bon ben cotoffalfien Simenfionen Bi 8 in bie Keinfien Dtäume hinburchgehen*
ben DtganiSmuS unfereS (SrbförpetS, unb burch baS Slufftnben unb §efthalten ber
33egiehungen ber Statut gum ©eifte, bie ibeale ©eite aBgugcwinnen
SieS finb bie gwei ^auptrichtungen ber aßgemeinen Bergleichenben (Srbfwtbe:
einerfeitS bie (Srfemttnifs beS Organismus unfereS ©rbförperS als ©chauplafc ber
1 Äapp: „$h«#f- ©tbfunb?." I- 21 .
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679
Statur, anbererfeitS bie Segnungen ber Statur gum ©eifte, ober ba§ Sef ält»
nifj be8 ©rbtorperS gum SDtenffengefflcfte; gwei Stiftungen, weife in 91. ».
• ^pumbolbt unb Ä. Stitter ifjre Sf Opfer unb ©raget finben. „3n ber @e*
fammfeit ber Statur" fagt Stitter, »treten bie ©inwirfungen ber tetturiffen
Sinorbnung beS Planeten unb feinet Sef ältniffe überall fjercor, ba er gunt Sfau=
plafc bet Statut unb frer Äräfte, wie gum ©raget ber Söffer oon Anfang an
eingeriftet warb, a(8 Heimat, SScfmort unb temporäre GntwicflungSanjialt für baS
SJtenffengeffleft, baS cfyne biefe Sebingung nift gebaft werben fann." ©ie
Sfoflöfung biefeS allgemeinen ScrfyältniffeS in feine Sefonbcrljeiten ijt nun Stuf»'
gäbe ber SBijfenffaft.
Senor if an eine Serglieberung biefer Siufgabc ff reite, will if rorerft bie
oben angebeuteten .fjauptriftungen furg ffiggiren.
©ie ^rincipien ber neuen Sfule, b. i. ber allgemeinen »etgleifenben Grb»
funbe, laffeit fif auf gwei leitenbe ©runbfäfce gurücffüfyren. ©er eine bebingt eine
gang neue 9lu8wa$l unb ©ruppirung beö Stoffc§, ber anbere eine neue Sefyanb»
lung8= unb ©arfteflungSweife
©ie geograptyiff en Objecte gerfatlen nämlif in gwei Steifen, ©ie crjte Steife
umfaßt bie urfprünglif non ber Sorfeljung gegebenen, rein natürlifen ©egen»
ftänbe unb 3uftänbe, ©rff einungen unb Serfjältniffe be8 ©rbforperS; alfo bauembe,
conftante Objecte, ©ie ©rbe wirb als pfjpfiff et Äörper aufgefafjt unb beffen
©igenffaften unb ©rffeinungSfermen bargelegt, ©ie gweite Steife umfafjt bie
unter bem ©inwirfen beS SJtenffen fünftlif entjtanbcnen, alfo oariablc Objecte,
unb bie Sctraftung biefer Objecte gefialtet fif gut Staaten- unb Sölferfunbe
nebjt ber ©opograpf)ie. ©ie alte geograpfyiffe fDictyobe fyatte bie erfic Hälfte beS
geograpfjiffen SBiffenS ebenfo nemaf läffigt, als fie bie gweite flcifjig unb etff ö=
pfenb befyanbclte. Sßiclcrlci Umftänbe, inSbefonbcre ber läufige SScffel in ben
ÜJiaftoer|ältniffen bet Staaten, wiefen jebof auf bie Stotfjwenbigfeit einer ©ar=
ftellung bet ©rbe naf freu bleibenben, weil natürlifen Ser|äftnifjen |in. ©ie
neue Sfule genügte biefem bereftigten Serlangen naf Sleibcnbem im SScffel;
fie mafte, burf bie neuen gorffungen unb ©ntbedungen bagu in Staub gefegt,
bie p^fiffe ©eograp|ie gum ©entrum ber SSiffenffaft; fie bewies, bafj bie ftati=
ftiffen, topograp|iffen (ober gar |iftoriffen) Stetigen u. bgl. mit ber ©eogtapfiie
als SBiffenffaft niftS gu t|un Ratten. 9ln bie Stelle be3 überflutenbcn ©etailS,
ber ungeorbneten SJtaffe non »ÜJterfwürbigf eiten" ber oielfeitigften (mitunter faft
läferliffien) 9lrt treten nun bie ewigen Serge ©otteS mit frem inneren unb
äußeren Sau, bie ©rünbung unb ©eftaltung bet ©ontinente |er»or; e8 ijt ein
neues, ein gangeS Silb. Sßo bisher nur ba8 ©ebäftnifj in bürrem Stotigenftaube
fif abgenrift |atte, trat jejjt bie Cfnffammg unb ©ombination in fr 3teft unb
in fre Aufgabe ein.
1 Stagei: „Sauber uub 33ö(fer ber ©rbe."
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680
Sie alte SRetfyobe erging fiCf in a^oriftifi^en, eereingelten 9Jtitt^ci(ungen,
unb boch finb gerabe bie geogra^ifcfjen Segrijfe meift relatie, welche erft bur<h
Sergfeichmtg einen anfcfjaulichen ©imt erhalten. „Unläugbar ift bie ©eograph« *
baß Sluge ober bet ©djlüfjel ber ©efchicbte, unb eine gefcf>icf)ttid)e GcntwiCfelung
regtet 91 rt hat eben fo beftimmt auf geograpf)ifcf)et ©rmtblage gu ruiien, alß bie
geogra^if^e Sßiffenfdjaft ber ©egenwart eß für ihre t)öd)fte Aufgabe hält, ^arafle»
len gwifchen geographü<hen Serhältniffen unb gerichtlichen ©ntwicfelungen gu
gieren." ©ine geiftoolle SetraCftung 9i. Sagel’ß möge ^ier einen ^(afj finben
'„SRan erfennt leicht an bet ©eftalt beß fo oielfacf) ficf oerengenben unb wieber
fich crweiternben SJlittelmeereß, welCfeß brei SBelten unter einem milberen, wärme«
ren ©üben oereint, we^alb um feine ©ejtabe baß Sölferleben guetji geblüht,
wefchalb an feinen Ufern ber ©i{j bet SBelt^errfcfiaft war, folange baß weite offene
SJleer noch alß graufe SBüfte galt; erfennt man bod) bei febem biefet Söffer feinen
gerichtlichen ©^arafter gleidjfam in feiner Sanbeßnatur ausgeprägt. Sen bumpfen,
abgcf<hloffenen, im Äaftenwefen oerfteinten 9tegppter mit feinen Sobtengebäuben,
wer fie^t if>n nidjt leibhaftig in bem langen, fcbmalen, fargä^nlitfjen haften beS
Siltpaleß? Sie feefahrenbett, „weitgereisten* ^h^nigier, wet ni<ht, wie fcbon ihre
fehmale, oom fruchtbaren Sinnenlanbe burd>8 ©ebirge abgefchnittcne, h a f eRre i ( h e
Äüjte fie gum SJtcere trieb? Sie üppige SBcltjiabt Sabel, liegt fie nid^t im
beftbewäfferten, fru<f)tbarften 3wiQingeftrom(anbe, but<h ben mächtigen ©trom mit
bem Hochgebirge unb bem perfiden Sinnenmeere, ja baburdh mit bem fernen
inbifchen Sßunberlanbe »etbunben? Saß „außerwählte ©otteßoolf", oon bem baß
Heil außgehen foHte in alle SBelt, wohnte cß nicht am Sufammenftofj gweier SBelt*
theile, führen nicht oon bort gwei enge Sfteere na<h bem fernen europätfChen SBeften
unb bem afiatiichen Dften? Unb boch ift eß nach allen ©eiten butdh ©ebirge,
SBüften, feinblidhe jfüftenoölfer abgefdjnitten. Saß maffioe 9lei<h beß eblen ^)er»
ferß, wie er alle bicfc Sanbc, wie er felbft Snbienß gluren beherrfcht, wie er fich
felber alß baß ebelfte Soll crfcheint unb alle anberen für befto fehlerer hält, je
weiter fie oon ihm entfernt finb, wer erfennt eß nicht an ber h»h en » ftoljcn Sage
beß maffenhaften Scan über bie Sieflänber ringsherum? Saß gu fo reicher, oiel»
geftaltiger Snbioibualität entwicfeltc Solf ber Hellenen, baß aber immer uneinß,
gulefct an ber Uneinigfeit gu ©runbe geht, wer erfennt eß nicht an ber fo f<hön
unb reich geglieberten, ja fafl gesplitterten ©eftalt feineß Sanbeß, bie bem fübli*
Chen Sh e *fe f°8 at ^ en Slawen beß SKaulbeerbtatteß (ÜJlorea) oerliehen? Somß
Seruf gur HerrfChaft über Stalien, ja gur HerrfChaft über bie Sänbet beß SBtitteU
meereß ringßum, wer fieljt ihn nid>t oor 9lugcn, wenn er wahmimmt, wie jene
fchlanfe italienifChe Hatöinfel P<h f° fierabe in bie SDtitte beß SWeereß hinein erftreeft,
wie 9tom fo recht in ber SOtitte bet Äüfte bet Hnlbinfel liegt, nach weldjer ft<h
ihr größter glufj ergießt?" SÖie treffenb haben S. (Sotta unb Äu^en bie Se*
giehungen beß ©runbeß unb Sobenß, auf welchem baß beut}(f>e Soll fich «ntwicfelt
hat, gu eben biefer (Sntwicfelung unb gu feinem Sehen, fo wie gum ©ntwicfelungß«
1 Klagt l: „8Snbtr unb ®ötftr btr 6rbt."
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gange bet @ef<$i<$te überhaupt nachgewiefcn; wie geiftBoK unb jutreffenb ftnb fo
»tele Setradhtungen beS großen beutfdhen fReifenben 23arth, ob erben 3ufammen*
hang jwifdhen fRatur unb SRenfdh in STfrica ober in ber europätfcf)en üürfei in
unwiberlegbaten J^atfa^en nadhweifet. „Sie Stbhängigfeit ber geftaltlidhen 23er=
hälhtiffe ber (Srboberflädhe Bon ber ftofflidfjen ßigent^ümlidjfeit ber Grbe ift außer
3weifel unb meift tn fo beftimmter SSeife Borljanben, baß Biele 23erhältniffc burdh
jene 35erudffi^tigung erft üerftanben werben fennenUm ba 8 £ö<hfte gu fagen,
bie Setradhtung ber Gerbe fann, nacf) fRitter, nie eine retigiöfe unb erßebenbe
fein, wenn bie ©egenftänbe in ber 33efonberheit unb Slbgefcploffenheit fte^en
bleiben.
©o Betfährt bie neue ©djule in mannigfachem Sinne Bcrgleidhenb, unb bie*
fefl SRerfmal ift fo wefentlidj, baß bet SluSbrucf „Betgleicßenbe <5rbbefe^reibung"
begrünbet, bte Schule felbft baburch gefennjeidjnet ift, baß ber Unterfdjieb awifdhen
bet alten unb neuen Schule Bon felbji flar ^er»ortritt.
SMefen großartigen Umfdhwung Berbanlen wir Bomehmiich ben beiben oben*
genannten Scannern, Äarl JRitter unb Sllejranber Bon ^umbolbt.
$ic f. f. Stubienöibliotfjef in £aibad) \
S3on f), u. Wabirs.
©leicß intereffant burch bie ©efchichte ihrer (Sntftehung fo wie burdf) ihren
Snhalt, ber befonberS für Slaoiften non S5ebeutung, ift bodß biefe Sammlung
bisher feiner foldßen ^Beachtung gewürbigt worben, als fie eS in ber Sf;at
Betbient.
S>ie 8 fomrnt gumetft baher, weil bie Schäfte biefer Sammlung noch immer
nidht berart gurec^t gelegt finb, baß fie ben faßrenben gorfdhern im SRomente in
bie Ülugen fallen fönnten; nur längerer Umgang mit ißnen. ja eigenes Sluffud^en
berfelben in ben Berßedfteßen SRäumen, führt gu einer anndhernb genauen Äcnnt*
niß ißreS SBorhanbenfcinS.
3)urdh mehrere 3ah re i® ^ er Sage ben SJtanufcripten unb älteren ©rudfen
gurn 3®erfe ber ©rforfdhung h^rmatltd^er ©ejcbid)te in h®lbBergeffenen Stellen unb
gaben nad^ufpuren, gewann idß einen Ueberblicf über bie 3Jtenge unb ein Urtheil
über ben SBerth beS hier faß bntdhwegS nodh unbenüftt erliegenben SRaterialS.
SDie Aufgabe für nadhfolgenbe Seilen foH fein/ in ein paar Umriffen ein bei*
läufiges S3ilb unferer Stubienbibliothef 3 U geben unb „ferienreifenbe" SRänner bet
SBijfenfdhaft gu ihrem 33efu<he eingulaben.
1 Äufcen: ,33a« beutfdje 8anb." SBorwort V.
1 Siefer Stuffaft ift ber Sßorläufet einer größeren felbftftänbigen Slrbeit über biefe 33ibtio-
ttyel, tteßtjaib au cp hier feine Duellencitate gegeben futb.
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682
©ie „weiten SRöndhe®, bie ©iflerjtenfer ton ©itti<h (gegrfinbet 1135) unb
Sanbflraj) (gegrfinbet 1249), bie im fyügelreidjen Unterfrain bie noch fyeute ihre
$)flegeBäter Berrathertbe fRebe gro^ogen unb bie anrainenben 9lbhange hinunter in
Weitgeflredften Seppichen bie iippigften ©aatfelber ftaufen, fo wie bie Äarthäufer
ton greubenthal (gegrfinbet 1260), bie in ben Urwälbent SnnerfrainS ben
©törcnfrieben bc§ STcferBauerS, ben SBäreit unb SBötfen nadjjagten, fie «He ruhten
in ben wohnlichen 3etlen i^rer ©tifte Bom toH6ra$ten Sagwerfe gerne bei ben
geglichen unb weltlichen Sötern au8, bie ihnen i^re SOtitBrübcr funftooH mit ber
gebet gefertigt. @8 bezeugt bie SJienge ^anbfdhriften, beren 3uflänbigfeit nad)
bem einen unb bem anbern ber ©enannten wir nadjweifen fönnen, bajj auch bei
un8 frfif> 3 eitig eigenS angelegte Sibliot^efen bejlanben paben. ©tefe blieben
bis jurn ^Beginne ber ^Reformation bie einzigen im Sanbe unb fammelten, als ba8
Schreiben ber Sficher burcfi ©utenbergS Äunft in SIbgang gefommen, eifrig bie
fProbucte ber ©enctianer unb ^»arifet ©rucfereien, unb mancher „Henricus Ste¬
phanus“ nahm feinen Söeg auch nad) Ärain.
9(18 bie frainifepe Canbfd^aft, al8 foldje in uberwiegenber SRajorität ihrer
©ertreter offlcieH gum Sutfiert^ume fibergetreten, um 1563 eine eigene eBangelifdh»
lateinifdhe ©d;ule cinricptete, fo fcplofj fie baran bie ©rfinbnng einer „feinen
öffentlichen SBibtiot^ef" junäepft jum ©ebraudje ber ©(pule, bann für bie ^räbi»
canten unb ©antoren unb fcpliefjlich ffit alle SDiitglieber ber ©emeinbe.
©c6 Bor ben ©erfolgungen bei fatpolifcpen ©leru8 au8 Ärain geflüchteten
^Reformators ehemaligen ©omperrn ^rimuö ©ruber ©ficperfammlung, bie et
in feinem $aufe in Saibacp jurficfgelaffen unb bie er nachher ber Sanbfcpaft ge»
fdpenft, bilbete baju ben ©runbftcin, ben SBeiterbau beförberte bie Sanbfchaft
burdp wieberholte 9lnfäufe nach ^ cm 2obe ton ^räbicanten unb Septem.
9lu<h eine anfehnliche ^rtBatbibliotpef gab e8 um biefe 3eit in Saibacp, bie
bei gelehrten £ann8 ÄpiSl ton Äaltenbrunn, bei ©iograppen £>erbarb YIII. Bon
Sluerfperg, bie bem bamaligen fRector ber Saibacpet ©dpule, bem ^>^ilo!ogen
5Ricobemu8 grifcplin, bei Stbfaffnng feiner „Strigilis grammatica“ fo wefeut»
liehe $iilfe geleiflet hat.
9118 bie ©egenrcformationScommiffion ihr 23erf begonnen, welches burdh ein
9lutobafe' mehrerer ©Sagen boH lutherifdher Sucher inaugurirt würbe, bie in ber
eifigen ©pomaSnacpt bei SapteS 1600 auf bem Saibacpet .^auptplape aufloberten,
ba entfpaim fiep balb ein heftiger ©treit jwifdpcn ihr unb bet Sanbfchaft, inbem
fie »on lepterer bic 9fu8liefetung ihrer ©ibliotpef an ben Sefuitenconoent cerlang»
ten, wa8 jebodh bie ©tanbe ju thun fi<h partnädfig weigerten, ©ine anfehnliche
3ahl »on 9lufträgen unb JReplifen über biefen ©egenflanb bewahrt ba8 lanbfdpaft-
liehe 9lrdhio. ©ie ©ntfdheibung erfolgte enblidh ton ©eite ber ^Regierung bahin,
bajj bie ©ibliotpef bennodh auSgefolgt werben mufte, unb awar an ben ©ifcpof
ton Saibadh, ber bie ©fieper fammt unb fonberS auf feine £errfdpaft ©berburg
in ber untern ©teiermarf fepaffen lief).
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683
©o war 8ai6ad) baS gange 17. Safjr^unbcrt ^inburcf) ofme eine öffentliche
Sibliofhef. 9)tiuatbibliothefen entftanben in biefem 3eitraume wohl, unb gwar: bic
bet Sefuiten, bie aber beim 33tanbe beS GoßegiumS ein Staub bet Stammen
würbe: bie gräflich Stuerfperg’fcfjeunb bie fdjene unb wohtgewählte, in ihrem
Slbfchluffe an 10.000 Sänbe faffenbe Sammlung beS ebten Srähemt SSeifhart
»on 33aIraf o r, bcö 33erfaffer8 ber „Gh re beß .»pcrgogthumS Ärain", bie berfetbe
auf feinem reigenben Schlöffe (Bageneberg angelegt unb bie nachher, »on ihm
felbfi in Seiten ber 3Roih loSgcfchtagen, Icibcr aujfcr SanbcS (nach Stgram)
wanberte.
Grft gu 'Gitbe be8 SahrhunbcrtS Jam bic £>auptfiabt wiebet gu einer öffent»
liehen 33ibliothef, unb gwar burch bic ®elehrten=©efcßfchaft ber ßperofen.
Siefe im Saljre 1693 nach bem 33orbilbe ber bamaligen italiiehen gebtl=
bete „3tfabemie", beren Senbcngen auSgefprochen iriffenfcfjaftlidhc waren, h a *le
nämlich in § 8 ihrer Statuten bie (Errichtung einer 25ibliothcf beftimmt, bie benn
auch gu ©tanbe fam unb fid; an bie rom SBifc^of ©igmuitb ©rafen eperbetften
im Sereinc mit mehreren tSfabcmifern geftiftete abelige ©chule, an baö Goßcgium
Garoline-fRobilium anfdjtef;. 31(3 baö genannte Goßcgium fid) auftöSte, ging bie
3Bü<herfammlung ber fepon früher aufgelösten £)perofen=©cfcflf<haft, befonberS
intereffant burch ^ en gangen h fl nbf<hriftlichen SRac^Iafe beS Tramifd^en Spiftorio*
graben .fpanä Gregor Shalnitfdher »on Shatberg, in ben 33efijj beö fürftbifepöfa
liehen tpcDlogiicpen Seminars über, wo fie noch gegenwärtig,bewahrt wirb.
3118 bie gtoffe Äaifetin SJtaria & p e r c f i a 1767 bie ©efeflfepaft bc8 9lcfet=
baueS unb ber nüplicpen Äünftc für Ärain inS 8cben gerufen, bie fie bann fort
unb fort in liebeoofler >Dbforge behielt, ba wu^S bei biefem, gang befonberö bie
lanbwirthfchaftlichen SSerhältniffe in8 9luge faffenben 33ereine gleicpfaßS eine an»
fehnli<he Sibliotpel heran, welche, al8 auch biefe ©efeßfepaft aufgelöst würbe (1787),
ins ©igenthum ber Herren ©tänbe überging.
Ser fo aufjer ©ebrauch gefegte „Sücpctpaufen" gefeßte fi<h gu benen ber
1782 aufgehobenen Älöfter beS 8anbe8, unb eS warb nach einigen Sah« (1788)
bie SSetgeicpnung biefer litterarifchen ©cpäpe »on ©eite ber (Regierung anbefohlen.
Srang SBilbc, bamaliger Seprcr ber ^>b)ilofof?h^ c un b Sirector ber ppilofo»
pptfepen Saprgänge am 8aibacper 8pceum, erhielt ben begüglichen 3luftrag.
Sie Sammlungen, beren eingelnc ©tücfe SBitbc burchgehen unb »ergeiepnen
muffte, waten 1. bie ber 3lcf erbaugefellfcpaft; 2. bic Äarl »on ^eer’fcpe,
bem ©taate gugefaßene ^ricatfammlung; 3. bie ©itti<her; 4. bie 8 a i b a cp e r<=
3(uguflinet; 5. bie Sefuiter; 6. bie Sanbftrafjer; 7. bie Sreubentpaler;
8. bie 8aibacher SiScolceaten unb 9. bie @er»iten=33ibliothef in
Spbein (Suino) — aßeS in aßem 19.415 Sänbe.
SBilbe fchieb bie Suplicate auS, Welche fofort gut 33erf%eigetmtg famen, wobei
fehr gu bebauem ift, bafi gugleich auch »iele Carniolica »erfchlcubert würben, fo
1 3>ergl. meinen Sluffap übet biefe Sammlung, im 3^*8- 1868 biefer 3eitf<prift, 9tr. 46,
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3- 35. B 33alBafor8 SBerfe" (comptet 4 Sänbe) um btei ©utben*, fortirte bie
unbrauchbaren unb regiftrirte bie brauchbaren 33üc^>er in bie betreffcnbcn gächer.
Räubern bet Orbnet ben amtlichen SSerid^t übet feine Arbeit Borgelegt,
wollte man, ba eben bet hohe Auftraggeber Äaifet Sofeph bie Augen gefchloffen,
bie lejjten, ©nben feines ©rabtucheS über unfern 33ü<herhaufen ziehen.
55a ift eS bie frainifche Banbfdhaft, bie in ihrer „allerunterthänigjien 33or*
ftellung ddo. Saibach auS bcm Sanbtage 27. Sufi 1790" bei ber üthronbefleigung
Äaifer geopolbS unter anberem auch ihr ©igenthumSrecht auf bie fchon „Bpceal*
bibliothef" getaufte, aber noch nidjt aufgeftelfte (Sammlung geltenb macht unb ihren
Buftanb als einen „oenoirrtcn" fchitbert, „inbem fie ohne Aufficht, ohne Rufcen
bahin mobete unb ihre jwecfmäfjige ©inrichtung nergebenS erwarte*. 55ie8 wirtte.
3m Sahre 1791 erfolgt nun bie faiferliche Reiolution, bah am Saibacher gpceum
eine öffentliche 33ibliothef errichtet, ihr baS jweite Stocfwerf beS Sdjulgebäu*
bcS eingeräumt, bie Aufficht unb Leitung gegen eine Remuneration übet ben
fpjtemmäfiigen ©ehalt bem genannten ^Jrofeffor SBilbe übertragen unb 3 U fort*
währenber ©rljaltung eine jährliche «Dotation angewiefen werbe.
3m Sahre 1793 wirb baS Öefe^immer eröffnet
©8 bauert nicht lange fo erhält bie Sammlung einen neuen 3uwa<h8 unb
jwat einen fehr toerthBofleit, faft lauter „Unica“, Schriften bet Reformatoren
trüber, 55almatin unb SJohorifch unb ber weltlichen frainifchen Schrift»
fteHer beS 16. SahrhunbertS. 55ie Sanbfchaft fuc^t nämlich, ba bie SibliothelSfrage
eine brennenbe geworben, in ihren alten Schriften nach unb, fiel>e ba, eS fallen
ihr bie 33ethanblungen mit bem SiSthume über bie oben erwähnte lanbf<haftl«b*
eoangelifche Sibliothef in bie £änbe. Rafd) wirb ber alte ^)roee| wieber aufge*
nommen unb, nach wenigen ©inwenbungen beS SaiBadtjer SSifchofS, 3 U ©unjien bet
üanbfchaft entfliehen. 55ie Sücher werben nun Bon jenfeitS bet Alpen auS bem
Schlöffe Oberburg gurüdgeholt unb ber neuen !. f. äSibliotljef einncrleibt. 55ie in
Solge beffen Borgenommene SBieberoergeichnung (1801) ergiebt bie neue Summe
oon 23.239 33änben.
9 55ur<h ben in ber Solge (1823) gefchehenen Anlauf ber 35aton 3oi8’f<hen
Sibliothef (4394 33änbe um 7000 fl.) warb unferc Sammlung befonberS in bem
naturwiffenfdjaftlichen Bach« anfehnlid) erweitert, welche Sachetweiterung ber S3o»
tanifer Jplabnif (eine 3ctt SibliothefSfcriptor) burch fein namhaftes ©efchenf Bon
645 SSänben einfehlägiger SSSerfe noch oermehrte.
55ie übet RorfteHung bet 35ibliothetSBerwaltung im Sahre 1845 um bie
Summe Bon 1400 ft angefaufte 33ibliothcf auS bem Rachlaffe beS gro|en Sla»
Biften unb SanbSmanneS 33artholomäu8 .ftopitar führte unferer Sammlung 2105
33änbe unb 1080 33rof«hüten 3 U, barunter SRanufcripte beS 55ahingef<hiebenen unb
flauifdhe SBetfe, Borgüglich Sncunabeln, Bon großem SEBerthe,
1 Äoftet jept atttiquarifch SO f(.
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Stabern Butoo^ö erhielt ba 8 faiferliche 3 nftitut nachher wieberholt bur<h ben
©rafen SBelfperg, rtad^ ber Staflßfung beS 1848 beftanbenen floBenifdjen 23erein§,
bann burdf) ©e. ©jrcelleng ben ©rafen 9lnbrea8 #ohenwarth unb non Sfnberen.
©ur<h bie Aufhebung bed SpceumS (1850) erhielt bie SSibftotfjef eine
©onberftelluttg Born neu organifirten ©pmnafium, ba biefeS feine eigene ®pmna=
fialBibliothel errid^tete, unb tuurbe mit bem gegenwärtig geltenben -Kamen I. f.
©tubienbtBliothel Benannt.
©och Befielt ein SBechfelBerhältnifj jwifc^en JBibliofhefSleitung unb bem ©t>m=
nafium, fo wie ben SSorftänben aller in 8 aiBa<h Befrnblict>en Sehranftalten, inbem
bie au 8 ber leiber noch immer „in statu fundationis" fte^enben ©otation ju
ma^enbeit ©infäufe mit 9iü(ffi$t auf bie Anträge bet Betriebenen 8 ef)rförper,
Borne^mir bed ©pmnajtanehrförperS, gef^e^en muffen.
©af} eine gleichmäßigere 23erütffic$tigutig beS SebatfeS naturhifiorifcher unb
hiftorifdher SBerfe neben ben ga^lreid^crt ©Werbungen au 8 bem Reiche claffifd^er
^ilologie wünfchenSroerth wäre, ^aben wir oft au§ bem üRunbe ber competeitten
Herren Bemommen.
SBie bie 33ibliofye! gegenwärtig fleht, foK fie etwas über 32,000 33änbe
jä^len.
©et Sfiaum biefer 3 eitfd^rift geftattet efi nicht fiBer bie ©inrichtung be 8
näheren ju fpred^en, Slufftetlung, 33ef<hreibung unb Äatalogifirung ber £anbfdhrif»
ten unb ©rucfwerfe einer Äritif ju unterjie^en , nur bie 8 Beibe mag nicht fehlen, baß
wir ben #anbf$riften eine Beffere pflege in Sewaßrung unb Sefdf>rei 6 ung recht
bringlidh wünfd^en, unb baß wir e 8 nicht minber Betonen, ed möge fowo^l bie
tf)unlichft BoHfommene Slcquifttion ber 8 aibad>er ©rüde au 8 ben „Dfftcinen"
■Kännel (16. 3rt$unbett) unb Kaper (17. Saßrhunbert) unb bie gef ermäßig
Botgef ^rieBene ©ompletirung berfelben au 8 unferem Sa^unbert, welche in
mtjeren Stagen in SBergeffenfieit ju fommen Beliebt, mit allem ©rnfte angejtrebt
werben.
5lun wollen wir ba 3 U übergeben, einige bet Bebeutenbften Kaitufcripte unb
älteren ©rüde namentlich aufjuführen, woran wir SRotijen über bie bisherigen
SMBliothefare reihen werben. (©cßluß folgt.)
$ie Bereinigung TmU mit Dejierreid).
©t. Alfons tauber, o. ö. ^rofeffor an ber f. I. Uninerfität 3 U 3mt8Btud:
„®ef<hidhte be 8 ^Bereinigung Stirol 8 mit £>efterrei<h unb ber Borbereitenben ©reigniffe".
(3nn8btud 1864. ©agiler. 8. 276 ©.)
H. T. ©er 29. September ift einer ber Borsüglicpften ©ebenftage in ber
©efchichte StirolS, unb mit ©tol 3 burfte ba 8 8anb Bei ber lebten tffiieberfehr be 8 »
felben auf bie 500 Sa^re 3 urücfflauen, bureß bie e 8 nun treu unb unBerwanbt
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fein $ürftengefdjle<$t in allen Beiten beB ©lüdfeS unb ber ©efahr begleitet unb
gef<hü$t batte. Die erbebenbe Jubiläumsfeier ebrte in gleicher SBeife bie ©qnaftie
wie baB 33 elf, unb in bem freubigen fRücfbltcfe auf bie 33ergangenbeit tag ber
neue 33unb für bie Bufunft. Beitungen unb Slugfcbriften beeilten fich überall bie
Sebeutung beS ©age 8 Jftar 3 U machen, unb alB baB S«ft vorüber war, ergä^bten
fie non allejn, waB eB ba gu feben unb gu hören gegeben. Grrft je£t aber, wo bie
©ttmmen unb Söne ber eigentlichen Seiet fdjon lange oerflungen ftnb, tonnten
bie beiben großen SBerte votlenbet werben, welche nun ba 8 ©ange gu einem
fronen sÄbfchtuffe bringen foKen. ©aB eine 33u<b, gelehrt unb grüitblicb, berietet
un 8 bie ttrfacf>e unb 33erantaffung, baB anbere, ergählenb, mit SUufirationen, f<hil=
bert un 8 bie Abhaltung, ben Verlauf be 8 Sefte 8 . ©te lefjtere ©chrift, oon einem
ber hemorragenbftcn fRebner £irol 8 , £etm fProf. SB il bau er, »erfaßt, wirb binnen
ber türgeften Beit veröffentlicht werben; bie erftere, non ©r. A^uber ifi feit gwei
SBo^ien evfehienen unb fotl un 8 für b*ie 8 mal befchdftigen.
£>err ©r. $uber hat fidh fefjon feit mehreren 3 a|ren burdh rnamhe gebiegene
Slrbeit einen adhtungBwerthen fRuf erworben, ©eine Sbhanblung über bie fo nie!»
fach erörterte ^tivilegtenfrage geichnet ftch not nielen anberen burdh ®eift unb
©dharffimt au 8 ; ba 8 93üdhlein über bie Sßalbftäbte unb SBilhelm 2*11 ift eine
tlare unb fafjltche ©arftellung ber Slefultate ber neueften §orf<hung. ©eitler be=
fdhäftigte fidh £err £ubet mit bet ©ammlung aller 3Raterialien gu einer umfaffen»
ben ©efchidhte ber Sßereinigung Tirols mit Defterreidj, unb madhte Steifen nach
SSien unb ÜRmtcben, um bie betreffenben 9lrcf)ine gu burdhforfdhen. ©ie SRittel
hieju gewährte ihm, wie er felbft mit ebler ©anfbarfeit ergäbt, 33 5hwer, au
bem bie beutfdhe SBiffenfchaft noch immer einen mterfefclichen SSerluft betlagt. Süt
bie Jubiläumsfeier erfdhien gunächft in populärem ©ewanbe eine „©efdhidhte ber
SRargardhe SSRaitltafdh", welcher jejjt nach einem hatten Bahre ba 8 £auptwerf
folgt, ba 8 gang geeignet ift, bie (Erwartungen, welche bie gelehrte SBelt feit lan*
gern an fein ©rfdheinen fnüpfte, gu befriebigen.
©er Söerth be 8 33udhe8 liegt nidht in bem fReuen, ba 8 ber «$ert 33erfaffet
bringt, benn baSfelbe ift, gegenüber ber ÜRaffe be 8 fdhon SSetannten, nicht gar fo
bebeutenb; auch baritt möchte idh fein tpauptverbienjt fudhen, baf) er alle
Urfunben unb GhronifenftcHen au 8 ben Driginalien unb Slbbrücfen mit ber größten
©mfigteit herbeifchaffte; als vielmehr in ber lichtvollen unb burchfidhtigen ©arftel*
lung. ©iefelbe würbe erreidht burdh fdhembar fehr einfache unb leiste SRittef,
bie aber $err £uber im eminenten 5Rafje gu hanbhaben verfteht: eine vortreff*
liehe ©idpofition unb eine ftrenge ©hronologifirung. 33ei einer foldhen 33ehanblnng
ber ©efdhidhte ftnb feine Anläufe möglich, Dor weldhen bem Befer fdhwinbclt, ba er ihr
Biel nicht abfieht; ba giebt e 8 feine ©prünge unb Äreug* unb Duerritte, bie einen
gwingen, auf aHe 6 anbere gu benfen, nur nicht auf baB, wa 8 man eben unter ben
Hlugen hat. 33ielmehr geht baB ©ange in einem unaufhaltfamen ©trome vorwärts,
alles fügt ftdh am rechten Orte ein, unb baB IRefultat iji ein lebenbigeB unb
hoch einheitliches 23ilb.
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©et SKittelpunft ift natüvlid) ÜRargareffe Sftaultafd). ©aS Sanb fatte fiep ein*
mal für fie, bie (Mtocpter feiner Surften erficht, unb SLirot ift eines non ben
wenigen begüujtigten Reinen Territorien, bie ®(ücf unb ©efcficf genug befijeen, fiep
felbft 3 U Bcftimmen. Um SJtargaretpenS ^erfon fcflingen fiep befjpalb bie feinbtidjeu
Säben ber Raufer Sujrembutg, SBittelSbaep unb ^abSburg; bie torforgenbe 2Bei§=
peit StlbreeptS n. unb bie ftnreifjenbe ©enialität 9iubolfS IV. tragen über ipre
pabetnben unb ficf> felbft unfiareit ©egner ben Sieg baton.
Huber weist bie Sabeln, welche baS ©ebäcptnif ber Sürftin ungientlicp ent*
ftellen, mit tollem 9 ieept jurücf, unb begiept fic£> auf eine jüngft erfcpienene SJtono*
gtappie 3 ingetle’S, auf bie wir bei einer anberen ©elegenpeit gurücffommen wer*
ben. 9lu(p ftimmen wir gang mit ipm überein, wenn er für baS Sencpmen SJtar*
garetpenS gegen ipren erften ©eniapt in iprem »erlebten ©tolge unb in ber 9t op*
peit unb Unfäpigfeit SopamtS SJtitberungSgrünbe finbet; nur fepeint eS unS gu weit
gegangen, wenn er auf bie unfiep ere Slutorität gweier anefbotenfüeptigen ©cprift*
ftetler wie Sodann ton SSintertpur unb Sllbert ton ©trafBurg pin behauptet* baf
Sopann feine ©emaplin „fogar oft 3 U beifen pflegte!"
S3on bem Tage ab, wo SRargaretpe Subwig , bem 23ranbenburger eine
Hanb reifte, bie ipt felbft niept mepr gehörte, tritt fie in ben ^intergrnnb, unb
ipr neuer Grpeperr perrfept mit geregtem unb feftem ©inne über baS fonft unrecht
erworbene 8 anb. ©ie beiben ©atten fcftoffen eine innige S«unbfcpaft mit ben
HabSburgem, unb beren befonberer Sürbitte Ratten fie eS gu terbanfen, ba§ bie
Äircpe naep fiebengepnjäprigem 3 ürnen ton ben fepulbbebedten Häuptern ben 33 ann
pinwegnapm. „2lm nämlicpen Tage, an welkem ber Stet iprer 2luS)öpnung mit
ber Jbircpe gurn Slbfcfjluffe fam, am 2. September 1359, termaepte Ültargaretpa
für ben SnH, baf fie unb ift ©emapl 8 ubwig ber SSranbenburger unb ipr ©opn
SReinparb opne SeibcSerben abgingen, baS 8 anb Tirol ben ^erjogen ton Defter*
reiep als ipreig näcpften 33erwanbten unb (Men. ©aburcf war für bie Seftrebun*
gen ber Habsburger eine fefte ©runblage gewonnen, eS lag eine binbenbe ©rflä*
rung tor, ton weteper 9Jtargaretpa opne 33erlepung beftimmter Otecfte in 3ufunft
niept mepr abweiepen fonnte" (©. C 8 ).
©ie fernere ©efcpid;te, wie 9Reinparb ftarb unb 9tubolf IV. burep feine
©epnetligfeit unb ©netgie, unb wopl auep burep ben eigentpümliepen 3 auber feinet
fPerfönlidpfeit ein 8 anb gewann, baS waptliep niept ber geringfte ©belftein in ben
Äronen ber Habsburger warb, ift im ©angen unb ©rofen befannt genug, ©er
Herr S3erfaffet fcpliefjt feine gebiegene Arbeit mit folgenben Sorten, benen wir
auS gangem H er 3 en beiftimmen (©. 119): „SRaepte bie Herrfcpaft übet Tirol
Defterreiep gum mäeptigften ©taate in ©übbeutfeplanb, fo war Tirol gugleiep baS*
jenige ?aub, weites ben 3ugang gu Statien beperrfepte, ja halb baS eingige, burep
Weites überfaupt ein beutfepeö H eer naep Stalien fommen fonnte, ba bie ©dfweig
fiep immer mepr tom 9ieiepe gurüdgog, anbererfeitS im Dften DberitalienS 33enebig
feine SJtaept fo erweiterte unb befeftigte, baf man nur burep eine weit überlegene
ürmee, wie fie ©eutfeplanb unb Dejierreiep niept oft auf bie Seine brachten, fiep
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hätte beit ©ur^ug burcb grtaul erzwingen Tonnen. Slut burd? beit 33 efip Slirolß
tft eß fpäter beit #abßburgern möglich geworben, bie wiebertioli gu befürdhtenbe
©roberuitg Stalieitß burdh bie ^ranjofen 31t »er^inbent unb baburdf) 311 vergüten,
bap ©eutfdpanb auch int ©üben Don Sranfteich umfdhtoffen unb gefäfyrbet würbe,
©et ©inPup, ben Defterreid) auf bie 33 er^ältniffe Stalienß übte, unb bie SBiber»
ftanbßfähigteit gegen granfreichß 33 ergröperungßgelüp* finb eß aber bo<h tjaupt»
fachlich, welche bie ©ropmadhtpellung Defterreid^ß begrünbet unb bebingt haben.“
3 (tt bie mit Dielen gelehrten Sioten Derfepene Slbhanblung fbpliept pdp noch
mandjeß wiffenfd^aftK^e SJlateriale; auß bem wir befonbetß bie 505 9 tegeften unb
Urfunben ^enjor^eben, eine ©ammlung, bie aud) an unb für fiep einen nicpt 3U
unterfd)ä$enben Sßertf) beanfprudpen barf. ©dplieplid) hält Ph ^Referent auch für
Derppicptet, ber SBagner’fdjen Sudphanblung eprenDoll 3U erwähnen; bie SHußftattung
beß SBerfeß ift wahrhaft elegant, unb ber beigebunbene SÄußweiß über ben gefd^ic^t^
lieben 23 crlag ber SBudphanblung 3eigt, baß biefelbe 3U ben ftrebfamften unb thätig*
Pen beß Snlanbeß 3U rechnen ip
9leue Montane.
11.
( B $>ie 2I)ertteq>riii3ei]in" Boti giiebrid) Uljt. — „^eregretta* Ben #anJ Hopfen.)
3u guten beutfdpen SRomaneit fehlen weniger bie ©dhriftpeUer alß bie gebe*
männer. Sieben ber Äunft 311 pbreiben ntuft man bie Äunft 3U (eben befipen, um
ber Sßelt mit bem, waß pdh in ihr breit madht, Vergnügen bereiten 3U fönnen.
3n gropen ©täbten, welche bie Gettfralpunfte tpreß Sanbeß finb, lernt fiep biefe
Äunft Don felbft. 2 Ber in fPariß ober in Sonbon nur überhaupt 3U "ben ©ebilbe*
ten gehört, bent hat fiep. ohne bap er pe fudjte, taufenbfadh ©elegenpeit geboten,
bie üerfdhiebenpen Sebenßfreife feiner Station in ben intimpen ©igentpümlicpieiten
fennen 3U lernen. SJlag ein Sranjofe, ein ©ltglänber nodh fo gurüdfgegogen leben,
mit ber 33 ilbung, bie ihn berechtigt, alß ©dhriftpeUer auf3utreten, ip ihm gugleidp
unb wie Don felbft bie Äenntnip ber ©efeQf<haP gefommen; er wirb niept ben
geringpen Bweifel barüber hegen wie 'Wan im $)alaft beß Stbelß unb wie man in
ber #ütte beß ISlrbeiterß fpriept unb lebt, ©agu fömmt, bap bort, wo bie fdhöne
Sitteratur mepr alß in bem ibealiftifepen ©eutfcplanb, fo fehr eß pdh ein SSolf Don
©entern, ein Dorgugßweife litterarifdheß 33 olf nennen läpt, 3U ben unmittelbarpen
gebenßgenüffen gehört, audh bem ©cptiftftetler alle focialen ©phären leichter 3U*
gänglicp werben.
Slun ift eß 3war eben fo wenig nöthig alß möglidh, bap ber ©idhter SlHeß
felbp erlebt hätte, waß er in feinem SBerf fünftlerifdh 3ur Slnfcpauung bringt, um
SBaprpeit 3U geben. £>ier gilt üielmehr baß SSort eineß beutfepen Poeten: „©er
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©icbter Bringt bie Sßelt mit auf bic SBelt." SlHcin baS bat bod) nur ©imt, wo
e8 fi<b um bte rehte Äunfi banbeit, um bie ©arftetlung beS rein 9Jt endlichen in
feinen tiefften Schiebungen jum ©öttlic^en, in feiner gebeimnifjooHften Sefcbaffen»
beit, furj, wo eS fitb um bie ibeale SBabrbrit banbeit. ©et Vornan ift ber Stuf*
gäbe enthoben reines Äunftwer! ju fein, um ben ^reiS but<b reale SBabrbrit ju
ergeben unb $u Unterbalten. Solcher SBirfung wirb ft<b jwat auch immer mehr ober
minber bewufjt, $)oefie beimifeben, allein bie SBirflicbfeit macht an ft<b poetifeben
(Effect, wenn fte entweber im Leben objectio angefebaut wirb, nämlich ohne baff
(Eigennuft nnb Lribenfcbaft babei in S^ätigFeit finb, ober, wenn fie bureb ben
Stoman in bie Sphäre einer gefdjicbtlicben fRotbwenbigfeit erhoben wirb. SBo nnb
wie lernt aber ber beutfebe Stomanfcbriftfleller bie beutfebe ©efetlfcbaft fernten?
©er i'lural ift in rieten Bällen weniger als ber Singular, unb wenn 33öntc
behängtet „Breibeit ift bie oielfacbe 3«b^ ® on Breibeiten", fo wäre ohne 3weifel
auch mit einer beutfeben .pauptftabt ber Kultur riet mehr gewonnen, als mit Bie¬
len beutfeben .'pauptftätten. Bür ben ©ebriftftcller namentlich wäre babureb gewon¬
nen, baf, was er an f))oeftc au^ugeben b«t unb waS et bureb ©Übung unb
Lebenserfahrungen fid> aneignet, febon urfprünglicb mit einem unioerfal beutfeben
(Element burebtränft wäre-, frei Bon ben ©erfebiebenbeiten, bie jeftt gumeilen
füorb unb ©üb, Dft unb SBeft ©eutfeblanbs einanber unoerftänblicb machen.
Snbeffen macht bic StcmanfcbriftfteHerei in neuerer 3eü bo<b ben Anfang, in
(Ermanglung einer epauptftabt minbeftenS ben £>auptftäbtcn gerecht gu werben.
9Jtan bat nicht mehr eine unüberwinbli^e ©cbeu baoor, eine beftimmte beutfebe
©tabt gu nennen ober wenigftenö fenntlicb gu machen als ©cbauplaft ber @e-
fehlte, bic man ergäfjlen wiH. SBäbrenb bet Sloman in s PariS unb in Lonbon nicht
9tngft bat bic allgemein befannte ©trafje unb fogar bie £au$nummer, bie ft<b in
ber in jener ©trafte beftnbet, als Local eines imaginären ©organgeS gu
wählen, febeint man in ©eutfcblanb gu beforgen, ber ©ärger fönnte in folgern
Balle auf Lüge unb ©erleumbung flagen, ober ba8 ©elf in ber betreffenben ©trafje
gufammenlaufen, um ba3 begegnete epauS in Slugenfcbein gu nehmen unb etwa
nach ben ©ewobnem gu rufen, wie fie im Vornan genannt unb gefebübert finb.
3n ©eutfcblanb bat man enblieb bie Gourage gefunben, ©erliner, ü)iün<bner,
SBienet Stomane gu fd^reiben. 5Ran würbe e8 bem an ftcb fo geringfügigen Um»
ftanb, ftatt „in einet beutfeben JRcfibeng", gu fagen „in ©tünchen, in SBien", gar
nicht attfeben, wie grof ber fünften ift, ber barauS für bie realiftifebe SBabrbeit
unb folglich für ben Steman überhaupt erfolgt. (ES ift bamit ber Äreibefiricb au8>
gelofebt, ben ber £abn nicht gu überffreiten wagte, ©er beutfebe 3>oet, ber mit
fo ftegeSgewiffet ©icberbeit im Strich ber 3bealc auftritt, wie war er jietS fo gag*
baft, fo blöbe, wenn cd galt einen refoluten ©ebritt in bie SBirflicbfeit gu tbun,
Bon ber ihn bo<b meift nur eine imaginäre ©ebranfe, angebontc beutfdj-nationale
^büifterri gurüdfcbrecftc. SBenige Poeten, bie ficb nicht auf ben ÜJiartncrplatten eines
ÄaiferpalafteS im alten Stern mit ber Breibrit bewegten, als ob fie bort geboren
IBo<$enf$rtft 1864, ftanb UL 44
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wären, unb bie nicht gugleicß übet ben 23ouboir*2eppicß einer ntobernen Satoneffe
ftolperten!
3a, ber beutfcße 3Roman, ba 8 will fagen, ber SRoman ber einen ober ber
anbern beutfcßen $auptflabt, hat enblicß ben üJlutß gefunben, ber 2 Bir!lic$feit ben
3lrm 3 « reifen. 3«m 33eweife beffcn nennen wir guerft „bie Sh e aterpringef*
fin* ton griebricß Ußl (Sien 1864).
„Sie S^ieaterprinjefjin" ift ein SBiener Vornan. SJlit biefer einfachen 33c»
ßauptung ift meßr auSgefprocßen, al 8 c 8 auf ben erften 33 licf ben 2 lnfcf)ein hat.
Sßacß mannigfachen gefdjidtjtlid^en Umgeftaltungen, bie ielbft wiebcr lange tinfrucht*
bare 3ntertaHe Ratten, beginnt Sßien erft in ber Veugeit fi(ß immer fräftiger unb
erfennbater 3 U einer Sßeltftabt in focialev unb Politiker 33ebeutung Ijerau 8 3 U
arbeiten. 3n erfterer SBegie^ung tritt c 8 in ein entfcßiebeneS 33erhäUniß gum euro»
paifcßen ©efellfchaftSleben, ton welkem c 8 nid;t meßt überfein werben fantt. 3 n
feinet politifcßen Entwicfelung eröffnet Sien eine unermeßliche s Perfpectite, ba c 8
fowoßl eine beutfcße, al 8 eine für bctt gan 3 en SBcltt^eil wichtige nationale Stuf*
gäbe 3 U übernehmen unb 3 um Sßeil in ftcß felbft gut Sofung 3 U bringen hat, in
feinet eigenen ©eftaltung unb Shätigfeit.
(Sine folcße Stabt wirb einft, in näherer ober fernerer 3ufunft, eine befon»
bete Sitteratur befißen, mit einem eigenen ptaß in bet Gulturgefchicßte, eine Sitte*
ratur, wie fie fonft nur eine Station befißt. darunter werben natürlich bie Utomanc
3 ahlrei<h torhanben fein, ba fie ber näcßftc unb bequemfte Spiegel be 8 foeialen
SebenS finb, namentlich eine 8 }o bunten, an merfwürbigen Gombinationen bet
33erhältniffe fo reichen SebenS wie e 8 ba 8 be 8 SßienS ber 3ufunft gu werben
terfpri^t.
Ginftweiten geigt biefeS reiche Seben nur Symptome, nur unanfeßnliche aber
für ben tiefem 33 eoba<hter bebcutungStoHc Anfänge. gorfeßt man nach ber auö»
gefproeßenften gärbung, nach bet entfehicbenften Signatur bieicr Anfänge, fo wirb
man ba 8 Sßeater fo f e ß r * m Vorbergtunbe fiuben, nicht bloß ber artiftifeßen
Sntereffen unb nicht bloß ber Vergnügungen, bie ben Slbenb auSfüHcn, baß man
einen Vornan, ber eine Sßeaterpringeffin gum Gegen jtanbe ^at, wie ton felbft unb
betör man noch ben Snßalt fennt, als einen SSiener Vornan wirb begegnen
wollen. Unb in bet 2ßat, Vorgänge, bie Uhl ’8 Grgäßlmtg mtrollt, finb nicht
gufällig unb bloß äußerlich nach SBien terlegt, fie fönnten nirgenbS anberS bie
meßt al 8 fritole, ja bie gerichtliche 33ebeutung haben, bie ihnen hier innewohnt.
Sutcß biefen ernften, faft Sutenal’fcßen GeficßtSpunft befommt ba 8 33ucß
einen fo großen SBertß, baß e 8 fteß, obgleich * u äftßetifcßer unb fünftlerifcher 33c*
gießung äußerft feßwaeß, als eine ßertortagenbe Grfcßcinung behaupten fann. Sie
Grfinbung ift bürftig, bie Gßaraftere, fo weit fie meßt unmittelbar auf ben tßea*
tralifcßcn 33rcttern fußen, ßabeit feine übergeugenbe SebenSfraft; ein artiftifeßer
geßler ift namentlich ber SOtangel eines normalen, außerhalb ber 33üßne wurgeln»
ben 33erhältniffe8, welcßeS in ber fonberbaren, pßantaftifeßen, au 8 33erberbtßeit unb
Erhabenheit gemifeßten Seit ber Scßminfc ba 8 9Jtaß ber Singe gu tertreten hätte.
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2Mein Bet einem Romane tonnen alle Sorberungen biefer Sfrt erfüllt fein unb
babei bcnnoch mtr ein langweiliger Stornan gu ©tanbe gefommen fein. Hebet baS
Ülrtifiifchc hinaus gellt t>ier ba 8 Sntereffe. Sie Scdifefmirfung gwifcfien ben Sljeater«
leuten unb ber ©efellfchaft, bet Grinfhtf, welken bie ntobeme Stellung beö @chau=
fpielerS, fo gang Betrieben Bon ben früheren Seiten, %il 8 auf ©itte unb Guftur,
t^eilS auf bie Ättnfi felbft auSübt, ba 8 ift eine ernft^afte Sache, bie 51 t überlegen
gerabe SBien bie Einregung giebt. $ier ift fie mit einfdjneibenber Schärfe, guwei*
len mit bumorifiifd)em ©d)wung befprodieti, unb wenn e 8 an S^eaterromanen
nid)t fehlt, bie fet;r unfctjulbig finb an intern eigenen Steig, bet nur Bon ber Steu«
gier ^erftammt mit ber Sebermann hinter bie (Souliffen blieft, fo gereicht efl bet
„Jheaterhringcffin" 31 t befonberem Eobe, bah e 8 mit ben Gottliffen brt Sweater®
3ugleich bie ber ©efellfchaft finb, Bon welken liier bie ©erhüHung ^htWeggenom*
men wirb.
Sriebrich Uhl ift guerft al 6 einer ber jarteften unb ftnnigften Sinter auf
bent ©ebiet bet 3 b^Kc aufgetreten, in bem ernften Sinne, welken ihr bie 9leu«
geit beilegt, ©eine „SJlärchcn'V fein „©tilllebcn an ber 2^ei^" waren Äunbge*
Bungen beß beutfdien ©cifteß au 8 abgelegener Sente. ©ie traten fdjü^tem auf,
unbewußt gtcidbfam bc 8 eigenen SReigcß, ba bie StoBelliftif bamalS nod) nid^t praf)*
lerifch mit ber ©tfmographie ncrfeljrte. ©ic|teriidfet ©eljalt bewahrt jenen 3(nfän»
gen eine ©teile in ber Ijeimifdjen Eitteratur.
©8 ift nun eben wieber ber Sinter, welker mitten unter bem glittet friool»
fter 9lrt, ben er in feinem Steinau ©tücf für ©tücf not nn 8 außbreitet, bie
ftrafenbe unb fcoeb ni«J)t prebigenbe ©timme erhebt, ba 8 ©enteilte uieberfdjmettemb
unb boeb bie Saune beß EeferS burdj joviale ©atxjre erfiölieiib. Sur<h biefen gugleid)
poetifdjeit unb fittlidjeit ®efid)t 8 punft Reibet fitJ) ber Sloman ftreng ab Bon ben
fogenamtten „SBiencr Stomanen", mit welken gewiffe „33olf8fcf>riftftefIer" feit
Safjrcn ©efdjäfte machen.
Sie ber Siebter ber „SJiärchen", fo Berläugnet fief> auch ber fpäterc geuiüc*
tontft nicht in bem ©udbc unb cingetue realifttfche ©ebilberungen finb Heine nteber*
Iänbifd;e IDtetfterftücfe, noch befenberS burd) bie Originalität beö ©otwurfö beftechenb.
Sie S^eaterlogcn 3 35., worunter bie bem weiblichen f)erfonal im 3ufeh<tuer«
raunte aitgewicfenen '))läjjc gu Berftehen finb, bürfteit nie braftifc^er gefchilbert
tu erben fein. Ser ©erfaffer hätte e 8 burchctu 8 nicht nöthig gehabt, wirflidjc ©or»
gänge beß ShcaterlebenS in fein 35ilb 3 U bringen, feine ^ortraitS mit wirtlichen
sjftenfchenhaaren augguftatten, ba er boch ba 8 imaginäre fo wirtlich gu malen
nerfteht.
©oKte ber ©rfolg ber „Sheaterpringeffin" ben ©erfaffer gu fernerer f>ro«
buction biefer 8 lrt anregen fönnen. fo ift nicht gu gweifeln, bah f«» entf<hiebene 8
Salent auch bem fünftlerifdjen ©ebürfnih fo gerecht werben wirb, wie er mit bem
rorlicgenben Stoman ein focialeö befriebigte.
3(ti<h „ s Peregretta", ein Stoman Bon .xpaiiS ^opfen (©erlin 1664), hat
eine Sheateruringeffin gu feiner §elbin. $>eregretta, ein 9Jtäb<hen in ber ÜJtanier
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bcr ©oetpe’fCpen SNignon, burcp Steigung unb ©enialüät für bie 33üpne beßimmt,
pat baS Scpicffat, »on einem ©utSperm geliebt gu »erben, ben fie wieber liebt,
ipn gu heiratpen unb mit ipin ein beglüCfteS geben gu führen, Bon bem fiep nichts
fingen unb mcpt8 fagen ließe, »enn nicpt ein SJtißBerßänbniß gwifcpen ben ©atten
auftaucpte. Sie glaubt ©iferfucpt empfinben gu bürfen; er glaubt, Sepnfucpt
nach ißtem bramatifcpen SJeruf überwältige baS @lücf, »eifern fie jenen geopfert
fiat @o gef (fließt cS, baß fie ihrem ©atten entflieht unb »»flieh unter angenom»
menem Kamen auf uerfepiebenen großen Upentem auftritt. ©r Berfolgt fie »ie
rafenb, er »heb tpatfäd>lic^ rafenb batüber; auS bem 3rrenpau§ für geheilt ent<
laffen, ift er f<hon im Segriff eine anbere entfte 93erbinbung gu fcpließen, ba
finbet er bie ©attin unter abenteuerlichen Umßänben wieber, aber — gu fpät.
©je ftirbt in feinen Firmen.
©er Koman ift praeptood gefthrieben. fPfpcpoIogifcpe unb lanbfcpaf fließe ©ar*
ßedungen »eCpfetn mit einanber in gleicher Schönheit ab. ©in .§>aucp Bon Sri«
ginalität unb griffe beS ©etfteö ift barübet gegoffen. Unb trop adebern ift bet
Kornau ein mißlungenes 93ucp unb bie tragifepen Sntentionen laffen bie traurig*
ften ©inbrüCfe gutüCf. ©in funftoerftänbiger unb empfänglicher gefer wirb auch
bie fürchterliChften Seelenqualen unb bie fcprecflicpftcn barauS perBorgepenfccn
Äataftroppen mit äfthetifChem ©enuß Berfolgen unb »eit baoon entfernt fein, gleich
gebilbeten StubenmäbChcn ben „guten iMuSgang" für abfolut notpwenbig gu halten,
ädern 93ebingung beS ©enuffeS am ©ragifCpen auch im Koman ift ber ©rnft
ber ©onflicte, auf benen eS beruht. 3e weniger ein ©ompromiß möglich iß, um
fo erhabener wirft ljie ©arftedung, um fo größer ift baS äftpetifepe Soplgefüpl.
©onflicte unlösbarer Sfrt, fei eS »eil fi<h gwifChen bem Snbioibuum unb ber ipm
gegenüberftehenben Seltorbnung, fei eS »eil fiep gwifcpen ber 23erfcpiebenpeit ber
menfCplichcn Staturen felbft feine 93rücfe fcplagen läßt, fie »erben faft immer ein
banfbatet Stoff für bie Äunß fein, bie fepon burCp ipr ^»ingutreten felbft eine 93er»
föpnung minbeftenS apnen läßt.
Senn aber, wie pier, bie ©onflicte niCpt auS ber Siefe bet Seit unb ber
Seelen gcfCpöpft )inb, fonbern auf einem gufädigen SJiißterßänbniß beruhen, bann
entftept für ben gefet ftatt ber tragifepen Sirfung eine unfäglicpe 'Pein, et pat
baS Sötartergefüpl eines Stummen, bet mit einem eingigen Sort bem gangen
Sammet ber $erfonen, bie.fiep um ipn perum gu ©obe quälen, ein ©nbe maepen
fönnte.
©ie ©efCpicpte iß in gorm eines ÜagebucpeS ergäplt, baS ber greunb beS
©pepaateS füprte. ©er ergäplenbe greunb maCpt ben ©iubruCf eines ©infaltS»
pinfels, ba er ben reCpten Soiuent Berpaßt, ben 5)?unb gu einet adeS fcplicpten»
ben Slufflärung gu öffnen, .picronpmuS gprrn,
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$te afabemifdje Shinftonöfteßung . 1
Sßachbem mir in einem früheren Artifel auf bie befonber? ^eruorragenben
@rfd>emungen in ber feit einiger 3«t «öffneten afabetntfdjen 5tunftau?fteHung
näher eingegangen ftnb, lammen mit jefct auf bie übrigen Söetfe nnb bie Au?«
fteflung im Allgemeinen gu fprechtn.
SDie ©efammtgahl b« »orgeführten äBerfe beträgt nach bem Äataloge 329;
hiegu finb noch nachträglich 4 Delgemälbe unb ein plaftildjeö SBetf eingelangt.
Setheiligt haben ftd) baran 131 inlänbifche Äräfte mit 284 SBetfen unb 45
au?märtige Äünftler mit 50 SBerfen. Unter biefen finb 191 Delgemälbe, 10 Gar«
ton?, 20 Aquarelle, 10 Sleijtift«, Jfohlen» unb Aquarettgeichmmgen, 16 ©fijjen
3U einem Silberc^flu?, 21 äfupferftiche, 35 ard)iteftonif<be ^läne, 1 ©la?gemälbe
27 plaftifche SBetfe unb 2 ^Imtograph«™ nach Garton?.
3n ber Habt ber Oelgemä Ibe unb ber Garton? ju folgen erfebeinen
40 ^iftorifc^e ©Über, 45 ©enrebilber, 13 Portrait? unb ©tubienföpfe, 80 Sanb*
fchaften, 15 Jbierftücfe, 6 ©tilleben unb 2 Architefturbilber. 3)er Ginbrucf, ben
man nach ber Sefi<f)tigung ber Au?fiettung mit fich nimmt, ift im Allgemeinen
ein günftiger, unb fo mie man fi<h einerfeit? gefielen mu§, bafj bie Arbeiten bet
betmifdjen Zünftler jenen, mel<he »on au?märt? eingefanbt mürben, an SBerth ba?
@lei<hgemi<ht galten, fo barf anbererfeit? jur Ghre b« ^ieftgen Afabemie an«*
fannt merben, bafj mehrere Seiftungen ihrer Schüler in oerfdjtebenen ©ebieten fehr
a<hten?merth 3H nennen finb unb fohin ein ehrenbe? 3eugnifj »on bem leljirämt«
li^en unb fünjlletifchen SBirlen an biefer Anwalt ablegen, mofür auch ber Omftanb
angeführt m«ben lann, bafe noch bie meiften 2B«fe hiP or *f<h er Stiftung, fomohl
auf bem ©ebiete ber 9M«ei al? ber ^laftif in ber Aufteilung oon früheren
ober bermaligen ©chütem b« Afabemie herrühren. SMe? bürfte hinreichen, um bie
Voreingenommenheit gu gerftreuen, mit bet man gemohnt mar, in früh«« 3*it
mehr ob« meniger. allem bem entgegengutreten, ma? »on ©eiten b« Afabemie üeran«
lafjt mürbe unb um biefem Snftitute jene? Vertrauen mieb« 3U gemütnen, »on
melchem jebe öffentliche SBirffamfeit, foU fie »on ©ebenen fein, nothmenbig
begleitet fein mufj unb melche? ba?felbe bei ber Shätigfeit feine? Sehtyerfonal?,
ba? ft<h in ben lebten Sahren burch SJlänner mie 9Rahl, 3»ntmermann,
©chmibt unb 3acobt> ergängt hat, 3U «märten berechtigt ift.
SBie bei beit meiften Äunftau?fteQungen b« Sefctgeit haben mir auch bei b«
afabemifchen AuSfteUung mit Au?nahme ber für ba? missale romanum gelieferten
Arbeiten bie geringe 3«hl b« hiftwifchen Vormürfe im Gntgegeuhalt gu b«
übermuchemben Angahl »on lanbfchaftlichen ©emälben gu bebauem. Ab« auch
unter ben »orhanbenen Söerfen biefer ^Richtung erf^eint »on auöübenben Äünfllent
nur menig bebeutenbere?.
1 Sßtrgl. 9ir. 17 b« äüud>nifdjrift.
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Aufjer fcen Bereits Bestochenen SSerfen »on fRaf»! unb ben Befamtten, f<höit
componirten GiarfonS beS ©irectorS SRuBen auS bem gre§fenci)flu8 beS Seloebere
in $>rag finb BOterft 2 glügelbilber oon 3tten6ad) in ©üffeiborf, bie Zeitigen
grang Seraph uub Sonasentuta, ber £ieronhmu8 unb bie h e *l-
6lata mit sollet Anerfennung gu nennen. Sie finb in ber Spanier ber alt*»ene*
gianifchen SKeifter Bor Sigiati gemalt unb non einet frönen fftaioetät, io wie
innigen grßmmigfeit Befeelt. 33 on einer fptedhenben 3%ftognomie ift namentlich
ber heil- $ieromjmu8.
©in originelles unb gut burchgefübrteS Sitb, wohl mehr im ^iftovtfd)en
©enre, ift jfarl SchönBrunnerö „Serfuchmtg be§ Beil AntoniuS".
ABweichettb Bon ber burct) Sojcf) unb S£enier8 h f i'äebra^ten ÜJJnnicr, biefen
©infiebler in feiner #öhle burch einen Sug Bon ÄoBolben unb §eren in feinem
©tauben irre gu machen, ift et in unferem Silbe in bem SKomente bargejiellt, in
welchem er heimfehrt unb gu feinem Streifen feine Sehaufung bur<h Saunen unb
SRpmphm BeBöffert fieht. ©ie energifche 33ewegung, mit ber er feinem Seme
AuSbrucf Berleiht, ift Berebt unb trefflich wiebergegeben. AIS ein gutes 33ilb ift
Weiter auch bie ©arftetlung einer Scene au8 einer Sichtung Bon SRarbach, „Sie
©ragßbie Born SJlenfchen", bou üJiorifc Sh an in fPeft, einem früheren Spüler
9tahl8, anguführen. ©er 9Jtenf<h ift bargeftellt in bem Augenblicfe, in bem er fi<h
bem Böfen ©ämon gu überliefern im 33egriffe fteht, ohne jeboch f<hon bem guten
©eifte Botlig entrüdt gu fein, ©er Seufel fro^locft Bereits in grinfenbet Sache, ber
SDienfch fieht aber noch m *l ängftlidjem, gweifelnbem Stiele auf feinen S^u^geijt
gurücf. ©iefer ift burdf einen eblen ©reis bargeftellt, welcher in emfter gürnenber ©e*
Berbe Bot ft<h Blidt. ©a8 Selb ift gut in bet Sdchnung, soll ©netgie unb bta*
matifcher SBirfung. gri£ 2’AllemanbS (iarton „gürft Ä'arl SchwargenBerg in
ber S^tacht bei ©h a ^ eau GwmBrefiS", gut Ausführung für bie ©emälbegallerie
am Sefoebere Beftimmt, geigt eine gute ©efammtanorbnung unb eine lebhafte ©ha»
rafterifti! ber eingelnen ^erfönlichf eiten.
Sei einigen ©emälben ift jeboch bie Ausführung entjdhieben tabelnSwerth.
So erblicfen wir g. S. in einem gang fleinen ©emälbe Bon Angeli in Sßien
einen männlichen Leichnam am gn&e einer Säule auSftrecft, in eine ^ßchft
ärmliche Umgebung geftellt, Bor bem ein junger fOlann mit giemlich fnabenhaften
Sügen erfcheint, wa8 unS bie ©efühle beS Antoniu8 Bei bem Anblicfe ber Seiche
©äfarS Borführen foD. 3« einem anberen Silbe, Bon Äarl SKüller au8 ©üffel*
borf, foll un8 baß Segegnen gweier mobifdjen ©eftalten, Bon benen ber junge
SKann bie ©ame, welche in ihrem Schoofje Stofen trägt, Beim SJlautel erfaßt,
baS Stofenwunber ber hl- ©lifabeth Bergegenwärtigen. ©a8 Silb^cn ift übrigens
fehr f<hön, wenn auch in weichlicher SUtanier gemalt.
Unter ben SchülerarBeiten finb gwei 2Ber!e Bon 2ubwig 9Jtaher, einem
Spüler {RahlS, fehr BemerfenSwerth- ©aS eine Silb, „©hriftuS unb bie Sama»
riterin", geichnet ftch burch eine fdjöne Anorbnungunb eine gelungene ©ruppirung ber
$auptperfonen au8. ©ie ©eftalt beS SJteffiaS ift würbiger aufgefafst unb Bewegter
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borgejiettt, a(6 in ©onne’8 Silb, „bte (5r»e<fung ber Socpter beS SairuS"; bie
©araariterin ip voll geben unb SBätme unb namentlich bet SluSbrud bet gewann«
ieflen Slufmerffamleit vortrepcp »iebetgegeben ©o wie btefeS Silb, fo ift aucp
eine gweite Arbeit 3Jtaper8, ein großer ©arton gu einem ©ematbe, „Serufalem
nach ©ptipi Job", ein Seleg für ba8 entfcpiebene ©ompoptionStalent biefeS Äunfi*
jüngerS.
Unter ben SBetfen, »elcpe von ©tpülern beS ©irectorS Stuben auSgefteHt
pnb, verbient ein 33tlb von ©igrnunb 8’Slllemanb, „©eene au8 ber ©cplacpt
bei ÄotKn", ben ba8 Treffen entfd^eibenben Singriff be8 ©ragoner * [Regiments
be 8igne barfiellenb, baS üoUfte 8ob. ©ie SJtaffen finb forgliep vertpeilt, von ener*
gifepem geben befeelt, unb eingehte 9>pppognomieen gut inbivibualiprt.
©in anbeteS Silb, 3op. SillS „^peimfetjrenbe Äreugfaprer im Äloffer um
©aftfreunbfepap anfuepenb“, geugt von einet pübfcpen Slnorbnung unb einem war»
men ©olorite, leibet aber qn einet bet bamatigen Beit ivopl niept entfpreepenben
Sentimentalität in ben Hauptfiguren. Son einem britten ©cpüler, Sodann
8auffet, pnb mehrere Silber nuSgePettt, von benen ber „Serfauf be8 ©icpterS
6etvante8 als ©pripenfclave" in feinet Slnotbitung unb ©urcpfüprung ungettfigenb
ift, Wäptenb bie „Belehrung be8 -IpergogS SogoriS" lebenbig gegeiepnet unb in
einem gefättigten Kolorite burdpgefüprt ip. ©leicpwopl ip biefeS SRotiv al8 ein
©egenftanb ber Uebergeugung niept batPeUbat unb pat bie Slrt, wie e8 piet et«
reicht »erben foU, für unfere 3eit et»a8 fomifcpeS.
Son brei ©djülent be8 ^)rof. güpricp, wel<be p(p von biefem SWeifter eine
entfepieben glüdliepe Anlage für bie Sompoption angeeignet paben, pnb lebigtiep
©artonS au8gefteüt, unter biefen eine gang naive ©arfteHung: „Sie pl. Stofalia",
von ©mbatper, Sgnaa ©cpönbrumterS „ber gwölfjäprige ©priftuS im Tempel*
maept fiep butep ein paar fcpön gegeiepnete Äöpfe unter ben ©cpriftgeleprten be=
merfbar, ip aber in bet Sluffaffung be8 ©pripuSfinbeS verunglücft. Hingegen *P
bie Unorbnung in ^>alla8man ,,©ie brei Könige ju Heimfen" entfliehen
anguetfemten.
Unter ben ©entebilbern nimmt „©ie Südfept au8 ber ©claverei*, von
geopolb göffler in SBien, ben erpen 9>lap ein. ©ie fd^öne Slnorbnung bed gan*
gen SilbeS, bie lebensvolle unb wapre ©parafteriftif ber eingelnen giguren unb
ba8 »arme ©olorit machen einen überaus »opltpuenben ©inbrud unb verfemen
unmittelbar in bie ©ituation biefer ergreifenben Segebenpeit.
Sieben biefem Silbe geiepnet fiep „©er ©onntag8*9la<pmittag in ©dpvaben",
von Sautier au8 ©üffelborf, burep eine treue Sluffaffung unb eine lebenswahre
Sßiebergabe biefeS ibpllifcpen SorgangeS auS. ©ingelne SRäbcpenföpfe pnb von einet
befonberen 8iebliepfeit unb Siaivetät im ShtSbrude. grieblänbetS „SötUfommen
in bet Seteranenpube" macht burep bie SBätme ber Sluffaffung unb bie pübfepe
Seleucptung einen freunblicpen ©inbrud. „©er SRarft in ©onffantinopel", von
©cpönn, iff burep eingelne lebenbige ©ruppen bargepellt, bie fiep gegen ben licp*
ten Hintergrunb gut abpeben. Serlepenb tft nur bie grüne gatbe beS Beltvor*
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IjangeS, Welte gegen ba 8 ©lau bei £intmel 8 fdjte<$t contraftirt. ffttebefS „©or«
lefer", ein h&bfter ©orwurf in bet Spanier beS Serburg, ift mit gleifj unb
SBärme burdjgefü^rt. @ t a nt 8 ' „bie ©erlaffene", ein unjtöneS 9)toti», »on ju
tiefem ©treten nat ©ffect begleitet, leibet überbieS an einer unwahren ©eleut*
tung. ©affalts SDarjletlung eines „ 3 igeunerbuben", geigt ton einer traurigen
©erirrung beS ©eftmacfeS.
©on ©enrebilbern auswärtiger Äünftler finb aufeer ©autier noch ©ofer in
SDüffelborf mit einem oft bargeftellten 9Woti»e: ,,©ie ©eftwifter“, 9 Jtitoel in
9 Rün<ben „ 2 ;er alte Sabafraucher", unb Hübner in ©üffelborf „ 2 )er ©egen auf
bie SfaSwanbeter* gu nennen, welken einzelne ©tönbeiten natgerübmt werben
tönnen. „ 2 >ie ©erfteigerung“, von ©onbermann in !Düffelborf, bat mehrere
fpretenbe Äöpfe, entbehrt aber ber einheitlichen unb überfichtli^en Slnorbnung.
Unter ben ©tubienf öpfen unb s Portrait 8 erfteint wenig bemerfenS*
wertes. Deconomo ’8 „©tubie eines Sitten" unb ber „weibliche Äopf", non
©aul, h«ben einige intereffante 3 üge. ©inSle’S „Jpebe" mit ihrem aufserotbent=
lieh fofetten SluSbrucfe wibertyritt entfliehen ber ttai» einfachen Sluffaffung ber
Sitten.
Unter ber großen Slitgabl ber lanbf<baftli<ben ©ilber finb bennot einige
tbeilS auSgejei^nete, theilS gang tüchtige SBerfe. 3u ben erjteren bürften bie beiben
üanbftaften non $>rofeffor SllBert 3immermann in SBien; „9la<h einem ©ewitter
auf ben Sfatpejganer ©ebirgen", »on $einlein in SRünchen; „$>ie blaue @um\>e
im IReintbal, bei fPartenfirten", »on ^rofeffor $au 8 bof er in 'präg; bie „ 8 anb*
ftaft an ber italienifchen Äüfte, bei 9tijja", »on 2 eu in ©üffelborf unb bie
Sanbftaften »on SKorgenftern unb ©tleit in SRünten gu gählen fein.
3immermamtS „Dberfee bei ©erchteSgaben" macht burch bie treffliche Slnorbnung
beS ©angen, bie fdfjone ©eleuchtung beS ©ee’S, ben prächtigen Slufbau beS £>in=
tergrunbeS einen impofanten, fo wie burdj bie einfadten SOiittel, mit benen bieS
alles erreicht ijt, einen b»tft gewinnenben ©inbruef. 2)aS anbere ©ilb, „2)er
©eitenbat im ©enter Dberlanb", giebt in trefflichem Sichtrefiere eine bet
9iatur abgelaufchte ©orfteflung beS ShtblicfeS »on ©erg unb Shal nach einem
längeren heftigen ©türme. £>auSbofer 8 ©ilb, eine grofje Gompofition, gettnet ft<h
burt bie gelungene ©ertheilung ber eingelnen ^artieen unb baS ©efttef, mit bem
ber ©orbergrunb, baS -Biittelbilb mit ber blauen ©urnpe unb ber .pintergrunb 3 H
einanber gruppirt finb, fo wie burch ben warmen, gefättigten Son ber garbe auS.
h ein fein 8 ?anbftaft ift ein (ebenS»oD unb energift aufgefafjteS ©ilb. 5)ie
hrä^tige ©ehanblung ber SBolfen, bie blenbenbe ©eleuchtung mit bem Steflepe ber
©onne auf ben eigentümlichen ©ebirgSformationen unb bie ©ewegung im gangen
©ilbe fönnen bem 3uf<hauer bie gefchilberte ©ituation beftenS »eranf<hauli<hen.
©inen freunblichen ©inbruef ma^en aut kie ganbftaften »on ©toeffer auS
SBien unb SJlar 3intmermann auS SJtünten, erfiere burt eine eigentümlich
ft »ne ©eleuttung, festere burt bie prächtige ©itengruppe.
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Son ben Schülern beä %>rof. 3itrtmetmann finb einige feh» • fleißige unb
Talent »errathenbe Arbeiten auSgeftellt; befonberS gelungen ift Äorjine!8 „SOtoti»
nom $interfee".
Son ben S^terftürfen ift ein fcf>öner 93 ol „Unter Stufsbäumen erwarten
Äüh e am SDtittage ba8 Deffnen ber Ginftiebung", befonberS ju erwähnen.
©an 3 föfttiche Staturftubien ftnb bie jwei ,£)unb8föpfe ton Sefcf) in SDftffelborf.
Unter ben Slumenmatem erfdjeint Anna Meters auS Stuttgart mit einem ganj
anmutigen Sitbchen „$ofenforteu".
55ie Aquarellmalerei ift bur<h tyübjdje Arbeiten non SeeloS, ©erftmeper,
SWJfsmer, Söetner, Sliacholb unb ©nauth vertreten. 5Diacf>olbS „SacchuSjug" leibet
an mannen Sieberhclungen, jei^net fid> aber burdf eine anmutige Anorbnung
unb einzelne hübfche 3eic^nungen auS.
3n ber 3o^l ber a r cf) i t e f t o n i | d) e n ^piäne machen fid) ein paar jievliche
'Platte ju 93iüen »on pafenauer unb bie Gutwürfe für bie $)rellerfyaUe unb baS
gro^ergogli^e SDiufeum in SBeintar, »on bem biefigen Architeften 3ite! bemevfbar.
geltere 9ptäne, in italienischer SReitaiffattce, finb mit einer Reinheit unb einem
@efd)macfe auSgeftattet, ber einen wahrhaft monumentalen Sau »erfpricht. Son
großem Talente jeugen bie IG Sfigjen gu einem SilbercpfluS „55er Afen Stotgelb
unb bet Stiftungen Gnbe“, »on einem Schüler ber Afabemie, S)r. JpauSegget.
Son SouiS Saeobp, bem in jüngfter Seit »on Serlin f« e h cr berufenen
9)rofeffor, werben ein paar AquareHjeidjnungen unb mehrere Jlupferftiche oorgefübrt.
2)ie erfteren ftellen un8 in ber garbe be8 DrigiitalS jwei Sßerfe großer SDteifter
»or: StafaelS „Schule »on Athen“ unb Staggi il Soboma’8 §re8c ogemälbe in ber
Barnefina „5)ie $ochgeit AlejranberS unb ber Stojrane". 68 finb wahre SOteijier*
werfe in ber feinen unb minutiofen Ausführung unb bürfte man wohl h*^ Aqua*
retljeichnungen in biefer Sottenbung nicht gefeheit h°b«n. — Storane’S .Ropf
erfcheint überbieS noch einer Äreibegeicpnung in ber ©rüfse be8 DriginalS.
55ie beiben lebten Silber geben unS eine fdjönc Sorftellung »on Soboma’8 6om*
pofitionSweife unb ber Anrnuth, 3artheit unb 3nnigfeit biefeS SJtcifterS auS
?eonarbo’8 Schule. — Unter ben »on Sacobp auSgeftellten Äupferftic^en, bie in
ihrer Art muftergültig finb, erblicfen wir einerfeitS „55ie Sage“, „55t'e ©efdjichte“ unb
„JDie tpunnenfcplacht" nach -RaulbadjS GartonS, unb einen frönen SopanneSfopf »on
£iarini, auS ber Schule ber Garacci, anbererfeitß iJ)ortrait8 ber ©enerale 2)orf
unb be la SDtotte*gouque, »on GonteliuS, ©uhl unb SOtonunfen.
Stehen Sacobp nimmt Ghriftiait SDtaper au8 SBien nut feinen auSgeftellten
Äupferfticpen: „SoreaS entführt bie Drpthia", nach StubenS, „Hercules unb Dmppale",
nach Stahl unb in feinem neuesten Serie: „3o" nach bem im Sel»ebere beftnb*
liehen ©emdlbe Gorregio’S einen gang acptungSootlen ^tafc ein. Auch 9>oft8 Äupfer*
flieh n ®ber »on SBolfen überfallen" nach Stutharb ift eine »erbienftlicpe Arbeit.
3n ber Steihe bet ptaftifepen Serie finb bie h ertJ0rra 9 en bften bereits in
bem früheren Aufiajje entfprechenb gewürbigt worben.
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55er t>ort ©r. SWajeftät genehmigte Sorgcmg, naf »eifern eine Ketty non
©emctlben au$ ber bteöja^rtgen afabemtfchen außftellung für ben ailerhöffien
$ o f im allgemeinen angetauft mürben, ohne mie in früheren gäden eine fpectelle
SefHtnmung für bie ©alerie am Seloebere ju erhalten, h^t *8 möglich gemalt,
bießmal au(h auf SBerfe jüngerer Äünftlcr, beren arbeiten jmar alß außgegeifnet
ju nennen finb, bie aber nof nicht jene fünftterifche Steife geigen, bafc fie alß
SKeiftermerfe in ber mähren Sebeutung btefeS SBorteß angefehen merben tonnten,
Sebaft ju nehmen. *
* 2)er um baS 3uftanbefommen eines mütbigen Sentraalß für ben großen auto¬
nomen fo fehr oerbiente fonigl. mürttembergifchc SRotar ©runer ift im Serein mit
tüchtigen Äraften bergeit mit Verausgabe einer uinfaffenben ©frift über Zepter be*
ffäftigt, unb befucht gu biefem 3 ^ecfe gegenmärtig mit oielen 3 eit- unb ©elbopfern bie
©tdtten, mo Äepler bereinft gelebt unb gemitft hat unb mo noch einlagige SWateria«
lien gu erlangen ftnb 1 .
Saß Such mirb aus brei ooUig abgefonberten Sh e ^ en beftehen:
1 . ÄeplerS Seben unb ffiirfen, feine angehbrigen unb bie Sentmaler. 9)tit
einem poetiffen anhange, grnei Sänbe.
2. populäre aftronomie. Sin Sanb. v
3* Urfunbenbuf. Sin Sanb.
Ser erfte ober biographifche Sfeil mirb ein ooUfianbigeS £ebenSbilb oon Äepler in
ffonen aber mähren garben aufroUen, burfauS nur auf ^ifterifch*aut^entif(^e ^Quellen
geftüßt, unb hat ber V^auSgeber bereits ein außerorbentlif reiches SKaterial gefammelt.
3 ntereffante gang neue SSJtittheilungen merben auch über feine gamilie gegeben. — $>err
©runer h a * unter anberem noch birecte 9ta<hfommen Äeplerß ausfinbig gemacht,
beren Sorhanbenfein oon bisherigen ©effühtSforfchem geläugnet mürbe, aus einem in
beren Sejife befinblichen aufjerft intereffanten ©ebet- unb ©tammbüflein oon ÄeplerS
erfter grau, ber greiin Sarbara Sölütler oon ÜJiül;legg, tommen oiele ©teilen in baS
Such, bie einen reiflichen Seitrag gur Spruch-|)oefte bamaltger 3eit hüben merben.
Sie ©effifte ber Sentmaler mirb nift minber intereffant merben. 3m poetiffen
anhange aber finben fif bie eigenen lateiniffcn Vpmnen, Spigrammc unb fonftigen
Sichtungen ÄeplerS mit guter Ueberfeßung, fo mie feine Serherrlifungen burf ben
9Jiunb ber heroorragenbften beutffen ©anger. 3 ahlreife SHuftrationen merben ben erften
2-h^i Sieren, 3 . S. ÄeplerS Portrait, Saterftabt, Sßappen; bie Senfmaler in ütegenS-
burg.. ffiJeilberftabt (naf bem SSJJobeU), JtrcmSmünfteT; bie ©täbte ?ing, Sfferbing gu
ÄeplerS 3eit; bie Sßohnhäufer in ^ing, ©rag, ©agan, Segensburg, bie alte ©temmarte
in 9>rag, baS ©floßfen ©hihlegg u. f. m.
Ser gmeite SUjetl „populäre aftronomie", oerfaßt oon tüchtigen gafmünnem,
mirb bie aftronomie, io meit fie für ben 2 aien oerftanblif ift, unter 3 ugrunbelegung ber
Äepler’ffen ©efefee unb Sarlegung ber gortentmicflung biefer erhabenen SSBiffenffaft oon
ihnen aus behanbeln.
Ser britte Shdt* ff baS Urtunbenbuf", enthalt oiele miftige Socumente,
Sriefe unb anbere auf Äepler begüglife ©frififtücte, biplomatiff *genau copirt, unb
mirb oorgugSmeife gelehrten Sereinen, SUJufeen, Sibliothefen u. f. f. miUfommen fein.
1 ©egenmartig ift £err ©runer beffaftigt, in 2 Bien bie faiferl. arfioe gu burfforffen.
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r 9Son bem mit ttnterftüfcung ber f. Slfabemie ber 3Biffcnfd^aften »on
Sr. ©onft. ». SBurgbach ^eraußgegebeneit „Siograpb ifcben Sejrifon" be$ Äaifer*
t(;umß ßeftcrreich erfchien foeben-ber 11. (28ien, f. f. $cf* unb ©taatsbrueferei,
1864.) Ser giemlich ftarfe S3anb (434 ©.) führt im Sucbftaben K, »on Äarolpi bis
Äiwifch weiter unb beljanbelt alfo aud? bie Siographieen ber AbelSgefchtechter Äaunip,
Äegleoich, Äemenp, SheuenhüHer, ÄielmannSegge, ÄinSfp, wobei benn bie beigegebenen
neun genealogischen tafeln rü^menbe ©rwähnung finben muffen.
SJon ber nötigen Anschauung auSgehenb, ba§ feit Seginn ber Verausgabe beS
SejrifonS uiele SSeranberungen in ben ScbenSoerhaltuiffen ber befprochenen ^erfonen nor
ftch gegangen, tragt 38. baS einftweilen ®efdj>ehene in einem Anhänge nach, befpricht
tafelbft wat;renbbem benfwürbig geworbene Scanner (unter anberem bie Sei^örat^e Sring,
©upr, Sietl, Sreher, ®isfra u. f. w.) unb giebt bie SobeStage ber mittlerweile $er*
Blic^enen an. Sabei wirb nicht »erfaumt, bibliographifcheS ©iaterial gu bringen, fogar
3eitungSartifel ftnb genau regiftrirt; ein nach brei ©efidjtSpunften georbneteS Spalts*
»ergeichniß giebt bie erwünfe^te Ueberfic^tlicbfeit.
Sie Art unb SEÖeifc ber 3JeT;anblung, welch« baS umfangreiche 9Jiaterial bur$
Sf. SBurgbad? finbet, ift betannt genug, man f^apt mit [Recht ben ©ammlerfleiß, baS
entftge ©treben nach biographischer wie tubliograp^ifc^er 33ollftanbigfeit, unb ftaunt über
bie ®ebulb beS SWamteS, bei* als ©ingehter eine fol^e Arbeit unternahm unb burdy
führte. Aber wer biefeS SSerbtenft anerfennt, wirb gewiß für überflüffig h a ^ en r m«S
Verr ». SB. in ber Sonebe gum 11. Sanbe (©. IV unb V) an Personalien »or*
bringen gu müffen glaubte.
* Sa&ib ©chonherr, fRebacteur ber „Siroler ©chüpengeitung", ^iclt bei ber jungft
ftattgefunbenen ®enerafocrfammlung im gerbinanbeum gu Snnöbrucf einen SSortrag über
bic Äunft in Sirol im 16. Sabrhunbert. ®r gab unter anberem eine furge Oefc^id^tc
beS Äaifer 9Raj>SenfmaleS unb wicS gum erften 9JJale mit Seftimmtheit nach, ba§ bie
©tantbilber Arthur unb Ähcoborich au$ ber 38erfftatte beS berühmten 9JieifterS Peter
SSifcher gu Nürnberg h^orgegangen ftnb- — ©ine ausführliche, auf Urfunben geftüfete
®ef<hi<hte biefeS Senfmals wirb ©chonherr nachftenS »eroffentlichen.
* „Sie bbhmif^en ©urorte als SanbeSangelegenh eit" ift ber Üitel einer
flehten ©chrift, welche fürglich in ber f. f. Unioerfitätsbucbhanblung bon griebrich 33ecfe
in Prag erfchienen ift. Ser 33erfaffer, laif. SflatT; Sr. ©. 3- ». Veibler, macht jtch’S
in biefer ©eprift gur Aufgabe, bie S3ebeutung ber einheimifchen ©urorte — als öffent¬
licher europaifeper Veilanftalten unb als einer ßuetle beS ©infommenS unb beS [Ruhmes
für baS Sanb — herborguheben unb, tnbem er ben mehrfachen SBertf; biefeS baterlan-
bif^en SeftfethumS in baS gebührenbe Sicht gu ftetlen trautet, gugleich auf bie SSerpflid;*
tung hinguweifen, ein folcheS Seftpthum gu fchü^en.
* 9>rofeffor grang 2:olbp r Secan ber philofophifchen gacultat, h a * 3 ur Sücular-
feier beS ©t. ©tephan-DrbenS im Stuftrage beS ungarifchen ^offanglevS eine furge präg»
matifche ®efchidhte biefeS SrbenS gefchrieben.
* Sie mit ber [Regelung ber Angelegenheiten beS ungarifchen 91 ationalmu*
feuntS betraute ©ommiffion ift untangft h^h ern aufgeforbert worben, biejenigen
©chäben unb Sebürfniffc biefeS SnftituteS gu begeichnen, welche eine bringenbe Slbhülfe
erheif^en, ba bie [Regierung ftch nicht in ber Sage beftnbet, bie gange, für baS 3nftitut
erforberliche unb »erlangte ©ubuention »on 100.000 fl. flüffig gu machen. AIS folche
bringenbe ffiebürfniffe h«t nun bie ©ommiffton begeichnet: Sie ÄuSbefferung beS Sad^S,
bie ^)erfteDung beS SefefaaleS, bamit wenigftenS ber bereits georbnete $h c ^ ^ ®iWio-
thef — nämlich bie aus 60.000 Sanben beftehenbe ©gechenpi*Sibliothef — fo wie
bie bereits gang georbnete SJianufcriptenfammlimg (12.000 ©tüd) bem publicum gu*
ganglich gemacht werbe.
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70Ö
(Sotymifctye 8 ttteratur.) Saß foeben erfctyienene elfte $eft bet b5tymif$en
ÜRufeumßgeitfctyrift („Öasopis Musea kralovstvf fcesköho“) für baß Satyr 1864
(SReb. 3 ar. Srfatfo) enthalt fetgenbe äuffäße: v&afartfß „©ebanfen über baß altftaoifctye
Srbrectyt*, ^alacfty’ß „Seitrag gur Gtyarafteriftif beß Gtyronifenfctyreiberß #djef non
Sibocan", womit bie in bemfelben £>efte abgebrueften Slußgüge auß ben ©erictytßbüctyera
beß XVI. Satyrtyunbertß, bie auf £djef Segug netymen, gu oergleictyen finb; 3- Sitecefß
„Seitrdge gut Gulturgefctyid;te beß XVI. Satyrtyunbertß"; £anuß’ „Serictyt über 8 omnic*
ftyß 9Relobranten"; 3. Äoubie’ß „Sarftellung ber in ber betymifetyen Solfßfpractye am
guße beß SRiefengebirgeß oorfommenben bialeftologifctyen Gigenttyümlictyf eiten"; Somefß
*91otig über (ötttn^’ß Soctyter"; Srfatfo’ß äbtyanblung über ein bisher wenig gewür«
bigteß bibactifctyeß ©ebictyt beß £erm ?ubwig o. 9 >emftein auß bem XVI. Satyrtyunbert;
Otybicfaß „Siograjityifctye Stetigen".
3 « bem erften £efte ber naturwiffenfctyaftlictyen 93 ierte(}atyrßfctyrift „Bfoa" für baß
Satyr 1864 (Sieb. §)rof. ^urfyne unb Äreja) ftnb na^ftetyenbe ärtifel 3 U lefen:
„Ser 91 cf erbau bei ben ©lauen, ben JtyrafO’Sltyriern unb ben ©ermanen in ber dlteften
3eit" oon Sr. grütyauf; „öctymenß SRattyematifer feit ber ©rünbung ber f)rager
Uninerfität" non 3 . ©molif; „Sctymenß ^faronien" non Ä. langer; „lieber bie
Sewegujtg im SBeltaü, natty SJtctye x* oon %>rof. 3enler; „Ueber bie ffiectyfelbegietyungen
ber ptyuftfctyen Ärdfte" oon Sr. 3- Safticty; „Serictyt beß oereinigten Gomite' 3 ur
naturwiffenfctyaftlictyen Grfcrfctyttttg Sötymenß".
Saß erfie $eft ber arctyäologifctyen Sierteljatyrßfctyrift: „|)amdtfv" (9teb. Ä. 3ap)
bringt folgende äuffdße: „Sefctyreibmtg non 33. Seipa" oon 3 oubef; „Serktyt beß
Sincentiuß über Ä. äBIabißlaoß 3 ug flogen SJlailanb im 3 * 1158" non ärdtyioar
Sranbl; „33erictyt über brei in ber SBiener £ofbiblioityef befinblictye Gangionale* Oon
Stybicfa; „Ueberbleibfel ber Älofterfirctye 3 U SKünctyengrdg" oon ^)rof. äöocel; „SieSrb*
wälle bet Sufowno" non (£obr n. a.
©eit Anfang beß Satyreß 1.864 erfctyeint eine gundetyft für bie Sebürfniffe ber
SJlittelfctyulen beftimmte wiffenfctyaftlictye 3 eitfctyvift „Ärof" unter ber SRebaction ber
Herren Sr. Safticty, Stowotnty unfc 3 aubef.
* SBenn nocty oor wenigen Secemtien ber frangoftfetye unb englifetye 33uctytyanbel,
waß ©roßartigfeit unb mercantilen Grfolg ber Untemetymungen anbelüngt, ben beutfeityen
weit übertraf, fo ift beety ber gortfetyritt, ben ber beutfetye Serlag auf allen ©ebicten in
neuefter 3«t gewonnen tyat, ein unoerfennbar großer. Sieß an 3 uerfennen fctyeint unß eine
9>fli<tyt ber |)reffe gu fein, ba für 3 atylrei(tye wiffen*(baftli(tye Untemetymungen ein nictyt
geringer ©rab non 5)iutb, 3lußbauer unb DpferwiHigfeit non ©eite ber Serlagöbucty*
tyanblungen erforberticty ift, unb bei ber wictytigen 9!Rittelftellung ber Suctytydnbter 3 wif<tyen
<S^riftfteUer unb publicum ber Sluffctywung beö Sud;tyanbelö un 3 ertrennlid; ift non ber
gorberung geiftiger Gultur. Ser Sudtytyanbel tyat in ben lebten Secennim 3 war für ein«
3 elne 3 »eige eine ftarfe Gcnanren 3 burcty ben 3luff(tywung beö 3 ntungöwefen 0 ertyalten,
unb er wirb gule^t auf eine mdnberte Crganifation benfen müffen, um biefe Goncurreng
bauemb gu beftetyen; anbererfeit« fctyeint un« aber nocty nictyt genug in« äuge gefaßt
worben gu fein, baß bie Soumale aucty bie Sutereffen be$ Suctytyanbeld .im tyotyen ©rabe
förbem, inbern fte oielfacty gur ?ectüre anregen unb ben Ärei§ befl lefenben ?)ublicum 0
erweitern. Sie beutfetye treffe tyat wiebertyolt bie Serbienfte untemetymenber Serleger
anerfannt unb wir in ßefterreicty bürfen ftyeciell nictyt oergeffen, wa§ bie Serlaglftrmen
Sraumüller unb ©erolb leiften, fte tyaben bie frütyeren ftet« wiebergefetyrten äu*«
flüdtyte ber öfterreictyifctyen Suctytydnbler über Mangel an Vertrauen gegenüber öfter*
reictyifctyen 3Seriag«werfen oerftummen gemactyt. 3 n jüngfter 3 eit befctydftigte ftety bie
treffe mit ber änerfennung ber Serbienfte beö Dtto ©p am er in Setygig in
SBegug auf bie ^eraußgabe gatylreictyer iHufhirter Äinber«, Sugenb«, gamilien« unb
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701
SSclfßfTriften unb wir ftimmen gerne in baß 8 ofc ein, welche# ber J^dtigfeit unb
bem Unternehmungßgeifte biefer Serlagßfirma in bet angebeuteten Stiftung genoßt wirb.
@# laßt fich nic^t Idugnen, baß Spanier feit gel;n Sauren nicht nur gasreiche fonbent
auch gute SugenbfTriften ^erauögab. 150 Sänbe mit 20.000 Sßuftrationen unb in
750.000 Gjremplaren ift eine gang refpectafclc 8 eiftung.
* 3« ©rag ^aben jüngft Scrterathungen guv ©rünbung eineß felbftftdnbigen fteier*
mürtifchen Ämtftoereine# ftattgefunben.
* 3n Muffig t)at fich ein auß gtrctf Sewohnern biefer Stabt beftefyenbeß Gcmite
gebilbet, welche# bie Soiarbeiten gur Durchführung beß bafelbft angeregten ^rojecte# gu
treffen fyat, bem in Jluffig gebornen berühmten Wlaler Waphael Wiengß in feinet
©eburtßftabt ein DenTmal gu fefcen.
E. L. Stuß f)ariß wirb unß getrieben: ©uftar Sore ift auch in Deutfchlanb
Tein Unbefannter, feine 3eichnungen gu Wabelai#, 311 ^errault unb nernel;mlich gu Dante
^aben ben fünftlerifd;cn Seruf Doreß außer S^cifel geftellt. 5$aß aßein für feine 3u-
Tunft Seforgniffe erregen Tonnte, war bie außcrcrbentliche grmbtbarfeit feineß Grapen#,
bie Kühnheit unb Selbftgewißheit, mit welker et fid; in vafeper $olge ben rerfchieben-
ften unb anfpruchbcßften Aufgaben gnwanbte. Unb nun tritt Dord mit gweihunbert
großen Sßuftrationen unb gal;liefen Vignetten gu bem Wßeifterwcrfe beß Cerranteß 1
hernor unb man müßte bcch nur bem Sorurtheile ©eher lcil;en, woßte man bem Zünft¬
ler glüc^tigTeit ober auch nur eine momentane Grfchbpfung gunt Vorwurf machen.
Daß Unternehmen, bie Abenteuer beß ftnnrcichen Sunferß ron 8 a 9Wand;a in
Silbern gu nerfimtlichen, fc^eint auf ben erften SlicT leichter unb banfbarer, alß eß in
2 ?ahrt;eit ift. Die Teftlichen ©efpräche, weld;e ber Grgdl;lung einen fo befonberen Wcig
»erleiden, entgie^en fich bem Sleiftifte beß 3dc^nerß, bie £anblung bagegen wieberl;elt
fich faft unaufhörlich in bemfelben ÜJlotie, baß unfer itrenber Witter feinen romantifd;en
28al;n mit ben traurigften Tcrperlichcn Grfahrungen büßen muß. Gr wirb ungültige 9Me
auß bem Sattel feineß Wofftnantc gehoben, eon Säuern unb SBirthen burcbgebläut, non
Watur unb 9ßenf<hen, b. i. non Wiefen, 3aubercrn unb befen ©eiftern auf baß Uebclfte
gugerichtet. Sofi ^icr ber 3ei<hncr nicht in Monotonie nerfaßen, fo muß feine ^>^attfaftc
mit bem $umor beß Grgdhlerß gleiten Schritt galten unb ben äußerlich nerwanbten
Situationen auf felbftftdnbigem SBege neue Seiten abgewinnen. Dord h a *f fleh f c h v
glüdlich burch eine eben fo forgfame, alß mannigfaltige Sebanblimg ber ?anbfcbaft unb
Staffage: bie bürren, biftelbewachfenen Gbenen unb Laiben ber TOancba wechfeta mit ben
SSSilbniffen, Schluchten, Gngpdffen unb ffiafferfdfien ber Sierra SWorena; \)kv in biefem
SBalbe eine fxnftere, fternenlofe Wacht, bert eine maurifche Wuine im roßen Wionben-
fcheine, bann wicber ein gotl;ifcher Zloftergang mit bem feierlichen Slufguge ber Wonnen
ober baß tofle SolTßtreiben auf bem SWartte einer fpanifchen $)rcningialftabt.
2 Ber ben Don jQuijrcte illuftriren wifl, muß fich natürlich einen Stypuß, ein 3beal
beß Witter# unb feineß Änappcn fchaffen. Dord gelang befonberß ber $ibalgo, für wel¬
chen ihm freilich ungdhlige Äünftler, Silbner, 5Waler unb 3d<h ncr rorgearbeitet l;dben.
®t ^ie(t fich natürlich ftreng an baß Signalement ber Grgdhlung unb wußte rorgüglich
bie fchwierige SWifchung ron echter Humanität unb troftlofer ©eifteßoerwirrung gufhtben,
welche Don ßuijcote gu bem Iiebenßwurbigften unb rührenbftcn aller Sporen wa^t.
1 Cervantes, Don Quichote, avec les desseins de Gustave Dord. Tome J. II. Paris,
HacheUe 1864.
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©and?o fcheint conuentionctler gehalten unb nicht mit gleicher Scrliebe behanbelt, bage»
gen ift Snlcinea ein foftli^er 2ppud non fpanifd>cr Säuerin, feef audgefül;rt unb gleich¬
wohl ohne ju »erleben, Ueberbaupt muß bie Sidcretion bed Äünftlerd, welche (;ter manche
harte ^rebe $u hefteten hatte, befenberd gerühmt werben: er wirb nie gemein ober auch
nur trinial unb t>ergid;tct bed; auf feined, felbft ber ftärfften SJiotine, welche ber ©t^ät;»
ler ihm bietet. Uncrfc^opflic^ ift aber feine ©rfinbung, bie f)ocfte ber Sluffaffung, ber
JKeicbthuni ber Spuren in ber malaifc^en Jludftattung ber ©pifeben: I;ier finben ftd)
3 eichnnngen, Welche auf einen T;ef;en felbftftänbigen Sßerth 9lnfprucf> machen tonnen.
Ser Verleger hat ben 3eid?nungen, bie non ȣ>. $)ifan gan 3 meifterlich xn
gefchnitten fntb, bie Uebertragung non Siarbot beigefugt unb bad ®an 3 e mit nerfchmcn-
berifebem tppcgrap^ifi^ett Sujrud audgeftattet. Sn allen Salon« unb eleganten Siblio*
tl;efen begegnet man fehen ben präd;tigen 3 Wei goliebänben, welche einen ber foftbarften
Suwclc ber Sitteratur in würbiger gaffung aufbewabren,
D. (SSom heutigen Süchermarft.) Unter ben 9?euigfeitcn ber lefcten Sod^u
finben wir, wenn auch teine großartigen Unternehmungen, bod) eine Sl^ahl guter ©r«
{Meinungen non allgemeinem Sntereffe. Sa fie ben ncrfdjiebenften 3weigen litterarifcher
Jhätigfeit entftammen, muffen wir und befchränfcn fie in bunter (Reihenfolge auf 3 itfüh*
reit unb fteflen wohl billig ein neue« p^iiofop^ifc^eö Scrt an bie Spiße, beffen erfte
.{>älftc in einem ftarfen Sanbe norliegt. 6 d betitelt ftd;: w ^>l;ilofophie bed Siffend".
(5rfter Sanb: bie Sehre nont Seriellen, non 3* non Äird;mann. Ser ald philofopbi*
fchcr Schriftfteller noch unbefannte SSerfaffer (fontgl. preußifcher 2(ppeHationdgeri<htdprä*
flbcnt) fagt in ber Scrrebc feined 3 Berfed, baß er cbeitfo bem Sbealidmud Äantd, gichte’d
unb ©d;openhaucrd ald ber 3 bentitatd* s J)hilofophie ©chillingd unb £cgeld entgegentvete
unb bezeichnet ald gitnbamentalfäfce feiner ^>l;ilofophte: „Sad 2M;rgenommene ift unb
bad fiep 2öibcvfprechenbe ift nicht". Sie nereinte Stnweubung beiber führe 3 ur 3öat;r*
heit unb ed gebe feinen anbern 2 Bcg 3 U il;r.
©ine etwad 3 U fut 3 gehaltene Siographie Son ßarlod’, and bei geber ®arn»
fenigd in Stuttgart, baftrt hauptfächlid; auf ben befannten Slrbeitcn non be 9ttoup unb
®ad;arb unb beit intereffanten Jf'atfachen, bie biefe gotfeher über bad Scben bed itnglücf»
liehen 9 >iin 3 en nereff entlieht haben.
SSictor £ugo’d neuefted Such*. „Sbaffpeare", bad alle möglichen gragen ber Äunft
unb ©inilifaticn mehr 3 um ©egenftanb hat ald bad Sehen unb bie Jöcrfc bed großen
Sid;terd, befjen tarnen ed trägt unb 3 U beffen Subelfeier ed erfchienen, ift nun and)
non Sämann überfeßt bem beutfd;eu publicum norgclegt worben, ©ine weitere nach»
trägÄdje geftgabe betitelt ftcf>: „Äunft über alle fünfte, ein bbd SBeib gut 31 t machen .*
©ine beutfehe Searbeitung non ©haffpeared „the tanring of the shrew“ aud bem
3 al;re 1672, non Sernl;. «Rebler mit fprad;lichen unb iitterarifchen ?(nmerfungen unb
Beifügung bed englifcben JDriginald neu fjevaudgegeben. ©in ©jremplar bed ziemlich fei»
tenen Criginald bed unbefannten beutfehen Serfafferd befinbet fich in unferer ^>ofbiblio-
thef. w ©inc ©haffpearefeier an ber 3lm uon Äarl ©ufcfow" enthält bie non bem Ser»
faffer gcfprochenen Serbinbungdwerte 3 U ben lebenben Silbern, welche fo nielen Seifall
gefunben haben,
3. 3. ©. Senner, ber befannte Ueberfefcer bed Slriftephaned ©uripibcd unb $>in-
bar, hat jefct auch bie Suftfpiele bed Serentiud, gleichfaUd in ben Serdmaßen ber llr»
fd;rift, übertragen. Sebem ber fechd Suftfpiele ftnb erflärenbe 2lnnterfungen beigegeben.
Sr. Äarl n. ©cher 3 er, ber $>eraudgeber ber „^ionarareife", erfreut und mit einem
©fi 33 eubucbe aud bem 91atur» unb Solferlcben im tropifchen 2lmerica r einer ©amm*
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fang von tleineren Sluffafcen über pf)9fifalifcbe, et^ncgrap^ifc^e, politifche unb fociale 93er-
haltniffe ber ?anber Gentral-SlmericaS unb 2öeft*3ntienö. 2)a« 33u<h wirb feine« Inter*
effanten Sn^alt« wegen jidj viele grennbe erwerben, benn wie angenehm fein
aSerfaffer $u fc^reiben verfteht, beweist bie große Verbreitung, bie feine Steife ber
Stovara gefunben bie jefct in mehr als 13.000 ©xemplarcn verbreitet ift, ein SRc»
fultat, beffen ftd) nid;t leicht ein SBert von größerem Umfang rül;men fann. — lieber
bie internationale SluSftellung in Äonftantinopcl vom Safyre 1863 cvfd;ien ein 1 Sericht
von 2>r. Silex. £orn, welker im Sluftrage ber cften*eid>ifd;en SRegierung bie SluSftellung
befugte unb in bem vorliegenbcn SBerfd^en bie bei tiefem Slnlaffe auf voffSwirthfchaft-
li<hem unb inbuftrieflem ©ebiete gemalten 3\'ahrnel;mungcn veröffentlicht.
Sie Sitteratur über bie Slrbeiterfrage f;at, wie ba$ bei ber tiefgel;cnben Bewegung,
welche tiefe bebcutenbfte aller fogenannten brennenben gragen, namentlich im außerofter*
reid^ifef^en 2)eutfdhlanb verurfacht, eine grefce SluSbehnung gewonnen. (Sine ber wichtigen
©rfcheinungen: w £crr Saftiat Sdjulge von Selifcfch", von Safatle, T;at in voriger Kum¬
mer eine einge^enbe Sefprechung gefunben, feitbeni l;at ber Sifc^of greil;err von Äetteler
feine Stimme in ber Slrbeiterfrage abgegeben unb unterbiet;! in feiner S^rift bie ?ei*
ftungen beiber Slgitatcren einer eingel;enben Äritif. Seigegcben jtnb ben (Srcrterungen bc$
Verfaffer« von unbefannter £anb jufammengcftellte ausführliche ftatiftifd;e Slotijen.
©i$ung$berid)te.
Ä. fi. gcöltrgifdjc ttctrijsanftolt.
<»i(jung am 10. 9JJai 1864.
■fierr !. !. 5Bergratlj W. 58. Sipolb im 93orfifc.
Wiitt^cilungcn Born .^cnn f. !. .ftofratl; mb 2>irectcv 2«. fiaibinger »erben
»cvgclegt.
6m freiwilliger 2(;eilnel;mcr an ben benevftcl)enben £ommeraufnal;men fcfjlcji
fitf) an. -fterr 3(lfreb ©teljner b. greiberg, angclegentlicbft empfehlen ren ben Herren
58. d. ßetta, 58reit()anpt unb ©cbeerev unb nun frcnnblicbft »iflfommeu
gc^eifjen Bon fiofratlj Jaibing er.
•6err .fiofratf; .fiaibingcr berietet über bie an ibn alb ©efdtcn! für bie f. f.
geologifdte 5Reid>banftalt Bon ben Herren die be 5Beaumont unb be @l;auceurteib
eingefanbte geologtfcbe Äarte be« (Departement« ber .flaute Warne, in bem W*fje »cn
1:80.000 ober 1.111 Älafter auf ben 2?iencr 3ctl in Bier 58Iattern, jufammen
5 gu§ §cd), 4 gu§ breit.
einer fmmblidien 58eridjtcrftattnng beb fwrm ^rcfefforS Sfjrel erbmann in
(Stocffyolm entnimmt Jaibing er bie 9!acbricf)t, ba§ boii bemfelben bib jurn .fierbfte
aefjt neue 58Iättcr ber geclcgifdicn 2(ufiialmibfarten jur 58cr]enbung an bie f. f. geolo*
gtfdje 5Rei$«anftalt fommen »erben, fpäterbin neep baju eine Seridderftattung mit einer
2(njat;l {(einer Ueberfidjtöfarten.
.f)err f'refeffer 3. 51. Söolbtirf» in Salzburg batte mit großem erfolge unb
erfreulicher 2f)oilnaT;tne ber 58e»obncr einen Gocluö ton Bier 58crlefungen über geolo-
gifefte ©egenftänbe jum 2'ortfieile beb „©ablcnj-gonbb" gehalten, aeltpeit er auf Biel*
feitigeb (Verlangen ned) eine fünfte anrei^en mußte, namentli^ über bie Arbeiten ber
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704
f. f. geologifcheu Meichdanftalt unb ihre ttntevfuchungen in ben ©algburger Sttpen. ©er
^Reinertrag für bad (5omite war 147 fl.
perr ?. !. ©ergratl; 9R. 38. Sipe I b machte eine Wittheilung über bad 33crfommen
ber „Sungcr ©ehrten" (Oberer SjTria«, Äeuper) im SSiener ©raben, einem fleinen
©eitengraben bed it;alcö gwifeben Oiobaun unb Äaltenleutgeben, femit in ber 9läbe oen ffiien.
£err §. greiherr o. Slnbrian befprach bie allgemeinen ©erhältniife bed friftalli-
nifc^en Sl;eilcd ber Meinen Äarpatben imb legte einige ©elegftücfe gur (Erläuterung oor.
©ie £auptgefteine, welche f;iet auftreten, finb ©ranit, ©ranitgneid, ©hloritfchiefer,
Urttyonfc^iefer. ©er ©ranit bilbet bie $auptmaffc bed ©ebirgoftoefed ber fleinen Äarpathen,
ift jebcch nid;t febarf rem ©ncife unb C5f}leritfcpiefer abgefenbert, ed treten melc gwifeben
biefen feften Sppen fchwanfenbe Witteloarietäten auf, welche gu bem ©c^luife brdngen,
bafe bie fraglichen ©efteine nad> ihrem ©urcbbruche einer allgemeinen umwanbelnben
(Einwirfung audgefefct gewefen feien, wae webl ben 3Öecf>fel gwifd^en fc^iefrigen unb
feinigen ©ifteinen erfldren würbe.
#ert SBolf befpraef) bie bisher üblidre ©lieberang ber in 33el;men auftretenben
Areibefcrmatienen, in Ouaber unb planer unb bie oerfebiebenen Unterabteilungen
berfclben, welche ftch mit ben een ben Herren ©r. 33epi*icp unb ©r. ©trombed
aufgeftellten ©liebem tiefer germation nicht ecrgleichen lieücn, unb gab eine tabeUarifcpe
Ucberfid't tiefer ©ebilbc nach ber een biefen lotteren Herren aufgeftellten ©liebeiung
ber teutfepen Äreibe mit bem llnterjcbiebe, ba£ er für 33egeicpnung bed „©ubhercpni-
iepen Ouabergebilbcö" SSepricpö bie llnterfReibung in untere, mittlere unb obere ^ercijnia
jubftituirt.
£>err Äarl SRitter e. $auer fpraep über bie 3ufammenfefeuug ber ©auerquellen
een 3amnica in Groatien. ©ie Unterfucbung würbe über fpecietle Slufforberung
©r. Gjrcelleng bed $crrn 33ifcpcfö ©cerg e. ©reftmaper unternommen, ber ed fiep
in neuerer 3eit gur Dlufgabe gemacht bat, tiefe bisher noch nid;t hinlänglich gewürbigten
OueHen einer allgemeineren ©enüfcung gugufnhrcn.
Oie Ouelle ift ein alfalifch muriatifeper Säuerling unb eerbinbet bamit bie
gefchäfote Gigenjcbaft ber ©tablquellen. ©ie Samnicaer OueKen bürften für bie eon
Kroatien füblid; gelegenen Santeötpcilc tiefelbc ©Jicbtigfeit erlangen, wie bie non SRopitfcp
für ben nerblid?cn 3^*
$err f. f. ©ergrath g. goetterle machte eine ÜJcittpeilung über bie ©rannfol;len-
ablagerungen bei SÖted, weftlich eon Seibnife, in ©teiermarf. 3n ben Sertiärgebilben,
welche fiep an bie frpftaflinifcpcn ©d;iefer ber Äeralpe bei ©chwanberg, Slmfeld bid
Warburg anlehnen, treten auf mehreren fünften ©raunfohlenablagerangen auf, wie bei
Gibidwalb, ©orberdborf, ©rann ic. ©ie audgebebntefte unb wieptigfte ift bie bei ©rannen,
©ic giel;t fiep een ©cple§ Himberg bei ©chwanberg in eftfiitcftlicper. SRichtung in einer
tfänge eon über 5000 Älafter bid Äoprcinife, auf welcher ©rftreefung ein gwifepen
3 bid 8 gu§ mdchtigeö ©rannfeblenflofc gu Sage tritt, unb burch eine größere Shtgahl
reu ©ergbauen, worunter bie een ©teieregg, ©rann unb ©chöncgg bie bebeutenbften,
aufgcfeploffcn ift. ©ad glcp vorfiaept mit turcpfcpnittlicp 5 ©rab nach Storboft unb ift
bid auf eine Siefe een 50 Älafter befannt. (Ed finb auf bemfelben bereits 163 gelb-
maffen unb 12 Ueberfcharren oerliehen, welche ein noch abgubauenbed Äohlenquantum
een 114 WiRionen Gcntner Äcplc bergen, wcoon bei 21 WiÜionen gum Slbbau
oergerichtet finb. ©er gegenwärtige Slbbau ift gleich s ^ull, Goinmunication mit
ber 3 teilen entfernten Cfifeubapn fepr mangelhaft ift unb bie ndepfte Umgebung feine
Snbuftrteanlagcn befipt. ©ei ©orberdborf ift ein bei 8 bid 11 gujj mäcptigcS glefc
befannt, unb fmb barauf 6 gelbmaffen unb mehrere greifebürfc rcrlichett.
Utiattm Br* ftmitoti Ut kl Wtout lettuug.
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Duetten $u brei föomanjen U§Ianb£
J. St. SBofyl fein beutlet Sinter ^at ben ©eift beS ÜJtittelalterS fo tief
erfaßt unb fo eigentümlich »iebe^ugeben gewußt n>ie Ui>ianb. 99fan merft ’8
bem Sinter an, in welche Schule er gegangen unb bem Äenner mittelalterlicher
Sitteratur wirb f>ie unb ba ein altbefannteS ®eftcf)t entgegeuldcheln, a !8 hätte er
ba 8 felbe feiert irgcnbwo getroffen, fei e 8 in Spanien, in ber fProoence, in 9torb*
Branfreicf), ©itglanb ober Stalien, fei e 8 in £)cutjd)lanb im fDtunbe be 8 ^öfif^en
SDtinnefdngerS, ober au 8 bem üftunbe be 8 33olf8fdnger8 beim SJieigentaiije ober in
fröhlicher ©efellfchaft guter ©efellen.
SBie fdjön unb rei^enb ift e 8 , an feiner £)icf)terf>anb gurüd gu gehen in bie
Stage ber SBergangenheit, unb bie Sieber oon JRolanb unb Siegfrib, non Äarl unb
feinen Palatinen, oom Keimen ©rafen ©berfiarb, oom Staiflefer, ber ba fang am
$afting 8 felb „oon Äarl bem ©rofjen unb ton Siolanb, roit Dinner unb ben 33a=
fallen, bie ba ftarben im Slfyal ju fRonceoal", ju hören, toie lieblich bie buftigen
bunflen Sßalbpfabe hinjuwanbeln unb 3 U laufen bem Siebe ber Siebe, ba 8 un 8 an»
heimelt, toie ein längft befannteS SolfSlieb, fo einfach unb fo toafir!
Schon biefe tiefe 23ebeutung UljlanbS rechtfertigte e 8 h>nauf 3 ufieigen unb
nad) ben Duellen ju forfdjen, aus beiten er ben Stoff ju feinen ^crrlidhen 9to»
maitjen geholt, um ju fchen, toie nteifterlich er e 8 oerftanben, ben bidjterifd^en
Äern au 6 ber Sage 3 U fchdlen, ba 8 wirflich 33ebeutenbe ^eroorgu^cbett, minber
SBebeutenbeS in ben £intergrunb ju brdngen. Unb in ben meiften Bällen wirb eine
foldie Untcrfuchung für ben, ber fie anfteHt, eine toahre JperjenSerquicfung fein, e 8
toirb ihm bie feltene greubc ju Sheil werben, mitten in bie Sßerfftätte eiite 8 echten
S)i<hter 8 ju treten unb bie ©ebeimntffe feines Schaffens belaufenen ju fönnen. Sn
einem neuen ungeahnten Sichte wirb ihm früher UeberfeheneS erfcheinen, furj ber
Sohn unb bie greube werben ihm weit übertoiegen bie geringe SDtühe, bie er fi<h
3 U geben braucht. Sehnliche Uitterfuchungen aujuregen, feineStoegS fie ooHftänbig
3 U geben ift ber 3wecf biefer Seilen.
©eiehrte Bachiudnner hätten meiner Srbeit allerbtngS entrathen fönnen, ich
ba<hte unb beitfe aber 3 unä<hft nicht an fie, fonbem an alle jene, welche wiffen,
toa 8 toir an Uhlanb hoben, bie lttit freubigem $er 3 en jebe Heine Schönheit, bie
fich ihnen aufthut, wie neu entbeeft begrüfjen. Shnen fei bie Slrbeit empfohlen unb
3 ut oollftänbigeren SSürbigütig uniereS SDichterS ein SBeg gegeigt, ben fie bisher
nicht gefannt ober vielleicht überfeinen.
1804. Panb UI. 45
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I. 3aufre RttieL
@8 fitib bie bret erften Nomanjen au8 ber (Sammlung: „Sangerliebe*,
toelcpe un$ ^ter befcpdftigen foUen. ©er §elb ber eiften, Saufre (©ottfrieb) Nubel,
fd;eint jtoifcpeit 1118 unb 1200 gelebt ju paben \ Nfarcabrun, ber berühmte pro*
oencalifcpe ©icpter (jioifcpen 1140 unb 1185) erfctyeint als fein Seitgenoffe. ©einen
©parafter fennjei^net bie (Sage non feiner abenteuerlichen Siebe jur fernen ©rdfin
oon ©ripoliS, beren SSBa^r^eit nicht angejmeifelt ju toerben brauet. 3n biefer
©rdfin oermutpet ©iej 1 2 3 4 mit Slbbe SWillot bie Szepter NaimunbS I. r mit Namen
Nlelifenbe, roelcpe mit ÜJitcpael GommenuS oerlobt mar. SDiefer aber oermdlte fich
nicht mit ihr unb ber Schimpf fann fie toopl betoogen paben, in Älofiermauern
©roft ju fuchen ©te Äunbe baoon, in$ Slbenblanb oerbreitet, traf oieHeidpt auch
unfem ^^antafierei^en ©icpter unb floate ihm jene unglüdflicpe Seibenfcpaft ein,
bie mit bem SEobe enbeit mu&te*.
Unter ben fieben un$ oon Nubel erhaltenen Siebern beziehen [ich meiere auf
frühere Siebeöoerpältniffe; jmei jeboch mit Sicherheit auf feine Siebe jur fernen
©rdfin. ©a8 eine jeidpnet fiep burch feine lunftooUe §orm au8, inbem e8 nur jmei
Socalreime pat, bie [ich k urc P Strophen pinburdpjtepen unb jum Schluß ber
Strophe eine Nachahmung beö Gdpo’ö. 3cp oerfudpe e$ ein paar Strophen über-
fefct ju geben, bie mittlere ber angeführten ift oom treppen ©iej überfefctV
So füjj entfcplummert’ icp noch nie,
©afj nicpt mein ©eift ihr märe naf;,
9ftein $erj beftfet bie ©cponfte ja
Unb meiner SSünfcpe 3iel ift fte.
©och medt ber borgen mich, o! mie
©utfliept mein befteS ©lücf mir ba! a,
gleug 33ote übern Strom 3li 5 r
©enn halb bin ich ih r fdbw nah,
Unb barf ich bei it;r taufen, ah,
©o moU’n mir fofen ich unb f lc *
9Jiein $Patpenfegen fehlest gebiet;,
a. Sßenn mtep bie Siebe tobtet — ja, a, a
©cpön ftnb bie SSerfe, feplt’ icp nie
Unb füget alles mopl fiep ba,
Utib mer bieS Sieb oon mir empfap,
©er änbre mir niepts bort noep pie!
Unb poren’S bie in ßaerci,
©erftepn mirbs oon Stcloufe Ä ber ©rafe, ja! a, a.
©epon ift baS Sieb unb alle paffen fie,
©ie Söorte, btd man fingt unb faget ba, a, a.
1 ©ie$: „Seben unb Sßerfe ber ©roub." 54. ff.
5 51. a. 0. 55. hist. litt. XIV. 562.
3 tlnberS „Histoire de Languedoc" o. Sßaifette II. 460. #iena<p märe eS bie 2Bittme
SRaimnnbS II. gemein, bie 1190 inö Älofter trat. 3d) mochte eper biefer 5lnficpt juftimmen.
4 «. a. 0. 60.
5 ©er Strom beutet naep CDieg mepi ben ©eg oon 53laia naep SDtarfeitte an, mo fiep bie
Pilger nad; ^aidftina einfcpijften.
• s 3iacp ©iej iHaimunb V., ber fiep öfter in Ouerei aufpielt, ein 5>ermanbter ber ^ringefftn
oon ©ripoliS, ber um bie Siebe bee ©id;ter$ mobl toifjen fonnte.
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9lu<b Dom 3 weiten Siebe, ba§ fi<b auf biefe Siebe bejie^t, fei mir gegönnt
na<b Sieg’ Ueberfefcung jmei ©tropfan mit^utfjeilou.
55eleb’ ©lüdf, wenn id; fie brünftiglid;
Darf bitten um ein Dl'bacf) fern,
Unb, ad;, »ielleidjt t;erbergt jie mid;
3u $aufe, femm id; auch »en fern'.
Da giebW ein Äefen gar »ertraut,
Sßenn ferne Sieb’ mit fiifjem Saut’
Unb füjjen ©d;erjen ftel;t am Biel.
55ebl freu’ tdj mich ber Siebe nie,
©ntge^t mir biefe Siebe fern,
55ei§ nid;t$ fo belb unb jd;öu wie fie,
Sn feiner ©egenb nal; unb fern:
<£o bod) ift fie unb ebne ©leid;,
3cf» wellt’ im Saracenenreitb
©efang’ner fein wenn’S il;r gefiel! 1 * 3
Die alte „Vida", welche in ihrer <ginfad)t>eit motjl bie nadtfte Quelle UblanbS
War, berietet un 8 über IRubel ftolgenbeS:
SaufreS JRubel* war ein fe^r ebler Sltann, ^)rinj »on 33laia; er »er*
»erliebte ficb in bie ©räfin ton DripoliS, ohne fie je gefefjen ju haben, wegen
ihrer großen ©üte unb ber großen dpöfift^^cit, welche i^r bie »on 2 lntio<bia fom*
menben Pilger nacf;vül)mten unb er mad;te auf fie reijenbe Sieber mit frönen
SBeifen unb fcfjlidjteit SBorten*. Unb um ihretwillen nahm er baS Äreuj unb
fhiffte ftcb ein, um fie 3 U feben. Sa auf ber Sabrt ergriff i^n eine b e ftige Äranf»
beit, fo baff feine ©efäbrten »ermeinten, er fei geftorben auf bem ©d)iffe, unb
ibn für tobt in bie Verberge brachten. 90ian melbete bieS ber ©räfin, biefe !am
an fein 33ett unb nahm ibn in ibre Slrme. Unb er nierfte, baß e 8 bie ©räfin wäre,
nnb ©efidjt, ©ebör unb Silent febrte ibm gurücf unb er lobte unb banfte ©ott,
bafj er ibm fein Seben fo lang erbalten, bis er fie gefeben ©0 ftarb er benn in
ben Sinnen ber ©räfin unb fie lief) ibn ebrencoU beftatten im £>aufe ber Demp*
ler 3 U DtipoliS. Unb hierauf nahm fie beSfelbeit Dageb ben fltonnenfcbleier au 8
@<bmer 3 , ben fie empfanb um ihn unb feinen Dob.
Stuf eine genauere 23erglei<bung biefet SarfteKung mit ber UblanbS gebe ich
Weber hier noch bei ben folgenben fRomai^eit ein. Siefelbe ift leicht felbft gemacht.
©8 ift bie Begegnung bet ©räfin, welche bem hänfen Sichter entgegeneilt, ber,
naebbem er fie faum gefeben, in bem Sirme feiiteö §übrer 8 ftirbt — eine 3 arte
Slenberung UblanbS. $tti<bt einmal ba 8 ©lücf ift ihm gegönnt, in ben Sinnen ber
©eliebten 3 U fterben. 9tocb mache ich aufmerffam auf bie treffliche üJlotioirung
ihres (Eintrittes in 8 Älofter. 3Ri^t allfogleicb, wie bie nahe SarfteUung ber „Vida"
will, erfolgt biefe, erft müffen bie Siebet beS tobten ©ängerS bie tiefe ©ebnfuebt
nach ihm weefen, bem fie fortan allein lebt in ber ©tiHe ber Äloftermauem.
(©eblufj folgt.)
1 5$eHftänbig fiub beite Siebet überfefjt, freilich nid)t gauj gliidlidj, in „Äamiegießeri
©ebicfyte bet Jrcubabi'iit". 61. ff.
7 Hayn. Choix. V. 165.
3 „Sfri^en Werfen." £ie$.
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Witter unb $umboIbt, bic ^egriinber ber nuffenfdjaftlidjen
(£rbfunbe.
©on ^)rofeffor Sr. ßlun.
II.
3 n Apumbolbt teilen wir baß ©eftreben, bie (Srfdjeimmgen bet förperlichen
Singe in ihrem allgemeinen 3uiamtuenhange, bie Statur alß ein burch innere
Äräfte bewegtes unb belebtes KangcS aufgufaffen l , 311S Schauplajj ber Statur
unb ber imtewobnenben, in il;r wirfenben Äräfte aber wirb eben unfer planet —
bie Grbe — betrachtet; feit £mmbolbt bie ©ejammtheit ber Staturlenntniffe, bie
K e | a m mt e r i cb e i n u n g e lt ber Statur in ihren gegenseitigen Ginwirfungen burd; 33 er=
gtcidmng crforfdjte, erwatb fich bie Grbfunbe baS 9lnred;t auf ben Stamen einer
SBiffenfchaft. Sftm ift baS ©huf geworben, baS Wenige- wiffenfdjaftlidje Dtei-
fenbe mit ilun im gleichen SJtafje geteilt Itaben, baS Klücf, „nicfyt blofj jfüften*
länber (wie auf beit Grbuntfeglungen), fonbern baS Snttere jweier Kontinente in
weiten Staunten unb jwar bort ju feben, wo biefe Stäume bie auffalfenbften Kon*
trafie ber alpinifd;en Srepcnlflttbfdjaft rott Süb=2lmeriea mit ber üben Steppen*
itatnr beS nörblid;en 9lfienS barbieten". Solche Unternehmungen mieten ju aUge*
meinen 9(nfid;ten aufmuntern, fie mußten ben SJtuth beleben, unfere bermaligc
Äenntnifs ber fiberif^en unb tellurifd;en Grfd;einungcn in il)rem empirifc^en 3u=
fammenf;ange abjubanbeln. SBie een felbft- war bamit in folgern Keifte baS »er*
gleidjenbc Kleinen! ber neuen Schule geboren. £>umbolbt betrachtete bie Stcfultate
ber Staturforfchung in ihrer @efatnmtl;eit: er fpürte bem gefeimnifoollen ©angc
ber Jbeen nach, auf welchem fid) baS SBeltall als ein l;armoni)‘h georbneteS ©an*
geS barftcKt. Gr rang und; Giitficft in bie JDrbnuttg beS SMtatlS unb nach @ r =
fenntnif beS 3ufammenmirfenS ber pbpfifckn Kräfte. Sie Statur ift bann für bie
benfeitbe ©etracbtnng — Ginfeit in ber ©ielficit, ©erbinbung beS SRannigfaltigen
tn öorm unb 9liifd;ung. Snbegriff ber Staturbinge unb Staturfräfte, fie ift ein
lebenbigeS Katijeß. Saß micbttgftc Grgcbnifs beS finnigen pflifitcbcn gorfdjerS ift
bah er nach Apumbolbt biefeS: in ber SJtannigfaltigfcit bie Ginbeit ju erlernten;
ron bem Snbwibuellen alles ju erfaffen, waS bie Gntbedungen ber lebten 3*nt=
alter unS barbieten; bie Gingelfeiten prüfettb ju fonbern unb bo<h nieft ihrer
SJiaffe ju unterliegen; ber erhabenen ©eflimmung- beS SJtenfdjen eingehettf, ben
Keift ber Statur gu erfaffen, welcher unter ber Secfe ber Grfcheinungen üerttüüt
liegt. Stuf tiefem SBegc reicht unfer ©eftreben über bie enge Krenge ber Sinnen*
weit l;inauS unb eS lanit unS gelingen, bie Statur begreifettb. ben rohen Stoff
empirifd;er 9lnfd;auuug glcidifant burch Jbeett 51 t beherrfchen. Kenerelle 9(nfid)ten
erhöhen ben ©egriff roit ber SBürbe unb ber Kröjje ber Statur, fie wirfeit lau*
ternb uub berubigenb auf ben Keift, weil fie gleidjjant ben 3wiefpalt ber Gle*
1 .pumbolbt: „Äesmec." I. 'Beriete.
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mente burd; 2 lufjtnbung »on ©efeßen $u fd)lid;ten [treten, ©enerelle 2 (nfi<hten
gemeinen unS, jeben Organismus als 2['ei( beS ©anjeit 311 betrachten, in ber
Pflanze unb im Spiere minber baS Snbicibuum ober bic atgefdjlofjene 2lrl, als
bie mit bet ©efammtf;cit ber SBilbuitgeit verfettete {Raturform jn erlernten; fte
erweitern untere geiftige Gjriftcnz unb feßen miß in {Berührung mit bem gangen
Grbfreiie >.
25ie phhfifd;c Sclfbefcfcreibung SpumbolbtS, ober „bie oergleicbenbe Grb» unb
.himmelSfunbc" im ©eifte {FmmbelbtS fann femit als „bie benfeitbe {Betrachtung
bet burd) Gmpirie gegebenen Grf^cinuugen als eines Dlaturganjen" bezeichnet
werben.
Seiend [ich ^ ie Stiftung tpumbolbtS burd; ba§ Streben nach ©rfenntnijj
beS CrganiSmuS uitjereS GrbfürperS als Sd;auplaß ber 9iatur anS; fo geht baS
Streben {RitterS baljiit, bie {Beziehungen ber Tcatur gunt ©eifte, ober baS 25cr=
hältnifj beS GrbforpcrS jum 9Dienichcngefch(ed;te zu crforfd;cn. Senn baS 2lugc
JRitterS bie {Bobenplaftif nach ben reridjicbenen JDimcnficnen in Klarheit auffaßt,
unb bie einzelnen ©lieber ber (Kontinente, wie fie nad; ihren befonberett l>erl;ält=
ni[[en ein in [ich znjammenhängeubcS ©anzeS bilben. unter eiuanber unb mit
il;ren ehemaligen 3u[tanben unb SBcrBältni[[cn au fid; unb nach ihrer Seltfteßung
verglich *; fo i[t ihm unferc Grbe nicht blofj ein SdKiuplaß ber 9iatur unb ihrer
Äräfte, fonbem auch b* c Primat, ber Sohnort, bie temporäre GntwicfclungSanftalt
für baS 9Renfchengefd;(ed;t. 2>aS ethnographijebe unb ht[torifd;c Glemcnt in ber
geographifdjen Siffenfhaft i[t bernnad; ein rrefentlichey ftcnnzcichat 001 t {RitterS
Grbfunbe, unb unterjd;eibet [ich *beit baburd; von £umbclbtS {Rid;fuug. 9tad;
{Ritter i[t bie Grbe als planet bie mütterliche Trägerin beS ganzen SOiettfcfjcn-
gcfhlechteS; bie Grbe, als Schauplaj? ber 9tatur unb ihrer .Strafte, foß bie Gr»
weeferin auS bem bcwufjtlofcn Schlummer, bie bilbenbc Seherin, bic organifirenbe
Äraft ber 9Renfd;heit werben; bie {Ratur foß bic SRcnfchhrit zu noch .'höherem, zur
2 (nfd;auung beS Unenblichen im Unfid;tbareu rorbcreitcu.
Schon barauS geht hcroer, bat? bie beibeit tiefen IDcnfor ,hnmbelbt unb 5Rit»
ter bie wahren {ßegrünber ber »crglcichenbcn, ber miffenfebaffliehen Grbfunbe ge»
naunt werben muffen, nur [inb fie eS auf gang verfcl>iebenen Segen geworben.
£umbolbt h«t fein 3<el mit bpülfe ber 5Raturwiffenf<haftcn unb bitreh große Seit»
reifen erreicht, währcitb {Ritter burd; baS Stubium ber erbfunblidjcn Sc[tgeicf)id;tc
unb burdh baS Stubium ber Seltreifcn zu feiner .hebe [id; cmporfchwang. ©enau
genommen bilben aber SBeibe in ihrem Siffen unb Seiden ein unzertrennlid;eS,
ZufammengehörigeS ©anzeS *.
GS würbe — unb wirb nod) immer — nach bem Sefen beS Scitter'fchen
SpftemS gefragt, unb hiu unb wieber fiitb 3Serfud;e gemacht worben, baSfclbe
ZU entwicfeln unb zu erflären; mciftentheilS aber i[t in folchen Grflarungen baS
1 J&umbolbt: „Äoömoc?." I. 23.
1 Älöben: „.tnnifcbud; ber ©eograpfyte." I. 5.
3 ©upot: „©runbjüge ber mgleidjcnbeu phpjifalijcfceu ©rbfunbe."
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710
Sitter’fchc (Stiftern nur „in Simbuö unb Sebel gebüßt" worben. But Seant»
wortung biefer grage wirb matt wohl an bie urfprüngltdje Duette — ju Sitter
felbft — gehen muffen, ju feinen Verträgen in ber Serliner äfabemic, in benen
Sitter bie befte (Sinfidjt in bie Siefen feiner geograpf)ifd)cn 9tnfcf)auungen giebt, nt
benen er feine ©runbfäjjc auöfprid)t unb bie fPttncipicn feftftettt. Sch will eö »er*
fuchen, auö biefen Sorträgen beS unfterblidjcu Steifterö baö ©Aftern nnb ben ©eijl
ber Schule Sitterö in furjer Ueberfidjt »orgufübren.
Son bem SSRenfchen unabhängig ift bie ©rbe, fagt Sitter«, auch °h nc rt>it,
unb »or ihm ber S<haupla{) ber Saturbegobenheiten; non ihm famt baö ©efefc
ihrer Silbungen nicht auögehen. Sn einer „SSiffenfcfjaft ber ©rbe" mu§ biefe
felbft um ihre ©cfejje befragt werben. Sic »on ber Satur auf ihr errichteten
Senf male unb ihre .(pierogltyphenfihrift müffeit betrachtet, befdjrieben, ihre ©on*
ftruction entziffert werben. 3h re Sbeiflächen, ihre Siefen, ihre dpöhen muffen ge»
meffen, ihre formen nach ihrem wefentiiehen ©barafter georbnet, unb bie Seobad)*
tcr atter 3citen unb Sölfer, ja bie Seifet felbft müffen in bem, waö fie ihnen
oerfünbigten, unb in bem, waö burch fie »on ihr befannt würbe, gehört unb »er*
ftanben werben. Sie barauö herrorgehenben ober längft fdjon überlieferten Shat»
fachen muffen in ihrer, oft fchon wieber gurüefgebrangten unb »ergeffenen Stenge,
SRannigfaltigfcit unb ©inheit gu einem überfchaulichcn ©angen georbnet werben.
Sann träte auö jebem cingclnen ©liebe, *au8 jeber Seihe »on felbft baö Sefultat
heroor, beffen SSa^r^eit fich in ben locatifirten Saturbegebenheiten unb alö SBibet*
f^ein in bem Sebcn berjenigen Seifer bewährte, beren Safein unb ©igenthüm*
lichfeit mit biefer ober jener Seihe ber charafterifiifchen ©rbbilbungen gufammen»
fällt. Senn burch e * ne h^ ere Orbnung beftimmt, treten bie Sölfer wie bie 5Ren»
fd;en gugteich unter bem ©influfj einer Shätigfeit ber Satur unb ber Semunft
her»or auö bem geiftigen wie auö bem f>h l )f*f^ en ©lemente in ben ätteö »er*
fchlingenben Äreiö beö SBcltlebenÖ. Sid)t nur in bem befchränften Äreife beö
Shaleö ober beö ©ebirgeö, ober eineö Solfeö unb eineö Staateö, fonbem in allen
flächen unb $öhen, unter allen Sölfern unb Staaten greifen bie gegenfeitigen
Sebingungen in ihre ©efdjichte ein, »on ihrer SBiege biö auf unfere 3rit. Sie
ftehen alle unter bemfelben ©inftuffe bet Satur, unb wenn auch nur in bem einen
ober bem anbern fünfte biefer fich auöjubrüden f^eint ober aitögefyrochen wirb,
jo ift eö bo<h eben fo gewife, ba§ biefer ©influf) ber Satur überall unb gu allen
Beiten tiefer im Setborgenen wirfte, gleichwie ber einft unbefannte ©ott in einet
höhnen SBelt, ber bcd> auch ßorbem immer unb überall gegenwärtig gewefen war.
Sßie man ©ott, baö unenbliche SBefen, anfangö nur in feinen eingelnen Sßirfungen
erfannte, »erehrte, anbetete, ohne ba^ ihn felbft je baö jterbKchc äuge erblidft hatte;
fo löfet fich au<h einmal noch ^ er SBiberftreit taufenbfältig gehaltener Satur*
Träfte, ber ihre ©inheit für unfern Slicf einfiweilen »erhüttenbe Sebel fchwinbet,
nnb biefe ©inheit tritt in ben ©eftchtöfreiö menf<hli<her SBeiöheit 3Rit biefem
©lauben fann jebcö Streben nach Ueberfich* ber Saturwirfungen in ihrem 3«*
1 SRittcr: „Einleitung ju bem ©erfitcfye einer attg. uergl. ®rbfunbe. Ä ©erlin 1852,
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711
famtnenhange, »mit eS »om ©eifte ber 28af)rfieit geleitet wirb, erfpriefclich
werben.
3ebe Betrachtung über ben SfKenfc^cn unb übet bie Statur führt unS non
bem ©ütgelnen gu feinem 33er^dltniffe mit bem ©angen, »cn bem fcheinbar 3u=
fälligen gu bem wefentlidj ©cfepmäfjigen. 2 Tuö bem ©ingelnctt aber geht bie rolle
©rfenntnifj beS ©angen nicht h erD or, wenn nicht and) baS ©ange gugleicp erfannt
ift. Sie Auflßfung beö allgemeinen BerhältuiffeS in feine SScfonberheiten, bie S3e-
trachtung ber 3nbimbualität ber ©rbtheilc unb baS gortfchreiten biß gut Grfennt»
nifj ber benfclben »on ber Statur auSgefprochenen (Stellung gut 2Belt, bieS ift bie
Aufgabe ber SBiffenfchaft.
Ser fPlan gu einer bcrartigen Bemäntlung ber wiffenfchaftlicpcn ©rbfunbe
wäre ungefähr folgenber: 1 . Set Anfang beS gcograpf)itchen ©tubiumS fann fein
anberet fein, als bie allgemeine ©chilberung ber gut Bewohnbarfeit für ben SJten»
fchen fertigen ©rbe. SEÖie 3 .58. bie $)fpchologie anatomifclje unb pppfiologijche Äennt*
niffe »orauSfeftt, fo fefct bie ©eographie 3 unächft einige aftronomif^c unb geologifchc
Äeimtniffe »orauS. Sie erfte Aufgabe bilbet bähet bie Betrachtung ber blofj räum»
liehen Ausbreitungen ber Stinbe unfereS Planeten nach i^ren natürlichen 2Cfet^ei=
lungen, b. i. Sarlegung ber Bertfjcilung bet 8 anb» unb Söafferftä^cn übet ben
©rbbaH, Betrachtung beS quantitatioen BcrhättniffeS ber feften unb ber flftffigen
gorm. Siefen folgt bie ©rflärung über bie fd^on realifirtcn ober im gortgang
begriffenen ©ntwicfelungen beS ©rbförpcrS. SaS ©eologifche in feiner Breite tyci
auftreten 3 U laffen ift eben fo wenig angegeigt, wie Wenn bie ^tlofop^tfc^c ©e»
f^ichte bie mpthifche Borgeit in ben Bereich ihrer Betrachtungen göge. Aber ohne
geologifche ©runblage fann bie ©eographie gar nicht gebacht werben. SJtan fann
nicht Stäume burchmeffen, ohne ber Sßanblungen gu gebenfen, bie fie im Berlaufe
ber 3«ten erfahren haben; nicht bie ©lieberung »on ©ontinenten, bie Statur einet
3 nfelwelt erforfchen ober überhaupt nur »erftehen, ohne fi<h über ihre ©ntfiehung
Stedhenfchaft gu geben. 3n biefem Speile wirb fomit bie ©rbe nach i^rct aHge=
meinften phpfifchen Qualität, nach fh ter foSntifchen Stellung erfaßt unb beleuchtet.
Sie-erfte Steilje in biefem 5£h c ^ e bilben bie feften gormen, bie horizontale unb
bie »«rticale ©lieberung. Sie »erticale ©lieberung ift oon bßh em ©influffe auf ba§
gefammte Statur» unb Bölferleben. ©merfeitS finbet auf geringen horigontalen
aber bebeutenben ‘ »erticalen Simenfionen bie gföfcte Berfchiebenhcit in Begug
auf Semperatut, äblima unb Begetation ftatt; anbererfeitS bilben »erticale ©rhe»
Bungen $emmniffe für ben Berfehr unb für bie Ausbreitung ber ©ultur ber Bol»
fer. Set 3«g ber ©ebirge beftimmt weiterS bie Abbuchung, folglich bie £aupt»
richtung ber glüffe; ©ebirge finb häufig nicht nur Söafferfcheiben, fonbent auch
©prachfeheiben, ©rengen bet ©ulturentwicfelung ftamm= ober fptach»erf<hiebener
Stachbam. ©cbirgSpäffe unb ©cbirgSübergänge »erbinben jeboch auch oft nach cct=
fchiebenen Stichtungen auSlaufenbe ©tragen, fie »ermitteln nicht feiten ben mate»
rieHen nnb giftigen Berfehr unb finb gleichfam vielfältig belebte Bagare. in benen
nicht Blof} SBaaren, fonbent auch fruchtbringenbe 3been auSgetaufcht werben. An ben
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712
3ug bet ©ebirgßthäler unb ©ebirgßübergängc, an ben Sauf ber Bluffe unb beten
SKünbungen, an bie Äüftenentwidclung ift faft bie gelammte Guttut unb ©itti=
gung ber Bölfer, bte ©cf<hi<ht« beß materiellen unb geiftigen 2luf6(üf)enß, bte ber
Böffergüge, Äriegßthaten, beß großen Berfehrßtebcnß ber SRenfchhrit gefnüpft.
2ln bte Betrachtung bet feften Bormen ber Grbrinbe fchlie&t fiep jene bet
ffüfftgen Betmen an. ©erabe bie allgemeinen unb ben gangen Grbbatt in ber
Siefe unb .£>öf)e umfreifenben Bormen ber außbef)nfam= unb tropf&arflüfftgen Äßrpet
oerfünben ihre hohe Bebeuhtng für baß ©aitgc. Saß SSaffer erfcf>eint nicht nur in
ber ©eotogie unb Begetation, fonbern auch ber ©etcpichtc ber Spiere unb S0ten=
fchen at8 ber Anfang bet Steigerung ber Gulturcn, auß ©tromlänbera, 9J?eere?=
füften, SKittetmeeren bis gut SBeltoerbinbung bur<h Dceatte. Saß SSaffer — fagt
Stifter — ift bie natürliche Berbinbung ber Bölfer uttb Gulturen. Saß rölferüer=
binbenbe SReer, bie Blüffe, ©een unb Ganäle bilben bie Slbctn beS SßcrfehrS, in
»eichen baß Bölferleben pulfirt. Sunädbft ift baß SOieer ber grofe SRarftpIah für
bie SWenfdhhcit. Seffen Bebeutung nimmt in bem 9Jiaf;c gu, alß bie 3lngat;t ber
BerührungSpunftc bcöfelben mit bem Befttanbe wächst. 3e länger bie Äüfte unb
je entwicfelter fie ift, befto einflußreicher ift fte für bie Gulturcntwicfelung ber an*
woljnenben Bölfer, befto mehr ift baß Sanb berufen Qlnttjeil gu nehmen an bem
cimlifttenben SBeltocrfehr. Sie Bluffe finb bie Scbenßabern für ba8 Dcgetabilifd;c unb
animalifche Seben; an ben ©tromufern begann bie Gioitifation gu bämment, an
biefen erflanben bie elften SBohnpfäße, hier erblühten bie fünfte beS Bricbeitß; bie
Blüffe ftnb SBcgtoeifer in unerforidbten Sänbern. ihnen uad; gegen Bölfer fo wie
Borger, Ginwanberer unb Goloniften.
fRaturgemäß bilbet fonach ben Slußgangßpunft ber geograpbifchen Betrad;*
tung ber urattologiichc Slicil beS SScltattß. auf wcld;cit ber tellurifche 3lheil folgt.
Gine Begrengung beiber SLhotle ift nothwenbig unb gtoar bieS umfomehr, als mir
in ben £immelßräumen nur phpfifd)c ^roceffe wahrrtehmen, nur SBirfungen ber
SDtaterie, bie »on ber SRaffeiwcrthcilung abhängen, uttb bie fich als ben bpnami*
fchen ©efeßen ber reinen Ben>eguttg§lehre unterworfen barfteHen taffen; toährenb
bet Grbbewohner mit ber geballten unb ungeballt gerftreuteu SKaterie beS fernen
SBettraumeß nur bur<h baß 'Phänomen &ri5 Siebtes unb ben Ginfluß ber atlgmtci*
nen ©raoitation ber SRaffcnangiehung in Berfehr tritt'. Schon bie atlgemeinfie
Betrachtung geigt eß, baß bie Grbc ein ©lieb, ein organifchet Shcil eineß großen
©angen ift, unb in einem gewiffen 2Be<hfcl»erhältniß gu ben übrigen ©liebern bic=
fer realen Ginheit fteht, welche äußerlich burdh bie ©omte repräjentirt wirb, b. h-
bie Grbe ift ein organifc^eS ©lieb unfereß Sonnenfpftcmß. Sic Grforfchung unb
Beleuchtung biefeß Berljältniffeß ift bie erfte Aufgabe beß teHurifd;en ShoilcS; bie
Grbe wirb in ihrem fotarif<hen, lunarif<hen unb fometarifchen Berhältniffe belcuch*
tet. Saran fließt fich bie Betrachtung ber Grbe alß Snbwibualität an; ©eftalt
unb innere SBärme, Sidjtigfeit, eleftromagnetifdje Spannung unb Grblic^t bilben
bie Objecte »iffenfchaftlicher Borfd)ung.
1 .^umbolbt, „Äo^moß." I 67 u. ff.
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©erben bie teHuviidfjen Buftartbc unb Grjcheinungcn in ifircm fortbauernben
©echfcln unb ©erben Betrachtet, fo bezeichnen wir biefeit ©heil mit ber auöbrudö*
Bolten Benennung „pl)V) ii che Geographie". 3n bie phnfifdje Grbbefchreibung
gehören nach §umbelbt — mit ülnöfcblicßung aller in baö fpecielle ©ebiet ber
allgemeinen Phpfif unb ber 9taturgefchid;tc gehörigen Dbjecte — nur bie ,Gaupt=
refultate ber Bergleichenben Dro= unb £>V)brograpf»e, nicht aber Vcrjeidjniffe Bon
Scrgfyöljcn, Bon jcßt noch tätigen Vnlcanen, ober Bon ©rößen ber Stromgebiete.
5ltleö biefcS bleibt ber fpecictlen Sänbcrfunbe Borbefialten. ©ie Slufjäblung gleich*
artiger ober naße oermanbter SRatixmerhattniffe, bie generelle Ueberficßt ber tetturi*
fchen Grfd;einungen in ihrer räumlichen Verkeilung ober Vejichung gtt ben Grb=
jenen ift nicht ju Bcrwcchfclu mit ber ^Betrachtung Bon Ginjelbingeit ber Statur,
b. i. mit einer Vetradjtung, in melier bie Dbjecte bfcfj nach k rcn inneren
9lna(ogieen fuftematifeh georbnet »erben. Spcciellc Sänberbeidjreibungen finb aller»
bingS baö erforbcrliche Platcrial ju einer allgemeinen phnfifcltcn Grbfunbc; aber
bie forgfältigftc tSncinanbcrreibung biefer Sänberbefchreibungen würbe eben fo
wenig baö <harafteriftifd;c SBilb beS telturifd'en Utaturganjcn liefern, alö bie
bloß äußerliche Shteinanberrcihung aller einzelnen Floren beö Grbfreifcö eine w @eo*
grapbic ber pflanjen" liefern würbe. ©8 ift baö ©erf bcS combinireitben 33 er=
ftanbeö, auö ben Ginjclhciten ber organischen ©eftaltung baö ©emeinfame in ber
flimatifd;en Verkeilung heraus ju heben; bie numerifchen ©cfejjc ju ergrünben,
b. h- bie pren Proportionen in ber Saht gewiffer formen ober natürliche».^
milien ju ber ©efammtjahl ber 2bicre nnb pflanjen höherer Vilbuitg ju erfor*
fchen; anjugeben, in welcher Bonc jegliche ber £auptformen ihr Piartmum ber
Jlrtenjahl unb ber organifefjen Gntwicfelung erreicht, ja, wie ber lanbfchaftliche Gin»
bruef, ben bie Pflanjcnbccfe unteres Planeten in Bcrfdjiebcnen Slbftänbcn Born
Äequator auf bau ©emütb macht, grcßentbeilö Bon ben ©efeßen ber Pflanjen»
©eographie abhängt, ©er Brcecf ber phpfifeßen Grbfunbc im ©eifte £umbelbtö ift
bemnach: Grfenntniß ber Ginheit in ber Vielheit, Grforfchung beS Oiemeinfamen
unb beö inneren SuiammenhangeS in ben telfurifdjen Grfd;einungen. ©o ber Gin»
jelheiten erwähnt wirb, gefchieht cS nur, nm bie ©efeße ber organifeßen ©liebernug
mit benen ber geographifchen Verkeilung in Gintlang 51 t bringen,
Stbcr ber Grbboben bleibt nicht baS gleichgültig beftehenbe körperliche; ber
Grbboben ift erfüllt Bon Probucten, welche als Stepräfentanten beftimtutcr Soeali»
täten ber Grbe ober nach 'h rem 35erBrcitungßfeejirfe betrachtet »erben. Gnblich feil
bie ^cerrfcßaft, welche ber 5Btenfd> über bie SRaturlörper bureß Vermiitberung ober
Vermehrung, Umänbernng ober Sluöbreitung auöübt, geograpßifd) nnb hiftoriieß
angebeutet werben.
©er jweite ©heil ber wiffenjchaftlicßcn Grbfunbc bcßanbelt ben Ptenfcßcn,
baö ^pöd;fte in ber 9iatur.
Sobalb wir baratt gehen, ben Bufammenbang ber Grbe ober ihrer ©heile
mit bem Plcnfcßengefchtechte jn erörtern, entfernen wir unS non bem großen Sbeen»
reiche ^nmbclbtS unb treten in baö .Oeiligtßum Bon JRitterö 3been. ©ir be=
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714
tounbent nicht BIo§ bie allgewaltige Äraft be8 Staturgangen, wir Bemunbem unb
Betören gugleich bie Allmacht ber 33orfehung, bie ewig wirfenbe Äraft beS Ur*
qucllS alles phpftfchen unb geiftigett SebenS. 3c tiefet wir cingubtingen nermogen
in bie geljeimnifwolle SBerfftätte bet Siaturfräfte, je flaret wir baS 93erhältnife ber
Statut gum SJtenfchengefchlecbte (unb umgeletjrt) gu erfaffen im ©tanbe finb; befto
lebenbiger Werben wir ergriffen non ber Harmonie ber gangen Bollen SBelt bet
©Meinungen, beflo mastiger unb übergeugenber wirb ber ©ebanfe, bafj unfer
planet mit allen feinen ©inrichtungen nur als bie grofje ©rgiehungSanftalt beS
3Jlenf<hengefchte<hte8 in intern itbifdjen -SBorüBergangc erfcheinen !ann. ©ie Statur*
gemalten in ihren Bebingenben ©inflüffen auf baS 9>erfönli<he ber 33cITerentwirfe®
"lung muffen immer meljt nnb mehr gurüdfmeichen in bemfelben SJtafje, wie bie
23ölferentroicfelung norwärtS fchreitet. ©ie cioiliftrte ÜJtenf^eit entminbet fiel) nach
unb nach e6enfo wie bet eingelne SJtenfch ben unmittelbar bebingenben jfefjeln ber
Statur unb ihres SBo^norteS. Stur für ftationäre 33olferfd)aften nerfdjiebt fich bie
S>hpfil beS ©rbballS nic^t. ©er SJtenfch entwicfelt ft<h gum SJewufjtfcin feiner
Breiheit in ©emeinfdjaft mit Seinesgleichen, — im Staate — Weidner nun feine
geographifche ©rifieng an bem ©runb unb S5oben ber ©rbe, an bet realen @e*
meinfehaft feiner ©lieber hat. ©iefer ©heil Ift formt bie Staatengeographie,
beren ©intf)eilung auf bem Buge ber 2Beltgefchi<hte Beruht. £ier tritt baS „htfto*
rif«he ©lement in ber geographifchen SSiffenfchaft" BefonberS lebhaft henror; nicht
als, hiftorifdhe £3eimif<hung, als Slufgählung Bon ^iftorift^en SJterfwürbigfeiten, fon*
Bern als mitBebingenber ©runb bet ©tfdheinungen, ber hiftonfehen ©hatfachen. @s
ift ein Bebauerlichet SJtifjgriff, ein gänglidjeS S3er!ennen erbfunblid^en StubiumS,
wenn man burdh ^)ineinfle<hten htftorifchcn SJtaterialS baS hlft°ri[<he ©lement in
ber geographifchen SSiffenfchaft „im ©eifte StitterS" gu repräfentiren meint. 3dh
fchweige Bon 2lnficbten, welche trofc .fmmbolbt unb Stitter noch immer hie unb ba
laut werben, ba§ ©eographie nur eine JpütfSmiffenfchaft bet ©cfdhi^te fei; wer
heutigen ©ageS nodh auf biefem ©tanbpunfte erbfunblichen SBiffenS ficht, für ben
haben $umbolbt unb Stitter niemals gelebt
3m britten ©heil ber wiffenfehaftlichen ©rbfunbe foll nach Stitter ber tetturi*
fepe Bufammenhang ber Statur unb ©ef<hi<hte in ben ^robuctionen bet Statur*
reiche bargelegt werben, b. h- ber britte ©hell ift bie eigentliche ©ulturgeo*
graphie.
©ie Äennhtift bet gefonberten fJrobuctionen ber ©rbe nadh ihrer räumlichen
Serbreitung über bie Bormen beS Befien unb Blüffigen, in ihren quantitatiuen unb
qualitatioen, abfoluten wie relatioen Sßerhältniffen gu ben eingelnen 8änbem unb
336lfern ber ©rbe wie gum gangen Spftemc beS ©rbbaÜS, eine foldhe „$)robucten*
funbe" hätte, wenn auch auf nur fchr fragmentarifdhe SBeife, bodh Bon jeher unb
mit Stedht einen nicht unwefentlichen ©heil ber geographifchen SSiffenfchaft auS»
machen müffen». ©ieS ift aber Bisher noch feineSwegS ber Ball gewefeu. ©ur<h
1 Sitter: „lieber eine geographifche ^rebuctenlunbe.*
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715
ben überall fjercoriretenben Steinum ihrer Sltittel gcblcnbet, oergafj bie ©eogra»
ppie auf ihrem aggrcgatioctt ©tanbpunfte bereit Slnotbnung uttb gelangte baljer
nicht ju beren Slnwenbung. ©ie erb ob fi<h nicht über beu materiellen 33efi§, ber
ihr unbelebt blieb, fte fpielte mit ihren ©chäjjen wie ein Äinb mit ©olbftücfen,
beren SBerth unb ^reiS eS nicht begreift. 3Cuf bem bcrmaligen ©tanbpunfte unb
nach JRitterö Begegnung Bon Sn^alt unb Umfang einer gcegrapl;ifchcn ^robucten*
funbe genügt jeboch bie ©pftematif unb Schreibung ber ^robuete, bie Slufzäh»
lung ibreS SotfotnnienS^nach ben Einzelheiten ber Erbräume, ihre Bcrfchiebenartige
Benufcung unb Berwenbung bei weitem noch nicht. Sticht einmal bie wiffenfehaft*
li<he ^Darlegung beS inneren nothwenbigen BufammenhangeS beS ganzen ©pftemS
ber Staturerfcheinungen ift für biefen ©tanbpunft auSreichenb. 5)enn bie Stelation
biefeS inneren ergangen 3ufammenhange8 in allen feinen teHurihen Beziehungen
ift noch wicht ermittelt unb bargelegt; noch fehlt btefeDarlegung nach 3nhalt unb
äußerem Bufammenhang, wie nach ben Uocalbcbingungen jeber 8lrt, nach bem Cor*
fommen unb ber Begrenzung im Staunte, wie nach ber Entfaltung unb Einwir*
fung in bet 3«it; mit anberen Söorten: eS fehlt noch bezeidmete ^Darlegung
nach Staturgefefc unb ©efchichte, fei eS in ber ©egenwart ober in bet Vergangen*
heit, eS fehlt eine wiffenfchaftlich burchgeführte Äunbe ber natürlichen ^robuetionen
in ihrem Berhältniffe unb in ihren Beziehungen auf baS Erbganze, jowie auf
ihre Berwenbung burch bie SJtcnfchenhanb.
Sn biefem ©inne erfaßt Stifter bie ©eographie als baS Banb ber Statur
mit bet 3Jtenf<benwelt, in biefem ©inne ift bie Erbe nicht blofj baS SSohnhauS,
fonbent bie temporäre EntwicfelungSanftalt beS SRenfthengefchledjteS. Stach §um»
bofbt ift bet oon unS bewohnte planet ber Stepräfentant ber Staturenheinungen
unb Staturfräfte, unb bie „Berglei<benbc Erbfunbe* ift bie benfenbe Betrachtung
ber burch ©ntpirie gegebenen Erlernungen als eines Staturganzen; nach Stitter
ift bie Erbe bie Söiege, baS SBohnlwuS, bie temporäre EntwicfelungSanftalt beS
SRenfcpengefchlechteS, er bezeichnet bie „Bergleicpenbe Erbfunbe" als bie SBiffen*
fdjaft ber irbifch erfüllten Staunwerhältniffe, als ben an bie Stäumli^feit beS ^)la=
neten gebunbenen ©ebanfen; nach £>umbolbt ift baS Eentrum ber Setrach*
tung bie Statur, nach Stitter bet SJtenfch.
gaffen wir biefe ^Darlegung bet btei £h c ^ e her wiffenf<haftli<hen Erb*
funbe im ©eifte StitterS unb .fpumbolbtS furz gufammen:
Sn ber phpfifchen ©epgraphie ift ber SJtittclpunft ber Betrachtung bie
Erbe, wie fte als »Statur* im Sltenfchen Z u ih ter fömmt; in ber
©taatengeographie fehen wir ben SJtenfdjen im Eentrum ber Betrachtung,
unb bie Erbe ift beffen SSohnhauS, wie ber ?cib baS SBopnhauS ber Seele ift;
in bet Eulturgeographie erblicfen wir bie Erbe als bie EntwicfelungSanftalt,
baS ErgiehungShauS beS Sltenfchen. 22ir fehen ben Äampf beS ©eifteS mit bet
2eibli<hfeit, bie Ueherwinbung ber Statur, ber. Sltenfchen als „£emt ber Erbe",
als welchen ihn bie Borfepung auf ben Planeten hingefteUt h<it. $iet tritt bie
Totalität ber Entwicfelung aller SRomente, ber innige Bufammenhang beS Erb»
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förperS mit ber Statur unb mit ber ©ntwidelung ber 2 Renid)f)n’t lebcnbig ^crtor.
©chluh liegt im ©nbgwecf ber SBeltgefc^i^te. 2Bir Begreifen bie Grbe als bie
in SSerflärung begriffene Statur, bur^brungen »on bem großen fProcefj ber ©r=
3 ief>ung be§ SJtenfchengefchfcchteS, melier fi<h einft »oHenben wirb in ber efyifdjen,
f)iftorifd)en unb ibealen Sertlärung.
3 e i t r o m a n e.
Sen beutfchen 9tomanf<hreibern ift e§ oft genug gefagt worben, ba| ibtre
SBcrfe niemals bei ber Sefewelt in bie gleite ©unft fommen werben, wie bie
englifchen unb fran^öfifc^en, wenn fie nicht auS ber cingebilbeten SBett in bie
wirtliche 31 t gelangen trauten, unb bie prattifche ©rfafyrung ^at bcn ©a |3 fo »iel=
faltig beftätigt, ba§ fie ftdj jefct emftlich bemühen, ber Sßcifung nachjufommen.
Sie begreifen wol;(, baff jene im Vorteil ftnb, welche bie ©eene in Sonbon ober
fPariS, in .£)utl ober ^oitierS auffdjlagen, ©tabt, ©affe unb £auS frifcb nach ber
Statur fctyilbem, nicf)t bfofj bem ©chlofj bcS gelben eine fefte ^tifiognomie geben,
fonbern auch ber 8 anbfdjaft unb ihren Sewohnent, anftatt fich beliebige ©täbte
aufjubaiten, in benen ber Sefer niemals ^eimifcf) wirb, unb timen eine ibeale
8 anbfd;aft als $intergrunb hinjuftellen, ©ergo, SBälbcr unb Bluffe offne 6 baraf=
ter, eine Statur an ftch, 33ürger unb Säuern an fieft, ohne inbioibueHeS ©epräge,
mit einem Söorte eine Styeaterfecnerie, bie fich gleich gut unb gleich f<hle<ht, Batb
ba, halb bort »erwenben Iä§t. ©ic fangen an, auch für ben Stoman auS ber ©c=
genwart nach ber Statur ju jeichnen. SaS wäre nun recht fcfjcn, man fann fi<h
babei bo<h rorftellen, bafj bie tmubelnben fPerfoncn wirtlich nu f feftem Soben
gcl;en unb flehen, in wirtlichen Raufern wohnen, nicht innerhalb ber ©ouliffen,
welche jufammengeworfen werben, fobalb bie ©eene wechfett. Slber liegt barin nicht
fchon wieber eine ©efahr? Ser Sefer, ber fiel) an £>rt unb ©teile befinbet, läuft
am ©nbe wie baS fugenbliche publicum beS mär^energählenben Änaben ©oethe,
in bie begeidmete ©affe, fucht baS gefd^ilberte £auS, finbet eines, auf weites bie
Sefchreibung pafft, unb glaubt nun unb ergäbt auch wohl weiter, bah ber £crr
Stentier ©<huljc im jweiten ©toef oon Str. 10 ber Sater beS frönen SJtäbchenS
fei, um beffentwitten ber ©raf 91. ben Soctor S. erhoff. unb fo weiter. SSeldte
Verlegenheiten tonnen bem unfchulbigen 9lutor barauS erwachten! ©8 ftnb auch
wirtlich berartige Bälle »orgefommen. ©in junger ©<hriftfteHer in Hamburg,
welker eine ©riminalgefchichte in bem ©täbtdt>en Ülnnabcrg fpielen lieh, würbe
auf Stcquifition ber fä<hftf<hen Seherben »orgeforbert, um über ben Vorgang 9lu8=
funft ju crtheilen, welker ju einer gerichtlichen Unterfudtung geeignet erfchien.
Sem barf man ftch nicht auSfejjen. Sie 8 ocalitäten werben alfo treu betrieben,
aber Stamen nicht genannt ober bo<h »eränbert. Ser Scfer erfennt bann bie ©täbte
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unb ©egenben fcßon, ober erraff fte, unb bie ^olijet befommt boch fein SRed^t,
fic^ einjumifcben.
Unb ßaußg ift eS nicht allein biefe edEjt beutle philißerßafte 3lngft oot etwai*
gern SRißoerftänbniß, fonbem ba§ 6 ö|'e ©ewiffen, waS bie Slutoren fo fdßeu unb
oorficßtig macht. ©8 nimmt nämlich eine 2 trt oon SRealiSmuS überhanb, wel(ße
noch fein Äritifer oon ben IRomanbicbtern oerlangt bat, unb ber in bcr Shat p ' e l
gefährlicher unb oerwerflidjer ift, al 8 bie frühere Sief>I>a&erei an einer nebelhaften
erbidbteten ©eit; man portraitirt nicht bie ©egenben, fonbern bie ^erfonen, ber
3ioman wirb 3 um politijcßen ^ampßlet ober jum ^aSquiH. ©ußfow hat mit feinen
großen fRomanen ba 8 ©ignal gegeben. Unjtreitig trug e 8 jum ßrfolge ber „Oiitter
oont ©eifte" unb beS „Sauberer oon 9iom" fehr oiel bei, baß jebermann in ben
SRiniftern, ©eneralen, 33if^öfeit, fPröbften u. f. w. bie noih lebenbcn Originale
hetauSfanb, unb bei minber hcroerrageitben unb gefannten ^erföntichfeiten burdh»
fidjtige fRamen, wie ©clbfattel, SRicbahelleS u. bgl. auf bie rechte ©pur halfen.
©aS biefe Spanier gegen fidh hat, liegt fo fehr auf ber £anb, baß man gar nicht
nöthig haben foUte, c 8 noch auSeinanbe^ufeßen. 5)er Vornan biefer ©attung oer»
ji^tet freiwillig barauf, als Äunftwerf geartet ju werben, unb bat bodh wieber
nicht ben ©ertß eine 8 hiftorifcljen Gffap. ©er SBerfaffer gefleht feine Ohnmacht
ein, bem £efer Sntereffe für bie ©efdßöpfe feiner fpimtdaße einßößen ju fönneu,
ber Äißel ber Sieugier, bie SBefriebigung ber ^arteiteibenfdhaft unb ber ©dE>aben=
freube werben 3 U £ülfe gerufen, ba 8 33 ilb, welches ber Sefer oon ben ge$ei<hneten
^•erfonen jur Seetüre mitbringt, foH bem SSerfaffer bie Arbeit erleichtern; aber wo
e 8 biefem paßt, unb ba e 8 ihm ja überhaupt nur um bie äußerliche Slehnlidßfeit
gu thun ift, hanbeln unb fpredhen bie SDlenf^en be 8 fRomanS bod; wieber, wie bie
wirflidfien beftimmten $)erfonen nie gehanbelt unb gefprodhen haben, wie e 8 3 U
il;rem ©harafter gar nid)t paßt, ber Slutor iß ja nicht bafür oerantwortlidh, wenn
bie Sefer aKe 8 in gutem ©lauben hinnehmen, er nennt ja fRiemanben! 916er bie
große SRaffe unterfucht nicht lange, wie oiel an bem ©efchilberten ©ahrheit, wie
oiel ©ibßtung ift, ihr ift bie Garicatur be 8 G^bijdßofS ©rofte= 33 t)‘d;enng ber
hiftorifdhe Gr^bifchof unb ein in Defterreidl; oielgelefener Vornan, beffen Figuren
ebenfalls befanitte 9iamcit auf ben SRücfen geheftet finb, wirb noch lange ba 3 u bei»
tragen, bie oerfehrteften Sßorftellungeit oon ber gealberten ©poche 3 U oerbreiten.
Unb weil bie SBerfaffer baS recht wohl oorauöfehen fonnten, iß biefe gan 3 e SOium»
merei ebeitfo leichtfertig unb unreblich als unfünftlerifch-
©aS aHeS liegt, wie gejagt, auf ber epanb, aber bie Unterhaltung würbe fo
picant gefunben, bie neuen fRomaite erfeßten fo angenehm bie „oerbotenen 33ro»
fchüren", bie mit ber Seit ihren 3 tei 3 eingebüßt hatten, baß man baS £>anbgteif=
liehe nicht fehen wollte bis — auch bie hießet ftetS angegriffene ©eite fidß ben
Äunßgriff 3 U fRußen machte. 2118 ber s Pictiftenroman „Entis sicut Deus“ ^)er»
fönlidhfeiteit uub gamilienbe 3 iehungcn auS bem Säger ber Oiabicalen aufgriff, ba
freilich waren über foldße grioolität am meiften biejenigen empört, welche fi<h an
ben 3 eitromanen ihrer eigenen Partei höchlich belectirt hatten.
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Unb fo wuchert baS Unfraut fort hüben unb brüten, ©mb bie politifchen ab*
genügt, fo madjt man fich über „fociale" ©toffe her. ©a 8 Seuilleton, welches ben
©tabtflatfcb »erarbeitet, wächst in bie Sange unb Söreite unb wirb jum Seit*
roman, weiter atlerbingS nur einen »iel Heineren mit ben Socaloerhältniffen ober
richtiger ber elironique scandaleuse innig oertrauten Sefefreis, tiefen aber auch
um fo mehr befriebigt. 2 )a finben ©canbalfucht unb perföntidje Stancune nodh weit
beffer ihre ^Rechnung, benn ber unmittelbare liebe Stächfte muh l a Äofien ber
Unterhaltung tragen, unb je rücffi<btSlofer Samiliengeheimniffe entfchlciert, je betail*
lirter befannte ©reigniffe ergä^lt, je beutlicher bie £>anbelnben unb bie Seitenben
fenntlich gemacht werben, befto lauter ift ber Seifall. ©ie Steroen beS geehrten
s J)ubltcumS finb mit ber Beit fehr abgehärtet worben; als SteHjkb »or tierjig
3 ahren in feiner »ergleichSweife fehr ^armlofen SBeife ben ©nthufiaSmuS für bie
©onntag in Berlin geißelte, ftiefj er auf allgemeine ©ntrüftung, ja fogar bie ©e*
richte mieten fid) hinein. 6 r hatte allerbingS ben 33ornamen ber gefeierten ©an*
gerin beibehalten, unb fo un»orfi<htig ift man ^eutgutage nicht mehr: wenn wir
ben §erm ©djmibt ,,^>erm SRa^er" unb bie Stau SRatyer „grau ©chmibt“ nen*
nen, fo finb wir »or bem ©taatSanwalt fidler (worüber ju »ergießen, waS ©a*
labin in „S3iontjoi)e" fagt). ©ah mit alle bem baS SRec^t ber ©atire nicht »er*
fümmert werben foK, »erfteht ftd> »on felbft. Unb foHte unS Semanb fragen, wie
eS benn möglich fei, nach bem Seben 3 U jei^nen, aber feine beftimmten ^)erfonen
abjubilben, fo »erweifen wir ihn auf baS Seiipiel ber SRaler; ober wir geben
ihm liebet gar feine Antwort, benn wer fo fragen fann, hat feine 3lber »on einem
©i<hter.
2Sie weit tiefe allgemeinen 33emerfungen auf Sriebrich ©hieIhagen, gegen*
•wärtig einen ber gelefenften Stomanbichter, ülnwenbung finben, wiffen wir nicht
genau, ©ehr f<harf ftidf>t bei ihm bie oben erwähnte ©cheu h er »or, Sänber unb
Ortfchaften, bie er meint, bei ihrem wahren Siamen gu nennen, ©a betreibt er
unS aufs genauefte bie Snfel Stügen, bie ©täbte ©reifSwalb, 33erlin. Äöln, Sranf*
furt, aber bie 3 nfel bleibt namenlos, bie ©täbte erlernen als ©rünwalbe, bie
5 Refiben 3 , JRheinfta bt, SRainftabt, „unter ben Sinben" wirb „unter ben Slfagien",
bie „SBrüberjtrahe" ,,©<hwefterfhahe" unb fo fort. Sft bieS 33erftecffpielen nicht
finbifch, unb erweeft eS nicht auherbem ben 33erba<ht, bah auch er in feinen @e*
ftalten ^Photographien nach bem Seben gebe unb abfichtlich bie ©taffage ein wenig
»erwifc^e? 3n bet $hat er 3 ählt man unS, bah ©ptelhagen in feinen „^roblema*
tifchen Staturen* bei ben Samilien gelaichten abeliger Käufer jener ©egenben fiarfe
Anleihen gemalt habe. © 0 $ wie bem fei, baS 3ntereffe biefeS StomanS beruht
nicht auf folgen SnbiScretionen, fonbetn auf ber hä<bft lebenbigen ©chilberung
ber Statur unb beS SebenS an ber Dftfee, auf ber »irtuofen Betonung ber ein*
3 elnen Siguren auS fehr »erf^i ebenen SebenSfphären. Unb wenn wir entlieh baS
Such fehr unbefriebigt auS ber £>anb legen, unb bem Slutor ben SSorwurf machen,
bah er f*lb|i aDmälig alle Siebe für feine ©efeböpfe »erliert, bah wir, finb
enblich alle fünftlichen 33 erf<hlingungen ber Säben aufgelöst, alle ©eheimniffe ent*
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püllt, genau baSfelbe fhtben, Wa 8 griebridp n. in ben ÜJtpfierien beS Freimaurer*
bunbeS entbecfte, „un grand rien“, fo batf er unS antworten, eS fei ja eben
baS SBefen bef „Problematiken Staturen" , ba| fte oiel beginnen unb nichts
3 U ©nbe fügten, nacp bem ^öcpften ftreben, aber nicpt SäuSbauer unb ©pa*
rafter genug paben, ba 8 Kleinfte gu erteilen. Seiber fdpeint er felbji aber etwas
„Problematiken" an fk gu paben, benn fein neuer Stoman „Sie oon -£>open*
ftein", in allem übrigen oiel unbebeutenber als ber erfte, liefert un 8 gan 3 ba 8
nämlidpe Stefultat.
©ie „^openflein" bürften auf ©eftetlung geieptieben fein. „Problematifdpe
Staturen" machte befonberS in Storbbeutfcplanb gtojjeS Sluffepen, oermutlidp pat
ein fpeculatioer Verleget „einen äpnlicpen Stoman" oerlangt unb Spieltagen fk
ba 3 u bereit ftnben laffen. ©ort malte er ba 8 ©eutfdplanb ber oier 3 iger 3 apre unb
führte eine ©efetlfdpaft fept un 3 ufriebener unb fepr unflaret geiftrei<per 8 eute bi 8
an unb auf bie ©erliner ©arricaben oom 18. SRcirg 1848; pier wäplt er ben
Sipein unb bie 3apre 1848 unb 1849 felbft. Unb bamit ber Sefer autp fofort auf
ben ©oben be 8 SenbengromanS oerfept werbe, ftellt Spieltagen feinem ©utpe eine
Pprafe bou ©ampagen oon Gnfe oor, wel(pe biefer waprfcpeinlicp in einem SJto*
ment be 8 UnmutpeS itt fein Sagebudp fd)rieb: „Unfere gan 3 e Hoffnung muff auf
ba 8 eigentliche ©oll gefietlt fein, auf ba 8 ©oll, in beffen SJtitte Kraft, ©efinnung
unb gefunber ©erftanb fith immerfort unb unerf<pöpfli<p erneuern." ©afj bie 8
SJtotto un 8 für ben Stoman eingenommen hätte, wollen wir nidpt behaupten. „©aS
eigentliche ©olf", ba 8 ift, wenn wir fragen bürfen? SBir m5(hten un 8 bie F^fle
gern oon bem Stoman beantworten laffen, aber au 8 bem erfehen wir nur, wer 3 U
biefem eigentlichen ©olfe nidpt gepört: ©er Säbel niept, bie ©earnten niept, ba 8
SJtilitär nidpt, bie „©ourgeoifie“ nidpt unb ber eierte Stanb audp niept, benn
ber läfjt fidp für focialiftiftpe Speorieen eimtepmen, weldpe • Spielpagen beinape
eben fo entfepieben oerwirft, wie ben Feubaten* unb ©ureaufratenftaat. ©8 gept alles
pppfifcp ober moralifdp 3 U ©runbe, bis auf einen abeligen FabrifSbefiper, einen
jungen SRann oon palb ariftofratifdper, palb plebejifcper Slbftammung, weteper 3 uerjt
3urift, bann Dffteier war, einen Kleinbürger, einen Sournaliften, unb gur 3luf=
napme in biefe ©emeinbe würben fiep allenfalls noep qualificiren eine oontepme
©atne, ein latpolifdper Pfarrer, ein etwas übergefdpnappter Sepulmeifter. ©aS
läfjt fitp gewifj oiel oemünftiger an, als baS ©ampagen’fdpe SJtotto, baS „ eigen t*
lidpe ©off" erfepeint nidpt als ein befonberer fünfter ober fedpSter Stanb, weldpfnt
bie Steform ber SBelt obliegt, fonbern als ber Snbegriff ber jüdptigen aller Stänbe
unb ©laffen. Unb bodp gelangen wir, fooiel audp in bem Stoman politifirt wirb,
3 U feiner Älarpeit batüber, ob bieS wirfliep bie SJteinung beS ©erfafferS fei, ber
unS botp burdp bie SBapl beS meprberüprten ÜJtottoS nötpigt, naep feiner „Zen»
beng* 3 U fotfepen. 3 n bem ©angen lobert oielmepr ein fo oepementer $afj gegen
ben (preufjtfcpen) Stbel, baff ber plan, 9U(e8, waS brei ©udpftaben oor feinem
Stamen füprt, auSgurotten unb ben baDurcp gewonnenen Staum ben tugenbpaften
©ürgent gu überlaffen, am ©nbe auS bem SJtunbe beS SäutorS gar nidpt übet*
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taffen würbe. Sie Uebertreibungen, ju welken itjn fcic 2eibenfd)aft hinreifjt, ftnb
fo hcmbgrciflidj, bafs er feiner Partei wenig nüfei, fid? felbft nur fchabet. 08 giebt
fein SSerbre^cn, feine Schänblid)feit, bie nidjt oon ber Familie ^c^enfieht oer=
übt würbe; alle SRänner fiitb 9)t erber, Siebe, 33etrüger, wortbrüchig unb e^r=
loö gegen ihre näpften SSerwanbten; alle grauen h^loS, falfd), wotTüftig, eine
grauem unb efelerregenbe Sippfcbaft. Sabei — unb bieä ift ein Äennjeichen ber
ganjen Schule — h“t Spieltagen nicht einmal ba» 33ehagen beS ÄünftlerS an
feinen eigenen ©eftalten; aud) Wenn er einen Verbrecher fdjilbert, wirb ber echte
Sichtet hoch fein ©efdwpf nidjt ben Äbfthcu entgelten taffen, welken ba§ Vet=
brechen i^m cinflöfjt; einem Sago, einem fÖiulap ^)affan fiept man bie oäterlühe
Siebe be§ Sid)ter3 an, ©oethe oerliebt fid) felbft förmlich in Slbelheib oon 2ßall=
borf, bie englifchen Vomanbichter beleuchten forgfaltig bie menft^ltc^en unb liebenS*
würbigen Seiten an ben fchlecbten ober fomifchen 6l;arafteren; Spielhagen fcheint
aber bie ©betleute in feinem Vornan perfönlid; ju paffen, er fepeint ju fürchten,
baf man bod) noch Slnttjeil an ihnen nehmen fönnte, unb brüeft ihnen beppalb
burchgangig ben Stempel ber ©emeinheit auf. SBir wollen njütifcpcn, ba§ ba8
Ualent, welches in ben „^roblematifcpen Vaturen" fo oietoerfprechenb auftrat unb
in einzelnen fPartieen ber „£ohenftein" fiep auch wieber bewährt, hier jum lebten»
mal ber 'Parteiagitation unb ber 23ud>pänblerfpeeulation bienftbar gewefen fein möge.
Sa8 alte VftrgerhauS nebft feinen ^Bewohnern ift ein fleineß Gabinetftücf unb oon
wohlthuenbftcr SBirfung; in bem Stile gebe er un8 mehr, feine ©aben werben
poch willfommen fein. 33. S3 u (3p e r.
$ie f. f. Stnbienbiöliotljc! in Staikd).
Von tr. töabirs.
(Sortfefcung.)
Sie Vibliothef enthalt an föianufcripten oon größerem SSerthe:
9(u3 bem 12. Sahvhun b ert: ein „Missale Milstadense“ (9Jtiljtabt in
.Kärnten) mit einer ausführlichen 9lbl;anbtung über hoffen 'Älter (au3 bem
17. 3ahoh«nbert.)
9lu§ bem 13. 3a h o' P ir it b c r t: einige föiiffale, ütntiphonarieen unb ©efcet*
büd;er au3 ben Älöftern Sitticp, Saubftraß unb greubenthal.
9lu3 betn 14. Sahrhuubert: ein fepr fchöiteS au3 ber Äartl;aufe Breubem
tpal ftammenbeS ©remplar be3 ÄuguftinuS „de civitate Dei“ » au8 bem Sah«
1347 mit prachtootl gemaltem Sitclblatte unb Snitialen, unb ein „Glossarium
latino-germanicum“.
5luS bem 15. Sahrhuubert: in einem ©ober oon 1401 eine (alte) Segenbe
ber h- Äatbarina; einen Sacffalenber au» bem Sal;re 1415 — en mignon
1 93cr{jt. barübet meinen 2lnffa|j im „Slnjeijcr für Ännbe beutjdjev ißorjeit“ 1862.
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gufammengefaltet — mit netten SJciniaturen ber .^eiligen, ber feiner gangen 9fn*
tage nach auf ein frainifdieS öfter alS feinen (SntftehungSort beutet, unb mit bem
frainifdjen Bauernfalenber (ber „Pratika“) nnf^u conferm ift.
9lu8 bem 16. 3af)rf)unbert, — ber SReformationSjeit — neben mannen
BertheibignngSfchriften ber eo.mgctifchen Üefire, fo eine ^anbfdjrift non 2)ielanct)tf)on3
Apologie auS bem 3af)rc 1533, auch ein ©tammbuch beS ecangeliitben GantorS
.panS Söller, baS burch bie barin enthaltenen tarnen unb SSRottoS feiner Beit*
genoffen für bie ?anbe8gef<hichte t?on befonberer Bebeutung ift; eoangelife^e „Sermo-
nes“ auö ben Saufen 1573 bis 1575, baS neunte Blatt frainifcf); bie noch biefem
3ahrhunberte ungehörigen tateinifcfjen ©ebichte beS nachmaligen in ber ©egenre*
formation berühmt geworbenen BifcfjofS ShomaS Är een, £>ben, bie er als 3üng*
ling auf bet SBiener jpoc^fchule, meift auS Stnlafj »on gefttagen feiner hohen
©önner gefungcn.
3lu8 bem 17. Sahi'hunbert: Sie ^anbjdjrift ber jlooenif^en Ueberfejjung
ber .©Bangelien, bie Äreen als Bifchof neranftaltet unb in ©rag in Srucf gegeben;
ein „Cqmpendium divini officii S. Ordinis Benedicti Cisterciensis“ bem fPrior
ÜJtathiaS SDiaperle in SHein gewibmet 1621; eine „Postilla slovenica“ mit gla*
golitifcher ©chrift anS bem 3al;re 1627; s p. Saugers „Historia rerum noricarum
et forojuliensium“; bie ©efcf)td;tc beS Born Bifchof £erberftein gegrünbeten
©ollegiumS Garolino*9ßobitium (lateinifch), unb neben »ielcn intereffanten theolo*
giften unb hiftorifchcn, meift lateinifd^en Sractaten auS ben ©tiften, bem Sefuiten*
tonoente unb ben 5fta<hläffen eingelncr'äMtpriefter, auch ein beutfdjeS SRanufcript
»on nicht geringem SBertbc, ein beutfcheS Srama „Ser oerirrtc ©olbat" ober
„©lücfSprobierftein" Bon gwei Trainern, Harrer unb äpaubler, gu ©hren beS Bor*
güglidjen Sf)eatermäceng jener Sage, beS ©rafen SBolf ©ngelbert B. 3luer8perg »
Berfaft unb ihm bebicirt.
?lu<h foHen fi<h auS biefer Beit bie Qlunalen ÄrainS Born Sürgermeijter
© cf) ö n l e b e n (beS $iftoriographcn Johann Üubwig ©chönleben Batet) laut
mehrerer übereinftimmenben Eingaben glaubwürbiger Gewährsmänner hier befinben,
bod) ich fonute beren ©pur bisher nicht entbeefen.
31 uS bem 18. $ahrl)unbert: beS p. ^ippoliti „Dictionarium trilingue
latiuo-gcrmanico-slavonicum et germano-slavonico-latinum“, (Bon biefemäßßrter*
buch ift bereits baS Sitelblatt unb Born lateinifcf)en Sorte ber Anfang bis „abire“,
fo wie Born Seutfchen bis „bangmachen", bei 3oh- ©eorg ÜRapr, 8aiba<h 1711 ge*
brueft worben); beS gelehrten unb freifinnigen SirectorS bet ftainifchen BoffS*
fdjulen BlafiuS Äumerbap „Ärainifche ©rammatif" (mitfteter Begleichung anberer
ilaBifchen Sialecte), Bor beren Sollenbung unb Srucflegung ber Sob ben tüchtigen
©laBiften ereilte; beS p. SDtarcnS fPo cf)lin, ber fi<h um bie flooenifche Sprache
Biele Serbienfte erworben, umfaffenbe Bibliographie frainifcher SSerfe, bie „Biblio-
1 SBergl. Siueräpergö Stellung 311 m £§eateraejen in $Tain in meinem 5lnffa|e: „28olf
(Engelbert ®raf $n Sfaeraperg" in ben „Diecenfiotien unb SRittyeihmgeu über Sweater unb 3J^uftf
1864- 2 unb 4.
©o$enf$rift. 1864. Canb EQ. 46
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theca Caraiolice“ unb rin Banb „Sermones“, barunter viele flowenifcf), unb benen
feine ©efchidhtc bcS Sluguftiner ©i8ealeeaten«£>rben8haufe8 in Saibad), bem et ange*
hörte, beigebnnbcn erfd)rint; fdcliefslich bie won SBilbe bei 2lufnai)me bet Ä(o|‘ter=
bibliothcfen abgefcnbert angefertigten Äatalogc, bie un8 nun treue Bilber »on jeber
eingelnen berfelben bieten.
9tu8 bem 19. Safyrfjunbert: ©e 8 ffovenifd^en {Philologen Sapel „©lawifdhe
Sprachlehre" b. i. wollftänbiger ©ranmiaticalunterridjt wen ber frainifchen unb
ttinbifdjen Sprache, wie fic in Ärain, in bem öfteneidjif^en Sittorale, in ber
©raffchaft ©erj, in ©teiermarf unb Äärnt^en gefprocheu wirb ober oietmefir
gefprochen werben foll; bann wie fie won ben (Kroaten, ©almatinem, ©laooniern,
Böhmen, ^olen unb {Ruffen leidet werftanben werben fann. ©efdjrieben in Älagen*
furt 1807 (auf 388 Foliofeiten unb 50 5Ra<htragSblättem). ©em SRanufcript ift
ba 8 Smpriinatur ddo. SSien 20 . SRärg 1807 beigegeben; — bie Philologien
unb naturwiffenf^aftli^en 2 lnaleften, ben Bettelfaften, be 8 al 8 ©taoift unb 3 iatur=
forfcher weit über ben ©ilettantiSmuS erhabenen ^rioatgele^rten, be 8 großen
BefßrbererS won Äunft unb SKiffen im Sanbe, beß für un 8 unfterblidjjen unb noch
unerfejden SRäcenS ©tgmunb greihemt w. 3 oiß, fo wie bie ©djriften unb ©amm*
lungen feines BruberS beß befannteit SBetaniferS Äarl; bie flouenifch-philologifchen
SRanufcripte unb ©ebid^te beß teiber ju früh batjingefdjfiebenen {Prof eff erö ber
flooenifdjen Sprache an ber ©rager ^>cd;fcf>ute 2 t. {primic, won bem aud) bie
©fijje einer frainifchen iMtteraturgefcfjic^te worhanben; beß großen, feinerjeit b°<h s
gefeierten 9 iedf)t 8 gelef)vten unb fprofefforS ber SBiener Uniuerfität ©olliner
gefammter hanbfdn'iftlicher St?ad)lafj, wooon befonberS bemerfenSwertf) bie immenfen
Vorarbeiten 31 t einer ©efd^iebte ber beutfdfen ©oncorbate unb bie Briefe bg 8
Freiburger ^rofefforS ©ngelbert Älüpfet an ©olliner, betreffenb bie Grcerpte beß
lejjteren au 8 ben ©obb. ber Sffiiener ,'pofbibliothef für beß elfteren SSerf: „Vita
Celtis“; ftooenif(f)=p^itotogif^e ÜRanufcripte ÄopitarS, bie troj) ber barauS
bereits gehaltenen Blumenlefe burd' ben größten jept lebenben ©lawiften *profeffor
SRiflofidh bodh nod; einige bead)ten 8 mertt)e Broiamen bieten fönnen; unter
ÄopitarS ©adjen auch ©lagolitica non größerem SBerthe; enblich.bic SRanufcripte be 8
1848 gegrünbeten unb nachher aufgelösten flowenifcheit BereinS, welche ©oHeetion,
für bie ©efchichte ber {RationalitätSbeftrebungen hb<hft d^arafteriftitc^, in fünftiger
Beit manches ©rcignifj auS jefct halbwergangenen Sagen in nadfter SSirflid^fcit
auf 3 eigen, manches, wa 8 je^t auS bem mpfteriöfen Sunfel als hetfeS Sicht her»ot=
blifct, mit ben ©onnenftrahten objectioer gorfcfmng beleudhtenb, als gtanjtofen
{PhoSphorftreifen erweifen wirb.
Sluch Urfunben bcfrjjt bie Bibliothef einige, wie fie eben bei ben oerfchiebenen
©rwerbungen mitfamen, fo 3 . B. ba 8 Driginalbiplom ber ©mennung gum faifer*
liehen {Rath unb ©omeS {PalatinuS für ben Bifchof ©eorg ©tobäuS won Sawant
ddo. 10. Stpril 1609.
©en Sncunabetn unferer Bibliothef geht eine ©tereotpptafel woran mit
altflowenifchen ©ebethpmnen unb ben Bilbniffen beS i^ernt unb mehrerer ^eiligen
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723
in bpaantinifcßcr ÜRanier, meld;e Safe! auß SSenebig flammen mag. Sin SncunaBctn
lelbft Befielt aber unferc Sammlung feßt »iele unb feßr fd;a|bare Stüde, maß
burcß bie (Sntfleßung auß ÄlofterBiBliotßcTen erflärt. Heber fie ift ein eigener
umfangreicher Äatalog angelegt, beffen ©renje jebod; ju toeit geftedt erfcßeint, fie
reitet nämlich Biß in bie 9)iitte beS 16. Saßrßunbertg.
Sie 5Reiße eröffnet: „Durantus Guillielmus. Rationale divinorum officio-
rum XI. Cal. Feb. Aug. Vind. Güntherus Zainer ex Reutlinger exaravit Fol
maj. (Suplicat) Chr. Panzer. I. 99. 4.“
Sen erften ©rjeugniffen ber Su^bruderfunft fcßließen ftc^ tti unferer 33e*
tradjtung naturgemäß bie älteften Retina tlidjen Srude ber näcßftfofgenb<n
Seit an.
Sie Trainiicße Sanbjcßaft, mie fie baß 2Berf ber Slußbreitung ber enange li=
fchen Soßte in ißte fräftige $anb genommen ^atte, Behielt auch aHe Mittel, bie
baßfelBe förbern fonnten, feft im Sluge. So errichtete fie benn auf eigene
Äoften eine Sruderei in Saibacß.
Saß bieie jcbccß fd;on 1562 cntftanben märe unb burd). jmei Secennien
(Biß jum ©rfcßeinen beß erften 23ucheß) nur Scßmäßli eher auf bie Tatßo*
lif<hc Äircße probucirt hätte, hat ©Ije auß einem Siete ber Sanbfcßaft felbft in
über$eugenbcr SBeife alß unBegrünbct jurüdgemiefen, melche 33erid)tigung eineß
lange ßerrfcßenb gemefciten Strtßumß mir burch tßeilmeife Söiebergabe oon (Slje’ß
Stemeißfüßrung gerne meiter »erbreiten mollen. „Saß ju jener Beit (1562)"
fchreiBt ©Ije >, „eine Sruderci in Saibacß noch nußt beftanb, bemeißt ein Schrei*
Ben ber SBerorbneten ber Trainifcßen Sanbfcßaft ddo. Saibacß ben 21. DctoBer
1562 an £errn £anß Ungnab Sreißerrn »on SonnegT, ber bamalß ju Urach in
SBürttemberg lebte, mo er mit großen Äoften unb unter perfönlicßen Opfern eine
Sruderei errichtet hatte, in melier croatifdje SBerTe mit gfagolitifchen unb cprillifcßen
Settern gebrudt mürben, maß Biß bahin nur in SSenebig gesehen mar. ^»err Ungnab
hatte ben Slrgmoßn gefaßt, baß fPrimuß SruBer, melcßer Bißher SSorfteßer biefet
UeBerfeßungß* unb Srudanftalt gemefen, unb im Suni 1562 alß Sanbjcßaftßpre*
biget mit feiner Familie nach Saibacß überfiebelt mar, mit Bern fpian umgehe,
biefe ganje Unternehmung nacß Ärain ju gießen. Sn biefem Sinne ßatte er ficß
in ber Stacßfcßrift eineß SSriefeß ddo. Uracß 12. September 1562 an ben San*
beßcermefer SoBft »on ©allenberg unb bie SSerorbneten ber Sanbfcßaft in Ärain
geäußert, morauf ißm bie leßteren am 21. October beßfelben Saßreß antmorteten:
„So ßahen mir unß aucß ju erinnern, alß ßie»or in Slbmefenßeit ipernt fprimuß
Sruberß ein 33ucßbruder mit Flamen Sluguftin Stieß hießet Tommen unb auf
£>emt ^rimnß etlicßc SBocßen gemartet, in Hoffnung, er möd;tc burdß ißn ju
Slufricßtung eineß Srudß Beförbert merben. Sllßbalb aber §err s ))rimuß »on @ucß
herein unb ßießer fommen, ßat er Bemclten 33ucßbtuder auf fein Slnlangen »on
Stunb an gut Slntmort geben, er folcßeß GraBatiicßen unb ©prulifcßen Srudß
halben baßer Teilte Hoffnung feßeit, benn berfelbe Srud fei braußen bei @ucß auf*
1 „IDlittßeiluncjen fceä fjiftor. SBcvcin» f. Ätaiii." 1861. ©. 90.
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geri^tt unb nunmalS im SBerf; er Ijab aud) braunen jugefagt, alle feine
SlrBeit 3 « folgern ©rud hinaus 3 U fürbern unb wenn er anberS t^ät, fo f>artblet
er nit allein wiber feine 3ufage, fonbern eS würbe ihm mit großem Unglimpf
Berwiefen werben." ©amit fjat er ben Vucbfcruder abgewiefen. ©eitler ift fein
anberer Vudjbrutfer tu 8 2anb fommen, £err primuS unb wir f)aben auch nie
baran gebaut einigen ©rud im Sanb aufgurichten ober aufrichten 3 U laffen, wie
benn baSfelbe 3 U biefer Seit unb täglich erwartenber Verfolgung nicht 3 U t^im
wäre, benn man muffet ftünblich beforgen, baf) folget ©rud bei ber Äai. SJtaj.
nicht oerargwofnt unb al 8 bann mit großen oergebli^en Unfoften unb Ungelegen*
heit 3 erfiört würbe, ©arum ijt biefj SfngeBen ein leer ungrünblich @ebid)t."
@8 ift unmöglich biefe SBorte anberS 3 U beuten, al 8 fie gegeben finb, unb
e 8 ijt unbenfbar, bafj bie 8 anbf<haft, faH 8 ein Vuchbruder fd;on eine ©ruderei
eröffnet gehabt hätte, Ungnab gegenüber fo hätte getrieben, ba fie wol>l wufjte,
welche Vetbinbnngen ber greiherr in 8 aiba<h unterhielt.
3ft fomit ber VeweiS für bie Negation hergefteHt, fo gelang e 6 boch nod)
immer nicht ba 8 Saht bet bann wirtlich eingetretenen (Errichtung einer lanb«
fdjaftlichen ©ruderet genau feftgujteflen.
©er erfte Vud)bruder ?aibad) 8 , ben wir bi 8 nun fennen, führt ben Flamen
£an 8 fWannel (SoanneS SDRanlinS), er war ein ©eutfeher, unb bie erften au 8
feinet ,,©rud=£)fficin“ fm'orgegangeiten Vüdjer tragen bie 3ahrgahl 1575. Von
(Ergeugniffen biefeS PJanliuS befijjt bie Vibliothef golgenbeS:
9lu8 bem 3«h re 1575: ©ie flooenifche Ueberfefcung oon „3efu8 ©irach
(EcclefiafticuS*, bie „Sßeu auf gerichtete perfwerfSorbnung (Erghergog GavlS für
Ärain"; beß £anS Ähifl Bott Äaltenbrun: „Herbaidi Auerspergii Baronis etc.
Rerum Domi Milithcque Prajclare gesta etc.“ (ein befecteS Gjcemplar); CS^rift.
©pinblerS „ßeichptebig" auf benfelbett ^erbarb VIII. 0 . §1.; au 8 bem 3ahre
1576: ©ie Ueberfefjung oon ÄhiflS Viographie in 8 ©eutf^e burch >$an 8
Ätajjenbacher, unb bie Paffion au 8 ben Bier (Soattgeliften (floBenifd)) Bon ©al*
matin; au 8 bem 3 ahre 15 77: gwei ApochgeitSgebichte auf bie Vermählung be 8
Aperrn Ölbam greihertn Bon (Egt mit bem gräulein Qlnna Bon ÄhifbÄaltenbrunn
Bon 8 eonarbu 8 GtaruS unb SobiaS ©tangel; au 8 betnSahre 1578: beS STgramcr
(EanonicuS $lntol Vramec croatifche CEtjircittf : „Krouika vezda znovich zprav-
liena Kratka Slovenskim iezikom po P. Antolu Pope Vrameze Kanouniku
Zagrabeclikom Psal. 118 Domine gressus meos dirige. Stampane u Lublane
po Juane Manline leto MDLXXVIII . 1
©e 8 ApattS Piamtel ©ruderei wnrbe (f)ötf)ft Waf)rfcbctnlt<b 1579) gef^loffen,
al 8 au 8 ihr ber crjie Sh e ü ber floBenifclien Vibelftberfehung ©almatinS hftBor*
gegangen war, beten SBeitererjcheinen im 2anbe (fie erfd)ien gan 3 1584 in
SBittenberg) ber (Evghergog^Sfiegent sott 3 nnevöfterreicf) ftrengftenS unterfagte.
(©chlufe folgt.)
1 IHerol. weinen audfütyi lieben Slrtifel barübet in ben „SNiti^eiUmgcit beö fyiftor. Vereine
f. Ärain". 1861. 0. 84 ff. _
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föeue Serie über Sttufif unb Xfjeötcr
n.
1. I'fnfn'firbi.ifcitcn her cbutfüri’ll. unb fcitigf. ^efniufif jti £rc»bcn im 18. unb 19. 3a^r>
bmibeit.* 5?ad> geheimen papieren unb 'l'iittbnlimgon non ■b'ciuridi ?iiannftetn.
(?eipjig 1863, .£>. DJ.ittbco.)
2. „Bur öeicpidjtc beb X^eatnb unb ber 'Kuiif in i'cipjig.*' in'it 3r. @. Änefdjfc. (vcipjig
1864, gv. glcijcber.)
Ed. H. ©ie erfte biefer beiben ©Triften ift, troj? ihres prunfenben $itclS, »on
fefyt unerheblichem 3n^att. ©er Berfaffcr, ein ©cfjüler beS im 3<>h re 1845 gu
©reSben oerftorbenen würbigen ©efangleljrerS 3oiwnneö SJtiffcf), füllte offenbar
baS Bebütfnifj, feinem 9)ieifter ein litteraritrfjeS ©enfmal gtt fefcen unb nicht oiel
met® als eben ein ©enfmal für 2Rif f $ finb bie oorliegeitben „©enfwürbigfeiten“.
©er Berfaffcr hätte unfereS GracptenS beffer getfjan, fein Bücf)(ein gu einet wirf»
liehen „Biographie 9!Ri fiepe" gu »erooUftänbigen nnb eS fo gn nennen.
($S fcpwebten it»m aber rief größere 3wecfe ror Slugen, wenn au<p in etwas
nebelhaften Ilmriffen, .fierr ÜJJannftcin witt, ber Sßorrebc gufotge, nichts ©erin«
gereS, als ber in ber SERufif „bropenben Begriffsverwirrung entgegenarbeiten". Unb
piegu erfdjien ihm bie gorm ber SERonograp^te am pajjenbften, „jene 3trt »on
glugfcpriften, welche ohne ftreug bibaftifepe gorm, in reigenber Ungebunbenheit
ihren ©egenftanb befpreepen, aber mit Crinficpf, Berebfamfeit nnb (SnthufiaSmuS
gefcpricben, ihren 3®ecf nie üerfeplen."
SRiffcp erfcheint ihm als eigentlicher „Brennpunft beS ©angen", hoch will
$err SRannftein „feine ausführliche Sebenßbefcpreibung, fonbem nur correct nnb
ge ift reich gegeichnete Umriffe bagu liefern".
©iefe Umriffe follen auch „baS Seprfpftcm ber »ollfommenften ©e*
fangfcpule unb tieffinniges 'Ppilofoppiren über (Sntftehung unb SBefen
beS ©efangS enthalten" (©. 4). 9Ran fiept, ber Bcrfaffer ift nicht blöbe unb »er»
fpriept lieber etwas mehr, als weniger.
(Sr beginnt mit ber Biographie ton Spannes SRiffcp, ber (1765 gu
©eorgenftabt in Böhmen geboren) als armer Ättabc nach ©reSben in baS fatpo*
lifche Äapetlfnabeninftitut fam. SEJi i f f dt> unb feine Keinen Collegen lebten bei ben
geglichen Herren ©ie „bcforgteit bie Keinen ©ieufte ber 'Priefter, berenjeber
3nnggefellc ja eine bebeutenbe 3lngahl pat" (©• 8. — ®S ift {ebenfalls
etwas 5ReueS, bafj jeber SunggefeHe eine bebeutenbe Slngahl 'Priefter pat). ©ang
bebeutungSlofe Slnefboten unb 3llltäg(i<hfciten werben unS nun mit breitefter SReb=
feligfeit ergählt. ©cd>8 ©eiten füllt bie Grgäplung beS fehr unintereffanten
GreigniffeS, wie „£anfelcpen" (ÜRiffcp) gum erften 5Rale „ein ©pielcpen mitmaepte"
unb fein ©elbchen oerlor. ÜRiffcp beginnt, fich als Äapefliänger bemerfbar gu machen,
einige befannte Sonfünftler (»on benen wir aber nichts EReueS erfahren) grup»
piren fi<h um ihn, SRaumann, ©cpufletu 31. SSenn ber Berfaffer bitter über
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bie ©ernatlaffigung biefer „großen beutften SReiftcr" Ttagt, fo wollen wir bicS
feiner Pietät an^cimftetlen, allein proteftiren muffen wir gegen bie Bumuthung,
bafj fRaumannß unb ©tufterß Gompofitionen heute not „in ben Sweatern
unb Drteftern gu herrften oerbienen". (©. 34). ©on ben Sängern
Gafelli, ©enelli, ©affaroti werben einige für bie 9Jiufifgefcf)i$te uncr»
heblite SIncfboten mitgetheilt. Sie 9lußful)rlitfeit, mit ber (©. 55 big 61) ein
Siebeßabentcuer ©affaroli’ß ergäbt wirb, ftef)t würbig neben ber Grgäl)(ung beß
„Spielt eng".
5Rad) einigen $ofaitefboten, politifdien unb mufifaliften Gjrcurfen ((entere
hauptfätlit gegen bie „Sßetfcfjwörung ber fogenannten Bufunftß muHtcr") geht
ber ©erfaffer gu 9R i f f 13 eigentlicher Sfjättgfeit alß Gefangßleljrer über. Gr
ergählt, wie bie ©ängerinnen grieberife gunf, Henriette Sonntag unb Silhelmine
©gröber alß junge SRäbten gu S0iiffd> tarnen unb oon if;m außgebilbet wur=
ben. Sie beiben lejjtgenannten Äünftlerinnen waren eß ^auptfäd^lid), welche ben
fRuhm ilireß SReifterß weit oerbreitet haben. 3n wie fern baß enthufiaftifche Sob
begrünbet fei, baß ber ©erfaffer bem Gomponifteit fDiifft wieberholt fpenbet,
tonnen wir nicht beurteilen, ba unß niemalß eine 5Rote oon ihm gu ©efiebte
getommen ift. Gtwaß intereffanter alß bie bißher aufgetiftten Slnefboten finb
einige SRittheilungen (©. 82) über G. 9R. Sebcrß Gintreffcn in Sreßben unb
beffen ©erhältnifj gu feinem italienifchen Gollegen 9Rorlact«- ©ett ber 2lrt unb
Seife wie 9Rifft @efangunterrid)t erteilte (namentlich ber ©trüber) giebt
ber ©erfaffer einige angief>enbe groben, leiber gebürt baß Sirfen eineß ©efangß»
lehretß wie baß beß ©taufpielcrß gu jenen $hätigfeiten, bie fit äufjerjt ftwer
auß S3eftreibungen ertennen taffen. Ser bem Uitterrid't eineß ©cfangßlehrerß nitt
felbft beigewohnt, ber oermag beffen Süttigteit nur auß bem, wag feine ©tüler
leiften, gu ertennen. Unb bei biefen wieber ift eß unenblit oerfticben unb über»
auß ftwer entfteibbar, wie oiel fte ihrem SReiftcr, wie oiel fit' felbft ocr=
banfen. Sie treffliten ©änger, weite SRitft gebilbet, fpredjcn jcbcnfaltö für bie
Süttigfeit feiner 9Retl)ebe, für bie 3lufmerffamfeit unb Sorgfalt feineß Unter»
weifeng. Gr fteint babei gang praftift gu Serie gegangen gu fein, mit äfteti»
ften ©twärmereien, wie bie „©liefe in bie Seit beß ©efangcß", weite £>err
SRannjtein am ©tluffc feiner ©roftürc gurn ©eften giebt, bürfte SRifft faurn
fo weit getommen fein.
Gin ©nt non gang anberem Kaliber unb ungleit höherem Serthe ift Sr.
Äneftte’ß „©eftitt e keß S-^catcrö unb ber 9Rufif in Scipgig". 9Rit
gleif) unb Siebe gufammengeftetlt, in gebilbetem, befteibeitem Sone oorgetragen,
liefert biefe 9Ronographie einen wiHtommenen ©eitrag gur beutften Äunftgeftitle.
Sie banfbarften Sefcr wirb fie allerbingß in Seipgig felbft unb in ben 5Reif)en
berjenigen finben bie irgenbwie in tünftleriftem Bufammenhang mit ber ©tabt
geftanben. Senn ber oon herglitem ^atriotißmuß erwärmte ©erfaffer nimmt in
feine ©eftit^e manteß auf, waß einerfeitß nur für Seipgiger oon Sntereffe ift,
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anbererfcitg t»icfe§, wag jcber fjulbwegg für SRufil unb Sweater fief) intereffirenbe
Sefcr längft Weif). Um cjlcidf) tjicr mit uitferen SBebenfen fertig ju werben, heben
Wir tjeroor, baf, ber 33erfaffer mit 23iographieen oiel ju freigiebig gewefen ift. SDie
oollftänbigen Stographieen oon ©ebaftian 33 acf> unb 2 t. Ritter, oon s Dien=
belgfohn unb ©h untann u. }. w. wünfht boefy fagm jemanb in einer
Sf)eatergcf($i<$te 8 eip 3 ig 8 ausführlich wiebererjä^lt ju finben! Sie wef entlieh*
fien biographifhen Säten, als 2tnmerfung unter ben Sejct gebrneft, hüten genügt.
Sa nun ber SSerfaffer ftd) ebenbrein nicht mit ben 33iogra 4 ?hicen bet heroortagenb*
ften SRcifter begnügt, fonbem ba 8 8 eben eines feben Äünftlerg, ber burd) itgenb
eilte — fei eg felbft fet)r flüchtige — SBätigfcit mit Seipjig jufammenhangt, im
Scjrt erjagt, befommt fein 23ucf> etwag ©rmübenbeg. Ser 3ufammenbang wirb
3 U fehr 3 eriffen, bie Ueberfid)t beffen, wa 8 wirltich @efcf)i<f)te, ©ntwicfelung beS
Seliger Sbeater* unb SEJiufifwefenS ift, alt^ufctir erfcfjwert. Sir machen biefe
©inwenbung natürlich nur infofern, als c 8 fid) um befannte, in jebem ^jattbBuch
ober Üejifon genau fo 3 U finbenbe Singe l;aiibelt; locale ©pecialitätcn hätten wir
bagegen in ned) reichlicherem SJiafjc gewünfht. 3a wir hofften, baf) ber SSerfaffer
un 8 über ba 8 beben unb Sirfen SERenbelSfohnS, .SpillcrS, ©humanng, borh’ng 8
u. }. w. weit mehr 9Ieue8 unb ©igenthümfiheg werbe 3 U cr 3 ähten wiffen, als
e 8 in Sirflidjfeit ber gaU ift.
Sag 33uch oon Änefd)!e 3 erfäHt in 3 Wei 2lbthcilungen, beren erfte bem
Sweater, beren 3 weite ben 3 Rufif 3 uftänben Seipjigg gewibmet ift. Sowohl burch
feine tljeatralifcben alg burd) feine mufitalifd;en Stiftungen hängt Seihsig vielfach
unb bebeittfam mit ber ©efhihte bet beutfehen Äunft überhaupt 3 ufammen; bag
fähfifh 6 „Älein^arig" (wt nach beiben ^Richtungen @lan 3 perioben auf 3 uweife«, in
weihen feine beiftungen bie mancher großen 5 Refiben 3 ftabt überflügelten.
[t Sie Ülnfange beS ®ch«ufhiehvctenS in Seipgig beginnen, wie überall, mit ben
„wanbcmbcit Sruppcn". Sic berül;mtefte biefer ©haufpielertruppen, SRagifter
S3eltheimg ©efellfhaft, mit weihet gewiffermafen bie bentfh« Sheatergefhiht«
überhaupt anhebt, nahm oon beip 3 ig ihren 2lu§gang. 3luh ein befheibeneg Opern*
haug „auf bemS5rühl" finben wir fhon 1693, in weld;em bet furfürftlih fähfifh e
(Sapeflmeifter ©trungl aug Sregben (nah *h m Sartorio) oon Seit 3 U 3eit
„gewiffe Operetten" aufführte Sag folgenbe Gapitel II. führt un 8 fhon in bc=
fanntc ^Regionen: Sie Jteuberin, ©ottfheb unb ©ellert (1724 big 1750).
@8 folgt (3. Gapitel) bie 3eit beg „fähfühen Jpoffomobianten" ©ottfrieb heilt*
tih Äoh- Sag Äoh’fhe Sweater im Ouanbt 8 hof, 1753 nah ©ottfh ebg 2ln=
gäbe gan 3 neu hergeftellt, war bag erfte in Seutfhlanb, beffen 3ufh auerraura au f
bie jejjt allgemein gebräuchliche Seife im £albfrei 8 (nah bem SKufter ber alten
©ried;en unb ^Körner, nicht länglich na h 2lrt ber Äirhen) erbaut würbe. Unter
Äoh begann bag 2 lufblühen beg beutfhen ©ingfpielg burh bag Sufammenwirlen oon
Seiffe unb 21. Rillet. Sdc epohemahenbe erfte Aufführung oon SeffingS
©ara ©ampfon (1756) fällt in bie Äoh’fhe ^eriobe, cbenfo bet Seliger 2luf«
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enthalt beö jungen ©oetlje. Sa 8 4. Gapitel beginnt mit 1775 (Äocf)S SobeS* •
jahr) unb erjagt bie ©chicfiale beö S^eaterä unter ©enler, (Bonbini unb
©econba. „SaS (Repertoir bet Seipgigcr Sühne im golbcnen Seitalter unjercr
gitteratur* bilbet ben Sn^alt beö 5. GapitclS. Sie Säten ber erftcn Aufführungen
Bon @^itler§ unb ©oethe’S ©tüdfen finb Bon 3ntereffe.
33on SOtojartS Opern würbe in gcipgig juerft „Sie ,£ioch 3 eit beö gigaro"
gegeben (1785); bann folgte 1791 „Sie ©ntfübrung", 1793 „Sie Sauberftöte",
enblich 1796 „Son 3uan*. Ser Sitel ber letztgenannten Oper lautete auf bem
Jheotergettel: „Ser gestrafte AuSidjweifcnbe ober Son 3ean, fomifcheS ©tng»
fptel in gwei Aufjügen, bie (Poefie oom Abb. ba fPonte, bie ÜJtufif oon $errn
SRogart." 3m (Perfonenuergeichnih fielen als ^»räbicat beö Sitelhelben bie SBorte:
„ein auSfchweifenbet junger SRenitp" Auherbem ftrtbet [ich — eine bantalö fe^r
häufige ©itte — bie ooQftänbige 3 nhaltöangabe ber $anblung, unb fdjlie^t bie»
felbe alfo: „Sic ©tatue forbert ihn auf, feine Auöidjweintngen gu bereuen, welches
er aber abfchlägt, worauf fid) ber ©rbboben öffnet, glommen h cn?or ^ rec ^ eu unb
Son 3ean in ben Abgrunb nerfinft." Originell Hingt auch baö auf ben bamali*
gen Opemgetteln figurirenbe ©rfuchen: „SBegcn SBieberholung ber Arien
wirb ein geneigtes publicum um gütige 23erfd)onung gebeten."
SaS 6 . ©apitel ifi ber &ü ft ne riehen ©langperiobe gewibmet Siöhin
hatte geipgig lein eigenes ftehenbeS Sweater; baS £auS war gwat t'djon über
50 3ahre Borhanben, aber nicht bie ©efeUfcbaft. 9Ran befah leine folche auöfchlieh*
lieh; in ben Beiten ber (Reuber, © 4 'önemannS, Äoch, bereiste bie Sruppc noch eine
gange (Reih« anberer ©täbte, fpäter muhte geipgig fi<h wenigftenö mit SrcSben
in ben 33efi|) ber ©chaufpielet theilen; hatten bie Seliger auch jur ®iehä e tt «nb
oft im ©ommer Sweater, fo mußten fie hoch im (Sinter barauf Beliebten,
©rft im 3 ahre 1816 bewilligte bet Äönig ein eigenes ftabilcS ©chaufpiel für
geipgig; ein Stheatercomite fd)e§ bie Äofteu 3 U einet nothwenbigen ©rweiterung
beS Sth^toS^ÄubeS gufammen unb oerpachtete eS auf je<b 8 Sahre an ben her*
3 ogli 4 loburgifchen £ofrath ©. $h- Äüftner, bem geipgig feine glängenbjte
SLljeatergeit nerbanft. Sie Seit ber Äüftnerleben Sirection war Bon 1816 bis
1828. AIS Äüftncr bie Unternehmung aufgab, bewilligte bie iächfifchc (Regierung
auf Antrag beS Seliger (RatheS ein „lönigl. .p oftheater für brei 3ahre"
b. h- bie 3ntenbantur ber SreSbner Jpofbühne engagirtc eine befonbere ©efeHf^aft
für geipgig, behielt bie Oberleitung beS SnftitutS unb fepte ben ©chauipieler
SReinie als ©efchäftöfüljrer ein (7. ©apitel). ©8 war oorau 83 ufehen, bah eine
3witterherrfchaft auf bie Sauer unmöglich würbe, baö Seliger „^oftheater“
würbe im SRai 1832 aufgelöst. ©8 würbe wieber „©tabttheater" unb fam gunächft
pachtweife unter bie Sirection beS ©djaufpielerS gr. (Ringelharbt (©apitel 8 ).
Unter ihm entjlanben — in unb für Seip^ig — 8 or£ing 8 fomif^e Opern,
welche für bie Sirection gut heften GinnahmSqueHc würben. (Ringelharbt ging
1844 nach (Riga, ber 3Reb. Sr. Äatl ©hriftian ©chmibt (©emal bet ©chau»
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729
fpielerin äugufte ©chmibt=.£>anff; übernahm bic Jheaterleitung unb führte fie Hä
inß 3ah* 1848, wo fic fein ftttanjietter fRuin würbe (Gapitel 9). Sölit 1. San»
ticr 1849 begann bic Sircction SßirfingS unb bauerte bis gu Dftern 1864,
mit weitem 3eitpunfte Söirfing befanntlid) baS fraget Sticatcr übernahm.
Siefe tefitc ^eriobe, „bic ©egenwavt unter 2Birfing", bitbet ben Snbalt beS
10. GapitelS unb ben ©cßluß ber erften, rem St;cater tjaubclubcii 3tbtf»cilung
bcS 33udjc8. Ser fßerfaffer füf)rt tu jeber biefer gerieben bie tjcrrcrragcnbftcn
Scftanbt^cite bcS 9tcpertoir8, bic namhafteren Sü^ncnmitgtiebcr, cnblid)
bie berühmteren ©äße auf.
Sie gweite 'Jlbt^citung bebt an mit ben „Anfängen beS mufitalifchcn
2cbenS in 2eipgig (Gapitel 1 ). Set Wahrhafte Anfang ift gang eigentlich 3<?h-
©eb. 53ad), erft ron ihm an !ann bic gcid)id)tli(he Gntwicfelung beS SJtufiflebenS
in Seipgig ununterbrochen rcrfolgt werben, ©eth GalrifiuS, Hermann ©d;ein,
Äuhnau, 2. SDtigler fdjlie^en fi<h h* er an. Sa8 2. Gapitel behanbelt 53 a cbS
©ohne unb feine 2cipgiger ©dritter, barunter SotcS, ber atS 53ad;8 SlmtSnad)’
folget an ber SShowaSlirchc unb als 58cgriinber beS fogenannten „©roßen Gon»
certS" fich ungemeine 33erbienfte um Scipgig erworben hat. „53ater filier" ift
baS 3 Gapitel überfdjriiben, baS opillerS 53erbienftc um baS ©ingfpiel, baS neu»
gegrünbete „©ewanbhauSconcert" unb bie 2luöbilbung ron ©ängerinnen wie ©er»
trübe ©chmehling (fölara) unb Gorona ©chroter beleuchtet. Stach 91. filierS
Stbgang nach Äurlanb würbe (1785) ©d)id)t gu beffen Stadjfofger erwählt, nad)
©<hid)t folgten an ber £b omaö f' rc b c (1823) SBeinlig (Sticßarb iföagnere
SDtufiflehrer) unb (1842) ber anSgegeichuete Sheorctifcr unb Äird)encomponift 93t.
.^auptmann, welcher als rüftiger ©reis biefeS 21 mt nod) gegenwärtig .rerficht
(4. unb 5. Gapitel). ÜllS Sirigcnten bcö „©roßen GoncertS 1 ' folgten nach ©d)icht
bie tüchtigen SDtufifer ©d>ulg (1810) unb ^ohlenj (1827): ron ihnen h®n=
beit baS 6. Gapitel Sa8 7. Gapitel ergäbt ron 9t. ©chumann unb Glara
SBied, unb berichtet über baS Gntftchen unb bie ©djicffale ber mufifalifchen
3 o u r n a l i ft i f in Scipgig. ©eine mufifalifche ©langperiobe rerbanft 2eipgig be»
fanntlidh ber Shätigfeit §. SOtcnbclS)ohn = 33artholbpS (1835 bis 1843).
9JtenbelSfohn würbe als fönigl. preuß. ©eneralmufitbirector nach 33eriin berufen,
lehrte aber halb nad) Seipjig gurücf. 21 m Sirigcntenpulte ber ©ewanbhauScoitcerte
folgte ihm, für furge 3eit (1843), ber geiftreidje §crbinanb filier, bann (1844)
9t. ©abe. Siefer s Periobe ijt baS 8. Gapitel, ber folgcnben (3uliu8 Stieß, 1848,
unb Äarl Steinecfe, 1861) baS 9. Gapitel gewibmet. Sic folgenben brei Gapi»
tel (10, 11, 12), bie legten beS 58ucßeS, hanbetn ron bem Seipgiger ÜJtuftfrerein
„Guterpe“, ben retfehiebenen ©efangrcteinen unb bem Gonferratorium.
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730
2)e$ Patriarchen ©emtabius non GTonftoitfinopel (£onfeffion*
Äritifcb imtcrfucbt imb heraiSgegebcn reu Sr. 3. (?. g. Otto, o. o Profcffor an ber evaug.«
tbeologifcbcn fcacultät in Söicn, TOtglieb beS f f. Untcrricfyttfratfyc* u. f. m. 9tebft einem ©jrcurS
über SlrethaS' 3citalter.
(Wien 1864. 8. 35 S. ^Braitmüffcr.)
Unter ben ©laubenSurfunben ber neugrieebifeben Äird;e fteT;t r maS ibr Sllter betrifft,
bie 33ef enntnißfehrif t beS ©ennabiuS „lieber bie Hauptftücfe beS rtft-
liefen ©tauben S“ obenan. Sl'enn auch bureb eine ©efammtcrfldrung if;rer t;od;ften
Sürbentrager als Spmbol nicht auSbrücflich anerfannt, galt fie benned; in ber ert^o-
bojren anatclij’c^cn Aird?e ftetö als baS £'3erb eines fel;r berühmten unb ftrenggläubigen
ofumenifchen Patriarchen. Sie 2?eranlaffung ihrer ©ntftehung ift folgeitbe. s 31achbem
SRuhammeb II. Gonftantinopel, baS le^te 35oÜmerf beS griec^ifc^en Äaiferreid?^ erobert
batte (1453), mochte er im Sntereffe feiner Spnaftie ben ©rieten mit ber politifchen
Selbftftdnbigfeit nicht zugleid; auch bie greil;eit beS ©laubenS entreißen. Gr befahl baljer
nor allem baS feit bereits $ioei 3al;ren ertebigte Patriarchat in ber Hauptftabt unver¬
züglich lieber zu beferen. Surch ben nunmehr von ber Spncbe einftimmig gemalten
unb fpdter von ihm mannigfad; ausgezeichneten Patriarchen ©ennabiuS (fo l;ie§ ©eorgiuS
S<hotariuS nach feiner (Siebung zum Patriarchat; nach elner eroberen Angabe mürbe er
ben tarnen ©ennabiuS fchon zuvor, bei feinem Gintritte in ein Älcfter, ber bamaligen
Sitte gernäfc angenommen haben) mürbe er felbft mittelft einer Unterrcbung mit ben
Hauptfdfcen beS christlichen ©laubenS, von benen er bis bal;in nur burch unbeftimmteS
Hbrenfagen vernommen haben mochte unb bie er hoch einmal naher fennen zu lernen
ȟnfehte, vertraut. Ohne gurebt unb 3agen hatte il;m nun ber Patriarch jene Haupt*
mal;rheiten auSeinanbergefcfct unb jmar in einer fo taftveflen Sßeife, ba§ er jeber 95er-
lefcung beS SslamS gcfcf>ictt aus bem SBege ging.
©ennabiuS zeichnete nachher jenes Sefenntniß feiner Äirche fd;riftlich auf, um eS
bem Sultan auf beffen Verlangen zu überreid;en. Siefe berühmte Gonfeffton mürbe nach
ihrer Uebergabe non einem ffllohammebaner in bie türtifebe Sprache überfefct. So ent*
ftanb bie dltefte unter ben ©laubenSurfunben ber neugried;ifchcn $ird;e.
SSorliegenbe Schrift nun bietet uns bie Gonfeffton beS ©ennabiuS in einem ben
bisher in Seutfchlanb erfchienenen SluSgaben berfelben uorzuziel;enbcn Sexte unb z^ar
nach einem SBiener Gcbex ber !. !. Hcfbibliothef auS bem 15. 3ahrf;unbert, früher mit
14 jefet 73 bezeichnet, zu beffen Ülbbrucf ben Herausgeber bie Srefftichfeit feiner ?efe*
arten gegenüber jenen Ausgaben ber Gonfeffton bemog. gür bie ©enauigfeit beS in 95or-
liegcnbem gebotenen SexteS bürgt uns Ctto’S SSerficherung, er l;abe ben Gobex felbft mit
großer Sorgfalt verglichen, ©in nicht nberflüffigeS Gorollarium ftub bie Slnmerfungen
Zum gried;ifchen Sext. Sie enthalten außer ber ä?erbefferung ber menigen Sd;rcibfel;ler
beS Gobex bie Hinmeifung auf bie abmeichenben £efearten ber editio princeps
beS SrafftcanuS (eigentlich Sobann 2llexanber Äcljlburger, Profeffor ber altclafft*
fcfjen Sitteratur in Sßien, f 1539) vom Sahre 1530, ber z^ar eben biefelbe £anb*
fchrift ber Hofbibliothef beuü(jte aber zuweilen von feinem Gebe* abmich, unb jener
von ©aß aus bem 3al;re 1844, ber bei feinem Sexte mcl;l brei Hanbfchriften — eine
SreSlauer, STiüncbner unb parifer — zur 33enüfcung hatte, aber faft burchgdngig ber
erften gefolgt mar. Slnbere Ausgaben jener Gonfeffton ftnb: bie von Savib ©hptrduS
in Moftocf unb von 9Jtartin GrufiuS in Tübingen aus ben 3al;tt'n 1583 unb 1584
nach fc 011 ©riechen angefertigten Ülbfchriften. Sie Ausgabe beS Sohaun von Suchte auS
bem 3ah rc 1611 ift nur ein 3lbbrud ber fel;r feiten gemorbenen „Editio princeps“.
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731
Sagegen ift ber 2 ejrt beß ßhriftian Saum bcnt Sa^rc 1677 ein Slbflatfcp jeneß ben
ßbpträuß. ßbenfc ber ben ßrnft Suliuß Äimniel auß bcm 3al;re 1843. 3lber bie
burch Ghptrduß unb Gruftitß bcfannt gemalten Scjrte meicbcn nic^t nur bielfath ben
einanbcr, fcnbern auch auffallend non bern burch SBrafftcanuß (unb non Suchte) »er*
cffentlichten ab. ©afc, ber mit ben ^anbfchriften arbeitete, mar cß nicglich, einen bei
meitem ccrrecteren Se^t alß ß^träuö unb ßnifiuß 3 U liefern. Uebcr biefeß 2?erf;ältnip ber
betriebenen Slußgaben 3 U einanber, ergeht ftc^ ber gelehrte -SScrfaffcr in auefübr*
lid;er 2 Beifc. ♦
2 lber nicht blcf) jenen bcrtrcfflid;en STe^rt beß „SMener ßobcjt" bietet unß bcrlic*
genbe (Schrift mit größtmöglicher ©enauigfeit, fcnbern cß mirb aud; ber 0d)luß ber
©onfeffton, melier nad; ben 11 ( 12 ) Capiteln felgt, einer febarfen Äritif unterlegen,
alß beren JRefultat ftch beß i'erfafferß 9lnftd;t l;crau$ftet(t, baß ber ©enna bianifd; e
Urfprung biefeß (Schluffeß, wenn nid;t feben bicüeid)t beß 11 . 2lrtifelß, un*
bebingt $u berneinen ift. Unb in ber 2bat fehlt biefer 0d;luß fcmehl im „SBieuer
ßebejc" alß aud) in einer £anbid;rift ber „Laurentiana“ 3 U gieren gan 3 . Sie
©rünbe, mtt benen Otto für bie Unechtheit jeneß 0d;luffeß auftritt, ftnb fe t'lar unb
übe^eugenb, baß !aum jenianb für bie 6 d;tl;eit bcßfelben mit ©lüc! eine £an 3 e brechen
dürfte. Sc möge alfe bieje 0 chrift allen jenen, bie fiep für bie SSerI;dltniffe ber orien*
talifc^en Sir^e interefftren, aufß SÖdrmfte ancmpfcl;len fein. gr. Sllciß Sttüller.
R. d’Erkert: „Atlas ethnograpliique des provinces habiWcs
eil totalitä ou en partie par des Polonais“.
(0t. yetereburg 1863.)
Sie jüngfte SBemcgung $)olenß hat bereite eine namhafte Jitteratur berbergerufen
unb baruntcr neben ber Hochflut pelemifirenber Arbeiten aud) red)t gute Seiftungen im
gad;e ber ©efebiefcte, ©cegrapbie unb ©tatiftif. 3 ut lefctern ©attung gel;crt ber ange*
geigte 2Itlaß beß ruffifdjen ©arbecapitdnß b’©rfert, mit fed)ß SSldttem in garbenbruef,
meld;e baß etl)nograpl)ifd)e ©efamnttbilb , bann bie percentuale $ertf;eilung ber ^olen.
JRuffen, Seutfcben, ^itl;auen, betten unb 3fraeliten beß bermaligen grcßpclnifd;en 5 Keid;eß
enthalten. Sie Arbeit mdre eine recht ermünfehte ä>erbollftdnbigung, ba SJufchenß „Äärt*
6)tn bon Oiußlanb" $Pclen nicht einl^icljen unb aud) über Preußen außer alteren, menig
genauen Äarten nichtß be 3 Üglich ber SJolfßftdmmc betliegt. 0 d;abe bal;cr, baß b’Srtert
bei feiner Arbeit gar fo flüchtig berging. Sic Angabe einer einigen beutfeben Golonie
in ©aligien (SBabomiee) ift rein unerflärlich, mo hoch bie treffliche ethnograpl;ifche Äarte
bon Sefterreich bcrlag unb aud; benüfct mürbe. Ungeachtet beö großen germateö finb nur
bie- Äreiöhauptorte angegeben, eä bleiben bal;er bie meiften 0 prachinieln ebne £rtöbe*
3 eichnung unb h^ u Pü 9 an 5 rdthfelhaft. (Sbenfe hätten ftch mit 33enü^ung ben gieferä
B 5)lcncgraphic über bie S5ebel!erung Sefterreichö" (^)ertl;eö, ©etha 1860) nicht geiler
einfchleichen feilen, mie baö Vermengen gan 3 er Äreifc (Saölo mit 0 ancf, 33cd;nia mit
SBabcmtce) unb mehrfach falfche 0chraffirung, mie ber Seutfchen in ben Greifen Ärafau,
SSabomice unb Saölo, ber ?)elen unb Sftuthenen im Äreife Saöle, ber Sfraeliten in ben
neun eftlichen Greifen, in Ärafau, SBabomice unb 9leu*0anbec. S.
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732
1. 35ad foeben erfchienenc 1. £eft bed 9. Saprganged ber „©ermania* oon
$r. Pfeiffer, bie oon biefem 3 ap*gang an infefern eine Grweiterung erfahrt, aldnicpt
nur bte fepon im oortgen 33attbe begonnene bibliograppifd;e Ueberftcbt ber beutfcp-ppilologi*
fepen ?itteratur nun regelmäßig fortgeießt, fonbern unter bem Sitel „SDRidcellen" auep
SJlittpeilung non ^erfonalnotigen, Senate über neue publicatictten, wiffenfcpaftlicpe
^Reifen, £)anbfcpriftenfmtbe u. f. w. gebracht werben feilen, enthalt fofgenbe Beiträge:
w Ser 9lamc ©ertttanen" non SIbolf $olfcmattn, ber barin feine 9(nfirfjt oom
lafctnifcf?ett Urfprung biefed Ramend gegen bte oerfepiebenen Angriffe $u oertpeibigen
fuept; „ 2 lltmittclbe utfepe ©loffen $u £einrici ©ummariutn" non SORaj:
SRteger (mitgetpcilt aud ber Pgmentpd. v )Jr. 6 ber Sarmftäbter £ofbiblictpef); „35 ie
•petbtn unb 23itticp non Sorban" non 3 gn. 55 . Bingerle; ferner unter bem
2lbfcpnitt Sitteratur : SRecenftonen (über Ä. fflRütlenpoffd unb 38. Scpcrcrd Senfntäler)
non Ä. SBartfc^ unb 9(. £olßmann, non 2t;. 53ernateten (über ©ropmamtd Sagenbud;
non Sonnten unb üDiäpren), .£>. Siegel (über ben Codex iuris municipalis Germa-
niffi medii aevi ed. H. G. Gengier) unb gr. Pfeiffer (über 3 ef. 33acpd unb
SR. £eibricpä Sarftellungen ber Sepre SReifter ©cfpartd) unb gr. Sachfe’d 2 lbpanblung
über bie SSerflanbedcultur ber Seutfcpen im SORittelaltcr. 35arauf folgt bie „33tbliogra*
Ppifcpe Ueberftcpt" non Ä. 83artjcp, unb unter ber Siubiif: „TOidccMen 11 bie „33ericpte
über bie Sipttngen ber germaniftifepen Section ber 22 . ppilologenoerfammlung" (Sept.
1862) non Äarl Sartfcp, ein SScrfcplag jur Verbreitung ber Prcgrammenlitteratur non
33ecpftein, 9tacpricpt über bie non ber!. 'Mahonie ber 38iffenfcpaftett in 58ien bcfcploffenc
Sammlung ofterreiepifeper 38eidtpftmer unb über fäufliepe $Ranufcripte, enbltcp „35rucffepler
unb 55erbefferungen" 3 utn 8 . 3aptg. 58ir bemalten und nor, atn Scpluß bed S3anbed
auf bte mistigen Beiträge eingepenber 3 urücf 3 ufommen.
* 35er oft erwähnte unb oft beflagte Diotpftanb in Ungarn, beffen ungünftige 9Rücf*
tnirfung auf bie mannigfaebften SSerpältniffe bed materiellen Sehend fiep ittdbefonbere in
ber Stocfung ber meiften ©efcpäftöjtneige funbgiebt, fepeint auf bie litterarijepe Probuc*
tion opne allen nachteiligen Einfluß geblieben 311 fein. 58äprenb 3 . 33. im 35erlattfe bed
norigen 3 al>re 8 nicht weniger ald 22 periobifche SSlätter tpeild aud Mangel an Speil*
napme, tpeild an innerem Siechtum bapingeftorben ftnb, erfepeinen gegenwärtig tn Peft*
Dfen 62 3 eitfcpriften, bie ftep faft opne 2 ludnapnte einer niel größeren 2 (ngal;l obn Prä*
mtmeranten erfreuen, ald bted im oerfloffencn 3 at;re ber galt war. 2 (nbererfeitd ift ed
eine Spatfacpe, baß bie 3 apl ber SSlätter, tndbefonbere ber befletriftifepen, peuer in fteter
3unapme begriffen ift. 2 lbgefepen oon ber „Fata morgana“, welche non ber 6 e!annten
Iprtfcpen 35icpterin, gräuletn Termine © 3 igier rebigirt, auep bie Sewegungen bed
ungarifepen Sitteraturlebend mit waepfamem 2 luge oerfolgt unb feit Anfang Slpril l. 3 *
ieben Sonntag regelmäßig erfepeint; abgefet;en oon bem feit 1 . 9J?ai l. 3« täglich er*
fepeinenben „Pefter 33oten M , fotl nächftotd burch 6 . 33 enic 3 ?p unb 21. 9 to 3 faagi ein
neued ungarifeped beüetriftifched 33latt begonnen unb ber unlängft fiftirte w Lätcsö a unter
ber SRebaction bed Sigmunb 33robp unb 2 lbolf 2lgai burep bie Vertagdbud>hanblung
bed ©. ^>edenaft 3 U neuem ?eben erweeft werben. — ®in niept minber reged ?eben
giebt ftep auf bem ©ebiete ber 33 ücperprobuction funb. Säprcnb nämlicp naep ber wopl*
begrünbeten 23erecpnung eined pieftgett Äritiferd in ben früperen 3apren — wo bie ge*
fammte Gonfumtiondfraft bed ungarifepen ?efepublicumd faft audfcpließlicp burep bie „flie*
genbe Jagedlitteratur" in 2lnfprucp genommen würbe —- nur 3 U ben Pränumerationd*
bögen auf 3 eitfcpriften burcpfcpnittlicp mepr papter oerbrauept worben ift, ald auf bie
gefammte 33ücperlitteratur: pat ftep biefed abnorme Verpältniß gegenwärtig oiel günftiger
geftaltet. ©ine jebe SBocpe bringt und Ütcuigfeiten oom 33ücpermartte, bie — mit wenigen
3ludnapmen — bafür 3 eugen, baß einerfeitd bie Probuctiondfraft ber ungarifepen Scprift*
fteUer eper ju* ald abnimmt, anbererfeitd aber auep ber ©eift unferer ?itteratur in jung*
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733
fter 3 eit oiet nüchterner geworben ift, a(d er in ben früheren 3 a!;ren war. ©er Diaum
geftattet und nid)t, auch nur bie 2ttel jener Serfe an 3 ufüf;ren, bte in jüngfter 3eit er¬
sten en ftnb, uttb in irgenb einer 33 e$ief;ung wertvoll, fcmit audb einer weitläufigeren
Sefprechung leert!; fein bürften. 9(ußer bent bereits oiel befprochenen ©ped Den SoW 11
9tranp, bad ben Sitel „Buda lialäla“ („©er Scb Suba’d") fü!;rt, unb gegenwärtig
auch in beutjcfyer Ueberfejjung in einem I;iefigen Socalblatte erfepeint, fmb ed tndbefonbere
bie, burep bie befannte Äidf alubp«@efctlfd;aft Deranftalteten Uebertragungen ber ©ramen
©paffpeared, bann bie im Verlage Don Ä. Dfterlantm erfepeiuenbe streite, Derb eff orte
unb Dermeprte Auflage Don © 3 alapd „Allamftrjfiak es szonokok Könyve“ („©ad
33ucp ber berüf;mteften Staatsmänner unb Stcbner"), bie bad 3 ntereffe bed ungarifepen
Sejepubliamtd in erl;extern ©rabe in 9(nfprucp ne!;men. Son ber 9lranp’fcpen Ueberfefcung
bed ©paffpeare’fcpen „©ommerna(btdtraumcd ,, . welcped ©tücf bei ©elegenpeit ber ©paf*
fpearefeier im 9laticnaltpeater aufgefüprt werben ift, wirb behauptet, baß badfelbe bem
Criginale in feiner Seife naepftept. — ©er befannte ^ublicift, 9lnton 3icpp, l;at
feeben ein ©rama: rf SCRaria ©tuart" beenbet, beffen Hanblung eben bert enbet, wo bie
©cpiller’fcpe beginnt, ©adfelbe fotl näcpftend gleichfalls im Sftationaltpeater 3 ur 9luffüprung
fommen. 9lucp ber ehemalige SRebacteur bed „Magyar Sajtö“, Herr Sopann 93ajba,
fotl eine fünfactige ©ragöbie foeben beenbet paben, bie unter bem ©itel: „Häbor“ aud
ber näcpften SBergangenpeit gefd;cpft ift. Ueber!;aupt feinen ftep ehemalige ^ublidften
gegenwärtig me!;r mit beUetriftifcper ©cpriftftcllerei 3 U befaffen, a!d epebem. ©0 fepreibt
auep ber Siebacteur bed „P. Naplo“, ©igntunb 0 . Äernenp, einen größeren Vornan,
beffen ©cpauplafc Stalien ift. — ©leid^eitig Derncpnten wir, baß eine magparifepe Ueber*
fefcung ber „©ironbiften" ton Lamartine fiep bereits unter ber treffe befinbet, unb näcp*
ftend im Vertage non gerb. Pfeifer erfepeinen wirb. — 9lucp eine Ueberfepung ber
©driften 9triftcteled’ f;aben wir näd;ftend 3 U erwarten, unb 3 War aud ber geber bed
facpDerftänbigen ^rofefford $ab erertt. *
* ^rof. Sotedlaw ?)cbc 3 ad 3 t;ndfi in Sarfcpau arbeitet an einem Serf über bie
pelnifcpen ober in s })olen befd)äftigt gewefenen 23aumeifter non ben älte’ten 3dten bid
3111 * ©egenwart, ©d wirb, mit genauen SMcgrapbieen unb einem 93 er 3 eicpniß ber audge*
führten Sauten, bad „Sörterbucp polnifcper ffllaler" Don g. 2JI. ©obiedjcjaiidfi unb
©D. Sladtawiecfi crgän 3 en.
* 9lud S e i ß f i r cp e n in 9Jiäpren wirb golgenbed mitgetpeilt: 9lbermald frnb in
ben St’rftüftungen bed an bem Sege gegen ©sernotin hinter bem ©eplipbabe, wenige
punbert ©dritte hinter bem ©eDatterlccpc ftepenben Äalffelfend, welcher, Dem alten Äar*
patpenfalfe angepörig, in feinen SJtaffen fclbft feine ©pur Don organifepen Ueberreften
birgt, Don ben Steinbrechern foffile Änocpen bed Höhlenbären unb SOia^tsatrue unge¬
heurer ©radfreffer eorgefunben worben. Seiber würben bie bebeutenberen Stöprenfnocpen
Don ben rohen Arbeitern 3 ertrümmert. ©in ©heil berjelben lag in bem 3 erfcplägelten 9lbrautn.
* 3n 91 gram werben 33eratpungen über bie Drganifation bed 9 tationalmufeumd
ald Sanbedinftitut gepflogen.
— ch — Son £. ^enn in @ra 3 ift ein SänbAen ©ebic^te erfdßenen. „©cutfcpe
8ieber*33lätter aud ber 3eit" nennt fich bie fleine Sammlung, welche für bad
©alent bed Serfafferd 3 -ugniß ablegt, ©iefed ©alent ift jeboeb ein noch ungebilbeted,
unentwicfelted. Senn H* bie gönnen eined Äörner, 9(rnbt abftreift, ber ?)h ra f c
einen 9lbfagebrtef febreibt, gute SMufter, notb me!;r aber fich felbft unb feine 9Jtitte(
ftubirt, bürfen wir non i^nt ©uted erwarten.
©in größered ©ebidjt oon H* s Pcnn „Salbmäf;rd)en" fott einen bebeutenben
gortfebritt bed S erfaß erd be 3 eid;nen.
* Seit 9(nfangd 9lpril erfebeint in 9)(üitcben im SSerlage ber 93u$l;anblung ©otted*
Winter unter bem ©itel: ,,©h rctl ^ ^ er ®egenwart, SIRonatdrunbfcbau- auf bem
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©ebiete bon Staat, Äircbe unb ©efellfchaft für alle Stamme SeutfcblanbS. 2>on einem
herein beutfd;er Staatsmänner unb e d>t«ödeT;rten", eine neue 3eitfd>rift, beren 3wecf
ba^tn gebt: „ben inneren 3ufammen bang ber äußeren Grfd)einungen z u erfaßen unb
beren 33ebentung nach ihrer inneren SESabrfjeit, bnn SRetfde unb ber Sittli^feit feftgu*
ftellen". Sie berantwortlicbc Leitung (;aben Sr. Hermann Stfc^cf unb 3. Strobel
übernommen.
* $)rofeffor St. b. Gitelberger erfucht bie Stebaction biefer 35>ochenfd;rift um
Stufnahmc ber Gvtlärung, baß nur jene 9)cittf;eilungen über Äunft non ihm t;ernil)ren,
weld;e mit ber Ghiffre R. v. E. gezeichnet ftnb.
n-n (9luS SRailanb, 28 9)iai.) Sefanntlich wirb ber fogenannte Coperto di
Figini, ein Säulengang, ber tl;eilmeife nodj ben Scmplafc begräbt unb feinergeit baS.
befanute Gafe SMajza enthielt, bem S tabtbevfd;on erungSplaue entfprccbenb, uiebergeriffeu,
Sie Semclirung biefeS ©ebäubeS mar bisher im Sutercfje ber 33cwchner nur non 3eit
Zu 3cit erfolgt unb feit einigen Soeben erft mieber im 3uge. 2(m 7. b. fließ man bei
ber SluSgrabung bon ©runbfteinen auf jmei mastige granitene Sarlopl)age (ähnlich jenem
ber bon Sljalfpeare berewigten Suite in SJerona), bie bon nuferen profaifchen Verfahren
als Saumaterial bermenbet worben. Gitter ber Sarfopßage trägt bie 3nfd>rift: Juliaß
Ammiao, quae vixit annos XXI, Lucius Calustris Conjugi. Sie 3al;reSzal;l ift
nidjt aut beften erhalten unb bfirfte MCIJIII bejcidjttcn. Sie Steine werben ins SJiufeum
gefd;afft werben, beffen 53ereid;erung baS I;iefige SKunicipium and) fonft recht cmft(id>
betreibt. So bat eS baS fdjone portal am 53anfgebänbe ber SSiSconti, baS ber Slntiquar
93aSlini bereits um bie Summe bott 15.000 gr. fäuflid; an fiep gebracht hatte, um ben
^rei$ bott 26.000 gr. für baS SJiufeum erftanben. — Ser 33au ber zum National*
fließen beftiminten Stätte am Gaftetlplaß ift in Eingriff genommen.
P. (SSorn f ranz ofif eben S3üd;ermar!te.) Sie Untern*t^tsfragc, meldje in
biefent 2(ugenblicfe in graufreid; wieber zu häufigen SiScuffionett, Unterfudjungen unb
Gommiffiouen SSeranlaffung giebt, I;at einen fct;r comperenteu SJiann, ben ehemaligen
Stubiemöeneraiinfpector Gountot, beranlaßt, feine Slnfichten tn einem Suche nieberzulegen,
baS unter bem Xitel „Des institutions d’instruction publique en France“
erfreuen ift. Ser Serfaffer febeint einige Scheu gehabt z u haben, mit feinen Grfal;*
rungen unb Slnfichten offen borzutreten, ba er mehrere mistige Slemter belleibete unb
man gewohnt ift, bei $)erfonen, welche felbft in baS Stäberwerf ber Serwaltung einge*
griffen ^aben, eine gemiffe Sieferbe (jinftcbtlich beffen, was il;nen burch ihre Slmtstljätig*
feit zugänglich geworben, zu finben. 3nbeffen behauptet £err Goumot, baß man boeb
gegen Staat unb ©efefifchaft ber allem bie 93crpflfd;tung I; a K f lc h uü^lich zu mad;en,
unb baß man bicS el;er burd) SJUtttjeilung als burch Serfchmeigung feiner (Erfahrungen
tput, felbft wenn festere baS Seftel;enbe nicl;t immer in günftigan Sichte erfc^einen (affen.
SaS ermähnte SBerf gel;t alle 3meige beS ltntcrrid;teS burtf;, bon ben Slotmalfchulen
bis zu ben Slfabemieen, unb ber SSerfaffcr genießt ben Stuf, baß er feine SReinungen
immer fel;r offen unb rücfhaltSloS funbgegebett.
Ueber bie ruffifd;en Gifenbahnen erfc^ien ein Such „Les chemins de fer rus-
ses de 1857 ä 1862, etudes sur la Russie par Ed. Collignon“. Gs ift bieS
nicht eine rein ted;nijche Slbhanblung über ben ©egenfianb, fonbern bieltnehr eine
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gebrdngte Sarftedung bcr wicbtigften SUjatjaicn in Se 3 ug auf baß ruffifcbe ©ifenbahn*
wefen, auf Älima, Acfcrbau, Seibeigenfchaft, ginnten unb comerciede Angelegenheiten beß
rufjifchen SReic^eö.
s 3iad) bem fielen, maß fd>en über Steuern uttb Sefteuerung namentlich in ber
jüngften 3 eit hcraußgefomnten ift, ericl;eint eß faft alß ein Sagniß, mit neuen Suchern
hierüber * 3 U bebutiren. Src(jbem haben mir nach ben Arbeiten non SBalraß, |)roubhon,
6 curcede s ©eneuil unb nach bem bteibänbigen SBerfe 3>arieuß wieber einen Sanb »or
unß: Teconomie politique et l’impöt, par A. Chargu^raud avec une intro-
duction par Em. Girardin“. Am ©chluß bewerben befinbet fach eine „Bibliographie
de l’impöt“, in welcher ade englifcbcn unb beutfd;en Sucher über ©teuerwefen burch ihre
Abwefenheit glasen.
. Sie „leiste Sittcratur" 3 cid;net fach w granfreid; fortwdhrenb burch 9 ro B e §ni<ht*
barfeit auß. Saß £>erannat;en ber Saei^eit unb ber Sideggiatair wirft auch auf bem
SüchermaTft feine Stofen, ba baß Sebürfniß bcr Serfheuuitg in ber Sereinfamuitg beß
?anbaatfenthalteß ober beß ©ifenbabnwaggcnß mit bereiter Äraft bie 9JJenfchen auffucht
unb in geige beffen fpeculatioe Äcpfe fach ftnben, welche alte geuidetonß, in Sdnbe
gefammelt, unter ber Aegibe eineß pifanten Siteiß ber ?efewelt anbieten. 2 Bir haben auf
biefe SBeife oor unß: „Les portes de Tenfer par Alex, de St. Albin“, „Lettres de
Colombine“ (auß bem „gigaro"), „Les memoires d’un billet de banque, par de
Parseval-Deschenes“, ferner „Le sac ä malices p. Fr. Ducros“. 3n bem lederen
finbet ftch aud) Serfd)iebcncß über Scutfd;tonb,'baß gan 3 nach ber befannten fra^cfafchen
©chablone gearbeitet ift, welche in ihrem Smmerwieberfehren nachgerabe benfelben fur 3 *
weiligen ©inbruef macht, wie baß $)ferb in bcr Sretmül;le. 355ie fennen jo geiftreiche
Seute, wie bie gran 3 ofen, fach ftctß non 91cucm baran beluftigen, baß bie Seutfchen unaußgefeht
Sier trinten, Saba! rauchen, ©auerfraut effen, 3Jameinherr unb Sarteifle freien, baß
ade beutfehen 9Jidbd;cn blenb fanb, unb bat) bie Seutfchen ftctß baß abgefchmacftefte ®e*
fchwdfe in bem SJtunb führen! Sieß beutfe^e Schwaben ift hoch nur ©ontpofition beß
fran 3 oftfchen Autorß, ber ja nie fo oicl beutfeh fann, baß er ein ©efpracb nerfteht, ber
aber bie nach feinem Silbe geraffenen Seutfchen immer bie einfältigften gafeleien plau*
bem laßt, um fd)licßlich mit ber gaiyen 3£ud;t feineß ntad;tigen ©eifteß brein 3 ufahren
unb inß ©chwa^e 3 U treffen, ©ß mag baß red?t flug unb gef^ieft fein, um fach Relief
3 U geben; aber toujours perdrix! ©in wenig Abwe^ßlung fennte nicht fc^aben, aoenn
wir aud; nicht fo weit gel;en wollen, einem fran^efifcben Autor 3 U 3 mnutheu, baß er bie
Seutfd;en gefreit unb fad; felbft abfichtlid; buanmeß 3eug reben laßt.
<§i$mt9ölieridjte.
aifrfnmmlung iicr h. h. ^ologifrij-botanifrijen (SffeUfdjaft.
9tm 4. SDiai 18G4.
Sorfißenber: ©e. Sur<htou<ht gürft 3of. ©ollorebo*9)lannßfelb.
Ser ©ecretdr £err ©eorg Witter n. grauenfelb ereffnete bie ©ifcung mit
folgenben 2 Jiittl;eilungen:
Unter ben eingegangenen ©egenftdnben ift befonberß bcr 13. Sanb beß großen
omitI;olcgifd;en S5etfeß non Naumann henw^uheben. Sr ift wie bie früheren, ein ©efchenf
©r. Surchlaud;t beß gürften Äheoenhüller*9)letf(h unb ein fpred;enbcr Seweiß beß fort*
bauemben 5Bol;lwodenß ©r, Surchtoucht für bie ©efedfehaft.
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©er ©rucf beß öon ber ©efeflfd;aft gur Verausgabe übernommenen SBevfeß non
Vevrit ©ircdcr Srunner ton 5£attenwpl, „Monographie des Blattides“, f?at bereit«
begönnert unb cß werben benigeniäß bie Herren Witglieber bringntb eingelaben, fiep 5 ur
^Pränumeration balbigft 3 U melben.
Son 4>erru Sr. 9JJü(ler in $Peft würbe ange$eigt, baß bie ^flaitgen* fo wie bie
(Soncpplienfauimlung beß in Sftcutra »erftorbenen ©r. i*ang §u »erlaufen feien.
©ie 3 vei()e ber wiffenfcpaftlichen Verträge erbffnete Vert ^rofeffor griebriep
©imon», welker eine »cn it;m im »ergangenen Verbfte au3gefüprte Sefteigung beß
VocpgeUiug fcpilberte unb sugleicp bie glcra tiefe« intereffanten, noä) wenig befannten
©ipfelß näher befpratp. V ?rr ©r. V- 53. £R e i cf? a r b t berid^tete über bie »cn ber
„ s )lo»ara w *©?rpebiticn mitgebradjten fDtoofe im ungemeinen unb befpraep bann bie »on
ben Herren Selinef unb ©r. ©cbwaq auß 9teu«©celanb mitgebraepten Slrten eingepenber.
©ie Slußbeute »on tiefer 3nfel betnig im ©ait 3 en 54 Wirten »on 8 ebermoofen unb
111 ©pecieß »cn Saubmoofen. Verr ©- ^>er?lcp berichtete über eine eigentpümlitpe Slrt
beß Scgelfangeß in ber 9 )ülitärgren 3 c. ©ie beftept barin, baß man burep etwaß erweichte
9)laißfcrner einen halben 3 oß lange ©(pweinßborften fterft, welche an beiben (Snben gleich¬
mäßig per»orrageu. ©iefe werben mit nicht präparirten Äcrnern aufgeftveut; bur$ ben
Sei 3 ber Sorften auf bie ©cpleimpaut be« ©chlunbe« werben jene SScgel, welche bie
präparirten SÖtaißfcrner »crjcplaugcn, fo initirt, baß fie auf baß SBegftiegen »ergeffen
unb ftch mit ber |)anb fangen laffen. $ctt 3 . Suraßfa legte einen »on Verm
©r. Wlilbc eingefenbeten Sluffaß über einen neu«x gam, Scolopendrium hybridum, »or.
Verr griebrich Sr au er feßte feine SDlitteilungen über bie »on ber SBeltreife ber
gregatte „9to»ara" gefammelten Seurcpteren fort, genier würbe »on bemfelben eine neue
Apochrisa alß nicoburica be)cprteben. ©cpließlicp gab ber Verr Sortragenbe eine
genaue Sefcpreiburg ber füqlicp »cn ©r. ©tein in Serlin nach einem mangelhaften
©remplarc aufgefteUten ©attung Dasypteryx. Verr ©corg Sitter ». grauenfelb
befprach einen »om Vcrrn ©r. grans ©teinbaepner eingefenbeten Slnffaß: „Satraipole*
gijehe SSittpeilungen". golgenbe 9lrten finb alß neu befchrieben: Hyla spinosa, Hylo-
des fenestratus, Platymantis Petersii, Telmatobius brasiliensis, Pbysalaemus Nat-
teri, Physalaemus Spixii, Eupemphix fuscomaculatus , liana Idae, Rana nigres-
cens, IlanacoeruleopunctataunbNattererialateristriga, fte ftammen faft fämmtlich
auß 33 rafilien, »on bern »crbienft»ollen Saturforfcper Matterer gefummelt, beffen im faiferlicpen
9Jlufeum aufbewahrte Sammlungen nach fo »telen 3ah™t noch eine feiere 9Renge beß
Seuen unb Unbefchriebenen enthalten. Slußevbem werben noch in biefer Arbeit fclgenbe
fcltene ober unuottftänbig befannte Wirten ausführlicher erwähnt: Hyla pulschella,
Trachycephalus geographicus, Polypedates quadrifasciatus unb Gondotii,
Dendrobates nigerrimus unb Fiuctorius, Hylaedactylus (Holonectes) conjunc-
tus, Pscudis minuta, Cystiguatus ocellatus. ©ie ba 3 u gehörigen 9 Jafeln, in
Steinbrucf pracpt»cll außgefüprt, würben »crgelegt. ©obann gab Sitter 0 . grauenfelb
eine gortfeßung 3 odogifcper 9)tißcellcn, theilte ferner tie noch unbefannte Sebenßweife »on
Anobium pini St. mit, eine« Ääferß, ber bei häufigerem Sluftreten für bie goljre
bebeutenb fd?äblich werben müßte, unb 3 eigte eine lebenbe 4 )außmauß »or, bie »or einem
9Jlonate noch e ^ ncn nußgroßen 2 lußwucbß kaiie. ©ie »erlor bcnfelben nach 8 Jagen,
wobei fid? 3 cigte, baß berfelbc bloß auf ber linfen d; rm ufd;el aufgewachfen war, bie mit
abfiel. 9iacb ein paar Jagen 3 cigte ber Seginn einer gan 3 ähnlichen 35ud;erung auf
ber Safenfpiße, bie nach ber fur 3 en 3 dt »on 16 biß 18 Jagen über ben gan 3 en Äopf
binwegragte unb großer alß biefer war. ©aß ©ebilbe fcf?eint tem parafitifchen ^ilge
Parvus »erwanbt, toep mit gan 3 anberen S>achßthumß»erhältniffen.
__ « _
Veratttmrtlti^tr Vtliatttar Br. itaprtt Ädnart^cr. finufttrti örr K. Wmi Jrttnng.
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SW c t e o r ft c i n e,
2>aS .perabfatlen von fDteteorfteinen würbe noch am (Snbe beS vorigen 3aßr*
ßunbertS für ein 2 (mmenmäbr<ßen gehalten, bis bet berühmte $%fifer ($ ß l a b n i)
1794 in feinem SBerfe bie Sßatfäcßlicßfeit biefeS ^ßänomenS burtb mehrfach ge»
fammelte autßentifcße ÜBemeife außer Bweifel feßte. ©eitler gweifelt dtiemanb meßr,
baß ©teine bis jum ©ewicßte von 50 s Pfunb auS freier 8 uft ^erabfaden fonnen,
unb galten wir eS beßßalb für überftüffig, S)aten angugießen, wo unb wann folc^e
SJteteorfteine fatlenb gef eben Würben; vielmehr wollen wir unS hier mit ben Ur»
facßen befaffen, bie unS biefe großartige -Jtaturetfcßeinung erflären Reifen feilen.
Söir wollen bi« nicht ber vielen #ppotßefen erwähnen, bie von verriebenen @e*
lehrten aufgeftedt würben, ba bie meiften (ängft al 8 unhaltbar erflärt unb ver«
werfen finb, unb wenben un 8 ju jenen Annahmen, bie al 8 ber SBaßrßeit näher
fommenb begeießnet würben. £)ie erfte vertritt bie Stnficßt, baß bie fDteteorfteine
vom üJtonbe ßerftammen unb Auswürflinge ber bort etwa fieß befinblicßen SBul»
cane fein fönnten, inbem fie von ba mit einer folcßen Äraft gegen bie @rbe ge»
fcßleubert werben, baß fie in bie AngießungSfpßäte ber (Srbe gerathen, unb auf
biefe mit ber ungeheueren Äraft be 8 aceelerirten gadeS ftürgen. SBenn biefet An*
nähme nicht gerabeju wiberfprod>en werben unb fie al 8 möglich vielleicht gelten
lönnte, fo ift noch fein ©runb vorhanben anguneßmen, baß bem wirtlich f° 'Pr
unb umfoweniger, al 8 baburch feine ber (ärfeßeinungen erflärt unb gerechtfertigt ift,
bie ben ©leteorftein begleiten. dtaeß ber 3 Weiten, von Afeyanber v. £umbolbt
aufgeftedten Anficßt finb bie fdieteorfteine gwat ebenfalls außerirbifchen UrfprungeS,
aber meßt als vom ÜKonbe ßerrüßrenb, fonbern, mit ben ©ternfeßnuppen ibentifcß,
als Sßeite l ' on geborftenen ^Manetoiben gu betrachten, bie auf bie Gfrbe herabfaf*
len, wenn biefe bie 23aßn ber Afteroiben bureßfeßneibet unb bureß ißte AngießungS*
fraft bie ©plitter ober gan 3 e Söliniaturplaneten an fieß reißt. Unb biefe Anficßt ift
eS, an ber bie SBiffenfcßaft noeß ßeute fefißält, obgleich aueß 3 ugegeben wirb, baß
fie bei Sßeitem nießt ßinreießt, alle von ben üJteteorfteinen ungertrennlicßen 6 r*
feßeinungen 311 erflären, fo 3 . 93. baß baS SDteteor mit ungeheuerem ©lange unb
©etöfe plößließ erfeßeint, baß eS vor bem £etabfadcn gerplaßt unb eine brüefenbe
©cßwüle in ber Suft verbreitet. Au<ß bie 2iefe von bloß 3 guß, bie baS herab*
fallenbe SJteteor in ben 33oben hineinboßrt, feßeint viel 3 U gering für eine 42'/,
fPfunb feßwere Äugel, bie auS einer fo ungeheueren (Entfernung fallen foHte. 5)aß
bie dJteteorfteine auS lauter irbifeßen ©toffen wie: gebiegeneS (Eiien, ©eßwefet»
eifen, ÜJiagneteifenftein, Gßrom* unb 3'nneifen, Olivin, Äiefelverbinbungen u. f. w.
SBocVcn'cprift. 18(4. Cant m. 47
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befteßen, fett eben als 33etoei8 gelten, bafj bie 9lerolitßen unb tSfteroiben au 8 ben*
fclben urfeSmifd;en Stoffen gebilbet als uufere ©rbe unb mit biefer gleiten Ur=
fprungeS finb.
©a Sllejranber o. Apumbolbt felbft bte Sbentität ber 9)ieteorfteine mit ben
Stemftßnuppen bloß als 33ermutßung ßinftettt, geftüßt auf bie 33eoba<ßtung, baß
SDieteorfteine mit Stcrnfcßnuppen gleidjjeitig gefeßen mürben, fo märe aueß eine
anbere Meinung juläffig, obgleich fie mit jener unfereS größten tttaturforfcßerS
bioergirt, menn fie geeigneter ift, naeß miffenftßaftlitßen ^rincipien alle an 3Re*
teorfteinen maßrgenommenen ©rfd;cinungett 3 U erflären.
Dßne bie £3ermeffenßeit 31 t befißen, unterer Slnficßt unbebingt biefen Sorjug
einjuräumen, galten mir uttS au 8 bem ©runbe für bered;tigt, biefelbe offentlicß 3 U
äußern, ba fie unfercr Üluffaffung naeß feinen üffiiberiprucß mit fieß füßrt. Gße mir
aber 3 m ©arlegttng unterer ?lnfi<ßt ftßreiten, motten mir oorerft ben 33 ericßt 3 meier
9 JteteorfteinfäUe folgen laffen, bie als 33afi8 3 U ißrer 23egrünbung bienen, unb oon
jenen ©rftßcinungeii gefolgt finb, melcße allen bisher gefeßenen SKetcorfieinfätten
3 ufomnten.
9tm 26. Slpril 1803 ereignete fieß in 9 ligle r ©epartement Drne, «in Steinfatt,
ber oon ßunberteu glaubmürbigett unb oorurtßeilSfreien Leuten gefeßen unb geriet*
lief) bezeugt mürbe. 9lu8 fiterem Fimmel ßät e 8 ploßlicß geblißt, furtßtbar gebon*
nert, über ber Stabt mar ein fleineS 2Bölfd;en entftanben, niemanb mußte moßer
c 8 fam, unb fogleitß faß man auS bemfelben eine anfeßttlicße geuerfugel entfahren,
bie halb barauf 3 erplaßte unb Steine umßenoatf.
3lm 3ttorgen beS 14. Suli 1847 3 «igte fieß 3 U ÜBraunau in 33oßmett eine
bunfle SSolfe, bie plößlitß erglüßte, 33liße um fieß feßleuberte, barauf folgte eine
ßeftige ©rpfofion unb nach ber ©rbe flogen 3 mei mäd;tige geuerftreifen, morauf
bie äSolfe fid; afeßgrau färbte unb gleieß jert^eilte. Stuf bem ©runbe eines 31 cfer*
rnanneS fattb man ein brei guß tiefes Socß unb barin eine 93taffe oon 42*/,
^futib, bie fed;3 Stunbeu barauf nod; glül;cnb ßeiß mar. ©ie ttflolecüle maren
unregelmäßig unter 2 'iinfelit gefügt, bie SJtaffe geigte, baß fie nod) fur 3 oorßer
im gefcßmol^enen 3 uftanbe fid; befanb, unb mar oon folcßer $ärte, baß ein
Staßlmeißel feinen ©ittbruef barauf 3 U matten oermeeßte, il;r Snßalt mar reiufteö
©ifett. Gin gmciteS Stücf fiel in 3 iemlicßer ©ntfernung 31 t 33oben, unb au 8 bem
SBinfef, unter melcßent man beibe Stütfe fallen faß, glaubt man }d;licßen 5 U
föttnen, baß baS Sorplaßen in einer .Späße oon 29.500 guß ftattgefunben
ßaben muß.
gaffen mir alfo bie $aupterfd;einuugen an biefen unb anberett SJteteorftein*
fällen jufamnteu, fo gcftalteten fie fid; ber ttieiße naeß folgettbe:
1 . ©ine Stelle erfd;cint plößließ, oßne baß man fie oorßer bemerft ßätte.
2 . Sie erglüßt, ftreuet SSliße, unter bonneräßnlitßem ©etöfe, umßer.
3. (9tacß ber -Diittßeilung eines Jlugcnjeugen, mar eine brüefenbe Seßmüle füßl*
bar, maS aueß bei anberett Steinfällen ber gall ift.)
4. ©ine geuevfugel ftürjt du« ber 2i>olfc.
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5. 3 $r ©lanj fteigert fiel), fie 3 erplajjt unb fällt als Steteorftein ltieber.
6 . Sie fyerabgefaHene Staffe geigt, bafj fie noch fur 3 »orf>er in gef^motje»
nem 3uftanbe ft cf) befanb, bie Steile finb unregelmäßig unter SBinfeht gefügt unb be«
fielen auä reinftem Giien, auch ©chwefeleiien, Stagneteifenftein, ©jronu unb 3inn=
eifen, Dlioin, Äiefeluerbinbungen, Sianganeifen u. f. w., fie ift fo ^art, ba§ ein
©tahlmeifjel auf fte feinen Ginbrucf ju machen im ©tanbe ift. Dft hat bie Staffe
auch fugelrunbe 25<her.
9tun (affen fiep aber ade biefe non 1. bis 7. aufgeführten Grfcheinungen
jepr gut erflären, wenn mir bie Steteorfteine als Stetadbämpfe »otauSjefcen, bie
auS bem Innern ber Grbe burtp bie S3uffane mit erster (ätopanftofraft in bie
£uft gefcpleubert werben, wo fie erfaften unb ficf) conbenftren. 3 m 3 nnetn ber
Grbe perrfcpt ein ^)i^egrab, ber unfere begriffe überfteigt unb nimmt bie SBiffcn*
fdjaft feinen Slnftanb ju behaupten, baß fcpon in einer Stiefe non brei Steilen
alles in gefcpmo^enem Buftanbe fiep befinben muß. ©eßen wir alfo oorauS, baß
in ber innerjten 2 iefe bie $tße jenen @rab erreicht, ber bem ©iebepunfte ber
Stetade gleicpfemmt — baß auch Stetalle ihren ©iebepunft paben muffen, ift
außer Bweifel, ba nach ber Slnftcpt ber SBiffenfcpaft jeber Äörper in allen brei
fÄggregationSjuftänben ficf) befinben fann, wenn nur ber erforberltcfje SBärmegrab
geboten ifi, wie wir eS fdjon an bet Äoplenfäure fepen. bie man auch im feftcn
Bnftanb erzeugen fann — fo werben bie bort fiep beftnblicpen Stetatle in Sampf*
form übergeben unb ju entweihen fließen. (Dort mögen fie nod; burdp »etfcpiebene
£inbemiffe, bie fiep ißrem Gntweicpen entgegenfiemmen, eine größere Grrpanfw*
fraft gewinnen unb, bie ,$inberniffe befiegenb, mit einer folgen Gewalt in bie
£uft fiürjen, baß fie weite ©freien burcplaufen fönnen, worin fie cielleicfjt auch
»om SBinbe in ben treten (Regionen unter ftüßt werben. Sun Reiben bie Sümpfe
an bie faltete guft ciel SBärme abgegeben unb fangen an fiep 31 t conbenfiren, fie
werben bann als graue Sßolfe fteptbar. S3ei ber SBerfcpiebenartigfeit ber in ber
SSoHe enthaltenen Stetalle wirb fiep auch fortwährenb Gleftricität entwicfeln, bie
als 33liß ficf) ent lab et. Sie fortf<hreitenbe Slbfüplung bewirft fehr raf<h baS
Sropfbarflüffigwerben ber Sümpfe unb bie nun tropfbarflüffigc Staffe nimmt, weil
fie in ber ?uft frei fdjwebt, »errnoge ber Stolecülarfräfte bie Äugelgeftalt an
unb ftürjt als ^euerfugel rafdp nach unten, wäprenb bie von ben Stetadbämpfen
mitgeriffenen ©djwefel« unb SBafferbämpfe fiep in bet 8 uft 3 er ft reuen. GS
ift wohl begreiflich, baß ber fepnede gall einer 42>/ s pfünbigen Stetadmaffe gegen*
über ben fchwebenben Sünften, bie 3 utüdbleiben, einem Gutfahren auS ber SBolfe
ähnlich fehen muß. Sie raf<h ftürsenbe Äugcl erfaltet fortwährenb unb bie 3Dber*
fläche erftarrt, währenb baS Snnere noch flüffig bleiben fann.
9ta<p einem befannten Staturgefeße wirb beim Uebergangc eines popeten 31g*
gregationS 3 uftanbeS in einen nieberen bie gebunben gewefene SBärme frei unb biefe
niept geringe Stenge SBärme bewirft, baß bie im Snnern ber Äugel gefcpmofjene
Staffe fiep wieber in Sanipfform oerwanbelt unb bie bereits ftarre (Rinbe unter
heftigem Äraren gerfprengt, welche oor bem S3erften burep bie gefteigerte
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Temperatur pell aufglüpt, weßpalb fidp erflären läßt, warum ba8 SJteteor Bor
bem 3erplaßen pellglänzenber erfcpeint. Slucp bei ber ©onbenfirung ber SBaffcr«
bämpfe finbet oft ber ftaH ftatt, baß bie frei geworbene SBätme, wenn fie niept
oon 8uftfhömungen abgeleitet wirb, bie eben entjlanbenen SBaffertropfen wieber in
©ampf oerwanbelt, 9lu<p bie brüdenbe ©cpwüle, bie füplbar wirb, erflärt fiep
burcp bie immer freiwerbenbe SBärme, unb ift biefeS ja aucp au8 berfelben Ur»
facpe nor einem Stegenguß ber §all. S)ie perabgefatlenen ©tüde muffen, weil fie
au8 Stampfen entftanben finb, ba8 reinfte, weil befiillirte8 ©ifen entpaften,
unb finben in ber raf(pen ©rfiartung, bie außerorbcntlidpe £ärte unb ba8
unregelmäßige ©efüge bet SJtolecüle ipre ©rflärung.
©in Sergleicp beS ©epalteS ber SJteteorfteine mit ber 8aoa unb ben 9lu8*
würflingen ber SSutcane beftätigt in $iemli(ß unjweibeutiger Sßeife ipren gemein*
famen Urfprung, welcper ba8 Snnere ber ©rbe ift.
©cpwefel finbet fiep fepr ßäufig an ben Sßäitben ber SBulcane fublimirt,
entfteigt mit bem SBafferbunft au8 ber Deffnung beBfelben; ©cpwefel finbet fiep
päufig im SReteorflein mit ©ifen Berbunben al8 ©cpwefeleifen; ÜJtagnet*
eifenjiein ift ein pauptfäcplicper Seftanbtpeil ber 8aoa unb be8 SJteteorfieineS,
ebenfo ÜJtangan*Stifeleifen, Dliuin unb anbere meprere. Stucp neben ben
SSulcanen fallen 8aoafugetn perab, bie pfeifenb bie 8uft burepjagen unb merfwür«
biget SBeife unmittelbar Bor bem ^erabfaHen jerplapeit. Unferer Slnfidpt naep finb
biefe 8auafugeln ebenfalls SJteteorfteine, bis au8 ÜJietaHbämpfen entftanben, bie
aber Bon feiner ©jrpanfiofraft getrieben finb, unb fdpon über bem 33utcane erjiar*
ren. 9lucp bie Sanafngel überfteigt nidpt ba8 ©ewiept Bon 50 bi8 60 ^)funb, unb
fönnen fo Biete 9lepnlicpfeitcn unmoglidp zufälliger Statur fein.
SJtit ben SOtetadbämpfen entfteigen gewiß audp anbere, wie SBaffer* unb
©cpwefelbämpfe unb Äoplenfäure. 33ei bem Uebergange ber SJtetatlbämpfe in ben
tropfbar ^flüffigen unb feften Suftanb fu^ett biefe als SBIafeit ju entroeidpen, unb
baper mag e8 fommen, baß ber ÜJteteorftein zuweilen fugelrunbe8ödper zeigt.
.ipiemit glauben wir alle ©rfdpeinungen erflärt z u puben unb ber SJteteor*
ftein wäre alfo nieptg anbcrcS, a!8 ber $agel ber SJtetallbämpfe in be8 SßorteS
natürlicher 33ebeutung unb zur ©rpaltung be8 ©lei<pgewicpte8 in bet Statur
notpweubig, ba fidp bie Grbe ber überflüffigen S)ärapfc entlabeu muß, bie fidp
fortwäprenb entwideln; bafür fpriept au(p ber Umftanb, baß naep bet Slnnapme
SMepanbet b äpumbolbtg in einem Sapre 20.000 SJteicorfteinfäHe auf ber ganzen
©rbe, unb in granfreitp allein tägliip z Wf i Borfommen.
9lm ©dpluffe wollen wir noep bie §rage anfügen: SBie fommt c8,< baß bie
SJteteorfteine nie cble SOtetatfe enthalten? unb beantworten fie im ©inne unferer
Slnnapme: baß biefe einen weit pöperen ©iebepunft paben, unb Wenn fie audp im
Snneren ber Grrbe in ©aSform fiep beßnben mögen, wäpreitb ipreS 9luffteigen8
aber f<pon in ben tropfbaren 3uftanb übergepen unb beßpatb niept emporfteigen
fonnen; benn bloß iprer ©eltenpcit palber allein bürften fie bo<p einmal etfdpienen
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. fein, ober wenn bie üJleteorfteine uon ben Stfteroiben flammen, warum enthalten
biefc feine eblen SKetalle?
2)em unparteilichen unb gelehrten Äritifer überlaffen wir c8, unfete aufgefletttc
Slnfi^t gu prüfen unb gu benötigen, wenn fie gegen bie Slaturgcfefce ober bie
2Ba^rf(^einlid)feit »erfto&cn foftte, unb empfehlen ihnen baß Serbalten be8 Saro»
meterfl wäfyrcnb folget 5Dieteorer*d)einungen gu beobachten, welche, wie wir glauben,
biefelbcn Söirfungen auf ba3 Barometer ausüben muffen, als bie Silbung Bon
Sßafferwolfen, Wenn auch in Biel geringerem ©rabe.
$fti(f)t bie ©itelfeit, einen £>umbolbt gu wiberlcgen, fonnte un8 bewegen biefe
3<iten niebergufdjreiben, aber aud) ber ©ebanfe, einem £umbolbt gu roiberfpredjen
' fonnte und nid)t gurü(ffd)re(fen, waS und als SBafir^eit fcfjcint öffentlich gu äußern
unb gu behaupten. Amicus Plato sed magis amicus veritas. R-z.
Duellen p bret ffioinan^n Urlaubs.
II. ID u r a n i.
Son biefem Siebter wiffen mir nicht mel)t, als wa§ OloftrabamuS in feinem
alten Sü^lein» nach nunmehr wieber ocrfc^otlcnen Quellen berietet.
©uit^aume Suranb au8 'Puimoiffon in ber 'Prooence (nach 2lnbcrcn Bon SDlont»
petlier) war ein großer 9le<btdgclcbrter feiner Seit unb gngleidj bet berüljmtefte
unter allen, bie Bor ober nad> ihm getrieben, fowobl in S^eotie al8 auch in
$rairi8, wefsbatb ihn bie einen ben gerfcf)er, bie anberen ben Sätet ber gratis
nannten, ©t war ber eblen unb angegebenen Familie ber SurantS unb mutter»
li<berfeit8 ber Salbi entfproffen. 3n feiner Sugenb ergab et fi<b ber Üefung ber
fdbönflen Sucher, bie et ftnben fonnte, lebte in beftänbig mäßigem Seben, wa8 ein
treffliches SWittcl gut ©tärfung feines ©ebäcf)tniffe8 war, ba8 auch feber an ihm
bewunberte. Senn, fo oft er ein fmbfcbeS Sud) in romanifd)er ©pradjc gelefen batte»
mochte e8 nun in $)rofa ober Serfen fein, fo wicberbolte er e8 2Bort für SBort
@r pflegte gu fagen, baf) Söllerei unb Srunfcnbeit ben ©eift fcbwä<bten unb ba8
©ebächtnifj gang unb gar oerbunfetten.
Set SRöncb „des isle d’Or“ * ergäbt, bafj feine glüdflichc ©abe be8 ©e»
bädbtniffed in einem ©feine ihren ©runb gehabt, ben et in ©olb gefafjt trug unb
bet in ficb eine folcbc Äraft batte. Suranb Berlicbte fi<h in eine Same au8 bem
* Les vies des plus celebres et anciens poetes provencaux. Lion Alexander Marsilg
MDLXXV. 8. pag. 125 ff. Db unb rnc weit bie SRacfyricbteu bed 91oftrabamud glaubwürbig pnb,
fann und natürlich fyier nit^t intereffiren.
1 Nost p 25. @i uerfa&te na$ SNoftrabamud einen Äatalog ber pmc^alifdjeu 5Did^ter.
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742
£aufe bet Salbi in bet ^roteitce, gu beten ^)tei8 et mehrere Siebet in prooenc^i*
(ifdpet Sprache »erfaßte, in bet et gut bewanbert war unb wohl bi^tete. 9lufl gu
großer üfteugietbe erforfehte et 3abr unb Sag bet ©eburt feinet Same, bie Salbe
biefj, ba® et feinem greunbe, einem pro»ensalif<hen 9lrgte unb großen Slftronomen
mittbeilte, um tyren Lebenslauf gu erfaßten, Siefet »erfünbete tyrn alle®, wo®
Salbe gutreffen werbe, nach feinen aftronomifchen Beobachtungen, unb ba| man
SBunberbarc® bei ihrem Sobe fe^en würbe, jebenfadS aber muffe fie nmb lange
leben. 35er Sinter blieb wo^l beffen eingebenf, wa® bet grofje Slftrolog ihm »er»
fünbet batte, unb mebtete 3ab te waren »ergangen bi® gu bem Sage, ba feine
Same ba® ©efchüf mit einer Äranfbeit b«wfucbte; ben gweiten Sag befanb fie
fi<b beffer, ben britten warb fie fo franf, baff man fie für tobt hielt; man bereitete
ihre Leichenfeier unb trug fie in® ©rab. Sa® ©erüdjt »on ihrem Sobe lam auch
gu ben Obren be® Siebter®, er warb ba»on fo erfebüttert, baff er Iran! warb unb
ftarb. SJlan begrub ihn an bemfelben Sage wie Salbe, welche, wäbrenb. fie im
©rabe lag, gut Seit feiner Leichenfeier gu atbmen begann, fich bewegte nnb feufgte,
worüber alle Slnwefenben erfd^rnefen. SDlan trug fie au® bem ©rabe unb ftanb ihr
eiligft bei' 911® fie gefunb war crgäblte man ihr ade® wa® gefaben nnb wie ber
Sinter geftorben fei, wa® ihr fo gu $ctgen ging, ba§ fie in® Älojter trat, wo*
felbft fie im 3abre 1270 im Süter »on fecb®gig Sabrcn ftarb. Ser 9Jiön<b »on
SRontmajour« erwähnt biefen Sichter nicht, Sainct Gegari * ergäblt, et habe fi<h »ft
biejc® 9lu8fpru<be® bebient bei ben fRatbfcblägen, bie er ftreitenben Parteien, beren
SRed^t eben nicht ba® befte fd>ierr, ertbeilte:
„Mais val calar
Que fol parlar“,
b. i.: Sc|fer ift gu f^weigen al® tbcrid't gu reben.
Sa® ift ade® wa® wir »on Suranb wiffen, auch Lieber fdjeinen nid)t »on
ihm auf un® gcfommeit gu fein. SBenn wir bie Grgäblung be® gtangofen mit
tlblanb® Sichtung Dergleichen, wie ber Sänger in ben Schloff giebt „»od bie
Stuft »on füfjen Siebern", wie bie Slumen freunblich niden, hoch bie Rettin
fehlt unb für tobt in ber Scblofjcapede ruht, wie Suranb im tiefften Scbmetg
fingenb ftirbt, bodb Slanca gum Staunen ader fi<b erbebt, »on feinem Liebe
erwedt, ber, nun tobt, fie einfam [ud)t „bureb bie oben Seligfeiten", fo.feben wir,
wie ber Sichter, ade® Seiwerf »erfchmäbenb, ben Äern ber Sage fübn unb tief
erfafjt. ©8 ift eine fchßnc Serberrli^ung ber Liebcrfunfi: ba® Lieb mit feinen
glügeln bringt gleicbfam in® IReicb ber Schatten unb holt bie Sobte gurüd —
boch bc® Sänger® bittere® Lo® ift ber Sob. 3m Leben nicht »ereint mit ber ®e»
liebten, fod er® uun auch im Sob nicht fein. Such bafj bet Sinter über Slanca’8
1 ©r beipt bit @ei§el ber pronenfolifchen Sichter, gegen welche er ein Sieb gebietet haben foH.
Nost. p. 27.
’ 3ti,d) fcte'er uerfagte nach 9Joftrabamu8 eineu Katalog ber proneii(alifcheu Sichter. (Sr bieg
flugue de Sainct Cesari.
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743
ferneres (Ed)icf|'a[ nicht ausbriicf(id) Berietet, ift ein fcfjöitor 3ug feines ®ebid;teS,
wir ahnen Bei Urlaub, waS unS bie frangofifd)eu Duellen keuhergig Berieten gu
muffen glauben. giir biefeS 33crf<Bweigen entfdjäbigt unS ber Sid;ter auf wahr*
Baft bi<Bterif(f)e SBeife; baS gortip innen ber .panbtung Bis über ben 2ob hinaus,
inS Sanb ber 23erflcirten, tft einet ber buftigften ©ebanfen UBlanbS.
III. 0rr Ca|lrUan uon Coucg.
JDicfcr Sichter füBrt unS na<B fRorbfranfrcich, an baS Sd)lofj Gonci), ben
^errenfi^ eines tapfern eblen @efd)led)teg, baS einft gu f eichet 9Dfla<f)t gelangt war,
baff 3ngelram III., ber im SaBre 1243 in geige eines Unfalles itmfam, lagen
fonnte:
„Je ne snis roi, ne (lue, prince, ne comte aussi,
Je suis le sire de Coucy."
Unter Siebter lebte um baS Gntbe beS gwölften unb beit Slnfang beS brei=
geBnten 3aBrt;unbertS, naBm auch, wie aus feinen Siebern Bewergcht, an einem
Äreugguge 2Bcil, Wc 3 u *B n »cbft ber Siebe 311 feinem ©otte, wolfl and; baS 5Ber=
Bältnifj gu feiner Same Bewogen Baben mag, baS bie Sage, wie wir unten feBeit
werben, noch weiter auSfchmiicft.
„2ßclcb' Barten 3ug muß id) tl;nn, für bie 33eftc, ber je Siebe unb SiebcSbienft
etwiefen warb . . . ffllcin Seit' gebt h> n 3 H bienen meinem ■'pervn, mein ef)crg bed;
bleibt gurücf in ihrer .fpanb! . . . gär il;n geh’ id) mit fdjwercm bergen nach Serien,
benn feinen Schöpf er barf niemanb uerlaffcn! Sd'anbc benen, bie guritef bleiben, ebne
baß fte Slrmutl) giringt ober Ävanfbcit! .
Siefe Bciben ©ebanfen gieBen fid; burd) bie gwei Äreuglieber, bie unter ben
24 unS noch erBaltenen ©ebid)tcit gu ben fcBenfteit gehören. Ser Schmerg ber
Trennung, ben ja auch bie SurteltauBe empfinbe, wenn fie ihren ©efäBrten ver=
laffen muffe, unb bie greube unb Segeifterung, SBcil gu nehmen att einem 3 nge, ber
bie 33eftert vereint Sic 3urüdBleiBenbcn mögen Sllmofen geben unb ©utcS tBun 1 ,
bie grauen Sreue Batten bem fernen ©alten, benn Bremen fie biefelBe, fo tBun fie
eS mit Schlechten, bie ©uten finb ja alle auf ber gaBrt
33efonberS fc^ön ift baS 22. Sieb, worinnen er Sll'fcf)icb nimmt von feinem
Sanbe unb feiner ©eliebten:
„(Sud) Hag id/e, i(jr SieBenben, mit niemandem anbeni, fernhin muß ich giet'en,
unb meine ©eliebte uerlaffcn, unb uerlier ich biefe, fc bleibt mir nichts mehr."
„$err ©ott, warum unb wie muß ich nun 'vlbfchieb nehmen von it)r, ach eS fann
nun nid)t anberS fein, fterben muß ich m> fremben Sanbe ... Sch gehe nun -ficrrin,
unb ©ott fei befohlen euer £erg, wo ich Bin; nid;t weiß ich °B if)r je meine 9tücffel)r
fet)en werbet, benn in beS ©efdjicfeS £>anb liegt’S ob wir unS wiebcrfeh’n."
1 3<B anbette hier ben uon fDiirfjel gegebenen Sejt.
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Unb bet ©dpluf):
„Huf, gef/ hin ©litleib, geh’ bi» mein Sieb, bir Dertrau’ ich an, ba§ i«p nun gebe
gu bienen meinem .'pcrrn; unb wijfet mopl, mächtige •.pcrrin, eud; will icb wieber bienen,
wenn ich gurücffehre."
3um ©«bluffe habe icb mird aufgefpart beit ©aftellan als SieBeSbidfjter gu
fcpilbern. (5d ftnb bie alten woplbefannten Älänge beS mittelalterlichen üRinnelie-
beS, bie und piet empfangen, ed ift bie alte ©epnfudpt nach Siebedlopn, bie alte
Älage, ib» nicht empfangen gu haben.
„Öcrn fang’ i«b freubig, hätte mein £erg nur @runb bagu, aber lügen müßt’ ich,"
wenn i«b fagte, icb hätte je Don bet Siebe etwa« anb’re« als Seib empfangen.*
Grd finb wieber bie 3Rerfer, welche ihn betrübt machen, bie alten geinbe bet
SBerliebten. 9(bet aucp liebte, heitere Älänge fehlen biefen Siebern nicht, ©ad für
ben (äinbruef bed SOiaien unb ©omrnerd ftetd empfängliche Sjetj bed ©icptetd, ber
©folg gu lieben, bie Sefte gu lieben, bie ed auf ber S8elt giebt, unb ward auch
ohne ©anf, feine Uncrfcpopflicpfeit in ber ©cpilberung ber ©cpönheiten feiner
©ame, bad finb liebendwürbige Sone, benen wir gerne oft unb wieber laufen.
„ffienn bie fipöne fRacptigatt fingt auf ber 33lume be« Sommer«, Dtofe unb Silie
erblüht unb ber Jhau auf ber grünen 35iefe, bann will ich fingen, Doll be« febenen
Sitten«, mit treuen greunben . . . SC-cnn bet Sommer unb ber füf,e 931 ai Slatt unb
Slume unb Siefe ergrünen machen, ba erinnert fich alle« an bie greube, äße« fingt
bann, nur i«h, ich wein’ unb feufje . . . -Die 3eit, wo ich 91ofe nicht, noch S3latt noch
Slume fehe, unb auch ben SSogel nimmer liiere fingen gu Stbenb ober ©lorgen ba blüht
mein $erg unb Sitte auf in ber fügen Siebe, bie mich i» ih ret ©cwalt hat. Unb
wenn icp in euch meine Teilung weif, pah’ ich ein SRet^jt b’rauf euch 3» Heben . . .
©i«pt will icp Dergeffen bie ©pre, gu lieben bie Scftc, bie je Don ©uten gelobt warb."
„3u meinem Unglücf, Herrin, fal; icp cuem Haren ©lief unb euer Slntlifc, b’rauf
SÜofe unb Silte täglicp ertlübn . . .“
SRicptd finbet er gu fabeln an ipr ( ald bie fepönen Slugcn unb bad fcplidpte
©efiept, bie feine Slugen angegogen, nieptd mißfällt ipm, Weber an ihrem Seihe,
noep 3trm, noep ÜJimtb, noep Äiiin, nur bad, baff fic ipn fo unhelopnt läfst ©ad
ift ungefäpr in ben aHerallgemeinften Umriffen bad Silb bed ©iepterd, wie et fiep
in feinen Siebern und barftctlt, feinedwegd gu unäpnlicp bem Silbe, bad Dom
.£)immeldlicpte ber ©agc rerflärt und entgegentritt. fRäpered über feine Siehe unb
feine Serpältniffe gehen feine erhaltenen Siebet niept, allein wir würben auep faum
mepr erfahren, wenn und mepr Sieber gehliehen wären. 9ia<p ber ©itte feiner 3rit»
genoffen Derfdpwcigt et ben fRarnen feiner ©dichten unb atled wad gut ©ntbeefung
berfelhen nur im ©eringften pätte führen Tonnen.
ÜRur aud ber ©pronif bed gauepet erfahren wir über fein Sehen unb feinen
Sob golgenbed:
3u ben Seiten Äönig ^pilippd unb IRidparbd Don Grnglanb, lebte in ber
Sßermanboid ein wadfeter unb ebler IRitter fRamend fRegnault, ßaftellan Don Gioucp.
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Gr oerliebte fid) in bic grau beS perm ton gatyel, unb beibe Ratten um ihrer
Siebe willen gar manches gu bulben „wie ihre <55efd)id,te ergäbt". Sa nahmen
beibe genannten Äönige baS Äreug unb if>nen felgte aud) bet Gafteflan, um fid)
im ernften Äampf ju üben, ©eine Same oerfertigte if)m ein 5Rcf> een ©eibe,
worein fie ihre .'paare flocht, unb er befeftigte eS als Sanb 1 an feinen pelm.
Sn fPaläftina geid)ncte er fich burch feine Sapferleit auS, bereit SRuf felbft
bi8 gu feiner Same brang, warb aber bei einer Belagerung burcfi einen ©teilt»
wurf »erwunbet. Seim perannahen feines 2obe8 ergriff it>n gtofte Srauer um feine
Same, er rief feinen Änapfen unb befahl ihm, fein perg nad) granfreid) gu
bringen, übergab ihm ba8 au8 ben paaren feinet ©eliebten .geflochtene Siefe unb
ein Ääft^en mit Gingen unb Siamanten, ©efdjenfe feiner Same, bie er i§r gu
Siebe ftet8 bei fich trug. SRadf) feinem ütebe führte ber Änappe feine Befehle au8,
gab in ba8 Ääftdjen ba8 gefalbtc j^crj feines perm nebft bem SRejie, ben SRin»
gen unb Siamanten unb einem liebetollen Briefe, ben ber Gafteflan futg »er
feinem 2obe felbft getrieben, unb fuhr nach gtanfreich gurüd. pier in ber 9Rä^e
be8 ©djloffeS, wo bie ton feinem perm geliebte Same weilte, traf il;n im ©albe
bet ®emaf)l berfelben unb nahm iljm unter Srohungen ba8 Ääftdjen ab. Ser
perr ton gar»el liefj nun burdt) feinen $od) ba8 ©ängerherg guberciten, ba§ e8 wol)l=
gefd)mad würbe. 9Ran trug e8 ber Same tor unb it>r ©entast fragte fie, nad)»
bem fie e8 genoffen, ob fie wiffe, waS'fie gegeffen, e8 fei ein gleifch, ba8 fie ein ft
fef)t geliebt. Sä(8 fie geftanb, e8 nicht gu wiffen. eröffnete ihr ber perr ton gapel,
fie habe ba8 perg be8 GaftetlanS ton Gouci) gegeffen ©ie glaubte e8 anfangs
nicht, bis er ihr ba8 Ääftchen unb ben Brief gab, ba warb fie bleich unb rotl),
unb fing an lange gu finnen. Sann fagte fie gu ihrem perren: ©al)r ift’8, baf;
ich biefe8 gleifch f e h r S^Iiobt Shr gabt mir ba8 perg bc8 beften ÜRitterö gu effett unb
ba8 ift ba8 lepte gleifcf), ba8 ich je genoffen, niemals noch a§ ich ein fo ebleS
noch »ortrefflicpeS, baher wäre e8 unrecht, wenn ich na( b biefem nod) anbereS
äffe, unb ich fchwöre euepß bei meinet üreue, nie mehr werb ich eines offen! Sic
Same jtanb auf, ging in ihre .Kemenate unb geigte grofcen ©chmerg, aber noch
tiefer als fte ihn geigte, fühlte fie ihn.
Unb in biefem ©<hmerg beflagte fie tief ben 2ob ihres greunbcS unb ftarb
enblich- Sarüber war ber perr ton ga^el fepr betrübt, aber ba gabS fein SRittel
mehr auf ber ©eit, webet bei SRann nach Srau. Sie Begebenheit warb funb in
allen Sänbern unb bie Berwanbten ber Same begannen einen .Krieg gegen ben
perrn ton gatyel, ber aber burep beit König unb bie Barone beS SanbeS gum
grieben gebracht warb.
DftmalS warb biefer ©toff ton alten Sichtern behaubeit unb in terfchiebencn
Sänbem bilbetc fich eine ähnliche ©age über anbere SRänner, worüber i<h ber Kürgc
halber auf SRidjelS treffliche Ginleitung gut SfuSgabe bet Sieber beS GaftellanS oerweife 2 .
1 „Bourrelet“, ee biente bajtt bafl -V’ütleiu ober ben £elm an bae Sinn jn beteiligen.
* Chansons du ch&telain de Coucy par Francisque Michel. Paris MDCCCXXX.
2)iej a. a. D. ©. 7.
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33erfagen tnufj id) mir8 bie ©arftellung eines beutfdjen ©idl)ter8 beS 13.
3al>rtyunbert8 ( ÄonrabS non SSürgburg, auSeinanber gu fcfjen, mefleidjt ergiebt
fid) baju ein anbermal ©elegentyeit. Ul)lanb f>ätt fic^ im Allgemeinen an bie ©ar=
ftettung gamtyetS. ©ie widjtigfte Abweisung betrifft bie ©ame:
„SBenn fie auch mit jartem Sinn
©ne8 frönen Vieb'ö ftd) freute,
Streng’ unb ftiÖe ging fie immer
An be$ ftoljen ©atten Seite."
2Sir feljen t>icr bie ©arftellung be8 33erf)ältniffe8, wie e8 fic£> au8 ben Sie»
bern unfereö ©icfiterS ergiebt. ©aburdt, bafj bie ©ame rein uitb ttnfdfmlbig bafte^t,
gewinnt i^r Tob erft bie rolle Sebeutung. 9J?it bcm ©enuffc bc8 ©i(f)ter$ergen8
eröffnet fid) ifjr erft ba8 33erftänbni§ bcr Sieber, bie ifyr efjc fremb geblieben.
$te f. f. Stobieitöi&liotljef in $atkd).
33on p. v. Habirs.
(Sdjluf).)
(58 erübrigt nod> ein paar ©orte über bie h)pograpl)ijd)c Ausstattung ber
SRannel’f^en ©rüde gu fagen.
Rapier, gormat unb ©rudf finb faft bei allen gleich; ba8 Rapier ftarf, gelb»
lid>=weifj, gerippt; ba8 gormat Älein=£luart, nur „3efn8 ©irad)" fyat Älein»Dctar;
ber ©ruef bei allen gleid) au8gegeid)itet burd) griffe unb Stärfe bcr ©ebwärge.
Gin anbcreS intcreffante8 9Roment, ba8 einige biefer 23üd)cr aufweifen, ftnb bie
ifmen rorgefe^ten Titelblätter, ©iefe geigen nämlid) bilblid^c ©arfteHungen rer»
fe^iebener Art in $olgfd)nitt, fo bie „33ergwerf8orbnung" ben faiferlidjen Abler
(grofj), bie „SReuwe Bettung" . . „wie ber Tür! am 22. SRarcgp ror SDReblinge (in
Unterfrain)» gegogen" (biefe Schrift beftnbet fid) in ber (Sammlung be8 fyiftori»
fd)en SSereineS für Ärain), „©er Äampf ber (Stiften mit ben Türfen ror SJiöbling",
bie G^ronif be8 SBramee unb bie. Uebertragung ber ©pangenberg’fdjcn s ])oftille
Allegorieen, „3efu8 Siradf)" Snitialcn unb SRanbrergierung ber eingclncn; fomit ift bie
rom gretyerm ron Grberg in feinem leiber SORanufcript gebliebenen „3Serfud)e
eines GntwurfeS gu einer 8itterärgefd)id)te ron Ärain" au8gefprocf)ene 33er»
mutljung, SJtanliuS l)abe bereits „gormfdjneiber“ in feiner ©rueferei befdf)äf*
tigt, faft gur @ewif$eit erhoben, ba e8 fdjwer anguncfymen ift, baf) g. S. bie
Abbilbung auf bem Titelblatte ber alSbalb na<b bem Grcigniffe erfc^ienenen
„SRcuwen 3eitung", weldfie ba8 <Sd)(of; SDRöbling gang naturgetreu barftetlt, im
AuSlanbe beforgt worben fein follte.
1 3e|t im Sefißc fccö .penn Sr. Swine«!, Sd)U)icgerfof)n bei .pemi ©anfgouuerneurt ». fMptfc.
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747
Nehmen wir ben finden 3eitraum »on NiannclS SBirfcn (nid;t gang fünf
3ahre), fo flaunen wir über bie ^robuctionSfäfjigfett feiner Slnftalt, ba wir jefct
fd^on aKe8 in allem 22 ©griffen mit feinem Flamen fennen. 2Bir wellen hoffen,
baff e8 burep fortgefepte gorfepung gelingen wirb, beren nod) mehrere att8 ihrem
gegenwärtigen SBerfted h er oorguloden; wir wollen aber auch hoffen, baff bic
SibliothefSleitung e8 fiep wirb angelegen fein taffen, bie alten üRannri’fdjen ©rüde
gu complctiren unb non ben ifjt unerreichbaren ©tüden minbeftenä genaue
©itelcopieen gu erhalten, wa8 aud) in Setreff anberer älteren unfer Sanb
nape Berüptenben ©rgeugniffe, g. 33. bet Unica »on StruberS ©Triften auf bet
$ofbibliotpef in SBien, in Äopenpagen u. f. w pöcpft toünffpcnSwcrtp wäre.
©ocp eilen wir gum ©«bluffe. 3<p »etfpracp einige Zotigen über bie bis*
perigen SiBliotpefare gu bringen.
©er etjie 33ibliott>efar, bem bie ©teile nach ber een ibm beforgten müpc=
»ollen Sergeicpnung unb Orbnung bet 33ücf>cr übertragen worben, war, wie fepon
befannt, ber ^rofeffor grang SBilbe, ber nun biefeö 9lmt bis ©ecember 1795
gang allein beforgte. ©ocp fcpon im Sorjapre, ba ba8 lefeluftige publicum immer
mehr gufhrömte unb et ni<bt weiter ben Unforberungen ber täglichen „@äftc"
allein au fait fein fonnte, war er bei ber hohen Regierung um einen ^ülfearbei*
ter eingefepritten. Saut £ofb.ecret »om 15. 3uli 1794 war nun aud) bie ©teile
eines ©criptorS fiftemifirt unb am 9. ©ecember 1795 bem ^rieftet grang
.£) I a b n i f, ber ftef) als Sotanifer einen kanten erworben, »erlichen.
SBilbe fam im Saufe ber Sabre als ©irector bet p^ilofo^ljiicfjcn gacultät
naep SBien, unb al8 fein Nachfolger — ^)Iabnif war ingwifeben Scprer unb ©ircc*
tor ber Saibacper Normatffhule geworben — warb wieber ber ©efepieptssprofeffor
an bet Saibacper gacultät, Nlicpael Sieb, beftellt.
SBäprenb ber halb gefolgten frangöfijepen Swil’cpenhevricbaft in Ärain »er*
fahen bie SibliotpefarSftelle naepeinanber SRänner »on fd)riftftcffcrijd;em Nufc, gu*
erjl ©raf $icronpmu8 Slgapito, ber gugleich am ©pmitafium bie Unioerfal*
gefepiepte lehrte, bann (Startes Nobicr au8 Sefanjon, bem auch bie epcrauSgabc
ber bamalS in Saibach erf<bienenen frangöfifepen 3eitung „Tele&raphe ofticiel*
übertragen war, in welcher „unter bem ©triebe" ber „Kcbacteur" batb hiftorifche
unb culturbiftorif<be 2tuffä^e über Ärain braute, wofür ja reicplid;c3 Niatcrialc
bem „StBliotpefar* gu ©ebote ftanb.
Nach ber Neoccupation (1813) }ejjte bie faifcrl. ßfterr. Negierung ben Niatpe*
matif*?)rofeffor Äa Hi ft er in bie Sibliotpef, unter if)tn warb ber früher aufge*
laffen gewefene ©criptorpoften wieber befe^t.
Spren »orgüglichften Sorjteper erhielt unfere Sibliotpel aber (1S30) nach
bem Sobe ÄaHifterS (1828) in bem unter feinen 3dtgenoffen hochberühmten, be=
fonberS »on bem competenten gaepgenoffen, bem böhmife^en ©pracpgeleprten
Safari! »oHforamen gewürbigten Singuiften SNatpiaS dop.
3n ber romantifepen ©egenb »on Selbes im ©orfe 3eronic (in Dberfrain)
im 3apre 1797 am 26. 3änner geboren, ftubirte dop am Saibacfjer ©pmna*
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ftam unter bcm fran$6fifdjen (Regime, mo er fein angeborneS eminentes Sprachtalent
Sucrjt in perfecter (Erlernung ber franjöfifcben ©pra<be erprobte. Sie beiben erften
pbilofopbifcben So^rgänge abfolrirte et in 8aiba<b, 1815—16, ben britten, bie
„Stefl^etif", in Söien 1817. SBebet bem jurtbifdien noch bcm mebidnifeben gacbe
geneigt, lehrte er in bie geliebte ,§eimat jurücf, mo er Sbcologie wählte, aber
oudb baton ftcb batb abmenbctc unb bem Sebrfacbe jufe^rte. Gr mürbe £umani*
tät8profeffor in giume (1821), mo et 3talienifcb unb Gnglifcb (ernte, bann
in gleitet Gigenfcbaft an ba8 ©pmnafium in Sembetg tcrfcjjt (1822) mo et
fi<b bem ©tubium be§ feiner SRutterfpracbc, bem ©lotcttifcben, termanbten potni*
feben 3biom8 ganj bingab nnb naebbem er auch nacbeinanber bie clafftfcbe
lologie, bie Uniterfal» unb bie 6jierrei<bif<be ©taatengef<bi^te, fo mie bie JpülfS»
miffenfebaften ber ©efd>id)te tangerer 3cit an ber Semberger Unioerfität fupplirt
batte, fam et 1827 an ba8 Saibacber 8pceum a(3 JpumanitatSprofeffor. „Surcb
biefe Ueberfefcung mar fein lange gehegter Söunfd), auch für fein
93atertanb nach Kräften gu mirfen, erfüllt!"
Sotb nicht lange folltc er in ber Stiftung als Seprer ber 3ugenb für ba8
Sobl bet Heimat mirfen. ©eine gäbigfeiten füllten anberS, beffet unb banfbarct
cermertbet merben. ©<bon am 15. SJotembcr 1828 gum ©ubftituten be8 Siblio*
tbefarS ernannt, mürbe er 1830 (8. Suni) befinitio in biefer ©teile. £ier mirlte et
fo lange c8 bie bobere gügung juliefj, juerft reformatorifeb, »eil c8 notb tbat, unb
bann uncrmüblicb in ber felbftgef^affenen Reform; leiber ereilte ibn ju früh ber
2 ob, 1835, 6. 3uli, i/*8 Uhr StbcnbS. Sic lebten S3crfc auf feinem Grabmal
(am £aiba<ber gtiebbofe) brütfen e8 au8, »clcbeS Vertrauen bie Station in ibn
gefegt, unb ma8 fie ton ibm ermattet, ©ic lauten:
Ako bi daljäi Casi b'li mu daui
Svoj narod s pisrai bi razsvitlil bil
Per6 zastavi komaj Stare Slave
Baditi rod — od nese val ga Save.
(f)ütt’ il)m bie gügung noch bet 3al;re mcl)t befebieben,
Surcb bie Schrift ^ätt’ er befannt gemacht fein SJotf,
Socb faum fe(jt’ er bie gebet an, ju Weden
Set alten ©lata SJtubm, entführen ihn ber ©ai'c glutcn!)
ßop fptacb 18 ©pradjen, barunter am liebften nebft ber SJtutterfpracbe, bem
©looenifeben, ba8 grangoftf^e, 3talienifcbe, Gnglifd)e, ©panifebe unb ^olnifcbe.
SBie er nicht unterließ, mo er bie SRoglicbfcit baju b<*tte, bie 3biomc butcb ben
Umgang ju lernen (er pilgerte öfters ton 8aibacb nach bcm oberfrainif<ben ©täbt*
eben 8ad ju rinem Gapujiner»^ater, einem gebornen ^ortugiefen, um ftcb beffen
©pracbe rigen ju machen), fo betrieb er bo<f> alle miffenfdjaftticf), (egte immer einen
fejten Grunb bureb bie Grammati! unb ermarb ftch in jeber eine auBgebreitete
Äenntnif) ihrer 8itteratur. ©eine eigene anfebnlicbe, in allen ©praßen, bie er
fannte, gleich trefflich beftellte Söibliot^ef, bie ber gegenmärtige Sibliotbelar au8
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beffen fRachlaffe fäuflich an fi<h gebraut ^atte, »anbette erjt tot furgem — in8
UuSlanb!
(Io)) terbient, obfthon »ir ton ihm aufjet einem größeren polemifchen Stuf*
fafce: „Nuovo discacciainento di lettere inutile“, b. i. „llotenifdher lä33(5=Ärieg",
8aibad> 1833, nte^tö ©ebrudfteS oorliegen ^aben, tro^bem einen Ijertorragenben
9)la|) nnter ben frainifcfjon ©chriftftcllern. Seine „£itteraturgefdhichte bet
©lotenen", bie no<h im ÜRanufcripte erhalten ift, unb beten 9>ublication au8
feinem Söefifce Verr ©r. ©. £). ©ofta terfprod)en hat, giebt, fo »eit »it fie au8
©ojla’8 S3ottrage in einet torjährigen S3erfammlung be8 ^iftorif^en S3ercin8 fen*
nen, ein 3eugnifi ton ben umfaffenbften Sorft^ungcit, bie et auf biefem ©ebiete
angeftetlt, ton ben eingetjenbften ©tubien, bie er in ben eingelnen SBerfen unfdret
Sitteratur gemalt, unb ton bet tollenbeten Äunjt bet Äritif, bie et in beten
Seurt^eilnng unb SBütbifjung geübt. SBie au8 Dtanbbemerfungen in bet £>aub*
fdbrift erfic^ttid), t>at dop feine Arbeit bem bö^mifc^eit ga^genoffen unb gteunbe
Safari! gut ©urchftcht mitgetheilt, ba fic^ fürgere unb längere SRotate ton be8
£e$teren ^>anb batin etfennen laffen'.
(5op fammelte auch furg tot feinem £obe bie URaterialien gu einer B @e*
f^i^te Polens, gu weitem ganbe unb feinen Leuten et bie innigften wärmften
©pmpathieen füllte.
3Ba8 aber dop im ftillen ©Raffen a(8 S3ibliot^efar bem 33aterlanbe gelei«
ftet, ba8 macht iljn in bet ©efdljichte bet heimatlichen SBiffeitfdhaft unfterblid). 5Rod)
heute erfüllt fein ©eijt unfete Sibliot^ef. ©t »at e8, bet ba8 alte morfd>ge»ot=
bene ©ebäube bet erften ©inridjtung mit. einem SJiale abbradj, ben ^)lan gu bem
jeßigen ÜReubau anlegte unb bie ©runbfeften mit eigener Vanb fdjuf. ©eine 9?ad)=
folget bauten, fotiel in ihrer Äraft gelegen, emfig weiter.
SBie aber bet $>l>ilologe dop mehr Sntereffe für ©rudfwerfe a(8 für ^>anb=
f^riften hatte, fo war auch eine fachgemäße Skfchreibung unb Drbnung biefer
leiteten, wenn auch nicht gang außer feinem glatte, fo bodh in einem fRebentracte
gelegen unb nicht berart „auSgegeidhnet", baß bereu $lu8füf>rung ben künftigen
Weitem al8 burdjauS not^wenbig erfd^ienen wäre.
dop8 unmittelbarer fRadhfolgcr war ©r. ber Ideologie ©alafang gifawefc,
^rofeffor ber 9>tyilofop£ie (an ber ©rager j£>odf>f^ule), ber auch al6 ©d^riftfteUer
,unb Äangelrebner einen fRamen erlangt.
©iefem folgte ber gegenwärtige 33ibliotl)efar Verr 9Ri<hael Äafielic, felbft
flotenif^er ©idjter, ber in ben breißiger Sauren, bamalS noch ©criptor, burch
Verausgabe bet „Krajnska cbelica“ („Äraimfdhe S3iene") ben jugenblidjen flotenif^en
©intern jener Seit ein Drgan fchuf, in welkem fie ihre frifchen ^)robucte nieber»
legen fonnten unb baburdh für bie ©ntwidfelung bet heimatlichen lj)oefie e poche»
madhenb wirfte. Unb beß .peraußgebetß Slnitß^ef dop war eß, ber au8 Slnlaß
1 Sa etc« §err Sireief be3 dafarif iloB. i!itteratUTge|djidjte veröffentlicht bat, iräve ei jt^r
ensünKfyt, »eint bie Arbeit unjewS Gep recht batb jum Betgleicbe jebnirft Beilage.
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biefet ^ublication baS einzige 5Ral, wie ertuäfjnt, mit einet Schrift in bie
Deffentlicbfeit trat, burcb bie er ben jungen ftrebfamen Äaftelic gegen bie Angriffe
beS Sclnm-it ©elafomSfp in Schuh nal;m unb bie mit bitterfiter Schärfe, aber
auc^ mit gvünblichfter Sadjfenntnif; abgefafjt erfcheint.
£itterörifdje$ ou$ XiroL
Z. Einige Sölonate finb jeit unferem lebten Seridjte über fyieftge litterarifche
« @rfd,’einnngen »erfloffen, benn eS f>errfd)te längere Beit oöHige Gbbe. SKan hörte
rootjl munfeln, bieö ober jenes 3Bcvf befinbe ftd> unter bet treffe ober muffe
halb erfdjeinen, allein bie SBodjen mürben ju SJlonaten, ohne bafj eine ber er=
matteten 9to»itäten attS 8id)t trat. 9lun ift ber grühfing angebrochen, eS fprofjt
unb treibt überall, unb aucf) auf unferem Süchermarfte erf^ien plohlidh neues
Seben. Set grüljling bringt Slumen unb Sölüttjen, Sogeifang unb gieber.
Sir beginnen befj^db unfern Serid)t mit einem Weinen $efte »on Siebern,
bie neuerbingS geigen, bafj Sieberluft unb SangeSlunfi in unferen Sergen noch
fortleben mie einft in alten Sagen, als bet £err »on IRubein unb DSmalb oon
Solfenftein ihre Sölinnelieber bi^teten. ($E>rtftian Schneller hat fid^ burch feine
©ebichte, bie in Siütltberg erf^ienen finb, unb butd) feine ©rgählung „Ser 9Wp*
fee" einen befanden Flamen ermorben. ©r ift eine finnige, poetifche SRatur, fein*
fußlig für bie Schönheit feiner Serge, ättgftlich beftrebt feinen ©ebanfen unb
©efühlen eine Ware, ftrenge gorm ju geben. SOtan fiel>t eS feinen gelungen an, bafj
er eS mit ber Äunft ernft nimmt unb bafj er an baS Sort beS alten SängerS benft,
„Sie ©ötter haben t?or baS Sf)° c beS 9iul>me8 ben @d>mei§ gefegt“. (Seine fPoefteen
finb nicht leiste Saare, nidjt ©intagSblüthen — fie merbett ihren SBerth bemah=
ren. SaS unS oorliegenbe 33änbd)eit „3enfeit8 beS SrennerS" (SnnSbrucf, SBagner)
enthalt Sieber unb Sonette, bie in Diooerebo, mo bet Sichter feit 3ahten
weilt, entftanben finb. ÜDiit glüctlicher cpaitb fcpilbert er unS bie fübliche fc^öne
8anbfd;aft, ihr geben unb ihre Fracht; aber eine Slrt Heimweh nach bem grünen,
frifchen Sterben, nach ben Sergen feiner beutf^en Heimat Wingt bur«h feine Serfe.
SOiitten in füblidjer güHe fehnt er ftcf> nach ben Sauten feiner ÜJiutterfprache, nach
ben grünen SORatten unb bunflen Siabelmälbern SlorbtirolS unb beffen treuherzigen
Semohnern. SOiit SBehmuth ober ©ntrüftung Wagt er, bafj baS wälfehe ©lement
mcl;t unb mehr auf ehemals beutf^em Soben um fich greife unb fetbft Scutfche
fich ihrer Sitte unb Spraye entfcplagen unb bem SBälfchthume hulbigen:
,,©o auch reißt »cm Saterlanbe
£icr bet £eutjd;e fi<h fofort,
Jaufiht mit fremben ülang unb Sanbe
©einer Sprache fräftig SSJert."
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751
,2Bie feie lepte Slum im Marine
groft’ger herbftnad;t L’K’id? »erblüht,
2Belft in il'in tag fceutfd;e, »arme,
SUIumfaffcnbe ©emütlj."
Unter ben ©ebid;ten muffen mir bie „S^töffer an ber Gtfd)", „ßinem 93er»
lornen“, „3m Gebirge" unb bie „Sonette au8 2Bälfd)titol* als befonberS gelun«
gen bezeichnen. 3n lefjteren eifert Schneller ben beften SReiftem nah- 9Btt heben
eines beifpielShalber au8:
„Noch wel/n am Srenner liiert StalienS galmen!
Unb fönnten mir »erjtneifeln unb »erjagen,
So Hänge uns aus fernen alten Jagen
2Bie ©turmeSglecf entlang bet ©eifter 9Jlalmen.
„Slufftünben auS ben ©räbern unj’re 3U;nen,
3u idjmöben uns ob weibifh feiger Älagen,
Soran baS Sann er mü§t’ ein Dietrid) tragen
Unb mit beui Scfnocrte uns bie 2Öege bahnen.
„3)ort gen Serena, wo im Seifender
2)ie CStfcb auffdjäunit mit wilfcem S'eg entränge,
Seil unfet Sännet flattern ruie ju»or.
„Um 2)eutfd;lanbS gutes Scfmert ift uns nicht bange,
©afj feinen StJiarf ftein eS im 23 affen tan je
©up felbft an feine rechte ©teile pflanje!"
3Btr münfetjen, baf) unfereS ©IcpterS Älage über fortfehreitenbe wälihe $)ro=
paganba ihre Sead;tung auch in mafjgebenben greifen finbe, unb baff bem beutfepen
(Slemente unterhalb ©alurn auch gerechte 9lufmertfamfeit gefepenft werben möchte.
Orient gät^lt bei 2000 beutfehe Sewohner, wäre e8 ttid^t billig, bafj man ihnen
eine beutfd^e ©djule gönnte?
33on unferem jungen ©änger in S©älfd)tirol gehen wir über ju einem för=
nigen Poeten, ber frfjon in ficpler @rbe fcplummcrt. 3öir meinen Sopann Senn
(geb. 1. 9lpril 1792, geft. 29. ©eptember 1857), ber im Sahre 1838 ein Sänb»
<hen ©ebiepte veröffentlicht ,hat. ©er penfionirte Sieutcnant bilbet ein ©egenftücf
be8 jept oft genannten §ilf<her; fommt er bieietn an ©leganj ber gorm nicht
gleich, fo übertrifft er ihn an Sliefe ber ©ebanfett, an Äönrigfeit unb epigramma«
tijepem Slifce. ©ic erfte Stuflage feiner ©ebichte ift nun »ergriffen unb eine neuc (
reich vermehrte Sluggabe wirb »orbereitet.
(Sinige werth»olle 93eiträge tirolifdjer fPoefie bradpte ber jüngft erfchienene
33anb bc8 „Nürnberger SllbumS", welcher ©ebihte »on Slbolf Richter, 2. hör*
mann unb gr. ©hncller enthält.
Stufer ben poetifhen ©rjeugniffen in gebunbener Nebe müffeu wir ber no»el=
liftifhen Sitteratur erwähnen, bie in neuefter Seit Jirol mehr unb mehr in
ihre Greife ziept. 23tr nennen juevft $Mcpler8 Sorfgefcpicpten: „3n ber SBilbnifj“ unb
„Seim ^ohntair". ©rftere erfd;ieit in ber „©artenlaube", lefetere im „.heimgarten“.
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©em ©ernehmen nach bürfte halb ein ©anb „Siroler ©efchichten" con bemfelben
©erfaffer »ereffentlic^t werben.
(Sin friicheS, intereffanteS gebeuSbilb auS bem ©regender Sßalbe gab un 8
granj 9)i. Selber unter bem Sitel: „9tümmamüHer unb ba 8 ©chwarjofafpale*
(ginbau bei ©tettner). <S 8 ift eine flüchte ©orfgefchtchte, aber »oll SBa^eit unb
geben, bie un 8 jugleid) einen Werthcollen ©eitrag jur Gultur« unb ©ittengef<hi<hte
bietet, benn bie reiflich beigebrachten ©ebräuche unb ©itten, ©agen unb ©olfS*
lieber finb treu bem wirtlichen geben entnommen. (Such auswärtige ©djriftftelleT
Wählen mehr unb mehr uniere ©erge jurn ©<hauplaße ihrer Grjählungen. $er»
mann ©chmib, bet betannte ©erfaffer „be 8 ÄattjletS con Sirol" »ercffentlic^te
unlängft in feinem „^peimgarten" bie ®efcf)i<hte: „©er Schüße in ber $>ertifau",
bie im frönen 3d)enthale fpielt unb einen wehmüthigen $Racf)Hang ju bem ge»
nannten 0 toman bilbet. SftädjftenS wirb ©d)tnib einen neuen Vornan „griebrid)
mit ber leeren Safche unb ©Swalb non SBolfenjtein" in ber „©eutfchen Dtoman»
jeitung" (©erlin, 3 an!e) erfcheinen taffen. ©aSfelbe Drgan brachte neulich eine
längere Grjähluttg: „©er SBeinhüter con 2Jtetan", au 8 ber gebet be 8 $)aul £etjfe.
©ie SOieifterfchaft biefeS ©ichterS auf bem ©ebiete ber SRocelle ijt $u belannt, al 8
baß wir 3Rähere8 jum gebe biefeS neueften 2Serfe8 fagen müßten. 311 bie ©or»
jüge, bie feine früheren fRocellen auSjet^nen, finben fich h* et wieber unb mit
befonberer Siebe fdjilbert er bie Uieige be 8 patabiefifehen ©urggrafenamteS unb ba 8
geben be 8 bortigen ©olfeS. ©chabe, baß einzelne ftarfe ©erftoße gegen bie 3n»
fchauungSweifc uub ben Gtjarafter be 8 ©olfeS u «8 begegnen unb ben frönen So»
taleinbrucf bei bem Ginheimifchen ftören. 23it regnen baju ba 8 3nfammenfommen
bet ÜJioibi mit bem Stocijen Snbrä im Älofter, bie eigene Srauung bei bem
SBetterfreuje, ben SBintermantet be 8 ©auernmäbchenS unb Sehnliches. 3nftatt bet
©elbjttrauung unb bet SSanbenmg in bie ©djweig würbe eine JRomfahrt unb eine
Srauung bort ben ©urggräflern riet beffer geftanben fein. ©a 8 graue, h üt h am
©erge gelegene ätapujinerfloflet in ©infehgau cerftoßt gegen bie DrtSfenntniß.
Gin nicht 31 t entf^ulbigenber SJlißgriff ift bie ©erleßuitg be 8 ©ei^tfigiUS. ©ie
göfung hätte ohne ein folcheS Äraftmittel fehr leidet eingeleitet werben lönnen.
©och abgefehen con biefen fünften, ift „©er SBeinhüter" eine fj)erle bet neueften
GrjählungSfunft.
©on ber „ ©orfgefchid^te", welche bie Sufgabe hat, baS Gharafteriftifche einet
befonberen ©egenb, eines befonberen ÜJienfchenfdjtageS im ©piegelbilbe wieber ju
geben, ift ein Heiner Sprung gut ©d^ilberung eines ShaleS unb feiner ©ewohner.
Ginen recht hübfehen ©eitrag auf biefem ©ebiete gab un 8 Gh r - Schneller in
feinem 3uffaße ,,©a 8 gec^thal", ber im erften ©anbe biefeS Jahrganges ber
„öfterreichifchen Dl ecue" erfchienen ift. Gine anbere ©chrift biefer 3rt, bie nament»
lieh ben greunben romanifcher Sprach ftubieit greube machen wirb, ift: „©röbeit,
ber ©rßbnet unb feine ©prad)e", uon 3. 3. ©tan (Sojen, SBohlgemuth). @rß»
ben ift ein HeineS, abgefchloffeneS, armeS Shal, baS fich bei Äoltnan com Gifaf»
thate nach Djien abjweigt unb nur 3493 ©ewohner jäfdt. ©ie finb romani»
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fd>et Slbfunft. ©er Targe ©rtrag bed SBobenS — ed mu§ mehr ald ein ©rittheil
bet Siahrungdmittel eingefütirt werben — jroang bie ©inwohner auf anbere @r«
wetbdqueßen 3 U benfen. ©0 cerlegten fie fid> fdjotr cor langer 3 «ü auf bad
©<hni{jen unb auf bie ^anbelf^aft. Salb erlegenen ihre Äinberfpielgeuge unb
anbere ©chnihwerfe auf aßen SReffen unb ßJiärften ©eutfchlanbd unb felbft nad)
anberen Sänbern trug ber ©röbner feine SSaare. 9iod) ^eutgutage finben wir
©röbner nicht nur in nieten ©täbten ©eutfchlanbd, fenbern auch in Storcnj, ßiotn,
SReapel, Palermo, in Slmfterbam, f))ariö, Spon, Sarceflona, CSabijr, Valencia unb
Stffabon etablirt. Siele Sfodwanberer brachten ed in ber grernbe 3 U Dteicbtbum
unb großem Ülnfehen. 3<h nerweife nur auf ben Silbhauer SERa^lfned^t unb ben
ßientier ©anoiter in fParid. Slßein auch in bet gerne hängt ber ©röbner mit
treuer Siebe an feiner armen Heimat, feint im Sllter bortbin 3 urücf ober beben ft
fie mit reifen ©penben.
©in intereffanted ©abinetdftücf bietet und 3 oh- 2 J?aE)tfncc^t, welcher arm
mit ©chntywaaren in bie Sßelt hinaudjog unb bei feinem Sobe in ©r&ben nicht
weniger ald 171.000 fl. 3 U firdjlt^en unb humanen 3 »ecfen gefpenbet hatte
(©. 23). ©er Serfaffer giebt und genaue Seri^te über bad Sfjal, beffen Seoöl«
ferung, über bad Sehen, ©reiben, ©chitifcen unb cpanbeln feiner Saitbdlcute. 9tur
»ermifjten wir babei, bajj et ben ©agen, ©itten unb ©ebräuchen feine ^Rechnung
trug, ©ad £>auptintereffe, bad wir am ©röbner finben, ift feine ©pra^e. Jperr
Sian giebt und nun eine fleißig gearbeitete ©rammatif berfelben mit einem SBort«
oer 3 eichniffe unb »erfefnebenen Sefeftücfen. 3a er erfüßt einen ooit und längft gehegten
SSunfch unb bietet und auch ein »oßftdnbiged Se^eichnijj ber tpof* unb ©<hreib*
namen, ber Serg« unb Sllpenbcnennungen. 9tud aßem geht hercor, ba§ bie ©röb»
ner ein echt romanifchet ©tamm finb, ber mit 3<5^igFeit an bet Sprache feiner
Slhnen fefigehalten hat. Unter 100 äßörtera entfaßen wohl ach>t 3 tg auf bad Satei»
nifche, etwa 3 ehn auf bie beutle unb bie übrigen 3 ehn wahrichrinlich auf bie
rhätifche Sprache, ©ad 3 biom fdjetnt fi<h aud ber römifchen Sßolfdfpradje ent«
wicfelt 3 U haben.
©Aftern ber Sßäljrmig ober be$ ©elbes.
Sott ®ßbriel be £r fitoart, ©octor ber fRedjte.
(2öien 1864. — ©ommüfioneuerlag von ^raitbel unb (£wa(b.)
©ie wiffenfchaftlid)en Seiftungen auf bem ©ebiete ber theoretischen National«
öfonomif finb leiber in Cefterreicf) }o feiten. baff wir gerne jebe Gelegenheit er«
greifen, um auf bie ©rfd;einungen ber einjehlägigen, fpecifiich öfterreidjifcf'en Sitte«
ratur aufmerffam 3 U machen, ©iejer oorwiegenb oaterlänbifche ©efidjtöpunft läfet
Oo<$(nj<$rift 1864. Bank HL 48
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eß jebod) um fo mehr Bebauern, baf wir beute ein 2 Serfcf)en 311 Befprechen haben,
welches bie rorbanbeitcn Surfen außgufüllen gewifj nid)t Berufen ift; ein 2B erfreu,
baß fid) cvlß ein „Stiftern ber StSährung ober beß ©elbeß" anfünbigt, aber Weber
baß „Softem", ttod) bett SBegriff ber „SJäfrung ober beß ©elbeß" irgenbwie 3 U
ferbern geeignet fd)eint.
SBit erbitten unß bie SSergeihung beß Seierß, wenn wir eß unterlaßen, ihn
burd) bie lab^rintiict) gewunbenen ©nllogißmen mitgufdjleppen, bie wir burthwan*
bern mußten, um mit bem SSerfaffer 31 t beut ^Begriffe „Sßertl) unb ©elb* gu
gelangen. Gß wirb genügen, 31 t rerfidtern, baf bie gefammte SSerthlehre in einer
uiel flareren Söeifc non Autoritäten Bel;anbelt würbe, bie ber SSetfaffer gang un«
Beamtet läft. Sie wahrhaft claffifchm ©tubien oon 3af 0 B, ©oben, So £ unb
gticblänber werben igitorirt unb unBefüminert um biefe Seiftungen, Beftimmt ber
SScrfaffer ben SBerthSbegriff auf bem Söege ber reinen ABftraction in einer Art,
non welcher er (©. 19) felBft eingefteljt, bafs fie für bie SSoltßwirthfchaft unb ben
SSerfebr gan 3 unb gar unbrauchbar fei, baf fie eine ibeeUe ©röfje fd)affe, beten
^Realität erft bort anfängt, wo fie fid) nad) bem ^raftifdjen Sehen, bem gefunben
5 Renfd)enoerftanbe, ber allgemeinen (irfafruitg niobificirt
S 8 ir übergel;en bal;er bie Setailß biefer Ausführungen unb wenben unß
lieber gleich gurn ©tyfelpunft ber fpfilefopfie beß S 3 ud;e§: „ber Gonftruction
eineß neuen Söäf)rungßBegriffeß".
Sfiad> ber etl>if<hen S3ebeutung ber ©üter unb nad) ber ytyilofo:pl)ifd)en 23egrün*
bung beß Gigentfwmß ift eß — bem SSerfaffer — flar, baf Seber, ber bie ©a<he
Derlei)!, welche id) burd; unmittelbare SBegielimtg inne habe, augenfällig aud) meine
Werfen Beleibiget, unb baf mir baß Siedit beß Äampfeß gegen ben SSibetfadjet
3 uß'’f)t. SefchalB giebt eß »ott jetjer prii'atred)tltd)e ©Innungen pevfeulic^er 58er*
leßungen, unb gwar anfänglich unter ber ^orm ber Salten, fpäter unter ber beß
SBäfrgelbeß (©. Gl). Sarauß gieljt ipevr Se iBibart ben ©d)luf: „Sie gefej)*
lieh beftimmte ©ubftang, womit bie Abtragung einer i'ermögenßredjtli^en ©cbulb
gu erfolgen ^at, ift baß oermögenßred)tlid)e 2 Bäl)r gelb — bie Sßäfrung.“
SBettn ber SBerfaffer in biefer Sebuetion ben Anfdiluf) an bie t)iftorifd)e
©d)ule gtt erreichen fud;t, beffeu er fid; in ber Ginleitung (©. 4) rühmt, ober
bamit nachweifen will „wie fid; bie Sfecrie beß fPrefefferß S. ©tein unter bem
Ginfluffe ber hiftorifdjen ©dtulc geftaltet", fo Bebauern wir 23eibe, bie hßtorif^e
©chule unb ben s Profeffor S. ©tein. Sie Originalität aber, bie in bem ©ebanfen
liegt, ben 3 Bäl)rungßbegriff auf bie SiecBtßibee gn grünben, wirb leiber burd) bie
33 erfehrtf)eit ber gangen Argumentation aufgewogen.
SBie fann benn ton einer SSerleßung bie Siebe fein, wenn ber ^Berechtigte,
ober ber S3efi^enbe felhft in bie Uebertragung beß 9ied)teß ober beß ©uteß ein*
williget? 9cad) i'ierrn Se 23ibart wäre jebet Äauf oon ©eite beß jfäuferß ein
Siebftabl, ben er burd) „baß SSährgelb" fühlten müfjte!
s Jiad) biefem eben nid)t fehr glürflid)eit Anläufe erwähnt ber SSerfaffer bie
Arten ber SSäf)rungen, Begeht habet einige fehr grobe thatiädhliche Strthüwer (auf
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©. 64 unb ©. 69) unb h««belt fobann im gweiten Steile feiner ©d>rift non
ber Papierwährung.
©inet Sefpre^ung be§ PapiergelbeS unb feinet Gntfteijung, bie wir ald ben
gelungenften S^eil beS 23ud;e3 begeictjnen mosten, reiht ber 33erfaffer feine Sin*
fdjauungen über bie 33äluta»erhältniffe an unb erflärt bie Slufhebung ber ©<hu£*
jöKe für bie Urfac^e eines empfinblichen 9Rangel8 an (äbelmetaKen, „weil bie
Äaufleute bei ben meiften Slrtifeln einen 25ortl;eil barin finben, biefelben au8 ben
au8länbifd>en ^abrifen gu begießen, woburd; fie ben ©onfumenten preiSwürbigere
SBaare bieten fönnen!"
©chliefilich aber beclarirt er fid) a!8 greihänbler, benn er weist mit gewiffer
Berechtigung barauf f)in, bah ba8 Slgio in golge be6 äufjerlanbegefyenS bet ©bei*
metalle immer fteigt, babnrd) bem Smporthanbel ©inhalt tljut unb ein natürlicher
©d)uh ber inlänbifdjen Snbuftrie wirb. „SSit glauben", fo enbet ba8 Buch, „in
ber bargeftellten SBeifc ba8 PaDabium be8 greihanbelS, ben unioerfetlen Soll 5
unb 9Rüng*©artell, gefunben gu haben. Slm ©bluffe unterer Unterfu^ung angelangt,
fehen wir unS fomit gegwungen, in bem Slgio eine Dtetalitation ber hattbelS»
politifdjen SRgdhtheile ber SSölfet gu erfennen. ©aburdh ift bie wichtige fpeculatioe
Bebeutung ber Papierwährung für bie .Goncurrengfähigfeit ber Snbuftrie be8
BaterlanbeS bargeihan.“
Uiäumlidhe JRücffic^ten »erbieten mt8 überhaupt unfer Urtheil über bie Schrift
ausführlich gu begrünben unb fpcciell ben hi« mitgetheiltcn ©djlufjfah einer ein»
gehenben Äritif gu unterwerfen; wir wiffen, bah oiele Praftifer mit bem SSerfaffer bie
Slnficljt theilen, als ob in bem Slgio ein angemeffener ©chujjgoll liege; allein
wir glauben, bah wan babei gu leidht auf bie mit bet ©ntwerthnng beS Papier*
gelbes correfponbirenbe Hebung aller ©üterpreife, mithin allet ^Rohmaterialien,
Lebensrnittel unb beS SlrbeitSlohneS »ergibt, bie fchliefjlich bie Bottheile beS Slgio*
fchufceS faft gang aufheben. Laffen wir aber bie ©ontnwerfe bei ©eite, fo fann
boch febenfaHS baS Slgio nur für biejcnigen Snbuftrieen einen @chuj) geben,
bie nicht concurtengfähig fittb; bei ben anbcren ©ewerbSgweigen liegt im Slgio
eine irrationelte unb unbered;tigte Betreuerung ber Probucte für bie inlänbifdjen
©onfumenten, alfo ein groheS wirthfcf)aftliche8 Hebel. Jiiemanb aber wirb fid) mit
bem Berfaffer gu bet Sfoffaffung befennen wollen, bah w ba8 Slgio ein allgemeines
©djufcmittel fein fotL welches fidh »hn« Hnterfdheibung lebiglich nach Prrcenten beS
SBertheS ber ©üter ridhtet“.
@o wie biefe Gingelheiten, wirb ein Blidf auf bie Logif beS gangen Bud)e3
jeben Lefer übergcugen, bah. eS £errn Le Bibart nicht gelungen fei, SRühmenS*
wertheS auf bem ©ebiete ber fpfiematifchen SRationalöfonomif gu leiften.
9tid)t nur, ba§ Me Äctte bet ©djtuhfolgerungen auf jebcr ©eite mehrmals
abreiht, fo ift eS fehr ftörcnb, immer wieber 3»tf^engebanfen eingef^oben gu
fehen, bie gar nicht gur ©adhe gehören, ©o fpricht ber Berfaffer mitten unter ber
SBerthlehre aud) »om ScftiftungSgwang, »om lanbwirthfdhaftlichen ©rebit unb Un*
terri^t unb gleich barauf »om 9J{afd)inenwefen (©. 31) u. f. w. ©ben fo unan*
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genehm fann bem £efer bie vom SBerfaffer cjenjä^tte Sermtnologie anb bet oft
bombaftifdje ©til werben; beifpielßweife bie ©äße: „Sd)on bie ©ermatten auf
ber mit wilber SRatur bewat^fenen SelluS . . . "! (©. 4 ), ober „Sie
ga^igfeit rufiicaler Slboleöcen^ junt gemeinfamen SBo^le* (©. 31) u. f. w.
SBenn bie Serbinbung ber hifteriidjen mit bet phi(otophitd)cn ©cßuie feine
anberen grüßte trägt, fo muffen wir auf eine foldje Kombination lieber oerjicf>*
ten; bei bem un§ oorliegenben S^erfudje aber ift nur 311 bebauern, ba§ manche
gute 3 bee uub ba 8 emfte wiffenftbaftlitfie Streben fo oft unter ber tranSfcenben*
talen Secfe erfticft würben. Sr. grang Reumann.
$ ermann n. ©ilm.
E. äm 31. 991ai b. 3 . pat Jirol mit .permatm d. ©ilm feinen perborragenbften
Siebter verloren, ©ein IpriicpeS SEalent, bem eine feltenc Äraft unb Urfprunglicpfeit, ein
eigentpümlicp feffelnber SReig innen)ernten, naep feiner Dollen Sebeutung 3 U »ürbigen, ift
»eiteren Greifen bis jefct Dorentbalten »erben: benn ©ilnt ift nie mit einer ©ammlung
feiner ©ebiepte Dor bie Deffentlicpfeit getreten, »ie oft auep bie Slufforberung p» 3 U an
ipn ergangen mar. ®n$elne bcrfelben cr|d;ienen in 3 eitfcpriften unb 9llmanacpen, fanben
©ingang in Scbilberungen be$ SanbeS. Viele »urben nur feinen greuhben befannt,
»eldpe fte in treuer ©rinnerung be»aprten unb fergfamer puteten, als ber Sinter felbft,
ber fo mancpeS feiner Sieber auS ber £>anb gab, opue fiep eine Slbfcprift 3 itrü(fgu 6 e^alten
unb naep fuqer 3 ?it feine ©puren nicht inepr 3 U finden »ufete. 2 Ber 2 irol befugte unb
Sanb unb Seuten feine SSpeilnapme 31 t»enbete, bem blieben auep ©ilmS ©ebiepte fieser
niept lange verborgen unb feiten 30 g ein JReifenber uub gorfeper Don feinen £cpen unb
Sudlern peim, ber niept eineö biefer Sieber mit fiep genommen unb in bie Slatter feiner
©rinnerungen gelegt patte. 2 )enn auS ipnen »epte frifd? unb »ür 3 fg bie Suft ber SUpen,
laipte baS tiefe blaue 9tuge iprer ©een; aus ihnen f<plug in pellen Sauten bie Suft beS
©cpüfeenlebenS unb leuchtete fd;en unb l;ell bie Siebe 3 unt £eimatlanbe, bie ben ©opn
ber Serge Dor allem fen^eidinet.
©0 »ie »ir einer ©efammtauSgabe Don ©ilmS ©ebiepten nodj entgegen 3 ufepen
paben, fo mufj auep eine eingepenbe SebenSbejdjreibung beS SDichterS einer fpateren 3eit
unb einem anberen Drte borbehalten bleiben. £>ier fann nur einigen biograppifepen Um¬
riffen 3laum gegönnt, nur auf ben peetifepen ©epap pingebeutet »erben, ber an ba$
Sicpt ber £effentlid;feit 3 U peben ift.
^ermann d. ©ilm »urbe im Sabre 1813 3 U 9ia\if»cil in Vorarlberg geboren, fam aber
fepon in früheren Sauren in bie ^anptftabt beS SaubeS, in meiner fein Vater burep ge¬
raume 3eit bie ©teile eines 9\atpeS bei bem ©evieptsbefe erfter, bann bei jenem gmeiter
3 nftan 3 befleibete. 9ln ber bortigen Unwerfttät legte er bie red;tS- unb ftaatS»iffenf<paft-
litten ©tubien gurücf, nach bereu Veenbigung er im Sapre 1838 in ben ©taatSbienft
trat. 3<*;n Sapre fpäter »urbe ©ihn, ben in ber 3wifcpcn$eit feine amtliche Saufbapn in
berfepiebene $peile Tirols geführt batte, 3 t» ©icnftleiftung in baS SOiinifterium beS
Snnem bentfen, naep fcd;S »eiteren Sabren aber 3 ur oberofterreid;ifcben SanbeSfteüe als
©tattpaltereifeeretär bcvfcfct, auf »elcbern heften er bis 3 U feinem fii^licp erfolgten Scbe
blieb, ©epon im hinter beS Sabres 18 h 2 »ar ©ihn Don einem förperlicpen Seiben be*
fallen »orben, »elcpeS 3 U ben emfteften Veforgniffen Slnlajj bot. 3n ben Sergen feiner
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Heimat faitb er Grholuitg unb Kräftigung, .ftcitcrfeit unfc grchfinn wieber. 9J?it bern
geuer „jener 3ugcnb, bie uns nie verfliegt i4 r nahm er Antl;eil an bem gefte ber 23er*
etnigung SirclS mit ßefterreich, weld;eS in ben Sagen feines Aufenthaltes in SmtSbiucf
gefeiert würbe. 36m wibniete er bie Auegahc eines fleinen GpflnS älterer ©ebictyte, welche
unter bem Sitel: „AuS bem Schütwnleben" ajd;ien nnb eine neue Sichtung, „2irclS
Gl;rentag", bie nach feinen eigenen Sßorten f/ bie Seele auS bem 331üt6enfeld^ ber Seit"
genommen l;atte unb an Abel beS ©ebaufcuS unb Kraft beS AuSbrucfcS ben beften feiner
früheren Sieber ebenbürtig ift.
©eit bem oerflcffenen 2 ?inter, melcbcn ©ilm wieber in Sin 3 ^brachte, teerten feine
Seiben mit verftärfter Kraft juvücf unb enbigten mit feinem Sobe. Seit fur^er 3eit aft
bermählt, binterläf;t er ein Kinb, caS noch nicht baS evfte ScbenSjaljr erreicht hat.
Ser aud; nur einen Steil reit ©ilinS Störungen fennt, wirb fich ber lieber*
3 cugmtg nicht ocrjdunßen tonnen, baß in ihm eine ed;te Sichternatur lebenbig war,
weld;e nur ber leifcften Anregung beburfte, um ben &uel( „eigenften ©efangcS" frifch
unb auS il;rer Siefe 31 t entfenben. Unb weld;e güfle von Anregungen gab eS nicht
für ben 5Did>ter, welcher ein ftets offenes $er 3 ber grcunbfd?aft nnb Siebe allem ©roßen
unb Gblen entgegenbrachte, mit treuer Eingebung an feiner Heimat l;ing unb für ben
9tul;m unb baS ©lücf feines 23aterlanbeS glüt;te! 23on Äinb^cit an umgeben non ben
großartigen 2?ilbem unb Grfd)cinungen ber ©ebirgSwclt, burd) viele 3al;rc in ftetem
23erfel;re mit einer mannhaften unb 3 ugleicb fröhlichen Sefcolferung hatte er für baS
Seben ber -Jtatur unb beS 2>clfeS eben fo viel Ibeilnahmc als 3Serftänbni§ gewonnen, feine
( 5 igcntbümlid;feiten unb fein’en Büge fiel) eingeprägt. S 8 a$ fein ^> 01*3 bewegte, wußte in
ber 'Jlatur, bie il;n umgab, ©eftalt, garbe unb Klang 31 t fittben, unb als ein grüljling
non Siebern blül;te attS feiner ©ruft hernor, was ihr geljeimnißDoKeS Staffen unb
Seben in feine Seele gelegt hatte. giebt feine ©egenb, in welcher ©ilm burch
längere 3 eit verweilte, bie nid)t ein finniges ©aftgefebenf feiner 9JJufe empfangen ^ättc,
fein geft in ber Heimat, fein wichtiges Greiguiß im Seben beS 23olfeS, ift of;ne ben
Kran 3 feines Siebes geblieben, 23iefleicht auf feinem ©ebiete f)at fleh feine poetifche
Segabung glän 3 enber ge 3 eigt als auf jenem beS ©^egenbcitSgebichtcS, auf welchem in
ber SRegel bie reid;c Saat ber SHittelmäßigfeit wud;ert. Ser bie 3curnale SienS nem
3al;rc 1853 bnrchblättert, wirb in ihnen einen hmmd) cn fc cn 35eleg für unfere 33c-
hauptung finben.
3wi]chen Seginn unb Gnbe ber bichterifd;eu Sljatigfcit ©ilmS liegen ungefähr brei
3ah^cl;nte. 3n einigen feiner früheften ©cbichte fpricht fich jene unbefriebigte Stim¬
mung auS, in welche gewiffe Vorgänge in ber Heimat unb 23erhältniffe beS ftaatlicpen
SebenS ihren SSerfaffer wie fo viele Anbere verfemten. GineS betfelben, baS tn etwas
beränberter ©eftalt in ben GpfluS „AuS bem Sd;üfcenlcben" aufgenommen würbe, aber
auch m feiner urfprünglichcn Grfd)etmmg heute faum mel;r ernfte 23ebenfen erregen
würbe, lenfte bamals bem Sid;ter eine Aufmcrffamfeit 3U, welche it;m gefährlich 3U
werben broljte. Sein Testes ©ebicht „SaS Aboptiofinb" ging nur um wenige Se¬
nate bem Gnbe beS Sid)tcrS bcrl)er. Gs galt ben ©efallenen non Deoerfee unb bem
hochherzigen 33cfcf)ii^cr ihrer Sittwen unb Saifen. Unnerfennbar ift, wie perfonlich nahe
ihm ein 23orgefüj)l beS SobeS ben Snhalt beSfelben legte.
So viel uns befannt, hat ©ilm baS ©ebiet ber bramatifchen unb ber eigentlich
epifchen Sichtung nie betreten. Snnerhalb jener ©rensen, welche et fich Hbft öot *
gezeichnet hatte, fc^uf er freubig unb als echter Sichter.
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* Ungarijfe Sfullüteratur. Unter ben mannigfaltigen Bewegungen, weife
gegenwärtig auf bem ©ebietc ber ungariffen Literatur wahrgenommen werben tonnen,
oerbient ber lebhafte Umffwung, ben inSbefonbere bie fogenanntc Sfulbüfcrlitteratur in
ben oerfloffenen Sauren nahm, eine um fo größere Beachtung, als gerabc bicfeS fonft fo
unbebeutenb fc^cinenbc ©ebiet mit ber eigentlichen SebenSfrage ber ungariffen Sittera*
tut überhaupt: fl cb ndmlif burf biejelbe bie jüngften Stefultate ber europdiffen SBiffen*
fc^aft in fur 3 er Seit affimilirt werben tonnen?" unoerfemibar in unmittelbarem
3ufanunenl;ange ftel;t. — Sie befannt, finb im 3af;re 1861 bie ungariffen TOittelffulen
eben fo wie bie Unioerfitdt auf nationale ©runblage geftcllt, bie Sehrfangeln auöfc^liefe-
lif mit einheimiffen Straften befefct unb bem entfprefenb an ben meiften ?el;ranftalten
beS ?anbe$ baS ungarift^e Sbiom 3 m Uuterrid;tSfprafe erhoben worben. Sicfe plofclife
Aenberung ber Singe in bem gefammten Ungarinnen UnterriftSwefen tonnte fclbftoer-
ftdnblif nift oerfehlen, inSbefonbere auf auf bie fünftige ©eftaltung ber (Schulbücher*
litteratur entfd;eibenb einguwirfen, unb 3 war um fo mehr, als gerabc biefer Sittcratur*
gweig fleh f«t Jeher in einem fo oernaf Idffigten Buftanbe befanb, baß auf ©runb beffen
ein hieftgeS ftitifched Blatt ftch bered;tigt fühlte 3 U erfldren, baß „unter allen Stiftun¬
gen ber einheimiffen Sitteratur feine cin 3 ige geeignet ift, baS 3Bel;geffrei unb baS
VerbammungSurtheil ber Äritif in beni TOaße herauSguforbem, wie bieS mit ben unga¬
riffen ©fulbüd;cm ber gall ift; ba biefelben mit wenigen Ausnahmen fowohl ber
gorm als bem Spalte naf fo befd;affen finb, als wenn fte bie SSiffenffaft ber ©egen*
wart negiren, nift aber oerbreiten wollten". So war man — um nur ein grelles Bei-
fpiel angufül;ren — bemüffigt, an ben TOittelffulen Ungarns bie ungariffe Sprafe
naf DÜenborfS TOett;obe oorgutragen, bie beutfd;e Sprafe naf einem Sehrbufe oon
Steepler, baS beiläufig oor einem halben Sahifunbcrt oerfaßt, jährlich in neuen Auf¬
lagen — bof mit bem alten Snhalt — erffien, unb eben fo oft in Saufenben oon
ßjremplaren oergriffen würbe, u. f. w. — Seitbcm hat fif aber — San! inSbefonbcre
ben weltlichen, an ben auswärtigen ^offfulen gebilbeten Sehrem — biefe fflimme
2age ber Singe wefentlif gebelfert, unb cS gereift uns gum aufriftigen Vergnü¬
gen bie unbeftreitbare S^hatfafe conftatiren gu tonnen, baß eS feinen UnterriftSgweig
giebt, ber heutgutage nift burf jllfe ungariffe Sehrbüfer oertreten wäre, bie bem
heutigen Stanbpunfte ber 35>iffenffaft in jeber Begießung entfprefen. So h at $• 8 .
ber Afabemifer unb gewefene ^rofeffor ber ungarifd;en ©prafe an ber s prager f. Uni-
oerfitdt, Sr. TO. Sticbl, eine ©fulgrammahf ber ungari|d;en Sprafe oerfaßt, bie, auf
oergleifenbfiftoriffen ©runblagen beruhenb, geeignet fein bürfte, eine eben fo nofwen-
bige, als bisher nift erfolgte Sieform in ber Bef;anblung ber ungariffen Sprafe an
ben TOittelffulen angubal;nen. Von bemfelben Verfaffer erffeint gegenwärtig bie gweite
Auflage einer gu bemfelben 3n>ecfc geffriebenen beutffen ©rammatif für ungariffe
TOittelffulen. Unter ben in jüngfter 3eit erffienenen philologiffen Sehrbüfem oerbient
inSbefonbere bie burf ben $)rcfeffor Sge'naffp oeranftaltete Bearbeitung ber lateini*
ffen ©rammatif oon Vanicef, bie burf ben Sfulraf Äifj magpariftrte griefiffe
©rammatif oon GurtiuS, eine lateiniffe ©rammatif. oon ben ^rofefforen Saoib unb
Äolmdr in $Prcßburg u. f. w. eine beionbere Bcaftung. Auf an philologifd;cn
#ülfSbüfem haben wir feinen TOangel mehr. Außer oerffiebenen SBorterbüfern, Ucber-
fefcungen unb Snterpretationen ber in ben Sfulen gelefenen Glaffifer erffeint foeben
ein auSfül;rIife3 ungariff-lateiniffeS SBörterbuf oon ben $)rofefforen Bartl unb
Verefj, unb — wie wir eben oernehmen — beabfiftigt bie VerlagShanblung beS
@. #ecfenaft, eine SfulauSgabe fdmmtlifer griefiffen unb lateiniffen Glaffifer, bie
gegenwärtig an ben TOittelffulen behanbelt werben, gu oeranftalten. Auf auf bem ©e*
biete ber ejacten SBiffenffaften regt ftd> neues 2eben. Außer ben Ueberfefcungen ber
Sehrbüfer TOocnifS h^ in jüngfter 3eit Gorgdn eine analptiffe ©eometrie oer«
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faßt, bie in jeber Scgietjung ald vortrefflich bezeichnet wirb. Sumi bemfelben 3?ci*faffer
fott nädjftend eine audfütjrlid;c Srigoncmetric erfereinen. 3tud) eine itngarifdje ^Bearbeitung
ber tjöljeren ©lattjematif non g. Butter befinbet fid; bereite unter ber s J>reffc u. f. w.
Unter ben neueren Sefyrbüdjern ber oerbient inöbcfoitbcrc bie Uebcrarbeitung bed
<£ubic’fcf>ett SBcrfed burd; Ärucdg uub Äübn, fo wie bie Ucberfe^ung ber ÄungeF*
fdjen Gxperimcntatpbojif oon 3lbt t;eroorgel;obcn 31 t traben. 3(udj bau früheren ©langet
an gwetfmäßigen Setyrbüdjcrn für allgemeine unb fpedetlnmgarifdje ©efdjidjtc ift in jüng*
fter 3cit burd) bie SSerfc güf; pd, S\ o r n 1 ; ei'*) unb granfl’ä abgeljclfeu werben.
Sogar bie ^pf;ilofophie, ein gelb, bad in ber ungarijcbcti ifitteratur überhaupt feit jeber
giemlidj bradj lag, l;at im laufeitben 3 ^ 0 ve trürbige i>errretnng gefuttben, unb 3 trar
einerfeitö an ©t. Siiebl, ber bie pl?ilefcp(;ifdjc s J>ropäbeutif oon 31. 3 iumtermann, an*
bererfeitd an 3t. ©colnar, ber bie ^fijcholegie, Segif unb ©ietaplujfit oon Grbmann
ind Ungarifcpe übertrug. ©b ftcfy aber bie teerte Grbmattnd 3 tnu Sd;utgebraud;e an © 9 m*
nafien eignen, bürfte aud naf;eliegcnben örüubeu febr 3 U be 3 ioeifeln fein.
Stbgefeljen oon ber großen 3ln$afjl ber Schulbücher, bie minbeftenö ald eben fo oiele
Säcwcife bed regen Sehend, bad auf tiefem ©ebiete ber ungarifd;cn Sitteratur gegenwar*
tig Ijerrfdjt, eine 33 ead;tung oerbieuen, ift in jüitgfta* 3 ^'it bad gegenwärtige ungarijebe
Unterridjtdwefen, über treldjed bie öffentliche Stimme fiefj bereitd feit Sabreit gar nicht
oerncljmen ließ, in ber periebifd;cn Sagedpreffc toieber ©egenftanb weitläufigerer Gier*
terungen geworben. So t)at, um nur bad 3Sid;tigftc tu biefer ©idjtuug 31 t erwähnen, ber
Dfener ©pmnaftalbircctor g. Sutter in ben Spalten bed „Pesti Naplö“ ein aud*
füljrlidjed Programm für eine 3teorgauifirung ber ungarifdjen Elementar* unb ©iittcl*
fluten oeroffenttid;t, worin er für bad S5ifurcationdfi;ftem unb bie Grridjtung oon neun*
claffigen ©ealgpranaften bad Söort ergreift. Slttbererfeitd werben in einer jeben ©munter
ber Mifc^wiffenfctyaftlidjen Sodjeufdjrift „Kulanz“ bie widjtigften Spccialfragen bed
ungarifdjen Unterrichts wefend befprodjen, iudbefenbere bie Stellung ber Philologie an ben
©pinnafien, bann bie bereits oiclfad; oentilirte grage: ob an ben ©umnaften bie pljitc*
fopfjic in iljrer ganjen 8 tudbef;nung, ober nur bie pfyilefcpbifcbc Piepabeutif, wie bidtjer,
geleijrt werben foü, wiebcrI;olt erörtert u. f. w. Somit fyerrfd;t auf tiefem ©ebiete ber
ungarifdjen Sitteratur eine 2 l;atigteit unb ^Bewegung, bie man iti anberen 9 lid;tungen bed
öffentlichen Sehend in biefem ©laße faum finben bürfte.
* SSon bem Ijechwürbigften £>erm Prälaten bed 33enebictincrftifted St. Paul, gerbi*
nanb Steinringer, finb jüngft bei ©ovifdjcf in 2£icn pl;itofop(u*fd)e Stubien unter beut
Jitcl: „SSerfud; einer Äcnngeichnung bed ©tenfeben ald ©atur uub ©eift, ald Sinnen*
unb ffieraunftwefen, für benfenbe Gbriften" crfchiencn, wcld;e gunad'ft für junge 2t;eolo*
gen fceftinnnt flitb.
* Gined ber altcften gamilienard;ioe, bie t’idj in SB ernten befinben, bürfte jened ber
©rafen 33 00 8 * Sl'albecf fein. ©aefelbe beftebt bereitd feit 500 Jahren geerbnet,
inbem im Ja^re 1364 alte bie gamitie betreffenben Urfunben oon früherer 3cit barin
aufgenommen uub in ber Stammburg äSalbecf (in ©Ijcinprcu ßen) ocrwaljrt würben, ©ic
atteften auf bie gamilie firfj bc$ieT;enben Criginalurfunbcn in biefem Slrdjioe finb 00 m
Jaljre 1124 unb bürfte ftdj bei genauerer ©urebferfdjung ber großen Sl^a^l oon
©ocumenten wol)l mandjed I;iftorifc^ Jutereffante barin finben.-
* Unioerfitatdprofeffor ©r. Gmit G^prniaitSfi bat neuerbiitgd eine 28 Seiten
gatjlenbe Schrift unter bem 2itel: ^Gine neue 2tjecrie ber G^cmie, burc^gcfütjrt burdj
alle unorganifc^en S>erbinbungen in allgemeinen gönnen“ (in ber Unioerfitatdbrueferci
gu Ärafau) in tentfefjer Sprad)c tjerandgegeben, welche er ber prüfenben Äriti! ber
gac^maimer oortegt.
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* 33ci Pcremba in ?emberg ift eine ftiftorifc^c ©ligge (134 @. 8 ) überbie
Hugulen (HucuJy) bon bem gricd?tf^»!at^olifd;ert ©eelforger P. ©ophron 2 ßitwic!i
in 2abic erfreuen, mit einer geographifepen Äarte beS jepigen SBc^nortee biefeS Serg-
bolfeS, treibe iljrc ^)erfunft, bie ©eegnefie ber 33ergc, SDüneralien, © 0 ( 3 , Äcplc, 2Boh s
nrntgen, bie Unterhaltungsmittel ber Seute, ihr ?eben in religiofer, moralifcher unb phpftfeper
Segiepung, Äleibung, Sprache, SSräucpe unb Sitten, tpr friegerifcpeS Naturell, ihre 9ln-
fcpauungSmeife u. f. f. befebreibt. Sen Schluß bilben gwei lieber in rutf^enifc^er ©praepe.
* 23efanntlicp ftnb ber ungarifepen 3lfateniie T;c^eren Drts 12.000 fl.
angewtefen werben, bie 3 ur ©rgängung ber afabemijepen Sibliothef berwenbet werben
füllen. 9Jiit ber 33eftimmung ber 3 U biejem 3 wcc! angufaufenben 53 ücpcr ftnb nun bie
Herren 31. ©fettgerp, 6 . Span, 3ofepp ©gäbe unb anberc Afabeniifer betraut worben.
Sa aber tiefe ©mntne faum hinreichen bürfte, um bauen auch Äunftwcrfe u. f. w.
angufepaffen, fteKt ein Hefter 23latt (gebdroft ?apcf) ben Slntrag, bafc biefem SKangel
bie bortigen Äunftbereine baburep abpelfen mögen, baß fte i'pre Sücperfammlujtgen, Äarten,
9tlbumS u. f. w. in ber SSibliotpef ber Sßabemie aufftcUcn unb fo bem größeren pu¬
blicum gugängltcp machen.
* Ser talentboÜe ungarijepe Sitterarpiftorifer 3ilapP, bon bem eben fept eine
ausführliche Siegrappie PetofTs erfepienen, ift am 15. SOcai in feinem 25. ScbenS-
japre geftorben. ©S ift bieS für bie ungariiepe Sitteratur ein um fo größerer SSerluft,
als ber SSerftorbcne eine pope Silbung mit feltenem gleiß bereinigte, unb feine bis¬
herige litterarifdt>e ipätigfeit gu ben fepenften Hoffnungen in tiefer Sichtung berechtigte
* Sr. SRubolf ©ottfcpall überfiebelt, um mit Neujahr 1865 bie Stebaction
ber bei SrocfpauS erftpeinenben ,glatter für Iitterarifc^e Unterhaltung" unb beS encpflc-
päbifepen 2BerfeS„Unfere 3«t" gu übernehmen, nach Seipgig.
* Sie für ben Aflerpocpften Hof angefauften ©emälbe aus ber bieSjährigen
afabemifepen ÄunftanSftellung paben folgenbe Seftiminung erhalten:
1. „Sic ©eene aus ber ©cplacpt bei ÄoKin" bon ©igmunb S'Aflemanb paben
©e. SORajeftdt ber Äaifer für Sltlerpccpftipr eigenes 3(ppartement gewählt. 2. SRiebelS
„SSorlefer", 9JlaperS Subwig „GpriftuS unb bie Samariterin *, Sills „Heimfeprcnbc
Ärengfaprer" unb bie Sanbfcpaften bon ©chaeffer, ©cpleftnger, 91obopacfp, Heinlein unb
HnuShofer würben für bie faiferliche ©alcrie am Selbcbere, 3. ©cpoitbrunnerS „9$erfu-
cpung beß l;l. 3lntoniuS w , Sehens „®larft in ©onftantinopel",'SöfflerS „SWtcffepr aus
ber ©clabcrei" unb bie Sanbfcpaften bon Äorginef, Settel, HalauSfa, Holger, 3iuunot»
mann, 9Jlaj: unb Äriepuber gur AuSfcpmücfung fatferlicper Appartements in Jßicn unb in
ben faiferlichen ©chlöffern beftimmt.
* SaS Sntereffc für ben Sau ber ^eopolbftäbter &ircpe in Peft nimmt mit ben
fbloffalen Simenftonen gu, in welchen baS Sauwer! borfchreitet. Sic Kirche ift beinahe
nach allen ©eiten ^in bereits bis gum ©cplufcgeftmfe gebiehen. SSäprenb bie ©acriftei
fchon feit 4 Sapten 3 U einer SnterimSürche benüpt wirb unb bie flanfirenben 4 ©cf-
thürme ftep mächtig erheben, wirb in furgern bie 9torbfajabe beS ©ebänbeS ihrer SJott*
enbung entgegengehen. Sie Äuppel beS SomeS foll ein popeS £>oal erhalten. Sie SRorb*
fajabe geiepnet ftch bor ber gegen ©üben gerichteten burch eine größere ©nergie, burch
.©ebiegenheit ber jQuaberfteine unb ©leichheit im garbenton berfelben aus. Sie gigural*
fculpturen beS großen 9JlittelbogenS befinben fi<h gegenwärtig unter bem 9JJei§el.
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761
* Ser #iftorienmaler £etr £anS s DRacfart ift mit ber ©otlenbung eines großen
©entälbeS befebäftigt, welches eine italienische ©iefta aus ber 3cit TitianS gum ©egen*
ftanbe ^at. ©S ift ein Delgemälbe non 19 gug ©reite unb 12 guß ^>ct;e, mit 15
lebensgroßen giguren. SaS ©ilb ift bon bem funftfinnigen £cfbanquier ©aren ©tieglife
in ©t. Petersburg beftellt.
* Architeft s 31icolauS 2bl in Peft mürbe mit ber Anfertigung ber Pläne unb
Aoftenüberfchläge gum ©aue ber neuen Curie beauftragt. Sic approjrimatibcn Äoften
ftnb auf 460.000 fl. beranfchlagt.
* Sn Paris feil, ber „Gazette des beaux arts“ gufelgc, bemnächft ein großarti*
geS Musee des arts et d’industrie, ähnlich unferem in ben lefcten SBoc^en ereffneten
9DRufeum für Aunft unb Subuftrie, errichtet werben. Sie tarnen ber Sirectcren unb bie
näheren Seftimnumgen werben bemnächft befannt gemacht werben.
D. (©om beutfe^en Süchermarf t.) Auch heute haben wir über eine nicf)t
große Anjatyl neuer ©rfcheinungen gu berieten, als bereu bebeutenbfte wir wel>l baS
nachftehenbe fird;engefc^ic^tlic^e üBerf bezeichnen fennen, baS uns einen neuen SeweiS für
baS rege wiffenfd)aftlid>c geben liefert, hoffen fid; bie fatb?olifd>o Rheologie ©aiernS rül>*
men barf. ©S betitelt fic^: „©efd^id^tc ber firc^lid^cit Trennung gwijchen bcni Client unb
Dccibent, ben ben erften Anfängen bis gur jüngften ©egenwart; bon Sr. ^ Pid;lev°.
Ser uns borliegenbe erfte ©anb enthält bie ©efepichte ber bpgantitiijchen Aircpc, bon
ihrer ©ntftepung unb ben jtc oorbereiterfben ©reigniffen auSgepenb, bis in bie ncueftc
3eit, fomit in gragen unb ©rerterungen eingreifenb, bie ihre gefung noch mit ber wich*
tigften aller gragen, welche bie heutige Sßelt befepäftigen. ber orientalifchcn, erwarten.
3Bir glauben, baß ber ©erfaffer fid> nicht irrt, wenn er mit einer boüftänbigen ©e*
fchichte ber fachlichen Trennung gmifchcn Orient unb Occibent einem ©ebürfniß ber
©egenwart-abguhelfen meint, ba bie neuere gittcratur wenig Arbeiten über biefeS wich*
tigfte ©reigniß ber Ämpengefcpichtc aufweifen fann.
Sie „SarftcUungen ans ber ©ittcngefchichtc SKomS in ber 3eit bon Auguft bis
gum AuSgang ber Antonine, bon gubwig grieblänber in ÄonigSberg" p^en eine längft
erwartete gortfefcung in bem eben erfchienenen gweiten Steile erhalten. Sie erfte Hälfte
beSfelben behanbelt bie SRetfen, ©erfehrSanftaltcn unb Transportmittel in bem 9Rom ber
früheren Aaifergeit, wäprenb in ber gweiten größeren £älftc Sarftellungen über bie
cparaftcriftifcpen ©ergnügungen unb ©erfeinerung beS gebenSgenuffeS beginnen, welche in
bem borliegenben ©anbe oorläufig mit ber ©ctrachtung ber ©chaufpiel* unb Taitgfnnft
abfchließen, um in bem folgenben ©anbe mit ber ©chanblung ber übrigen Äünfte baS
25erf gu feinem Abfchluß gu führen.
3wei ©eiträge gur ofterreicpifchen gitteraturgefepichte bürften in biefen ©lättern noch
eine ausführlichere ©efpreepung finben; wir befchränfen uns ihre Titel angufübren: ff ©clfs*
fchaufpiele aus SÖRäpren, gef. bon geifalif" unb „Seutfcpe ©pracpbenfmalc aus Sie¬
benbürgen, bon ©pmnafialbirector SDRüUer in ©chäßburg“, eine bom ©erein für fieben*
bürgifche ganbeStunbe ins geben gerufene Sammlung aus fcpriftlicpen Duellen beS 12. bis
16. Saprpunberts.
Sie SReipe ber gerichtlichen SRobitäten fchließt mit einer ©elegenheitsfchrift gum
jüngft bergangenen 20. SORai, bem punbertjäprigen ©eburtstage ©ottfrieb ©epabows.
3ul. grieblänber beroffentlicpt eine Angapl Auffäfce unb ©riefe beS ÄünftlerS,
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762
fcarunter eine ©elbftbiograpfye »cm Sal;rc 1806, 33ricfc an feine gamilie unb Reinere
Sluffafee, bann ein genaues SSergcic^niß fämmtlid^cr 2öer!e S<$abomS.
GS ift befannt, Saß etn umfangreiches Ser! über bie ^Bereinigten Staaten in neuer
3 eit nityt erfreuen ift. Siefern Mangel $at ein Verr 2lltert ®loß burdj ein in gmei,
je circa 650 Seiten ftarfen S5änben crfd;iencneS 23er! grünblich abf)elfen tcotten. Sa$
eigentümlich ftilifirte OpuS betitelt ftc^: „SaS Seben in ben bereinigten Staaten
gur SeurtheÜung »on Slmerica’S ©egenmart unb 3ufunft 44 , unb befprid;t in großer 9luS»
füf;rlich!eit bie gelammten !ird;ltcben, politifd;cn unb focialen 3uftanbc ber Union.
bon @. Wartung, bem berfaffer einer fcl;r gerühmten geolcgifc^en 2 lrbeit über
bie 2lgcren, erf^ien: „©eologifte Sefcbrcihmg ber 3nfeln 9J?abeira unb ^orto Santo 41 ,
auf baS befte burd; Safcln unb eine Äarte auSgeftattet. 23eitere ftreng miffcnfcfcaftlichc
Grfcheinungcn liegen uns »or in einer: „Flora Europaca Algarum aqurn dulcis et
submarin«, Sectio I, autore L. Rabenhorst“ unb einem ,,$anbbud) ber 3 enb*
fprac^e, »on gerbinanb 3 ufti", beffen erfte Lieferung foeben erfc^ien.
Schließlich mochten mir noch auf baS nachftchenbc recht unterhaltenbe Süchlein auf*
mertfam machen: „®eflügelte Sorte. Ser Gitatcnfchafc beS beutfehen Softes »on ©eorg
Süchmann . 44 Gs enthalt eine Sammlung mtb Glafjification fo mie bie Gtpmologie einer
großen 3lngal;l ber nid?t gu gal;lenben Gitatc, clafftfchen Stellen, mie fie in ber alltäg*
liefen SRebe ber ©egenmart in Gebrauch futb. Sabei bringt ber berfaffer in feinem
Gifer, bie richtige Quelle aufgufinben, manches überrafc^enbe SRefultat, fo 3 . b. baß baS
allgemein Jatlepranb gugefebrietene 23ort: „Sem 9)!enfc^en ift bie Spraye gegeben, um
feine ©ebanfen gu »erbergen 44 nid;t biefem, fonbem Soltaire feine Gntfte^ung »erbanfr,
ferner baß SuffonS 2luSfpruch: „Le style c’est Thomme“ nicht fo, fonbern „le style
est de rhomme meine“ lautet, alfo einen gang anbeven Sinn I;at, als ben, in
meinem e$ fo oft gebraust mirb.
Si$Migökrid)te.
Äatferlittye kr Wülfcnf^afltn.
Sifcung ber p^ilofop^ifc^*^iftorifc^en Glaffe »om 11 . 9J?ai 1864.
Sie Gommifßpn für Verausgabe ofterreicfyiföet Seist^ümer erhalt folgenbe Gin*
fenbungen:
a) »on bem T;od?m. Slbte V Dnor i uö beS Stiftes gu Slltenburg 3 Stüde
Sriginalurfunben unb mehrere 9lbfcbriften;
b) »on bem Stifte Silienfclb 6 Stüde $)anttyaibingen im Original, gur Sc*
nüfcung.
Sann mirb ber Glaffe »orgelegt:
1. bon Verrn Mathias Äo ä) ber gmeite tycil feiner „®efd;i^te beS beutfehen
Weites unter ber Regierung gerbinanbS III. 44 , gur Verausgabe.
2. bon Vmm Slbolf 2Bolf, .Scriptor an ber !. f. Vofbibliotljef, eine Sammlung
»on boltSliebern aus benetien. Siefe boffSlieber mürben »on V«ni ©eorg SBibter
in bicenga aus bem SoltSmunbe gefanimelt, unb »on V^ni SBolf rebigirt unb mit
2lnmerfungen »erfe^en. Sie flammen, 103 an ber 3al;l, gum größten SEljeil aus ben
»icentinifchen Sergen, unb gerfallen in gmei 2 lbt^eilungen, eine (prifc^e, bie »on 9lr. 1
bis 71 get;t, unb eine epif^e, bie bie übrigen Hummern umfaßt. Sie 3 tnmer!ungen
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weifen btc Begiepungcn mit attbcren italicniicpcn Bolfßlicber*Sammlungcn nacp, unb giepcn
für bic epifcpcn Sieber ober Ballaben aucp bie Belfßlieber bcr übrigen europdifcpcn Sßclfer
in ben Äreiß bcr Betrachtung, unb jeigett bic parallelen auf, bie fiefe gwifepen bcnfelbcn
finben.
<S i u n g ber mathematif<h*naturwifl en f c h a Ml* c h cn G l a f f e
bont 12, Sflai 1864.
£ert prof. An er tpcilt baß fpccietlc Bcrgcicbniij bei gijebe mit, welche wd prenb bcr
Keife ber faif. gregatte „Stcbara" gesammelt würben, unb beren Bearbeitung burep ipn
nunmehr fo weit borgefepritten ift, bap mit ipret Veröffentlichung begonnen werben fann.
Saß alß erfte Steilung borgelcgte Skngeicpnifc umfaßt einen großen 2peil bcr ©tacpcl*
floffer unb madjt 45 Gattungen, bie mit 124 Wirten bet treten ftnb, nanipaft. Bon
lederen ftnb fünf gweifelloß btöper noch unbefeprieben, ndmlicp 1 £>olocentrum, 2 ©erranuß,
1 Satnia unb 1 SJienbcfoma, gwei (1 $eleteß unb 1 Upeneue) fepr wahrscheinlich neu.
Sie alß neu betrachteten Slrtcn werben burch Siagnofett, bic in lateinischer Sprache
abgefaftt ftnb, begrünbet ttnb beren gunborte angegeben.
Saß wirfliepe SJtitglicb $crr Refrath SS. Jaibing er bcrid;tet über bie Befcpaffen*
beit gewiffer ©ifenmaffen, weld;e tt;eild ben problematischer, tpcilß ben beftimmt „tedrni*
feper" Statur auf ber ©rbobetflacpe angetroffen werben, „©in bielbcfprod;encß gunb*Gifcn
biefer Slrt auß ber ©egenb bon Kofipan war eine hier Pfunb fchwerc Sltaffe, im Befifce
beß £)errn Prälaten ben ©trapof, .'pieronpntuß Sofepp greiperm b. 3ciblcr, bic er bon
#erm prof. St i cf er l in Prag gu einem metecritifc^cn greife bon 3 fl. für baß Sott;
im Sapre 1854 erworben hatte, ©ine Slnalpfc mit Sticfelgcpalt, boit $>crnt Stolba
außgefüprt, war in ber 3citfcprift „Setcß" bereffcntlicpt worben. Slber ein Stbfcpnitt beß
wirflichen Kofifean*Gifenß gab fberrn Aarl Kitter b. fpauer fein Stiefel, fonbern 1*1
Äiefel, 2*4 Acple, unb 96*0 ©ifen nebft einer ©pur bon Äalf. ©3 mu§te alfo irgenb
eine Berwecpßlung ftattgefunben haben. Slucp eine Äupfertafel mit ben galbanoplaftifchen
Slbbrücfcn wirb borgelegt, unb baß ©efüge betrieben, weldwß bcbcutenb bon febeiu bißper
befannten SJteteoreifen abweid;t. ©ß ftnb ferner gur Bergleicpung Slbbrücfe beß ©ifenß bon
Stewfteab in Kojrburgpfpire in ©cpcttlanb beigegeben, fo wie bon einem wirflicl;en „pal*
birten 41 Kopeifen, palb fpiegelig, palb grau. Saß geplcn bon Stiefel feilte man ttbrigenß
niept unbebingt alß einen Beweiß nieptmeteorifepen Urfprungß anfepen."
„Gin anbereß gunb*6ifen, brüepig, mit bollfommcn fcpwargcm Brucpe, bon bem
Sorfe ©otta bei Sreßben, oon £erm Prof. Sr. $>. S. ©cinip freunblicpft gur Shtftcpt
eingefanbt, geigt eine fepr eigcntpümlicpc SJtifcpung, inbem übereinftimmenb mit £etrn
Prof. ©einifc’ß SRiltpeilung £crr Äarl Kitter b. £auer fanb: Unleßlicpeß 3*2,
Berbrennbareß 21*4, ©ifen 75*4. Saß Bcrbrennbare grcgtentpcilß Äoplenftoff."
$aibinger erinnert an eine Angabe bon Sergeliuß über Äanonen, welcpe in
ber ©egenb bon ©arlßcrona auß einem feit 50 Sapren berfunfenen ©epiffe an ben Sag
gebraept würben, bie gu einem Srittel in einen perefen, grappitdpnlicpen Äbrper ber*
wanbclt waren, ber fiep erpifcte, alß er an bic 2uft fam, fo ba£ fein SSaffcvgepalt alß
Sampf entwiep. ©olcpen Äorpent reipt fiep baß 6otta*6ifen ungegwungen an, wcltpeß
wopl urfprünglicp fepon ein fepr fcpwargeß Kopeifen war, aber burep langeß Siegen in
ber ©rbe fiep in ber genannten Seife beranbert patte. Saß KofifcamGifen unb baß
6otta*6ifen geigen beibe eine ftarfy Sage bon neugebilbetem SJtagneteifenftcin.
©in britteß gunb*6ifen, bon £erm 3- $rabdf bei Äremnifc auf einem gelbe
geftmben, reipt ftep gerabe picr an, boep ift eß niept fo weit borgefcprittcit unb entpdlt
Onlößlicpeß 4*3, Berbrennbareß 15*7, ©ifen 80.
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764
«£)err ^ofratl) Jaibing er berichtet ferner über feine Untcrfwfyungen begüglich einer
großföntigen Meteoreijen*33reccie non Gopiapo. „©ine Äupfertafel enthält 2lbbrücfe bei
pclirten, nicht geäßten, unb bcr polirten unb geauten Schnittflächen. Jafeht biefer 9£rt
merben burd) einen langfatnen s ])roceß galnancplaftifcher 2lbformung gewonnen unb erhei*
fcfjen bal;cr längere 3*it gur Vorbereitung. Sa« Stücf Meteoreifen war non £>crm Sr.
Oöcar Speper in Gaffel an £emt Sirector £örne« eingefanbt worben. 3t tie§
mitten auö bem bicfftcn Jbeilc eine etwa l*/ 2 Sink biete glatte herautifchneiben, fo baß
man eine polirte größte gläd;e gewann. Sic« ift bic günftigftc 2(rt ber Vchanblung gum
«uffchluffc ber natürlichen Vefcbaffentyeit eineö Meteoriten, fei er Stein ober ©fen. $>ier
geigte fich nun eine ©ifengrunbmaffe förnig gufammengefefct, auffallenb auf bcr geästen
Släcfje bie Äbmer in nerfchtebenen helleren unb bunfleren, grauen bi« febwargen Jonen
fich barfteüenb, ein 33ewei«, baß bie 2age berfelben hier in Vegug auf garbe maßgebenb
ift, ba fie unter »ergebenen 58tnfeln wechfelt. Sn biefer ©runbmaffe fmb nun beutiie^e
SSruchftücfe non Meteorfteinen unregelmäßig gerftreut, fcharffantig breiccfige, niereefige
Surchfchnitte gebenb, unter anbent aud; ein Steinf tiefer, anberthalb 3^11 lang unb breit
unb nur 1/4 3oH bic! unb fiep außfeilenb."
„Unter ben cutteren mel;r unb weniger ©fen cnthaltenben, gum reinen Stein*
Metcoriten*33rud;ftücfen finb and; niete Vrutftücfe non Jroüit ober ©nfach^Schwefeleifen.
Sie bi^i Stücfe gufammen wiegen 2 s Pfunb unb 7 2cth Siener ©ewi^t. 2lnalpfc non
4>errn Äarl Sitter n. 4) au er: 64 Sicfcl, 93*0 ©fen. ©ine Maffe non 3 ^funb 6 Soth
war fürglich non ^Profeffor Gl;arlc« 21. Sop in Sew*2)otf unteriutt worben, welche mit
ber l;icfißen niele 2lel;n(itfcit gu haben fc^eint unb 50 engl. Meilen non Gopiapo in
einem Vergpaß in ben 2lnben gefunben würbe. Sa« neu unterfuchte Stüc! war non
Gopiapo birect an Sr. Spei er eingefanbt worben. Sn neuerer 3eit würben bort niele
©ntbeefungen gemacht, übet welche gum £h e ü ©uftan Sofe, fpätcr auch Somepfo
berichtete."
2luch über ba« Meteoreifen non Jula giebt £aibinger Satnd;ten non $erm
Sr. 2luerbach, fo wie non bemfelben über ba« Meteoreifen non Sarepta, al« ©rgän*
gungen gu feinem eigenen früheren Berichte.
£err Sr. Sicharb 2. Malp, 2lffiftent ber ^^pfiolcgic an bcr ©ragcr Uninerfttät,
übergiebt eine 2lrbeit unter bem Jitcl: „Vorläufige Mitteilungen über bie chemifcpe Satur
ber ©allenfarbftoffe". Ser 2lu«gang«punft für bie bafelbft befchriebcnen Verfucpc war ba«
frpftattifirte Ghclepprrhin (Viliphäin). Siefe« nerhält ftch gu SUfalien wie ein 2lmib,
b. h* entwicfelt bamit 2lmmoniaf, währenb ber Seft ftch mit ©nfen gu gelben ober
grünen falgartigen Körpern nereint. ©ntfpretcnb ift bic ©inwirfung non Säuren, non
benen namentlich northeilhaft mit ©ißefftg operirt würbe. Siefer wirft auf eine 2öfung
be« Gbolepprrhin« in Chloroform in gugefchntolgenen Söl;ren bei 100° G. nach 8 — 12
Stunben notlftänbig gerfefcenb ein. 9Dfym hat bann ftatt ber orangen 2öfttng eine prad;tnoll
grüne non Vilinabin. Sei ber Sehanblung eine« folgen Söhreninhalte« mit ffiaffer läßt
ftch nun ba« Vilinerbin trennen, unb einen 3^cU be« Sticfftoffö nom ©holepprrhin'ftnbet
man, ber Satur eine« 2tmibe« entfprecpenb, al« 2(mmoniaf abgefpalten in ber wäfferigen
2öfung.
S>a« Silinerbin ift eine Säure, ba« Cholepprrhin il;r 9tmib (Silinerbinamib), erftere«
gehört bem SBaffer — (entere« bem 2lmmouiaftpp an; ober Silinerbin unb Cf;olepprrhin
nerhalten ftch Äohlenfäurc unb $amftoff.
Semgufolge ejriftirt eine Seihe bilinerbinfaurer Salge: non ihnen ftnb bie SUfali*
nerbinbungen unb baß Vilinerbinammonium in 3öaffer leicht lößlich mit gelbgrüner ober
grüner garte. Man braucht alfo nicht mehr bie Saurocholfäure, um bie Sößlichfeit be«
Vilinerbin« in ber wäfferigen ©alle gu erflären. Sie Verbinbungen mit ben ©rbaßalieit
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fittb in ffiaffer unlcßlidie, flocfige 9iteberfd;läge. Sie Vleiverbinbung ift grün, bie Silber-
verbtnbung bunfelbraun.
©o tote eß gelingt baß 66 olepprrI;in in 23iliveibin ju venvanbeln, fo !ann man
auc$ umgefefyrt auß legerem baß elftere barftellen, nad> einer Üftetfycbe toonacp fiep fo
häufig Slmibe bilben, näntltd; burd? Abgabe von fSöaffer auß ber Ammoniumverbinbung.
9JJan befommt bann toieber bie urfpriinglicben Gpelcpprrpinfrpftalle.
SBirb einer ©emniiificn jugetoiefen.
£err $)rof. Sr. 3elinef, Sirector ber t f. meteorolcgifcpen ©entralanftalt, über-
fenbet eine vorläufige SJlittpeilung über einen am 29. unb 31. SJlarg b. 3. 3 U Valcna
in $£ürfifcp»2Ubanien ftattgepabten ©tplatnmregen nebft einer flehten $Probe ber gefallenen
fcplanunartigen SQtaffe.
£err |>rof. jrel (Sr b mann, ©pef beß 23ureau für bie geolegifcpe Surtpforfcpung
©(ptoebenß ju ©tocfpolm, banft, mit ©cpreiben vom 20. April, für bie btefem Snftitute
betoilligten ©eparatabbrücfe geclogifcpen unb paläontologifcpen Snpaltß auß ben ©Triften
ber ©laffe.
$err $)rof. Sr. g. v. $oep ft etter überreizt eine Abpanblung, baß Voifommen
unb bie vergebenen Abarten von neufeelänbifcpem 9lepprit betrejfenb. Siefeß von ben
(Singebornen fo pccp gefcpäfcte unb gu ffiaffen, äöerfjeugen unb allerlei 3ierrat^en ver¬
arbeitete Mineral !ommt nur an ber äßeftfüfie ber ©übinfel vor, toelcpe baper bei ben
(Singebornen ben 9tamen Sie SBapi $)unamu, b. p. Ort beß ©rünfteinß (9teppritß) ober
©rünfteinlanb füprt. (Sß toirb pauptfäcplicp in gönn von ©efcpieben unb ©ereilen in
glußbetten unb am SDJeereöufer gefunben; inbeß toerben aucp fünfte angegeben, too baß*
felbe anftepenb vorfommen foll, 3 . 23. am Arapaura* (23runner*) gluffe unb am SDJilforb
©ounb auf ben ßontact 3 onen mastiger ©erpentin*©angmaffen. Sie (Singebornen unter-
fcpeiben naep £drte, garbe unb Surd;fcpeinenpeit fepr 3 aplreicpe Varietäten, welche fie mit
eigenen Flamen belegt paben, 3 . 23. tangiivai, faivafatoa, fapurangi, pinanga, aotea.
Amp 3 ufauintengefe^te tarnen fornmen vor, toie pinanga-f cre, pinanga-reiva u. ). to.
3 m 'Allgemeinen laffen fiep unter biefen 2 lbarten 3 toei ©rappen unterfd;eiben:
A. intenftv grün (lau<pgrün bie perrfepenbe garbe) gefärbte Varietäten, mepr ober
toeniger burepfepeinenb, von geringerer £>ärte (5 — 6 ) unb von f(puppig*fcpiefriger
©tractur;
B. bla£ griinlicp gefärbte, inild;ig trübe unb nur toenig burepfepeinenbe Varietäten von
größerer £>ärte (6—7), biept, opne jebe Spur von fepiefriger ©Iructur.
Sie 3 toeite ©rappe B enthalt bie toeniger toertpvoUen Abarten, bie mit Samourß
„jade blanc“ auß bem Orient übereinftimmen unb naep ©ipeerer’ß Analpfc eineß neu-
feelänbif^eit $)unamu auep in iprer 3 ufammenfefcung ber gorntel von „jade blanc“ RS
mit bem ©auerftoffverpältnifj 1 : 2 entfpre(pen bürften unb bemnaep 3 ur gamtlie beß
Amppibolß 3 U ftellen toären.
Sie ©rappe A bagegen ftimmt niept, toie vermutet tourbe, mit Samourß „jade
vert“ ober Jadeite auß (Spina, ber eine Sippr-äpnliepe 3ufammenfcfeung naep ber gor-
mel 3 (Na, Ca, Mg, Fe) —|— 2 Ä1 —|— 9 S i pat. Sie Unterfuepung von 3 »ei außge 3 eid>-
neten ©tücfen ber Varietäten tangiwai unb fatoafatoa führte 3 U folgenben fepr abweiepen*
ben Stefultaten: •
a) tangiivai, burepfepeinenb, mit fcpuppig*blätteriger ©tvuetur; £ärte in verfepiebenen
Sfiicptungen verfepieben = 4 — 6, fpee.©ew. = 2.61, vor bem ?btf;rol;r unft^melßbar;
b) faiva faiva, nur an ben Äanten burd;fd;einenb, fcfyuppig-blatterige ©tractur, ^)ärte
5.5 — 7, fpec. ©eto. = 3.02; f^mil 3 t vor bem Wtljrotyr, toietoo^l ferner.
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Sie im Moratorium beö $>emt Sr. b. geling in Stuttgart angeführten
änalpfen führen, rnenn man überhaupt annehmen barf, ba§ folc^e nicht frpftalliftrte
^Mineralien nach beftimmten SSerbältniffen gitfantmengefept ftnb, auf He gormeln:
a) Al* Si* -f 11 (Mg, Ca, Fe, K) Si + H
b) Äi*Si* -f 5 (Mg, Fe, k) Si -J- H
ober, trenn man gur Berechnung ber änalpfen bie &l;eorie bom polpmeren 3fontorphi$*
muö anmeubet, übereinftimmenb auf bie einfachere allgemeine gormel: R* Si* mit bem
Sauerftoffberl;ältniß 1 : 3, rnie e3 ftch beim Weerfchaum unb Specfftein finbet.
jöirb einer ©omntiffion gugetoiefen.
$)rof. b. £od) ft etter übergiebt fobann im Mauten be$ fcnigl. mürttemb. Motarö
£errn 6. ©runer, ©efchäftaführerö für ba$ Äeppler’Senfmal in SBeil ber Stabt, ber
faif. Slfabemie eine ^l;otogvapl;ie beö 9)iobell$ biefeö Senfmals, meines bom Äunftfchul*
birector Äreling in Nürnberg angeführt mürbe.
£err ?)rof. 6. Subrnig übergiebt eine 3lbl;anblung bon £erm Sr. £h* 2eher,
betitelt: „änatomifche Unterfuchungen über bie 33tutgefäße beö menf<hli<h*n äugeö."
Sr. Sh* 2eher hat nach ber bon 9>rof. ©. Submtg angegebenen Sitjedionö-
mcthobe baß Blutgefäfcfpftem be$ 2luge$ einer nochmaligen Unterfuchung untergogen unb
ift habet gu folgenben neuen SRefultaten gefomnten: Sn ber ©horioibea finbet fein unmit*
telbarer Uebergang bon Arterien in SSenen ftatt, überall ift er burch Kapillaren bermittelt.
Sie furgen ©iliararterien besorgen nur bie eigentliche ©horioibea; fte erhalten an ihrem
borberen ©nbe SSerftärfungen burch riefte ber borberen ©iliargefäfje, welche nach rucftHrctS
ftd; theilö im borberften äbfdjnitte ber (5f;orioibea gu Kapillaren auflofen, theilß mit ben
borberen ©nben ber furzen ©iliaravterien bie etmähnten Berbinbungen eingehen. Sie furgen
©iliararterien fonnen alfo uur burch biefe änaftomofe Blut gu bem ©iliarförper ober ber
3 ri$ gelangen laffett.
Sie meiften ber im platten SS^etl ber ©iliarfortfäfce berlaufenben parallelen ©efäße,
toelche man bisher für ärterien ^ielt, ftnb Benen, bie ftch au$ ben ©iliarfertfäfcen unb
ber Sriö gu ben Borticeö ^infhreefen. Sie ©iliarfortfifce erhalten ihr Blut au$ bem
Circulus arteriosus iridis major; if;re ärterien müffett bat;er fammtlich ben ßiliar*
muSfel burebfefcon, um gu ihnen gu gelangen; bie Benen berfelben berlaufen bagegen auf
ber inneren Oberfläche ber gortfäpe, fte gelangen erft am toteren Manbe be3 ©tliannnfete
gur äußeren Seite ber ©horioibea. Saö meifte Bcnenblut au$ bem ©iliarförper unb ber
3ri$ entleert ftch burch t>ie Borte;rgefäße nach außen. ©in fleinerer 3:I)etI fließt au3
bem ©iliarmuöfel ab burch eine 9lngal;l feiner Benen, mel^e ähnlich toie bie borberen
©iliararterien gur Sclera Eintreten.
Ser fogenannte Schlemnvfchc .Kanal ift, toie fchon bon Mouget behauptet mürbe,
ein Benenplejru$. Serfelbc beftel;t auö einer großen ängaljl feiner, biept neben einanber
liegenber unb bielfach anaftomoftrenber Benen, welche circular in ber innerften, gleich
nach außen bom änfapc beö ©iliarmu3fel$ liegenben Seichte ber Sclera berlaufen.
Siefeö circulare Benengeflecht nimmt bie oben ermahnten aus bem ©iliarmuöfel auö*
tretenben Benen auf unb t;angt burd; gahlreiche, nach außen gel;enbe äefte mit bem
epifcleralen Benennefce gufammen.
äußer ben größeren unb Heineren Bortcjcbenen, bie im Slequator bie Sclera burch*
bc(;ren, fenbet bie ©h oriP ^ ea feine SSenett nach außen; bie furgen ©iliarbenen berforgen
nur bie Sclera unb bie al$ lange ©iliarbenen betriebenen ©efäße ftnb nichts al$
früt;er mangelhaft beobachtete Suflüffe gnm Sporte?:, ^iur an ber ©inh*itt$ftelle be«
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767
Sel;nerDen anaftomofiren bie SScnen ber Gt;orioibea burch feine Slefte mit benen ber
SehnerDenfcheibe unb burch biefe mit benen ber Sclera.
Slm £ornhautranbe hängen bie ©efdße bev Sinbel;aut mit benen ber Sclera baburch
innig gufammen,. baß bie Slrterien nnb Svenen ber lederen im SlnnuluS conjunctioe
©efdßfchlingen rücfwdrtS in bie Sinbehaut abgeben, welche mit ben peripheren ©efdßen
berfelben anaftomoftren; aus beut Derberen Staube biefer Solingen unb auch birect Don
ben Giliargefdßen entfielt baS ben £>ornf;autranb übergreifenbe, in ber Sinbet;aut gele*
gene Statthfchlingennefc.
Sei normalen Slugen mürben in bev Sinbel;aut ber Hornhaut niemals ©efdße
beobachtet. 3Bo biefelben Dorfommeu, waren in ber Hornhaut immer pat^ologif^e Ser*
änberungen nachguweifen.
£err Sr. Sluguft Sogl legt Dor: ^)l;ptol;iftologifd;e Seitrdge.
I. Äantala. Sie unter biefem kanten in ben testen Sauren in (Europa als
2lntf;elmint^icum eingeführte Srogue, welche ben Uebergug ber grüd^te einer im tropi*
fdjeu 9lften, 9lfrica unb 5luftraiien einheimiid;en baumartigen Guphorbiacee (Rottlera
tinctoria Roxb.) barftellt, geigt ftch, unter bem Wifroffope betrachtet, größtenteils
gufammengefefct aus fogenannten Sritfen unb paaren. Sie elfteren ftnb dußerft flein,
meift braunrotl; Den garbe, haben, bie ©eftalt eiltet SturbanS unb geigen gwei glasen,
wooon bie obere mehr ober weniger ftart gewölbt ift, wdf;renb bie untere abgeflacht unb
in ber Witte nabelförmig eingegogen evfeheint. Seibe glasen gehen mit einem abgerun*
beten, im Umfange elliptifchen, oralen, ftumpfbreieefigen ober freiSrunben Stanbe in ein*
anber über. Sie näl;ere ntifrcffopifche Unterfuchung let;rt, baß jebe Srüfe aus einer
berben $>üfle befielt, welche eine Derf(hiebene Slngahl fadenförmiger, gu einer Stofette
ober einem Äöpfchen Dereinigter* 3ellen umfließt, bie in einer ftructurlofen Waffe ein¬
gebettet liegen. Sie $ültmembran ift braun gefärbt, berb; burch Sel;anblung mit Sllto*
hol, Sengin, Glorofotnt k. wirb fte aber farblos, bünn; Dotlfommen ift fie nur in
Ghtomfdure löslich- Sarnach fcheint fte wefentlid; aus Gutin gu befielen, baS mit einer
hargigen Subftang infiltrirt ift. Sn Segug auf bie Don if;r eingefcbloffenen 3eDchen ift
fte als Guticula aufgufaffen. Sie firucturlcfe Waffe, welche innerhalb ber £üUmembran
gwifchen ben 3^d;en fich abgelagert finbet, ift in Sllfohol,. 3Ictb;er f dtherifchen £)elen unb
Sengin mit gelber, in Slefcfalt mit braunrother garbe löslich, gehört bemnacb h^d;ft
waf;rfcheinlich in bie ©ruppe ber h ar 5^Ö en garbftoffe, unb ftetlt l;^ er eine SnterceUular*
fubftang bar, welche it;re ßntftel;ung wahrfcheinlich bet Serflüffigung unb Umwanblung
ber gahlreichen, bei ber Silbung beS 3eüen!öpfchenS entfallenben Wuttergellhänte Derbanft.
3Ba$ bie 3ell^en anbelangt, fo befi^en fte urfprünglich eine bie Getlulofereaction gebenbe
Wembran; biefelbe ift aber mit einem l;argartigen Stoffe infiltrirt unb Derwanbelt ftch
fchließlich in einen folchen, ber mit ber erwähnten Sntercellutarfubftang Dollfommen über»
einftimmt. Ser 3nT;alt ber Seligen ift anfangs eine baS Sic^t ftart brechenbe, in 9teft-
tali leicht, in 9l(fof;ol fd;wieriger löfliche glüfftgteit, weld;e, gu einem äöanbbelege ber
3eHd)en erftarrenb, in bie Subftang ber Derhargten 3ettwanb, refp. ber SnterceUularfub*
ftang übergeht, wobei gleichgeitig bie Witte ber 3dlchen mit 2uft gefüllt wirb. Sille
Grfcheinungen beuten barauf t;in, baß bet ben Äantalabrüfen ein Don außen nach innen
fortfehreitenber SeSorganifationSproceß, ber wefentlich in einer £argmetamorphofe Don
3etlmembranen befte^t, ftattfinbet.
Sie £aaie ftnb tl;eil8 einfad;, ein» ober mehrgellig, tl;eilS in Süfd;eln Dereinigt,
unb meiftenS mit einer ber SnterceUuiarfubftang ber Stufen analogen Subftang ober mit
Öuft gefüllt.
SJitb einer Gomntiffion gugewiefen.
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2)r. £. geitgeb übergiebt eine SlHjanbhing über f; bie guftourjefa ber
Orchibeen*\
£aS, bie guftwuqeln tropifd;er Orcbibeen nach außen begren^enbe, Don ©ch leiben
mit bem 9 lauten M 5 öurgef^üüe" begeici^netc 3ellgewebe ift Weber ber, wie ©chletben
nnb 61 ; a litt meinen, über ber 6pibermi8 gelegene, noch, wie ©chacht* unb Dube*
manS behaupten, ber äußere Streit ber primären Stinbe unb als foldjer uon ber 6pi*
berntiS bebeeft; fonbern eine 3ellenbilbuitg in ber 6piberntiS. 2)ie 358ur3eI^üHe entwicfelt
jicb nicht au8 einem fchon oorn Urparentebpme beS SegetationSfegelS aus unter ber 6pi*
berntiS gelegenen 3 etlgewebe, fonbern erft fpatcr unmittelbar au8 ber lederen burch
Steilung ihrer 3cüen, wobei alfo bie 6piberntiS als folch e 3U fein aufhört.
68 ift bem3ufolge bie außerfte an ber Oberfläche (einer au8 mehreren 3 eDfchichten
beftef;enben SBu^elhülle) gelegene 3eüfc^ie^te nid;t bie 6pibermi8, fonbern fte ift il;rer
6ntfteljung nach mit «Hon übrigen Schichten gleichwertig an3ufel;en. ®ie 3eUen
biefer ©Richte fonnen bei allen ^flansen 3U Söuqelhaaren anwachfen, bie jeboch ofterd
erft bann entfielen, wenn ftch bie äßuqeln an frembe Äorper anlegen. 2)ie £aare ftnb
öfters oer3weigt unb oerfchiebenartig oerbieft unb laffen ftch bet bielen ^flan3en in fpiralige
Sänber abroflen.
Sn feber SBu^elhütle ftnb oiele 3 clten im SlUer bur<hlö<heit. 68 fann bie8 in
Dielen galten fchon auf anatomifchem 2öege nachgewiefen werben, wirb aber immer burth
Snjection mit ungelbsten garbftoffen unb burch anberweitige 6rfd;ehtungen beftätigt.
5 £>ie unter ber SBurjelhüOe gelegene, oon OubemanS „©nbobermiS" benannt. 6
3 eUenfchichte fann nach ber 6ntwictfung8gefcbichte nicht at8 6pibermi8 angefehen werben
68 finben ftch an il;r auch nie (Spaltöffnungen; wo man folche 3U fehen meint, beruh
bie 6rfd;eittung auf einer burch ^ eu Schnitt hergebrachten $äufd;ung. Sie 6ttbober
mi8 ift bei ben guftrourjeln alter Ord;ibeen Dorl;anben unb liegt nie an ber Oberfläche,
©ie befielt immer au8 gweierlci 2trten uon 3ctlcn, nämlich auS längeren unb wenigftenS
an ihren äußeren SBänben oerbieften unb au8 fixeren immer bünnwattbigen. geltere
beftpen immer einen auffallend großen 3ctltern; bie if;nen attliegenben, ben 3cDen ber
3öur3dhülle angef;brigen 3cH^änbe ftnb rneift in anberer äöeiie oerbieft, al8 jene, bie
über ben längeren 6nbobermi83etlen gelegen finb. Sei wenigreihigen SBurgelhütlen finbet
man übet ihnen eine ©ruppe abweichenb geformter 3 ?Uen, bie man al8 „©eefjeHen“
be3eichtten fann.
£)a8 SHinbenparen^pm, ber SerbicfungSring unb ba8 üftarf h a & en in ber 33 er*
bicfungSweife ihrer 3ellen gewiffe 6igenthümlichfeiten, welche wir bei ben guftwuqeln oon
Spangen anberer gamilien nid;t fittben.
2)ie guftwui*3eln oieler ?lroibeen befreit ebenfalls eine SBu^elhülle, bie fowohl im
Saue als auch in ber 6ntwicflung gan3 mit ber, wie fte bei ben Ot^ibeen angetToffen
wirb, übereinftimmt. 2)en guftwur3eln ber 6acteen hingegen fehlt eine SBtn^elhüUe.
fflirb einer 6ommiffion 3ugewiefen.
golgenbe 2lbf;anblungen werbeu 3ur Slufnahme in bie ©ifcungSberichte beftimmt:
a. „lieber ba6 Serhalten oon ©ejrtringummi gegen ^ühneretweiS 11 , oon #ertn
9 t. ©ttnSberg. (Scrgelegt in ber ©ifcung am 14 . 2 lpril 1864 .)
b. „9Jiittheilungen über bie felbftftänbigcn Sewegungen embryonaler 3 etlen", oon
£err 2 >r. S. ©triefer. (Sorgelegt in ber ©ipung am 28 . Slpril 1864 .)
c. „lieber den Sau beS menfd;(idH'n unb thierifeben ^aarbalgeS", oon $errn
5 >r. ©. Berthe im. (Sorgelegt itt ber ©ipung am 28 . 2 lpril 1864 .)
anttttrtiutpr m&artnur «r. toopol* «nufcmt Icrk* ütmr Jittung.
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Stomas (Sfccnborfer als ©ejdMditäidjreibcr,
23on S>r. ^ftnridf Srtsberg.
Wicht lange noch nnb eS wirb bie alma niatcr nuferer ©labt ibr jdwiifie?
Heft begeben nnb aus bem Wiunbe oieler treuer ©d)üler, herbeigeftromt oon fern
unb na^ bie beften SSünfcbc entgegennebmen. Gin folcbeS Heft Tebjrt nicht oft
roieber; ein ^atbeö 3al;rtauienb wirb vergeben, bis fie abermals, baS it'ünfdjen
wir Den ganzem bergen, bieten Gbrentag wirb begeben tonnen. Sa ift eS benn
gut, aud) in weiteren .Streiten bie Shciluahme für biefeS Heft gu weefen unb an
©eftalten gu erinnern, bie cinft in ben Sagen ihrer Bugenb eine Bierbe ber
Söiener .dodiidutle waren. 3d) nenne hier einen wol;lbefannten Warnen, SbomaS
Gbenborfer, ben als Sbeologc aus ber ('cnciliengeicbidjte bes 15. 3af}rt)un=
bertS jeber fennt, ber aber oieÖ eicht weniger auf bem Oiebiete geläufig ift, auf
bem wir ihm hier felgen wellen, auf bem ber ©cidnebte. Unb bennoch ift gerabe
fein ^auptwerf auf biefern ©ebiete aller 2?ead;tung wertb, unb eine neue, fritiieb
geläuterte Ausgabe besfelben wäre eine ber fehönften ©aben gu jenem Hefte. 23e*
trachten wir fein Leben unb biefe öefdjidbte.
31 ni Sage beS b c *l- Laurentius 1387 erblicfte gu dpatelDacf?, cinft ein
©tättcbeii, fegt ein H'lccfen Unter=DefterrcidiS, ein äfnabe baS Lid;t ber SBeft,
ber an bemfclben Sage in ber Äirdje gu epoflabrunit in ber Saufe ben Manien
Sbomas empfing. Gs war bieS itnfer SbcmaS Gbenborfer. 5118 gelegen am
3lbbange eines 33ergeS, in einem Den SBäc^ett burcbfdjnitteueu, mit ©ärten, 3'3eiu=
bergen unb Dbftbäumcn reichlich ausgegierten Shale fdiilbcrte nadunalS ber Wianu
biefen erften Summelglag finblictjer Hreubeit. epiegu tarnen noch l;iftoiiid;c Gr=>
innerungen, bie früh au baS Sbr be§ Änaben feblugen, unb obgwar bie biftorifdie
Äritif gar mand^S an ihnen auägufegen fänbe, bienten fie boeb gnnäcbft bagu,
©inn für bie ©efdjidjtc, gutnal feines bcifelJt'liebtcn SßaterlanbeS, in feiner jungen
©eele gu erweefen, nnb eben barunt finb fie auch für uns nicht ohne alles 3n=
tereffe. Sa teilte .pafelbacb, fein ftifles, trautes ©täbtd;en, Der 800 Bafven, lange,
lange beoor ber gefürchtete .spunnenfonig 3ltti(a in ber ©egenb hauste, eine Wolle
geipielt haben. 3luf bem Serge, an ben ficb baS ©täbtehen fdjmiegte, ftanb eine
alte, längft ecrfallene Gazelle; aber ein ft war fie eine 'Pfarre, welche ber Grg=
bifebof Den Lord) reid;lich begabte, wie Gbenborfer felbft aus einer Urfunbe
erfahr bie' ib m al8 Änaben in bie .vjänbe taut. Unb wie tief unb anbauernb biefe
Ginbrücfe auf ihn waren geigt io recht ber llmftanb, baj; Gbenborfer nachmals
ein DerlorengegangeneS SBergeichnijj ber Server Grgbifchöfe unb 33ifd)öfc anlegte
®»$*n'd)tift. 1864. Sank HL , 49
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770
unb babutd) bic Sitteratur bicfcr, befanntlid; ouS gälfd;ungen ^eranjjewa^fenen
(Streitfrage, einte eS ju miffen, um eine ttuf)i'Ibe Slrbeit bereicherte. Slud) fonft
wei§ er een biefer Gapellc wobl wunberlid)cS ju erjagen, wobei il;m bie (5rjäf)=
lungen etrteS Imnbertjä^ngett Dl;eim 8 gar wot)l ju ftatten lamen. Oft fletterte ber
Änabe über bie ©teilte mtb 2Mccfe, bie als lefjte Jritmmct einer längft cerfallenen
„heibnifeben" 35nrg übet jenen «£>ügel auSgeftrcut lagen, unb bie [Reinheit ber Suft
ober bet Stebel, welket Wie ein @cf)teier bic gel;eimn ifjoelten Ueberrefte einer Seit,
bie gewefen, bebeefte, gaben i^m 311 allerfei meteorologifchen Vemcrfungen ben Sin»
ftofj, über bie wir freilid; eines Säd;elnS ttttS fdiwer erwehren. „Ginft fjatte", fagt
er, ,,£)afelbad) jur Äammer bcS gürften unmittelbar geftanben; jener SCRarfgraf
Seopotb aber, ber Älefter fRcuburg ftiftete, wieS eS biejer feiner 8 ieblingSfd)öpfung
31 t". $ftodj 31 t GbenborferS Sngent^eit lebte bafelbft mand; angelegene gamilie•
„je^t freilid)", flagt er um 14G2, „hat fie in ben ©türmen be§ 23atcrlanbc8 alle
ber Job l)inwcggerafft; frembe, arme Seute feilen jeUt ba§ Sanb beweinen". Unb
Gbenbotfer fclbft Ijeitte einer nietjt uttattgcfel;ettcu gamilie angehört; einige feiner
Scherten waren im Äampfe gegen Söcla, ben Äönig ber Ungarn Iben wieoielten?),
gefallen. 2 km ben fP a r a tt, beren 2 lf)nl;ert ber ©age ttad; ben ftreitbaren griebrid;
3 U ben Grpteffungen wiber bie SBiener 23ürger oermed;te, faf) Gbenborfer ben
lejjten ©pröjjling in feinem Geburtsorte. Sßie bic Vergangenheit, wirfte aud) bie
Gegenwart auf ben Änaben, weniger in ihrer impofanten SlHgewalt, als butth
Heine 5Dtijjgefd;icfc, bie 3 unäd;ft baS Stäbtdjen tiefer empfaitb alä baS allgemeine
Seiben bcS SSaterlanbeS, hoffen Veroufjtfein fid; bei Gbenborfer in fernen fpäteren
SebenSjahten bis 31 t einet nicht gcrabc heiteren SebenSanfidfjt entwicfelte. VefeitberS
waren e 8 neben ben Uneinigfciten in bem in Sinien getl;eilten ^errftftenbeu
£aufe, bie Ginfälle ungarifd;er unb mäf;riid;er (Raubritter in baS ungefd;ü£tc Sanb,
bie 3 ulejjt eine eingreifenbere ÜJiafjnahmc unanffthiebbar machten. Gbenberfcr weih
felbft een folgen gauftrittern mandjerlei 31 t ersä^Ien; bcfeitberä gebenft er jenes
„(Dürrerteufet" oDet „Sucfenfchaibt", wie mau beit cpeiitrid; een Äunftatt nannte,
ber auf feiner 23urg 31 t Snairn bem Singriffe 3llbred;tS IV. trotte, unb jenes
©edel, welker Saa im 3af;re 1407 überfiel unb gegen ben 3 uerft .per 3 og Sco»
polb in eigener Werfen auSgog, bann 23ertf)olb, ber 33ifd>ef ton greifingen, mit
geringem Grfotgc ftritt. 5)er Slnblicf beS tobeSfranfen SanbcSl;crm -2llbred>t, ben
man ton jenem unglücfli^en Snge gegen Snaim vergiftet burd) epajelbad; trug,
unb bie 28orte, bie ber $et 3 og an bie Umftcfjcnbcn richtete, in banger Slhnung
ber fchlimmcn Seiten, bie jc$t über baS Sanb hfteinbrechen würben, prägten fid),
obwohl ton bem Ä'naben nur h«l& begriffen, bauernb in feine ©eele. Sllö bie
©paaren unter bem SBifdjofe ton greifingen herangegen um ©ocfel in Saa ein»
jufdhlichen, unb eine Slbtljeilung ©teiermärfer in $afelbadj felbft übentad;tete, trieb
ihn bie (Rcugicrbe mit mehreren StlterSgcncffen in baS Säger, um bie Raufen 3 U
fehen unb ihre (Rüfhtngcn anguftaunen. GS waren bieS gleidifam 23rucf)ftücfe ber
Geichichte feiner Seit, bie einen regen, mit b'ftorifdjcm ©ittne begabten ÜRonfcf)cn
Ici^t über bicfclben l;inauS treiben mod;ten, baS eben nur als S3rud;ftücf Gefelgte
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in feinem innigen 3»fantmenfjangc mit bem ©nnjen gu begreifen. 2luch baS, wa 8
ich bisher oon 6 benborfer 8 3ugenb fpradE), ift niefjt mehr als ein Sruchftüd unb
cS mag habet fein Scwenbcn baten, ©eilte hoch nicht eine SebcnSgcfchichte beö
9)tanne8 gebeten, fenbern nur ber Urfprung gewiffer, fpäter gu berührenber 6 t*
f^einungen glcid;fam pfpchologifd; bereits b* et angebeutet werben, ©af} burch folc^e
©inbrüdc neben wahrhaft bcbeuteitben auch eine 9)ienge .'ptftörchen, unb mit biefen
leid;t eben io oiele SBorurt^eite [ich feiner bemächtigen fonnten, bah unter folgen
Serljältniffen auch eine heitere ScbenSanfchauung nicht fo red)t burd;btingen tonnte,
ohne bah rin ergreifenbet ©ruft, wie wir benfelben an fo manchen füieifterwcrfen
ber hiftorifchen Äutift bewunbern, unS bafftt entfd^äbiget, ift wohl fcf>on nach fol*
djen Vorgängen ju erwarten.
©ie Silbung, welche er empfing, war entfliehen thcologifch unb barum für
unfern 3wecf oon minbeter Sebeutung. 6 r würbe ©octor ber Sheologie gu Sien
unb lehrte aud; felbft an ber hieftgen Unioerfität biefe Siffenfdhaft. 3n ber be*
fannten angiehenben ©djilbcrung ber ©tabt Sien, welche SleneaS ©ploiuS am 5Än»
fange feiner ScbcnSbcfd;reibung griebridjS III. giebt, nennt er unter anberen SRän*
nern, bic bamalS an ber theelogifchen gacultät ber £)o<hfd)ule Sien lehrten, auch
ben Sh om aä apafeIbach- 9ti<ht ohne ben für ben gciftoollen Staliener fo bezieh*
nenben t’eifsenben Sijj fagt er oon ihm: „68 ift jefct auch &h- -£>afelba<h bort, ein
nicht unberübniter Selfrcr, ber, wie man fagt, eine nicht gang unebene ©efr^idjte
fchreibt. 3d) würbe feine 3lrt 31 t lehren loben, wenn et nicht 3 Wei unb gwangig
Saljre über baS erfte Sapitel beö 3 faia 8 geiefen hätte unb noch immer nicht
bamit fertig geworben wäre." ©Icichwohl erlangte er in Äurgem einen foldjen
SRuf, bah ihn fein 8 anbeSherr, ber nachmalige Äaifet Sllbrecht II. im Flamen bet
Unioerfität auf baS SaSlcr Soncil fanbte, auf bem er — wie er felbft fagt —
brei 3al;re anwefenb war unb Gelegenheit fanb, ben reichften ©toff für fein
hiftorifd;c 8 Unternehmen gu fammeln. 6 r würbe hernach SanonicuS 3 U @t.
©teph«n unb ^pofcapcllatt, Pfarrer 31 t $>erd)tolb 8 * ober s PcterSborf, unb ftarb 1464.
Stuf feinen Steifen, nach Safel, fPrag, ja felbft nach Slom unb Steapel, bot ftd> ihm
eine Sülle oon Slnfchaumtgeit, bie er in feinem Suche, wir müffen ihm bafüt
bauten, unb, wofür wir ihm fdjwerlich bauten, in feiner Seife oerwerthet hat.
©a 8 in fünf Sied;ent üerfahte „chronicon austriacum“ ift nicht 6 ben»
borferS ein 3 ige 8 hiftorifd;e 8 Ser!, allein e 8 ift ba 8 bis je^t einige im ©rud er*
fd;ienene. ©a8 Shronicon verfällt, ba c8 oon ben älteften bis auf feine Seiten
läuft, naturgemäh in 3 Wci grohe Steile, für welche ber Prolog beS oierten SucheS
bie nicht all 3 u fcharf 31 t 3 iehenbe ©tenge bilben bürfte.
©er Serfaffer bemerft bereits in ber Sortebe, bah fei« Such in ben Sacan*
gen entftanben unb gunächft auf Selehrung ber „kleinen" (parvulorum) gerietet
fei, wobei man faum Slnftanb nehmen bürfte unter ber freilich giemltch feltfamen
Segcid)nung „bic ftubirenbe Sugenb", gunädjft wohl ber .fpechfchule 3 U oerftehen.
©ieS unb bic Siebe 3 U feinem Saterlanbe habe ihn angetrieben eine ©reichte beS
-£>ergog thnmeS ©efterreid) gu liefern, welche er in brei Süchern anlcgcn wolle. ©aS
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erfte, ron ^)eg ittdjt abgebrucfte Bud) foflte bie Itrgejcbichtc beb fanbeb gur Seit
bcr .©eiben unb Hubert Begreifen, bab gweitc reit bem Beginne unterer 3eitrech=
nung bis gur Beit, a(ö bab l;abebitrgifd^c .©aub in ben Beftf Scftcrreicbb fam;
bab britte Bud) aber fcflte bis in feine ©egenwart reichen. Siefen ©ang f)ie(t
©benborfer auch ein, unb gwar jo äugftlid), bafg er am 'Schluffe beb gweiten
Budieb ben uatürlidjcn ftlufi ber ©rgäblnng unterbricht, unb mit ber Slntwort auf
einen non tDttofar an 9tnbclf gerichteten, am Sd)luffc beb gweiten Buche» er=
wähnten 'Brief bab britte eröffnet, (üb gelang ihm, bab SBerf in bem gangen,
urfprünglich Beal'fidjtigten Umfange gu rcKeitbett, unb ba er — nach feinem ^Manc
— mit bem Sd)luffe beb brüten Bud'eb bis auf feine Beit gefommen war, fonnte
er nod) eilt rierteb baran reifen, in bem er fidb guitt Bcrfa£ machte, bie Stcgie*
rttng beb naebgebornett Sabiöla» gu frfjitbern. (üben btefet Umftanb ift eine fd)ta»
genbe SRcchtfertigung ber früher angebeuteten, burd) ben Anfang beb vierten Budjeb
fi«h barbietenben ©liebernng beb SBerfeb. Vabielar ftarb gn früh l »'b ©benbor*
ferb Sarftellung ift bis gu befielt iJobc gu bürftig, alb baf, mab-unter anberen
Utnftänben wohl bab natürlidiftc getreten wäre, ©benborfer mit biefem Greigniffc
fein viertes Saud) ahfchlieften fonnte. Ser Sdjlufc bicfeS Bucbeb tritt vielmehr itt
bem 3af)re 1462 gang äufierlid) ein, itttb nur ber Umftanb, baf, bab Bad) eine
unrerhültnifimäfjige tHuebebnung gu befemmeit brobte, brängte il;tt gttm Slbfchlnffe,
woran er itcch Bemerfungen über feine eigene 3ngeub fnüpftc.
©benborfer felbft begrünbet ben Sin fang beb fünften Budjeb mit ber Berner*
fung, ben Scfer nicht burd; Bufamntenfaffung fo vieler Seiben in ein Buch ermüben
gu wollen. Bubent er fidt in biefem fünften Buche gunäd;ft blofs bie Slufgabe
ftedte, bab im Sa^re 1463 Geid)ebene barguftdlen unb mit bem 2. Secentber
1463 abjcblicfü, bat er auch biefe feine Slbficbt rotlfontmett erreicht unb eb war
ihm fonad; gegönnt, bie ©reigniffc bis hart an feinett Stob gu fd)ilbertt.
Unb welches waren bie Sttcllen feine» SSerfeb?
©benborfer rerfänmte ntcl;t bie Gelegenheit, bie fid; il;m auf feinen Steifen
jo häufig barbot, Grfunbigungen cingugieben. 3n Bnaint erfahrt er nachträglich
ron bem Bürgermeister beb Stäbfcbcnb, weldicö Slufieben bet ben Bürgern bie
ftattlidgen Raufen machten, bie ber .©ergog Sllbredü über bie Stauer »©ehe hcrun»
ter führte. Bon einem Sicentiaten in ber Rheologie, bcr feiner Seit «amitlus
beb {^geglichen Seibargteb war, hat ©beitborfer wahrfcheiulicf) währenb feiner cigc*
nett Stubicngcit bab hefnnnte Slnefbetdjen ron bem ©unbe unb bem Sörnen beb
©ergegb SBtlbclm, bie ron bcr Bal;re beb rerftorbencn »©errn nicht widmen unb
fid) allen ysutterS enthielten, ©benborfer bat Ginnt gefpred;en, ber alb Bufchauet
gugegen war, alb ber Bürgermeifier ber Stabt, Äonrab Borlauff, feinen '51 inte*
genoffnt alb ein Borläufer auch > m 2cbc rcranging. Sind) bei ©elegeuheit ron
VabiblauS’ Geburt begielit er fid) gttm Grweifc feiner Biccbtmäfdgfeit auf bie ?(uc=
fage eiueb '3)ienfd;en, ber gewifj in bem .©aufc beb Äöuig» Sübrecbt II. gientlid;
befannt war. Bei ber ©rgäl;Iung ron Sabiblar .©uitt)abt)’b .©inriebtung unb ber
©rünbe, bie gu bcrjclbctt rorlagcn, folgt ©benborfer theilb bcr „cclebris fama“,
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beit (aitbläufigcti ©erüchten, tf)cil§ bern Berichte — tute er tagt — Wabrhettglie*
benbet 9Jfänner. Bon ^>rag au® läf;t fidb Ebenborfer belehren über beit. 2 ob be®
Äöntg® Labiglav uttb über bett unbeilfünbcnben Kometen, ber ju biefer Beit bajelbft
bie ©emittier mit Bangigfeit erfüllte. Bei ber Belagerung üfijien® 1403 mar
Ebenborfer, wie er felbft berietet, nid)t in ber Stabt anwefenb; ihn tjtelt „bte
Sorge ber ihm anoertrauten beerbe" ferne; gleid;iool;l hat er and) bafür genaue
Erfunbigungen eingezogen, wie er benn Einen ipvacb, ber eine Äuge!, bie au® bem
Lager in bie Stabt gefd)leubert worben, anffattb.
Sie angezogenen Stellen beziehen fid) nun freilid; nur auf ganz fpecielle,
jum Steile anefbotenüf;nlicbe 3 üge, aber gewiß reicht bie SÖfengc ber au® folgen
30iittl)eilungett gefcf>cpfteit Erzählungen gewöhnlich weit über bie beionbere Stelle
hinaus, für welche Ebenborfer nit® feine ©ewähvömäuuer nennt. Sßeitau® mich*
tiger finb aber bie Stellen, in weld;eit Ebenborfer fid) Augenzeugen, ober feine
©emäbruhaft eine „oculata fides* nennt. Saß er beit jperzog Albrecbt IV. al®
Änabe gefehen, Würbe bereit® Eingang® erwähnt. SBenit nun Ebenborfer vernicht,
eine Scfjilberung von beffeit ©eftalt 31 t geben, fo feheint liiebei bie Erinnerung an
beit freilid) f che 11 bem 2obe naben, an bem Entwürfe menigften® mitgewirft zu
haben. Auch bie allerlei Schnißarbeiteu für 2ifchd)en, Sd)emmel uub fötufifinftru*
mente, bie ber Herzog in müßigen Stunbeit verfertigte, lottnte er felbft befeben.
epimmelöerfd)eimmgeit, bie er felbft geiebcit, verfäumte er nicht, auf ba§ Umftänb*
liebfte zu berichten, fo wie bie ©etreibepreife unb bie greife ber Lebensrnittel in
feueren Jahren, Angaben, für weld;e ihm ein fünftiger Aorfcher ber allgemeinen
focialen unb itationaUöfonemifchen Buftänbe be® bamaligen Defterreicb gewiß febr
banfbar fein wirb. 2 )a 8 llugemacb, welche® Defterreid; i^on in feiner Äinbheit
bureb Einfälle au® Ungarn unb üftähren erlitten, muhte Ebenborfer noch einmal,
1448, empfinben. Sazu famen auch innere gehben, wie bie eine® gewiffen Ar*
berger, beffeit Burg 9Iieberwaibeu in bie .pänbe beS BruberS be 8 gefürchteten
fUattgrafe von St. 5Uicolan® fiel, ber nun mit einer Schaar ber verwegenjlen unb
verrufenften Leute feine Angriffe bi® in bie 9iäf)e be® Wenig gefeiltsten SBien unb
feiner Söeinbergc rid;tete, wobei Ebenborfer verwert, felbft in nid;t geringem
©rabe, ohne näher z u bezeichnen inwieferne, bur<h fie beläftigt worben z u fetn.
Sa® im Jahre 1458 ait 8 gebrod)ene Ateber ergriff auch ihn. Bon Eizinger bat
ihm nid;t nur jemanb berichtet, er habe geäujjert, er wette um fünfzigtaufenb
©ulben, wenn er nicht .perzog von Defterreid) werbe; er felbft fani mit biefem
BolfSführer in eine nicht angenehme Berührung. Eizinger, ber, wie e® fcheint,
reich auggeftattetc £öCt)tev oft gegen ben SBillen ihrer Familie mit leinen Anhän*
gern, um biefe zu belohnen, vermälte, hatte benn auch über eine Berwanbte unfere®
Ebenborffer zu ^eberftorff in biefer SBeife verfügt, unb auCb bie Sodjter biefer
Ehe in gleicher Art „einem ber ieinigen, einem Sd)tteiber" zugebacht, wogegen
jebod; ber zrceifad; verlebte Ebenborfer einfdjritt. Unb, wa® ba® Bertrauen in
Ebenborfer® Sarftellitng erhöht, ift bie auäbrücfliche Bemerfung, welche zu machen
er nie unterläßt, wenn man feine Anwefenheit vermuthen fönnte, wo bie® nicht ber^aU ift.
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•— m —*
2ßa8 Ebenborfer ton $)er<htolb8borf erjagt, ^at er gewifj tt>cil§ gefehen,
tf)eil8 nu8 ben bejlen Quellen erfunbet. Er fal> fi<herli<h bie UrTunben fefbft ein,
burch welche 2Ubred)t ber SSeife ber .Kirche ^er^tolbsborf alö Entfchäbignng für
anberweitige Seelüfte ©ütet in ÄnapenStorf anwieS unb fie burd; einen Sertrag
mit bem Älofter SJiölf unmittelbar unter fein Patronat ftetlte. 2)a§ ©leiere gilt
gewifj ton allem bem, wa8 — freilich nur gelegenheitlich — ton bem Safeler
Eoncile gef^rocfjen wirb, wohin gewifj auch bie Erfahrungen, welche er auf feinet
fraget Steife über bie fmffitifdje Sehre machte, gu begiehen finb.
2lu<h ben Bericht anberer Bafeler Segaten, bie bei Eget mit einem unge»
nannten Anführer ber Böhmen gufantinenfamen, itnb ber ihnen übet bie fieben
©ecten, in bie fi<b ba8 Sanb getheilt hotte, llagte, Tonnte er au6 bem SJlnnbe ber
erfteren fdjöpfen. 9fm bebcutcnbften cnb(id) finb bie ©teilen, an benen et felbji
thätig eingreift in bie ©efdhide feiiteö Baterlanbeö. Sa erfefjeint Ebettborfcr auf
bet Serfamntlmtg ber öfterreic^ifc^en ©taube gu SBien, tueld;e bie Uneinigfeit gwi=
fchen Bttebrid) unb feinem Sruber Sllbrecht, 14G0, uitb eine Behb c bc8 ÄaiferS
mit bem ©amaret ^ronnamer um ben Befiel be8 ©d)loffc3 Qrt bcnüjden, eine
um fo unabhängigere ©tellung gwifeben ihnen cingmu’hnten, gumal ber Äonig ton
Böhmen, @«org ^)obiebrab, ihnen al8 ©tüjjc biente. Bür ben Äaifer, ber, obgleich
mit bem 3ufammentritte ber ©taube TeineSwegS gufricben, gleichwohl ben Sag
befanbt hatte, wirfte Ulrich Stieberer, ber 9>robft ton Breifingen, beffen Slnftdjten
Ebenborfer in einer Siebe, bie er in fein 28er! mit eingefledjtcn, auf ba8 cif»
rigfte unterftüfete, fo wie er agch eine gweite, an ben Äaifer felbft bei biefer ©c=
legenheit gerichtete Siebe baranfcbliefjt. Salb barnach erf^eint Ebenborfer wieber
bei bem Äaifer in ber Burg gu SEien anwefenb, at8 ber lefjtere ben Borberungen
ber ©tänbe punftweife antwortet. SDaöfelbe wa8 ton ^crdjtelböborf unb ben
Bafeler Berhanblungen getagt würbe, gilt auch üon ben ©teilen, wo Ebenborfer
über bie SEiener Uniterfität berichtet. Ueberhaupt aber, wer terTennt in ber fri»
fdjen, ton ber unmittelbaren ©egenwart angehauchten, leiben[<hafttich erregten Sar=
{Teilung ,ien Bericht eines 2*tanne8, ber bie SBelt nicht blof) au§ Ergählungen,
fonbern au8 ben eigenen, wenn auch h er & et, f bitteren Erfahrungen Tanntc. 2Eer
gweifelt nach Scfung biefeö SBerfeö einen Slugcnblid an bem lebcnbigeit Sntereffe,
mit welchem Ebenborfer bie bremtenbften Brageit ber Seit ergriffen unb befyrodjen,
benen er, fo tiel auch 8 e 9 cn bie Borm gu fagen ift, gewif; einen fwdjft anfehau»
liehen 3lu8brud gegeben? Unb hiegu Tommt ein Umftanb, ber für bie fünftlerifche
BoQenbung unb Stunbung fernes SBerfeS freilich nicht lehr tortheilhaft gewefen,
aber für bie 3uterläffigfeit biefeS gweiten .S^arTpttf)eiteS ungemein wichtig ijt, ber Um»
ftanb nämlich, bafj berfelbe in ber Sh®* faft einem Sagebuche ähnlich unter ber
SJiacht bet unmittelbarften Einbrüde entjtanb. SDhitebieS ift ba8 SBcr! in feinen
älteften Sheilen nicht tiel tor 1449 entftanben. Qtber in ben fpäteren, gleidhgeitigen
Berieten täfjt un8 bie lofe unb lodere Slneinanberrcihung ber Shatfadjen burch»
bliden, wie ton SBodje gu SBodje bem Scrfaffcr ba8 SBerf h eranW ud)8, wie ba8
eben noch als etwas TünftigeS ©ahingejtellte, alö nun thatfachlid) eingetreten berich»
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tet wirb. SluSbriicfe, wie: „finem expectamus“ ober „sed quid adaugeat t)ei
propitiatio per quotidianas pluvias . . . usque adlmc sitientes pstolamur.
In profesto Margaretha: annotatum“ uub nun ejteid^ barnad) bic ©rgählung eines
eben nccf> erwarteten SanbtageS, ober „prsestolamur quid nobis sequens mensis
pariat oneris aut honoris“, bei bem Scoorftehcn be 8 Dlmüjter ütngeS ba 8 ©ebet
©benborfcrS um einen eripriefilidjen Grfolg. 3111c biete gewähren ein Silb, wie G 6 en=
borfer feine Slrbeit angelegt, unb ebne ^ierauS für ben ?litgenblicf fd;on etwas auf bie
SRctfwbe bcSfclben begügli<he 8 31 t folgern, fönnen fie nur noch baS Vertrauen in bie if)m
bargebotene 9Rögli<hfeit, bie Sattheit unb gwar im reichften SRafje gu fpenben, ftärfen.
3 n einem freilich gang anberen ©rgebniffe werben wir gebracht, wenn wir in
ähnlicher Seife nach bm Quellen für beit früheren Sfjcil ber Gfn'ouif fuchen. 3u=
näd)ft ift e§ anguevfennon, bah and; hier Gbcnborfcr ein aufmertfamer Beobachter
jebeS monumentalen UeberrefteS, jcbc 8 etwa nod; im lebenbigen Sorte fid> erl;al=
tenben hiftorijehen 3ugo3 gewefen. Sir erfennen in bem gereiften 5Ranne wicber
ben Knaben, ber einft über ben Schutt ber hcimatlidjen Sorgen gcflettert. 3lber
gerabc ber Sliangcl jener hiftorifd)cu Äritif, vor ber fid; baS, wenn auch > m te > s
genben 9 Jtorgenrotbc erglühenbe SRebelgewanb ber Sage auflüSt unb un 8 rein unb
ungetrübt baS Sicht ber Sattheit unb nur biefeö erblicfeit Iaht, rädjt fich bei ihm
oft gicmlich fühlbar ©ine SJiengc nidjt eben crfpricf?licf;er, falfdjer ober einfeitiger
2 luffaffungeit glichen fich h‘ cm 't ein. 3n bic fliei^c fotc^cr Grrungcnfchuften non
feht gweifelhaftcm Serthe gehören feine ©rfunbigungcn, über bie Urgcfc^idjtc
bet norbiidj=gcrmanifchcn Sßlforfd;aftcn, für bereit richtiges Serftänbnifj bie au 8
ben $Rad)rid)ten be 8 SorbaitiS — auffallcnb ift gewifj, baff ©benborfer bic richtige
SRametiSform fannte — -DionpfiuS unb wabridieinlich DrcfiuS wmtbcrliih gufammen»
gefügte 3Rebe bc 8 fchwebifchen SifdjofS von Serie, auf bem Bafeler ©oncil nicht
ba 8 günftigfte SKebium war.
Sit ber $h a * fmb burch biefe fRebe in bem Serfaffer bic unflarften Slnfichten
über ben 3 ufammenf)ang gwifchcn ben ©otfjäi unb Srojanent erweeft worben, bie
auch bagu beitrugen, an fpäteren Stellen e 8 über begleichen Singe nidht gu einer
Äritif fommen gu laffeit. 3 d) meine: wenn etwa ©benborfer fpüter in einer ber
ihm oorlicgenben Quellen vorfam, jener 3llbert, mit bem einige bie Uteihc bet
öfterreid)ifd;en Babenberger anhuben, fei abgeftammt von ben epergogen ber Srojaner
unb Sangionen, fo fanb er nach einmal ftattgefunbener Billigung jener Angaben
feinen 2lnlafj gut Befämpfung biefer.
©r ift am ©rabmalc gricbrichS be 8 Streitbaren, an bem bc 8 unglücflichen
SIbolf von Sßafjau unb feine§ nicht minber unglürflid)cn ©cgnerS Sllbrecht geftan*
ben. 3ln bem ÜRaufolcum bc 8 von ihm twchgepvicfcucn Siubolf be 8 Stifters be*
tra^tetc er aufmerffam bic 3ügc feines BilbniffeS unb in beffen Urfunben la 8 er
bie eigentümliche Unterfchrift biefeS ^ringen. Senn er burch 2Sien8 Strafen
wanbeite, unb auf ben „fReumarft" fam, fah er eine £ütte unb in ihr einen hot*
betagten, erblinbeten Bettler fijeen; ber Bettler war ein natürlicher Sohn be 8
unfeligen Johannes ^articiba (freilich ift bic Dtidjtigfeit ber &h fl lf a t e burch bie
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©ebenfen über bereit 9K6glichfett fehr in Steifet gefiellt); ©ruber ©ertolbS fPre«
bigten beiten einft eine ungegäfdte SJteitge unter freiem .stimmet lautete, uttb bie
feltiamen Bahnen ber öeifder ftanben beibe it ad; im guten Mbeitfen in feiner
Bamilie.
Jd; tarnt mm nid)t länger beit Grunb o er i chlorigen, ber mid; beweg, bie
Duellen beS gweiten SljcileS betten beS erften »orangitienben. Gr liegt l^auptfdd)lid>
in bem ©erljältniffe, in weld;em bie 9(u3gabe GbenborferS bei fPeg gu ber $attb=
fc^riftlic^en Ueberlieferung beSielbett 3 U ftel;en fdjeint. '))eg ^at beit Sejct, wie e 6
icbeint, nach jenen beibeit 9)ianufcripteii berauSgegeben, welche gegenwärtig in bem
©cfijjc ber faijerlid;cit ©iblictbet 311 Sßien fid) befiitben; weuigftenS ift biejc Jben» •
tität begüglid; beS im Jahre 1 r> 10 beettbeten anfier allen 3weifel geftellt. ©er
ältere flammt aus bem begegneten, ber jüngere au 8 bem 17. Jabrlrnnbert. Sie
am Dianbe" teS älteren angebradjteit, oon rerjdiiebenen £äiibett gemalten ©e>
tnerfungen fiitb, fo weit biejelben gur Seit als mau ben gweiteit Geber fcfyrieb,
uorbanben waren, Wold burd)gel;enb3 in ben Seit beS gweiten übergegangen, bem
er offenbar als ©erläge biente. Ju fo ferne haben wir alfo nicht gwei coorti*
nirte Glieber einer Jpanbjdn'iftcnfamilie, bie beiten GobiceS fdjwiubcu in ihrem
3ßertl;e auf eilten, unb gwar beit älteren giifamnieit, utib um fo wichtiger wäre
ber ©efijs einer britten, etwa unabhängig gu -beit genannten ftehenbeit £>anbfd;rift.
©ie Brage ift gegenwärtig nur bie, ob bie am ©ante beS alten Geber ftehenben
Mieten gang ober boch gum Steile auf Gbenborfer gurücfgitführen fiitb, ob baljer
ber Gobe.r b unb mit ihm ffVg fie mit 9ied;t in ben Sert felbft aufnahm
ober nicht, ©a ber Gobe.r a fein Mtograph ift, bürfte matt eS oott »ome
herein auffallenb finbett, bah bie epaubfc^rift auS ber älteren, vielleicht GbenborferS
Original, ober bereits einer Mfdmft beSfelben, unb bann bo<h wieber in britter
£anb auS bem Original io getreu follte eopirt worben feilt, baff felbft bie
Stabiruugen, ©urdiüreiduntgeu unb barüber befinbltdtett ©erbefferuugen, bie etwa
iit GbenborferS .pefte uerfommeu modjten, in bie Slbfdirift aufgenommen worben
wären. Unterfud)en wir aber beit Jnltalt biefer Jianbbeitterfuitgen, fo tritt bereit
Bwecf um fo unverlntllter h frücr - 3 war fiitb bie SDiehrgaljl berfelbeit, unb gerabe
biejenigcit gumeift, weldje jf'eg in feilten Jlbbrucf nach ©orgatig beS 'jüngeren
9J?annfcripte3 aufnahm, wie mir fdjeint, 0011 berfelben epaitb gefdjriebeit, bie. beit
Seit beS Gober id;rieb. ©er 3ug ift berfelbe, nur fleiner mtb flüchtiger, wie baS
bei fRanbbemerfnngeu gang natürlich ift. Mer ba fie von berfelben $anb fiitb'
faitn man fie mit um fo geringerer SBahrfdieinlichfeit für GbenborferS Arbeit
haften, unb gwar au§ bem fchon geltenb gemachten Grünte, bah wohl fein 9lb*
fchreiber je fo iclaoifd) fid; an feilte ©orlage hielt, baff er felbft alle bnrchgcftricbe=
nen Stellen nieberfdirieb, blof? um fie wieber auSguftreicheit, wäbreitb bie 9luf=
geicfmnng jener üfioten burch eine gweite .staub wenigftenS bie SJiöglichfeit offen
hielte, bah biefelbe nad; einem oollftänbigeren Seite GbenborferS, als ber, Welcher
ber ?(ufgeid;nung von 1510 gu Gruttbe gelegen ift, ben Sert uttfereS älteren
fOianuicripteS ergänzte. Mein biefett Gl;arafter IMcn auch 1 an fid) btefe Mieten
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nitt. ©ie finb eben gelehrte, fupergelelirte 33emerfunge»t uub häufig 23erid)tigungett.
in benen fit ber ©Treiber gefiel bet wobt mit Slbftlufj bet ganjen £anbftrift
befonberb 31 t ben älteren, an Srrtfiümern reicheren ©teilen beb Sejcteb feine Polen
gefept haben motte. Siefe SRoteit finb e@, welche, ba fcfyon in bie jweite .ipanb*
ftrift unb bann oon pe 3 in ben Seit aufgenommen, ungemein »iel beitrugen,
ben ©^arafter »on ©benborferb Arbeit 3 u nerf ernten unb nid)t ju beffen 93 ortheil
3 U beurteilen. Piait famt fit leidjt oorftellen, welch beiHofc 33erminung, welch
wüfteb ©emengfel entgegenftehenber, fid> wiberjpred;enber 9lnfidbten baburch hf™ 01 '’
trat, in bent fit Pe 3 , wenn er aufrittig fein wollte, nitt 3 iired;tfanb, aut
natbem er ben weit beffer geftviebenett Sej:t oon 1510 befommen ^atte. Sie
jpanbftrift beb 17. Baprhmibertb, auf Papier, wie bie ältere, aber mit einer feinen
©dn'ift, mit einer ieit pe 3 ’ Sirfen gewijj nod; mehr oerbleid)ten Sintc gejtrie=
ben, enthält aut bab erfte unb jenen Sbeil beb ^weiten 33 ud)eb, ber in ber älte»
ren unb. batum aut bei peg fehlt. Sab neu fit geftaltenbe 33erhältnifj von Se;ct
unb Polen, ba» wie fJiebel fid; theileube ©ewirre beb urfprüngliten unb ^ingu»
gefomnieneit ftellt unb 3 nnäd;ft In^üglid; ber Pfetfwbe, nat ber ©benborier ar*
beitete, auf einen früher unbefamtteu, bem 33erfaffer gewijj nid;t unoortheilhaften
©tanbpunft, eb matt aber bab 33 ebürfnijj einer neuen gefid;teten Slubgabe nur um
fo bringenber. Ser 33obett wanft uub nun gteidjjam unter beit fjüfjett, bei feinem
©tritte unferer Unterfud;ung finb wir länger fiter, ob wir unb auf feinem
eigenen 33 oben befinbett, ob wir nitt auf ein frenibeb unb bi@f>er herrenlofeb, ihm
mit Unrett sngefproteneb ©ebiet geraten, ßb ift bieb bie Arbeit einer befferen
jtraft unb mehrerer ©tunben, alb bafj fie ber ©treiber biefer Beilen t)ätte lofeit
fömten. ©0 lange fie aber nitt gelobt ift, ift aut ' Jon ben Quellen, bie ©ben*
borfer benüpte, nur mit SBorbepalt 31 t ipredjett, mit bem 33orbehalte närnlit, bafj
bie jeweilige ©teile »on ©benborfer felbft ftanimt. Sab ©leite hat nttt gegolten
für ben von mir unterftiebenen sweiten Speit u "b für bie bisher behanbelten
Quellen feines erften. §ür jene unb biefe nitt, weil bie ©teilen, auf weld;e it
mit begog, alle perföntid; auf ßbenborfer gingen, fo bah, <t nc felbft «De biefe
©teilen in ber Jpanbftrift eiitgufehen, fein Bweifel obwaltet über ihre Segichung
gu ©benborferb eigener Arbeit, unb bann, weil aud) in ber £>anbitrift bie Bujäpe
in ben ipäteren Speilen »iel feltener erfteinen.
3lber bemtot taffen fit aut für ben früheren Steil wenigftenb einige all*
gemeine ©efittbpunfte bereitb hier feftftellen. Buuätft närnlit barf man bei bem
33orhanbenfein gweier QueHeit, aub benen ©benborfer ftöpfen fonnte, wohl im
ÜUlgenteinen jener ben Vorrang taffen, bie, im ©egeniape 3 U ber in einer Quelle
blofe vereinzelt ftehenben Potij, neben biefer not mehrere anbere bei ©benborfer
ftehenbe enthält. 3t meine, uitfer ©efittbpunft muh biebmal bemjenigen, » 01 t bem
geleitet wir felbft wiffenftaftlite Arbeiten ait 3 ulegen pflegen, gerabe entgegengefept
feien. Sßir gehen närnlit fritifteu Arbeiten bib auf bie erften unb älteften
Quellen jurüdf, unb finb bieb einzelne 3 nfammenhanglofe Plomente, fo futen eben
wir fie jufammei^ufaffen, wie eben unb ihre 3$erfnüpfung am meiften gerett»
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fertigt 3 U fein fdjeint unb taffen unS nictjt beirren burd) bie Vetfnüpfung, welche
biefe Rieten in fpäteren SDarfteltungen gefunben, eine Verfnüpfutig, in ber unS bie
£>iitge als fertig unb mit einer unberechtigten Votlftänbigfeit unb Sicherheit ent=
gegentreten. üJtan wirb nicht leugnen motten, bafr btefer Seg eben nicht bet
leichtefte ift, fo wie man anbererfeitS wirb zugeben muffen, baf er für bie &c-
winnung fixerer Siefuttate ber einzig ju empfebtenbe ift. So wie man aber heut
gu Sage, ba atlerbingö baS ÜRateriate uttüberfehbar ^cranejcwae^fen ift, an ben
Vetfaffer einer allgemeinen @efd;i<hte, ja felbft an ben einer SanbeSgefdjicfjtc faum
bie Sorberung fteflen !ann, fetbft aft baS 9)iateriate in ber angebeuteten Seife ju
beherrfcheit, fo wie atfo auch er auf frembe Unterfuchungcn fich ftitjjen muff, fo
wirb man billiger Seife auch an einen Schriftftetler beS evfterbenbcn 9MtelaltcrS
nicht bie Ütnforberungen ftetfen, afleS auf feine 8anbc8gefd;ichtc bezügliche au8 ben
atlererften unb ätteften Duetten, wie fie unS etwa in bem reinlich ausgearbeiteten
Seyte SattenbachS »orliegcn, gefchöhft ju hoben. 'McrbingS, bie Beit GbenbotferS
ftanb biefen ätteften Duetten naher als bie unfrige, unb manches mochte oorljanben
fein, beffeit Verlieft wir »ieltcid;t frud;tlo8 bettagen. Unb in ber St; 0 *» bis in baS
13. Sohrhunbert wäre ber Seg nicht nur ber natürliche, foitbern ber cinjig mög=
Iid;e gewefen, weit cS eben nur bie lauteren Duetten gab. Ülber feit bem lehnte
fid) an bie liebenSwürbigc SRaioctät ber älteren Duellen, bie eben nicht mehr fagen,
als fie miffen, eine falfdje Äritif; eS riffen Sabeln unb Sagen alter Strt bie
©ämrne ber echten ©efd;icfte nieber. ©3 beginnt bie Beit ber üluctarien u. bgl.
GS entftanben zufammenfaffenbe Arbeiten zutu £t;eile zu häbagogifchen Bwecfen.
Sieben bem SRatur* hatte man in ben Schulen einen ©efchidjtSfyiegel, wie benn
Gbenborfer einen fotdjeit getannt zu h a ^ m f<h<ünt. 3wif<hen bie Vergangenheit
unb ihn brängte fich eine Sitteratur, welche bereits in ihrer Seife ben alten Stoff
»erarbeitete, bie ihn bie ferne, uergeffeuc Beit nur in bem gebrochenen Sichte eines
unoorfheilhaften ÜJiebiumS erbtiefen tief. üJtan wirb auch h' er tnitber über ihn
urtheilen muffen, wenn er fich bie Vertorfung nicht oerfagt hot, nach bem 9tahe=
tiegenben zu greifen, in bem er wcnigftenS beifantmen fanb, waS zufcwimenzu»
fuchen wohl über feine Äraft gegangen wäre. Süt unS aber eröffnet fid;, woferne
bie Vemcrfung, bie wir unS ertaubten, nicht unbegrünbet ift, bie 9iid;tung, in
welcher wir nach GbenborferS Duetten z u forfeben hoben: nicht — mit wenigen
9lu6naf;mcn — alte, fonbern it;m näherftehenbe Duetten wirb er benüft haben.
(Schtufj folgt.)
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$0tomfd)e «Strdfjügc bttrd) Morb^irol
33 eit ®t. 31 . ßeritcr.
üic Solfteinhctte.
I.
SBenn man im ©ommcr, jut Seit in melier bie Souviftett auS aller Herren
Sänbern bie Situier Serge burdjfdjwännen, burd; bie Straften non SnitSbrud
wanbert, fo faun man bort nid;t feiten 9 ieifeitbe beebaetten, bie »nie angewm^elt
mit ftarren bangen 3litgeit auf bie Serge tjinaufblicfen, meldje über alle ©iebcl unb
S)ädjcr ber ©tabt mit ifjren fallen Scheiteln emporragen. 2)en Sütdjlänber, ber
mellet ept 3 um erften SDialc in bie Sergmelt gelangt ift, überfommt ba unwiflfürlid;
baS ©efüpl, als müßten biefe bleiben gewinnen eines 9Jiorgcn§ in bie ©affen ber
©tabt bjerabfcflcrn unb bie Snnftabt mit 93iamt unb SDiauS unter tiefem ©ereil*
fd;utt begraben. — Sa eS giebt fogar uiele 6 inl;eimifd;e, welche auf bie fd;roffen
3Bänbe ber ©olfteinfette, bie mie eine fuluffale 8000 guft bebe SJlauer an ber
SRorbfeite SnnSbrucfS fid; aufböfdjen, mit Unbehagen eraporfdjauen nnb ipnen bie
jammeren, fanfter anfteigeitbcn © d; i e f erb er g e im ©üben bcS SnuflufteS bei weitem
üurjie^en. Sür baS jüngere 93olf bagegen, baS gerne in beit Sergen Ijerumflcttevt,
ift biefe wüfte ©ebirgSfette, als beren l;üd;fter ©ipfel ber ©olftein mit 8278 Sufi
emporragt, fo reept angetan, um feiu 9J?ütpcpeu 31 t füllen unb fiep in ber fertig*
feit beS SergfteigenS eiit 3 ufd)ulen. GS ift auep gar 3 U uerlocfenb, uent fPflafter ber
©tabt ab, in wenigen ©tunben auf eine ber 7 bis 8000 Sufi fielen ©ptpen
empo^uflimmctt, bort einen ©trauft non Sllpenrofcu unb SruneUen ober buffen*
ben ©tcinrüfeln unb Socpprimeln 3 U pflüefen unb SlbenbS oon ben fleineit 2lben=
feuern 3 U e^äplen, welche man auf biefent ober jenem „@d;roffen" erlebt bat.
— 3ßettn faum bet ©epnee »on ber unterften Sllpenrcgion gewid;cn ift, wanbent
aud; gan 3 e ©(paaren jungen 33olfeS 3 U ben fteilen falben unb fclfigen ©<plud;ten
beS febroffen ÄalfgebirgeS empor unb SlbenbS fiept man fic bann mit gerotteten
Sacfen, $ut unb £>anb ootlgcpfropft mit ©trauftd;en 001 t Sllpenpflanjen jutfuf*
ftpren. 3Sit oermeiben eS hier, auep bie Äeprfcite biefeS SilbcS lta^er auS 3 timalen
unb 3 U e^äplen, wie riete traurige Grinnermtgcn fiep für fo mand;e SnnSbruder
Familien att biefe non SRancpcn mit bem Sobe adju treuer be 3 ß^lte Seibenfcpaft
für bie Serge unb tpre Slumen leibet aud) anfnüpfen. — Gbcnfo unterlaffen
wir - eS, näpet auS 3 ufüpren, wie bie ©olfteinfette mit iprer oielgcnannten SJlartinS*
tnanb unb iprer weit inS Stal fdjauenben „ffrau $itt" ben lartbfdjaftlic^en hinter*
grunb 3 U mandper ©age, 3 U mandpem jierlid^en ©ebiepte unb männern netten Gapitcl
tn fReifebefdpreibungen abgeben rnuftte, unb palten unS »ielmepr an bie Dtefultate,
wclcpe botanifepe fforfepungen über baS f(treffe ©ebirge 3 U Sage geförbert pabett.
2)ie wefentlidjfien Serbienfte in biefer Se 3 ietung müffen jebenfallS «. teuftet
unb SfnbreaS ©auter 3 ugefdf>rieben werben. Spncn rerbatifeu wir bie Sluffinbung
ber feltenen Nigritella suaveolens auf ber ©olfteinfette unb bie Gntbecfung ber
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780
Bisher nur auf brei fünften ber gangen SSelt, nämlich iu bcr ©amSgrube unb an
ber Setter am ©ro&glocfuer, auf bem Saalberge bei ÄalS uitb eben auf ber ©oU
fteinfette »orfctnntenben merfwürbigcn Braya alpiua. greilid; haben biefe Sor=
fotnmnifte nur für beft Sotanifcr non gad) ein befonbercS Sntercffe unb cntgieben
fid) bal)er einer a u@f ü^rli dp er eit Sefprcchuttg in biefeit Slättent. Sott allgemeinerem
Sntereffe bagegen ft^eint eß mir, gu erörtern, wie e§ lomntt, baft bie ©olfteinfette
aucf) eine gang erflecflidje 3al)t »on Spangen beherbergt, welche fonft »orgügfich in
ben füblicfjen Sllpeti verbreitet finb unb bie fid} in ben nörblid;en Äalfalpen nur
auSnahmSweüe in ber ©ruppe »on Sergen vorfinben, bereu Änotenpunft gerabe nufer
©olftein barftellt.
©ur<hftreift matt im Srüf>li«ge bie tertiären Jpügel, welche als eine niebere
©tufe bem Suff ber ©olfteinfette vorgelagert finb, fo beobachtet man faft an allen
fonttigen ©Ybabriffen unb fleinen ©erollhalben eine nieberliegcttbe ^flattje mit lang»
geftrecften, »ielverjlveigtett ©tengelit unb galjlreidteu fleinen bell (euch tettben votben
tielfenartigen Slüthen, weldje Sinne mit bem Planten Saponaria ocymoides be-
jeichnet bat. ©ie fteigt nicht fehl' l;od) itt§ eigentliche Sllpenrcoier hinauf, unb bie
böd)ften 'Puitfte, t»o ich P e etuf ber ©olfteinfette nod) »orfommenb beobachtete,
liegen iu ber ajSi'he ber Sintefalpe unb an ber oberen ,£)olggrenge am Dleiterfpift bei
©eefelb, alfo im SMittel bei 5000 gufj über bem ÜKecre. Sie f {lange ift in ben
nörblichett Äalfalpen auSfchliefjlich auf bie ©olfteinfette unb bereit nädjfte Umgebung
befchränft unb bie äufjerften fünfte, wo fie itt 9tovb=Sirol nod; beobachtet wirb,
finb im SSeften ber Äalvariettberg bei Stuft unb int Sfteit bie iüblid;en S(nl)öhcn
in ber ©egettb von ©d;wag. 9torbwärt8 über bie ©olfteinfette hinaus läfjt fie fich
über ©eefelb, ©charnifc unb baß Äarwcubelthal bis SJtittcnwalb unb ©hrwalb in
Saiern »erfolgen, ©ie fehlt bagegeit bem »crarlbergitdjen ©ebirgSlanb unb bem
Sechgebiet gerabe fo, wie ben im Cftcit beS SnnpuffeS liegenbeit ttorbtiroliichen,
falgburgifdhen, öfterreicfjifc^en unb fteitifdjcit Stlpen. 3h re eigentliche «s^cimat bilbet
baS iübliche Gitropa unb fie finbet fich Bort weit verbreitet, vom füblidjen granf«
reid; b er burch bie ©d>weig unb ©üb=£irol, bie Sontbarbei unb Senetien bis in
baS {übliche Äänttcn. SSollte man bentnad) ben SerbreituitgSbegirf biefer Spange
nach Ulerben gu burd; eine Sinie abgrengen, fo würbe biefe im SUlgemeiiten wohl
bent 47 ©rabe ttörblidber Sreite folgen, itt ber ©egeitb ber ©olfteinfette aber eine
gattj auffaUenbe bis nach SRittenwalb in Saiern hinauSreichettbe unb alfo einen
»ollen haßen Sreitegrab betragenbe locale SluSbudpung geigen.
Saft biefelbe eigentümliche Serbreituttg geigt ein am gufje ber ©olfteinfette
häufiger fleitter .palbftrauch mit bolbenförntig geftellten weijjen ©d;metterting3*
blütheit, nämlich baS Dorycnium pentaphyllum Scop. — Sie ttörbliche ©reng=
linie beS SlrealS biefer im {üblichen grantreich, ber ©chweig unb ©üb=Sirel h«i*
mifcheu ^Pange geigt in Sirol gerabe fo wie bie ©rettglinie ber Saponaria ocymoides
in ber ©egenb ber ©olfteinfette gwiicheit Smft unb 6paH eilte nach Sorbett ge*
richtete locale 9luSbu<htung, bie fich über i'artenfirdien in Saient bis hinaus auf
bie ©bene nach SanbStfut unb auf bie ©archingerhaibe erftreeft.
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(Doch fteigen wir f)cl;ct cm bcn Abhängen beö ©olftcinö empor. ®a treffen
wir ober ben 3irler Scrgmähbent in einer höhe Bon 7000 ftufs einen wwergigcn
roeifsbliitienben hahnenfuj; mit ganwranbigen Blättern (Ranunculus parnassifolius)
cm, ber fonft nirgcnbö in ber ganzen nörblicpen Äalfalpenfette beobachtet würbe
nnb beffen anberweitige nCubltchfte ©tanbpunfte in Söalliö, am Bernharb, am
JtSormferjedi. int Deidbalerftccf unb am ©(offner, alfo burd;gebcnbö ein gutes ©tücf
weiter iüblid; in ber (Sentralfette ber 2l(pen liegen. Unb analoge Serbältniffe beob«
achten wir auch bei ber Betrachtung ber Bcrbrcitungöbcwirfe Bott Avena disticho-
phylla, Luzula nivea, Karex baldenöis, Lasiagrostis Calamagrostis unb noch
manchen anberen pflanwen, mit bereit Sfufjatylung unb ausführlicherer 33efprect>uncj
id; aber bcn Vefet hiev nicht weiter ermttben will
'Me bieje ©ewäddc gehören temnad) eigentlich (üblicheren Sllpenwngcn an unb
finben fich hier nur auönabmeweife in ben nörbli^eu Äalfalpen aut befd;ränftem
fRapon gruppenweise wie Borgefdwbene peften in ber Äette beö ©olfteinö unb ben
ihr $unächftlicgenben Bergrcrieren.
SSorin liegt nun wohl ber ©runb ber fo eigentümlichen Verbreitung all’
tiefer ‘pflauen?
Vielleicht werben wir hierüber belehrt, wenn wir bie pflanjen felbft als
Eeitfterae benüpen unb bind) forgfältige Verfolgung aller ihrer tirelifdjen ©taub»
orte ju ermitteln fliehen, welchen Söeg fie cingeffhlageit haben, um auö ihrer jüb»
liehen jpciniat nach bein SRorben Borjubringen. SSürben mich min bie Sefer auf
bie epöhenjnge begleiten, welche ber ©olfteinfette im ©üben gegenüber liegen, jo
würben fic mit mir finben, bah fi<h bie meiften unfercr oben aufgewühlten pffan*
jen aud; richtig Berg um 2? erg unb 2ha l um 2h fl l nach $ üben gu Berfolgen
(affen; fottberbarer VJeijc aber Borhertfdtcub in einer Äette Bon ©tanborten, welche
jener tiefen Ginfenfung ber centralen Öllpen parallel läuft, bie beit SDejjthalcrftocf
Bon bem Bidcrüialerftocfc fcheibet, unb burch welche bie Brennerftrajic auö bem
Snnthalc in baS ©ebiet beö Gifacfö hinüberführt. S^luf; liegt bemnach nahe
ba§ nufere ‘pflanweit ihren Sßeg auö bem ©üben nach bem 9iorben burch bie
furche beö Brennerpaffeö nahmen, unb ihre ©trafje wäre bafjer im SKlgetncineit
biejelbe, welche auch b* c Vlenfckn feit uralter Seit eingefchlagen haben, wenn fic
auö bem ©üben nach bem 9!erben Borbringen wollten 3rrig aber wäre e§, barurn
auch bie Verbreitung uuferer 'Pflanweit mit ben 3ügcn beö 3J?en]'d)eiwolfeö in
irgenb eine Verbiitbung bringen gu wollen; benn bie im früheren ihrer eigen»
tl)üm(i<hen VerbreitungSweifc wegen hcrBorgehobeneit Pflangenartcit gehören nid;t
etwa jener Äategorie oon ©cwädjfen an, welche bem 93ienid)fn auf ©chritt unb
2ritt überall hin folgen unb, abfichtlid; ober unabfid;tli<h Beit ihm Berfd;lcppt, unferc
hecrftraftcit biö in bie innerften SBinfel beö ©ebirgeö befüumcn. 3m ©egentbeilc
finb eö faft burchgehetibö ©ewächfe, bie fid; gu ihren Söohnorten bie ftcilen #elö=
wänbe unb wftften ©erödhalbeit aufütcf)cn, wu welchen neben bem Säger höd;ftenö
noch ein neugieriger 91atur[orfd)et mand;mal emporflettert. (Dorthin h a * f* e bet
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9)tenfd> gemifj nid;t oerfd)leppt, unb $n>ar um fo weniger, als if)m aud) feine ein*
3 tge berielben irejcitb einen fRujcen ju gewähren oermödjtc.
Söir muffen unS bafjer nad) einem aitberen Bcrfchlepper umfeljen, unb glau*
beu wohl nicf)t ju fehlen, wenn mir als folgen ben ©cirocco anfel;en, ber mit
beflügeltem ©d;ritte bie fteilftcn SelSflippen unb bie wüfteften @ere[U;alben er*
flimntt unb bott als ungebetenes öeirfenl bie $)flan$enfamen jüblidjcrer Scinber*
ftri(|e ablabet.
Um biefe unfere 0(nfid)t aber näher 311 begrünben unb ben Ginfluh, welken
ber ©cirocco auf bie 33rrtl;ci(ung ber s Pflan 3 en in ben Sircler Üllpen auSübt, in
baS richtige Sid;t 3 « ftellen, ift eS notljwcnbig, bajj wir bem ©übminbc unb ben
SSinben ber 9llpen überbauet einige Beilen wibmen, waS wir auf bie nädjfte
fRummer biefer glätter oerfparen wollen.
ÜJteue Sorte über Sttnfif unb £tjeatcr.
m.
1 „53cetl)Ottcn* £ebeu", uoit '3iol>l (1. 33aub: ^cetfycttcits Sugcnb). — 21Men 1864,
£>. 'JDiarfijvaf.
2 3cl)vmn Stiften: „0aö fricbcnuinfdieubc £cutid;fanb" unb „©a» fiicbcjaud'$cnbc £ctttjd)fanb".
B^ei (Ecbauipicle (0incjfyiele). 33tit einer (£inteituncj neu tjeraudgegcbcu »on .£>
0d)( et lerer. 3)iit s 33hiftfbct(agen. — SluQöbimj 1864. <8d;lof[er.
Ed. H. SBir befipen befauntlid; eine 9teit;e größerer unb fleinercr biogra*
^t?iid)er Arbeiten über Beetf)ooen, allein feine barunter entf^ridtjt ben 2lnfor=
berungen, bie man uorn f)iftorifd;en ©tanbpunfte an ein ocllfommencS SebcnSbilb
beS großen BteifterS 3 U fteflen berechtigt ift.
2(uS perfönlidjer 3lnfd;annng fd;ilbem unS Beethoven nur feine greunbe 9t ieS,
Siegelet unb ©erjfrieb in lofe ocrbunbeiteit Stotzen, bann ©chinbler in
feiner ausführlichen Beetheoen*Biogrciphie. Sefücre, allerbingS mehr ein wirrer
•V'aufc foftbareit SSRaterialS, als ein fchriftfteHerifcheS Äunftwerf, bünft unS mit*
unter bed) all 3 U abfd;ä£ig benrtheilt 3 U fein. GS finb uitS barin eine grofjc Bald
höd;ft bebeuienber Büge unb Grlebniffe beS SDiciftcrS auS unmittelbarer ^nf^auung
mitgotbeilt, beren Gefammthcit fid) bem tbcifnehmenben Seiet leidet 3 um |)ortrait
oereinigt. Sie traurigen ©djlnfjabre BeeihooenS finb mit vieler 9lnf<haulidhfeit
cr 3 ählt unb bod; ohne jenes fubjectioe Borbrängeu beS Biographen, baS unS
mand;e Biographie au§ greunbeehanb oerleibet. Saburcb bleibt ©d)inbler 8 Bud)
bie fd;äj?barfte jpülfe unb bie uneitttef>rlidjfte Vorarbeit für jebe fpätcre, burd;=
gearbeitete Biographie BeettjoocnS. Gine fold;c h fl t ©dnnbler freilich eher wün*
fchenSwerth als entbehrlich gcmad;t. ©eine 9Rittl)cilungcu erfefjeinen webet ooll*
ftänbig genug (Äinbhcit unb Jünglingsalter finb gang bürftig), noch burch ein*
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heitlid; pragntatifche 9(uffaffung gu einem ©angeit gerunbet. Schinblcr fehlt
baö feinere ©efül;l für geiftigc Gnttwicflung, ber fixere ©lief für bie gabllofen,
verborgenen Sebcitöfäbcn, bie gerabe fo nnb nicht anberS in einanber fd;lagen
mitten, um biefe beftimmte Sailbung hervor gu bringen. Schinblcr ficht nur baS
fertige ©efpinnft. Ser unftf'ä^bare SBorjug biefeö 23iographeit wirb aber ftetS ber
bleiben, beifj er jahrelang mit 33cctf)even felbft gelebt l;at.
©eine Stellung b?at 9lchnlid;feit mit ber GcfermannS gu ©octf)e. 33eibe
junge Spinner faitben fiel) burch bciruubcrnbe SBeref'mtg an ifjrc Herren unb DDteifter
bis an beren ScbenSeube gefeffelt unb bie 2Scif)c biefeö Umganges verfügte ihnen
baS Untergeorbnete ihres SBer^ältniffeS. 3um geiftigen SOiitarbcitcr 33eethovcnS, wie
eö Gcfcrmaitn in ben lebten Sauren bei ©oetjje war, l;at fid) Sd;inbler nie cr=
beben, hingegen hielt er fid) frei von bem zweifelhaften SSerbicnft, in jebeni Rapier*
fdjnifcl beS 9J(eifter§ nnantaftbarc Saoflenbung gu fiuben unb mand;c 33cröffent=
Hebung gu betreiben, bie ben echten 9iut;m il;reS SlutorS faurn erhöhen fonnte.
SSaS wir anfjerbem an 33cethcvcu=33iegrapt)icen befijeen, ift faft gänglid; auS
Sd;inbler, 9iieS unb Tegeler ,gcfd)öpft, oljne bie 33ef;elfe einer controlirenben
Äritif, ja mcift offne {eben Sn'viud; eigener quelleninäfsiger gorjebung. Sal;in ge=
hören bie SBerfe von 91.23. 93Jar;r,Dulibi<beff unb Seng in ihrem biographischen
Sl;eil. £>tto 3at;n, ber berühmte 33iograph 9)iogartS, unb ber in SBien lebenbe
amcricanifd;e 93iufifgelel;rte hieran ber 2ljat)cr l;aben ausführliche 23eetl)oven=
33iograpl;ieen unter ber geber, beren 23ollcnbung aber nod; giemlid; ferne fielen
fotl. 3l;nen ift .perr Sr. Subwig 9t o 1; l, ^rivatboccnt ber ÜJiufifwiffenfdjaft in
S0iünd;en (früher in eöeibelberg), mit bem SSerfe guvorgefommen, beffen Sitel wir
oben mittheilten. Ser bisher cridueiieue erfte 33aitb (welcher übrigens aud) als ein
IclbftftänbigeS ©angcS anftritt) bel;anbelt „33eetl;oveitS Sngcnb" uitb reid;t,
bie Satire 1770—1792 umfaffeitb, bis gn 33ectf;evenS Ucbcrfieblung nad; SS i eit.
Ueber 33cetf)ovenS Sugenbgeit, über feine gamilie unb Umgebung in Sionn,
über bie frül;eftcn geiftigen Ginflüffc, bie beftimmenb auf feinen Gl;arafter nnb
feine Äunftrid;tung eingewirft haben, hatte man befanntlid; bie allerbürftigfie
Äenutnif?. ^perr 9tof;l tjat feine SERüf)e geipart, barüber gu fammeln unb gtt er=
fragen, fo viel tl)un(id) war. Unter anberem verfehlte er aud; im vorigen Sommer
viel mit bem — feitf;er verdorbenen — Sd;iitbler nnb rühmt bie aufrid;tige
greunbfdjaft beS alten £errn, mit feinem „mumienhaften" Sleufjcrn, bie unermübs
lid)e Slufmerffamfeit, womit er tagelang baS gufammenget;äufte 5)Iaterial Stücf
für Stücf bnrehging, berichtete unb ergängte, bie uneigcnnüjjige 23ercitwifligfeit,
womit er fo maitd;eS auS 23eethovenS 9tacb(uf? vorlaS unb vorgeigte.’ „SSer bie
SSfwänen ber 9tüf;rung gcfet;en hätte" fügt 9c oh I h tn 3 u - „welche, bie lebhafte Gr=
innerung an ben verdorbenen grofen greunb unb an beffere Sage in bem alten,
einfanten Spanne, über ben bie Seit längft hinweggebranSt war, je{?t l;eworrief,
Wer enblid; ben lebhaft ermunternben ©ruf? gehört hätte, womit er mich, ben jungen
33icgrapf;cn, ber nicht ol;ne fd;were tßeforgnif? feiner 31 ufgäbe eittgegenging, entlief?
unb mir 9)tutlj eiufprad;, bet würbe ebenfalls mit mir alle Unart unb Unbill, bie
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ber etwas eigenfinnige unb ttccfjfa^rertbe .sperr, ber bie Äenntnif; con Seetpocenfl
?ebeit mtb ©Raffen atS feine ©omaine gu Betrauten fid) gewöhnt patte, gegen fo
manchen, freilidp meift gereift, begangen patte, gern cergeffen."
Sie quellcnmä§ige gorfcpung, bie .'perr SR o b) I fid^ in „SeetpocenS 3ugenb"
angelegen fein lief;, unterfcpeibet bieS Sud) wefentlidb unb cortpeilpaft con feinem
„Sehen 9)1 ogartS", baS eine 3ltt gufammengcfajjtcr unb popularifirter „3apn"
ift. ©en liebenSwürbigen, warmen £on, bie Segeifterung für beu Gegcnftanb, ben
leidet bapinflieffcitben ©til tpeilt ba§ neue Such mit bcm früheren, leiber auch ben
großen apang gur SBcitupweifigfcit, gut Inrifcpcu ©cpwärmerei, enblicp gu alferpanb,
rem Gcgenftanb ablenfenben Grcurfen.
Sßir wollen, im Sntereffe ber fpäteron Sänbc, bie Semertung nidt>t unter»
brücfen, bafj uitfereS GraeptenS ein günftpeil ober ©ecpstbeil beS SuepcS opne
©cpabcn für ben 3npalt leicht- hätte wegbleiben tonnen. Saltgc, allgemeine Set rach»
tungen, wie fie bie erften gwei Kapitel füllen (über Sanb unb Seute am DRpein
unb in SSeftpbatcn, über bie 'Politif beS „ancicn rogimc“ jc.), ober fpäter über
bie Slationalitäten -in ©eftcrreicb, über bie SORarfeiflaife u. bgl. machen ben Scfcr,
ber etwas neues über Seetpoccn erfahren will, leicht ungebulbig unb mifjccr»
gnügt. GS ift aflerbingS nacp Goetbe’S treffenbem 3ln6fprucp bie Aufgabe ber
Siograpbie „ben 9Jtcnfd;cn in feinen 3ottverlpä(tniffen barguftellcn unb gu geigen,
inwiefemc ipm baS Gange wiberftrebt, inwiefern cs it>n begünftigt, wie er fiep
feine Sßelt» unb 9J?cnfchcnanficpt barauo gebilbet unb wie er fie, wenn er ftfinft*
ler, Sinter, ©cpriftftcllet ift, Wieber nach auf;en abfpiegelt“.
3(flein wir glauben, baf; Scc 1'L nicpt ftreng genug in ber ©Reibung beS SJe*
fentlicpcn com Unwcfentlichen corgegangen, unb baf; er felbft folcpe allgemeine
Serpältniffe, bie an fid; für SeetpocenS Gntwicfluug immerhin wesentlich beiden
bürfen, mitunter allgu rebfelig bcpanbelt f?at.
31uf feften, piftorifdpen 3?eben gelangen wir im britten Gapitel, unb con
t>ier an folgen wir mit Sntercffe ben 9)tittpeilungcu beS SerfafferS über Sonn
unb ben Gpurfürften 9)1 arimi(ian ft rie brich, unter beffcn {Regierung Seetpe»
ccn geboren würbe. ©icfer Ghurfürft ift ein intereffanteS Gparafterbilb, ein wab=
rer SppuS.bcS „ancieu regime“ an ben Heineren bcutfdpcn dpöfen. 2rop feiner
rollftänbigen Untbätigfeit unb lodferen SORoral war 9Jlajr Sriebrid) beim Solfe
fefjr beliebt, weil er gutmütig unb freunblich war. ©aS Sknige, waS „regiert“
würbe, gefd;a^ burdp ben gewanbten unb mächtigen SOiinifter con Selberbufd),
ber feinem .spernt audp gum Gpnrput gu ccrpelfen gewußt tjattc. 31 uS ©antbarfeit
bafftr, wie für bie Serwaltung beS gangen SanbeS, bie bem gciftlicpcn .pevrn gar
gu müpfant bünfte, lief; biefer ben SOiinifter fcpalten unb walten, wie er mochte
unb feilte fogar feine Geliebte mit ipm, bie Gräfin Gardine con ©aper*
bofen. ©iefc gemeiniamc aPcrgcnSangelegeupcit cerbanb bie beiben würbigen
9)iännev anf baS intimfte unb folibefte mit einander, ©er Gpnrfürft hielt
natürlich and; grof;e ©tüdfe auf fein Keines ,£>oftpcater unb feine Gapelle.
Sei legerer befanb fiep ber cpurfürftlicpc Gapellmcifter unb Safjjängct 3 ub w i g
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»an Seetho»en, bet ©rofwater unfereS SfReifterS, ein f(einet fräftiger 2Rann
mit äufjerfl lebhaften 8(ugen', ber a(8 jfünftler fehr geartet war. gerner a(8 Eene»
rift be(|eit ©ofm Sodann »an Seethocen. Sejjterer heiratete im Sa^re 1767
eine junge SBittwe, Staria SRagbalena 8apm, bie Jc<f)ter beö dhurtrier’fchen
8eib!och8 Äewericb. Sei bem jtnaben, ber biefem ©hepaar am 17. ©ecembet 1770
geboten würbe, fungirte ber ©roh»ater a(8 §)athe, nach if)tn ^ie§ ba8 Äinb
fcubwig »an Seethocen. Unter Seenöten fcheint, wie eS häufig »orfomrat, mehr
SÄefinlidlfeit mit bcm ©rofceater als mit feinem eigenen Sater gehabt gu haben,
©er ©rofjoater hatte ficf) fdjcn früh al8 felbftftänbiger Gtwrafter erwiefen. 31(8
»iergefwjähriger Änabe war er feiner gamilic in Antwerpen baoongelanfen
nnb nie wieber in feine Saterftabt gurüdgefehrt. Gr geriet^ (ft^on »ot 1730) nach
Somt unb trat in cburfürfHic^e ©ienfte.
©er Sater unfereS Seetfjo»en (Sodann ». Seetboeen) war ein 5Rann »on
geringer Silbung, unfremtblicbcm SBcfcn unb bem Jrunf ergeben. 21(8 ihm noch
gwei ©ebne geboren würben (bie fpäterhin in ftblimmer SÖcifc berühmt gewor»
benen &ar( unb 3obann), begann bem Sater bie ©orge um beten Geltung
f<hweret aufs Jperj gu faden. Gr badete, bie früh b trepr brecbenben muftfalifcben
2(n(agen feines 2(elteften bemerfenb, ben Änabcn fo fchnell a(8 möglich gum 3Bun=
berfinb gu präpariren unb ihn, na<b ÜJtogartB Sorbilb, reifen gu (affen, ©et
fteinc Subwig würbe bemnacb mit rftrffid)tSlcfev ©trengc unauSgcfejjt gum Äfa»
»icrfpielcn angebalten, ein Strang, ber ihm bama(8 bie Stufif »erleibetc unb noch
in fpäteren 3abren a(S unangenehme Grinnernng nach triefte, ©er flehte Seetboten
batte fiep halb eine folc^e gertigfeit auf bem ©tarier erworben, baff ber Gburfürjt,
»on feinem Talente überrafebt, für feine SluSbilbuitg gu forgett befcplof;. Gr lie§ ihn
guerft »on bem apoforganiften »an ben Geber, bann »on bem Siufifbirector
fReefe unterrichten. SReefe war als SRnfifbirector be8 SbeaterS, a(8 ©<bü(er be8
bamalS fo berühmten 3ob 2(bam filier, enfclitb als tüchtiger Gomponifl unb
Älaoier» unb ©rgelfpieler ber berrorragenbfte SRufifer in Soun. Gs ift ein bau»
feuSWertpeS Unternehmen, baf; 9t o (;•( unS biefen tüchtigen SDtenn unb Äünftler,
ber unleugbaren Ginflujj auf SeetpooenS 2(uöbi(bung genommen, ausführlicher
fchilbert, als bisher gefepehen ift. „23erbe ich einft ein großer 9Ranu, fo
haben auch ©te Speil baran" feprieb Seetho»en auS Sßien an fReefe, bem et
geitlebenS bie banfbarftc OXnbänglic^feit bewahrte. 5Reefe feinerfeitS erfannte guerft
mit fixerem Slid bie ungemeine Segabung feines ©d^ülcrS. 3n einem Sertdf>t
über bie 9Rufifguftänbe SonnS (». 1783) f<hrcibt 5Reefe »on bem einjährigen
Seetho»en „biefeS junge ©eitie »erbientc Unterftüpung. bah e8 reife 11
fönnte. Gr würbe gewifs ein gweiter 2S. 21. 9Rogart werben, wenn er fo fort»
fepritte wie er angerangen." GS ift bie8 bie erfte öffentliche Grwähnung Seetho»
»en8, bie fi<h »orfinbet
5Rop( hanbelt tuerauf »on SeethooenS erfter „©d^ute unb Silbung", wobei
aflerbingS mehr gu errathen unb gu folgern, als ^tftorifc^ feftgujteHen war. Hebet
1864. 8 anb H3, 60
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bie lieBenSroürbige gamilie SSreunig, wel<Be burd) ebfe SSilbung unb ©efeflig»
feit fo woBltBatig auf SeetBooenS 3üngling8jaBre einroirfte erfahren wir manch
angieBenbeS ©etail.
Gine Ueberfidjt be@ 3uftanbeS bet bamaligen Sitteratur, Äunft urtb ©(Bau»
BfiBne fältelt baS „Gtfie SSudj" beö fRoBI’fcBen SBerfeS. ©aS gweite “Beginnt mit
einet warmen angieBenben ©<Bilberung beS GBurfürjicn SJtajrimilian 3 rang,
bet ben Flamen eines „33ater8 feine? 33olfeS" Betbiente. ©iefet öfterrci<^if<^e Grg»
Bergog war bet jüngfte ©oBn 50toria SBerefia’8 unb Batte, bis auf bie förperli<Be
SleBnticBfeit, alle ^errlic^en Gigenf<Baften biefer grau geerbt; ©runb genug, baf;
wir !Defterrei<Ber ein bereit lebhaftes Sntereffe an iBm neBmen. 3Rajc §rang
jtellte SSeetBooen im 3abre 1785 als ©rganifieit an ber <Burfütfili<Ben Jpof»
capefle an; im 3aBre 1787 lief; er i^n nad) SBien, bem ©lang» unb SRittel»
punftc beS mufifalifcBen SebenS in ©eutfdjlanb, reifen. ©bettfaHS ein DefterreicBer,
ber ©eutftBotbenSritter ©raf Äarl b. SBalbftein war e8, beffen Fürwort unb
fßermütlung B*^** bte wi<Btigfte IR olle fpieftc. ©raf SBalbftein (berfelBc bem
SSeetBooen fpäter burdf) bie C-dur=©onate ein BleibenbeS ©enfmal gefegt) war ber
Liebling unb Beftanbige ©efäBrte be8 jungen GBurfiirften. ©elbft mufifalifdjer Äen=
net unb ©ilettant, Batte ©raf SBalbftein ben jungen SSeetBooen in feinen Befon»
beren ©<Büfc genommen unb beffen SBiencr fRetfe Bei bem GBurfürften burcBgefejd.
©er 33erfaffer wibmet SSeetBooenS „SSefutB Bei SRogart" ein eigenes Gapitel
unb legt auf ba§ flüchtige 3ufammentreffen be8 angeBenben Gomponiften mit bem
BerüBmten SReifter ein ©ewidjt, weites baSfelbe, uttfereS Grasten?, feineSwegS
Batte; bie fdBwere SSebeutfamfeit bicfeS Sefud)c8 fann man nur butd) eine etwas
WoBlfeile 33orau8naBme fpäterer IReflerionen fünftüd) gewinnen. Gin rein äußeret
ttmftanb war e8, ber ben fecBSgeBttjäBrigen SSeetBooen na<B faum fed)8wö(Bentlid)em
Aufenthalte in SBicn na<B SSonn gurücftrieb. Gin SStief feines SSaterS forbertc
SeetBonen fategorifcB gut fcBteunigen IRücffeBr auf ©ie geliebte 9Rutter lag
unrettbar an ber SluSgeBrung barnieber. SBir erfahren biefen llmftanb au8 einem
©^reiben 33eetBooenS (an ©r. ©(Babe in Augsburg), ba8 SRoBl (na<B einer
englifd>en SKittBeilung) gum erften ÜRale oeröffeittli(Bt.
SSeetBooen ifi nach SSonn gurücfgefeBrt. ©ie 3aBre (1787 Bi8 1792) bie er
bafelbft, bis gu feiner befinitioen Uebetfieblung na<B SBien, »erlebt, füllen baS
britte 33u<B („GrwacBett").
, SSeetBooenS SBätigfeit als GlaoietleBrer, als SSirtuofe unb unermübli<B oor»
Watts ftrebenber Gomponift, enblicB als GapeHmitglieb im ©B f af e t ut| b bet ^ird}e
wirb ausführlich gef^ilbert. ©aS bamalige ÄunftleBen in SSonn unb bie barin
Beroorragenben fPerfönlidjfeiten, bie gefelligen Äreife, in benen fi<B SSeetBooen Be»
wegte, werben unS uorgefüfirt. ©er AuS6ruch ber frgngöfif^en SReoolution oeran»
lafjte ben SSerfaffer gu einer Grörterung iBrer SBirfungen in ©eutf^lanb unb iBreS
GinbrucfeS auf SSeetBooen. ©ie tiefe unb entf^eibenbe SBirfung ber frangöftfcBen
IReoolutionSibeen auf SSeetBooen fann man ftdf) allerbingS gu gro§ faum benfen; bie
ttnterfu<Bwtg aber, welken Ginbrud getabe bie SDiarfeillaifc auf SSeetBooen
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gemacht habe' (wenn er fie überhaupt bamal? gehört), febeint un? ju febwer genommen.
9Rit 33eetfyo»cnö Slnfunft in Sien f<blie§t ber erfte Sanb be? 91 o ^ l’fc^en Ser»
fe?, ba? ficb ebne 3wcife( jn^lreic^er Seiet erfreuen wirb. Sie im „2lttbang" auf»
geführten (Sitate, llrfunben unb 23ewei?ftellen, welche für bic Selefen^eit unb ben
gleifj be? 33erfaffer? Beugnif; geben, hätten wir entwcber unter ben Sejrt fefbft
ober boch mit fcrtlaufenben Hummern bejcitfjnet gewünfcbt; wie fie hier angeorb*
net erf^cinen, erfebweren fie bic 33enü§ung ungemein. Sie Stnöftattnng be? (bet
ep. SKarfgraf mfrgten, bei 3- Soweit tbal gebrucften) 33anbe? ift fef)r em»
pfeblcnb.
Sir ftaben im oerfloffencn Sabre in biefen Slattern ein Serf »on £. 5Dt.
©ebtettercr über „Sa? beutfc^c ©ingfpiel" angejeigt unb ba? redliche, neue
fOtatcriale banfbar l)eroorgeboben, ba? ber Serfaffer 3 ur ©efc^id^te bet ätteften
beutfdjen ©ingfpielc beigebrad)t (tat. Sie neue ^ublication ©cbletterer? (jwei
©inglpiele oon Job. Stift, au? ber SEHittc beö 17. 3a^r|unbertö) bängt mit bem
früheren 23ueb iniofent jufamtnen, alb bamal? »ber engbemeffene Staunt ben ülbbtucf
rodftänbiger ©ingfpieltejrtc nur in befd>ränftem fDtafjc erlaubt bat". Sir tonnen
ben beibett oon ©djlctterer abgefonbert b«au?gegebenen St i ft'fdjen ©tüefen leibet
fein b'ö^ercö Sntereffe, alb ein rein litterariftfjeö beimeffen. ©8 finb fyotye, nüdj»
terne Slllegorieen, ebne Sijj nnb ebne ^oefte, breit unb mafjle? langweilig. @ine
bei (bei bene 33rofö)ürc über biefen ftuttb batte gewif) weit banfbarere Slufnabme
oerbient unb gefunben, als ’ biefer bitfe ©ref)=£)cta»=23anb mit 82 ©eiten (Sin»
leitung unb 238 ©eiten 2i i ft'icbcr 'Poefie. Un? bie mübiamc Seetüre folc^er Un»
geheuer 31 t erfparen, ba 3 u finb ja bie Sitteratm'gefdji^ten unb ©eifpielfammlungen
ba. Slnbere als fac^männiidjc Scfer werben bie? , ( friebewünfd)enbc" unb „f riebe»
jauebsenbe Seutfcblanb" faum mit Slntl;eil burrfjtefen. 2lm wenigften fönnen wir
an bie pafriotifeb»begeifternbe Sirfung glauben, bie ber Herausgeber oon biefen
fPubliratienen E>cfft. „33eibe ©cbaufpiele" lagt ©cbletterer in ber 33orrebe,
„tbeilweife entftanben in einer j<bweren unb trüben Seit unb bureb jebeö Sort
an fie erimtemb, bürften in biejem 2 lugenbliefe, gan 3 abgefeben »ott bem
litterarif eben Sntereffe, beinahe als eine §efigabe 31 t betrachten fein". @r
erinnert an bic 3ab re 1813 unb 1815 unb fcbliefst, auf bie neueften politifeben
(Sreigniffe übetgebenb, mit folgenbem Stuöruf: „Sie lange muffen wir noch febam»
rotb unfere ©liefe 3 U 23oben fenfen, wenn ©cl) l e ? w i g».§> 01 ft e i n ?,ba? auch ba?
S5aterlanb beö Siebter? ber »orlngenben ©cbaufpiele ift, gebaebt wirb? 0 ©taat?»
mann! ©taatSmamt! wie lauge nod) bältft bu bie Sofe bet 23ö(fet in beinen
unreinen Hünben unb entjebeibeft barüber in beinern falfeben lijtigen H cr 3 fn •
0, möebten boeh bie mabnenben Sorte beö alten Siebter?, ber bi« int neuen ©e»
wanbe oor unfere Beit Eintritt, nicht nujjlo? rerballen! SJtöcbte feine fe^liefjte
Siebe un? fortwäbrenb anfpornen, bem 3wf« naeb 3 ttftreben, beffen (Erreichung
un? bi? 3 ur ©tunbe oerfagt blieb! Sfööge ba?, wa? et un? fagt unb woran er
un? erinnert, bic Äraft lebenbiger Sarnung nie oerlieten!" 211? geeignete? fDtittel
jn foleb politifeber unb patriotif<ber Äatbarrfi? fönnen wir bie 3R i ft'fefjen ©ebau»
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fpiele nach weniger anfehen, benn alB poetifd) angiehenbe $)robuctc. 2Ba8 ©<hl«Ö*
wig*£olftein unb bie anberen (Sonflicte unfereB SSaterlanbeB betrifft, fo finb wir
profaifdj genug gu glaubeu, jeber tüchtig gebaute unb »arm gefdjriebene
Seitartilel mehr für bie beutfdfje ©ad;e »ir!t, alB alle Äomßbien SRift’ö gufammen*
genommen. 9)lit beftem SBiöen unb rollfter Slnerlennung ber patriotifdjen ©enbeng
biefer ©tüde lann bod) unfere Silbung lein intimes SSerhältnif} mit benfelben ein*
gehen. S3ir »erben biefe ©elegenheitßpoefieen, bie einen patriotifdpen ©ebanlen auf
geiftlofe, unpoetifche, mitunter rohe unb wiber»ärtige Söeife breit treten, l>öd>fien8
mit einer 2(rt gerührter Sieugier burd)blättern, wie jebe anberc Beilage gu jenem
traurigen, großen Stet unjeter ©efd)id)te: bem breifjigjäfyriger. Ärieg.
©aB „f riebewünfehenbe Seutfdjlanfc" (furg ror bem weftphälifchen
Stieben gefdjrieben) befte^t auB brei Sieten („.fpanblungen") unb einem mehrere
©eenen umfaffenben „3wifchenfpiel"; eB ift, fo wie baB gweite ©tüd („baB friebe»
jaudjgenbe ©eutfchlanb"), gang in i'rofa getrieben unb mit eingelnen Siebern
fcurdjflcc^teu. SBeibe ©chaufpielc waren für bie Hamburger 3?üf)ne perfafjt unb
famen bafelbft gur Aufführung. 3u Anfang beB erften ©tüdeß erid)cint „HJier*
cutiuß in feinem gewöhnlichen .pabit" unb ^ält einen langen Prolog, hierauf
führt er Pier alte beutidjc gelben, Aönig Gbrenfeft (Ariorift), £>ergog
£ ermann, Sürft (Claubiuß (Cipiliß unb ßpergog SBebcfinb (Söittelinb) por,
um ihnen baß „alte ©eutfdjlanb" gu geigen, wie fie eB gelaunt hatten, unb nach
beffen Anblid fie fich auB bem Glifium fehlten. ©aB „alte ©eutfchlanb fitjt, wie
eine alte SDJatrone gang ehrbarlich gelleibet", mit Aron' unb ©cepter in einer
(Capelle; um fie her ©treitfolben, ©d)lad)t)d)werter unb allerlei teutonif^eB ©e*
räthe. Siad)bcm bie Pier gelben rot biefem S3ilbe lange Sieben über altbeutfcheB
33efen gehalten, wünf^en fie auch baB jefcige ©eutfchlanb gu fehen. ©ie ©eene
wechfelt. „©eutfchlanb erscheint, auf baB präd)tigfte ä la mode belleibet, fieht gar
frech unb »ilb auB, hat fiele ©iener unb ©ienerinnen, fonberlich folgt ihr bie
Söollufl, in mancherlei Satben, gang leichtfertig belleibet, jebcch fo, baff fie faft
halb naefenb baher geltet. ©eutfchlanb iegt fiel) auf einen gang prächtig gebauten
unb mit fdwnen ©apefcereien gefchmüdten ©hron nieber, ber Stiebe fte^t ihr gur
Siechten, bie SBoHuft gur Sinlcn." ©er Stiebe unb bie SBotluft fommen in ©treit;
©eutfdjlanb (feht b>odjmütf)iß fpredjenb unb manchmal frangöfifd)e ä la mode*Auß*
brüdc brauchenb) perhöhnt ben Stieben unb befd)ü{jt bie SBolluft. ©ic „pter alten
gelben" treten ein, fie halten ©eutfchlanb ftrenge ©ittenprebigten unb werben
bafür auf baB ©röblichfte fortgejagt. (SB folgen »iebet pergebliche Mahnungen beB
„SriebenB", ©eut)d;lanb prügelt „tapfer* biefe „unocrfchämte 23cftie" unb ftofft
fie fort, ©ie „SBolluft" bleibt, hocherfreut, ©en gweiten SJlct eröffnet ber Stiebe
„mit traurigem Antli]) unb ©eberben" unb einer noch traurigeren, enblofen Siebe
über baB „rerblenbete, elenbe ©eutfchlanb*. Auß allen biefen SDlonologen fpricht
nicht fewohl ber ©ichter, alB ber ff) r eb ig ct Siift, er wieberholt burch 50 biß GO
3eilen immer benfelben furgen ©ebanlen. „©eutfchlanb* tritt nun auf in hofftet
Fracht, pier frembe (koaliere folgen ihr: ber ©paniet ©on Antonio, bet
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fffrangofe ßWonfieur ©afton, ber Groate (SBeliepe) ©ignor Sartolomeo
unb ber „Seutfepe Sieiter" .£>err tfarel. Diefe mer berüden Seutfeplanb mit
©epmeiepeleien, traftiren fie mit Sederbiffen (worunter „Biegenfäfe") unb betäuben
fte enblicp burep oergiftete ©eine. 9Raepbent 99?ercuriu? mit einer langen ^rebigt
(ä la „Triebe") bie ©eene befept gehalten, erfepeinen bie „rier Gaoaliere" mit
99t ar?, ben fie gu äpülfe gerufen unb überwältigen mit feinem JBeiftanb ba?
feplafenbe Üeutfeplanb. @6 gept ein furchtbare? Schimpfen, ©tofjen unb prügeln
an, in welchem Seutfeptanb unterliegt unb gefangen abgefüprt wirb.
£iemit fcpliefjt ber gweite 31 et unb e? beginnt ba? fomifepe 3 wifcpenfpiel.
^auptperfen be?felben ift „ÜDtonfieur ©aufewinb“, ber mit einem Pier ©eiten
langen ÜJionolog bebütirt, worin er in fomifep praplerifepem Son all feine Äünfte,
Äenntniffe unb Erfolge aufgäplt. (5? erfepeint 9Jtar? unb fc^ilbert ipm bie $reu«
ben be§ ©otbateuftanbe?. S3ier Üableaur: ein ©auf gelage, eine Jans» unb Siebe?*
feene, eine ©pielbanf, enblid) ein prächtig ftolgirenber (General machen bie>e §reu*
ben anfepauliep, 99tercuriu? (ber in bem gangen ©tüde bie Bloße be? weifen
oäterliepen Grmapner? fpielt) tritt nun auf unb fd)ilbert mit gleicher SRebfeligfeit
bie ©efapren be? ätriegerftanbe?. 3n Pier Jableaujr 3 eigt er bem betpörten
9Btr. ©aufewinb bie Äeprieite ber ÜJiebaiße: ©elbftmorb unb Bweifampf in
§olge be? Spiel?, ©afferfuept unb Sob al? ©irfmtg ber SSöllerei, Sobtfcplag
für ben ftolgirenben ©eneral unb enblid) ben geftraften Siebe?pelben mit allem
tlinifepen Apparat al? „ein lebenbige? 31a?"! ©aufewinb;.füplt fiep burep biefe
33 ilbet fattfam perabgemuntert unb gept in fiep. ( 5 ? folgt bie „britte ^anblung*
be? ©epaufpiel?. „Ueutfeplanb gepet auff in ber ©eftalt eine? armen, elenben
Stettelweibe?, mit alten 3 erriffenen Sumpen betleibet" unb flagt in einem unab*
epbaren SOtonolog ipr Gtenb. Septere? foll jeboep er ft reept angepen; „99iar?®
erfepeint, mit ipm „ber junger", „bie fPeft" unb „ber Job“. Diefe aßegorifepen
Figuren fepitnpfen unb fcplagen „tapfer auff ba? jämmerliche Jeutfcplanb". 99tar?
fepiept fogar „mit einer fPiftolen" auf bie „©epanbbeftie unb alte Domtetpepe",
bie perwunbet liegen bleibt. Um Heutfeplanb 3 U peilen erfepeint „ber ftelbfcperer
Btatio ©tatu?*, bie ©taat?raifon, — „bie Diplomatie", würben wir peutgu*
tage fagen. Unter ben 3lßegorieen, au? benen fiep ba? gange ©tüd gufammenfept,
ift biefer gelbfeperer noep ber befte Ginfafl. Gr curirt be? langen unb breiten an
Deutfeplanb perum, wiß fie mit „Sigä", mit „Union®, mit „Neutralität* falben,
ipr ba? „Emplastrum Confoederationis cum externis“ auflegen tc., bi? bie
Patientin fiep enbliep entfcpliept „Pillulse Hypocriticce“ b. p. tpeuepelpiflen ein»
gunepmen. Die folgenbe ©eene bietet un? ein anmutpige? Stilb. „Seutfeplanb
wiß fiep gerne erbreepen, rülpet mit bem £alfe, ädppet unb tput fonft fepr übel",
bann „erbriept fie fiep abermal? peftig" unb bleibt wie tobt liegen. Der „Triebe"
tritt mitleib?ooB flagcnb gu ipr. auep 99tercuriu?, ber fte gu „reeptfepaffener wap*
rer Stufte* ermapnt. „Step, 99terfuri!" fragt bie Unglüdlicpe, „foß iep noep parier
büfjen, al? iep nunmepr faft ganper breipig 3apr getpan pabe?" G? ift bie? bie
lötgefte unb befte Antwort, bfe deutfeplanb nur geben !ann. Slflein fie wirb ob
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biefer „Serftocftheit" betb con fDtercur gegolten unb 3 ur Sufee mtb Bevfntr»
f^ung aufgeforbert. Hier tritt rin bebenflidjer $)unft rin, wo nid^t nur bie poe=
tifcpe fonbern auch bie politifcfee Slnfdjauung gänjlicf) bet ©eite gehoben wirb
unb ^paftor Stift, ber SBerfaffec unjä^ltger Kirdjenlieber, als pietiftifcher ^rebiger
uncerhüHt cor un 8 ftetjt. Ser'breifeigjährige Krieg wirb als „wob(cerbiente
Strafe" für SeutfchlanbS Unbufefertigfeit unb SLolIuft prodamirt. ©cfeliefelidh
erfdjcint Seutfcfelanb in Sufee unb (Reue fid) winbenb, cor bem &h rDne ©otteS
unb flogt fid) ber gräulichften ©ottlofigfeit an. Stad) langen Serfeanblungen cer=
3 eifet ©ott in eigener Werfen unb fcfelicfet baS ©tucf mit einer breiten einbringlichen
$)rebigt. S5ir finb nicht fo finbifd), bem frommen Stift eine SlnfchanungSweife 3 U
cerbenfen, bie in feiner Snbicibualität, feinem ©taube unb bet betulichen Stich*
tuny beS febwerbetroffenen 23olfe8 woblbegrünbet war. Stur cermögen wir nicht an
bie com Herausgeber gehoffte brilfame patrictifd?e SBirfung 3 U glauben, bie eine
folcbe ©efdjichtSanfchauung, beren ©lief nicht über ben Kreis ber eingebilbeten
eigenen ©ünbbaftigfeit reicht, h^utage üben fofl. Unfere ^iftorifcHon Kenntniffe
geftatten unS nicht mehr, ben breifeigjährigen Krieg als eine geregte ©träfe ber
SBolluft ber Seutfchen an 3 ufeben, unb wenn bie Dampfer beS SefreiungSfriegeS
fich ihre Kräftigung in Stifts pietiftifchem @ e b eu l gefucht hatten, ftatt in ben
3 ornmütbigeu Siebern Körner 6 unb ©djenfenborfS, fo wäre Seutfchlanb
wohl freute noch nicht con ber Brembherrfchaft befreit.
3Rit ber (^äblung beS 3 Writen ©c^aufptelS: „Sa 8 friebejauch 3 enbe
Seutfchlanb“ wollen wir ben Lefer cerfcbonen. @8 ift in febcv Hwfl'ht fcbwä-
cher unb langweiliger als baS erfte ©tücf. Ser Herausgeber hot beiben ©cfeau=
fielen nebft ber erwähnten Sortebe eine ausführliche (Einleitung corauSgefcfeicft,
welche nicht nur baS Leben unb bie SSirffamfeit Stifts beleuchtet, fonbern eine
fSrt Gffap über baS gan 3 e poetifche Seutfcfelanb im 17. Sahrhunbert ift. £err
©cf>letterer h°t auch h' et ln feinen Steife unb feine ©rünbliifefeit bewährt, wenn
eS ifem auch nicht geglüeft ift, über fo ciel bearbeitete 2 h <mcn < wie ^pty, ^* e
©prachgefeHfchaften unb poetifchen Drben, bie geiftliche Lieberbid)tung u. bgl. etwas
befonberS GrheblicheS ober SteueS 3 U fagen. ©eine Lobeserhebungen Stifts hoben nnS
nicht belehrt, cielmehr bleiben wir entfliehen auf ©eiten ©ercinuS' ftchen, ber
con Stifts SBerfen fagt, eS erfreute barin „aufeer ber Stegelhaftigfeit nichts bemer=
fenSwerth* unb Stift fei nur feinem Sorbilbe Dpife „mit aDer Unfelbftftänbig»
feit eines bürren SalenteS gefolgt". Sie 3 ahlrei<hen pietiftifdjen Steimereien con
Stift, bie H- ©^letterer — ohne 3 Wingenbe Stotfe — in ber Sorrebe abbrueft,
fönnen biefeS Serbkt nur bestätigen. Sie brigefügten Stltelobieen ber Sieber auS
ben beiben ©djaufpielen (gröfetentbeitS con ber Gompofition beS Lüneburger Gan*
torS ÜRicfeael Sorobi) finb für eine ©ingftimme mit be 3 tffertem Safe gefefet,
ber „Sef<hlufe<hor" cierftimmig. ©ie finb einfach, fd)lid)t, theilS 31 t gemüthli^em
SluSbrucf fiefe erfeebenb, tfeeilS 3 U platter Sürftigfeit h eta bfinfenb; ihrer ©runb=
fätbung nach am meijten ben Liebem con ©ch op cerwanbt. Sa bie mufifalif^e
S^hötigfrit jener 3 rit bei weitem nicht in bem SJtafee, wie bie litterarifche erforf^t
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iß. muffen mtr Jpemi ©kletteret für btefe 5Rufif6etlagen banfbar fein. —
3fu8 ©(biettererß gebet ift eine „Siographie Sodann gtiebtid>
5Reifärbte* angefünbigt, eine Arbeit bet mir mit großem Sntereffe entgegen«
fe^en unb bie bem gefegten SSerfaffer einen ungleich lobnenberen (Srfolg »ertpricpt,
al8 mit ben @<haufpielen JRiftg, bei aller barauf »ermenbeten ÜJiühe ju er»
reichen mar.
Slieimfdi^ediittfdie Unterfadjungen 8ßerreid)tfdjer 2Beine.
$Bon 5)t 3* 3- o. o. $>TOfeffoT ber djcmifc^en Technologie am f. f. polpted^nifc^>en
3nftitute iu Sien. (Sien, 1864. Verlag ton $arl £elf.)
Slngejeigt ton ^>rof. X ßmtv.
2)ie nächfte SSeranlaffung aur Ausführung ber im torliegenben Serben rnitge-
feilten umfaffenben chemifchen Unterfuchungen öfterrei^ifcher Seine bot bie im ©tonate
SERai 1857 t>on ber !. ?. ?anbmirtl;fchaftöge|eUfd>aft in Sien beranftaltete allgemeine
lanb* unb forftmirthfchaftliche Aufteilung, in melier bie auf ettoa grnei ^Millionen
Socken gebauten Seine DefterreichS in einer feh* befriebigenben Seife (nämlich ton
nahegu 300 AuSftellem in 1657 terfcfciebenen ©orten) tertreten rnaren.
2)ie AuSftellungSjurp befchvänfte* ftch behufs ber ^Beurteilung ber auSgeftettten
Seine auf bie 98ornal;me ber fogenannten Äoftp^obe, ttelche auch für ben ton berfelben
angeftrebten 3 n?ecf tollfommen auöreic^te, bennocb mußte aber mit Sebauern wahrge*
nommen merben, ba§ über bie fo 3 a^freic^en ©orten 6 fterreid>ifcb?er Seine fo gut urie
gar feine genauen c^emifc^en Untersuchungen torlagen. ©iefer SDßangel mußte ftch für bie*
3 ufunft um fo fühlbarer machen, als man in ben lebten 3 «h ren gelernt h a *r minbere
Seinforten, geflüßt auf eine chemifche Analpfe, burch geeignete Sehanblung 3 U terbeffern.
£err 2)r. o ^ l hat gefugt, biefem 33ebürfniffe abjuhelfen unb er übergiebt tn
bem torliegenben Serfchen bie tec^nifc^-d>emifch?e Untersuchung ton 216 betriebenen
Seinforten ber Deffentlichfeit. 93on biefen Seinforten ftammen 40 auS Ungarn, 58 auS
©teiermarf, 69 auS ©roatien unb ©latonien, 18 aus 9fteber»Defterrei<h, 7 auS Sohmen,
4 aus 2)almatien, 4 aus Siebenbürgen, 4 auS Tirol unb 1 auS 2>almatien.
2)ie Unterfuchung felbft erftreät ftch auf bie ©ichtenbeftimmung, bie ©nnittfung
beS ©äure-, Seingeift* unb ©jrtractgehalteS; bann auf bie 33eftimmung ber tor*
hanbenen SJienge ton ©Itcerin unb 3 ucfer, ber SOtenge unb 9tatur ber Afche unb -
enblich auf einige allgemeine SSerhälhtiffe über garbe, ©efchmacf, S3obcnterI;ältniffe u. f. m«
SDie ©äurebeftimmung geigte, baß bie nieberofterrei(^>ifcf>en Seine ben größten,
bie ungarischen ben geringften Säuregehalt haben. ©ie S3eftimmung beS AlfoholgehalteS
mürbe termittelft beS tom SSerfaffer conftruirten ©bulliofcopeS, alfo burd; ©rmittlung
ber ©iebetemperatur borgenommen. ©iefe Untersuchung lehrt uns, bafj bie ungarifchen
Seine bie alfoholreicbften, bie Tiroler bie alfoholärmften ftnb. Selbes SRefultat ftch
freilich nur auf bie menigen $ur Unterfuchung torliegenben Tiroler Seinforten (brei ©orten
Sntiflarer, eine Suftenauer) begießt.
. ©a ber Serth eines Seines $um Theil tom SSerhältniß feines AlfoholgehalteS
gum ©äuregehalt abhängt unb $mar im Allgemeinen um fo großer ift, fe mehr erfterer
ben lederen übertrifft, fo ljat ber SSerfaffer burch ©itifton beS AlfohofyercentgehaltS
burch btn ©äurepereentgehalt eine 3ahl für feben Sein ermittelt, mel<he er ben Säure-
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quotient trennt unb beten ©rߧe ber ©üte beß ©etneß proportional ift. Ser größte
©üurequotient ergiebt ftcp für ben ungarifcben ©eilt. Set Scflimmuttg beß ©jctractge*
palteß ber ©eine mürbe mieber burcb Sioificn beß Slßopolgehalte® burdi ben ©jctractge*
palt ein ©jrtractquotient ermittelt, melcper im umgefeprtcn Serhältniffe gur ©dürrere beß
©eineß ftept, ba er unt fo großer ift, je fleiner ber ©jrtractgcpalt bent Üllfopolgebalt
gegenüber ift.
9(uß ben erhaltenen Oiefultaten folgt, bap bie 'jtebenbürgifcpen bie mäprifcpen unb
croatifcp-flaoonifcpen ©eine gu ben leichten, bie übrigen aber gu ben ferneren ©einen
gaplen.
©aß ben 3ucfergebalt anbelangt, fei ermähnt, baf? manche ©eine gar feinen
Bucfer, fonbern Mop baß, ebenfalls jüp fd;mecfenbe ©Ipceritt enthalten, über beffen Sor-
hanbenfein in gegebenen glüfjigfeiten mir erft oer menigen Sabren tnrd> ben frangofi*
fchett ©benrifer ^afteur unterrichtet mürben. Seim Slltern ber ©eine ocrfd;minbet biefer
Seftanbtl;eil unb oerurfacpt bann bie ©peere (ÜRagerfeit) gemiffer alter ©eine.
9luß ben, ben ©cplup beß ©erfeß bübenben allgemeinen Scmerfungen erfehen mir,
bap noch fo manche® gur Serbefierung unfern ofterreidjifdjen ©eine gefcpehen fottte unb
menn auch biefe Semerfungen fid; ncip auf bie Serhältnifte oont 3al)re 1857 begießen,
fo jtnb boch auch peufe noch bie meiften Semerfungen beß ©erfafferß oolltomuteu gutref-
fenb. ©enu auch feit fetter Bett unfere inlänbifcpett ©eilte bei ber Bonbon er Slußftel*
lung im 3al;re 1862 neue 9lnerfennung gefunben haben uttb nun ber Scßlaucr neben
Sorbeaujr unb Surgunber in adelt englifcpen Sournalen anentpfol;len unb reit ben
©nglänbern auch gern gefauft mirb, fo ift boch nicht gu läugnen, bap baß Serbienft für
bibfett ©rfolg gunächft ben ©etnbänblern gebührt unb mir föttnen bem Serfaffer nur
beipflichten, menn er ben ©unfch außfpricht, bap möglichft halb recht oiele öfterreicpifcpe
©einprobucenten fiep niept nur Äemttniffe einer richtigen ©einbebanblung oerfepaffeu,
fonbern biefe auep gur Jlnmettbung bringen mögen!
©ß liegt ein reieper ©cpa($ in unferen ©einbergen begraben, aber um ihn gu
peben, genügt eß niept, bie dlebc gu pflangen unb‘bann ber 5)31utter Statur baß rneifte
gu überlaffen. Ser ©einftoef unb ber ©ein erforbern eilte gleid; forgfame pflege, oer*
nacpläffigt man biefe, fo mirb ber ©ein einem ungegogenett 3üngling vergleichbar, ber,
menn auch oon ber 9fatur mit ben peiTticpften ©aben außgeftattet, boch immer oor
bem burep Srgiepung gebilbeten SOlantte guritefftepett mup. Sen meiften öfterreiepifepen
©einen feplt leiber bißper bie nöthige 6rgtepuug, fie flnb im oollften ©inne beß ©or¬
te® SRaturmeine. ©tt fönnen baper baß ©rjepeinen beß oorliegenbett ©erfepenß nur mit
greube begrüpen, ba eß im Sereine mit ber fepon früper oon bemfeiben Serfaffer er-
fepienenen ©eprift: „Sepelfe gum ©allifiren ber ©eine" (©ien, Äarl $elf
1863) eine peilfame ttteform ber öfterreiepijepen ©einprobuction ermöglicht unb ambapnt.
B, „griebriep Submig ©(probet". Sin Äünftler* unb Öebenßbilb oon 8ubmig
Srunier. (?eipgtg, 3. 3- ©eher.) — ©fr fcebauem aufrieptig, ben tarnen beß in
oielfacpev Segiepung oerbienten Serlegerß ber ©efduepte ber beutfepen ©cpaufptelfunft oon
g. Seorient fepon mieber auf einem ^obuct orbinärfter Sucpmacperei gu begegnen, gür
men ber ftepere &err Srunier biejeß Such eigentlich gufatnmengefcprieben habe, bie grage
mirb er jribft fcpmerlicp beantmorten fönnen. ©ir beftpen eine Sicgrapbie ©eprebeeß oon
• §• 8. ©. 93ieper, ein aiterfaunteß, für bie Jpeatergefcpicpte unfepäpbareß ©erf; modte
unb fonnte £err Srunier eß burep ein beffereß oerbrängenV £aben ftep iput neue Duetten
gut Seurtpeilung beß treffliepen SORattneß eröffnet? Sft er in ber 8age 5DReper gu berich¬
tigen ? 9ti<ptß oon attebem. Sap er SDleper flefpig abgefeprieben, gefiept er im Sormorte
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offen genug ent, aber Weperß Söerf ift 3 U „bicfletbig" für baß publicum, meines ftch
$err ©runter bentt, ober, trie er in feinem claffifchcn Stil fagt: „©ei ben gal^lreid^en
fonfiigen ©tcgraphieen bebeutenber bcutfc^er Banner, bie uttfer ©olt ju beamten hat,
büVfte nur bent, beffcn anßichliegliebe ©efd;äfrigung bie Sitteratur ift, 3 cit übrig bleiben,
baß bicfleibige 2 öerf SMegerß burc^ulefen. ©>er ben rortrefflicben Sebenßbefc^veibungen
Steinß, 2 )ortß unb fo rieler anberer hetoorragenber Banner geredet geworben (!) unb
treffen Sagewerf burch 9(mtßpf(icpt unb einen feften ©eruf außgefüUt ift, ber hat ju einer
mel;rbänbigen ©icgraptyie eineß Scbaufpielers Weber $)iiige noch Neigung". 5lufcerbem hielt
ber ©erfaffer „eine anbeiß angelegte unb mit ben (Erfahrungen, bie auf bem ©ebiete
ber ©üljne in ben legten »iergig Sahren gemad't würben, bereicherte l'ebeitßbejchreibung
für notbwenbig". Sie ©ewiffenbaftigfeit beß ^Referenten, welcher fict> brnd) ein iolcfyeß
Präambulum nicht rott ber Üecture beß ©ucbeß abfcbrecfett lieg, ober, um mit unfereitt Bluter
3 U rebeit, baror nicht „jurüeffdteuchte", bat wohl 'ünfprud? auf einige 9inerfenmtng. Leiber
würbe baß Opfer burd; ttichtß belohnt. Sie „anbere Anlage“ beftebt in bent 3erreif;en
unb Surcbeinanberwerfett ber 9)laterie, bie „(Erfahrungen" in bem überflüffigften ©e-
fchwag ont Schanfpielerit ber ©egenwavt unb ber jiingfteu ©ergangenbeit, feilten (Ep*
curfen über- bie Sluffaffung bramatifd'er (Eharattere unb meiftentbeilß ganz abgefebmaeften
Paraüelcn 3 Wifcben Sdwöber, Skbwig Serricnt, Seibelmattn, Sawifon u. f. w. ©crjüglid^eß
©ewicht legt aber ber ©'erfaffer auf feine Sarftellmtg ber :lbeater$uftänte in Scutfchianb
ocr Schieber, welche unß erft bie wahre ©löge Scbröberß etfennen machen feil. Siefeß
Kapitel, origineller ©>eiie übetfehrteben „Scbröberß ©eburt unb Sugenbjahre" ift wirtlich
unterhaltend 3unad;ft werben wir belehrt, eß fei „ber Ort, wo bte 2Biege groger unb
bebeutenber SRämter geftanben, niemalß ein zufälliger, foitbern burch bie ©orfebung oft
finnbilblid; unb oorbebeutenb außgewäblt"; ©eweiß bafür bie ©eburt beß fteilanbß in
einer Grippe unb 9iapoleonß I. auf einem Teppich, „wo Ülchiüeß, Sljajr, Agamemnon
unfc aUe bie anberen gewaltigen Äriegßhelben prangten". Unb fo mufjte Streber gerabe
in Schwerin geboren werben, wohin fchon riet Sabre früher £er§og (il)tiftian Öubwig
ben Principal Sdjöuemanu berufen hatte! Sarauß ergiebt ftd) bie fRotbwenbigfeit, fehr
umftanblich bie Schweriner SJ^eate^uftcinbe im vorigen Sahrhunbcrt zu fchilbern, aHerl;anb
Urteile über (Srt'hof gufammen^ufdweiben, Stellen auß ©ktyrheit unb Sichtung zu citiren k.,
aüeß baß mit wahrhaft rüf;renber iRaioetät. Sie JlnEünbtgung eineß Spectafelftücfeß f Saß
entfette 'Jiaioa", in bem bamalß gang unb gäben Stil gehalten, oeranlagt £errn ©ru¬
nter zu nad;ftehenbem fcftlichen Gommentar. „Sa eß im Anfänge beß achtzehnten Sabr*
l;ttnberteß noch fef;r wenige 3?itungen gab, unb biefe nur oon einem fleinen Publicum
gelejen würben, weil bamalß bie wiffenfcbaftlicbe fowo.hl alß bie politifche Seite (!) beim
©ölte noch fehr unaußgebilbet war, fo gelangte oft erft burch ben Jh eater 3 e *M 3 U
©ielett, ja melleid;t 3 U ben ^Reiften, bie Äunbe oon einer grogen Schlacht ober fonft
einem wichtigen (Eretgniffe, baß fich in fremben 2änbern zugetragen hatte", ffiir erfchen
auß bem ©u^e nur, bag bei ^)enn ©runier »erfdjiebene „Seiten" fel>r unaußgebilbet
finb unb er bie Äenntni§ ber 3eit, welche er fchilbent will, in ber Shat nur ben Sweater-
jettein unb äh ca ^ er ^ a ^ en ^ ern 3 U »erbauten feheint. Sieben il)tn ift $>en Paßque', bet
^tfiortograph ber ©oethe’fchen il;eaterleitung ohne grage ein Schriftfteller non ©eruf.
Sticht einmal alß 9lachfcf)lagebuch ift biefe oerworrene Siograpl;ie 3 U gebrauchen, unb eß
wäre nichtß bebauerlicher, alß wenn biefelbe etwa baß (Erscheinen einer längft nothwenbigen
neuen Auflage beß SReuer’fchen ©ßerteß nerhinbern follte.
glirß „©riefe auß SRom", welche nor wenigen Monaten bei SSagner in
Snnßhrucf erfchienen ftnb, enegen in ben weiteften Greifen Slufmertfamfeit. Sie erfte
Auflage ift bereitß »ergriffen unb eß wirb in wenigen SBothen bie zweite Auflage auß»
gegeben werben.
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K. W. 9luf bie fönftlerifdje Slugfcfemücfung ber öffentlichen ©runnen haben bie ®e*
meinben in älterer unb neuerer 3eit ftet« eine befonbere Sorgfalt verwenbet. Such ffiien
blieb barin nicht gurücf, u?ie aber leiber nur mel;r au« ben alten Stabtrechnungen, worin
bie Äoften ber ©rbauung vergebet erfcheinen, gu erjel;en ift. 911« Äaifer gerbinanb I.
ber Stabt SBien bie ©enüfeung fce« au« ben Quellen beß Söiener Serge« für bie ©e*
wäfferung be« ©urggarten« hereingeleiteten Gaffer«, welche« burch »Störung be« Stern*
pol«brunn von Sanb Margarethenhof" in ben ©arten entbehrlich würbe, lern Stabtrathe
überließ errichtete biefer im Sahre 1563 auf bem neuen Marfte einen ©runnen
mit fteinernem ©eefen in ber Stahe be« fürftlich Schwargenberg’fchen Palai«, welken
er im Sahre 1635 erneuern unb mit giguren, Saubwerf unb bem ftäbtifchen SBappen
barunter mit acht „Äinblen* fchmücfen lieg. ©iefer ©runnen verblieb bafelbft nur bi«
gu Anfang be« 18. Sahrljunbert« unb verfchwanb wieber, al« in biefer 3eit ber Pranger
mit bem Hochgerichte von bem piafee entfernt unb ber Sleue Marft verfchbnert würbe,
©ei bicfem Slnlaffe befcblog ber Stabtrath ben ©runnen in bie Mitte be« piafee« gu
verfemen unb beauftragte im Sahre 1736 SRapI^ael ©onner mit ber fünftlerijchen 9lu«*
fehmüefung be« neuen ©runnen«, ungeachtet fich viele Stimmen bafür erhoben, mit biefer
Aufgabe ben italienifchen ©ilbhauer Mathielli gu betrauen. Urfprünglich foüte bie
&u0f<hmücfung nur auf bie mittlere ©nippe fich begrünten; ©onner« 2öer! fanbaber
fo lebhaften ©eifati, bag ber Stabtrath beflieg, auch bie ©infaffung be« Steinbecfen«
mit vier giguren, vorftellenb bie vier in bie ©onau fich ergiegenben glüffe be« ©rg*
hergogthume« Cefterreich, gu vergieren. Sämmtliche Äoften ber Steinmefearbeiten unb
be« ©ilbhauer« beliefen (Ich auf 7000 fl., worunter jeboch !eine«weg« ber ®ug ber
giguren mitbegriffen war, ba biefer im ftäbtifchen ©ugljaufe am 9llferbach bewerffteüigt
würbe. ‘3nm ©ufje (au« ©lei unb 3inn) hatte man »ohnbrauchbare 11 Stücfe be« bürger«
liehen 3eughaufe« verwenbet; bie Äoften be« Umgiefjen« betrugen 689 fl.
©er geringe Schüfe gegeu bie ©efchäbigung ber vier am Sianbe be« ©eefen« an¬
gebrachten giguren unb wirtlich eingetretene Schaben an ben lefeteren waren Urfache, bag
biefelben fd>on nach ungefähr 30 3ah ren 15011 b em ©runnen entfernt unb in ba« bürger¬
liche 3eughau« übertragen würben, wo fie bi« gum Sahre 1801 verblieben unb erft in
biefem 3uf;re, burch ben ©ilbhauer Martin gif eher reftaurirt, neuerbing« ihre urfprüng*
liehe 9luffteUung erhielten. 3um Schufee ber giguren halte bie ©emeinbe ben ©runnen
mit einem @i 11er umgeben. Slu« un« unbefannten ©rünben • würbe jeboch biefe«
©itter wieber entfernt unb fo gefchah e«, bag eine« ber voüenbetften Äunftwerfe unb
fpeciell eine ber fcfeönften Arbeiten Stappael ©onner« feit Salden fcfeufelo« bem ©anbali«*
mu« unb SJiuthwiüen prei«gegeben ift. — ©ie Sdjabhaftigteit be« ©eefen« ift bie ©er*
anlaffung, ba§ bie Slufmertfamteit be« ©emeinberathe« neuerbing« auf bie Sieftauration
be« ©runnen« gelenft würbe unb mit aufrichtiger greube höben wir vernommen, bafe
hiebei auch burchgreifenb für bie ©rhaltung ber herrlichen ©runnenfiguren Sorge getra*
gen werben wirb ©ewig wirb fich unfere ©emeinbevertretung bamit ein groge« ©erbienft
um eine« ber bebeutenbften unb feit einem 3abrhunberte ba« lebfeaftefte Snterejfe ber
Äunftfreunbe in Slnfprucp nebmenben SBerte monumentaler plaftif in SBien erwerben.
’Profeffor unb ©ombaumeifter griebrich Schmibt unternimmt mit feinen Schülern
an ber Slfabetnie ber bilbenben Äünfte in biefem Sah** einen 9lu«flug nach Prag, gu
bem 3u?ecfe, Aufnahmen ber Saubenfmale ber Molbauftabt gu veranlagen.
P. (©om fratigßfifch en ©üdhermarlt.) ©ei bem burch folibe unb gefchmatf*
volle 9lu«ftattung guter ©ücher berühmten ©erleger Slubrp erfchien: „Histoire des
Chevaliers templiers et de leurs prötendus successeurs, suivie de l’histoire
des ordres du Christ et de Montesa, par Eliz6 de Montagnac“. ©er ©erfaffer
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fcpwanfte lange über bie grcfte gvage, bie in nerfcpiebenen Schriften fo nerfcpieben beur*
tpeilt worben ift, nämlich über ben ©rab bev Sd'ulb, welche bie Jempler betrifft. Prft
nacp genauem Stubium ber officiellen 2>ecumente beß $Prece|ieß bilbete £err Dftcntagnac
fein Urteil, weldwß baptn lautet, baß bie Jempler gati^ unjd;ulbig in Se^ug auf bie
ihnen $ur l*aft gelegten ©erbrechen waren. baß fte nur $u nid DJiacbt, Dieicbtpum unb
£ecpmutp befaßen, baß yb?tUpp -ber Schone fid; rer ben Üeniplern fürd'tete, ^apft Pie*
men« V. nor Philipp bein Schonen unb baß ber *pabft unb ber Äönig ben Untergang
ber Templer ^erbeifü^rten, um fid) in bie beträchtlichen ©üter beß SDrbenß gu tpeilen.
1 3wei mtereffante arcpäolegifcpe Serie begannen 3 U erfcbeiucn: „Le temple ä
Jerusalem par Vogue“ unb „Voyage archeologique en Macedoine par Heuzey“.
33etbe Serie pabcn Äbbilbungen unb werben in rc i ff en fd> a ft lieb en Äreifett um fo will*
fommener fein, alß ipre 2 (ußftattung eine febr forgfältige ift unb fie bie neueften gor*
febungen bringen.
„La reine Marie Leckzinska, etude historique par la comtesse I)*** n£e
comtesse de Segur“ beißt ein 2)ucb, baß, obgleich non S)ameul;anb perrüprenb, ftep
hoch auf febr emfte unb genaue piftcrifcbe Stubien grünbet. Ptwaß pifanter, wenngleicp
auch au f gcfcpicptlicbeß Cuettenftubium pinweifenb, ift ein neuer ©anb ber „Reines de
la main gauche“. ,©ou Papeftgue: „Les Baccliantes et les jeunes Patriciens de
Rome sous les Casars“, «sperr Papofiguc bat in feiner Silütbe^eit politifdw ©ejepiebte,
in feinem Filter Äird;engefcbid;te gefd;iieben. 3 n feinem beben Filter gerätl; er allmalig
auf fepr profane ©egenftänbe, wie ber oorliegeube ©anb 5 eigt. Pß ift baiiu ber ganje
peibnifepe Idebeecultuß unb maß bamit in ©erlinbung ftebt,^ uaper emteit. Spater
finben fiep bann auch Sflpitel über ben Untergang biefer fcplüpfrigen Seit unb über bie
SieberperfteUung ber 3bee ber Seufd)peit burep bie grauen beß Ppriftcntpumß. 5lucp
non ber ^olpganiie unb ben Serailß ber Orientalen ift bie Diebe. Pß wirb für Jperrn
Papefigue inaner fdmueriger, ©ejd'icptßpeTicbeit auf^ufinben, über bie er nod) nicht
gefchrieben pat.
©ott bem befannten ©uep beß k })pilofoppen $lug. Pomte: „Cours de philosophie
positive“ in 6 S3anben fommt jeßt eine 3 meite, non bittre beforgte ^lußgabe perauß,
bie übrigenß ein unneränberter Slbbrucf ber erften Auflage ift. totere war fcpou feit
mehreren Sapren fdten geworben, baß man ben nierfaepen $)reie für ein P;remplar
begaplte unb babei noch DJiüpe patte eineß 3 U finben.
Solowßfi, ber S>erfaffer mehrerer natienahefonomijeper Schriften, pat amp e ' n
über baß ©anfwefen veröffentlicht: „La question des banques“. ©on bem „Annu-
aire de l’^conomie politique et dfc la statistique“ erfepien ber 21 . Sabrgang.
SDiefer Heine ©anb mit fo viel 3 aplenftcff jeiepnet ficb alle 3 abre burep ©rauepbarfeit
unb tücptige 'iluffäße auß. dagegen ift baß „Annuaire du credit public“ non fyom
nofljtänbig inß Stocfen geratpen. Schon feit mehreren Sapren ^ Wh neuer ® an ^ ^it
treffe neriaffen.
Pin gran 3 ofe pat abgerechnet, baß Cefterreid^ 500.000 Pentner Rapier japrlicp
nerbrauept, ber 3cüt?frein eine fOcillicti Pentner, granfreid) fünf DJiiÜicnen, Pnglcmb
fünf^epn SJUÜicnen unb bie übrige Seit etwa jepn 9)iiÜicnen Pentner. ^Ibgetepen banon,
Paß wir niept tniffen, wo ber fra^bfijepe Palculator biefe runben 3iff?ni per pat, fommt
e 8 unß boep bebeitflicp nor, baß granfveiep fünf 9 )ial io niel Rapier ccnfuniiren foü, alß
baß niel febreibenbe unb niel bruefenbe Seutfddanb, unb baß auf ben brittifefcen Snfeln
bie Hälfte alleß ^apierß ber gan 3 en Seit ncTbraucbt wirb. 2)aß fd^eint auf benfelben
©tatiftifer pinaußgulaufen, ber unlängft behauptete, ein pnglanber arbeite fo niel wie
1 */* ^nn^ofen, biefe fo niel alß 3 £>eutfcpe unb biefe wieber fo niel wie 9 dürfen.
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@i$ungtf)erid)te<
3u$?u0 aus item JDratakaUe
bet 5. Sipung bet f. f. ©entralcommiffion gur ©rforfcbung unb (Spaltung ber 33au-
benfmale, welche unter bem SSorfx^e Sr. ©^celleng beS $errn ^)rafibenten Scfeph
Alejranber §reit;errn v. geifert am 21. April 1864 abgehalten würbe.
©iner 3ufd>rift Sr. ©jtceUeng beS 6errn ginangminifterS sufolge, laut welcher baS
f)riug ©ugen-fPalaiS in ber £>immelpf ortgaffe im 3nnem ftplgemäß reftaurirt werben
foll, unb bie ©entralcommiffion eingefaben wirb, bei biefer (Gelegenheit non ben räumli¬
chen SSerbältniifen unb Stilformen beS 33aueS für i^re 3wecfe ©inficht unb Act gu
nehmen, mürben non Seite beS £erm fPrafibenten bie Herren faif. SRatl; Alb. ©amejina
als ©onfervator non Sien unb $)roferfcr ©. StoSner als Arcbiteft abgeorbnet, um jener
©inlabung namens ber ©entralccmmiffion geige gu leiften unb ber leiteten über ba$
Mefultat ber noflgogenen 5?eftcf>Hgung ^Bericht gu erftatten.
£err ^rofeifor SRcSner berichtet über biefe Seficbtigung vorläufig in turgen Sor¬
ten unb verfpricht ber ©entralcommiffion ein im SSereine mit £>errn ©amefina gu ver*
faffenbeS illuftrirteS ©laborat unterbreiten gu wellen, welches ben Antrag gu einer glücf-
liehen 26fung ber angeregten 9teftaurationSfrage enthalten werbe.
2>ie ©entralcommiffion nimmt biefen ©egenftanb aus einer hoppelten Stücfficht gut
fehr erfreulichen Äenntniß; eimnal weil e$ fuh babei um bie tl;unliche £erftellung be$
einer ber ruhmvoUften ^erioben ber neueren ©ef^ichte OefterreichS unb bem berühmteren
feiner gelbhenn unb Staatsmänner angel)origen SaubenfmalS in ben Stanb feiner
früheren Schönheit unb ?)rad;t hobelt unb gweitenS weil mit ber ehrenvollen Aufforbe-
rung Sr. ©jrcelleng beS $emt ginangminifterS ber ©entralcommiffion Anlaß gu einer
berufSniäßigen ©infichtname unb 33ethatigung geboten wirb, bie von Seiten mancher
anberer Drgane bei mit hiftorifchen Saubenfmalen beabfichtigten SSeränberungen leiber
nicht feiten außer Ad?t gelaffen gu werben pflegt.
35aS Statthaltereipräftbium für Steiermarf hat neuerlich von ben Sorfehrungen
gur SReftaurirung ber Seitencapelle in ber Stabtpfantirche gu ©itti fJRittheilung gemacht,
worauf ber ?)rofeffor ber Architeftur $err griebrid; Schmibt mit SRücfftcht auf ein in
berfelben Angelegenheit von ihm früher abgegebenes ©utachten erfuc^t würbe, fleh noch¬
mals barüber gu äußern.
3n bem nun eingelangten Schreiben erflärt $err ^rof. Schmibt, baß eS ihm,
ol;ne ben erwähnten S3au gefehen gu haben, unmöglich fei, über bie Vorlagen ein weite¬
res fachgemäßes Urteil abgugeben. ®r beantragt bal;er, einen ga<hmaun gur Prüfung
ber in Sftebe ftebenben SReftaurirung an Drt unb Stelle abgufenben, welcher Antrag von
ber ©entralcommiffion einfiimmig angenommen unb begüglich ber Au$wal;l ber betreffen-
ben ^erjonlichfeit in weitere ©rwägung gegogen wirb.
35er h^thmürbige $err 33if<hof von Sgathmdr S)r. SÖRich* #aaS liberfenbet eine
33ef<hrei6ung ber alten fatbolifchen Äirche in gefete Arbo im Ugocfaer ©omitate unb
ber an berfelben entbeeften Sanbgemälbe, nebft ben nach Mefen lederen angefertigten
Aufnahmen.
Auffap unb 3eichnungen werben ber Sebaction ber 5Rittl;eilungen gugewiefen.
2>ie gleichseitige Angeige beS ho<hw. §erm SMfchofS, baß bem Sunf^e ber Sentral-
commiffion wegen Aufnahme unb SSefd&reibung ber «fcolgfirchen in Dber-Ungam ehetljun-
lichft entfpro^en werben wirb, wirb gur Äenntniß genommen.
2)ie !. !. Statthalterei für DRieber-Defterreich hat ber ©entralcommiffion baS
9>roject gur Seftaurirung ber Sebadjung an ber ?eonharbicapetle gu 3)eutfch-Altenburg
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797
gut ^Begutachtung mitgetheilt. 2(uf ©runblage bet Acufjerung fceS über bie oorgunehmen*
ben Arbeiten einuemcmmenen $ercn |>rofefior Redner fpric^t ftcb bie' Gommiffion gegen
bie beantragte ^erfteßung eines wafferbichten SachühergugeS aus StcinaSphalt fc^cn be£-
wegen aus, weit biefeS ffllatcriale bem häufigen unb grellen Sentpcraturwechfel bes I;er*
fc^enben Älima’S gegenüber ftcb nid>t bewahren würbe. Allein bie projectirte flache 33e-
baebung würbe auch ben äfthetifchen unb ftiliftifeben Anforberungeit nicht entsprechen unb
ocrgugSweife in biefev JRüefftcht wirb tefchloffen, ber genannten ©tatthaltcrei, anftatt ber
Ausführung ber projectirten Schalung, bie .sperftcllung eines gewöhnlichen gegimmerten,
mit gutem Material eingebeeften SacheS gu empfehlen.
Scr Gonferoator für 3?ci;men f ©raf grang r. 2^un f berichtet, ba§ ber fegenannte
Äaiferfaal ber Aaiferburg in Ggcr nur mehr aus SReften befiele, bie nach feinem eigenen
Dafürhalten, wie nach bem eingebclten ©utachten fewohl beö Leiters beS Öegirfebau-
amteS in Gger, als and; bes ^refeffors ber Slrdjiteftur Sernharb ©rueber, gu gering
finb, um an eine SRcftaurirung beS SaueS, eine SSieberbcrfteßung feines bormaligen 33e-
ftanbcS bettfen gu fönnen; bafc aber nad) bei* SSaficherung biefer beibeu ga^ntänner
alles gefd;ehe, um jene geringen, ber Gtbaltung wertben Sieftc bes Saalbaues bor weite¬
rem i>erfafle gu fcbüfccn.
gerner geigt ber genannte $err Gonfcroatcr an, bafe er ftcb im 9aufe biefeS
Sommert nad) $>rachatifc begeben werbe, um bafelbft bas bon Seite beS .fterm Gon-
feruatorS Segbefa ber befonberen Seachtung ber Gentralcommifftcn empfohlene alte SRatp*
l;auS in Augenschein gu nehmen unb bann hierüber ^Bericht unb geeignete Anträge
erftatten gu fönnen.
Gnblid; bringt ber.^err 33crict?tevftatter gut ftenntniß ber Gentralcommifficn, bah
ber bisherige Gorrefponbent in Glbogen, hinten Schmitt, feinen bleibenben Schnell in
3>rag genommen l;^t, um ftd> bafelbft auSfchliefßicb bem Stnbium ber Archäologie gu
wibmen.
Ser bortiegenbe Sericht beS #errn ©rafen b. $hun wirb 3 ur Äetmtnif;
genommen.
$>iemit würbe bie Sifcung gefchl offen.
Dmitt in MJjnwit.
2)ie am 30. Wai abgel;altene ©encratoerfammlung würbe turci einen Vortrag
be« $errn *}>rcf. Gonft. j£>5fler: „lieber, bie Serbienfte Äaifer Äarl« IV. um ba«
beutfd)e 3Reid>" eingeleitet. Son. vielen Seiten, jagte ber föebner, fei e« jum unumftejj-
liefen ©runbfaß gemacht »erben, baß Äarl IV. nur um fein Söfymen beforgt gewefen
fei, ben 3ntereffen ®eutfdjlanb« bagegen feine gürferge dicht gugewenbet habe. Sem fei
aber, bei einer objectioen Üluffaffung ber ibaten unb Seftrebungen Äarl« niefjt fc. Seit
bem ,3a^re 1197 bi« jum 3abre 1340 fei feine einheitliche ffiafjl be« heutigen Äcitig«
vergefommen, Seutjcblanb bet bei bem ewigen .pater ber giirften unb ©egenfaifer ein
39ilb fläglicfccr 3errüttung. Grft mit Äarl IV., naebbem fein ©cgner ©iintljer befeitigt,
ftanb e« feft, baß e« nur einen Äfnig in Seutfcblanb gebe; Äarl« fluger ©eift fann
aber and) auf Wittel, ben ewigen 3»iefpalt bei jeber Äai|erwal;l ju befeitigen. Siefer
2(bfic£t uerbaufte bie gclbene Sülle (1350) ihre Gntfteljung. Surcfc fie war auf ba«
beftimintefte feftgefejjt, wer ben Äaifer ja wählen l;abe, unb wie ber Äaifer ju wählen
fei. SBafl un« l;cute an ben Seftimmungcn ber gclbencn Sülle al« etwa« beebft ein*
fadje« unb natürliche« erfcfieint, ba« muffen wir, wenn wir 3eit unb llmftänbe berücf-
jicfjtigen, al« ba« 'Prebuct bc^er ftaatämämiijcber Segabung erfennen, Surcb bie golbenc
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Sülle war enblich auch bic Stellung beß SReic^cd , 511 m romifchen Zapfte feftgefteHt; bur<h
baß Sicariat beß 9>fatggrdfen oont Whein unb beß ß^urfürften oon Saufen bet ber
Sacang bcv teutfchen ftaiferwitrbe war ben päpftlicben Attfprüchen in berartigen Ballett
ein ©nbe gemalt, ©rcßer noch, alß in bem, was er tl;at, war Äarl in bem, waß er
wollte unb anflrebte. ©r begwectte eine oollftänbige fittlicbe unb fociale Weform in feinen
läutern, welche biefelben gewiß oor ben fpäteren barbarifepen Sturmen bewahrt ^ätte;
er war überzeugt, baß etn ßanb nur bei einer geregelten Serfaffung gebeil;en fönne.
3 war hatte er eine foldje ausgearbeitet, bed? bie Stanbe nahmen bie „Majestas Caro¬
lina“ nicht an. Saß beutfebe ©runbgcfeß aber, bie „golbene Sülle“ würbe oon ben
Weicpßftdnben angenommen, unb fte bat Seutfcblanb, ba fte wie ein pallabium l;ocb*
gehalten würbe, oor oielcn Stürmen bewahrt. And; ber Sorwurf fepeint Äarl mit ttn*
red;t gu treffen, baß er bie Sßcftgrenge Seutfcblanbß ben grangofen pretßgegeben ^abe.
3®dre nach Äarlß Scbe noch ein 'JJienfcfyenalter l;inbitrcp im ©eifte ber Senbertgen &arlß
fortgearbeitet worben, fo Tratte manches Unheil feine £änbet fpäter nicht getroffen; fo
aber war jein Nachfolger SBen^el burcpauS nicht ber Nlamt, baß ©ebdube Äarlß gum
Abfluß gu bringen. — Wach Seenbigung biefeß Sortrageß, bem gasreicher Seifall
folgte, würbe baß Protofoll ber lebten ©eneraloerfammlung unb ber ©efcpdftSbericpt beß
oerfloffenen Screinßjahreß oerlejen. Nach legerem gd^lt ber Serein gegenwärtig 1888
Nlitglieber, barunter 30 ftiftenbe. Sie Sammlungen beß Vereines ^aben ftch im lebten
3al;re, namentlich burd> Sd;enfungen, erfreulich oermehrt. Saß Antiquarium weißt gegen
baß Scrfahr einen 3uwad;ß oon 1050 Hummern auf, unb gdf;lt gegenwärtig 4007
Stücfe. Sie SUlüngjammlung enthalt 714 Stüct (510 &upfer* unb 204 Silbermün*
gen). Sie Siegelfammlung umfaßt gegenwärtig 2688 Siegel (3uwachß 188). Auch
eine SBappen», Sßaffen* unb Sronge|ad;enjammlung würbe im Sereine angelegt. Sae
Album bchmifchev Äünftler gd(;lt 141 Sldtter, Äupferftiche, Wabirungen, Photographien
u. f. w. Sie ©efammtgiffer beß Arduoeß beträgt 1452, um 1172 mehr alß im Sor»
jat)re. Sie Stbliotl;c! enthalt gegenwärtig 2091 Sdnbe. Unter bem 3uwacpfe befinben
fiep mehrere dußerft wertlwclle Serfe, als: „Monumenta Zollerana“, „Codex diplo-
maticus. Saxonise“, 2od;o Srahe’ß „Aftrcnomie“, gebrueft 1602 unb a. nu, welche
grbßtentheilß bem Sereine gefchenft würben. Sie ©innahmen beß Sereineß betrugen im
oerflofjencn Sabre 6259 fl. 37 fr., bie Ausgaben begiffera fuh mit 5156 fl. 74*5 fr.;
eß ergiebt [ich femit ein ßaffeüberfdniß non 1102 fl. 62*5 fr. 28irb ber Sermogenß*
ftanb 00 m Schluß beß früheren Sdhreß per 7845 fl. 91 fr. hfosugerechnet, fo ergiebt
fiep am Schluffe beß Seveinßjahrcß ein ©efammfrermogen oon 8948xfl. 53*5 fr., baß
auf nufcbvingenbe Sßeije augelegt ift. Nad;bem ber ©efcbaflebericht bon ber Serjammlung
genehmigt war, febritt biefelbe 511 ben ftatntenmdßigcn 2 M;len. Abgegeben würben im
©angen 310 Stimmgettel, 51 oon hler, bie übrigen 00 m ßanbe. 3n ben Ausfluß
würben gewählt bie Herren: Sr. Pelgcl (gum ^3rd^benten), s prof. £öfler (gum Stce*
prdfibenten), Sr. Sanhanß, ^)rof. Sriug, Sr. 3Rub. £aafc, Sr. .^allwich, ?)rof. SKaper,
©uft. Wulf, Sr. Schlefmger, A. Schmalfuß, Prof. Solfrnann unb Sr. Siechowßfp (gu
Außid;ußmitgltebern).
3n ber Sifcung ber Section für allgemeine SanbeßgefRichte »om 1 . 3uni gab
bev CbmannßftetlDertreter prof. Schein pflüg gundebft mehrere Außfünfte in Segug
auf bie oon il;m oerfaßte „©efebityte beß Ciftercienferftifteß Cffegg" unb erfldrte ftd^
bereit, bie gewünjd;ten Äürgungen oorgunel;men. Serfelbe referirte h' erau f ^ ex
gur 33egutad;tung übergebene Arbeit beß $errn P N rof. P. Ärahl in Äomotau „©efehiepte
ber Stabt dvometau". Sie Section bcfcploß, bei bem Umftanbe, baß bic cberwdhnte Ar*
beit jehon in ©pmnafialprogrammen gebrueft erfchienen ift, bie Srucflegung nicht gn
befürworten, feirbent ben Sunfcp auögufprechen, baß eine moglicpft umfaffenbe ©e*
fehlste oon Äomotau gefchriebcn werben möge. — Som f. f. 9)linifterialfecretdr
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#erra ©öhlert in SBien ift an ben Berein bie An 3 eige eingelaufen, bap et ftch
mit ©rforfchung bei ArchibS ber ehemaligen f. höhnt. ^offan^lei befchäftigt unb feine
hiftorifcpe Ausbeute bem Vereine $ur Verfügung ftette. Born AuSfcbup mürbe befcbloffen,
bie Aufmerffamfeit beS £>errn ®el;lcrt bezüglich auf 3 »ei fünfte 8 « lenfen, nämlich auf
bie Äronung bet bcf;mif^en Äcnigin Sophie, bet ®attin f Stfe^elS IV. unb bann auf
feiere Bercrbnuugen, melche baS bchmifche Bergmejen betreffen. Ben 3- Rippert ift
bet jmeite Sl;ei( beS SRanufcriptcS bet „@efcbid;te bon Srautenau" eingefchicft merben;
berfelbe mürbe £errn ^atlmich $um Steferat übergeben. £err $Prof. Scheinpflug regte
hierauf bie Stage an, ob ber herein eS nicht unternehmen feilte, ficb Angaben 31 t »er»
fchaffen übet bie beutf^e Spraye als llnterrid)tsfprad;e bet Sehranftalten Böhmens in
ben »erfchiebenen Sah^n^ten. ^ en hinauf bergenommenen ffiahlen beS DbmannS,
feinet Stellbertreters unb beS Schriftführers mürben biefelben Herren, melcbe baS lefcte
Saht biefe Aernter befleibeten ($)rof. #efler, $rof. Scheinpflug, 2)r. £allmich). mit
Acclamation mieber gemahlt.
(Scfellfdjflft Des h. btftpnifttjen 4®lu|*iims.
Unter bem Bcrfifce be$ ©rafen Glam-SRartinifc fanb ©nbe SRai bie ©eneralber-
fammlung beS fbnigl. bohm. SRufeumS ftatt. 3unächft berlaS bei ©efchäftsleiter £err
f>tof. Seme! ben SahreSbericpt, unb 3 mar in cednfcper Sprache, mährenb bie SRit-
gliebet beutfcf?e gebruefte ©jemplare beS BcrtragcS erhielten. Stacbbem bet lefctere been*
bet mar, nahm $r. Stieger baS SBort. ®r fefct in längerer Siebe auöeinanbcr, baff bei
bet -namhaften Bereicherung, bie bas bohm. SRufeum namentlich burch bie lefctmifligen
©ejehenfe beS beworbenen JUC. 3cf. ßocb'Äanfa unb beS ^rcf. SR. Scf* Setjl er¬
fahren, Biographien biefer beiben berbienten Spenber in bet SRufeumSgeitichrift ber-
öffentlicht unb ferner ihre Bilbfaulen ober menigftenS Büften aus 3ßarmot ober Bron 3 e
im SRufeumSgebäube aufgeftettt merben mögen. Bei ber Abftimmung mirb Stiegers Ein¬
trag einftimmig angenommen, hierauf bringt St. Stieger noch einen Antrag ein: baß
ber 5tu«fc^u§ für bie Bilbung einer Section 3 Ut Sammlung bon bohntifchen SRuftfcom*
pofttionen Sorge trage. Siefe Sammlung mürbe bann jenen, bie ftch in ber SRuftf*
compoftticn bilben motlen, 3 ugänglich gemacht merben. Stebner ermähnt babei mehrerer
Äünftler unfereö SanbeS, bie in ber grembe lebten unb ftarben unb beren ^oebft mertl)*
»olle SBerfe bergeffen mürben. £er 5)alacfp sen. meint, baß bicS fehen lange beabftch*
tigt mar, aber bie befdjränften SRittel ber ©efellfchaft cS Höher nicht 3 uließen; an ber
Ausführung fei fein 3meifel, fobalb nur bie SRittel 'ba fein merben. 9>rof. So me!
glaubt in biefer Be 3 iel)ung einige befriebigenbe SRittl;eilungen machen 311 fbnnen, nament¬
lich h a & c ^ err AmbroS in'einer 3ufchrift für biefeS SBerf feinen thätigen Beiftanb
3 ugefagt. Cb aber gerabe eine neue Section ^iefür errichtet merben folle unb nicht Hel*
mehr eine anbere germ gemahlt mürbe, bamit möge ber BermaltungSauSfchuß beauftragt
merben, ber barüber bei ber nächften ©eneraloerfammlung Bericht 3 U erftatten hätte. Ser
fo formulirte Antrag mirb ebenfalls einftimmig angenommen.
Stachbem noch £err (5uftcS £r> grpe be 3 Üglich eines Sofiens im BermögeneauS*
meife eine Aufffärung gegeben, l;ielt 5>rcf. 3$>ocel einen cechifchen Bortrag über bie Äir*
chen in Böhmen unb SRäljren im 11 ., 12., 13. unb 14. Sahrtjunbcrt, mobei er auch
ein 3 elne SRufter f fachlicher Baufunft unb Crnamenti! uor 3 eigte, unb $)rof. Äoriftfa
einen beutfehen Bortrag über bie Bebeutung ber naturmiffenfchaftlichcn 35 urd;fcrfchung
Böhmens für bie SSiffenfchaft, für bie ©ultur unb 3nbuftrie bes SanbeS unb für bie
Betölferung Böhmens überhaupt.
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800
hierauf würbe bie Sapl »on brei Sluöfcpußmitgliebern »orgenommcn. Saö Scru*
ttnium ergab 42 Stimmzettel; £err Sr. ftr. ^Palacfp unb. P. £icronpmu$ ». 3eü>ler
finb (mit 42 Stimmen) wiebergewäplt, alö neueö 9)iitglieb crfcbcint $err Scparp (mit
40 Stimmen) in ben Sluöfcpuß gewählt.
Unrjarifrijc ^Iwöcnttf.
Sie ppilofoppifcfce, recptöwiffenfcpaftlicpe unb piftorifcpe Slbtpeilung bet ungarifcpen
Slfatcmie pielt am 30. s JNai eine SKacpftfcung, wehte Sr. 8^3 Solbo bamit eroffnete,
baß er baran emtnei*te, eö fei beute ber 78. ©eburtötag beö afabemifcfcen SSeteranen
Ülnbreaö §a», z u bem ihn zu teglücfwunfcpen, eine Seputation auö ber Sißung entfen*
bet werben möge, ein Antrag bet allgemeine 3uftimmung fanb unb allfogleicp in ?luö*
führung gebracht mürbe. 9lacpbem bie Seputation zuriiefgefehrt war, mürbe ein 3Tf;etl
ber 3naugural*Siffertaticn beö cotr. 5Jiitgliebe$ (Sol. Jpalp: „3chann Sottpdn, ber
leitenbe gelbperr granj SRdfcczp.* II." »orgelefen, weldje Siffertaticn jelfcft wieber nur bie
Sorläuferin einet aueführlicpen 9)ioncgrappic ift, mit welcher ber Serfatier unfete »ater*
länbifepe ©efdjicptölitteratur bereichern wtrb. Segen zu weit »orgerüefter 3eit unterblieb
für bieemal bie Scrlefung bet angefünbigten tunftgefcpicptlid;en 3lbbanblung beö ccrr.
Söiitgliebcö glorian Center, unb »erwanbeltc fiep bie gaepftpung in eine allgemeine,
beten wichtigere Scrfemmniffe fclgetibe waren: Ömericp Trainer, ©ütcrbirectcr beö
©rafen Jpafjtlo geftetitö, noep im Sabre 1832 zunt Sftitglieb ber recptöwiffenfcpaftlicpcn
CSlaffc gewdplt, zeigt an, baß er auf feinen Siß in ber Slfabentie uerjicpte, waö z ur
ffijifjenfcpaft genommen wir. Sr. &aaö, Siid'of »on Szatpmar, überfenbet mit einer
Slbpanblung bie (Sepien ber Sanbfreöfen in ber alten §efetc*3lrböer älircpe unb tpeilt
Zugleich mit, baß auch bie »erfallene 3 3 ö ll e ö • eg * ?(rb Oer Äircpe ein Saubenfnial fei, welcpeö
crpaltcn zu werben utrbteite, biefelbe gehöre jebod; ber reformirten ©enteinbe. Sie 2lfa*
beniic wirb fiep an bie Jpeißer Supcrintcnbenj .£). (S. wenben, unb bnrfte ipre Sitte
um fo mepr Serücffid;tigung finben, ba ber .£>en Sifcpof ben Szcllcö* s I'eg*2lrb6ern »er*
fproepen pat, alö Grfap für bie abzutretenbni älirepenruinen ihnen ein Scpulpauö bauen
ZU laffen. Slbpanblung unb 3cid;itungcn werben ber ard;äclogifcpen (Scmmijfton uberwic*
fen. Sie i'onboner „Royal societv“ laßt ein Serzeicpniß »on Sen!* unb glugfeprifteu
biö zurücf auf baö 3apr 1800 anfertigen, unb bittet um baö Sitel* unb 3upaltö»er*
Zeicpniß ber in ber Sibliotpef ber ungarifepen 3lfabemie befinblicpen, inöbefenbere ungari»
fepen, wiffenfcpaftlicpen Srofcpüten. Sem 2lnfud;en wirb entfpreepen werben.
Ateneo veneto.
•
3n ber lebten Sißung fprad; baö (Sbrenmitglieb Sr. Pietro ©rabentgo über
bie ßalabar*33cpne unb ipre Sirfungcn auf bie jRegenbcgenpaut; befanntlicp »erengert
biefer 3lrzeneiftoff bie Pupille, wäbrenb bie 23ellabcnna fie erweitert. Set Sortragenbe
entwicfcltc ben (Saufalnepuö biefer (Srfcpcinungcn unb berid;tetc über bie »on ipm »or*
genommenen pbpnologifcben unb therapeutischen Öpperimente. Sr. Sfialuazzi bei*icptete
mit wannet 3lncrfennung über bau Sncp SKcrtara’ö: „Sie Gibilepc, betrautet naep ben
formen beö s Jtecbtö unb ber Opportunität" („II matrimonio civile considerato
giusta le norme del diritto e della opportunitä“).
Oeroutwortltiper ttefcorlrur Br* fäopolh SitimcHtr. flruAcrci bn k. ÜUtut JetUmQ
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$er Streit üöcr bte greiljeit bcr Saufen,
Sie grage, welche bte Slationalüfonomen granfreicbß je^t am lebhafteren
befebäftigt, ift jene übet bie Freiheit bet Saufen, ober ridjttejcc geiaht, übet bie
greifet ber Sanfitetenaußgabe. Sie wirb in einer lineal;! t>cn Süd)ent. Sro»
jdjürcn itttb 3‘'itungßartifeln befprod;ctt unb war ©egenftanb wiebctholtet unb
cinbringlicbcr Groiterungen int Sd;oofje ber ©efe(ljd;aft ber Defonomiften. Sie
gad;funbige» l;aben fid) itt jivei feinblid;e Säger reit ungleicher Stätte geteilt,
»ott beneit baß größere ben berühmten Senator Piid;el (i(;er a li er unb baß
fleinere ben gewanbten unb fenntnifjveid;en Profeffor bet Solfßwirth'cbaft S.
SBolowßft; a(8 S‘üh«r anerfenitt. Sie Sache ift »on SBidjtigfeit unb greift fo
tief in bie Sutereffen beö Sageß ein, bah eine furje Seipred;ung bcr Süitiitgcn,
bie »erfud;t, unb ber ©rünbe, burd> weld;e fie untcrftüjjt würben, gewifj am
Plajje ift.
Sie Seranlaffung, burch welche ber Streit, ber in ber SSiffenfd;aft febon feit
langem beftebt, in granfreid; jejjt mit folchcr Sebl;aftigfeit entbrannte, ift bie
3ettelbanf, welch*’ K'*l ' 801 in Samten jtt Sinnen; beftanb unb beren Siechte bei
ber 9(nno;rion beß Sattbeß an granfreicb burd; ben Slrtifel 2 beö Staatßrertrageß
»om 20. Sttli 1800 gewahrt worben waren. Saß Siecht biefer Sanf jur Sioten»
außgabe war ber Sauf von granfreid; unbequem unb fie fud;te baßfelbe mit Sc»
rufung auf il;r außidjlicfjenbeß Privilegium jtt befämpren. Sie Siegierung glaubte
»ermitteln jtt folfett unb fejjte jtt biefem ©ttbe am 27. Sinti 1801 eine eigene
SDiinifterialcoinmiifioit jufanttnen. Siefe vietf;, bie Sauf rott granfreid; möge ber
Sattf »on Sinnen; baß Siedet ber Siotenaußgabe um 1,200.000 gratteß abfaufen,
aber beibc Sanfen lehnten bett Setfchfag ab. 3m Verlaufe beß Streiteö hatten
bie Sertt;eibiger ber Sattf rott Sinnen; bie grage angeregt, ob beim ein foldteö, auf
baß gefannnte Staatsgebiet rott granfreid; fid; erftreefeubeö Privilegium ber Sauf
»on granfreicb wirtlich beftet;e. 3nt urfprünglid;en ©efejje vorn 2-1. ©erminal beß
Saljreö XI (14. Slpril 1803) fei ber Sattf »on granfreicb baß Prioilegium nur
für Pariß unb feine Umgebung eingeräumt gewefett, für baß übrige granfreicb
follten Separtementßbattfeit mit bem gteid;en 3ied;te ber Slotettaußgabe befteheit:
alß 1808 ber Sauf bie Grrid;tung rott gilialen in ben Separtementß aufgefragen
würbe, fei ber gefonberte Seftaub ber Separtcmentßbanfen nicht berührt worben,
unb cß wären beten im Saufe ber Sabre neun, neben ben gilialen ber Sattf rott
granfreid;, in SSirffamfeit geftanben; alß man 1848 mit leiderer bie Separto
mcntßbattfen »ereinigte, fei ebettfallß nicht gejagt worben, bah burch biefett Siet bic
18(4. Sink m. Öl
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802
(Errichtung neuer ©epartementSbanfen für bie 3ufunft cerboten unb fornit ber
San! con ^ranfreicf) ein au§id)liefdidH'8 Pricilegium ber Notenausgabe für gang
Sranfretd) cerlieben werbe, ©3 würbe ferner auf bie 3d;atiad;e aufmerfinm gemalt,
bajj gu Berfdjicbencn Seiten in ^tanfreidh einzelne ©anquierS ginSfreie Slnwei*
jungen, auf ben Uebcrbringer lautenb, gegen Sicht gal;lbar, alfo wahrhafte San!«
noten auSgegeben fetten, ohne baf; bie ©anf ßinfpvachc bagegen erhoben, ober
wo fie biefelbe erhob, mit (Erfolg burchgefept £>ätte. Stuf ©runb tiefer Slnfdjauun*
gen trat aud) wirflicb bie ©anf con Slnnecp mit bem apauje Pereite in Ser*
binbung, um mit beffen $ülfe, unter (Srböfmng itireö SlctiencapitalS con 4 auf 40
SDRiflionen, il;ren @efd;äftSbetrieb burd; Filialen über gang «ranfreid) auSgitbehnen.
Ungeachtet ber ©ommiffär ber Negierung fowohl im SerwaltungSrathe als in bet
©enetalcerfammlung ber Sanfaetionäve ©infprache gegen biefcS Uebereinfommen
erhob unb entfdjieben bie Nichtgenehmigung beßfelbcn fo wie jebet (Errichtung
einer Filiale bieier ©anf über ben ©ereid? bcö ehemaligen Sacopcn h'n au8 in
SluSficht [teilte, bebarrten beibe Äörperichaften, bie ©eneralceriammlung nod) gu*
lejjt am 22. ÜJiai b. 3., bei ihren ©efdjlüffeit.
Niittlerweile war ber Streit, guerft burd; gwei ©tojehüren im Sntereffe ber
San! con Slmteep, cor bie Deffentlidjfeit gelangt unb bie pubtieiftif fafjte bie
Sache, Weit über baS ©ebiet ber SluSlegnng ber pofiticen ©efe^e hinaus, con
bem allgemcinften wiffenfd;aftlicben Stanbpunfte, jenem ber Freiheit ber ©an!en,
auf; ber Sieg ber Steifheit über baS Nfonopol unb baS Pricilegium, welcher auf
fo ciefen ©ebieten, gulcjjt auf jenem beS 3olU unb SolonialipftemeS, fo wie ber
SNariheinfeription erfochten worben war, fonnte nicht ohne Nücfwirfung auf baS
Spftem beS öffentlichen ©rebitS bleiben. 9dlatt fpraef) gegen baS ©anfpricilevgium,
wie man gegen bie pricelegien ber inlänbifchen ©runbbefiper unb jjjabricanten,
gegen bie 3wangSbienfte ber fd;iffbauenben unb feefnhrenben ©ecölferung Branf*
reichS unb bie Slbbängigfeit ber ©olouien con bem .'pattbei unb ber 3nbuftrie beS
SDiutterlanbeS gefproefjen hatte. 3m ©egeniahe gu biefer ©ewegung ber ©eifter
erhoben [ich in ber treffe ©ingelne gur Sertheibigung ber monopoliftiichen Stef*
lung ber 3dtelbanfen unb ber in Slnnect; funbgegebeiten Slnfiditen ber Negierung,
unb im Senate, wo auS Slnlaj; ber 'Petition eines gewiffen SuretS, bie San!
Bon §tanfrei<h gur ^efthattung eines unceränberlidiett, niebrigen 3inSfuf;eS gu cer*
halten, ober wenn man bieS nicht wolle, ihr burd; bie ©anf con Slnnect) eine
©oncurrenj ju ichaffen, bie Streitfrage gut Sprache fam. l>iolt am 20. 9Jtai b 3-
bet ©eriebterftatter .<pubert=©eliS(e eine lange 'Jiebe gu ©unften beS pricilegiumS
unb ber SerwaltungSgrunbiape ber ©anf con Aranfreidt unb ?prad;en am 30. SfJlai
ber ehemalige Sanfgouccmcur ©raf con ©ermittp unb ber StaatSminifter Nouher
in gleicher Sichtung unter bem ©eifalle ber gangen Serfantmlung, bagegen würben
SOficf). ©h cta l' cr “nb 91 op be St Slrnaub, welche bie Freiheit ber Notenausgabe
Bertheibigten, nicht einmal ruhig bis git ©nbe angehört, unb blieben fie mit bem
Slntrage, bie Petition an baS Hinang» unb ^anbelSminifterium gur näheren 2?ür*
bigung gu Betweifen, bei ber Slbftimmung gang allein.
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©aS ©efcbmornengericbt ber SP?iffenfc^aft I)at, wie wir bereits ernannten, mit
überwiegender SJiehrheit fein Verbiet in einem, ben 9(nfid;ten ber {Regierung unb
bcS Senate^ entgegengesetzten Sinne gefallt unb febeint 93ticbct Cbcraltcr betju«
ftimmen, ber im Senate, als ©eneralprecurator ©upin feine Siebe ju ©unften ber
Sanffreiheit eine Seidjmrebe nannte, erwieberte: „Unb wenn bie Sache auch
jefct begraben wirb, fo wirb fie wieber anferfteben unb Sie, mein £>err, werben
eS noch erleben!"
L
©ie ©ertheibiger ber Regierung unb ber 33anf oon granfretcb führen
folgenbe ©rünbe iuS gelb: 1
©ic ©anfnote ftellt nidrt mie ein .SSecbfel ben S>reiS einer SBaare, baS ©nt*
gelt eincS abge?d;lof|encn ÄaufeS rer, fie ift fein öanbel'Spapier, fenbern ein ein«
facfccS 3^£)lungSrerfprecten; fie bewegt fiel) nicht gleich bem äSed;fet in abgefctyloffe»
nen faufmannifd;cn «Streifen, fonbent in allen, and) ben, rem fanfmdnnifd;en 23er*
fel;r am meiften abgewenbeten; fie jeigt ihren nidrt faufmännifeben 6l;arafter auch
baburd\ baß fie nid;t 3iuS tragt unb baß bao Vertrauen, baS ihr gejehenft wirb,
nicht, gleid) wie bei bem SBecbfel, bem ßbeque, ber Slitweifuug unb anberen lauf*
mdnnifcbeit lavieren, auf bem Urteile über ben 6l;arafter uub bie ®efd;äftSrer*
haltuiffe beS 2luSgeberS, fenbern auf ber ©lufurdd rer ber Autorität beS Staates
berul;t, meid;er bie -Notenausgabe geftattete. ©ctm 5i?echfel ift jeber, ber ihn ein*
mal befeffen (burd; baS ©iro) für bie Satzung rerautmertlicb, aitbere faufmänni*
fdje Rapiere bleiben wenigftenS lange in ben Rauben beS SttbabcrS, fo baß eine
große Steiße ungünftiger 3ufalle it;n 511 treffen rerntag; für bie ©anfnote trifft
ben, ber fie meiter giebt, feine 2Serantmertlid)feit unb bie 3c’it, mdhrenb melier
er in ihrem ©efiße bleibt, ift in ber Siegel eine rcrfd;minbeub Heine, niemanb
befümmert fid; baher eingebenb um ihren SahlungSwertß Dtt ift ber Slotenin*
haber felbft Sdutlbner ber ©auf unb hat ihre Sieten als ©arleihen erhalten, er
hat alfo ein Sntereffe, biefe Sieten 311 rerbreiten. ApierauS felgt, daß ber Staat
baS Siecht uub bie Pflicht hat, bie feblenbe Slufmerffanifeit deS s PublicumS ju er*
fepen, bem egoiftifdjen Sreiben ©injelner entgegen 311 mirfen unb 33ürgfd;aften für
bie Erfüllung jenes 3ahlungcrerfpred;enS 311 ferbern @r feil Darüber machen, baf}
baS SSertrauen, wekßeS bie ©efammtbeit auf feine -Slutorität tyn ber ©anfnote
fchenft, nid;t 3itm Sd;aben ber ©efammtheit mißbraucht merbc. ©iefe Uebermachung
wirb burd; baö ©anfnotenmonopol wesentlich erleichtert.
Seil bie ©anfnote ihren 3wecf erfüllen, b. i. baS SJietallgelb innerhalb eineö
gemiffen SJcaßeS entbehrlich machen, fo muß ihre allgemeine Sinnahme gefiebert
1 außer deu :Heben int Senate &*clDivSfp: „Qu<*stion des Banques“, „Joura. d.
£con.“: Fev et Mars 1864; b'C^icMbal: „de la monnuye de papicr et des Banques d’emis-
sion“, ^ariö 1864; unb tu uermittelubem (Binne Secnce be Saoevgue in ber „Revue des
deux mondes“ 15. Slpril 1864.
61 *
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fein; bieS ifl nur möglich bttrdj bic Ginljeit ber Noten, wa§ wieber bie Gvijteng
einet einzigen ©anf t>crau§fe^t. SOian beitfe ficb eine llnjabf ton ©anfen, bie jebe
il;rc eigenen Noten, alle verfd)icbcner gernt auögiebt, wer wirb ©ertraucn in
biefeS ©ewirre reu Noten fel^cit, wie febr werben burd) biefe ©erfdjiebenheit Nach 5
ahntnngen unb ©etfälichungen ber Noten erleichtert.
Grfüllt enblid; bie ©anfitote ihren 3»vccf, wirb fte allgemein angenommen,
erfcjjt fie in großem Umfange bie SDJetallmnnje, nun bann ift fie ©eib in ber
wahren ©ebentung beö SSorteS, fie ift äßcrtygeicben, PreiSmeffer, SanbeSmünge,
unb c 8 muffen auf fie atle ©eftintniungen angewenbet werben, meld;c für ba 8 ©eib
in Äraft fiitb. ©aS Piüttgregalc beß Staates erftreeft fid) auch auf bie ©anfnote,
bie Nctenfabricaticit unb Notenausgabe wirb ben 'Privaten nur in geige eines
Vom Staate verliehenen Privilegiums geftattet, ber Staat hat, wie für bie Gin»
heit unb 2(ufred;tt;altung beö Sd;rotte 8 unb ÄcntS ber fNüngc, io auch für bie
Gin feit unb 2(ufred;t[;altung beö voflen 2'3ertl)eS ber ©anfnote, b. i. beö ber voll»
haltigen Plünge gleid;cn SSertljeS 31 t wachen; biefe Pflicht unb ba§ ihr entere*
chenbe 9icd;t beö Staates finb fo ahfcfut, wie feilt 33eruf, bie ©efebiefe ber Na*
tion 31 t teufen. GS ift aber flar, baf jene Ginhcit unb biefe 2(ufrcd;thaltung beö
SBevit;eS nur bann votlfommcn bunhführbar finb, wenn Gine ©auf im Sanbe
hefteht, bah >h r bte ÜJtehrheit ber Santen grobe Jpinberniffe bereitet, unb bah
©anfen mit voller Freiheit ber Notenemiffion bem Staate bie GrfüUung biefer
Pflicht gerabegu unmöglich madjett.
©eftehen gleichzeitig mehrere, wenn aud) vom Staate yrivifegirte unb unter
feiner Cbljut ftehenbe ©anfen — wie bieS 3 . ©. bis gutn 3al;re 1848 in granf*
reich ber galt war, wo neben ber ©anf von granfreid; mehrere ©epartementS*
banfen genehmigt waren — fo ift bie fd;on bemerfte ©eriebiebenheit bet Noten
unvernteibbar, eS entfteht unter ben einzelnen ©anfen eine ihrer Sotibitat abträg»
liehe Goncurreng,. inbem biefelben in bem ©eftreben, ihre Glientel ju erweitern,
fich in ber Scid;tigfeit ber GrebitSertheilung überbieten, ober wenn fie gut ©eefung
ihrer Noten beS PietaflgelfceS bebürfett, bnrd; bie Goncurreng ber Nachfrage baS»
felbe vertheuent, unb fie finb, eben weil jefcc nur eilten Sheil ber ©efdjäfte beö
SattbeS überblicft, itid;t mehr in ber Sage baS ^erannahen von Ärifett für bie
©cfantmtheit, wie für ihren einzelnen ©efchäftSfrennb bei Beiten 31 t gewahren uttb
hienad; bie ertf;eitten Grebite cinjufd;ränfen, ben BinSftth 31 t erhöhen, ben ©ar*
fonb 31 t vermehren. Gine Niehrgahl von 3ettelbanfen errichten, h f iht 3 ur Ueber*
treibuitg ber ©efd;afte reigen, vor beit Singen ber ©ewevbs» uttb Äaufleute, Sanb»
tvirthe unb Gffectenhänbler fdjeinbare £mlf 8 quet(en, Spiegcltilber hingaubern, bie
tm Slugettblicfe bet Noll; verfeftminben. ©ie ©anfen glaubett ©>ertl;e gu fdjaffett,
uttb Waffen Sd)itlbcn.
53 irb cttblid; bie greil;eit ber Notenemiffion gitgeftanben, b. i. barf jebe
GScomvtcbaitf ©anfitoteit auSgcbett, fo ift eS unvermciblid;, bafs je nach beut Gre-
bite ber ©anfen ihre Noten mit gröberer ober geringerer ©ercitwilligfeit im Um*
laufe erhalten, ton Privaten als Bahluitg angenommen unb gegen Pictallgelb
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805
umgctaufcht werben; c 8 entflohen bnntm Unterfd;icbe im J3ertf)e ber Noten unb
Umfrf)weife unb Sd;wicrigfeiten bei jebent einjeinen Siete bcS ©erfcl;rc 8 , inbem
jeber, wetd;em juijemutbet wirb, bie Note einer SBan! mt 3ahtungSftatt anjunch’
men, erft bei fid; nnb Slnberen über bie 9iätt;Iid;feit ber Mitnahme Umfrage ju
galten (;at. .fpie^u fommen bie Ülnfeiitbungen unb ©crleumbungcit, wctd;e eine
©anf gegen bie anbere fid) ertauben, bie Stürme, welche fie fünftlicb jurn Sturze
ber Ntitbcwerber in bem öffentlichen ©ertrauen erregen wirb. Sft bie Ginlöebar»
feit bet 3Rote für ben ütugcnbticf nidjt unterbrod;en, fo werben biefe Uebelftänbe
allerbingö innerhalb gewiffer 03rennen fid) bewegen unb bie Noten von jweifet*
I;aftont SBerthe werben in bie Gaffen ber ©aitfen, wetdje fie auSgcgcben, wieber
jurüdftrömen; läugmtt läßt fid; aber nid;t, baf} in bem Ncaße biefeS Burücfftrö»
mettS wieber bie ©ermenbung mt Nit’tallgclb 3 ur Nothwcnbigfeit wirb, folglid;
ber Bwccf, weitem bie ©anfnotenauSgabe bient, unerfüllt bleibt. GS ift aber fel;t
fragtid;, ob bie ©anfen ftetö in ber Sage fein werben, biefem Slitbraugc ju ibrett
ffierwed;ölung 8 caffen 311 genügen. Um ber gälte eine? tcid;tfinnigcn GScompte, wo
bie 3ahluug3einftcllungen ihrer Sd;ulbncr jene ber ©an! ttad; fid; jicbcit, gär
nicht ju erwähnen, gewähren fdjen bie Grfd;eiuungen beö ©erfel;r 8 im ©rohen in
ihrer regelmäßigen 53icberl;o(ung ?(nluß 31 t fold;en ©efürd;tungen. ©roßc SBaarctt»
be^neje au 8 bent 9lu3(anbc ober ©elbautagcn in bcmfelben »ermiitbent oft bie
Ntenge beö i'ort;anbeneu $Dtctaflvorrat(;e 8 . ^errfd;t im Sattbe bloß Nietallnmtauf,
fo rcrmiiibern fich in fotd;cn gälten bie SSaarenpreife, c 8 finbet eine ftarfe
2L 5 aarenauSful;r ftatt unb ba 8 üJietailgelb ftrömt wieber in ba 8 Sanb 3 urücf; finbet
aber auch ein Notenumlauf ftatt, fo wirb ba3 abftrömeube Ncctallgelb burd; Noten
nicht, bie SBaarenpreife werben nicht verminbert unb ba 8 ÜRetatI ftrömt bem Saitbe
nicht wiebet 3 U. Ser ©avfonb ber ©aufeit l;at fid; oermiubert, unb wenn neue
©ebütfitiffe nach Nietall entftel;en, vermögen bie ©aufett itid;t bemfetben 3 U ge»
nügeit.
25ie traurig geftatten fid; aber bie ©erl;ä(tniffe, wenn bie ©anfen, wa 8 bei
bem Niangel an ftaatlid;er 9(uffid;t auf it;re 0 )ebal;rnng fo leicht ntöglid; ift,
gcnötf)igt werben, bie Gtnlöiuitg ihrer Noten 31 t fuSpcnbircit ober gäujlid; ein*
3 uftetlen! 3n jebent folci;eit gatte cntfte(;t eine Grfd;ütterung be 8 ©crfel;rc 8 sunächft
in bem ganzen Umfreie, über welchen ber Umtauf ber Noten jener ©anfen fich cr *
ftreefte. (Sin^etttc erleiben große ©ertufte unb am mcijten werben I;iovon bie fteinen
Seute betroffen, welche bent fanfmänuifd;en ©erfehre ferne fte(;en unb bie Symptome,
weld;e Sturm unb Grbbebeit bebrüten, 3 U erfentten ttidjt gelernt haben.
Nian glaube übrigens nicht, baß fold;e Ärifen auf biejeitigett ©anfen unb
bie greife il;re 8 Notenumlaufes fich beid;ränfen, weld;e burd; 2eid;tfimt ober litt*
vorfid;tigfeit 3 ur Ginftcllung it;rer 3 at)[migm gebrängt würben, ein panifchet
Sd;recfen bemädjtigt fid; ber ©emütl;cr ber Notcninf;aber, alles ftür^t 3 U beit Gaffen
ber einzelnen ©anfen. fid; Nictaflgclb 3 U holen, aud; bie oorfid;tigfte unb fefteft»
gegritnbete unter it;ucit vermag bent 9(nprafl nicht 31 t wiberftehen. SSieberholeit
fid) fotchc Grfchütterungen — unb bei bem Si;fteme ber grcil;cit ber Notenemif»
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fton ift biefeß unüermeibtidb — fo bemdd;tigt fid; ber Sevölferung ein unüber*
winblid)eß ÜRiptrauen gegen alles s ))apiergelb, bie Banfnote verfd;wiubet auß bem
Umlauf uub ber grofte unb fruchtbare 3wecf ber Siotenemiffion ift vereitelt.
Befonberß gefaf>rlid> finb jold;e @rfdbütterungen in einem großen Gontinem
ialftaate, wie eben granfreicb, ber bei ben mannigfad;eti 2\>ed>felfällen ber europai*
fdjen $)o!itit teilt ruhiger Bufchauer bleiben fann, in bem I;äufig Befürchtungen
beß Äriegeß ober innerer Unruhen eintreten; ein felcber Staat mup fein ©elb*
fpftem auf fefter ©runblage bauen, er barf nicht julaffen, bap burdt) ein Ueber=
map von Stoten bie SOteta 11 müiije auß bem Sanbe verbrangt werbe unb bap jetteß
Spapiergelb ohne fixere ©runblage bleibe; benn gerabe im 21ugenblicfe, wo er am
ineiften beß Bargelbeß bebarf, wirb eö fid) ibm entjieben unb bie ©efaljren beß
Slugenblicfeß werben bureb eine Giitwerthnng beß spapiergelbeß biß jum Uebermape
gefteigert werben ,s>it ein Staat mit bem s Papiergclbe bereits traurige Gitahrun*
gen gemacht — in grattfreid; wirb in biefer ^)inficf>t auf bie Süfiguateu ber
erften Otevolution (nngewieten — fo ift auch in einer anberen Bejiepung 93orfid)t
in ber Stotenaußgabe notfnvenbig, benn bie Bcvölfevung nimmt Rapier nur mit
grober Behutfamfeit in ben Berte^r auf unb verliert fdmell baß Bertrauett in
baöfelbe.
©ie Bertl;eibiger beß Svftemß ber freien Bauten weifen immer auf SRotb*
Slmerica hin» aber fie vergeffen beß großen Unterfd;iebeß, ber jwifdjen ben amerh
canifdjen Banfen unb benen ber Sauber alter Bilbung befiehl. Seite Bauten
Waren nie ein SRittel, angefantmelte Gapitalien fruchtbar ju machen, fonbent ein
SRittel, Gapitalien burd; locfenbe Berfprcd;ungen au fiel) ju sieben, fie waren 21n*
Weifungen für bie Butunft, oft gewiititreid), aber eben io oft bei ber ntinbeften
(Srfd)ütterung ohne Berläplidbfcit. fie fdntfett unb begruben gange Berntogen.
©ie Slußfprüche unb bie SRapregeht ber größten Staate* unb ginattjmänner
unb bie Erfahrungen ber leiden Sahrjebnte beftätigen biefc Ülnfcpauungen.
SRollien, ber £er[tcfler ber Crbnuitg im Sdntlbenwefen granfreid)ß, ber
©runber feiner Bant, fürchtete fogar, bie letztere gilialen errieten ju taffen; fie
Würben nid;t nut fold)er Umficht unb Uneigcnnüßigfeit unb nicht mit folcber
Socalfenntnip wie bie Baut im Sipe beß Berwaltungßratbeß betrieben werben.
Sißmonbi erflarte fid; gegen Banfnoten überhaupt, ©ufaure, ber befannte SRiiti*
fter Souiß SPhiüW 8 , erflarte 1840; „Seber Goncurrenj muß bort ein 3M gefegt
Werben, Wo fie eine lebensfähige Subuftrie erftieft, allein bei weitem gefährlicher
ift bie Goncurrenj auf bem ©ebiete beö Grebitß. Bwei Bauten, gweierlei s ])apier*
gelb fud)en fid) bureb Seiddfittn im Gßconipte unb in ber Stoteuaußgabe ben
Slang abjugewintten, eß tritt Gntmertfunig ber SRotcn ein unb biete bat feine
©renjen. 44 Sn bemfelbeit Sabre fagte ber jepige ginanjnuniftcr goulb: „Sn Bel*
gien ejeiftirte eine einzige Bant, jene ber compagnie generale, man errichtete eine
gweite, bie Bant von Belgien, unb bie Äataftropbe erfolgte beinahe unmittelbar/ 4
Unb bamalß ärgerte auch ber berühmte Stationalöfcnom Sloffi: , ; ©ie Goncurrenj
in Bantfachen ift nicht bie Bollfommenheit unb bie Steife, fonbern bie Äinbheit,
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ober wenn man will, bie SllterSfcb wache beS GrebitS." ©er 9>räfibent bet 33er»
einigten Staaten, pan Suren, Mannte por bem (Songreffe: „Uttfer Sanffpftem (fcaü
Softem ber freien Sanfen) ift unbeilrod, weil, wenn eine San! if;ren Serp flieh*
hingen nicht mehr gu genügen permag, fogleicb ber aifgemeine Grebit erfd)üttert
wirb." Seen gaudjer änderte am 22. gebruar 1848 in ber ©eputirtenfammjr:
,,©ie Sanfnote beruht auf bem Sertrauen, welches Pom 'Publicum gu forbent
ber Staat eine ©efellicbaft ermächtigt, it;re ÜluSgabe ift ein $)rioilegium, baS unter
bie Ueberwadiung beS Staates geftellt werben mu§." Stöbert $>eel b«t bie Sanf»
acte für baS größte S>erf feines gebend gehalten unb ftetS ben ©runbfafc befolgt,
„eS fei beffer bem ^aropiSmuS porgubeugen, als, wenn er eingetreten, burd) per»
gweifelte fDtittel if>m entgegen gu wirfeu". 3m gleichen Sinne fpracb ftcb bet
berühmte greunb $)eelS, Sorb Doerftone, auö: „Sei ber Goncurreng in anbem
©ingen fallen bie geiler auf bie Gonatrrenten gurücf, bei bet Goncurreng in
Sanfiadien auf baS publicum."
Sn granfreicb f)aben 1848 bie ©epartementebanfen gewanft unb mußten
bafyer ber Sanf pon granfreicb einpcrleibt werben, biefe bat bie Ärifen non 1805,
1813 bis ,1815, 1830 unb 1848 gliicflidj überftauben. 9(18 1848 ihren Stoten
bie {Regierung ben 3*PnngScur8 octropirte unb beten Ginlßfung einftcUte, perforen
fie beffenungeadjtet nichts an ihrem SSertfye, fonbern gewannen aflmälig fogat
ein Slgio gegen baS ÜRetaH, beeilten fiel) bie ^rioaten it)r bie Sorrätfie an ge»
müngtem unb ungemüngtem 'JRetall angunertrauen unb lange nor SBieberaufnaftme
ber Sargablitngen war ber Sarfonb 433 SOiillionen gegen einen {Notenumlauf non
442 SJiillionen. 2118 'Peel in Gnglanb feine Sanfacte einbradjte, galten binnen
brei 3al;ren 240 Sanfen fallirt unb auch feit biefer Seit ift bie Bald bet Sanfen
unb ihrer Sanfnoten fortwäl;renb in Ülbnafjme; 1844 beftanben beten mehr als
300, jefd finb noch 233 übrig unb pon biefen geben niete nidljt mehr {Roten auS.
3n ber ÄrifiS beS SabreS 1836 buben fid) in {Rorbamerica !)5§ Sanfen in
ber Unmöglidifeit befunben, ihren Serpflicbtungen gu genügen; ber Setrag ber
gatfiffemcntS belief fief) in 9tcw=3)orf auf 420 SRifl., in 5Rew*£)rlean8 auf mehr
als 200 Still. graneS; ein äbn!id;cr Sanfenfturg trat 1846 unb 1857 ein.
SSaS ift eS enblicb, baS ber Serfebr bureb bie DRehrbeit ber Sanfen gu et*
reifen b c fff» ®aS Gine Sanf nicht auch gu leiften permodite? Grebit fann bort,
wo ber wirtliche, gablungSfäbige Serfebr ihn perlangt, eine mit ihren gilialen baS
gange ganb umfaffeitbe Sanf eben fo reid'lid) ertbeilen, als eine 'Dielirgabl non
Sanfen. ©en Seleg biefür bietet eben bie fo angefeinbete Sanf pon granfreicb,
fie bat ihre ©eiebäfte gang parallel gu bem Umfange beS SerfebrS unb ber Se*
beutung beS beweglichen SermcgcuS ber Station gefteigert. @3 betrug:
fcatf 6afje> ber ©öcempte u. bienmtet bet ber 9!c teu¬
rem'.einen t bie JL'crfd’iiffe äßedjjelecicoinpte umlauf
Ü)t i 1 l i o n e n 8 t a n c i
1807 3000 400
1850 11500 1300
1863 28000 75-00
330
107
1170
440
5690
800
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Sette ©atta für 1850 finb um fo mistiger, »eil gerabe bamalS bie Satt!
»on granfreid; il;re Sargahlung Wiebcr aufnahm ttttb weit 1846, wo bie ©e»
partementöbanfen neben if>r in notier Stütze beftanben, ber gefntnmte Sßotenum*
tauf alter Sanfett nur 363 9ftiH. grancS betragen hatte.
©ie San! hat itad; unb ttad; 53 gilialen in ben ©epartementS errietet, bie
4 /t bc8 SJechfeleScompte oollgiehen, fie teiftet Sorfdjüffe bis gu 500 grancS,
eScomptirt SBechfcl bis gu 100 grancS herab, begönftigt alfo nid)t btofj ben großen
£attbel8mann gegenüber bem ffeinett. ©ie begünftigt and) ben reellen Jpanbel »or
bet $)apicrfpcculatien, ittbent it;r 3in8fu(j für ben SBecfyieleScompte in ber Siegel
geringer ntS jener für Sorfdjüffe auf Gffecten ift. 3u Beiten oon Ärifen erweitert
fie ben GSeompte, iftre £mlfe l;at bem .penibel nie gefehlt
©ie Satt! caffirt an manchen Sagen 100.000 2Sed>fel im Setrage oon
100 9Jii(l. grattcS eilt, worunter blofj 4 bis 5 9)ii(l. in SOtetalt begabt werben,
eine größere SBirfung auf ben Serfet;r unb ben Siotenumlauf ift auch oon einer
Ü3iergabt oon Saufen nidit gtt hoffen.-
Gin grofieS, monepelijlijcb geftcflteS Snftitut Tann bem Staate baS ^rioile»
gtunt, baS er erteilte, cntfprcdjcnb oergelten GS tl;eilt feine ©ewinnfte mit bem
Staate, oerrid;tet unentgeltlich bie ©ienfte citicS SanquierS beS Staates, ober
legt — wie cö in granfreid; unb Gnglanb ber gall ift — einen grofjen Jljeil
feiner Gapitalien itt Staatefd;ulbfd;eincn an, um fie ber Speculatioit gu entgleisen,
um ficb ein oorn GSeompte unabhängiges Giitfoittmen gu oerid;affeit, baburd) gut
gröfjeren Strenge in ber Grcbitcrtl;eilnng befähigt gu fein, nötigen gatlS burd; ben
Serfauf tiefer Rapiere fid) ben nötigen. Sarfonb erwerben unb übermäfiigcn, ben
reellen .panbel beeinträd;tigenbeit ^apierfpeculatioiten eittgegenwirfen gu fönnen.
9)iait I;at gwar getabelt, baf; t)ieburd) bem eigentlichen 3wecfe ber Sauf, bem
GSeompte, Capital entgegen werbe, allein nid;t baS Capital ber Sanf, ihre Sanf*
noteit fiub eS, welche gum GSeompte oerwenbet werben feilen. 3h r Capital h a t
blefj bie Scftimmung, als ein $)faub für bie SReTontnhabet gu bienen, gu ihrer
©ecfmtg in bem gälte, bah bie Sanf in ber Crebitertheilung unoorfid)tig oorge*
gangen unb in Serlufte gerätsen fein feilte.
Slbgefehett hieben ift eilt feldjeS Snftitut ftetS bereit, bem Staate im 9Jio=
mente ber ©efaljr £ülfe git leiften. ©ie Sanf oon granfreid) hat bem Staate in
ben Sahren 1805 unb 1806 nach unb ltad; 500 9JtiHienen, 1812 bis 1814
über 880 SJlillioneit, 1830 bis 1831 bei 600 9Jii(liotten grancS. auf fitrgere
3eit gegen SSecbfel, ISIS auf einmal bei 100 -Biillienen gegen diücfgahlung in
mehreren Sahren, unb 1857, gelegentlid; ber Grneuerung ihres '»PrioilegiumS, 100
SOiilUonen auf immerwäbrenbe Beiten geliehen. 28o mehrere Sanfen beftehen, oer*
möchte feine, ohne gu ©rttnbc gn gehen, fold;e Opfer gu bringen.
©ie Sertl;cibiger ber greiheit ber Sanfen behaupten, bie Concurrcng mehrerer
Saufen würbe ben 3inSfu{j herabbrüefen unb namentlich oerhinbern, baff nicht, wie
eS bie monopoliftifch geftetlten Sanfen gegenwärtig gu thnn pflegen, in Beiten bet
ÄrifiS ber 3in8fufj in einem ben Serfcl;r gefährbenbnt ÜJiafje erhöht werbe. GS
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läfct ftd> auch biefe SBirfung her ©cnrurrenj nid^t in Abrebe fteflen, allein btt
grage ift, ob fyieburcf) bem 33erfel;re mehr genügt als gefdjabet werbe. Sie
bcS 3inSfuf;eS Ijängt ton ber Niaffe bet terfügbaren freien (Kapitalien unb ber
£töbe DeS ©ewinneS ab, welken burcf)fd)nittlid) bie Snbuftrie unb ber Jpanbel in
AuSficbt ftellen, unb eine gut geleitete S3anf wirb feinen geringeren 3inS forbern,
als bie (Eigner ber ityt gu ©ebote geteilten (Kapitalien forbern würben, wenn ftc
baS Sarieiben felbftftänbig abf<hlö§eit. Ser 3'uSfufj ift fomit eine gegebene ©röfje
unb eS bängt bafjet nid;t non ber S3anf ab, ihn wiüfürlicb gu ermäßigen. Sie#
fönnte nur burd) fünfilicbe SBermefirung beS Notenumlaufes über baS SSebütfnif)
IpinnuS, alfo butcf) eine Ntajjregel gcfc^e^en, welche bie Sidjerbeit beS 33anf»
papiereS gefäbrbet. 3n ber 3®iftb^jeit, bis ficf) bie folgen biefer ^apierwirtb»
fc^aft entwicfeln, würbe ber allgu niebrige 3in8fu§ eine Ntenge gewagter unb
terfefilter ©peculationen benwrrufen, beten ©turg baS bur<h bie ©ntwertljung ber
Sanfnoten betorftebenbe Unglücf no<h oermebrte.
Sie (Erhebung beS 3in8fufje8 bei b erc >n6re<benber jtrifiS führt ber S3anf
neue (Kapitalien gu unb fefjt fie baburth in bett Stanb, bem wanfenben 33crfehre
neue «§ülfe gu bieten, fie erfchtoert ben Slbflufj ebler Nietalle in baS AuSlanb,
nötbigt bie ©(hulbner ber San! ihren ©peculationen ©Inhalt gu thun, nnb fie ift
ein 2Sarnung3gei<hen, baS allgemein, weit übet ben unmittelbaren ÄreiS ber SBanf
hinaus fidb wirfiam geigt, ©ie ift ein weit milbereS Nüttel, als bie in einem
jeben anbeten Salle unoermeiblicbe Seidnänfung beS ©Scompte im Allgemeinen,
welche bem 33erfebre gerabe in bem Niomeitte, wo er ber £ülfe bet 3?anf am
bringenbften bebarf, biefe -£mlfe entgiebt, unb felbft als bie 8efd;ränfung auf
SSed;fel fürgerer Sauer, welche bem IBeifebre bie Nufjbarmaihung aller längeren
SSedtjfel oerwehrt.
Sie 23anf ton granfreicb bat übrigens Sabbelnde lang ben 3tnSfu& ton
4 Nercent beibehalten, auch f* e verweigert guten 2Bed)feln nie ben ©Scompte unb
fie tcrfchliefd fid; nicht bet ©inftcfjt, bah j e be ©rhöhung beS 3in8fufjeS über ben
NiarftpreiS, wegen ber Abnahme beS UmfangeS ber ©eicbafte, ben Nufcen bet
SBanf terringere. 5ßenn ihr 3in8fu| jefct burdjfchnitttich 5 ^ercent beträgt, fo
liegt ber ©runb in ber großen Abnahme beS terfügbaren freien ©apitaleS. ^jiefüt
fpricbt bie conftante Abnahme beS Sarftba^S ber SBanf, ber ©nbe Suni 1862 noch
406 gegen einen Notenumlauf ton 769 NliHionen betrug unb ©nbe gebruat
1864 auf 191 Niillionen gegen einen Notenumlauf ton 806 NüKionen b«ab»
gcfunfcn war, unb bie grofje Niaffe ber in ben lefcten 3af)ten ftattgefunbenen blei»
benbeit SSerwenbungen. 3053 ÜJiillionen hat ber ©taat, 679 NüHionen haben bie
SepartementS unb bie ©emeinben, 3963 Ntill. bie frangofifchen ©ifenbahnen, bei
2150 3JiiH. bie Anteile beS frangofifchen ©apitalS an Anleihen, ©ifenbahnen unb
©rebitgefellf(haften frembet ©taaten in Anfpruch genommen unb Riebet ftnb bie
tielen neu entftanbenen ^)od;öfen, Apüttenwerfe, Niafchinen» unb 3ucferfabrifen u.
bgl. noch nicht geregnet, ©ummen, weld;e bie ©rfparniffe biefer 3ab*e bei weitem
überfteigen.
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810
2)er JinSortrag übet 6 Percent hinaus fommt übrigens nach ben Statuten
bet Sanf nie ben Actionären 31t (Mute, fcnbem toivb in ben 3tefer»efont btn=
terlegt.
SDian hat enblicb als SemeiS bet Ausbeutung beS SerfflirS burd) monopoli*
ftiicb geftellte Saufen Me ungeheueren (Meminne angeführt, lreld'e biefelben ihren
Actionären abmerfen. (Die Actien ber Sauf ron «ranfreich, fügt man, geben feit einer
(Kcilv ron Jahren March ühnittlich 15 bis 25 'Percent (Dioibenbe, gu brei mach (ebenen
Stalen mürbe ber tHeierrefonb unter fie »erthcilt, unb bod) ift er mieber 31t ber
•£i'he non nabe Stillionen Francs angewacbien; ber SBerth ber Actien hat ftch
auf 3360 bi§ 3400 Francs erhöht atfo mehr als oerbreifacht. Allein man »er*
gi^t bte ©eroinne, welche attberc gut geleitete Unternehmungen ihren Actionären
— unb aufterbem in noch höherem Stage ihren (Mrünbern unb SermaltungS»
rätben — abmerfen, unb bie allgemeine Steigerung beS äöevtbeö, roelchen aller
Sefifc in ben lebten fecbSjig Jahren erfahren hat.
AuS allem bem „(betagten folgt, baff bie Sauf beS StonopolS unb namentlich
bie Sanf ron ^ranfreich bie hefte aller möglichen Sanfen ift. !Dr. C. F. H.
(Sdjlufe folgt.)
$j}omas (Benborfcr als ©e|d)idjt$fdjrei&er.
S3on 3)r. iijeinridi Be i$btx$.
©benborrer fyat gunäd>ft felbft biennalen an^cfecutet, worauf er feine @rjät>*
lung fcböpfte, unb baß er nicf>t immer blofe einer Quelle bei ber Angabe eineö
©veigntj'feS ftcfi aitfcbloß; leßtereö fdnint bort gefolgert trerben $u bürfen, mo er
ron berrfcbenbett 9Ji\unung$rerfdnebenbeiten fprid)t. 3u ben juerft angebcuteten
Stellen gehört bie ©nräbnung ber „fundatio Monasterii Mellicensis“, trafyr*
tdteinlicb jener gering erft itad) 1362 rerfaßten ©rünbungegefcfyicfyte, nteldte *Pe$
t. I, p. 21)3 ff*, mitt^eilt; boeb bleibt cö auffaüenb, bat; fiel) bie folgenbe SarfteHung
ber „passio Colomanni“ nicht auf biete „fundatio“ unb aud? nicht gdn3ftd> auf
bie „vita“ jurücffüf?ren idfet.
Sin einer anbereit Stelle cit ixt er eine „chronica Ungarorum“. SDicfc ift
nicht Äl^a, fattn aber troß ber großen Uebcreinftimmung mit 21>trrog nidpt biefet
fetit, ba berfelbe nadt ©benborfer fc^rieb, ee muß baßer eine bajtüifc^enliegcnbe
ungarifeße Quelle fein, bie nnö nicht 311 ©ebote (teßt. ©r fpriebt moßl ferner ron
„historiae“, ron „aliorum Volumina“ , ron einer „ veti s verisimilis ... historia“,
bie leßte ron ber ©enealogie bee .paufes .paböburg, ein „chroriieon Bohemoruin“,
oßne baß man barauS immer erleben fann, meiere Quelle er mit fo ragen Slu8*
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brücfcn bezeichnet. ^Daneben benüict er fleißig Urfmtben, freilich auch entfliehen
unechte, wie tag „privilegium Nrntnis“, W 0311 ein Spapniad'er in ber £anb»
fchrift feine-©emerfungen fügte. UehigcnS ift ja befaitnt, wie fchon 'Petrarca unb
nad) ihm ber geiftvollc SleneaS SnlviuS baS Privileg be 0 9iero auf baS fcfionuugg*
lofefte fritifirten. Sanft lag teni ©benborfer baS „Fridericiammi minus“ vor.
Slnbere Urfunben gehören wohl mehr ber träteven Seit an, fe bie 5fhetlunggur»
fuitbe ber öfterreidnichen £)ergoge vom 25. September 1379, ebenfo bie vom
10 . October 1386, fo wie er auch für feinen fpäteren Sßeric^t tbeitS Urfunben —
wie bie ©ibeSform, welche ©eorg Pobiebrab bei feiner Ärönung teiftete — mittheilt,
tbeitß WenigftenS burch bie 'Krt feiner ©arftellung ju ertenneu giebt, bah er bie
£auptpunftc ber ©erljanblungen auS vielleicht ju privaten Sweben gemachten 91uf«.
jcidjnungen fchöpfte. 2)en ©rief beb papfteS piuS II. (18. Dctober 1460) Wtber
©regor von ^ainburg theilt ©benborfer mit; nid;t minber feine eigenen öffent*
liehen Sieben, unb aud) fonft beutet bie Stnlifirung feiner Slrbeit bisweilen auf
©enüfcung urfunblicher ©erlagen hin- Slbgeiehen von ben von ihm felbft — wie
wir faben — nur färglieh unb in bunflen SluSbrücfen angeführten Quellen, h a *
er — unb in fef>r reichlichem SOia^e — für feine ältere ©efdjichte Quellen benüfct,
bie er nicht nennt, wir aber fennen. Jpieher geboren junächft bie Angaben, welche
wir auf bas ©bronicon äpagenS jurüefjufübren pflegen, beffen ©runblage felbft
wieber für bie ältefte Seit hauptfächlich ©nnenfel, unb wo baß gürftenbueb fcbliefst
bie Sleimchronif DttofarS gewefen. 55a nun 9lenea8 SptviuS in feiner ©efctjichte
AriebrichS III. ebenfalls einer beutfeh gefd'viebenen (5h r °nif gebenft, beren bafelbft
angeführter Inhalt mit apagen fehr genau übereinftimmt, fo h a * man cutweber
meprere profaifche ÜDarftollungcn beS in jenen gereimten SBerfeit gebotenen Stoffes
in ©benborferS Seit anjunehmen, ober, ba fein ©runb gu jener Sinnahme vorliegt,
febeint bem ©benborfer £agen felbft Vorgelegen ju h^ben. 55ie ©ntfcheibuug ber
fern ge, ob ©benborfer ben ^ageti benähte, ift übcrbieS noch abhängig von ber
(Sittfcheibung einer anberen bisher ungelösten ffrage, von ber ?frage nämlich, ob
ber bei Heinrich ©unbelfing (in beffen Sßibmung an ©rghergog Sigmunb von
Sirol) namlgaft gemachte fBiatthaeuS mit bem ©regor $agcit, welchem unjweifel*
haft baS von pej ebirte beutfehe „austriacum chronicon“ jufömmt, ibentifch ift
ober nicht. Sicher fcheint mir biefe 3 bentität nicht, um fo weniger, als nirgenbS
ftebt, bah SKatthaeuS in beutfeher Spraye gejdjrieben. ©8 ift fonach möglich, bah
©benborfer auS PlatthacuS, Jpagen ober bem bei SleneaS SplviuS citirten ©hro*
nicon ober, wenn fie ibentifch finb, aus allen gefdjöpft h a t- ©er ©eweiS, bah
©benborfer eine biefer verwanbten ©runblagen beimpfe, ift leicht ju führen. 2 ßahr=
fdieinlich gilt bie Uebereinftimmung ©beitborferS mit — wir wollen ber Äürje
wegen $agen nennen — fchon vor bem bei pej abgebrueften 2 heile. hierauf
fcljeint mir auher ber von Pej fchon bemerften Uebereinftimmung ein eingelnet
3 ug in einem fpäteren £h«ile hinjubeuten.
Sluch baS „fragmentum de quatuor Albertis“ bei Pej II, 382 ff, ftimmt
an einer Stelle fo fehr mit ©benborfer überein, bah c8 ih m wahrfcheintich oor»
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gelegen iß. „Anonymus Leobiensis“, ober eine feiner verwanbten iRebactionen iß
gleichfalls teuiißt.
3weifell)aft iß, ob ©benborfer neben biefcn Quellen bie „0efterreid)ifchen
Slnnalen" — irie fie jctjt rcn Sßattenbad) bezeichnet fiitb — unmittelbar benüßte;
baß eS mittelbar gefcbah, unterliegt wohl feinem 3wcifel, unb eben fo wahrfcßein»
lief) iß eS, baß er einige ber Slnnalen — vielleicht bie Melfer, bie Älofterneubur»
ger, £eiligenfreujer, bie ber ^'rebiger in SSieit — vor fid; gehabt. SIber baß er
fie alle vor fiel) gehabt, ja, baß er fie and) bann ftetS vor fid) gehabt, wenn fein
SluSbrucf ju biejer Slnnaßmc unS ermuthigt, iß gewiß unbegrünbet. Sei ber fcla*
vifd)en Slrt, mit ber fid) baS Mittelalter an bie SBovte ber Quellen immer wicbet
unb wieber fettet, erhält fid) ber SluSbrucf oft nach vielfacher Vermittlung, unb
unb id) glaube wohl mehr als eine bloße StuSßucbt, ein bequemes SluSfunfSmittel
aufjußetlen, wenn ich b* e Meinung h‘‘3* l ’S muffe ju ©benborferS 3«it bereits
eine vielleicht verlorene, vielleicht bisher nur unbefannt gebliebene, ober eine mir
entgangene Slrbeit vorljnnben gewefeu lein, bie ben Stoß biefer Slnnalen verarbeit
tet hat. 3n fernerer ©ejiehung finb burd; biefe von mit vermutheten Quellen fo
Ziemlich alle Slufzeid;nungen h^atigejogen, welche unS bie ältere üfterreid;iid)e
©efchid)te überliefert haben, unb gerabe babureb gewinnt ©benborferS SBerf, ein»
mal abgefehen von feinen Mängeln, eine imponirenbe Vebeittung, baß eS an bet
Schwede einer neuen, ober beffer am SluSgange einer alten Seit noch einmal ben
gefammten gewaltigen Stoß in fid; aufnimmt unb ißn ju bemeiftern fudjt. 3n
biefem Sinne ift atlerbingS ©benborferS Slrbeit bie umfaffenbße bcS gefammten
öfterrcichifchen Mittelalters.
Slber hat er and) biefen mächtigen Stoß bcmeifteil? ©elang eS ihm alle bie
bivergenten Strahlen ber fo jahlrcidjen, oft fid) wiberipred;enben ober ju wiber*
fprechen id;eüienben Lichtquellen nad) ihrer Vereinigung unb gegenfeitigen SluSein*
anberfeßung in bem Vremtpunfte feiner Ävitif, in gleichen, nun nid;t mehr wiber»
fprud)ovollen, fid' freujenben 9iid;tungen wieber auSjuftraßlen ?
Man wirb $ur geredeten ÜBürbigung eines Scf;riftftellerS fattm - je fo brin»
genb ben ihn nid' nach einer neuen, gefidjteten SluSgabe auSfpredjen muffen, als in
biejem Balle 5)ie Berte eines SorbaniS, eines ©reger v. SourS, eines Qtto v.
Breifingen, eines Qttofar unb vieler Slnberer liegen im Slrgen, aber ihren littera»
rifeben ©evtl) bat mau längft erfannt; unb eine Wesentliche, von einer neuen SlttS»
gäbe, io wünjdKnSmertf) eine felche auS anberen ©rünben fein mag, abhängige
Umgeftaltung bürfte baS über fie einmal gefällte Urtheil faum erfahren. Baier
aber, io unvollftänbig auch bisher ber Vewets fid; führen ließe, muß unb wirb
ber neue fritifdie Bert ben Sd?riftfteller hinlänglich, um nid't gtt fagen glängenb
rechtfertigen. -T'er trübe, wirre ©ittbruef, beit bie bisherige SluSgabe Iwnorrufen
muß, wirb einer jiemlid) flaren, burd;fid)tigen, einfachen ©arftellung plan machen.
2BaS unS bisher beirrt, er id) eint als Bu'alc einer unberufenen .panb, auf bie io
Ziemlich alles entlaben werben fann, waS bem richtigen Verftänbniß ©benborferS.
biSßer gumiberlief, äßir wollen nicht zu weit gehen, ©benborfer war fein ©enie’
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et war fein f<höpferif<her, geftaltenber ©eift; obgleich geboren in ber Beit, bie, an«
betenb »erfenft in baS claffifche 3UterlI;um, ber S3e(t neue Sioiuffc icbetilte, |at er
nidjtS, gar nichts oott jener ©ragie eine« 9U*nea3 SploiuS, SonfiniuS n. 91. Schlißt
unb !lar, lebhaft unb befdjciben, ein witnScrameS ©emenge männlicher ©ntfchie«
benheit unb ängftlidjer Schüchternheit, liebenewürbig burch feinen treuen, reblichen
Sinn, burch Siebe gum Vaterlanbe unb bur<h ben ©ruft, ben er mit feinen @e=
ftnnungen macht, liebettSwürbig auch tvo h feiner Sdjwächen, fo tritt er im Sehen
unb in feinen Sd)riften unS entgegen 3'uar auch ex uennt bisweilen ben Doib
ober ben AporatiuS, ober ben Nullius u. a. 901., aber ihr ©eift hat ihn nicht er«
griffen. Ülbgeiehen oon bem lebten, tagcweife angelegten S feile, ber fchon beS»
halb formlos bleiben mufjtc, ift auch baS ihm unzweifelhaft ©ebührenbe fein ÜJlei«
fterwerf fjiftcrifd;er ätunft. SDie beliebte, oon SleneaS SuloiuS oerfpettete fÖlcthobe,
bie ältefte SaitbeSgefchichte auf Suben unb Reiben gurücfguführen, unb um nur
nicht bie mangelnben Äenntniffe biefer alten 3eit. J« geftehen, ben Verfucf eines
genealogischen ©cbäubeS, mochte er nicht gerne miffen. Srabition unb idjviftlic^c
Ueberlieferung bcnüft er neben einanber, bie ausführlichen, poetifcf angehauchten
ffiarftcllungen etneS .pagen neben ben bürrften proiaijcfen annaliftifdjen 9lngabcn.
©8 fehlt natürlich gwifd;ett jwei fo gänzlich oerfcfiebenen ©lementen nicht an SBi»
berfprüd)cn unb ©beitborfer fud;t fie nun nach feiner 9lrt zu löfen, wobei er
häufig ber münblichen Ueberlieferung oor ber icfriftlidjen ben Vorrang einräumt
SSa8 er felbft fah, unb wie er fich baS ©cfehene zurecht legte, galt ihm höher als
baS waS er gclefen, unb fo richtig biefer ©runbfa(j für bie ©efcfidde feiner @e«
genwart war, muffte berfelbe, wenn auf bie Vergangenheit angewanbt, ihn ben
größten Säuidmngen preiSgeben.
33elaufd;eit wir einmal ©beitborfer bei feiner 9lrbeit. ©r liest etwa pagen
unb wirb oon ber SarfteHung über griebrich ben Streitbaren ergriffen. ©S prägt
fich it> m bie ©efd;id)te ber 23runf)ilbe ein, fie wirb ihm zum Äcitne beS folgen«
ben SluSgangeS. ©r finbet baneben in feinen Duellen auch embere nüchterne SDar»
ftetlungen, überall aber ein ungelöstes ©twaS, baS ihn zur govichuitg brängt. Sa
finbet er irgcnbwo — faum in SichtcnfteinS Siebern felbft — ber gpergog fei auf
einer Sagb gefallen, bort fei er oon ben Scinigen crfd;lagen worben, anberSwo
bleibt bieS unbeftimmt, Tiber er erfährt bie Stelle, an ber ber Apergog bie SobeS»
wunbe empfing. Gr erfährt, bat) ein fPottettborfer gu SJieuftabt einft eilten grieb«
rieh oerrieth unb, waS nod) mehr, bafj eine Vrunhilbe aud; bem mächtigen ,£>au)e
angehörte. SieS war genug, ©beitborfer tritt ein in bie fallen oon £>eiligenfreug,
er fleht am ©rabe beS lebten VabeubergerS, unb wie attS bem falten Steine bie
gorrn beS UiitterS ihm näher uttb näher tritt, wie er gar bie Vinbett um feinen
Seih erfd;aut, ba ift ihm ber 3ufammenhang ttid;t mehr zweifelhaft. eS entfielt
jene wuttberlid;e Verfnüpfuttg ber Gegebenheiten, auS bet man faum mehr bie
erften, bilbenben Veftanbtfeile erfettnett bürfte. ©cattchmal, wie überhaupt biefe
Ü)iifd)uttg oon üJiutterwih unb ©infalt fo bcgeidgitcttb bei ihm ift, urteilt er auch
recht oerftänbig. 9ltt berfelbett Stelle, wo er oott bem Schimpfe, ben fich kie
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SBrüber 9übred)t unb geopolb gegenfeittg gugefügt, mie i'on etrnaS ungmeifelhaft
SBn^rem fpridjt, jiebt er bod) in ©rmägung, mclcher ton ihnen mit größerer
©abrfdH’inliddeit ben Sieg über ben nnfcem baoougetragen, unb f>iebei ift —
angenommen, bie ©rgählnng märe ielbft mabr — Sein Urtl;nl gang gefuttb. Stur
hat er auch hier mieber, mie eS id)eint, bie Sage mit ber ©e|d)id)te confuttbirt,
unb bie Schlacht bei fDiailperg, in ber bie ©Öhmen gegen geopolb II. auftreten,
1082 (©benberfer giebt baä Sabr 1081 ), mit ber Sd)lad)t geopolbd gegen feinen
©ruber vermechfelt. ©a in biefem Kriege be§ $ergogS mit SBratiölav, bem £>ergoge
oon ©öhmett, auf eine anfängliche Stieberlage, 1082, im folgeitben 3af)re, 1083,
ein ©ieg geopolbö folgte, bürfte biefeS ben Slnlajj gu ber ©erlegenf)eit erflären,
in bie ©benborfer geriett), rcenit er etroa Duellen vor fid> hatte, von betten bie
einen blofi von einem ©iege, bie anberen von einer SRieberlage — beibe mit
gleichem jfieebte — fprachen. geichtgtäubigfeit tvirb man mobl von einem SORamtc
ermarten föntten, ber befonberS in ben Sternen bie Sd;icfiale ber fPlenfchen gu
lefen pflegte, unb barum, felbft memt er fchrieb, ja gerabe menn er febrieb —
benn baS geben gönnte bem thätigen Sftattne mobl nicht bie Beit — gerne fich
träumerifchen ©ctradjtungen barüber hingab. ©amt läfjt er fich gehen unb ver=
liert ben «üben ber ©rgäbluttg. Sd;on bie ©ruft beS Knaben erfüllten feltfame
§intnie($jeichen mit ©angen, uttb ipäter fanb er itt bem ehrmürbigen ©eba be*
[tätigt, rnaS ihm feine innere Stimme gejagt, ©en 2llmageft fennt er rnohl, unb
auS ©irgil unb ©laubian, auS gucan. ja auS 2lben Otagel tveifj er ©efcheib. Unb
in ber ©hat baS Unglücf 31 t ftnbett, melcbes ber Äoinet, bet vor furgem etrna
erfchienen mar, vorbebeutet haben tollte, mar in feiner an Unfällen reichen Beit
nicht fchmer. Äctn tröftlicher ©lief mod)tc auf baS von Parteien gerriffene, geliebte
©aterlanb fallen, in allem fdiien fich ber Born be$ .IpimmelS gu offenbaren. So
fah benn bet ©reis, mie eitift ber Ättabe oon fpafelbad), gum ^irnntel auf, aber
er fonnte auch fei« fünftes ©ud) nur mit einer Älage beginnen, uttb bie gange
Statur fchien fich gegen baS ganb 51 t erheben. Söeldjen feiner geier verfemt nicht
ein 2 lugettblicf ber ©heilnaf)me in feine hartgeprüfte, leibenvollc Beit? ©benborfer
nennt fie eine eiferne’ Uttroillfürlich benfen mir an jenen fogenannten «rebagar,
ber feine Beit ebenfo nennt, ber an bem ©nbe ber Sgelt gu ftehen glaubt, inbeß
ber Kühling beS germanifdtett gebenS in allen ©auen fid> gu regen beginnt 3a
mohl! ©benborfer ftanb am ©ttbe einer 3eit, einer großen, gemaltigen Beit, ber
er felbft noch angehört, älter [<hon brach eine neue an, Ijerrlic^ mie bie gefunfene
unb menn er fie auch nicht erfaffen fonnte, meil er ihr fremb gegenüber geftan*
ben, fie hat fich Kh cn bei feinem geben gcmaltig geregt. 3n ad bem geiben, auS
bem er feinen SluSgang fanb, mar ihm nur ber eine ©roft geblieben, baft ber
Stern beS ©lücfeS, ber über Defterreid) feit ber $unncngeit ftetS gemaltet, auch jefct
mieber über bemfelben leuchten rnerbe. Sdit biefer allgemeinen äluffaffurtg, bie er
bem geben gab, fleht feilte politifche ©efinnuttg in innigem 3 ufammenhange. ©8
ift ferner ton berfelbett ein befiimmteS, fafjlid'eS ©ilb fich S u geftalten unb biefe
Schmierigfett bürfte eben vor adern in feiner fchmanfenben ©efinnung felbft
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begrünbet fein. 2118 ©benbotfer lebte, war einer jener bewegten 3eiträume, bie
bisweilen bie. ©efefuebte ber Wenicbheit begeiebnen, in ber e& beit gebenben nicht
gegönnt ift, ruhig über bem ^arteigotriebo gu [teilen. AÜr ober gegen eine Sadie
mußte man ficb entichciben, cbglcicb oielleicht DaS 9iecbte in ber Witte lag. 33er in
jeld'en Seiten ficb unabhängig reit beiben gu halten Habt, genügt eben baburdj
feiner; fein peliti'd'cs Wartprium erinnert bann an jene befannten SSorte, bte
£abtian VI. auf fein ©rabmal gu fe(?en befahl. 2lucb für bie gebenbigfeit unb
2 lnfcbaulicbfeit ber ©arfteÜung ift eine fParteiichrift, weil entfebieben einen @e*
fid)t8punft im 2lugc, ben fie nach allen ©eiten gu beleudjten trachtet, ben fie in
baS oortbeilbaftefte Siebt gu ftellen fuebt, wenn audh einieitig, buch büd)ft inbioi*
bucll unb lehrreich; farblos nnb lebig alleü erborgten, alles nicht in ber Sache
fclbft enthaltenen ©langes ift bagegen bie befonnene, ruhige ©arftellung beS Un=
partei neben, aber fie erntet ben [tilleren, ebleren ©anf ber SBabrheit. Wan fann
nidit fageit, baß ©beitborfer ein politijeber ©egner Arietriebs gemefen. ©ein geben
lang l;at «r burd) Schrift unb 2Bort treu für ihn gewirft; fein .vvrr hat ihn auch
in gewiffen ©taatSgefd;äften feines 3'ertrauenS gewürbigt. 2lber ein Aeinb 2llb=
rechts VI. war er burchauS nicht. SBenn man bie Älage liest, welche ©benborfer
gleid;iam mit ber burd) ben Job ihres bcifgelicbten ©ruborS faft gum 33ahnfiitn
getriebenen Katharina oon ©aben theilt, als ber .jpergog im fräftigften WamteS*
alter burch ©ift — wie man meinte — getöbtet worben war, fo wirb man nicht
grocifcln, bah ih m ber ©abingefchiebcne fel>r nahe ftanb. 2lud) gabiSlaoS Schief*
falen folgt er mt feiner ©ebitrt bis an feinen frühen Job mit bewnberem 3n*
tereffe. Schon feine ©eburt, nod) mehr feine wechfeloollen Sugenbgeicbicfe erf^ienen
ihm als baS 23erf einer übermcnfdjlichen Rügung; ftetS betont er eS, ba§ er mit
ber wahren Ä'rone beS h- Stephan in rcd;tmäßiger SBeife fein Jpaupt gefchmüeft.
Slber glei<h»chl 'fl er nicht blinb gegen gabiSlaoS Slitbänger, er erfennt gang
richtig bie eigennützigen 2lbfid)ten eines Ulrich oon ©illi unb feines politifchen
©egnerS, beS ©pginger, an bie ihn freilich — wenigftenS- waS ben letzten anbe*
langt — fein eigenes, häusliches Unglücf ermahnte. 2ludj feiger, ber lange an
SllbrechtS Seite gegen beffen ©ruber ffriebrief) geftanben, bann auch ben erfteren
»errathen wollte, unb biefes ©erhaben burch einen fchauberoollen Job in SBien
büfsen muffte, wirb oon ©benborfer ruhig unb leibenfchaftSloS gerichtet. 2lber ©ben*
borfet giebt nnS felbft ein Wittel an bie £anb, gu beitrt^eilen, wie er gu feiner
3eit geftanben. ©r begeidjnet bie Sage DefterreidzS Dielleid)t am fchärfften an bem
hßchft mcrfwürbigeit ©eginne feines lebten ©ucheS.
©r erinnert bafelbft an ben 3anuS, ben fich bie 2llten mit gwei Äopfen cor*
gejteHt, unb gwar — meint et — erinnere ihn h’ eran ber jeßige Bnftanb bet
«Dinge in JDefterreid), wo ber gmeiföpfige 2lbler ber gum Unheil beS ganbeS gwei*
fpaltigen ©rüber baS ganb in gwei einanber feinbliche gager theile. „Unde“ fagt
er, „et fit Austria biceps, dum quidam parent Aquike, alii vero suo ger-
mano, alii vero neutrales se exhibent, non propter Ihesum tan tum, sed ne
▼erecundia eorum ardeat.“ ©en lebten fcheint — mit einigem ©orbehalte —
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er felber angugebören, wenn man nämlich in Slnfchlag bringt, bafj feine banfbare
unb f)ingebenbe ©erebrung beS ^etrft^enbcn HaufcS, bie er immer wieber au8*
fprid^t, ben SBunfcb nach einer, jeben Swift in bemfetben ^ebenben ©erföbnung in
if>m rege machte.
@8 mar nötljig, über biefe feine politifhe ©enfungSart umfomebr fid> au8,
gubreiten, al8 e8 nur febr fdjwer möglich ift, fic gu einem ©efammteinbrucfe gu
erbeben. Reichtet ift e8, feine Stellung in ben groben religiöfen Stagen ber Seit
gu begegnen. Gr ftanb bi« offenbar auf ber Seite be8 ©afeler GoneilS. ©ie
2 Rögli<bfeit oon bem $)apft an biefe über bemfelben — wie er überzeugt war —
ftebenbe Autorität gu appellireit, oertbeibigte ec im Sinne ber Unioerfität, an ber
er ttirfte, unb biefer feiner religiöfen Uebergeugung braute er bie glängenbften
Hoffnungen gum Dpfcr, gu benen ibn feine beroorragenben ©erbienfte gu bcretb»
tigert {duetten. Gr blieb ebne äufsereS Seiten einer 3lnerfennung, aitjjer bafj feine
Unioerfität, oon ber brei Sacultäten ibn mit ihrem florbeer fcbmücften, ibn breimal
gu ihrem SHector unb biefe öftere gu ihrem ©ecan erforen 3n biefem ©eifte ift
auch fein ©ucb gefcbrieben; er unterbricht bie Grgäblung, um in bem Streite be8
HergogS Sigmunb 0011 Stirol mit bem ©ifcbofe oon ©rient, SticolauS GufanuS, bie
^Berechtigung gu unterfucben, mit ber ber fpapft $)iu8 II. mit geglichen Genfuren
eingefc^ritten war.
©iefe feine Politiken unb religiöfen ©elenntniffe geben un8 ben Scblüffel,
feine ©laubwürbigleit in Sctracbt gu gieben. Gr oerbient bort, wo er mitgelebt
unb mitgefeben, eben io febr unfer ©ertrauen, al8 er e8 in ben Steilen, bie er
au8 fcbriftlichen Duellen tropfte, nicht beanfprueben fann. ©enn für bie festeren
ift er nur glaubwürbig, wenn er mit ben JDriginalquetlen übereinftimmt, bei beren
©orbanbenfein wir gerne auf feine ©arftellung oergiebten. ©ort aber ift er ur»
fprünglicb unb echt. Seine ehrliche, ungefcb,minfte Statur oerftänbe fid) auch fehlest
auf ba8 Säuichen; e8 fehlen feinem Stile bie blenbenbcn Gigenfcbaften, bie feine
Särbung ber Gbaraftere, worüber man fo leicht bie biftoriiehe ©reue oergeffen
fann, Db er auch immer bie gange SBabrbeit fagte? ©iefe Srage ift nach bem
gegenwärtigen Staube ber Hanbfchriften ferner gu entfebeiben. ©ewiffe Sübfchnitte,
Wie bie ©arftellung ber Regierung be8 Sabißlao '])ofthumu8 finb aöetbingS mtge«
mein wortfarg; man oergleiche auch, wie leichthin er ben ©ömergug be8 ÄaiierS
Sriebrich. bem er hoch felbft nach Italien oorangeeilt war, beiprid;t. Slber fo febr
man bi« »ermutben follte, bafj er nach feiner fonftigen ielbftgefäHigen Sßcife wenig*
JtenS feiner eigenen ©cfanbtfcbaft babin gebenfen werbe, fo lehrt un8 ein „altum
Silentium“ auch über biefen fPunft, bah b>« eher a n eilte Unootlftänbigfcit al8
an eine abfichtlicbe Unterbrücfung gu benlcn ift. Cbne jteuntnifj beb Driginaleobejr
fann natürlich hierüber nicht enbgültig gefprod;en werben. Gntweber war ba8 ©>er!
bei feinem ©obe auch in feinen früheren ©heilen einer Grgängung gewärtig ober
würbe au8 SJlücffichten manches, wa8 fdjon gefihrieben war, bei feinem ©obe unter*
brüeft. 3mmerbin wirb man oon einem Spanne, ber oon bem ©afeler Gcitcil, auf
bem er bo<b felbft fo tbätig gewirft, auf ba8 ficf> bie ©liefe be8 SDiorgen* unb
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3benblanbe8 richteten, nidjt Diel mehr 3U erjagen tDCt§, als wa8 ihm ein 33 ifcf)of
Don Schweben über bie ^erfunft ber ©othen erjäfjlte, nid^t beionbere 9luffd)lüf[e
über eine cietleidft niinber wichtige fängelegenheit erwarten, unb fd)liefjlich barf
man and) Ijier nicht bcn tagebuchartigen Gharafter feiner Sfufjeichnungen für biefe
3 «t auö Dem 2luge oerlieren.
Gbenborfer als ©efdnchtöichreiber wäre nur f^lb gewürbigt, wenn man ihn
niriit mit jenem feinem SBiberparte uerglictje, mit jenem Sdjriftfteller, ber auf
bemfelben Gebiete, faft mit benielben Mitteln bie entgegengefeßtefte Schöpfung
heroor gerufen. 68 ift ber fpätere 'Papft piu 8 II., ber Italiener Gnea Sitoio be’
Piccolomini. 9Rau fann fiep faum’einen entfebiebeneren ©egenfap benfen, al 8 ber,
welchem wir jwifeben ben beiben Schriftftellem begegnen. Silles wa 8 wir an bem
Ginen rühmen, müfjen wir an bem Qlnbern tabeln.
68 fann hier noch Diel weniger meine Slbfidd fein, ein 8eben be8 @efd?id^tö=
icbreiber§ ju geben, aber auch hier will ich e8 Derfudjen, wenigftenS einige ©e*
ftcptSpunfte anjubeuten, welche bei Gbenborfer al§ pjpchologifche 'Principe ber fol*
genben ^Betrachtung bienen mögen.
Gnea war geboten 311 Siena, bamal 8 bie £auptftabt einer uon Slorenj unab*
hängigen 9lepublif, nach Sforcng bie blübcnbfte, prächtigfte Stabt jene 8 2anbe8,
ba 8 man feit ÜllterS Gtrurien benannte. Siena, auf bügeln erbaut, Dereinte bie
Oieije ber [üblichen fRatur mit ben praeptwetfen italienifcher Äunft. S)ie alten,
faftellartigen SBolmungcn ber einft mächtigen IRobili, ber Pala$jo pubblico, ba 8
eigentümliche, öffentlichen Bwecfen geweihte i'enoboch malten auf ben jugenb»
liehen Piccolomini gewift einen mächtigen Ginbrucf, doc allem aber ber ehrwür*
bige gotliiidfe Sem. 31m, «ne ber t>errlid?ften Schöpfungen StalienS, in feinen
eblen IBerhältniffen, mit feinen fcplanfen SBögen, ben h err li^ en ©laSfenftern, ben
reichen Sculpturen, ber Äuppel Don fcpwar$en unb weiten Piarmorfchichten, ben
SRofaiffutjboben, barftellenb Silber ber altteftanientariichen ©ejcpichte, unb bie prad,tDolle
gajabe tiat niemanb herrlicher alö er gefcpilbert, ben ihr Slnblicf entjücfte. 3Bie
armfelig ift bagegen apafelbach mit bem terfallenen Äirchlein unb ben wenigen
Srümmern jener SBurg, bie be 8 jugenblichen Gbenborfer ppanfafie nothbürftig
hefchaftigten. Slud) ftanb bie ©efdjicbte biefer feiner SSaterjiabt bem Gitea jiemlic^
flar Dor Ülugen. Sh r ©ef^irf glich bem Dieter anberen italienifchen Stäbte. 3uerji
im fBefifje ber fRobili, fam ba 8 Regiment nach beren SSerbrängung in bie Jpänbe
ber piebö, welche halb in Parteien jerfiel, bie fich nach bet 'ünjahl ber Don ihnen
gewählten Plagiftrate „nove“ unb „dodici“ nannten, ©aju fam eine britie
Partei, bie ber „Reformatori“, jo genannt, weil fie bie Regierung ihrer Stabt
gänzlich umjugeftalten beabfichtigten. Sie lebten Derbrängten im Vereine mit Den
„nove“ ihre potitifchen ©egner, fomit aut bie fRobili, benen Gena ’8 Familie an*
gehörte, rom .'Ruber be 8 Staates. fBefanntlicp würbe Gnea, oor feiner Grhebung
auf ben päpjtlichcn Stuhl, fBijcpof biefer feiner SSaterftabt uub erregte in biefer
Stellung, bie — wie freilich er Derfidjert — ungegrünbete 93eiorgnijj feiner 3Rit*
bürget, er werbe mit £>ülfe feines h c h cn faifetlichen @önner 8 ju ©unften feinet
1864 B.inb HI. 62
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gantilie biefe feine Stellung mißbramßen. ©nea mar geboren in jenem mebicei»
fcßett Statten, gteicßfam in ber Siege ber neuerwacßten ßumaniftiicßen Beftrebun»
gen, unb früh mochte ber 2lnblicf ber großartigen Ueberrefte, bie fidi unter einem
glücflicßeren Jpimniet auS ber alten Bett erhielten, ibm eine waßrbaft große 93cr=
gangenßeit tor bie 2lugen führen. Sie gegenwärtigen Berßältniffe eines großen
StßeifeS oon Stalieit waren erft jüngft gegrünbet unb erregten bie Sißbegierbe naeß
ber ttod) leitet gu erlaitgettben Äenntniß ber 3uftänbe, welcße ben jeßigen worauf
gegangen.
5n glorettg war jüngft ein bürgcrtidbeS qpauS oon ber Äaufmannfcßaft gu
fürftlidßem ©lange emporgeftiegen', unb in 50?aflanb regierte ein Sforga (granceSco),
ber Soßn jenes Bauers oon Gottignuola, ber als ber erfte ben Siußm unb bie
©roße feiner Familie begrünbet. So lodfer unb wedifelooll bie 3ugenb unteres
©nea war, fie biente nießt weniger als teilte Stellung als faijerlidter Secretär
unb feine mannigfaltige« Steifen, feine Äenntniß ber Seit, fein fcßarfeS Urtßeil
über bie 90?enfd>en, feine Beobachtungsgabe ihrer geßeimfteu Steigungen unb Sie»
gungen gu fcßärfen. 21 IS er baßer an bie 2lbfaffung ber ©efeßießte beS ÄaiierS
griebricß ging, geießaß bieS freiließ unter gang anberen, günftigeren Borbebingun»
gen. 2lHerbing8 waS bie Vorlagen betrifft für feine (Einleitung, bie bie ältere ©e-
fdßidßte beS SaitbeS unb bie Beit ber epoßenftaufen befprießt, lag ißm, wie ©ben»
borfer, eine, oielleießt biefelbe beutfeße ©ßronif, baSfelbe „privilegium Neronis“,
biefelben ©efeßießten Qtto’S oon ^retftngen (beibe Serie, fowoßl baS über grieb»
riiß, als bie ©ßrotti!) oor, aber waS ift bieS unter feinen tpänben geworben? SJlan
wirb ©benborfet jebenfallS ben 'Preis ber ©rünblicßfeit unb beS gleißeS ebenfo
gufpredßen müffen, als bem ©ttea jenen ber Äritil. 2>ie beutfeße ©ßronif, ber
©benborfet fo trauließ unb oßne großes- Bebenfen folgt, beßanbelt biefer mit
fouoerainet Beraeßtung; baS Prioileg beS SuliuS ©äfar unb beS Slero oerwirft
et als uneeßt, bagegen folgt er ber meifterßaften, oon ißm mit Sieeßt gepriefenen
SarfteHung beS Dtto oon grei fingen. SJiatt fönnte feine ©efeßießte griebricßS am
beften ein ©poS nennen, unb oielleießt erflärt bieS fo maneße eigentßümlicße Seite
feineS SerfeS. Jpelb biefeS ©poS ift ber Äaifer griebrieß III. (IV), ber jeboeß
ebenfo bisweilen in ben ^intergrunb tritt, wie jene «pcrrfeßergeftalt eines 2lga=
memnon. Sein Stame unb ber Umftanb, baß bie Raufer Scßwabeit unb Oejter»
reieß — er meint bie Staufen unb bie Babenberger — in BlutSoerwanbtfcßaft
fießen, gießt ißm beit Slnlaß, oon ben ftaufiteßen gtiebrießen gu fpretßen unb wie
eS ißm für bie Bwiicßcngeit an einer bequem gu benüßenben Quelle feßlt, geßt
er mit einem füßnen Sprunge auf ben britten biefeS SlamenS über. ®ie ©pifobif,
ein .tpauphnittel ber epifeßen SDicßtung, übt er mit waßter SJteifterßßaft. Antiqua»
riftße ©jrcurfe wecßfeln mit ben feinften unb jcßärfften ©ßarafterjeßilberungen unb
biefe wieber werben nur oon jenen unmittelbaren, anfeßauließen Stßilberungen beS
SocaleS übertroffen. welcßeS ben .©intergrunb feines großartigen ©emälbeS bilbet.
2)ie brei Äronen, bie faiferlitße bie beutfeße nnb bie lontbarbifcße, geben ißm 2ln=
(aß gu einer juribifcß»antiquarifcßen Slbßanblung; ber 3«g beS ÄaiferS an ben
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Slpenninen flieht ihm Slnlah gu ben gelehrteften 33emerfungen. 5Rit welker Sin»
id)aulid)feit fdiilbert er bet ber Siücffebr beS ÄaiferS oon Italien ben ©egenfag
beb füblicbcn unb norbifchen £>imntel8! SBie fein ift baS ©emälbe eines SSernar»
bim? ba Siena? SBie »entid;tenb baS ber Sarbara oon ©illi! Unb (Ringer, mit
welcher fOteifterfchaft unb tiefer 9Jtenf<hcnfenntnih n?eibt et bie SJfotioe auf, burd)
bie berfelbe auf bie Stenge wirfte? Unter feinen Rauben »erben fie alle gu wahr»
liaften 2i)pen, uttb bie antife, eben um biefer plaftü’chen ©eftaltungSgabe willen
bewunberte ©efcbichtidireibung finben wir auf jüngere Beiten übertragen. SßaS finb
bab für 'Pracbtftücfe, bie Schüberung SBienS, üUürnbergS, alb Sige beutfcher
SBoblbobenlieit, unb wieberum bie ber italienifchen Stabte, wie 2?ologna’S, Sie»
na’b unb ber hcrrlicbften non ihnen, ölorenjettb. S)ie geiftnolle, buftige Schilberung
ber oielgeyriefenen ©leenora. ihr erfteb Bufammentreffen mit bem SBräntigam, wen
erinnert bieb nicht an bie holbe Blnniuth hnmerifchet Dichtungen? Unb enblid) bie
Sieben, bie ©nea feine gelben, gum Sheil fid) felbcr führen Iaht, fie finb gang
gebacbt in bem (Seifte betreiben ©}?if, bie gu ben Sieifterftüden eineb BioiuS ben
Slnlafj gab. 3n fie hat ber ©eicbichtidireiber bie ^ragmati! feiner Darftellung ge»
legt, in fie bie Sülle non Siotinen, non ©rünbeit unb ©egengrünben, burch bie
feine epelben fid? unb anbere bcftimmen; unb finb. biefext Sieben gum &h e ü e wirf»
liehe Sieben ober urfunfclicbe« SJiateriale gu ©runbe gelegt, jo erinnert bies nur
an DhucgbibeS, **nb fln öie 23emerfung, bie biefer an feine Seiet über bie SBeife
richtet, in. weld;er biefelben feine Sieben beurteilen füllen.
SBo ©nea non fid; felbft fpricht, hat man gu unterfcheiben, ob er fid) blofj
als ©ewährSmann nennt, ober alS einen, bet mit in bie Dinge nerflochten ift.
3m letzteren Salle nennt er fi<h — im ©inflang mit ber burd;au8 objectinen
Spaltung ber Darftellung — in britter 'Perfon, im erften in ber erften. DieS legte
gefd)ieht jebod) nicht häufig; er nennt ein paar Sieiterftücfchen beS Sforga mitten»
bolo, bie ihm fein Dheim, unb eines non SUbredjt Slcgillcß non Sranbenburg, baS
biefer ihm felbft bei guter Saune auf einem Siitte non Sleuftabt nach SBien mit»
getbeilt. ©inmal fagt er non fit, er habe bie heiligen ©efäpe ber Äirdje »on
Apaimburg gu Sieuftabt feilbieten gefehen. SBar er in pclitifd?cr Segiehung ein Sin»
hanger Sriebrid?S, fo war er in religiöfer nicht minber ein ©egner ©benborferS.
Die fdiarfe Äritif, bie fie gegenjeitig über fich gefällt, heb ich bereits h enjot -
Slber aueb an einer aitbereu Stelle flagt ©nea bie theologifd;c Sacultät gu SBien
an, bafe fie bie Dbebieng gegen ben gägftlichen Stuhl auS ben Slugen nerliere,
unb man hat wol;l nicht weit gu gehen, um auf ©benborfer gu fommen, ber eben
gu ben Bierben biefer Sacultät gehörte.
35ei ©nea ift nur S?ebeutenbe8 hcrangegogen; Äometeit, epungerSnoth, @le=
mentarereigniffe, all baS Heine Beben unb Beiten läht er beifeite. 'Slber oergleicbt
man bieS grohartige ©poS mit ber SBirHiddett, ben Sriebrich biefer Darftellung
mit. bem ber ©efchid)te, io wirb fich öaS ^iftorifc^e Urtheil nicht gu ©nea’S @un»
ften gehalten, ©r hat mehr als ibealifirt; er hat oft feinem Unmutge freien Sauf
gclaffeit. Apieher gehört bie immer oon einem feinen Beobachter geugenbe, aber
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gewif fdfarfe Äritif, bie berfelbe über bie Defterreidjcr feiner Sage außfpricht
„Australcs enini quamvis natura tenaces nulli quippiam largiantur, tarnen
ex principe pluiima petunt: quibus ncgatis, iniuriam so passos, aiunt, res-
que novas moliuntur etc.“ Gß bebarf einer forgfältigen Siufmerffamteit, um ju
bemerfen, wie er juweilen in feinen Dieben roefjt feine eigenen, hinter bem mach*
tigen Ginbrude fccß Ganzen verborgenen 9lnfid)ten entführt. jpieljer gehört beifpielß*
weife bie ©teile, an welcher 9 letteaß im faiierlichen Oiat(;e bie Gntlaffung beß
Sabißlav auß ber SBormunbfctjaft empfiehlt, mit feinem 5?erfd)lage jeboch nicht
burchjubringen vermag, unb enbliih ber Äaifer fcitvd) bie bitterfte Gtfahrung an
bie Grfprieflichfeit feiner Grmahnungen erinnert wirb; „at sera post factum
prudentia!“
Gleichwohl bleibt 5lenea§ ©plvius' Gefdnd)tc ftriebridjß ein mtenblich großer
©d;af. 51 de Glattheiten eines tjiftorifdjen Äuuftwerteß hat er barin vereint, unb
faum barf man eS wagen, Gbenborfer mit bemfelben in biefer Beziehung gu ver*
gleid;en.
9(10 h<ftoriid)c 8 Sßerf ift fie mehr einfeitig alß falfch. ©o wichtig unö Gben*
borfer für mattdyß (Detail unb von ©eite feiner hiftorifdien Sreue ift, fo fe^r bie
reiflich erhaltenen Urfunben unö lautere, ungetrübte Gefdncbte bieten, fie adern
vermöd;ten unö nur ein graneß, trübeß 2?ilb ber Seit 31 t liefern. Gift mit (Dar»
ftedungen, wie bie beß SMicfofeß von ©iena, fleht bie cntid,nvunbene 3 eit fo recht
auß beit Gräbern wieber auf. Ülußflufj einer politijd)--religiüjen Diicftung, bie
fie eben barum um fo treuer fpiegelt, I;at un@ ein günftigeß Gefdpd gerabe in
biefer Gefehlte ein 2Bcrf gegönnt, baß Gbeuborferß Diid;4ung, ber fie in adern
entgegenfteht, ergänzt. 9Rur cineß haben bie beiben ©driften auf er ihrem ©toffe
gemein: bie ©elbftgcfädigfeit, in ber iid; ihre 93erfaffer wiegen. 51 ber au dt biefer
gemcinfamc Bug entfpringt auß vetidnebenen DJiotiven; bei Gbenborfer auß Gitel»
feit, bei 9 leiteaß auß G(;rgeij. Gbenborfer fonnt firfj in ber warmen Gmpfinbung,
municcps feineß ©täbtchenß ju fein; er fdjlägt feine Gefanbtfdjaft nach 53afel
nicht gering an. Qlencaß hat fid; felbft in bem 53 ud;e getreu gefdjilbert, in feiner
rathgebenben, feiten entfd;eibungßlofen, nimmer ruhenben Shatigfeit.
\
8otanifd)e Strctfjügc tmrd) 9forb=$iroL
93on (Dr. X fierner.
DU SolflcinkctU.
II.
Gß ift eine alte Gewohnheit, bafj man fid> auf (Sttoflügen in ben 9 llpen
regelmäßig bei ben 23ivtf)cn, fsülucui, Sägern unb ©ennern um baß itßetter beß
lommeuben Sageß erfunbigt. (Diefe Gewohnheit bafivt fich unftreitig auf bie
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Grfaf;rung, baf; bie Sewobuer ber 9llpcn im Saufe bcr Beit tnrd; nüd;tcme 23e«
obadjtung bcr SitterungSerfdtcinungcu fid) beftininite Siegeln feftgefteflt f;aben, mit
beren £ülfe fie baS Setter ber näcbften Seit mit gtemlidjer ©ewif?beit pcrbergu*
tagen im ©taube finb. Hub wenn man I;iefcei abfiel;t non einzelnen Säften, in
welchen ber Gigemuib, Slbcrglaube unb Unnerftanb ber Gefragten un8 bie wiber»
finnigften Antworten t)ören läf?t, ur.b blof? gälte in Ülitidjlag bringt, wo bie unS
gegebene Settcrpropbegciung an8 bem fDiunbe eines mit ber SJatur nielfad) ner*
teil reuten unb auf bie Gridieittungcn ber Sltmefpbäre aufmerfiamnt fDianneS fließt,
fo muf? man geftel;en, baf? in ber 2.l;at bie ®ewot)uer ber Öllpen ba3 Setter in
ber Siegel gang gut gu nerfünben wiffen unb jebenfaflS riet beffere Setterpro»
pbeten finb, als bie Saewebner be3 gladjlanbeS unb ber nieberen 23erglanbfd)aften.
3d) braudte wo(;l faum gu lagen, baf? e3 norgüglid) bie Sinbe finb, auf
weldje bie SBewofjner ber Sllpen ihr Slugenmcrf ridjtcn, wenn fie ba6 Setter oor»
berfagen woflen. ©erabe ba3 richtige äferftänbnif? ber Sinbftrömungen aber ift in
ben Seilern ber 2llpen eine gar fdjmierige Sad;e. 3ebc8 St;al bat ba gunäcbfi
feine localen SJiorgen* unb Slbenbwinbe, bte burclt ben Ginfluf? felfiger, erwärmter
©ef)ängc, feuditfalter Sümpfe unb mächtiger Gi3= unb Sd;neefläd)en, bann bureb
ba8 ÜluSgteidjsbeftrebcn ber über fold;en ©rüttben nerfd;ieben erwärmten 2uft»
fd)id'tcn rcranlafjt werben Siele localen Sinbe non ben allgemeinen ?anbmtnben
immer rid'tig gn unterfdiciben, ift nur bem möglid;, ber jahrelang in einem unb
bcntfelben Sbalc bem Setter fein ?lugenmerf gugewenbet I;at. Unb bod; fommt
gcrabe auf biefe Unterfdicibung gar oielcS an; benn wäbrcnb bie localen 2uft»
ftröniungen auf bie allgemeinen SitterungSoerljältniffc fo fiel wie gar feinen Gin*
fluf? l;aben, finb bie allgemeinen Sanbwiube ald bie eigentlichen Settermadjer an»
gufeben unb baber ihre Strömungen, fo wie bie 5(ngeid;cn it>reö balbigen Gin»
tritteS, ba6 Reifet bie 2lngeid)cn, baf? bie in höheren Siegionen bereits ^errfd^enbe
Cuftftrömung alSbalb and) mit ihren Sellen in bie Siefe fd'lagen unb bie Spület
bis gur unterften Sohle burd;fegctt werbe, für ben Scttcrpropbeten ron ber gröfjten
S3ebeutnng.
2>af? bie Äufeinanberfolge ber Sinbftrömungen in ben 2llpcn nadj bem £> 0 Pe’»
fdjrtt Srebungefafte abläuft, ift felbftoerftänblid?. Sod; würbe man mit ber %o»
rctiidjen Äenntnif? beS SrebungSgeie(?eö in riefen Steilen ber Sllpen ficb nur
fehlest über baS Setter gtt orientiren permögen, ba galjlrcid?e halb bi« halb bort
fid) in bie Später porfcbicbcnbc 23ergwänbe bie Siiditung beS SinbeS oft fo gang
unb gar änbent, breeben unb ablenfen, baf? bcr Sübwinb auS Siorben unb ber
Siorbwinb auS Süben gu fon.men febeint unb eine genaue Uebereinfiimmung bcr
Sinbridituttg im Sb^le mit ber allgemeinen Sinbricbtung in ben bsb fren 9iegio*
nen faft gur SluSuabme gehört.
Gine feltene Ucbereinftimmung in biefer 23egiebung unb eine feltene Siegel»
mäfjigfeit in ber SiicbtungSfoIge ber Sinbftrömungen bietet im S3erei<he ber Sllpen
jebetifallS baS Snntbal bei SnnSbrucf bar, unb nid;t halb bürfte unter gleicher
fßreite im alpinen Stauer ein ©elänbe gu finben fein, wo baS £> 0 Pe’id;e Srcl;ungS»
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gefeß mit gleicher Älarßeit gur Seobacßtung fommt, als bieß gerabe ßiet ber l^alT
ift, 5Jtan famt ba unießroer brei mit ben SMnbricß hingen guiammenßängenbe,
regelmäßig — wenn aueß in feßr ungleichen unb in ißret Sauer unbestimmbaren
3eiträumen — aufeinanberfolgenbe SBittcrungßcßaraftere unterfeßeiben. Ser falte
9torbWeft unb 9lorbwinb, ber „baierifeße" ober „©cßamißer SBinb" ber 3nntßaU’r,
tritt gewößnlicß ganj ploßlicß auf, ift in feiner ©tärfe außerorbentlicß wedjfelnb
unb ßat regelmäßig halb fürgerc halb längere ©cßneegeftöber unb SHegcnfätlc in
feinem Gefolge. ,pat er bie Serge einmal grünbltcß eingefeßneit, fo maibt er and)
alßbalb bem fcßneibenbeit troefenen Dftwinbe, bem „©algburger" ober „Surer
SBinb" ber Snnßbrucfer, bem „guten Sßinb" ber Sergfteiger $)laß, bei beffen
Auftreten fieß oft binnen wenigen ©tunben alle Rolfen im reinen iHctßerblau beß
$immelß auflöfen unb baß gange Firmament plößlicß wie außgefeßrt erfcßeinL
SJJorgenß unb Slbenbß ßerrfeßt bann gewöhnlich UBinbftille unb nur gur 99iittagß=
3 eit gießt ein gleichmäßiger füßlenber Suftftrom non ben öftlicßen Sergen gum
Sßale nieber. Sem Sftminb folgt mit feltenen Stußnaßmen ber ©übwinb, ber
„Warme SBinb" ber Siroler, ber bann entweber binnen 24 ©tunben ben Fimmel
mit einem gleichmäßigen grauen ©eßleier übergießt unb ber außgetroefneten Grbe
einen Warmen Stegen bringt, ober aber meßrere Sage ßintereinanber bei ßeiterem
^immel baß Serglanb mit .peftigfeit bureßtoßt unb erft naeß längerer Beit mit
einem auß ©übweft unb fpäter auß 2öeft nieberftrömenben fliegen enbigt. 3m
leßteren gaUe erfolgt bann gewößnliiß bie Sreßung beß SBinbeß in ben eifigen
9lorb, unb baß ©piel ber in ber fWicßtung non Storb bitrcß Dft unb ©üb fieß
oerbrängenben SBinbe unb SBitterungßcßarafterc fängt feinen Äreißlauf jejjt neuer«
bingß mm Borne an.
Unter biefen für ben SBitterungßcßarafter io begeießnenben SBinben fpielt
jebenfaOß im 2eben ber norb«tiroliicßcn fDlenfcßen, Sßicre unb s ))flangen ber ©üb«
Winb bie weitauß ßeroorragenbfte Stolle.
SBenn man nur einige Sage in Snnßbrucf fieß aufßält, io wirb man guter«
läffig aueß Bon bem „warmen SÖinb" fpreeßen ßören unb bie Semerfung maeßen
fönnen, baß biefeß ÜJteteor einen ber wießtigften ©efpräcßftoffe ber Sewoßner ber
tirolifeßen .pauptftabt bilbet. ©owoßl Bor bem Gintritte beß berüchtigten ©inbeß,
alß aueß wäßrenb feiner perrießaft flagt Sebermann, ber feinen Äöper mit etwaß
feineren Vierten befaitet ßält, über ©d;(affßeit, Unaufgelegtßeit unb brüefenben
Äopffcßmerg. Sie .pppemetBöfen müffen alle geiftige unb förderliche Arbeit auf«
geben, Berßängen bie genfter unb erwarten in bumpfer $lpatßie baß enblicße Um«
fcßlagen ber füblicßen Siinbrießtung in bie nörblicße. Ser pürnmel ift beim Se«
ginne bet Sreßung beß Sßinbeß auß Dft naeß ©üb gewößttlicß flar unb rein, unb
bie Sltmoipßäre beß Sßaleß faft unbewegt. Sic Buft ift feßr bureßfießtig unb bie
Serge feßeinen tiel itäßer gerüeft 951 an unterjeßeibet bann faft jeben einzelnen
Saum an bem oberften ©aume ber SBälber am Geßänge ber ©olfteinfette unb
glaubt faft mit freiem 3uge bie Stinber auf ber Göttinger Sllpe weiben gu feßen.
Salb geigen fieß aueß am Fimmel, noeß ßoeß über ben ßöcßften Sergginnen, Ber*
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823
eingelte, langgeftrccfte, feberige ©olfenftreifen, bie ficß oon ©üben naeß Slorben
quer über baö 3nntßal gießen. 2)ie ftiditenwälber, welcße im ©inter beim ©eßen
beö DftwinbeB non ftarrenbem SRei| in ichimmembeS ©eiß gefleibet waren, wer*
ben jefit plöftieß gang bunfef unb contraftiren als feßwarge ©treifen unb glecfen
mit ben bfenbenb weiten baumlojen .poißgebirgefämmen, beten ftuß fie umgürten.
3)ie Scwoßner ber ßod)ge(egenen Sergßöfe unb ber auf ben ÜJtittelgebirgSftraßen
angefiebelten SDcrfcr, welcße pianbel unb ©anbei inB 3nntßal ßerabfüßrt erjagen
bann, baß oben feßon ber „warme ©inb“ weße, unb baß fie beim Stieberftcigen
gur Soßle beB 3untßaleB auB ber lauen 2uft ber .pc^e faft plöjjltd) in bie fto»
ftige 3ltmojpßäre beB SßalbobenB gelangt feien. 3m ©inter bauert biefer ©egen*
faß bann mand;mal eine ©oeße unb barüber, im ©ommer gewößnlicß nur einige
Sage, ©nblicß fenft ficß ber iüblitbe Suftftrom aueß gur Siefe nieber. Son bet
fübwärtB gum Srennerpaffe fitßrenben Straße wirbeln plößlidj ungeheuere ©taub*
maffen gegen Snnßbrucf bjerab. (Singeinen ©inbftößen folgt halb ber ungebrochene
unb ununterbrochene ©turmwinb, ber Ijoulenb bie Straßen bureßfegt unb braufenb
bie ©älber bureßjagt. !DaS SS^ermomctor fteigt babei im ©ommer nicht feiten im
©chatten biB gu 28® R., Saum unb Äraut läßt erfeßlafft Don bem auBtrocfnenben
warmen Suftftrome bie Slätter hangen unb nicht feiten ficht man im grüßlinge
junges 2aub feßwarg gebrannt unb gerfeft oon bem wüthenben ©inbe an beu
Säumen unb ©träueßem hangen.
SDiit bem ©taube wirbelt ber ©inb bie mannigfaltigften 2)ingc einher, unb
wenn man nach einem @cirocco=©turm bie ©cßnee* ober (SiBfläcßen beB pccß a
gebirgeB befugt, über welche bie ©inbBbraut fürglich bahingeraBt war, fo glaubt
man eine förmliche ©ahlftatt oor fid) gu fehen. Sieben bem giegelrothen ©taube,
ber manchmal alle ©chneefelber ber Sllpen rötßlicß färbt unb ben ber warme
©trom auB feiner tropifeßen .peimat in unfere Serge geitweilig mitführt, bringt
er auch organifeße ©ebilbe auB näßet liegenben ©egenben auf feinen gfügeln baßer.
Sieben gaßlreicßen Sienen unb Schmetterlingen, bie gum Sßeil nur ber Siefregion
angeboren unb bie, gewaltfam in bie unwirtßlicbe .pocßalpenregion getragen, auf
ben Sirnfelbern ein falteB ©rab finben mußten, fann man regelmäßig aueß eine
Uitmaffe oon Slütßenftaub unb gaßlreicßc im $itn eingebettete ©amen finben,
welcße oon ^flangen ßerftammen, bie Diel tiefer liegenben ©egenben angeßören'.
3a felbft bürte Suchen* unb SJiaißblätter finben fid) manchmal ßoeß oben auf ben
eifigen ©eftlben ber ©letfcßer oerfcßlagen unb geben unB 3?ugniß oon ber ©ewalt
ber Strömung, welcße bort geitweilig bie 8uftf<ßicßten bewegt.
5)ocß muß ßier auSbrücflicß ßeroorgeßoben werben, baß auf ben Sergßößeu
bie ©ewalt beB ©übwinbeS eine oerßältnißmäßig oiel geringere ift, als in ben
tiefen (Sinfcßnitten, welcße gaffenförmig baS Hochgebirge bureßgießen, unb baß über*
ßaupt ber ©übwinb in feiner ©tärfe naeß ben oerfeßiebenen Üocalitäten gang
1 3<ß beßalte mit Der, in filtern Baeßbiattc bemnäeßft ein Sierjeitßiüg aller oon mit im
Sitn bet ©letfeßer hießet gesammelten Jßiete unb ^Dflaitjen ju publtrireu.
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824
uufterorbentlicft ab»eid)t. SBenn in SttnSbrucf ber Scirocco bureft bie Straften
tobt unb man bcm unheimlichen Steteore entfliegen will, braucht man nur mit
ber (Sifenbaftit ein paar Steilen inS Unterinntbal ju faftren. Stau fann bann leicht
bie ^Beobachtung machen, baft 3 . SB. in bem naben Scftwaj bie (Blätter faft rcgungS*
loS an ben Säumen fteften, roäftrenb man in 3nnSbrucf jeben Slugenblicf befurch«
ten 311 müffen glaubt, baft bie SBipfel ber Sitten unb Rappeln, von ber (Bucht
beS Sturmes niebergebeugt, enblicft jerfplittern unb ju (Boben ftürjen »erben
(Bir müffen utiS jur ©rflärung biefer ©rfefteinungen eben erinnern, baft bie
elaftifcfte Staffe unterer Siltmofpftäre über bem feften (Srbgerüfie gleich bem flüffigen
Elemente beö SBaffcrS baftinflutet. ©ewiffe eigentümlich fituirte 2 ft ä (er bienen
bem füblicften SBinbftrome alS (Rinnfale, wäftrenb anbere 2ftalfurcftcn von ihm faft
unberührt bleiben, innerhalb ber (Rinnfale beS SBinbeS giebt eS aber wieber un*
jäftlige Untiefen mtb Stroniichneflen. Sefttere bilbeit fid; regelmäftig bort, »0 fieft
bie breite ©affe eines 2 ftale 8 plejdicft verengt unb ber Suftftrcm gejwungen »irb,
burch eine verftältniftmäftig enge Spalte ft<h bureft^ubrängen.
SÄuS ber breiten 2ftalfurcftc, in beren ©runbe ba§ abriatiiehe 93teer einge*
bettet ift unb burch »eiche ber Scirocco in norbweftlicfter (Richtung bahinjagt,
gelangt berfelbe an ben Sübabfatl ber SÄlpen Unter ben jaftlreid;en 2. bä lein,
»eld;e fieft ftier gegen ben Süben öffnen, wählt er fid) vorjüglicft baS Crtjdjtftal,
um bureft baSfelbe in fübmerbliefter (Richtung baS £>erg ber dllpen ju erreichen
-£)ier [teilt fieft iftm bann ptc^lidj bie gewaltige Stauer ber Gentralfette gegenüber.
SBaS jeftt von iftm nieftt längs bem füblicften Slbbange ber ©entvalmauer aufwärts
geleitet unb mit ber ftoeftgeftenben Stromfcftidjte vereinigt über bie Defttftaler Ser»
ner naeft fRorben flieftt, »eicht hier jum 2fteil bureft baS Sßintfcftgau unb über bie
Staljer £>aibe naeft (Beften aitS; gum gröfteretj 2fteile aber bringen bie (Bellen
beS Scirocco in bie tiefe ©affe beS SBrennerpaffeS ein, »eüfte als eine gerabe
gortfeftung beS StfcftthaleS in bie ©entralmauer eingeieftnitten ift. Jpier ift bie
»aftre Stromfcftnefle beS SübwinbeS unb ftier treibt er auch fein wüfteS Spiel
auf bem berüchtigten „Sterjinger Stoofe" unb in bem traurigen jpocfttftate, »cl«
cfteS bie SBäffer beS fPontuö unb ber Slbria fefteibet Stit befeftteunigter £>aft jagt
er nun bureft biefe Stromicftnetle inS Jitntftal hinüber unb trifft hier feftnurgerabe
auf bie Straften ber tirolifd;en jpaitptftabt unb auf bie lange Äalfmauer ber Sol«
fieinfette, welcfte fieft jm fRorben ber Snnftabt [teil emporböfeftt. (Rur ein Heiner
2fteil be§ Stromes »eieftt aber jept in baS Unterinntftal aus unb bie £aupt«
ftrömung folgt jener ©iniattlung im SBeften ber Solfteinfette, welcfte über baS
ßbe ftürmifefte £ocfttftal von Seefelb unb bureft ben SJ)aft ber Sdwnift nach
Stitterwalb unb ©rün in (Baien» ftinauSgieftt. SBie ber Sciroccalftrom ftier weiter
gegen baS baierifefte glacftlanb feinen SBeg fueftt, teftrt unS Senbtner in feinen
„(BegetationSverftältniffen Süb«SBaiernS\ »0 eS Seite 77 fteiftt: „Sei ©rün ver»
läftt ein 31rm (beS SBirbftromeS) bie 3far, inbem et über SBallgau naeft bem
SBallcrfce fieft wenbet. 3lm SBallerfee vereinigt fieft mit biefem ein anberer 31 rm, ber
norbwärtS vom (Rifttftale fter eingebrungen ift unb teuft iftn von feiner naeft SRorb»
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J
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often ftrebcnben 33af)n ab. S3cibe gmängen ftcT) nun gcmaltfam burd) bie Deff-
nung gmifd;cn ber 3cd)era(pe nub bem Öergegftanb, unb ergieften fid; mit ocr*
tyeerenbcr 9!Jiadf)t über ben Äedielfec unb Scbleljborf in ihrer allen 9itd;tung nach
Sfiorbmeft."
2Bir fetten fymit bad Oitnnfal gcjeid;nct, me(d;eö ber ©cirocco auf feinem
SBege burct) bie Süpen einhält, infomeit eö fxrf> auf ba@ thWifche unb augrenjenbe
baiertfdje ©ebiet bejaht. — (Sö ift nun mohl niefit bei ben paaren ^erfieT^ejocjcn,
trenn mir in Grinnerung an bie eben gemachten 9Jiittheilungen über bie Unmaffe
ber oom ©ctrpeco mitgeführten s PfIanjenfamen and) annehmen, ba& bie fübb’d;en
^flangenformcn, metd)e in SRorb-Sirrd gerabe längö bem eben gcjeid;ncten 9ünn»
fale [ich rorfinben, auch burd; ben ©eirocco angefiebelt mürben, ©erabe fo mie
manche GfH’ropobecn unb Gruciferen bie ,Geerftraf;en ber 9)ienfd)en einfaffen unb
bejeid;nen, befäumen bie Ief>tf>in ermähnten Saponaria ocymoides, Avena clisti-
chophylla, Luzula nivea, Lasiagrost.is Calamagrostis u. bgl. f meld;e f nebenbei
bemerlt, auch burd;gehenbd (Santen befi^en, bie burd; bie Burtftromungen teid;t
fortgetragen merben tonnen, bie SBege beö ©ctroeco burd) bie Siroler SUpeit.
Saft auch mand;e Snfeften biefe Strafen beö ©übmiubeö in ben norbltd;c*
ren Sllpengügen begegnen, ift fet)r maf)rfd;einlid). ?fiö ber berühmte £>i;mcneptc*
rofoge ©iraub mich oor gmei Sabren l;ier in 3nnöbrucf befuchte, fprad; er fein
Grftaunen über mehrere füblid)e SSiencnavtm auö, melcbe er auf ben £utgeln am
gufje ber ©olfteinfette auffanb unb auö bereu Sieihe mir noch ber SRame Apis
muraria erinnerlich ift.
* Ste ©cneralrcrfammlung ber ungarischen 21 cr 31 e unb Slaturforfd;er
t;at einen s preiö ron 30 Sueatcn für bie Veantwcrtung ber grage auogeid;riebcn:
„SBelcfye Bebenöwcife märe für bad uttgarifie Veit 3 U empfehlen, bie foircfil 3111 - ßrbal*
tung ber ©efunbheit, atö and) 3 m 33 efbrbermtg ber gnubt barfeit unb 3 ur Verlängerung
bed Bebend am gmeefmägigften wäre? unb mdcbeö mären bie ffliittel, burd) wcldje bie an
ber lagederbnung befinblid;en S)ii|'jbräud;c, lebend* unb gefuubfieit ogef äl;r 1 id)cn Gebräuche
unb gu gefährlichen Verirrungen führen ben Vcrurtbeile »erhinbert merben fennten?" Sie
betreffenben Goncurrengarbeiten fiub Lid 311 m 15. 9)iai 1865 au ben Sirectcr beö s )ia*
ttonalmufeumd in $Peft, £errn Sluguft r. &ubim;i, cingufcnben.
* lieber ben neueften ©taub ber Sagictlonifcben Vibliothef in Ära!an, ber nach bem
berbienten ©chriftfteüer 3 . ffiincgfoujsfi gegenwärtig ber Unmerfitätdprofeffor $>err grang
Strcüdfi rorfteht, wirb und mitgctf;cilt, baf? bicielbe gegenwärtig 85.845 SBcrfe in
106.866 Sheilcn, 15.029 S Dubletten, 5486 Sltanufcripte, SiplDine unb Vriefc, 1228
Äarten, glätte unb 51 tlaffe, 3680 3cicbnungcn unb ^itficgrapfiiecn, 8200 föiüngen ein*
fchliefelid; Soubletten umfaßt.
Ser Verein ron greunben ber Grefnnbe tn Beipgig fiatte im Tonern*
ber 1862 auf bie Veantwcrtung ber grage: „SBekhe finb bie gcographifcb*ftatiftifd)cn
unb pclitifdpccmmercieden Verhältniffe berjenigen Bänbcr, nad) benen in neuerer 3eit ber
3 ug ber beutfd;en 5ludwanbcrimg norgugdweife gerietet gemefen ift, unb meld)e Bänbcr
empfehlen fxcfi hienad; am mei’ien für eine wehlerganifirte beutfd;e Golonifatiou?" einen
?)reid bon 150 Sl;alcm audgefd;riebcn. Sa jebcd; nur eine unb gwar ungenügeube
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Heantwortungeffrift cinlicf, fo tat berfclbe ben ©nfenbungßtermin auf ben 30. Slo*
oember 1805 verlängert uub bemerft biqu außbrüeflif, baß ber Herein nicht unbebingt
eine oollftänbige Beantwortung ber gan 3 en grage oerlangt. 6 ö wirb ihm oiclmebr
genügen, wenn and' nur eins ober einige berjenigen Sauber, weife oo^ugßweife alß
3 wl ber beutjfeti Slußwanberung gebient fjaben, ober alß fcld;eß $u empfehlen ftnb, be*
rüdjiftigt werben, bie fpecielle Hebanblurtg einer grage bann aber freilif mit folcber
©rüntliffeit geforbert werben fann, baß bie Bewerbungßffrift 3 . H. bem Slußwanberungß*
luftigen alß Statischer bienen fann. Hewerbungßffriftcu fmb an Er. $)enrp Sange in
Seip 3 ig ei^nfenben.
* Hon 21). Saßfi ift in granffurt a. SJt. ein „3ahrbuf für baß gefammte
Her]iferu ngßwef en in Eeutfflanb" erfd'ienen. Hei ber ungemeinen ©ntwief-
lung, welche baß Herftf erungßwefen naf allen Stiftungen in Ecutff lanb genommen t)at
unb nof fortwäbrenb nimmt, fann baß Unternehmen, bie Siedmungßabfflüffe unb ©e»
babrungßrefultate fämmtlidrer felfer Slnftalten unb ©efetlffaften in ein 3atjrbuf 3U*
fammcn 3 iifaffen, für febr Hiete erwünfebt fein. (Sine nefwenbige (Sigenfd'aft eineß berlei
Hitfeß aber muß bie HoUftänbigfcit fein, unb in biefer ^)inftft ließe fif mit Saßfi'ß
Hud; einiget, hefenberß in He 3 ug auf Ceftcrreid;, rechten, wäre eß nift eben ber erfte
Herfuf, bem große Sfwierigfeiten entgegenftanben. 3$ir Reffen ^) cx in &em ndfften
Sahrgange bie großen Süden auegeftifit 3 U fetyen, weife ber erfte enthält, unb wobei wir
alß fehlenb 4 neu ben 7 rfterreififeben weffelfeitigen Hranbffabenanftalten unb faft
fäinmtlife 2 ranßportoerftf cniugßanftalten oon E rieft begeifnen, leptere mehrfach mit
Herfif crungßfummen bis über 5 unb 0 SNitt. ©ulbeu, bal;er feineßtuegß fo flein, wie ber
Bluter im Slllgemeinen annimmt.
* Hon „Stitterß geograpl;ifd)>ftatiftiff em Sejctfon", ift foeben baß erfte
.freft ber fünften umgearbeiteten unb uermebrten Sluflage, rebigirt oon 31. Start, auß*
gegeben worben Eaß Hud;, ein (irgcbitiß langjährigen Htenenfleißcß beß berühmteften
beutjfen ©eographen, ift langft feinem vollen Berthe naf erfannt. Hejüglif hefter-
reife aber unteijd'eibet fif bie neue Sluflage, wie fd;on bie erfte Sieferung oon 15 Erucf*
bogen abnehmen läßt, fein* oortheilhaft oon ben früheren; inbem ee Sorge ber Stebaction
war, auf biefeö Steif fo oollftänbig unb richtig im Sejrifcn erffeinen 311 laffen, wie ee
bie übrigen beutffen Sänber ffon in ben früheren Sluflagcn waren. 6 ß würben bie
heften gebrurften SJiaterialicn benüpt, unb bie Herlagehanblung hat ftd? überbieß ^luögüqe
aue ben Eetailregiftern ber 3 äblung von 1857 »erffafft, fo baß jeber einigermaßen er«
beblid'e Crt im Hufe aufgenommen ift. Sluf bie übrigen ^>articen haben erheblifc He¬
reicherung unb (Srgän 3 ung, im ©ait 3 en um nufr als 60.000 Slrtitel, erfahren. 3 u
wünjfen ift, baf; baß (Srffeinen beß Hud'ce, in 16 Sieferungen abgefeilt unb biß 3 um
3al;re 1866 bemeffen, thunlifft beffleunigt werbe; banrit baß Huf, wenn eß ooflftänbig
in ben £ünben beß ^ublicumß fein wirb, möglichft bem Sfirtfale äbnlifer Staffflage»
werfe entgehe, in ben erften Sieferungen Heralteted 3 U geben.
* Hon Sbuarb greferr 0 . Sacfen erff eint im Herlage ber fpograpbiff-litte*
rariff-artiftiffen Slnftalt 311 JSien ein ^raftmerf mit s } N hotographieen unter bem Sitel:
„fiunftwerfe unb ©eräfe beß Wiittclalterß unb ber Stenaiffance in ber f. f. 3lm*
brafer’Sammlung", oon welchem foeben bie erfte Sieferung mit vier s J>botograßbieen unb
3 Hogen Jejrt außgegeben würbe.
’ Eaß in SaI 3 bürg befteljenbe Herffbnerungßcomite hat fif 31 W Slufgabe gefteüt,
bie SJlargarethenfirfe am griebljofe 3 U St. $)eter einer fflmäßigcit Steftauration 3 U
unter 3 iel;en. Eie Äirfe ftammt auß bem Sd;luffe beß XV. 3 ahrl;unbertß.
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* 2em ^Berichte ubrr bm ©Vneralwfammlung bcß 'Präger 2embauvereiuß entneh¬
men mir, bat; ber Herein am 30. 2lpvil b. 3. 4 01 mirflicbe nnb 1094 beitvagenbe
SJiitgliebcr gäblte. s 3Jiit ©infcbluü beß vorjährigen Hcrmegeitßftaitbeß per 28.377 fl.
51 fr. betrugen bie (Einnahmen im eben ronuiebenen Hereinöjabre 00.023 fl. 9 7 */;> ff-/
bie 5luegaben beliefen [id; anf 37.073 fl. 90 J 4 fr. Hiit ©ttbe 2lpiil b. J. verblieb
alfe ein Hennegenßftanb von 22.950 fl. 0 :; / 4 fr. 2ie eigentlichen Hauaußlagcit bettu*
gen im lebten Sabre 35289 fl. 2 3 . 4 ff-/ in ben beiben erften Hattjabren 31.822 fl.
99 fr., je baf; bie ftieftaurirnng beß 2emeß bisher einen Jhtfmanb von 07.112 fl.
l 3 / 4 fr. erbeifd'te. Sit ber jüugft abgebaltenen Situiug mürbe ©raf Avaiq 2 fyun
mieber ginn Heretttßpräfeß ernannt.
* 2. ©. ©ittreß, Hilbbatter in Hiüncben, bat fur^licb bie urfprüiu^!id>cn Hau*
plane beß Hinter ©iünftere aufgefuttben. Sie beftebett anö hier greften pergameittftrcifeii,
von betten ber erfte ben ©runbrtü, ber $mcitc bvitte ntib vierte beit iMnfrif; beß riefi^en,
anf 500 gttü .©ebc prcjectirten 2burmcs fammt bettt portal ttttb ber ganzen Äircbe
enthalten.
©i$nn9ßbcri(t)te.
3lusjug aus iicrn JJratakoUr
ber 0 . Sitzung ber f. f. ©entralceminiffien ;ur ©vfetjduing uttb (Srl;altung ber Hau«
benftttale, mdche unter bettt Hevjifcc Sv. ©jccellenj beß £crrn Präfi beuten peiepl)
Sllejrattber greiberrn v. geifert am 12 . Hiai 1804 abgeba Itcn mürbe.
2er .'perr 'präfibent begrünt baß neugemäblte Hiitglicb Ferrit ©buavb greibeint
v. Sadelt, uttb ftellt biefett bet Herfautmlung vor.
2 er «peir 'präfibent gebt hierauf zu ber Hiittbeilung über, bau Se. (*jrceflen$ ber
£>err Staateminifter über Herfchlag ber ©entralcemntifjicn ben bisherigen ©erreipeitben*
l)en, ©utßbefifccr Hiiecielam v. peteeft 311m f. f. ©enfervater für Cft*@ali$ien ernannt
habe uttb baü bie tiefer Ernennung entjprecbeitben Herfügungen bereitß getroffen mer*
ten fi nb.
2iefe s JöiittI;eilung mirb 311t Äcnntnij? genommen.
2er ©mmtafiallebrer .sperr p. Henebict Äluge in Wiener Heuftabt legt in einer
©ingabe baß lebbaftefte Sntereffe für bie Siele ber ©entralccmmi'jien an ben 2>rg uttb
erbietet fid> 311 3mecfen berfelbett ,31t mirfen.
©leicf^eitig liegt eine ähnliche ©ingabe beß 2irecterß ber ©emnumaUDberrealichulc
in ©l bogen .spornt 2 \>en$d 2 \>ebetver, in me Uber attd) um Hetbeilung ber genannten
2berrealfd'itlc mit ben „Wittheilungen ” ber ©entralcemmifficn angcfucfyt mirb.
©ß mirb befchloffcn, femebl ben .spornt p. Honebiet Älugc alß auch ben 2irectcr
.©errn 21 'eher 31 t ©orrejponbettten ber ©etttraleontmiffion 3 U ernennen uttb biefett letzteren
in feiner neuen ©igeitübaft von jetzt ab mit ben „Hiittbeilungen" $u betbeilen.
2 er bisherige „ 2 sJirfiittgofreie" ber ©entraleomntifnon ift in einzelnen 2 (nilen
nicht mehr rid'tig, tutb in anbeven 2 heilen nid't erfchöpfenb genug befuttben tvorben nnb
mürbe in golge beffeit eine Oievifion unb Umarbeitung beleihen ben Herhältniffen ent«
fptecbenb, befcblcffen. Hlit ber 'Ausarbeitung beß bezüglichen ©ntmurfeß mürben bie
•fperrett Hiinifterialratfy greifyerr v. Oieich unb Gufteß 2 r. Hirf betraut, beren ©laberat,
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nähern e$ bereits ben fammtfidjen TOitgfiebent im GirculaticnSwege ^ur Surcbftcbt
»cr^elcyxt worben ift, beute mit eiuem fleinen von bem Ferrit fPraftbcuten in SScrfchfag
gebradRen 3ufap zur Vorlefnttg gelangt, ebne bajf eine Beinerfitng bagegen erho¬
ben wirb.
Ser Gcnfervator in Böhmen, ©raf gran^ Jbun, hat, ber an ibn ergangenen Gin*
labung ^ufolge, AuSfünfte über bie St. Safobsfircbe in Vieberblö erftattet, unb [ich
babei, ba er felbft biefe .Rirdfe nidR fennt, auf baS llrtl;ei( mehrerer einvernommener
Fachmänner berufen. Vad> bem bezüglichen Beruhte ift bie Äird;e in VieberölS ein fehr
intcreffanter gothmher Ban, befien vmirbige Grbaltung um fo wünfdwnSwerther erscheine,
al? er in einer an Baubenfnialen weithin ziemlich armen ©egenb ftch beftnbe.
Se. Gjrceflettz ber £>err fPvaftbent tbeilt ber Berfammlung mit, baff er auf ©runb-
läge bicfeS BevidReS fefort an ben £>errn Gcnfervator 9)larcf in Sibun gefcbrieben, unb
felben erfucht habe, ber Gentralcommiffion verlaf;lid;c Aufnahmen unb 3eid?mmgcn nad)
ber genannten .Rüche, fowie eine furze Baubefd;reibung berfelben ju verfd;affen, unb auch
noch bie' Angabe beizubringen, wer berufen erfebeinen würbe, bie netbigen OteftaurationS*
foften zu tragen.
Siefe SJittheilung wirb zur Äenntnü) genommen.
Ser £)crr Gcrrefpenbent in ?iffa, S. Sojmi, berichtete über einige Funbe neuerer
3eit, beftebenb in einigen fteinernen Urnen, einer Blünze aus ber 3<ut 98 btö 117
n. Gbr. ©eb., einem Snfchriftfteine unb einer fegenannten eifernen „strigilis“.
Sie Gentralcommiffion befdRiefR, ben Bericht Sojmi'S in angemeffener Beife z u
benüpeit.
9Nobrere non bem Gcrrefpcnbenten in GicfO’&ereöztur, .Rarl v. iovma, überfenbete
Srucffdwiften in magnarifcher Sprache nebft einigen fPhetcgrapbieen, unb ber Antrag
biefeö Gorrefponbenten, ber Gentralcommiffion Auflage über neben bürgifd;e 3nfd;riften zu
liefern, würben bem ,£)errn Gorrefponbenten Sr. .Renner zur Begutachtung übergeben.
3n ber vcrliegenben Aeut)erung wirb bie Vertrautheit bcö «foerrn VerfafferS mit
ben neuen epigrapbifchen Berten ber beutfehen ?itteratur, fowie beffen gcfdRcfte Grgän-
gung unb Sefmtg von Abbreviaturen unb fehlest erhaltenen Snfchriften, als 3c'icben feiner
ernften unb eingebenben Stubien anertannt, uitb bie Annahme bcö ge ft eilten Antrages,
bei bem Umftanbe, bafi ein fadRunbigcr Berichterstatter über Funbe in einem namentlich
an Stifchviften fc überaus cidwn ?anbe wie Siebenbürgen febr erwünfeht wäre, unb baft,
ba mit bem Aufblühen bed fiebenbürgifd;en SiufeumvereineS bie litteravifcbe Bemühung
neuer in magvarifeber Sprache befdjriebener Funbe febr fdnvierig werbe, bivccte BeridRe
eine rafchere Verbreitung crinoglid'cn — wännftens befürwortet. Sr. Meitner empfiehlt
Zugleid\ baff ber .Gert Ginfenber zu elineben wäre, ^eitu>cife furze Uebcrfichten ober An¬
zeigen von in ttngaviicber Sprache abgcfaljten Abbanblungcn unb BevFen cinzufcnbcn,
foferne fie ©egenftänbe betreffen, bie ben BirfungSfreiS ber Geutralconimiffien berühren.
Bezüglnb ber eingefenbeten f>hctograpbieen, welche zwei Bronzefiguren auS Alfo ©loSva
barftellen, bemerft Sr. .Renner, bat) bie Bezeichnung ber einen Diefer Figuren als
„Bacbantiu" febr plaufibel erfiheiue, bagegen gebe bie aitbere, alb „RRarS" bezeidjnete,
Anlajj zu Sebenfen binfidRIicb ber Gchtbeit, wetjbalb vorerft bie Fuubnotizen abzuwar¬
ten waren.
Gö wirb befchleffen, nad; biefen Anbeutungen vorzugeben.
lieber eine vom Biener AltertbumSvereine in fiu*zem Bege an bie Gentralccni-
miiiion abgetretene Gingabe bcS Fabricantcn 3tiirin Sottil, betteffenb bie Banbmale*
reien in ber Äirctje beS SWarTteS Sramin in SüD-Sivol, wirb bejd;(offen, vorerft ben
23cricl:t beS betreffenben GonfervatorS abzuverlangen.
fciemit würbe bie Sipung gefd'loffen.
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829
3nljaltöt)er$ei(f)iuft beö brüten SBöiiöcö.
Strdjnolflgie.
SuäuMfcf uon jQiaricnbhbcrii nitö beit Hutufembeit. 3. 231.
25eiidjte unb iVittbciluiiacu beö Wiener XHltertbumöeereiuö. 3. -*74.
tiibeiium im Stifte Hlefterimiburn. 0. 310.
OKommfen, 2>er}eicbniy ter remiicbcii 'Preeinsett. 3. 27.
— Sie 3cit' fr £ftertafel eom 3. 447. 3. 28 .
21'eit?, St, Sie Sempcrabilber bcö 2>eibuuer 'lUtarö iu Hloftetiieuburg. 3. 3G9.
43rUrtri(lik.
2Ubmu. 'Bidietfyef bcuticbcr Criflinalrematte. 18G3. 3. 23.>
23tbra, CS*iii ;smrd. j. Sonn, geecjrapl) dient.
25 ratraue f, Sramatifd)cö. 3. 385. 423.
25lieber, 3‘itremane. 3. 710.
t3> e r ft a cf c r, Sie (idente, i. Vorm, flcccjrapf) .'Hem.
@rft lt, Slimft., Oiobitt -Oeob. 23ip t). 23ratrauef. 3. 581.
£cpie, 'P., Da* 2\>eialnttcr uoit SÜferatt. f. Sittcrar. a. Sirel
•t>ep f e n, perc^ctu. f Sernt, 'Hute .'Heut.
Äucfdifc, ^beater tntb OKttfif in Seip$uj. f. fDiufif.
Sitterarifd>eö. attö 2ivel. 3. 750.
Ser nt, Ooco^vapbtfd'e .'Konuite. 3. 15. — '.Kette jHematte. J, II. 3. 653 688 .
Stiflomiröfa, Sl? Meö'.iuö$fe. j. Seim, diene dient
s Diellbauten, Ser 'Hiaverbemo. f. Sonn, geejr. dient.
■Oi i’t b l b a di, *prii $ (£iujeu. 3. 26.
SHematte unb (ir^ablun^en. 3. 531,
3 cp ne der, $enfcitö beo 'Brennens. i. Sitter, a. Strol.
Spielbrett, Sie poit «pebcuftdn. f. 23ud)cr.
Ubl, Sie ^(jeaterprinjeifin. f. Senn, diene dient.
ßUiJHlif firniß.
5lfabcmifd>e ^tunftaiidfteftittivj. 3. 532, 003.
Suiotvabl üeu OKaricubilbern auö beit Hatafemben. ^Bcfp. d. Seiner. 3 . 231.
Belgiens HitnftbnDcjet für 1864. 3. 270.
Bubtet beö 3oiitb»ÄVenfiit ( jtoii tntb Britifb üHufnmt?. 3. 627.
Sebiafd> of ö fp’ö 2 lltarbilb in 3 t Ulricb.
Sore’ö, deidjnuii^Mi 31 t „Sott Cuirote". 3. 701.
Salfe, Jafeb, 'Die meberue dHiticcttfracje. 3. 161, 200 , 257, 203.
{sau jene dieflamationöpläiie bcö Bur^tbeaterö. 3. 254.
Sübfe, OHfd?. b. 'Plaftif. f. Heber dJiettyebe uttb Bcl)aitblitwj ic.
Siationalgaleiie in Sctibett. 3. 407.
diäte (ineerbitttv^en im iKufeiint beö Sottore. 3. 466.
Üieform ber Acudemie des Beaux-Arts in pariö. 3. 83; — .Jnvjreö über biefeibe. 3. 119;
— Sic Ecole de Rome im 19. $alnb- 3. 144; (SBedncait über biefeibe. 3. 243.
3onttberfer, Saö yjetrerblicbe dHnfeiim itt BnVfcl. 1 —III. 3. 417, 402.
lieber OHttbcbe it. Befyaublititv] ber (^efeb. ber 'plaftif. 3. 677.
2Setjj. 5t, Sie dieftauration bcö 3t. Stcpbanö*Semc?. 3. 1.
Oictis-n. 3. 63, 64, 92, 93, 120, 121, 155, 184, 216, 252, 313, 376, 478, 505, 640, Ö41
567, 568, 604, 605, 634, 669, 701, 734, 760, 761, 794, 826, 827.
©eogrnpljie, Statißik.
ÜlitSuscife über beit attötrarinjcu £>attbel Ceftcrreicfyö 1861. 3. 279.
Benjtrerfebctiieb in Cefterrcid) 1802. 3. 565.
23rad>elli, 3taateu (iurcpa’ö. 3. 373.
D’Erkert, R., Atlas etlinographique. 3. 731.
Seneröbrünfte in unb um 2'Jictt 1803. 3 630.
(V> 0 ra c u cb i, Sic 2lbria unb ihre Hüften. 3. 506.
£anbelö« unb (^euerbcfammerbcridjte. f unter w Bolfötdrtl)fcba[t ic."
geller, dKcrice. 3. 253.
icaniv, i?abuö ßntbcduit^örciie ttad) beut albattefifdjen Srin. 3. 33.
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830
Mlitn, Witter tmb £umboIbt. I, II. G 73 , 708.
M I u n lt, V au 9 o, 'Mia* ;uv Jubujtric unb .^anbdb^cc.^rayhie. 2. 2G.
Vitterarifcheo au* Xtrol. 3. 750.
Magyarorszag hulynevtara 2. 408.
Martin, F, t 1 h* statusmans yearbook. 2. 539.
Crtelcriton be* Mbn^reidK* Ungarn, i. Magyarorsz. lulyn.
2 p i c 9 11, (vrän, ba0 Vaitb $n.Mfd)eu Jnhie unb li^rte 1 . 2. 616, G58.
Statistikai közlem£nyt*k 2. 214.
2tati)tiicbc Wi'ittb., wauc^. u. b. linear. 3lfabemic. f. Statist, közlem.
2 teilte AMubbiub ber t^eojir. imb 2tati'uf. 2. 58.
UcbevtirK ber ‘Ibaareu-<5*iii* unb s Jlit*?fubr be- all.j. cfterr. Soll^cbieteb uub 2almatieus 13G3. 2. 505.
Ueberiuhtotafelu $uv 2batütif ber cfterr. Wi’enardüe. 1 -(> 1 unb 18G2. 2. 225.
0uhaubluu9cu ber f. f. ftatift. (Seittraleommifjtcn 18G3. 2 53G.
^ i a ii, (Mibben, ber ^Mobiler u. f. 2 pi\Kbc. f. bitterar. a. Xirol.
£8 alb, 2tatift. Wadnidueu über bcu Wt’3. 0e$. potebam. 2. 25.
(örftfjirfjtr, 4Mfinotri'u, jöiogrnpjjtfcn.
3lrnctfy, Pfaria X.bcrcita’tf erite Wcflierundejabre. 2 0b. 2. 662.
0c v$manu, .W909Ü1 Orlnabetb non 2acbieu $otl;a. 2 367.
0rlinier, Sriebricb Vubtvifl 2cbrbber. 2. 792.
(Sbetv, 50 , (£riiineilinken au* meinem beben, f. Wiemoirenlitteratur.
(.'breuifeu ber fiäutiidun 2tabte. 2. 555
X)iibif, 0., 'JDiäluene allfl. (Meicbidue. 3. 0b. 2. 620.
ä c rf, 2d4eeivuybcIfteiuiKbe (Srciunermigcu. f. Wicmoivtulitt.
(Mefaubtenmcrb in Xeberan. 2. 481, 511.
£ eifert, 2ie 2d'lacbt bei Mulm 2. 528.
Silber, 31, X)ie 0ereintguiui Xirol* mit Cefterreid). 2. 685
ttenner, Joiepb Witter v. xHrnetb. 2. 563.
Wicnioircnlittcratur. 2. 470.
Wtcmmjen, 0eryidmiü ber rcmifcfycn s J>roviii^cu. 2. 27.
— £)ic Beider Cftcrtafel vom J. 447. 2. 28.
Wen manu, 8 ran$, Jebit Varn uub fein 3hifentbalt in 38ien. 2. 449.
C b crl eituer, £ie Parteifampfe in Wiebcr*Oeftcrreicfy 1519 unb 1520. 0efp. von «iporami^.
2. 17.
S P a t im 5 i, (Mefducbte Ceftervekb*. 2. 54.
pclniid^e Revolutionen, i—III. 2. 65, 115, 140.
Wetionarb, (Mefdücbte be* Mrie.icy in .Hannover :c. 1757 bi* 1763. 2. 246.
Wu$e, Sine früherer Beit. f. Wiemoirenlitt.
2d>teiber, 2er bcutkhe 0auernfrie^. 2. 504
23 c i fi, 5- 0., XWaria Xbcrefia uub ber cfterr. l^rbfolytefrieg. 2. 169.
% in terf elb, 31. v., 2baffpcarc. X. 537.
3 ei ob er 9, Xbcma* ($benberfcr al 0 t^cfd)id>t 0 fdjreibir. 2. 769, 810.
Beieberg, (5r$biidjef 3truc von 2al$bui|j. 2. 87.
3incjerle, Wi'avflaretbe Piaultafcbe. 2. 249.
l'Utrratur- tut) StyradjnJt|[rnrttjnft.
0 aver, von (Mettfcbeb bi0 2düller. f. 0ratrancf.
(S-iue (£iiimenm$ an bie 0riiber Onintm. 2. 237 .
(Sun ofterreidukber 0iblictbefar bee 17. 3abvbuitbc11»5. 2. 242
)\ r i c b r i cb Hebbel. 1—IV. 2. 321, 355, 487, 609.
Goethe ale pclitifer. 0on 2r. Marl 3^9er. 2. 83.
(M ra f u. 2ictbcr, ^ciilidH* Wcriueiprüdnverter. 2. 494.
(Mrimnt, Jafob, Webe auf 33, ('»Minim unb Webe über ba 0 3llter. f. Crhic ©ruuiirmig.
CMruner, Mepler. 2. 698.
(M r v p b i u e, Clivctum. 2. 374.
^cfjmaun, petcr Üambccf. f. C 5 rin cfterr. 0 iblietbetar.
Jirecef, 2ie bebmifebe Vitteratuv im Jahre 1863. 2. 600.
Islenzkan Pjodsugur. (Jelanb. 2ajjeu.) 2. 538.
Vitteuriubcö aue Xircl. 2. 750.
'Dia^a^in f. v Vitteratur b. 31u*lanbe^ 2. 28.
Pf ei ff er , Bmei bcutübc 31 r 3 eu e i b ii c b er auö bent 12 . unb 13. Jabr^. 2. 147.
— (Germania. 2. 557.
• Duellen 311 brei Womaitjen Ublaubd. I, II. 2. 705, 741.
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831
Olabicö, -Die !. !. 8tubienbibliotljef iit tfaibacb. 8. G81, 720, 746.
8 af a vife ®efcb. ber fübflatifcben tfitteratur. Befp. von >Uu n. 8. 624.
3baffpcarcfeiei* in Dtutfcblanb. 8. 513.
i ei cbm amte (ittcrar. ÜttacHajj. j. Bratranef, 8ramat.
I bau fing, Dibelmigen*8tubien. I—IV. 8. 39, 73, 107, 134.
Ueberficbt über bic (^rfd'eimmgen ber ferbo*m\itiicbeit l’iitevatur 1863. 8. 333.
B k m ber v, lieber bic itngarifcpe 8prad?e. 8. 603.
Bi an, ®rbbui, ber l%cbuer u. f. 8prad>e. f. Vitterar. a. 3irol.
Beiötbümer, bie. 8. 129.
Bibliographie, beutfcbe. 8. 59, 90, 153, 216, 252, 280, 343, 410, 478, 505, 541, 634, 761;
— fran$ofifcbe. 8. 62, 154, 217, 253, 281, 343, 375, 411, 506, 542, 568, 669, 734,
794; — cugliübe. 8. 91, 281, 479, 539, 670; — pollänDifcbc. 8. 376; — polniicpe.
8. 569; — bcbtniicpe. 8. 700; — nngarifd'e. 8. 732
»Jlotijen. 8. 29, 58, 60, 87, 88, 89, 93, 120, 152, 181, 184, 214, 248, 279, 312, 313,
314, 374, 408, 476, 477, 503, 504, 505, 536 537, 539, 540, 602, 603, 604, 632,
633, 668, 699, 702, 732, 733, 759, 760, 825, 826.
iHnftlt.
S'ürcnber^, S)ie 8vmpbonieen Beetbcvcuö. j. Bieue Berte ic.
&nefd)fe, Theater unb Di'ufif in Leipzig. f. Dcue Berfe :c.
'Dian n ft ei n, SDeuhvürbigfeiteu ber ^pepnufiF ju 8reeben. f. Deue Berfe jc.
Deue Berte über Diufif. I—111. 8. 647, 725, 782.
Do bl, Beetpovenö 2eben. 1. Bb. f. Deue Berte jc.
Giften, 3tuci 8ingfpiele. f. Deue Berfe jc.
8dj>ubert, bic .pülfömittel beö mufifal. (kffectö f. Deue Berfe :c.
Beöque v. Püttlingen, 2>aö mufifalncbe 3lutorrecbt. Befpr. von p. ^aruin. 8. 45.
Waturnnfffnfdjaften.
ferner, Botauifd>e Öitteratnr. 8. 501.
— Botan. 8treifzüge burd) Dorb*$,irol. 1. 8. 779. II. 8. 820.
31, 8>ic (Sultnr ber 3Üpeupflauzeu. Bcfpr. v. Peterö. 8. 591.
Dteteorfteiue. 8. 737.
poK (5fyemifcb4ed)mfcbe Untcrfucbunacn bfterreid). Beine. Bcfpr. v. 31. Bauer. 8. 791.
Pofornp, Ucber Pflanzenphänologie 8. 272, 307.
8auter, 2)ie Begetationöterbältmife beö pinzgauö. f. ferner, bot. 2itt.
Bieöner, lieber bie Bebeutung einiger äujeige ber Datum'ifjenfd)afteu für polptecpnifdje 3n*
ftitute. 8 545.
tlrkrologe.
3lrnetb, Sofepb Ditter t. 8. 563.
SDe11a Bona, 3of. £)om. 8. 597.
$ilm, Hermann t. 8. 756
®tnginö ta 8arra, greb. bc. 8. 29.
$rimm, 3 u. B. f. (£iite (Srrinnerung. (8itt. u. 8pradjtv.)
Dtarggraff, Hermann. 8. 251, 409.
Döjjler, (£mil graug. 8. 21,
Stäup, Bilbeltn. 8. 183.
Beit, Benzei .peiuriep. 282.
Buf 8teppauoivitfcp &arabfd)itfd). 8. 214.
Itettftsnrifl'enritjflfl, Staatsnnf[fn|'djaft.
®raf u. SDieter, SDeutfd^e Decpteiprüdnvbrter. 8. 494.
£arunt, Bon ber ©ntftepuug beö Deddö. 8. 181.
Äalteuborn, ©inleitmtg iu baö conft. Berfa ff ungöteept. f. Deue 3taatdred^töUttcratur.
51 ofe garten, (^cetpe'ö potitwbe 3lnfcbaunng n Did^tung. j. (Goethe.
Unfälle, »pr. Baftiat-8cpulze ton Selipfcp. 8. 627.
Deue 8taatörecbtölittcratur. 8. 193.
Dbber, S)er 8trafvollzug im (Reifte beö Decbtö. Bcfpr. v. Bablbcrg. 8. 97.
Berbanblnngen im getepgebenben 5lcrper graufreid^ö über bie Birfungen ber 3o(lrcformen beö
3«breö 1860. 8. 289.
Beöque t. Pütttingcn, 8aö mufifal. 3lutorrecpt. Befpv. v. .parum. 8. 45.
Beiötpümer, bie. 8. 129.
3öpfl, $ntnb$üge beö gern, beutfepen 8taatörecptö. f. hielte 8taatörecptölittcratur. .
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Siljmijskmdjte.
Qlfabentie ber SBiffcnfdjaftcn in S&ien: ^M>ilofcpbifch=I>tftcvtfd?c (Haffe. 8 . 121 , 126, 185
314, 844, 377, 444, 570, Gü5, 633, 762. 3)tatyniut MiatnnmfjenfdNiftl. (Haffe. 8 . 30 #
121, 126, 186, 218, 316, 346, 180, 444, 507, 572, 606, 636, 763.
(Hntraiccmmifficn $ur (^rfciidjimg imb (5rvl;a(tnng ber 33 aufcenfmalc. 8 . 190, 283, 412, 447 ,
671, 796, 827.
©eolegiübc ?KeicbvMnÜalt. 8. 156, 220, 286, 350, 413, 510, 60G, 703.
(5)ecgraplufd>c (srieiellfdwt 8 . 94.
3 oeici 3 iid)*botauiid>c ^cicllkbaft. 8 . 158, 255, 583, 543, 574, 735
Uitgauiclje XUfabemie. 8 95, 128, 159, 191, 384, 416, 575, 639, C72, 800.
^liefaiiib\)O v ^cfcll|cl>vift in ^Vft. 8 . 250.
3)infcnm bcd .Sicnigrcid'ed 33e()mcn 8 . 282, 799.
SDenijcMüftorifd'cr feiern iu keimten. 8 . 96, 160, 224, 256, 480, 576, 640, 797.
9iatmu'ifjcni'd\ijtiid'er herein in ($ra 3 . 8 . 544.
giften feiger herein fiir ilärntcu. 8 . 224.
(^elcfyiten (Gefellfd'qt in ftrafau. 8 . 32, 416.
Atcnco veneto. 8 . 639, 800.
ffljcologic, PjjUoföpIjie.
^uber, 3, Zit S^ee ber ltnfterblicbfeit. 8 . 477.
Ctto, 2)ed ^\itiivnd;en (^ennabind t>. Gonftantincpcl (Scnfeffton. 33efpr. d. 2U. SAnKer. 8.730.
nntfrridjtsrorfcit.
Stimretdjer, 9iofitanöfi)'d 3«tf ragen. 8 . 52.
jtocjvirdti, S)ie ilvafaucr llniecrfitat-itiib ihre 8 äcnlarfeier. 8 . 641.
Ciiiiation*3ftvitut für bad f. E. pelptedmifebe 3»!titut. 8 . 474.
Dtofitancf \), £ie (ionjermitat ber Unibcijitäten. 8 . 4.
Uugaiifdjc 8 rt'iillittcvatut\ 8 . 758.
äüiedner, lieber bie $3ebeutuug einiger 3weigc ber Dhtunmffenfipaftcn für polptedjnif^e Sn*
ftitute. 8 - 545.
Dölksnnrtljittjaft, ^anöpl, ©ttwrlit.
SJUtdtreife über ben auswärtigen Raubet Ccftcrreicfyd 1861. 8 . 279.
JBeev, flbitig 33aunm'cUc. 1, II. 8 . 394, 431.
£3ergnMrrEcbeiricb in £cfterveid). 1862. 8. 565. •
$3 c m d) ec, s J>fcrbcciicnbabn« unb Ctnuibudfrage in U ten. 8 . 7; — (Sbtoerforguitg groyer 8 tabte.
8 . 78; — Miinftlicpc (*r;cugung ecu (£id. t 8 . 263; — Sad Wiener 8 # tra£;eiipflafter.
8 . 402; — £i: £urd)bcl>vung bed s Diont (ienio. 8 . 515, 551.
Bonn ans, Lo bon melier des tanneurs de Liege. 8 . 62.
D’Eichthal, de la monnaie de papier 8 . 562.
£)aube(d« u. (ferner be fa mm er ber i d> t c: Dbcrcfterrcidi. 8 . 57; — Sfauonlen. 8 . 88 ;
%>eft nub £jen. 8 . 182; — '23nbmeid. 442; — 8 . 476.
f)oIbl;aud nnb s Panjev, Scnffdnift über bie tHttnürflung ber 8 eiben 3 iid)t, 8 . 459.
£>opf, 34. 9(ccbcnfd^oftebetid;t bei &beueucrfid}cntngdbanf für 25eut|djlaub. 8 . 251.
& lamm mg er, U3erid>t über bie Öeubener Sluaftelluug. 8 . 23.
$Uun, £>. £ic i'L'l(emivtl;i\baftlid)en 3uftanbe auf ber apcumitifcpen jpalbinfel. 8 . 172, 207.
jDcfterrcid?d ÜBetbeiligung am £h>cltfyanbel. 1, II. 8 . 328, 360.
Älun n. Cange, Sttlad jur Snbftitrte* miD £aubeldgecgraplpe. 8. 26.
Safalle, £)r. $3aftiat*£cbu($e »ca SMipfd). 8. 627.
Mt U3ibart, 8\'ftem ber &>abriutg ober bed $elbed. 33cfpr. mm $ranj Sßcumanu. 8. 753.
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